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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 07.12.2000
Aktenzeichen: C-38/99
Rechtsgebiete: Richtlinie 79/409/EWG


Vorschriften:

Richtlinie 79/409/EWG
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

1 Artikel 7 Absatz 4 der Richtlinie 79/409 über die Erhaltung der wild lebenden Vogelarten soll ein Verbot der Bejagung aller Wildvogelarten während der Nistzeit oder während der einzelnen Phasen der Brut- und Aufzuchtzeit, und, wenn es sich um Zugvögel handelt, während ihres Rückzugs zu den Nistplätzen bewirken. Dieser Artikel verfolgt somit das Ziel, für die Zeiträume, in denen das Überleben der wild lebenden Vogelarten besonders gefährdet ist, einen lückenlosen Schutz zu gewährleisten. Infolgedessen darf der Schutz vor Bejagung nicht auf die - aufgrund der durchschnittlichen Brut- und Aufzuchtzyklen sowie der Wanderungsbewegungen ermittelte - Mehrzahl der Vögel einer bestimmten Art beschränkt werden.

(vgl. Randnr. 23)

2 Die nationalen Behörden sind nach der Richtlinie 79/409 über die Erhaltung der wild lebenden Vogelarten nicht befugt, nach Zug- oder jagdbaren Wasservogelarten gestaffelte Daten für das Ende der Jagdzeit festzusetzen, es sei denn, der betreffende Mitgliedstaat kann für jeden Einzelfall anhand geeigneter wissenschaftlicher und technischer Daten nachweisen, dass eine solche Staffelung einen lückenlosen Schutz der Vogelarten, die von dieser Staffelung betroffen werden können, nicht verhindert.

(vgl. Randnr. 43)

3 Die Umsetzung einer Richtlinie in innerstaatliches Recht erfordert nicht notwendig eine förmliche, wörtliche Übernahme ihrer Bestimmungen in eine ausdrückliche, besondere Rechts- oder Verwaltungsvorschrift; vielmehr kann auch ein allgemeiner rechtlicher Kontext genügen, wenn dieser tatsächlich die vollständige Anwendung der Richtlinie hinreichend klar und bestimmt gewährleistet. Der Genauigkeit der Umsetzung kommt jedoch im Fall der Richtlinie 79/409 über die Erhaltung der wild lebenden Vogelarten insofern besondere Bedeutung zu, als die Verwaltung des gemeinsamen Erbes den Mitgliedstaaten für ihr jeweiliges Hoheitsgebiet anvertraut ist.

(vgl. Randnr. 53)


Urteil des Gerichtshofes (Sechste Kammer) vom 7. Dezember 2000. - Kommission der Europäischen Gemeinschaften gegen Französische Republik. - Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats - Richtlinie 79/409/EWG - Erhaltung der wild lebenden Vogelarten - Jagdzeiten. - Rechtssache C-38/99.

Parteien:

In der Rechtssache C-38/99

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch P. Stancanelli, Juristischer Dienst, und O. Couvert-Castéra, zum Juristischen Dienst der Kommission abgeordneter nationaler Beamter, als Bevollmächtigte, Zustellungsbevollmächtigter: C. Gómez de la Cruz, Centre Wagner, Luxemburg-Kirchberg,

Klägerin,

gegen

Französische Republik, vertreten durch K. Rispal-Bellanger, Abteilungsleiterin in der Direktion für Rechtsfragen des Ministeriums für auswärtige Angelegenheiten, und D. Colas, Sekretär für auswärtige Angelegenheiten in derselben Direktion, als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift: Französische Botschaft, Boulevard Joseph II, 8 B, Luxemburg,

Beklagte,

"wegen Feststellung, dass die Französische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus der Richtlinie 79/409/EWG des Rates vom 2. April 1979 über die Erhaltung der wild lebenden Vogelarten (ABl. L 103, S. 1) verstoßen hat, dass sie Artikel 7 dieser Richtlinie nicht korrekt umgesetzt, nicht alle Maßnahmen zur Umsetzung für ihr gesamtes Staatsgebiet mitgeteilt und die Richtlinie nicht korrekt ausgeführt hat,

erlässt

DER GERICHTSHOF

(Sechste Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten C. Gulmann (Berichterstatter), der Richter V. Skouris, J.-P. Puissochet und R. Schintgen sowie der Richterin F. Macken,

Generalanwalt: D. Ruiz-Jarabo Colomer

Kanzler: D. Louterman-Hubeau, Abteilungsleiterin,

aufgrund des Sitzungsberichts,

nach Anhörung der Parteien in der Sitzung vom 29. Juni 2000, in der die Kommission durch R. Tricot, Juristischer Dienst, als Bevollmächtigten, und die Französische Republik durch K. Rispal-Bellanger und D. Colas vertreten waren,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 14. September 2000,

folgendes

Urteil

Entscheidungsgründe:

1 Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften hat mit Klageschrift, die am 10. Februar 1999 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, nach Artikel 169 EG-Vertrag (jetzt Artikel 226 EG) Klage auf Feststellung erhoben, dass die Französische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus der Richtlinie 79/409/EWG des Rates vom 2. April 1979 über die Erhaltung der wild lebenden Vogelarten (ABl. L 103, S. 1, im Folgenden: Vogelschutzrichtlinie oder Richtlinie) verstoßen hat, dass sie Artikel 7 dieser Richtlinie nicht korrekt umgesetzt, nicht alle Maßnahmen zur Umsetzung für ihr gesamtes Staatsgebiet mitgeteilt und diese Bestimmung nicht korrekt durchgeführt hat.

