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Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 09.11.1995
Aktenzeichen: C-38/94
Rechtsgebiete: VO (EWG) Nr. 3567/92, VO (EWG) Nr. 3886/92


Vorschriften:

VO (EWG) Nr. 3567/92 Art. 13
VO (EWG) Nr. 3567/92 Art. 15
VO (EWG) Nr. 3886/92 Art. 39
VO (EWG) Nr. 3886/92 Art. 55
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

1. Weder die Artikel 13 und 15 der Verordnung Nr. 3567/92 mit Durchführungsvorschriften für die erzeugerspezifischen Obergrenzen, die nationalen Reserven und die Übertragung von Ansprüchen gemäß der Verordnung Nr. 3013/89 über die gemeinsame Marktorganisation für Schaf- und Ziegenfleisch noch die Artikel 39 und 55 der Verordnung Nr. 3886/92 mit Durchführungsvorschriften für die Prämienregelung gemäß der Verordnung Nr. 805/68 über die gemeinsame Marktorganisation für Rindfleisch und zur Aufhebung der Verordnungen Nrn. 1244/82 und 714/89, noch irgendein allgemeiner Grundsatz des Gemeinschaftsrechts verpflichten die Mitgliedstaaten, einen Mechanismus zum Ausgleich des Schadens einzuführen, den die Eigentümer von landwirtschaftlichen Flächen durch die Einführung eines Systems von Prämienansprüchen erleiden, die den Erzeugern von Schaf- und Ziegenfleisch oder von Rindfleisch zustehen, und zwar auch dann nicht, wenn der Prämienanspruch von Erzeugern, die nicht Eigentümer der ihre Haltung bildenden Flächen sind, übertragen wird.

Eine solche Verpflichtung lässt sich insbesondere nicht von dem Grundsatz des Schutzes des Eigentumsrechts ableiten, denn die Einführung eines Systems von den Erzeugern zustehenden Prämienansprüchen gefährdet ° auch wenn es negative Auswirkungen auf den Kapitalwert der Flächen durch die Übertragung des Prämienanspruchs durch Erzeuger, die nicht Eigentümer der ihre Haltung bildenden Flächen sind, hervorbringt ° das Eigentum nicht, da im Rahmen einer gemeinsamen Marktorganisation gewährte Vorteile nicht als ein Recht angesehen werden können, das aus dem Eigentum oder der Berufstätigkeit der Betroffenen herrührt, und dessen Zuteilung oder Übertragung mit einer Ausgleichsverpflichtung zu Lasten der einen oder der anderen Partei eines Pachtvertrags verbunden sein müsste.

2. Weder die Artikel 13 und 15 der Verordnung Nr. 3567/92 mit Durchführungsvorschriften für die erzeugerspezifischen Obergrenzen, die nationalen Reserven und die Übertragung von Ansprüchen gemäß der Verordnung Nr. 3013/89 über die gemeinsame Marktorganisation für Schaf- und Ziegenfleisch noch die Artikel 39 und 55 der Verordnung Nr. 3886/92 mit Durchführungsvorschriften für die Prämienregelung gemäß der Verordnung Nr. 805/68 über die gemeinsame Marktorganisation für Rindfleisch, die die Ermächtigung der Mitgliedstaaten auf Maßnahmen beschränken, durch die Probleme gelöst werden sollen, die in den im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Verordnungen bereits bestehenden vertraglichen Beziehungen auftreten, verstossen gegen die Verordnungen des Rates, die Verordnung Nr. 3013/89 bzw. die Verordnung Nr. 805/68, deren Durchführung sie sicherstellen und die keine solche Beschränkung enthalten.

Werden vertragliche Beziehungen nach dem Inkrafttreten dieser Verordnungen eingegangen, so können die Parteien nämlich die Folgen der Einführung dieser Prämienregelung berücksichtigen und die damit verbundenen Probleme vertraglich regeln.


