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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 03.09.2009
Aktenzeichen: C-37/08
Rechtsgebiete: Sechste Richtlinie 77/388/EWG


Vorschriften:

Sechste Richtlinie 77/388/EWG Art. 9 Abs. 1
Sechste Richtlinie 77/388/EWG Art. 9 Abs. 2 Buchst. a
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Erste Kammer)

3. September 2009

"Sechste Mehrwertsteuerrichtlinie - Steuerliche Anknüpfung - Dienstleistungen im Zusammenhang mit einem Grundstück - Leistungen, die darin bestehen, den Tausch von Nutzungsrechten an einer Ferienimmobilie durch die Rechtsinhaber zu erleichtern"

Parteien:

In der Rechtssache C-37/08

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom VAT and Duties Tribunal, London (Vereinigtes Königreich) mit Entscheidung vom 9. Januar 2008, beim Gerichtshof eingegangen am 31. Januar 2008, in dem Verfahren

RCI Europe

gegen

Commissioners for Her Majesty's Revenue and Customs

erlässt

DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten P. Jann sowie der Richter M. Ile¨ic, A. Tizzano, A. Borg Barthet (Berichterstatter) und E. Levits,

Generalanwältin: V. Trstenjak,

Kanzler: L. Hewlett, Hauptverwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 19. Februar 2009,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

- der RCI Europe, vertreten durch H. Foster, Solicitor, sowie M. Hall und M. Angiolini, Barristers,

- der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch Z. Bryanston-Cross als Bevollmächtigte im Beistand von R. Hill, Barrister,

- der griechischen Regierung, vertreten durch S. Spyropoulos, I. Bakopoulos, S. Alexandriou und V. Karra als Bevollmächtigte,

- der spanischen Regierung, vertreten durch B. Plaza Cruz als Bevollmächtigte,

- der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch R. Lyal und M. Afonso als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 2. April 2009

folgendes

Urteil

Entscheidungsgründe:

1 Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 9 Abs. 2 Buchst. a der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. L 145, S. 1, im Folgenden: Sechste Richtlinie), der in Art. 45 der am 1. Januar 2007 in Kraft getretenen Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. L 347, S. 1) übernommen wurde.

2 Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der RCI Europe und den Commissioners for Her Majesty's Revenue and Customs (im Folgenden: Commissioners) wegen der Nacherhebung von Mehrwertsteuer.

Rechtlicher Rahmen

3 Art. 9 Abs. 1 und 2 Buchst. a der Sechsten Richtlinie bestimmt:

"(1) Als Ort einer Dienstleistung gilt der Ort, an dem der Dienstleistende den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit oder eine feste Niederlassung hat, von wo aus die Dienstleistung erbracht wird, oder in Ermangelung eines solchen Sitzes oder einer solchen festen Niederlassung sein Wohnort oder sein üblicher Aufenthaltsort.

(2) Es gilt jedoch

a) als Ort einer Dienstleistung im Zusammenhang mit einem Grundstück, einschließlich der Dienstleistung von Grundstücksmaklern und -sachverständigen, und als Ort einer Dienstleistung zur Vorbereitung oder zur Koordinierung von Bauleistungen, wie z. B. die Leistungen von Architekten und Bauaufsichtsbüros, der Ort, an dem das Grundstück gelegen ist;

..."

4 Art. 26 Abs. 1 und 2 der Sechsten Richtlinie sieht vor:

"(1) Die Mitgliedstaaten wenden die Mehrwertsteuer auf die Umsätze der Reisebüros nach den Vorschriften dieses Artikels an, soweit die Reisebüros gegenüber den Reisenden im eigenen Namen auftreten und für die Durchführung der Reise Lieferungen und Dienstleistungen anderer Steuerpflichtiger in Anspruch nehmen. Die Vorschriften dieses Artikels gelten nicht für Reisebüros, die lediglich als Vermittler handeln und auf die Artikel 11 Teil A Absatz 3 Buchstabe c) anzuwenden ist. Im Sinne dieses Artikels gelten als Reisebüros auch Reiseveranstalter.