Rechtlicher Rahmen

2 Nach Artikel 2 der Vogelschutzrichtlinie treffen "die Mitgliedstaaten... die erforderlichen Maßnahmen, um die Bestände aller unter Artikel 1 fallenden Vogelarten auf einem Stand zu halten oder auf einen Stand zu bringen, der insbesondere den ökologischen, wissenschaftlichen und kulturellen Erfordernissen entspricht, wobei den wirtschaftlichen und freizeitbedingten Erfordernissen Rechnung getragen wird".

3 Artikel 7 der Vogelschutzrichtlinie bestimmt:

"(1) Die in Anhang II aufgeführten Arten dürfen aufgrund ihrer Populationsgröße, ihrer geografischen Verbreitung und ihrer Vermehrungsfähigkeit in der gesamten Gemeinschaft im Rahmen der einzelstaatlichen Rechtsvorschriften bejagt werden. Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass die Jagd auf diese Vogelarten die Anstrengungen, die in ihrem Verbreitungsgebiet zu ihrer Erhaltung unternommen werden, nicht zunichte macht.

(2) Die in Anhang II Teil 1 aufgeführten Arten dürfen in dem geografischen Meeres- und Landgebiet, in dem diese Richtlinie Anwendung findet, bejagt werden.

(3) Die in Anhang II Teil 2 aufgeführten Arten dürfen nur in den Mitgliedstaaten, bei denen sie angegeben sind, bejagt werden.

(4) Die Mitgliedstaaten vergewissern sich, dass bei der Jagdausübung - gegebenenfalls unter Einschluss der Falknerei -, wie sie sich aus der Anwendung der geltenden einzelstaatlichen Vorschriften ergibt, die Grundsätze für eine vernünftige Nutzung und eine ökologisch ausgewogene Regulierung der Bestände der betreffenden Vogelarten, insbesondere der Zugvogelarten, eingehalten werden und dass diese Jagdausübung hinsichtlich der Bestände dieser Arten mit den Bestimmungen aufgrund von Artikel 2 vereinbar ist. Sie sorgen insbesondere dafür, dass die Arten, auf die die Jagdvorschriften Anwendung finden, nicht während der Nistzeit oder während der einzelnen Phasen der Brut- und Aufzuchtzeit bejagt werden. Wenn es sich um Zugvögel handelt, sorgen sie insbesondere dafür, dass die Arten, für die die einzelstaatlichen Jagdvorschriften gelten, nicht während der Brut- und Aufzuchtzeit oder während ihres Rückzugs zu den Nistplätzen bejagt werden. Die Mitgliedstaaten übermitteln der Kommission alle zweckdienlichen Angaben über die praktische Anwendung der Jagdgesetzgebung."

Vorprozessuales Verfahren

4 Am 13. November 1997 richtete die Kommission ein Schreiben an die französische Regierung, in dem sie einen Verstoß gegen die Vogelschutzrichtlinie, insbesondere deren Artikel 7, rügte.

5 In diesem Schreiben vertrat sie zum einen die Auffassung, dass die französischen Behörden den Grundsatz des sog. "lückenlosen Schutzes" der Arten nach Artikel 7 Absatz 4 Sätze 2 und 3 der Vogelschutzrichtlinie durch keine Maßnahme umgesetzt oder ihr eine solche Maßnahme, falls sie existiere, nicht mitgeteilt hätten.

6 Zum Zweiten erlaubten die französischen Rechtsvorschriften angesichts der Nichtumsetzung dieses Grundsatzes dem zuständigen Minister, nach eigenem Ermessen ein Datum für die vorzeitige Eröffnung der Jagd auf Wasservögel festzusetzen, das gegen das Verbot der Jagd während der Nist- und der Brutzeit nach Artikel 7 Absatz 4 der Vogelschutzrichtlinie verstoßen könne. So sei mit den Erlassen des Ministers für Umwelt vom 29. Mai 1997 (JORF vom 30. Mai 1997, im Folgenden: Ministerialerlasse) für 69 französische Mutterlanddepartements, die aufgrund von Artikel R. 224-6 des neuen Code rural (Landwirtschaftskodex) ergangen seien, der Stichtag für die Eröffnung der Jagd auf Wasservögel vor die allgemeine Jagderöffnung gelegt worden, ohne dass die wissenschaftlichen Grundlagen erkennbar seien, die es den französischen Behörden erlaubt hätten, diese Stichtage unter Berücksichtigung des Grundsatzes des lückenlosen Artenschutzes festzusetzen.

7 Zum Dritten lägen die im Gesetz 94-591 vom 15. Juli 1994 zur Festsetzung der Stichtage für das Ende der Jagd auf Zugvögel (JORF vom 16. Juli 1994, S. 10246) getroffenen Festlegungen nach den Informationen, die in der Datenbank ORNIS verfügbar seien, für eine bedeutende Anzahl von Vogelarten, die bejagt werden könnten, offensichtlich zu spät; außerdem sei wegen der Befugnis der Verwaltung, auf Departementsebene von den in diesem Gesetz für das Ende der Jagdzeit festgesetzten Stichtage abzuweichen, nicht gewährleistet, dass den Anforderungen der Vogelschutzrichtlinie Genüge getan werde.