URTEIL DES GERICHTSHOFES (DRITTE KAMMER) VOM 9. NOVEMBER 1995. - THE QUEEN GEGEN MINISTER OF AGRICULTURE, FISHERIES AND FOOD, EX PARTE COUNTRY LANDOWNERS ASSOCIATION. - ERSUCHEN UM VORABENTSCHEIDUNG: HIGH COURT OF JUSTICE, QUEEN'S BENCH DIVISION, DIVISIONAL COURT - VEREINIGTES KOENIGREICH. - GEMEINSAME MARKTORGANISATIONEN FUER SCHAF- UND ZIEGENFLEISCH SOWIE FUER RINDFLEISCH - GEWAEHRUNG VON UEBERTRAGBAREN PRAEMIENANSPRUECHEN AN DIE ERZEUGER - DEN GRUNDSTUECKSEIGENTUEMERN ZUSTEHENDE ENTSCHAEDIGUNG. - RECHTSSACHE C-38/94.

Entscheidungsgründe:

1 Der High Court of Justice, Queen' s Bench Division, Divisional Court, hat mit Beschluß vom 12. Januar 1994, beim Gerichtshof eingegangen am 28. Januar 1994, gemäß Artikel 177 EG-Vertrag fünf Fragen nach der Auslegung und der Gültigkeit der Artikel 13 und 15 der Verordnung (EWG) Nr. 3567/92 der Kommission vom 10. Dezember 1992 mit Durchführungsvorschriften für die erzeugerspezifischen Obergrenzen, die nationalen Reserven und die Übertragung von Ansprüchen gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 3013/89 des Rates über die gemeinsame Marktorganisation für Schaf- und Ziegenfleisch (ABl. L 362, S. 41) sowie der Artikel 39 und 55 der Verordnung (EWG) Nr. 3886/92 der Kommission vom 23. Dezember 1992 mit Durchführungsvorschriften für die Prämienregelung gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 805/68 des Rates über die gemeinsame Marktorganisation für Rindfleisch und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nr. 1244/82 und Nr. 714/89 (ABl. L 391, S. 20) zur Vorabentscheidung vorgelegt.

2 Diese Fragen stellen sich im Rahmen eines Antrags der Country Landowners Association (im folgenden: CLA) auf gerichtliche Überprüfung der Art und Weise, in der die genannten Verordnungen durch das Statutory Instrument 1993 Nr. 1626 Agriculture ° Sheep Annual Premium and Suckler Cow Premium Regulations 1993 durchgeführt worden sind.

3 Die bestehenden Marktorganisationen für Schaf- und Ziegenfleisch und für Rindfleisch wurden 1992 geändert, um den Zugang zu der den Erzeugern von Schafen und Ziegen gewährten jährlichen Prämie sowie zur Mutterkuhprämie durch ein System der Zuteilung von individuellen Quoten zu begrenzen.

4 So bestimmt Artikel 5a der Verordnung (EWG) Nr. 3013/89 des Rates vom 25. September 1989 über die gemeinsame Marktorganisation für Schaf- und Ziegenfleisch (ABl. L 289, S. 1), der durch die Verordnung Nr. 2069/92 des Rates vom 30. Juni 1992 (ABl. L 215, S. 59) eingefügt worden ist:

"1. Zur Gewährung der Prämie gemäß Artikel 5 wird eine erzeugerspezifische Obergrenze eingeführt.

...

4. a) Der Prämienanspruch steht Erzeugern zu, die die Prämie im Wirtschaftsjahr 1991 erhalten und die ferner einen Prämienantrag für das Wirtschaftsjahr 1992 gestellt haben.

b) Bei einer Veräusserung oder einer sonstigen Übertragung seiner Haltung kann der Erzeuger alle ihm zustehenden Prämienansprüche an den Erwerber seiner Haltung übertragen.

Er kann seine Prämienansprüche auch ganz oder teilweise an andere Erzeuger übertragen, ohne die Haltung mitzuübertragen. Die Kommission kann nach dem Verfahren des Artikels 30 besondere Vorschriften über die Mindestzahl von Teilübertragungen festlegen.

