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Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 24.02.1994
Aktenzeichen: C-368/92
Rechtsgebiete: Verordnung 3749/83/EWG, Verordnung 693/88/EWG


Vorschriften:

Verordnung 3749/83/EWG
Verordnung 693/88/EWG
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

Der Anspruch auf Anwendung der Regelung über von der Gemeinschaft für bestimmte Waren aus Entwicklungsländern gewährte Zollpräferenzen geht verloren, wenn in dem bei der Ausfuhr der Waren nach den Verordnungen Nrn. 3749/83 und 693/88 über die Begriffsbestimmung des Warenursprungs bei der Anwendung dieser Zollpräferenzen ausgestellten Ursprungszeugnis nach Formblatt A ein anderes Land als ein Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaft als Bestimmungsland angegeben ist.

Wenn jedoch die fraglichen Waren die Ursprungserfordernisse der Gemeinschaftsregelung erfuellen und sich die Ausstellung des Zeugnisses, in dem ein anderes Land als Bestimmungsland angegeben ist, durch eine Situation erklärt, die Ausnahmecharakter hat, spricht nichts dagegen, daß die zuständige Regierungsbehörde des Ausfuhrlandes nachträglich ein entsprechendes neues Zeugnis nach Artikel 23 der genannten Verordnungen ausstellt, das für die Gewährung der Zollbefreiung berücksichtigt werden muß, sofern alle anderen Gültigkeitsvoraussetzungen der Gemeinschaftsregelung erfuellt sind.

Vom Vorliegen eines Ausnahmefalles im Sinne der genannten Verordnungen ist dann auszugehen, wenn die Angabe eines Drittlands als Bestimmungsland darauf zurückzuführen ist, daß die fraglichen Waren Gegenstand eines Kompensationsgeschäfts mit diesem Land sind, letztlich aber auf anderen Märkten weiterverkauft werden, weil dieses Land sie nicht braucht.


URTEIL DES GERICHTSHOFES (FUENFTE KAMMER) VOM 24. FEBRUAR 1994. - ADMINISTRATION DES DOUANES GEGEN SOLANGE CHIFFRE. - ERSUCHEN UM VORABENTSCHEIDUNG: COUR D'APPEL DE TOULOUSE - FRANKREICH. - SYSTEM ALLGEMEINER ZOLLPRAEFERENZEN - URSPRUNGSZEUGNIS. - RECHTSSACHE C-368/92.

Entscheidungsgründe:

1 Die Cour d' appel Toulouse hat mit Urteil vom 7. März 1991, beim Gerichtshof eingegangen am 23. September 1992, gemäß Artikel 177 EWG-Vertrag eine Frage nach der Auslegung der Verordnung (EWG) Nr. 3749/83 der Kommission vom 23. Dezember 1983 (ABl. L 372, S. 1) und der Verordnung (EWG) Nr. 693/88 der Kommission vom 4. März 1988 (ABl. L 77, S. 1), beide über die Begriffsbestimmung des Warenursprungs bei der Anwendung der von der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft für bestimmte Waren aus Entwicklungsländern gewährten Zollpräferenzen, zur Vorabentscheidung vorgelegt.

2 Diese Frage stellt sich in einem von der französischen Zollverwaltung gegen Solange Chiffre, Bevollmächtigte der Firma Bonnieux, angestrengten Strafverfahren, in dem es um die Voraussetzungen für die Gewährung der Zollbefreiung bei der Einfuhr bestimmter Waren mit Ursprung in Indien geht.

3 Das Zollspeditionsunternehmen Bonnieux gab 1987 und 1988 zwanzig Zollanmeldungen bei den französischen Zollstellen ab, um für Rechnung der Firma ALJA France Lederbekleidung mit Ursprung in Indien zum freien Verkehr in Frankreich abfertigen zu lassen.

4 Um die vollständige Aussetzung der Zölle gemäß dem System der von der Gemeinschaft für bestimmte Waren mit Ursprung in Entwicklungsländern gewährten Zollpräferenzen in Anspruch nehmen zu können, legte die Firma Bonnieux für ihre Zollanmeldungen von den indischen Behörden ausgestellte Ursprungszeugnisse nach Formblatt A vor, in deren Feld 12 angegeben war, daß die Waren in die Tschechoslowakische Sozialistische Republik und die Volksrepublik Polen ausgeführt werden sollten.