(2) Die bei Durchführung der Reise vom Reisebüro erbrachten Umsätze gelten als eine einheitliche Dienstleistung des Reisebüros an den Reisenden. Sie wird in dem Mitgliedstaat besteuert, in dem das Reisebüro den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit oder eine feste Niederlassung hat, von wo aus es die Dienstleistung erbracht hat. Für diese Dienstleistung gilt als Besteuerungsgrundlage und als Preis ohne Steuer im Sinne des Artikels 22 Absatz 3 Buchstabe b) die Marge des Reisebüros, das heißt die Differenz zwischen dem vom Reisenden zu zahlenden Gesamtbetrag ohne Mehrwertsteuer und den tatsächlichen Kosten, die dem Reisebüro durch die Inanspruchnahme von Lieferungen und Dienstleistungen anderer Steuerpflichtiger entstehen, soweit diese Umsätze dem Reisenden unmittelbar zugute kommen."

Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

Die Tätigkeit von RCI Europe

5 RCI Europe wurde am 29. November 1973 im Vereinigten Königreich gegründet. Ihre Tätigkeit besteht darin, den Tausch von Teilnutzungsrechten an außerhalb dieses Mitgliedstaats gelegenen Ferienwohnungen zwischen ihren Mitgliedern zu ermöglichen und zu organisieren.

6 RCI Europe betreibt ein Programm namens "RCI Weeks" zum Tausch von Teilnutzungsrechten auf Wochenbasis, das die nachstehend beschriebenen wesentlichen Merkmale aufweist.

7 Erschließungsgesellschaften von Ferienanlagen werden aufgefordert, sich dem Programm als "Teilnehmer" anzuschließen. Einzelpersonen, die Inhaber von Teilnutzungsrechten an einer Ferienanlage sind, können beantragen, beim RCI-Weeks-Programm Mitglied zu werden.

8 Die Mitgliedschaft bei diesem Programm ermöglicht es den Mitgliedern, ihre eigenen Feriennutzungsrechte an teilzeitlich genutzten Immobilien in einen Pool von teilzeitlich genutzten Immobilien (im Folgenden: Weeks Pool) einzubringen und die von anderen Mitgliedern eingebrachten Nutzungsrechte zugeteilt zu erhalten. In diesem Rahmen haben die Mitglieder nur mit RCI Europe Kontakt. Durch die Einbringung von Feriennutzungsrechten in den Weeks Pool werden RCI Europe keine Rechte an der Immobilie übertragen, auf die sich die Nutzungsrechte beziehen. Während des gesamten Vorgangs verbleibt das Teilnutzungsrecht beim ursprünglichen Rechtsinhaber.

9 Die Mitglieder des RCI-Weeks-Programms zahlen ein Beitrittsentgelt für einen Zeitraum von einem bis fünf Jahren sowie Mitgliedsbeiträge. Außerdem müssen sie bei Beantragung eines Tauschs ein Tauschentgelt entrichten. RCI Europe behandelt diese Tauschentgelte buchhalterisch als rückzahlbare Anzahlungen. Kann sie dem Mitglied kein ihm genehmes Tauschangebot aus dem Weeks Pool benennen, schreibt sie ihm das Tauschentgelt für einen zukünftigen Tausch gut oder erstattet es ihm.

10 RCI Europe kann den Weeks Pool aufstocken, indem sie Unterkünfte von Dritten hinzukauft oder eine Erschließungsgesellschaft zusätzliche Wochen zur Verfügung stellt. Gegen Entrichtung eines Tauschentgelts können die Mitglieder auch einen Tausch mit einer Unterkunft aus diesem zusätzlichen Angebot beantragen.

Verfahren vor den nationalen Steuerbehörden

11 RCI Europe hat ihren Sitz im Vereinigten Königreich. Ein Großteil ihrer Mitglieder sind Staatsangehörige dieses Mitgliedstaats. Ein Großteil der Immobilien des Tauschprogramms RCI Weeks ist in Spanien gelegen. Die britischen und die spanischen Steuerbehörden verlangten beide die Entrichtung von Mehrwertsteuer auf die Umsätze von RCI Europe, was letztlich auf eine Doppelbesteuerung in zwei verschiedenen Mitgliedstaaten hinauslaufen würde.