Im Falle einer Übertragung ohne Übertragung der Haltung wird ein Teil der übertragenen Prämienansprüche in Höhe von bis zu 15 v. H. ohne Gegenleistung an die nationale Reserve des Mitgliedstaats, in dem sich die Haltung befindet, zur unentgeltlichen Zuteilung an neue Erzeuger oder nach Artikel 5b Absatz 2 bevorrechtige Erzeuger abgegeben.

c) Die Mitgliedstaaten

° treffen die erforderlichen Maßnahmen, damit die Prämienansprüche nicht aus empfindlichen Zonen oder aus Regionen abgezogen werden, in denen die Schafhaltung für die lokale Wirtschaft besonders wichtig ist;

° können vorsehen, daß die Übertragung der Ansprüche ohne Übertragung der Haltung entweder unmittelbar zwischen Erzeugern oder über die nationale Reserve erfolgt.

...

f) Die Kommission legt die Durchführungsbestimmungen zu diesem Absatz nach dem Verfahren des Artikels 30 fest, insbesondere die Bestimmungen,... anhand derer die Mitgliedstaaten die besonderen Probleme bei der Übertragung von Prämienansprüchen durch Erzeuger, die nicht Eigentümer der ihre Haltung bildenden Flächen sind, lösen können."

5 In dem durch dieselbe Verordnung eingefügten Artikel 5b wird hinzugefügt:

"1. Jeder Mitgliedstaat bildet eine erste nationale Reserve in Höhe von mindestens 1 v. H. und höchstens 3 v. H. der Summe der Obergrenzen für einzelne Erzeuger, deren Haltung sich in diesem Mitgliedstaat befindet. Der nationalen Reserve werden auch die Prämienansprüche nach Artikel 5a Absatz 4 Buchstabe b) zugewiesen."

6 Artikel 13 der Verordnung Nr. 3567/92, in der die Kommission die Durchführungsvorschriften für die Verordnung Nr. 3013/89 erlassen hat, bestimmt:

"Die Mitgliedstaaten treffen notfalls geeignete Übergangsmaßnahmen, um im Falle der Übertragung von Prämienansprüchen oder sonstigen Vereinbarungen mit gleicher Wirkung bei Inkrafttreten dieser Verordnung auftretende Probleme im Zusammenhang mit vertraglichen Beziehungen zwischen Erzeugern, die nicht Eigentümer aller von ihnen bewirtschafteten Flächen sind, und den Eigentümern, dieser Flächen in angemessener Weise zu lösen. Diese Übergangsmaßnahmen dürfen nur die Behebung von Schwierigkeiten im Zusammenhang mit der Einführung der Prämienanspruchsregelung für die jeweiligen Erzeuger bezwecken und müssen in jedem Fall den Grundsätzen Rechnung tragen, die diesen Vertragsbeziehungen zugrunde liegen."

7 Artikel 15 derselben Verordnung sieht vor:

"Die Mitgliedstaaten treffen alle geeigneten, zur ordnungsgemässen Anwendung der erzeugerspezifischen Obergrenzen erforderlichen zusätzlichen Maßnahmen. Sie unterrichten davon die Kommission."

8 Artikel 4e Absatz 5 der Verordnung (EWG) Nr. 805/68 des Rates vom 27. Juni 1968 über die gemeinsame Marktorganisation für Rindfleisch (ABl. L 148, S. 24) in der durch die Verordnung (EWG) Nr. 2066/92 des Rates vom 30. Juni 1992 (ABl. L 215, S. 49) geänderten Fassung stimmt im wesentlichen mit Artikel 5a Absatz 4 Buchstabe f der Verordnung Nr. 3013/89 überein, während die Artikel 39 und 55 der Durchführungsverordnung Nr. 3886/92 den Artikeln 13 und 15 der Verordnung Nr. 3567/92 ähneln.