5 Die Firma Bonnieux teilte den französischen Behörden jedoch mit, daß diese Bestimmungsländer deshalb in den fraglichen Ursprungszeugnissen aufgeführt seien, weil die Waren, auf die sie sich bezögen, Gegenstand von Kompensationskäufen zwischen den Ostländern und Indien seien. Verkauften die Ostländer nämlich Material nach Indien, so werde dieses von den indischen Käufern, die nicht über ausreichende Devisen verfügten, mit Waren wie Häuten und Kleidung bezahlt. Da die Ostländer diese Waren nicht brauchten, verkauften sie sie auf anderen Märkten, wie Frankreich, weiter, wohin sie sie direkt versendeten.

6 Die französische Zollverwaltung bezweifelte zwar nicht den Ursprung der Waren, meinte jedoch, daß für die von der Firma Bonnieux eingeführten Erzeugnisse nicht die Präferenzregelung gelten könne, da im Feld 12 der von der Firma vorgelegten Ursprungszeugnisse weder die Europäische Gemeinschaft noch ein Mitgliedstaat angegeben sei, wie es die genannten Verordnungen verlangten.

7 Die Zollverwaltung forderte daher die Entrichtung des gewöhnlich für Waren dieser Art geltenden Zolls von 7 %. Da Frau Chiffre die Zahlung verweigerte, wurde sie von der Zollverwaltung zusammen mit der Firma Bonnieux vor dem Tribunal d' instance Albi strafrechtlich verfolgt. Dieses Gericht verurteilte Frau Chiffre mit Urteil vom 25. September 1990 zu einer Geldstrafe von 2 000 FF.

8 Gegen dieses Urteil legte die französische Zollverwaltung am 28. September 1990 Berufung bei der Cour d' appel Toulouse ein, die das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt hat:

Geht der Anspruch auf Anwendung der Präferenzregelung EWG/Entwicklungsländer, die zur Zollbefreiung führt, zwangsläufig verloren, wenn in dem bei der Ausfuhr der Erzeugnisse ausgestellten Ursprungszeugnis nach Formblatt A ein anderer Staat als ein Mitgliedstaat der EWG angegeben wurde?

9 Die Voraussetzungen, unter denen für Waren aus einem Entwicklungsland nach dem System allgemeiner Zollpräferenzen eine Zollaussetzung beansprucht werden kann, sind hinsichtlich der vor dem 1. Januar 1988 erfolgten Anmeldungen in der Verordnung Nr. 3749/83 und hinsichtlich der nach diesem Zeitpunkt erfolgten Anmeldungen in der Verordnung Nr. 693/88 festgelegt worden.

10 Das Ursprungszeugnis nach Formblatt A, dessen Ausstellung in den Artikeln 16 bis 24 und den entsprechenden Anmerkungen und Anhängen der Verordnungen Nrn. 3749/83 und 693/88 in gleicher Weise geregelt ist, stellt das Beweismittel für die Anwendung der Zollpräferenzen im Sinne des Artikels 1 dieser Verordnungen dar.

11 Das Feld 12 dieses Zeugnisses, um das es in der vorliegenden Rechtssache geht, enthält eine Erklärung des Ausführers, wonach die fraglichen Waren die vom Bestimmungsland für die Anwendung der Regelung über Zollpräferenzen aufgestellten Ursprungserfordernisse erfuellen. Der vollständige Text der im Feld 12 vorgesehenen Erklärung lautet wie folgt:

"Le soussigné déclare que les mentions et indications ci-dessus sont exactes, que toutes les marchandises ont été produites en... (nom du pays) et qu' elles remplissent les conditions d' origine requises par le système généralisé de préférences pour être exportées à destination de... (nom du pays importateur)

Lieu et date, signature du signataire habilité

[Der Unterzeichner erklärt, daß die vorstehenden Angaben zutreffend sind, daß alle diese Waren in... (Land) hergestellt worden sind und daß sie die Ursprungserfordernisse gemäß dem allgemeinen Präferenzsystem für die Ausfuhr nach... (Einfuhrland) erfuellen.

Ort und Datum, Unterschrift des Zeichnungsberechtigten]"

12 Anmerkung 9 in Anhang I der Verordnung Nr. 693/88, die der Anmerkung 8 im Anhang der Verordnung Nr. 3749/83 entspricht, bestimmt, daß das Feld 12 des Zeugnisses

"ordnungsgemäß durch die Eintragung 'Europäische Wirtschaftsgemeinschaft' oder durch die Angabe eines Mitgliedstaats ausgefuellt werden [muß]".