12 Aus der Vorabentscheidungsentscheidung ergibt sich, dass RCI Europe bis zum 31. Dezember 2003 im Vereinigten Königreich Mehrwertsteuer auf alle von Neumitgliedern gezahlten Beitrittsentgelte sowie auf alle Jahresbeiträge von bereits aufgenommenen Mitgliedern entrichtete. Ferner entrichtete sie bis zum 31. Dezember 2005 die Mehrwertsteuer im Vereinigten Königreich auch auf alle Tauschentgelte von Mitgliedern, die das Recht zur Inanspruchnahme eines Teilzeitnutzungsrechts an einer in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union gelegenen Immobilie erworben hatten. Die Klägerin entrichtete im Vereinigten Königreich keine Mehrwertsteuer auf Tauschentgelte von Mitgliedern, die ein solches Teilzeitnutzungsrecht an einer außerhalb der Union gelegenen Immobilie erworben hatten.

13 Die spanischen Steuerbehörden vertreten die Auffassung, dass die Dienstleistungen der RCI Europe in unmittelbarem Zusammenhang mit einem Grundstück erfolgten und daher der Mehrwertsteuer in dem Land unterlägen, in dem die teilzeitlich genutzte Immobilie gelegen sei. Die gegen die Klägerin erlassenen Steuerbescheide und die Urteile der Finanzgerichte, mit denen die dagegen erhobenen Klagen abgewiesen wurden, sind derzeit Gegenstand einer beim Tribunal Supremo (Spanien) eingelegten Kassationsbeschwerde.

14 Ab 1. Januar 2004 entrichtete RCI Europe im Vereinigten Königreich keine Mehrwertsteuer mehr auf die Beitrittsentgelte und Jahresbeiträge der Mitglieder, deren Teilnutzungsrechte sich auf in Spanien gelegene Immobilien bezogen. Sie entrichtete im Vereinigten Königreich auch keine Mehrwertsteuer mehr auf die Tauschentgelte der Mitglieder, die ihre Teilnutzungsrechte gegen entsprechende Rechte an in Spanien gelegenen Immobilien tauschten.

15 Am 23. März 2005 beschlossen die Commissioners, einen Steuerbescheid zur Erhebung der Mehrwertsteuer zu erlassen, die RCI Europe ihrer Meinung nach im Jahr 2004 auf Beitrittsentgelte und Mitgliedsbeiträge von Mitgliedern mit Feriennutzungsrechten an in Spanien gelegenen Immobilien und auf Tauschentgelte für Teilzeitnutzungsrechte an spanischen Immobilien hätte abrechnen müssen. Am 15. April 2005 wurde ein Steuerbescheid in Höhe von 1 339 709 GBP erlassen.

16 Am 5. Mai 2005 erhob RCI Europe gegen diesen Steuerbescheid Klage bei dem vorlegenden Gericht.

17 In seiner Vorlageentscheidung verweist das vorlegende Gericht auf die anhaltende Rechtsunsicherheit bezüglich der Bestimmung des Leistungsorts und die damit verbundene Gefahr der Beeinträchtigung der Tätigkeit von RCI Europe.

18 Unter diesen Umständen hat das VAT and Duties Tribunal, London, beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1. Welche Faktoren sind im Rahmen der Dienstleistungen, die RCI Europe gegen

- Beitrittsentgelte,

- Mitgliedsbeiträge und

- Tauschentgelte

der Mitglieder ihres RCI-Weeks-Programms erbringt, maßgeblich für die Entscheidung, ob es sich dabei um Dienstleistungen "im Zusammenhang mit einem Grundstück" im Sinne von Art. 9 Abs. 2 Buchst. a der Sechsten Richtlinie handelt?

2. Falls einzelne oder alle Dienstleistungen von RCI Europe "im Zusammenhang mit einem Grundstück" im Sinne von Art. 9 Abs. 2 Buchst. a der Sechsten Richtlinie erbracht werden, gelten dann das in den Pool eingebrachte Grundstück oder das Grundstück, das im Tausch gegen das eingebrachte Grundstück gewünscht wird, oder beide Grundstücke als das Grundstück, mit dem die Dienstleistungen in Zusammenhang stehen?

3. Falls eine Dienstleistung "im Zusammenhang" mit beiden Grundstücken erbracht wird, wie ist dann die Dienstleistung im Rahmen der Sechsten Richtlinie einzuordnen?