9 Vor dem nationalen Gericht hat die CLA vorgetragen, diese Verordnungen, durch die nur den Erzeugern Produktionsquoten zugeteilt würden und die es diesen erlaubten, die Quoten auf einen anderen Betrieb oder einen anderen Erzeuger zu übertragen, wirkten sich nachteilig auf den Wert der für die Aufzucht von Schafen und Ziegen oder für die Erzeugung von Mutterkühen verwendeten Flächen aus. Artikel 13 der Verordnung Nr. 3567/92 und Artikel 39 der Verordnung Nr. 3886/92 verpflichteten die Mitgliedstaaten daher dazu, einen Mechanismus zum Ausgleich des dadurch verursachten Schadens einzuführen, was das Vereinigte Königreich nicht getan habe.

10 Der Minister of Agriculture, Fisheries and Food (im folgenden: Minister) ist dagegen der Auffassung, daß diese Verordnungen die Staaten lediglich dazu ermächtigten, Maßnahmen zu ergreifen, um die Probleme zu lösen, die sich für die Eigentümer aus der Übertragung von Quoten oder sonstigen Vereinbarungen mit gleicher Wirkung ergäben, und daß in dieser Hinsicht die gebotenen Maßnahmen erlassen worden seien. So sei die "Abgabe" eines Teils der unabhängig vom Betrieb übertragenen Quote an die nationale Reserve auf das Hoechstniveau, d. h. 15 % festgesetzt worden, bei den Kategorien von Anträgen, die die nationale Reserve beträfen, seien Prioritäten zugunsten der Anträge festgelegt worden, die von Erzeugern herrührten, die eine Fläche übernähmen, deren Quote von dem Pächter, der den Betrieb verlassen habe, mitgenommen worden sei, und schließlich sei ein Schutzmechanismus geschaffen worden, um zu verhindern, daß Ansprüche auf Quoten aus besonders empfindlichen Betriebszonen abgezogen würden.

11 Unter diesen Voraussetzungen hat das nationale Gericht das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof gemäß Artikel 177 des Vertrages folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1) Sind Artikel 13 der Verordnung (EWG) Nr. 3567/92 der Kommission und/oder Artikel 39 der Verordnung (EWG) Nr. 3886/92 der Kommission dahin auszulegen, daß sie einen Mitgliedstaat ermächtigen und/oder verpflichten, einen Ausgleichsmechanismus für die Eigentümer von Agrarland nur dann einzuführen, wenn sich ein Schaden für die Grundeigentümer daraus ergibt, daß Prämienansprüche vom Pächter/Erzeuger übertragen und dabei aus der Haltung des Grundeigentümers herausgenommen wurden?

2) Sind Artikel 13 der Verordnung (EWG) Nr. 3567/92 der Kommission und/oder Artikel 39 der Verordnung (EWG) Nr. 3886/92 der Kommission dahin auszulegen, daß sie einen Mitgliedstaat ermächtigen und/oder verpflichten, einen Ausgleichsmechanismus für die Eigentümer von Agrarland in Fällen einzuführen, in denen ein besonderes Problem

i) in bezug auf die Übertragbarkeit oder

ii) bei oder nach der Übertragung

von Prämienansprüchen durch den Pächter/Erzeuger bei gleichzeitiger Herausnahme aus der Haltung des Grundeigentümers besteht, das durch die Einführung und Zuteilung von Quoten an die Pächter/Erzeuger verursacht wurde, was zur Bildung eines Vermögenswerts in den Händen der Pächter/Erzeuger führt?

3) Sind Artikel 15 der Verordnung (EWG) Nr. 3567/92 der Kommission und/oder Artikel 55 der Verordnung (EWG) Nr. 3886/92 der Kommission dahin auszulegen, daß sie für die Mitgliedstaaten ° über die durch Artikel 13 der Verordnung (EWG) Nr. 3567/92 der Kommission und/oder Artikel 39 der Verordnung (EWG) Nr. 3886/92 der Kommission begründeten hinaus ° gesonderte Befugnisse und/oder Verpflichtungen zur Einführung eines Ausgleichssystems für die Grundeigentümer begründen?