8 Zum Vierten hätten die französischen Behörden der Kommission die Stichtage der Saison für die Jagd auf Zugvögel für die Departements Bas-Rhin, Haut-Rhin und Moselle nicht mitgeteilt.

9 Als Antwort auf dieses Schreiben sandte die französische Regierung der Kommission am 17. Juni 1998 lediglich ein Exemplar des "Rapport du Gouvernement au Parlement sur l'application de la loi no 94-591 du 15 juillet 1994" (Bericht der Regierung an das Parlament über die Anwendung des Gesetzes 94-591 vom 15. Juli 1994), der am 16. Juni 1998 gemäß Artikel 2 dieses Gesetzes dem französischen Parlament zugeleitet worden war.

10 Mit Schreiben vom 5. August 1998 gab die Kommission eine mit Gründen versehene Stellungnahme ab, in der sie feststellte, dass die Französische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus der Richtlinie 79/409 verstoßen habe, dass sie Artikel 7 dieser Richtlinie nicht korrekt umgesetzt, nicht alle Maßnahmen zur Umsetzung für ihr gesamtes Staatsgebiet mitgeteilt und diese Bestimmung nicht korrekt durchgeführt habe. Sie rügte, der Grundsatz des lückenlosen Schutzes sei weder im Gesetz 94-591 noch im Gesetz 98-549 vom 3. Juli 1998 über die Stichtage für die vorzeitige Eröffnung und das Ende der Saison für die Jagd auf Zugvögel (JORF vom 4. Juli 1998, S. 10208), das teilweise an die Stelle des früheren Gesetzes getreten sei, umgesetzt worden. Die Stichtage für die vorgezogene Eröffnung der Jagd auf Wasservögel lägen sowohl nach dem Gesetz 94-591 als auch nach dem Gesetz 98-549 zu früh. Außerdem lägen die Stichtage für das Ende der Jagdsaison nach beiden Gesetzen zu spät. Schließlich seien die Vorschriften zur Umsetzung der Vogelschutzrichtlinie für die Departements Bas-Rhin, Haut-Rhin und Moselle nicht mitgeteilt worden. Die Kommission forderte die Französische Republik auf, alle Maßnahmen zu ergreifen, um der Stellungnahme innerhalb von zwei Monaten ab ihrer Zustellung nachzukommen.

11 Mit Schreiben vom 6. Oktober 1998 teilte die französische Regierung mit, dass sie in ihrem Bericht über die Anwendung des Gesetzes 94-591 an das Parlament darauf hingewiesen habe, dass die verschiedenen Gesetzentwürfe über die Stichtage für die vorzeitige Eröffnung und das Ende der Jagd auf Zugvögel Bestimmungen enthielten, die in Widerspruch zu den Verpflichtungen nach der Vogelschutzrichtlinie stuenden, und dass sie diese Bestimmungen nicht akzeptieren könne. Aufgrund der Beratungen, die über dieses Vorhaben sowohl in der Assemblée nationale als auch in der Regierung stattfänden, müsste es möglich sein, dass der Wortlaut des Gesetzes 98-549 früher oder später im Sinne einer besseren Umsetzung der Grundsätze der Vogelschutzrichtlinie in innerstaatliches Recht überarbeitet werde.

12 Die Kommission stellte fest, dass die Französische Republik nicht alle erforderlichen Maßnahmen ergriffen habe, um ihren Verpflichtungen aus der Vogelschutzrichtlinie, insbesondere deren Artikel 7, in vollem Umfang nachzukommen, und beschloss daher, die vorliegende Klage zu erheben.

Begründetheit

13 Die Kommission rügt, dass die Französische Republik:

- den Grundsatz des lückenlosen Schutzes nicht umgesetzt habe;

- zu frühe Stichtage für die Eröffnung der Jagdzeit festgesetzt habe;

- zu späte Stichtage für das Ende der Jagdzeit festgesetzt habe;

- ihr nicht die Bestimmungen zur Umsetzung der Vogelschutzrichtlinie für die Departements Bas-Rhin, Haut-Rhin und Moselle mitgeteilt habe.

14 Zunächst ist die zweite, dann die dritte, danach die vierte und zuletzt die erste Rüge zu prüfen.

Zu den Stichtagen für die Eröffnung der Jagdzeit

15 Artikel R. 224-6 des neuen Code rural bestimmt:

"Der für die Jagd zuständige Minister kann mit Erlass, der mindestens zwanzig Tage vor seinem Inkrafttreten zu veröffentlichen ist, die Jagd auf Wasservögel vor dem Stichtag für die allgemeine Eröffnung der Jagd bis zu diesem Stichtag in folgenden Gewässern zulassen:

1. im Gebiet der Hochseefischerei;

2. auf Flüssen, Kanälen, Wasserbecken, Seen, Teichen und den nicht trocken gelegten Sümpfen, wobei nur Schüsse oberhalb des Wasserspiegels zulässig sind."

16 Mit den Ministerialerlassen wurden für 69 französische Mutterlanddepartements die Stichtage für die Eröffnung der Jagd auf Wasservögel vor der allgemeinen Eröffnung auf Daten zwischen dem 19. Juli und dem 31. August 1997 festgesetzt.