4. Wie sind angesichts der voneinander abweichenden Vorgehensweisen verschiedener Mitgliedstaaten nach der Sechsten Richtlinie die Umsätze zu charakterisieren, in deren Rahmen ein Steuerpflichtiger gegen "Tauschentgelte" folgende Leistungen erbringt:

- Erleichterung des Tauschs von Feriennutzungsrechten eines Mitglieds eines vom Steuerpflichtigen angebotenen Programms gegen Feriennutzungsrechte eines anderen Mitglieds dieses Programms und/oder

- Überlassung von Nutzungsrechten an Unterkünften, die der Steuerpflichtige von einem steuerpflichtigen Dritten zur Aufstockung des den Mitgliedern des Programms zur Verfügung stehenden Unterkunftsangebots erwirbt?

Zu den Vorlagefragen

19 Mit seinen Fragen möchte das vorlegende Gericht wissen, welches im Sinne von Art. 9 Abs. 2 Buchst. a der Sechsten Richtlinie der Ort einer Dienstleistung ist, die von einer Vereinigung erbracht wird, deren Tätigkeit darin besteht, den Tausch von Teilzeitnutzungsrechten an Ferienwohnungen zwischen ihren Mitgliedern zu organisieren, wofür diese Vereinigung als Gegenleistung von ihren Mitgliedern Beitrittsentgelte, Mitgliedsbeiträge und Tauschentgelte erhebt.

20 Art. 9 der Sechsten Richtlinie enthält Regeln zur Bestimmung des steuerlichen Anknüpfungspunkts bei Dienstleistungen. Während in Abs. 1 insoweit eine allgemeine Regel niedergelegt ist, listet Abs. 2 eine Reihe besonderer Anknüpfungspunkte auf. Durch diese Bestimmungen sollen Kompetenzkonflikte, die zu einer Doppelbesteuerung führen könnten, sowie die Nichtbesteuerung von Einnahmen verhindert werden (Urteile vom 4. Juli 1985, Berkholz, 168/84, Slg. 1985, 2251, Randnr. 14, vom 26. September 1996, Dudda, C-327/94, Slg. 1996, I-4595, Randnr. 20, und vom 6. November 2008, Kollektivavtalsstiftelsen TRR Trygghetsrådet, C-291/07, Slg. 2008, I-0000, Randnr. 24).

21 Das vorlegende Gericht möchte insbesondere wissen, welche Faktoren bei der Prüfung, ob die Dienstleistungen, die als Gegenleistung für die einzelnen im Rahmen des RCI-Weeks-Systems erfolgenden Zahlungen erbracht werden, einen "Zusammenhang" mit Grundstücken aufweisen, zu berücksichtigen sind.

22 Wie die Generalanwältin in Nr. 56 ihrer Schlussanträge ausgeführt hat, ergibt sich aus einer verständigen Würdigung der Vorlagefragen, dass mit diesen geklärt werden soll, inwieweit sich die verschiedenen Arten von Beiträgen und Entgelten, die die am Tauschprogramm RCI Weeks teilnehmenden Mitglieder zu entrichten haben, einzelnen Dienstleistungen von RCI Europe zuordnen lassen.

23 Demnach sind die verschiedenen von den Parteien im Rahmen des RCI-Weeks-Systems vorgenommenen Transaktionen vor dem Hintergrund des synallagmatischen Rechtsverhältnisses, auf das die Generalanwältin in Nr. 57 ihrer Schlussanträge Bezug nimmt, einzeln zu prüfen.

24 In diesem Zusammenhang hat der Gerichtshof bereits entschieden, dass eine Dienstleistung nur dann im Sinne von Art. 2 Nr. 1 der Sechsten Richtlinie "gegen Entgelt" erbracht wird, wenn zwischen dem Leistenden und dem Leistungsempfänger ein Rechtsverhältnis besteht, in dessen Rahmen gegenseitige Leistungen ausgetauscht werden, wobei die vom Leistenden empfangene Vergütung den tatsächlichen Gegenwert für die dem Leistungsempfänger erbrachte Dienstleistung bildet (vgl. in diesem Zusammenhang Urteile vom 3. März 1994, Tolsma, C-16/93, Slg. 1994, I-743, Randnr. 14, vom 14. Juli 1998, First National Bank of Chicago, C-172/96, Slg. 1994, I-4387, Randnrn. 26 bis 29, und vom 21. März 2002, Kennemer Golf, C-174/00, Slg. 2002, I-3293, Randnr. 39)