4) Haben Artikel 5a Absatz 4 Buchstabe f der Verordnung (EWG) Nr. 3013/89 des Rates, eingefügt durch die Verordnung (EWG) Nr. 2069/92 des Rates, und/oder Artikel 4e Absatz 5 der Verordnung (EWG) Nr. 805/68 des Rates, eingefügt durch die Verordnung (EWG) Nr. 2066/92 des Rates, Auswirkungen auf die Auslegung und/oder Gültigkeit von Artikel 13 der Verordnung (EWG) Nr. 3567/92 der Kommission und/oder von Artikel 39 der Verordnung (EWG) Nr. 3886/92 der Kommission und/oder von Artikel 15 der Verordnung (EWG) Nr. 3567/92 der Kommission und/oder von Artikel 55 der Verordnung (EWG) Nr. 3886/92 der Kommission?

5) Je nach der Antwort auf die Fragen 1, 2, 3 oder 4: Welche Grundsätze müssen die Mitgliedstaaten beim Erlaß eines solchen Ausgleichssystems anwenden?

Zu den ersten drei Fragen

12 Die ersten drei Fragen des vorlegenden Gerichts gehen dahin, ob die Artikel 13 und 15 der Verordnung Nr. 3567/92 und 39 und 55 der Verordnung Nr. 3886/92 die Mitgliedstaaten verpflichten, einen Mechanismus zum Ausgleich des Schadens einzuführen, den die Eigentümer landwirtschaftlicher Flächen durch die Einführung eines Systems von Prämienansprüchen erleiden, die den Erzeugern von Schaf- und Ziegenfleisch oder von Rindfleisch zustehen, insbesondere, wenn der Prämienanspruch durch Erzeuger übertragen wird, die nicht Eigentümer der ihre Haltung bildenden Flächen sind.

13 Nach Angabe des vorlegenden Gerichts erkennt der Minister an, daß die Zuteilung frei übertragbarer Quoten an die Pächter/Erzeuger negative Auswirkungen auf den Kapitalwert der für die Aufzucht von Schafen und Ziegen sowie für die Erzeugung von Mutterkühen verwendeten Flächen hat. Die Frage geht also dahin, ob das Gemeinschaftsrecht zum Ersatz eines solchen Schadens verpflichtet.

14 Dabei ist festzustellen, daß kein in der Gemeinschaftsrechtsordnung gewährleisteter allgemeiner Rechtsgrundsatz, insbesondere auch nicht der Schutz des Eigentumsrechts, einen solchen Ausgleich gebietet. Es ergibt sich nämlich aus dem Urteil des Gerichtshofes vom 24. März 1994 in der Rechtssache C-2/92 (Bostock, Slg. 1994, I-955), daß Vorteile wie die Referenzmengen, die im Rahmen einer gemeinsamen Marktorganisation zugeteilt werden, nicht als ein Recht angesehen werden können, das aus dem Eigentum oder der Berufstätigkeit der Betroffenen herrührt, so daß ihre Zuteilung oder ihre Übertragung nicht mit einer Ausgleichsverpflichtung zu Lasten der einen oder der anderen Partei eines Pachtvertrags verbunden sein kann. Das gleiche gilt für die individuellen Quoten, nach deren Maßgabe die Prämie zugeteilt wird und die aufgrund der streitigen Regelung den Pächtern/Erzeugern zustehen.

15 Eine Verpflichtung der Mitgliedstaaten, einen Mechanismus zum Ausgleich des Schadens vorzusehen, den die Eigentümer der für die Aufzucht von Schafen und Ziegen oder die Erzeugung von Mutterkühen verwendeten Flächen erleiden, ergibt sich auch nicht aus den Verordnungen über die betroffenen Marktorganisationen.