17 Artikel L. 224-2 Absatz 2 des neuen Code rural in der Fassung des Gesetzes 98-549, in Kraft bis zur Verabschiedung des Gesetzes 2000-698 vom 26. Juli 2000 über die Jagd (JORF vom 27. Juli 2000, S. 11542), legte für 68 der 69 Mutterlanddepartements, auf die sich zuvor die Ministerialerlasse bezogen hatten, die Stichtage für die vorzeitige Eröffnung der Jagd auf Wasservogelarten im öffentlichen Meeresbereich und in sonstigen Gebieten unmittelbar fest. Das Departement Moselle, auf das sich einer der Ministerialerlasse bezogen hatte, war ausdrücklich vom Anwendungsbereich dieser Bestimmung ausgenommen.

18 Die Kommission macht geltend, dass die Festlegung der Stichtage für die vorzeitige Eröffnung der Jagd auf Wasservögel in den Ministerialerlassen einer wissenschaftlichen Grundlage entbehre und in einer Anzahl von Fällen mit dem Verbot der Jagd während der Nistzeit und den verschiedenen Phasen der Brut- und Aufzuchtzeit der betreffenden Vogelarten nach Artikel 7 Absatz 4 der Richtlinie unvereinbar sei. Außerdem entsprächen die in Artikel L. 224-2 Absatz 2 des neuen Code rural in der Fassung des Gesetzes 98-549 festgesetzten Stichtage für die vorzeitige Eröffnung der Jagd auf Wasservogelarten im Wesentlichen der vor diesem Gesetz geltenden Regelung. Daher lägen auch sie zu früh.

19 Die französische Regierung hält dem entgegen, dass die Stichtage für die vorzeitige Eröffnung der Jagd auf Wasservögel in den Ministerialerlassen auf wissenschaftlicher Grundlage beruhten. Sie seien nach einer Methode festgesetzt worden, die auf jährlichen, nach einem Protokoll gewonnenen und ausgewerteten Beobachtungen beruhe; dieses Protokoll sei vom Muséum national döhistoire naturelle (Staatliches Museum für Naturgeschichte) und dem Office national de la chasse (Nationales Jagdbüro) erarbeitet und in einem Bericht aus dem Jahr 1989 mit dem Titel "Répartition et chronologie de la migration prénuptiale et de la reproduction en France des oiseaux düeau gibier" (Verteilung und zeitlicher Ablauf des Frühjahrszugs und der Vermehrung von Wasservögeln in Frankreich) vorgestellt worden. Diese Methode gestatte es, die Arten jeweils während ihrer Nistzeit zu schonen, wobei lediglich eine Minderheit von Exemplaren aus diesem Schutz herausfalle. Auf diese Weise werde ein erheblicher Eingriff in die Population vermieden. Die Stichtage für die vorzeitige Eröffnung der Jagd auf Wasservogelarten nach Artikel L. 224-2 Absatz 2 des neuen Code rural in der Fassung des Gesetzes 98-549 seien unter Berücksichtigung der Ergebnisse einer fünfjährigen Anwendung dieser Methode festgesetzt worden. Die französische Regierung räumt jedoch angesichts der jüngsten wissenschaftlichen Erkenntnisse im Bericht des Wissenschaftsrates des staatlichen Museums für Naturgeschichte vom 30. September 1999 ein, dass diese Methode bei bestimmten der betroffenen Arten und in bestimmten Gebieten dazu führe, dass die Jagdzeit zu früh eröffnet werde.

20 Nach ständiger Rechtsprechung ist das Vorliegen einer Vertragsverletzung anhand der Lage zu beurteilen, in der sich der Mitgliedstaat bei Ablauf der in der mit Gründen versehenen Stellungnahme gesetzten Frist befand (vgl. insbesondere Urteil vom 18. März 1999 in der Rechtssache C-166/97, Kommission/Frankreich, Slg. 1999, I-1719, Randnr. 18).

21 Bei Ablauf dieser Frist war das System der Stichtage für die vorzeitige Eröffnung der Jagd auf Wasservögel, wie es sich aus den Ministerialerlassen zur Anwendung von Artikel R. 224-6 des neuen Code rural ergeben hatte, durch das System des Artikels L. 224-2 dieses Code rural in der Fassung des Gesetzes 98-549 ersetzt worden. Bei der Festsetzung dieser Stichtage brachte das neue System jedoch nur minimale Änderungen mit sich.

22 Daher ist die Rüge im Hinblick auf das System dieser Stichtage nach dem Gesetz 98-549 zur Änderung von Artikel L. 224-2 des neuen Code rural zu prüfen.

23 Artikel 7 Absatz 4 der Vogelschutzrichtlinie soll ein Verbot der Bejagung aller Wildvogelarten während der Nistzeit oder während der einzelnen Phasen der Brut- und Aufzuchtzeit, und, wenn es sich um Zugvögel handelt, während ihres Rückzugs zu den Nistplätzen bewirken. Hierzu hat der Gerichtshof ausgeführt, dass dieser Artikel das Ziel verfolgt, für die Zeiträume, in denen das Überleben der wild lebenden Vogelarten besonders gefährdet ist, einen lückenlosen Schutz zu gewährleisten (vgl. Urteile vom 17. Januar 1991 in der Rechtssache C-157/89, Kommission/Italien, Slg. 1991, I-57, Randnr. 14, und vom 19. Januar 1994 in der Rechtssache C-435/92, Association pour la protection des animaux sauvages u. a., Slg. 1994, I-67, Randnr. 9). Infolgedessen darf der Schutz vor Bejagung nicht auf die - aufgrund der durchschnittlichen Brut- und Aufzuchtzyklen sowie der Wanderungsbewegungen ermittelte - Mehrzahl der Vögel einer bestimmten Art beschränkt werden (vgl. die Urteile Kommission/Italien, Randnr. 14, und Association pour la protection des animaux sauvages u. a., Randnr. 10).