25 Folglich sind bei der Prüfung der im Rahmen des RCI-Weeks-Systems vorgenommenen Transaktionen zum einen die als Gegenleistung für die verschiedenen von RCI Europe in Rechnung gestellten Entgelte erbrachten Dienstleistungen zu ermitteln und zum anderen die Merkmale dieser Dienstleistungen im Hinblick auf die in Art. 9 der Sechsten Richtlinie festgelegten Kriterien zu würdigen.

Zu den als Gegenleistung für die verschiedenen von RCI Europe in Rechnung gestellten Entgelte erbrachten Dienstleistungen

26 Was erstens das Beitrittsentgelt und die Mitgliedsbeiträge betrifft, ist RCI Europe der Auffassung, dass die als Gegenleistung dafür erbrachten Leistungen keinen hinreichenden Zusammenhang mit einem bestimmten Grundstück aufwiesen und daher nicht in den Anwendungsbereich von Art. 9 Abs. 2 der Sechsten Richtlinie fielen. Vielmehr gelte die allgemeine Regel des Art. 9 Abs. 1 dieser Richtlinie, so dass für die Aufnahme und den Beitritt der neuen Mitglieder sowie die entsprechenden Mitgliedsbeiträge der Ort der Dienstleistung der Ort sei, an dem der Dienstleistende den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit habe.

27 Wie RCI Europe meint das Vereinigte Königreich, dass kein hinreichend direkter Zusammenhang zwischen den als Gegenleistung für die im Ausgangsverfahren fraglichen Entgelte und Beiträge erbrachten Dienstleistungen und einem Grundstück bestehe. Dabei stützt es sich insbesondere darauf, dass RCI Europe Zugang zu einer Art Marktplatz verschaffe, auf dem die Mitglieder ihre Teilnutzungsrechte tauschen könnten.

28 Wie die Generalanwältin in Nr. 65 ihrer Schlussanträge ausgeführt hat, ergibt eine nähere Betrachtung des von RCI Europe eingehend beschriebenen Geschäftskonzepts, dass ein Mitglied als Gegenleistung für das Beitrittsentgelt zwar zunächst nur Zugang zum Tauschprogramm RCI Weeks erhält, doch wäre die Aufnahme in ein solches Programm für den Inhaber eines Teilnutzungsrechts nutzlos, wenn er nicht die Absicht hätte, sein Recht mit dem anderer Mitglieder zu tauschen.

29 Darüber hinaus ist in diesem Zusammenhang der synallagmatische Charakter des zwischen RCI Europe und den einzelnen Mitgliedern geschlossenen Vertrags zu berücksichtigen. Denn selbst unter Berücksichtigung der verschiedenen Phasen des RCI-Weeks-Systems wären das Beitrittsentgelt und die Mitgliedsbeiträge völlig nutzlos, wenn keine Absicht zum Tausch der Teilzeitnutzungsrechte auf dem von RCI Europe geschaffenen Markt bestünde.

30 Insoweit ergibt sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs, dass Besteuerungsgrundlage einer Dienstleistung alles das ist, was als Gegenleistung für den geleisteten Dienst empfangen wird, und dass eine Dienstleistung nur dann steuerpflichtig ist, wenn zwischen dem geleisteten Dienst und der erhaltenen Gegenleistung ein unmittelbarer Zusammenhang besteht (Urteile vom 8. März 1988, Apple and Pear Development Council, 102/86, Slg. 1988, 1443, Randnrn. 11 und 12, und Tolsma, Randnr. 13)

31 Die von RCI Europe im Ausgangsverfahren erbrachte Leistung ist zwar keine, die sofort erbracht wird. RCI Europe verpflichtet sich jedoch, bei einem Antrag eines ihrer Mitglieder die verlangte Leistung in der Zukunft zu erbringen.