16 Erstens beziehen sich Artikel 5a Absatz 4 Buchstabe f der Verordnung Nr. 3013/89 und Artikel 4e Absatz 5 der Verordnung Nr. 805/68 nur auf die besonderen Probleme bei der Übertragung von Prämienansprüchen durch Erzeuger, die nicht Eigentümer der ihre Haltung bildenden Flächen sind, und nicht in allgemeinerer Form auf die Probleme, die mit der durch die Einführung des neuen Prämiensystems verursachten Minderung des Werts dieser Flächen zusammenhängen.

17 Das gleiche gilt für die Durchführungsverordnungen der Kommission. So ermächtigt Artikel 13 der Verordnung Nr. 3567/92 die Mitgliedstaaten, dazu, "im Falle der Übertragung von Prämienansprüchen" notfalls geeignete Übergangsmaßnahmen zu treffen. Zwar wird im letzten Teil dieses Artikels bestimmt, daß "diese Übergangsmaßnahmen nur die Behebung von Schwierigkeiten im Zusammenhang mit der Einführung einer Prämienanspruchsregelung für die jeweiligen Erzeuger bezwecken [dürfen]". Die in Frage stehenden Maßnahmen sind jedoch die im ersten Teil der Vorschrift genannten, der sich ausdrücklich auf den Fall der Übertragung des Prämienanspruchs bezieht.

18 Zweitens verpflichten diese Vorschriften die Mitgliedstaaten nicht dazu, einen Mechanismus zum Ausgleich der Schäden vorzusehen, der den Eigentümern durch die Übertragung der Prämienansprüche entsteht. Sie gestatten ihnen lediglich, Maßnahmen zur Lösung der besonderen mit der Übertragung zusammenhängenden Probleme zu treffen und die Grundsätze festzulegen, die bei diesen Maßnahmen zu beachten sind.

19 Es ist Sache jedes einzelnen Mitgliedstaats, die Notwendigkeit der Maßnahmen zu beurteilen, wobei insbesondere die von ihm gewählten nationalen Modalitäten der Durchführung der Regelung und die für die Rechtsbeziehungen zwischen Pächter und Verpächter geltenden nationalen Vorschriften zu berücksichtigen sind.

20 Artikel 15 der Verordnung Nr. 3567/92 und Artikel 55 der Verordnung Nr. 3886/92 sehen lediglich vor, daß die Mitgliedstaaten alle geeigneten, zur ordnungsgemässen Anwendung der erzeugerspezifischen Obergrenzen erforderlichen zusätzlichen Maßnahmen ergreifen und die Kommission davon unterrichten. Diese Vorschriften stellen eine Umsetzung des Artikels 5 des Vertrages dar und können als solche keinen Ausgleichsmechanismus für die Schäden vorschreiben, die die Eigentümer durch die Einführung der streitigen Quotensysteme erleiden.

21 Auf die ersten drei Fragen ist daher zu antworten, daß weder die Artikel 13 und 15 der Verordnung Nr. 3567/92 noch die Artikel 39 und 55 der Verordnung Nr. 3886/92, noch irgendein allgemeiner Grundsatz des Gemeinschaftsrechts die Mitgliedstaaten dazu verpflichten, einen Mechanismus zum Ausgleich des Schadens einzuführen, den die Eigentümer von landwirtschaftlichen Flächen durch die Einführung eines Systems von Prämienansprüchen erleiden, die den Erzeugern von Schaf- und Ziegenfleisch oder von Rindfleisch zustehen, und zwar auch dann nicht, wenn der Prämienanspruch von Erzeugern, die nicht Eigentümer der ihre Haltung bildenden Flächen sind, übertragen wird.

Zur vierten Frage

22 In Anbetracht der Antwort auf die erste Frage ist die vierte Frage darauf zu beschränken, ob die Artikel 13 und 15 der Verordnung Nr. 3567/92 und die Artikel 39 und 55 der Verordnung Nr. 3886/92 im Hinblick auf Artikel 5a Absatz 4 Buchstabe f der Verordnung Nr. 3013/89 bzw. auf Artikel 4e Absatz 5 der Verordnung Nr. 805/68, die ihre Rechtsgrundlage darstellen, gültig sind.