24 Im vorliegenden Fall räumt die französische Regierung ein, dass die in Artikel L.224-2 Absatz 2 des neuen Code rural in der Fassung des Gesetzes 98-549 genannten Stichtage für die vorzeitige Eröffnung der Jagd auf Wasservögel es nicht erlaubten, alle Exemplare der Arten, die sich in der Nistzeit befänden, zu schonen. Sie räumt sogar ein, dass die Eröffnung der Jagd für bestimmte der betroffenen Arten und in bestimmten Gebieten zu früh liege.

25 Im Übrigen zeigen die Ergebnisse einer Studie des Office national de la chasse vom Februar 1998 über zwei bejagbare Vogelarten, dass die Stichtage für die vorzeitige Jagderöffnung gemäß den Ministerialerlassen häufig in die Zeiträume fielen, in denen ein nicht zu vernachlässigender Anteil an Jungtieren aufzuchtbedürftig ist, da sie noch nicht fliegen können. So konnten in 8 Departements höchstens 80 % der jungen Stockenten zum Stichtag der vorzeitigen Jagderöffnung fliegen; in weiteren 26 Departements konnten dies höchstens 90 % der Jungtiere. In 8 Departements galt Entsprechendes für höchstens 80 % der jungen Blässhühner; in weiteren 15 Departements konnten höchstens 90 % der Jungtiere zu diesem Stichtag fliegen.

26 Da das System der Stichtage für die vorzeitige Eröffnung der Jagd auf Wasservögel nach dem Gesetz 98-549, wie in Randnummer 21 ausgeführt, für die Festsetzung dieser Stichtage nur minimale Änderungen gegenüber dem System der Ministerialerlasse mit sich brachte, behalten die Angaben in der zuvor erwähnten Studie auch für die Beurteilung der Vereinbarkeit des neuen Systems mit den Anforderungen der Vogelschutzrichtlinie im Wesentlichen ihre Gültigkeit.

27 Daher gewährleistet das System der Stichtage für die vorzeitige Eröffnung der Jagd auf Wasservögel nach dem Gesetz 98-549 zur Änderung des Artikels L. 224-2 des neuen Code rural keinen lückenlosen Schutz der wild lebenden Vogelarten für die Zeiträume, in denen das Überleben besonders gefährdet ist, wie es Artikel 7 Absatz 4 der Vogelschutzrichtlinie in seiner Auslegung durch den Gerichtshof verlangt.

28 Somit ist festzustellen, dass die Französische Republik Artikel 7 Absatz 4 der Vogelschutzrichtlinie im Hinblick auf die Festsetzung der Stichtage für die vorzeitige Eröffnung der Jagd auf bestimmte Wasservogelarten nicht korrekt und fristgerecht umgesetzt hat. Daher ist die Klage der Kommission in diesem Punkt begründet.

Zu den Stichtagen für das Ende der Jagdzeit

29 Artikel L. 224-2 des neuen Code rural in der Fassung des Gesetzes 94-591 bestimmte:

"Niemand darf außerhalb der von der Verwaltung festgesetzten Jagdzeiten der Jagd nachgehen.

Für die Wasservogel- und sonstigen Zugvogelarten gelten jedoch im gesamten Mutterland mit Ausnahme der Departements Bas-Rhin, Haut-Rhin und Moselle folgende Stichtage für die Beendigung der Jagdzeit:

- Stockente: 31. Januar;

- Tafelente, Kiebitz: 10. Februar;

- Graugans, Schnatterente, Krickente, Knäkente, Kammblässhuhn, Schellente, Austernfischer, Goldregenpfeifer, Rotschenkel, Kampfläufer, Uferschnepfe, Feldlerche, Misteldrossel: 20. Februar;

- andere Wasservogel- und sonstige Zugvogelarten: der letzte Tag im Februar.

Die Verwaltung kann mit Erlass, der nach der Stellungnahme des Conseil départemental de la chasse et de la faune sauvage (Departementsrat für Jagd und Wildfauna) ergeht, die in den vorigen Absätzen genannten Stichtage für das Ende der Jagdzeit auf ein Datum vor dem 31. Januar vorverlegen."

30 Artikel L. 224-2 Absatz 3 des neuen Code rural in der Fassung des Gesetzes 98-549, der bis zum Erlass des Gesetzes 2000-698 in Kraft war, bestimmte:

"Für die Wasservogel- und sonstigen Zugvogelarten gelten im gesamten Mutterland mit Ausnahme der Departements Bas-Rhin, Haut-Rhin und Moselle folgende Stichtage für das Ende der Jagdzeit:

- Stockente: 31. Januar;

- Tafelente, Reiherente, Kiebitz: 10. Februar;

- Graugans, Schnatterente, Krickente, Knäkente, Kammblässhuhn, Schellente, Kolbenente, Goldregenpfeifer, Rotschenkel, Kampfläufer, Uferschnepfe, Feldlerche: 20. Februar;

- andere Wasservogel- und sonstige Zugvogelarten: der letzte Tag im Februar."