13 In diesem System ist die Eintragung "Europäische Wirtschaftsgemeinschaft" oder die Angabe eines Mitgliedstaats im Feld 12 des Ursprungszeugnisses unter den Bestandteilen des Zeugnisses eine wesentliche Voraussetzung für die Gewährung der in den Gemeinschaftsverordnungen vorgesehenen Zollpräferenzen. Diese Angaben stellen nämlich für die Zollverwaltungen der Mitgliedstaaten das einzige Mittel dar, um sich zu vergewissern, daß die Vorschriften des Zollpräferenzsystems der Gemeinschaft über den Ursprung der Waren vom Ausführer eingehalten wurden.

14 Wenn also das Ursprungszeugnis nach Formblatt A, wie im vorliegenden Fall, für ein anderes Bestimmungsland als einen Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaft oder die Europäische Gemeinschaft selbst ausgestellt worden ist, kann es nicht für die Anwendung des Zollpräferenzsystems in der Gemeinschaft berücksichtigt werden.

15 Entgegen der Auffassung von Frau Chiffre und der Firma Bonnieux ist Artikel 12 der Verordnungen Nrn. 3749/83 und 693/88, wonach

"bei geringfügigen Abweichungen zwischen den Angaben in dem Ursprungszeugnis und den Angaben in den der Zollstelle zur Erledigung der Einfuhrförmlichkeiten für die Waren vorgelegten Unterlagen... das Ursprungszeugnis nicht allein schon aus diesem Grund ungültig [ist], sofern einwandfrei nachgewiesen wird, daß es sich auf die gestellten Waren bezieht",

im vorliegenden Fall nicht anwendbar.

16 Entspricht nämlich das Land, in dem das Zeugnis zwecks Inanspruchnahme der Zollpräferenzen vorgelegt wird, nicht dem im Feld 12 des Ursprungszeugnisses angegebenen Land, so kann diese Abweichung nicht als geringfügig bezeichnet werden. In einem solchen Fall ist es nicht ausgeschlossen, daß sich die Ursprungsregeln, die in dem im Zeugnis angegebenen Bestimmungsland anwendbar sind, von den in der Gemeinschaft geltenden Ursprungsregeln unterscheiden und daß deshalb die zuständigen Zollbehörden im tatsächlichen Bestimmungsmitgliedstaat nicht anhand des vorgelegten Ursprungszeugnisses nachprüfen können, ob die in der Gemeinschaft geltenden Ursprungsregeln eingehalten worden sind.

17 Im übrigen ist darauf hinzuweisen, daß ein solches Zeugnis auch nicht durch ein anderes Zeugnis ersetzt werden kann, in dem als Bestimmungsland das Land angegeben ist, in dem nach Artikel 22 der Verordnungen Nrn. 3749/83 und 693/88 die Gewährung der Zollpräferenzen tatsächlich beantragt wird. Diese Bestimmung lautet:

"Ein oder mehrere Ursprungszeugnisse nach Formblatt A können stets durch ein oder mehrere Ursprungszeugnisse nach Formblatt A ersetzt werden, sofern dies durch die Zollstelle in der Gemeinschaft geschieht, bei der sich die Waren befinden."

18 Wie die französische Regierung und die Regierung des Vereinigten Königreichs bemerkt haben, bezieht sich diese Bestimmung nur auf den Fall, daß eine Gesamtheit aufgeführter Waren, die ursprünglich in einen Mitgliedstaat ausgeführt werden sollte, ganz oder teilweise in einen anderen Mitgliedstaat verbracht wird, um dort in den freien Verkehr überführt zu werden. Da die Änderungen in diesem Fall nicht den Ursprung der Waren, sondern nur gemeinschaftsinterne Faktoren betreffen, ist es Sache der zuständigen Zollverwaltung in der Gemeinschaft, ein neues Zeugnis auszustellen, in dem der Mitgliedstaat angegeben wird, für den die Waren bestimmt sind. Trotzdem sind, wie es Anmerkung 7 im Anhang der Verordnung Nr. 3749/83 und Anmerkung 8 in Anhang I der Verordnung Nr. 693/88 vorsehen, im Feld 12 des Ersatzzeugnisses weiterhin nicht nur das Ursprungs-, sondern auch das Bestimmungsland anzugeben, wie sie im ursprünglichen Zeugnis enthalten waren.