32 Der Inhaber eines Teilnutzungsrechts hat nämlich zwar stets die Möglichkeit, ein anderes Objekt zu mieten, wenn er dies möchte, indem er die Miete für das gewünschte Objekt bezahlt; der am RCI-Weeks- Programm teilnehmende Inhaber eines solchen Rechts, der regelmäßig die Mitgliedsbeiträge entrichtet, kann jedoch sein Recht mit Hilfe von RCI Europe mit dem Recht eines anderen Eigentümers tauschen und zahlt dafür nur die Tauschgebühr. Das Mitglied entrichtet das Beitrittsentgelt und die Mitgliedsbeiträge nämlich als Gegenleistung für eine von RCI Europe erbrachte oder zu erbringende Leistung im Hinblick auf die Erleichterung des Tausches seiner Teilnutzungsrechte, statt ein Objekt über eine andere Agentur zu mieten.

33 In einem ähnlichen Fall hat der Gerichtshof bereits festgestellt, dass der Umstand, dass ein Jahresbeitrag ein Pauschalbetrag ist und nicht jeder Nutzung zugeordnet werden kann, nichts daran ändert, dass zwischen den Mitgliedern und dem Dienstleistungserbringer gegenseitige Leistungen ausgetauscht werden (Urteil Kennemer Golf, Randnr. 40). Die Jahresbeiträge der Mitglieder eines Vereins können die Gegenleistung für die von diesem Verein erbrachten Dienstleistungen darstellen, auch wenn diejenigen Mitglieder, die die Einrichtungen des Vereins nicht oder nicht regelmäßig nutzen, verpflichtet sind, ihren Jahresbeitrag zu zahlen (vgl. in diesem Sinne Urteil Kennemer Golf, Randnr. 42).

34 Vor diesem Hintergrund sind das Beitrittsentgelt und die Mitgliedsbeiträge somit als Gegenleistung für die Teilnahme an einem System anzusehen, das ursprünglich geschaffen wurde, um es den einzelnen Mitgliedern von RCI Europe zu ermöglichen, ihre Teilnutzungsrechte untereinander zu tauschen. Die von RCI Europe erbrachte Leistung besteht in der Erleichterung des Tausches, und das Beitrittsentgelt und die Mitgliedsbeiträge stellen die Gegenleistung dar, die ein Mitglied für diese Leistung erbringt.

35 Was zweitens die Tauschgebühren betrifft, besteht die Dienstleistung, für die ein Mitglied von RCI Europe Tauschgebühren entrichtet, im Tausch selbst oder in der zukünftigen Möglichkeit, sich an einem solchen Tausch zu beteiligen, die das Hauptziel jedes Mitglieds darstellen, wobei der Zugang zur Tauschbörse und die sich auf sie beziehenden Informationen im Verhältnis zu dieser Zielsetzung nur Zusatzelemente sind.

Zur Anwendung der Kriterien des Art. 9 Abs. 2 Buchst. a der Sechsten Richtlinie

36 In diesem Zusammenhang ist daran zu erinnern, dass der Gerichtshof die Voraussetzungen für die Anwendung dieser Bestimmung dahin gehend festgelegt hat, dass zwischen der Dienstleistung und dem fraglichen Grundstück ein hinreichend enger Zusammenhang bestehen muss, weil es der Systematik dieser Bestimmung widerspräche, wenn jede Dienstleistung schon allein deshalb in den Anwendungsbereich dieser Sonderregelung fiele, weil sie einen, wenn auch sehr schwachen, Zusammenhang mit einem Grundstück aufweist, da viele Leistungen auf die eine oder andere Weise mit einem Grundstück verbunden sind (Urteil vom 7. September 2006, Heger, C-166/05, Rec. p. I-7749, Randnr. 23).

37 Im Ausgangsverfahren lässt sich das Verhältnis zwischen RCI Europe und seinen Mitgliedern kaum bestimmen, ohne die Zielsetzung dieses Verhältnisses zu berücksichtigen. Darüber hinaus steht fest, dass Teilnutzungsrechte Rechte an Grundstücken darstellen und ihre Abgabe im Austausch gegen die Nutzung vergleichbarer Rechte ein Geschäft im Zusammenhang mit Grundstücken ist.