31 Nach Auffassung der Kommission könnten die Stichtage für das Ende der Jagd auf die im Gesetz 94-591 ausdrücklich erwähnten Wasservogel- und sonstigen Zugvogelarten dazu führen, dass sich die Jagdsaison mit dem für 31 Arten wissenschaftlich erforschten Rückzug überschneide. Für 12 dieser Arten habe die Überschneidung mehr als 20 Tage betragen. Das Gesetz 98-549 habe zu keinen größeren Änderungen in dieser Hinsicht geführt. Die Überschneidung betreffe 29 Arten und betrage bei den zwölf erwähnten Arten 20 Tage oder mehr.

32 Diese Regelung gewährleiste unter Verstoß gegen Artikel 7 Absatz 4 der Vogelschutzrichtlinie in seiner Auslegung durch den Gerichtshof keinen lückenlosen Schutz der Vogelarten während des Frühjahrszugs.

33 Da die Stichtage für das Ende der Jagdzeit gestaffelt seien und von einander ähnlichen Arten je nach den jeweils geltenden Stichtagen manche bejagt werden könnten und andere nicht, bestehe im Übrigen eine Verwechslungsgefahr. Diese Stichtage müssten daher so festgesetzt werden, dass tatsächlich ein lückenloser Artenschutz gewährleistet sei, was eine Berücksichtigung der Gefahr der Verwechslung von Arten voraussetze. Nach den verfügbaren Informationen zu urteilen, sei das in Frankreich derzeit nicht gegeben.

34 Außerdem beruhe die Methode ORNIS, auf die sich die französische Regierung berufe, für eine bestimmte Anzahl von Exemplaren auf der ausdrücklichen Inkaufnahme einer - als unwesentlich eingestuften - Überschneidung der Jagdzeiten mit den Zugperioden, wovon allerdings spät wandernde Arten und solche mit einem schlechten Erhaltungszustand ausgenommen seien; für diese müsse die Jagdzeit innerhalb des Zehntageszeitraums enden, der demjenigen, in den der Beginn des Durchzugs falle, unmittelbar vorausgehe. Die Anwendung einer solchen Methode erlaube keine korrekte Umsetzung des Artikels 7 Absatz 4 der Vogelschutzrichtlinie, wie der Gerichtshof im Urteil Association pour la protection des animaux sauvages u. a. ausgeführt habe. Nach der Richtlinie, wie sie der Gerichtshof ausgelegt habe, ende die Jagdzeit nämlich zwingend mit dem Beginn der Vogelwanderung, wovon allein außergewöhnliche Erscheinungen (einzelne Exemplare, die die Wanderung aufnähmen) ausgenommen seien. Daher müsse jede Überschneidung untersagt sein; kein anderes Kriterium, wie z. B. der Erhaltungszustand der Art, dürfe ein Grund dafür sein, die Jagd auf Vögel zuzulassen, die mit der Wanderung begonnen hätten.

35 Die französische Regierung räumt ein, dass bestimmte Stichtage, die in den Gesetzen 94-591 und 98-549 festgesetzt seien, im Hinblick auf Artikel 7 Absatz 4 der Richtlinie, wie er durch den Gerichtshof ausgelegt werde, beanstandet werden könnten. Entsprechend der Methode ORNIS, wie sie in dem Vermerk vom 28. April 1993 über bestimmte biologische Begriffe in der Vogelschutzrichtlinie des nach Artikel 16 der Vogelschutzrichtlinie eingerichteten Ausschusses für die Anpassung an den technischen und wissenschaftlichen Fortschritt, bekannt auch unter dem Namen ORNIS-Ausschuss, beschrieben sei, sehe das Gesetz 94-591 jedoch eine Staffelung der Stichtage für das Ende der Jagdzeit in Zehntageszeiträumen vor. Diesen Vermerk habe die Kommission am 24. November 1993 im Zweiten Bericht über die Anwendung der Vogelschutzrichtlinie veröffentlicht. Die Stichtage für das Ende der Jagdzeit nach dem Gesetz 98-549 beruhten im Wesentlichen auf der Anwendung dieser Methode.

36 Die Methode ORNIS lasse während der Überschneidung der Jagdsaison mit dem Beginn des Vogelzugs das Fangen einiger Vögel, das keinen bedeutenden Eingriff darstelle, zu, soweit der Erhaltungszustand der Art es zulasse, so dass ein lückenloser Schutz der Art, nicht aber aller Exemplare gewährleistet sei. Die Einzelfälle, in denen die Anwendung dieser Methode durch die französischen Behörden nicht zu einem Ergebnis führe, das mit den Anforderungen der Vogelschutzrichtlinie in Einklang stehe, seien auf eine unangemessene Anwendung und nicht auf einen Konzeptionsfehler der Methode zurückzuführen.