19 Dagegen betrifft diese Bestimmung nicht den Fall, daß sich die vorzunehmende Änderung auf die Erklärung des Ausführers im Feld 12 bezieht. Die Verantwortung dafür, die Richtigkeit dieser Erklärung zu bescheinigen, obliegt nämlich allein der zuständigen Regierungsbehörde des Ausfuhrlandes, dem das Zollpräferenzsystem zugute kommt.

20 Schließlich ist noch zu prüfen, ob nicht in einem Fall wie dem vorliegenden die zuständigen Behörden des Ausfuhrstaats - hier die indischen Behörden - nach Artikel 23 der Verordnungen Nrn. 3749/83 und 693/88 nachträglich ein neues Ursprungszeugnis ausstellen können, mit dem sie bestätigen, daß die fraglichen Waren auch den Ursprungsregeln der Gemeinschaft oder eines der Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft entsprechen.

21 Artikel 23 der Verordnung Nr. 693/88 bestimmt:

"(1) Ausnahmsweise kann das Ursprungszeugnis auch nach der tatsächlichen Ausfuhr der Waren, auf die es sich bezieht, ausgestellt werden, wenn es infolge eines Irrtums, unverschuldeten Versehens oder besonderer Umstände bei der Ausfuhr nicht ausgestellt worden ist, sofern die Waren nicht vor der Übermittlung der nach Artikel 26 verlangten Angaben an die Kommission der Europäischen Gemeinschaften ausgeführt worden sind.

(2) Die zuständige Regierungsbehörde kann ein Ursprungszeugnis nachträglich erst ausstellen, wenn sie geprüft hat, ob die Angaben im Antrag des Ausführers mit den entsprechenden Ausfuhrunterlagen übereinstimmen oder ob nicht bereits bei der Ausfuhr der betreffenden Ware ein Ursprungszeugnis ausgestellt worden ist.

Nachträglich ausgestellte Ursprungszeugnisse müssen in Feld 4 des Formblatts A den Vermerk 'DÉLIVRÉ À POSTERIORI' oder 'ISSÜD RETROSPECTIVELY' tragen."

22 Nach Auffassung der französischen Regierung lässt diese Bestimmung unter Umständen wie denen des vorliegenden Falles keine nachträgliche Ausstellung eines neuen Ursprungszeugnisses zu, da im Gegensatz zu dem, was diese Bestimmung voraussetze, ein Ursprungszeugnis nach Formblatt A bereits bei der Ausfuhr der fraglichen Waren ausgestellt worden sei.

23 Die belgische Regierung und die Regierung des Vereinigten Königreichs sowie die Kommission vertreten den entgegengesetzten Standpunkt. Ihrer Ansicht nach ist das Ursprungszeugnis, wenn es für die Ausfuhr der Waren in ein anderes Land als einen der Mitgliedstaaten der Gemeinschaft ausgestellt wurde, für die Zwecke der Ausfuhr der Waren in die Gemeinschaft und damit im Hinblick auf die Gemeinschaftsverordnungen als inexistent anzusehen.

24 Dazu ist festzustellen, daß das Ursprungszeugnis gewährleisten soll, daß die fraglichen Waren den Ursprungsregeln entsprechen, die in dem im Feld 12 des Zeugnisses angegebenen Bestimmungsland vorgeschrieben sind, daß es aber keine Verpflichtung für die zuständigen Regierungsbehörden des Ausfuhrlandes hinsichtlich der Anwendung der in einem anderen Land vorgeschriebenen Ursprungsregeln begründet. Da Wirkung und Tragweite dieses Zeugnisses strikt auf die Anwendung des Zollpräferenzsystems für das im Feld 12 angegebene Land beschränkt sind, kann es unter keinem Gesichtspunkt im Hinblick auf die Anwendung des Zollpräferenzsystems für ein anderes Land berücksichtigt werden.

25 Daraus folgt, daß die Voraussetzung, von der Artikel 23 Absatz 2 der Verordnungen Nrn. 3749/83 und 693/88 die nachträgliche Ausstellung eines Ursprungszeugnisses abhängig macht, nämlich daß bei der Ausfuhr der fraglichen Waren kein Ursprungszeugnis ausgestellt wurde, dann als erfuellt anzusehen ist, wenn im Feld 12 des ursprünglichen Zeugnisses nicht das tatsächliche Bestimmungsland angegeben ist.