38 Der Eigentümer, der sein Teilnutzungsrecht mit dem eines anderen tauschen möchte, tritt nicht mit diesem, sondern mit RCI Europe in Kontakt. Was dieses RCI-Weeks-System von einer einfachen Anmietung über eine Ferienagentur unterscheidet, ist, dass die betreffende Person im Rahmen eines solchen Systems nicht für eine Ferienleistung zahlt, sondern für die Leistung von RCI Europe, den Tausch seines sich auf eine bestimmte Immobilie beziehendes Rechts zu erleichtern. Daraus folgt, dass die Immobilie, auf die sich die Dienstleistung von RCI Europe bezieht, diejenige ist, an der das Recht des tauschwilligen Eigentümers besteht.

39 Zu bedenken ist auch, dass die Erhebung nach den Überlegungen, die den in Art. 9 der Sechsten Richtlinie enthaltenen Bestimmungen über den Ort der Dienstleistung zugrunde liegen, nach Möglichkeit an dem Ort erfolgen soll, an dem die Gegenstände verbraucht oder die Dienstleistungen in Anspruch genommen werden.

40 Käme die allgemeine Regel des Art. 9 Abs. 1 der Sechsten Richtlinie zur Anwendung, wäre es daher für einen Wirtschaftsteilnehmer wie RCI Europe ein Leichtes, sich der Mehrwertsteuer auf seine Dienstleistungen völlig zu entziehen, indem er seinen Sitz außerhalb des Geltungsbereichs der gemeinschaftlichen Mehrwertsteuer nimmt.

41 Im Ausgangsverfahren werden die Dienstleistungen nicht am Ort der Niederlassung von RCI Europe, sondern an dem Ort in Anspruch genommen, an dem das Grundstück gelegen ist, auf das sich das Teilnutzungsrecht bezieht, das Gegenstand des Tauschdienstes ist. Was das Beitrittsentgelt, die Mitgliedsbeiträge und die Tauschgebühr betrifft, ist diese Immobilie diejenige, an der das betreffende Mitglied von RCI Europe Teilnutzungsrechte hat, die er im RCI-Weeks-System zur Verfügung stellt.

42 Was das Angebot von Teilnutzungsrechten an Wohnungen angeht, die RCI Europe von steuerpflichtigen Dritten erwirbt, um die den Mitgliedern dieses Systems zur Verfügung gestellte Wohnungstauschbörse zu ergänzen, so bezieht RCI Europe Beitrittsentgelte, Mitgliedsbeiträge und Tauschgebühren seiner Mitglieder nur für die Teilnutzungsrechte, die die einzelnen Mitglieder tauschen. In einem solchen Fall erhebt RCI Europe von den Dritten, die der Mehrwertsteuer unterliegen können, keine Gebühr. Hinsichtlich dieses Angebots schuldet RCI Europe bei dieser Transaktion keine Mehrwertsteuer auf die ihren Mitgliedern von einem Dritten zur Verfügung gestellte Wohnung.

43 Unter diesen Umständen ist auf die Vorlagefragen zu antworten, dass Art. 9 Abs. 2 Buchst. a der Sechsten Richtlinie dahin auszulegen ist, dass der Ort einer Dienstleistung, die von einer Vereinigung erbracht wird, deren Tätigkeit darin besteht, den Tausch von Teilzeitnutzungsrechten an Ferienwohnungen zwischen ihren Mitgliedern zu organisieren, wofür diese Vereinigung als Gegenleistung von ihren Mitgliedern Beitrittsentgelte, Mitgliedsbeiträge und Tauschentgelte erhebt, der Ort ist, an dem die Immobilie, an der das Teilnutzungsrecht des betreffenden Mitglieds besteht, gelegen ist.

Kostenentscheidung:

Kosten

44 Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Tenor:

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Erste Kammer) für Recht erkannt:

Art. 9 Abs. 2 Buchst. a der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage ist dahin auszulegen, dass der Ort einer Dienstleistung, die von einer Vereinigung erbracht wird, deren Tätigkeit darin besteht, den Tausch von Teilzeitnutzungsrechten an Ferienwohnungen zwischen ihren Mitgliedern zu organisieren, wofür diese Vereinigung als Gegenleistung von ihren Mitgliedern Beitrittsentgelte, Mitgliedsbeiträge und Tauschentgelte erhebt, der Ort ist, an dem die Immobilie, an der das Teilnutzungsrecht des betreffenden Mitglieds besteht, gelegen ist.



Ende der Entscheidung

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