37 Zu dem Vorbringen, die Praxis der Staffelung der Stichtage für das Ende der Jagdzeit könne wegen der Verwechslungsgefahr zwischen einigen Arten deren lückenlosen Schutz gefährden, führt die französische Regierung aus, im Rahmen eines Vertragsverletzungsverfahrens genüge es nicht, wenn sich die Kommission lediglich auf das Bestehen eines Risikos berufe, vielmehr müsse sie die Konkretisierung dieses Risikos beweisen, indem sie nachweise, dass die angeblich nicht konforme Praxis tatsächlich nicht im Einklang mit dem angestrebten Schutz stehe. Da die Staffelung der Stichtage für das Ende der Jagdzeit keine neue Übung darstelle, müsse die Kommission beweisen, dass diese Übung den Bestand der betroffenen Arten beeinflusst habe.

38 In Anbetracht der Ausführungen in Randnummer 20 ist diese Rüge nur im Hinblick auf die Regelung der Stichtage für das Ende der Jagd auf Wasservögel und Zugvogelarten nach Artikel L. 224-2 Absatz 3 des neuen Code rural in der Fassung des Gesetzes 98-549 zu prüfen: Bei Ablauf der Frist, die in der begründeten Stellungnahme gesetzt worden war, war diese Regelung an die Stelle der Regelung des Artikels L. 224-2 Absatz 2 des neuen Code rural in der Fassung des Gesetzes 94-591 getreten.

39 Dabei räumt die französische Regierung ein, dass die fragliche Regelung in einer Anzahl von Fällen nicht den Anforderungen der Vogelschutzrichtlinie genüge.

40 Zudem ergibt die Prüfung einer den Verfahrensakten beiliegenden Übersicht über die in der Datenbank ORNIS verfügbaren Daten, dass das Ende der Jagdzeit für 29 Zugvogelarten, die in Frankreich bejagt werden können, auf Stichtage festgesetzt wurde, die ein, zwei oder sogar drei Zehntageszeiträume nach dem Beginn des Rückkehrzugs (auch "Frühjahrszug" genannt) der jeweiligen Art liegen. Davon sind die Stockente, der Kiebitz, die Graugans, die Schnatterente, die Krickente, das Blässhuhn, die Spießente, die Löffelente, die Pfeifente, die Blässgans, die Saatgans, die Tafelente, die Hohltaube, die Ringeltaube, das Teichhuhn, die Zwergschnepfe, die Samtente, der große Brachvogel, der Kiebitzregenpfeifer, die Eiderente, der dunkle Wasserläufer, die Rotdrossel, die Amsel, die Singdrossel, die Wacholderdrossel, die Uferschnepfe, die Feldlerche, die Misteldrossel und die Sumpfschnepfe betroffen.

41 Daraus folgt, dass je nach Vogelart ein relativ großer Prozentsatz an Tieren während des Frühjahrszugs, in dessen Verlauf ihr Überleben besonders bedroht ist, nicht vor Jagdhandlungen geschützt ist.

42 Wie der Gerichtshof ausgeführt hat, ist eine Methode, die darauf abzielt oder dazu führt, dass ein lückenloser Schutz für einen bestimmten Anteil der Vögel einer Art während des Zeitraums des Frühjahrszuges nicht gilt, mit Artikel 7 Absatz 4 der Vogelschutzrichtlinie nicht vereinbar (vgl. Urteil Association pour la protection des animaux sauvages u. a., Randnr. 13.).

43 Weiter sind die nationalen Behörden nach der Richtlinie nicht befugt, nach Vogelarten gestaffelten Daten für das Ende der Jagdzeit festzusetzen, es sei denn, der betreffende Mitgliedstaat kann für jeden Einzelfall anhand geeigneter wissenschaftlicher und technischer Daten nachweisen, dass eine Staffelung der Daten für das Ende der Jagdzeit einen lückenlosen Schutz der Vogelarten, die von dieser Staffelung betroffen werden können, nicht verhindert (vgl. Urteil Association pour la protection des animaux sauvages u. a., Randnr. 22).

44 Diesen Nachweis hat die französische Regierung nicht erbracht.

45 Somit ist festzustellen, dass die Französische Republik Artikel 7 Absatz 4 der Vogelschutzrichtlinie im Hinblick auf die Festsetzung der Stichtage für das Ende der Jagd auf bestimmte Wasservogel- und Zugvogelarten nicht korrekt und fristgerecht umgesetzt hat. Daher ist die Klage der Kommission auch in diesem Punkt begründet.

Zur Mitteilung der Vorschriften zur Umsetzung der Vogelschutzrichtlinie für die Departements Bas-Rhin, Haut-Rhin und Moselle

46 Die Kommission führt aus, die französischen Behörden hätten ihr keine Stichtage für die Saison der Jagd auf Zugvögel in den Departements Bas-Rhin, Haut-Rhin und Moselle mitgeteilt.

47 Die französische Regierung räumt ein, bei Ablauf der Frist in der mit Gründen versehenen Stellungnahme keine Information zu diesem Punkt übermittelt zu haben.

48 Daher ist festzustellen, dass die Französische Republik ihre Verpflichtungen aus Artikel 7 Absatz 4 der Vogelschutzrichtlinie verletzt hat, indem sie nicht innerhalb der gesetzten Frist die Daten für die Saison der Jagd auf Zugvögel in den Departements Bas-Rhin, Haut-Rhin und Moselle mitgeteilt hat. Die Klage der Kommission ist daher auch in diesem Punkt begründet.