26 Nach Artikel 23 Absatz 1 der Verordnungen Nrn. 3749/83 und 693/88 ist jedoch die nachträgliche Ausstellung eines Ursprungszeugnisses auf Fälle beschränkt, die Ausnahmecharakter haben.

27 Kompensationsgeschäfte, wie sie im vorliegenden Fall zwischen Indien und den Ostländern stattgefunden haben, erfuellen diese Voraussetzung. Sie sind nämlich dadurch gekennzeichnet, daß Waren in einem anderen Staat nicht gegen einen Geldbetrag, sondern gegen andere Waren eingetauscht werden und daß sie, wenn das Bestimmungsland sie nicht braucht, anschließend auf anderen Märkten weiterverkauft werden.

28 Dies erklärt, daß in den Ursprungszeugnissen zunächst das Land des Wirtschaftsteilnehmers erwähnt wird, der Partei des Kompensationskaufs ist, da der Markt, auf dem die fraglichen Waren letztlich weiterverkauft werden sollen, bei Abschluß des Vertrags nicht immer mit Sicherheit bekannt ist.

29 Wenn die fraglichen Waren die Ursprungserfordernisse der Gemeinschaft erfuellen, spricht schließlich nichts dagegen, daß die zuständige Regierungsbehörde des Ausfuhrlandes nachträglich ein entsprechendes neues Zeugnis nach Artikel 23 der Verordnungen Nrn. 3749/83 und 693/88 ausstellt. Das neue Zeugnis muß dann von der zuständigen Zollbehörde in der Gemeinschaft für die Gewährung der nach dem System allgemeiner Zollpräferenzen der Gemeinschaft vorgesehenen Zollbefreiung berücksichtigt werden, sofern alle anderen Gültigkeitsvoraussetzungen der Gemeinschaftsregelung erfuellt sind.

30 Nach alledem ist auf die Vorlagefrage zu antworten, daß der Anspruch auf Anwendung der Regelung über von der Gemeinschaft für bestimmte Waren aus Entwicklungsländern gewährte Zollpräferenzen verlorengeht, wenn in dem bei der Ausfuhr der Waren nach den Verordnungen Nrn. 3749/83 und 693/88 ausgestellten Ursprungszeugnis nach Formblatt A ein anderes Land als ein Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaft als Bestimmungsland angegeben ist. Die Gewährung der Zollbefreiung kann jedoch nicht abgelehnt werden, wenn die zuständige Regierungsbehörde des Ausfuhrlandes nachträglich ein neues Zeugnis ausgestellt hat, das die im Gemeinschaftsrecht aufgestellten Voraussetzungen erfuellt.

Kostenentscheidung:

Kosten

31 Die Auslagen der französischen Regierung, der belgischen Regierung und der Regierung des Vereinigten Königreichs sowie der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, die vor dem Gerichtshof Erklärungen abgegeben haben, sind nicht erstattungsfähig. Für die Beteiligten des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren Teil des bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Verfahrens; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)

auf die ihm von der Cour d' appel Toulouse mit Urteil vom 7. März 1991 vorgelegte Frage für Recht erkannt:

Der Anspruch auf Anwendung der Regelung über von der Gemeinschaft für bestimmte Waren aus Entwicklungsländern gewährte Zollpräferenzen geht verloren, wenn in dem bei der Ausfuhr der Waren nach den Verordnungen (EWG) Nr. 3749/83 der Kommission vom 23. Dezember 1983 und (EWG) Nr. 693/88 der Kommission vom 4. März 1988 über die Begriffsbestimmung des Warenursprungs bei der Anwendung der von der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft für bestimmte Waren aus Entwicklungsländern gewährten Zollpräferenzen ausgestellten Ursprungszeugnis nach Formblatt A ein anderes Land als ein Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaft als Bestimmungsland angegeben ist. Die Gewährung der Zollbefreiung kann jedoch nicht abgelehnt werden, wenn die zuständige Regierungsbehörde des Ausfuhrlandes nachträglich ein neues Zeugnis ausgestellt hat, das die im Gemeinschaftsrecht aufgestellten Voraussetzungen erfuellt.

Ende der Entscheidung

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