23 In diesem Zusammenhang ist festzustellen, daß der einzige Unterschied zwischen den betreffenden Vorschriften der Durchführungsverordnungen der Kommission und den Vorschriften der Verordnungen des Rates, die ihre Rechtsgrundlage darstellen, den Anwendungsbereich der Maßnahmen betrifft, die die Mitgliedstaaten ergreifen dürfen. Während in den Verordnungen des Rates keine Unterscheidung getroffen wird, beschränken die Verordnungen der Kommission die Ermächtigung der Mitgliedstaaten auf Maßnahmen, durch die Probleme gelöst werden sollen, die in den im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Verordnungen bereits bestehenden vertraglichen Beziehungen auftreten.

24 Wie die Kommission vorgetragen hat, können mit der Einführung des Prämiensystems zusammenhängende Probleme aber nur im Rahmen von vertraglichen Beziehungen auftreten, die im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Verordnungen bestehen. Werden vertragliche Beziehungen später eingegangen, so können die Parteien die Möglichkeit einer Übertragung der Prämienansprüche ohne Übertragung des Betriebs nämlich berücksichtigen.

25 Auf jeden Fall räumt die Klägerin des Ausgangsverfahrens selbst ein, daß die Ausgleichsmaßnahmen sich auf bestehende vertragliche Beziehungen beschränken müssten.

26 Auf die vierte Frage ist daher zu antworten, daß die Prüfung der Artikel 13 und 15 der Verordnung Nr. 3567/92 und der Artikel 39 und 55 der Verordnung Nr. 3886/92 nichts ergeben hat, was die Gültigkeit dieser Vorschriften beeinträchtigen könnte.

Zur fünften Frage

27 In Anbetracht der Antworten auf die vorstehenden Fragen braucht die fünfte Frage nicht beantwortet zu werden.

Kostenentscheidung:

Kosten

28 Die Auslagen der Regierung des Vereinigten Königreichs, der französischen Regierung und der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, die Erklärungen vor dem Gerichtshof abgegeben haben, sind nicht erstattungsfähig. Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)

auf die ihm vom High Court of Justice, Queen' s Bench Division, Divisional Court, mit Beschluß vom 12. Januar 1994 vorgelegten Fragen für Recht erkannt:

1) Weder die Artikel 13 und 15 der Verordnung (EWG) Nr. 3567/92 der Kommission vom 10. Dezember 1992 mit Durchführungsvorschriften für die erzeugerspezifischen Obergrenzen, die nationalen Reserven und die Übertragung von Ansprüchen gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 3013/89 des Rates über die gemeinsame Marktorganisation für Schaf- und Ziegenfleisch noch die Artikel 39 und 55 der Verordnung (EWG) Nr. 3886/92 der Kommission vom 23. Dezember 1992 mit Durchführungsvorschriften für die Prämienregelung gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 805/68 über die gemeinsame Marktorganisation für Rindfleisch und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nr. 1244/82 und (EWG) Nr. 714/89, noch irgendein allgemeiner Grundsatz des Gemeinschaftsrechts verpflichten die Mitgliedstaaten, einen Mechanismus zum Ausgleich des Schadens einzuführen, den die Eigentümer von landwirtschaftlichen Flächen durch die Einführung eines Systems von Prämienansprüchen erleiden, die den Erzeugern von Schaf- und Ziegenfleisch oder von Rindfleisch zustehen, und zwar auch dann nicht, wenn der Prämienanspruch von Erzeugern, die nicht Eigentümer der ihre Haltung bildenden Flächen sind, übertragen wird.

2) Die Prüfung der Artikel 13 und 15 der Verordnung Nr. 3567/92 und der Artikel 39 und 55 der Verordnung Nr. 3886/92 hat nichts ergeben, was die Gültigkeit dieser Vorschriften beeinträchtigen könnte.

Ende der Entscheidung

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