Zur Umsetzung von Artikel 7 Absatz 4 Sätze 2 und 3 der Vogelschutzrichtlinie

49 Nach Auffassung der Kommission muss der Grundsatz des lückenlosen Schutzes im Hinblick auf die Jagdzeiten nach Artikel 7 Absatz 4 Sätze 2 und 3 der Vogelschutzrichtlinie umgesetzt werden - was in der französischen Rechtsordnung nicht geschehen sei -, damit die Behörden, die mit der Festsetzung der Stichtage für die Jagdzeit betraut seien, in der Lage seien, das entsprechend den klaren Bestimmungen der Richtlinie zu tun, und damit jedem Betroffenen die volle Wirkung dieser Bestimmungen zugute komme.

50 Zur Regelung, die bei Ablauf der in der begründeten Stellungnahme gesetzten Frist in Kraft gewesen sei, trägt die Kommission vor, dass der Gesetzgeber zwar die Stichtage für die vorzeitige Eröffnung und für das Ende der Jagdzeit grundsätzlich bestimmt, der Verwaltung im Bereich der endgültigen Festsetzung der Stichtage und der Organisation der Jagd innerhalb der gesetzlich vorgeschriebenen Zeiträume aber einen gewissen Spielraum gelassen habe. So fänden die Stichtage für die Eröffnung und das Ende der Jagdzeit, die der Gesetzgeber in Artikel L. 224-2 Absätze 2 und 3 des neuen Code rural in der Fassung des Gesetzes 98-549 festgesetzt habe, keine Anwendung auf die Departements Bas-Rhin, Haut-Rhin und Moselle. Die Präfekten dieser Departements hätten die Aufgabe, die Stichtage für die Eröffnung und das Ende der Jagdzeit gemäß den Bestimmungen des Artikels R. 229-2 des Code rural festzusetzen, der für diese drei Departements die allgemeine Eröffnung der Jagd bestimme. Zur Organisation der Jagd trägt die Kommission vor, dass die Verwaltung nach den letzten drei Absätzen von Artikel L. 224-2 des Code rural in der Fassung des Gesetzes 98-549 gegebenenfalls Pläne für ihre Durchführung erließen. Diese Pläne wiesen einen engen Zusammenhang mit der Festsetzung der Stichtage für das Ende der Jagdzeit auf.

51 Nach Auffassung der französischen Regierung ist die Rüge, der Grundsatz des lückenlosen Schutzes sei nicht in vollem Umfang in die französische Rechtsordnung übernommen worden, rein formeller Natur, denn die Vorarbeiten sowohl für das Gesetz 94-591 als auch für das Gesetz 98-549 bewiesen, dass sich der Gesetzgeber an Artikel 7 Absatz 4 der Vogelschutzrichtlinie in seiner Auslegung durch den Gerichtshof habe halten wollen, auch wenn bestimmte Stichtage als nur schwer mit dieser Bestimmung vereinbar erschienen. Die Übernahme eines solchen Grundsatzes in das innerstaatliche Recht sei überfluessig, soweit das geltende Recht dessen tatsächliche Anwendung gewährleiste. Jedenfalls sei die Vogelschutzrichtlinie ebenso bekannt wie es eine Grundsatzbestimmung wäre, die dem Code rural hinzugefügt würde; die Bürger wüssten, dass sie sich darauf berufen könnten, wie die steigende Anzahl der Verwaltungsrechtsbehelfe in diesem Bereich beweise. Im Übrigen hätten sich die französischen Gerichte zu keinem Zeitpunkt geweigert, die Vereinbarkeit der Verwaltungsakte mit der Vogelschutzrichtlinie, insbesondere mit dem Grundsatz des lückenlosen Schutzes, zu prüfen.

52 Artikel 7 Absatz 4 Sätze 2 und 3 der Vogelschutzrichtlinie war bei Ablauf der Frist in der begründeten Stellungnahme unstreitig nicht förmlich in das französische Recht übernommen.

53 Zwar hat der Gerichtshof entschieden, dass die Umsetzung einer Richtlinie in innerstaatliches Recht nicht notwendig eine förmliche, wörtliche Übernahme ihrer Bestimmungen in eine ausdrückliche, besondere Rechts- oder Verwaltungsvorschrift erfordert, dass ihr vielmehr auch ein allgemeiner rechtlicher Kontext genügen kann, wenn dieser tatsächlich die vollständige Anwendung der Richtlinie hinreichend klar und bestimmt gewährleistet. Der Gerichtshof hat jedoch auch entschieden, dass der Genauigkeit der Umsetzung im Fall der Vogelschutzrichtlinie insofern besondere Bedeutung zukommt, als die Verwaltung des gemeinsamen Erbes den Mitgliedstaaten für ihr jeweiliges Hoheitsgebiet anvertraut ist (vgl. insbesondere Urteil vom 8. Juli 1987 in der Rechtssache 262/85, Kommission/Italien, Slg. 1987, 3073, Randnr. 9).

54 Schließlich bestimmt Artikel R. 229-2 des neuen Code rural für die Departements Bas-Rhin, Haut-Rhin und Moselle:

"Die allgemeine Jagdsaison muss innerhalb folgender Daten liegen:

- die allgemeine Eröffnung nicht vor dem 23. August;

- das allgemeine Ende nicht später als der 1. Februar."

Nach dem Code rural bestimmt der Präfekt jedes Jahr die Eröffnung der Jagd durch Verordnung.

55 Da das innerstaatliche Recht keine Bestimmung enthält, die die Präfekten dieser Departements verpflichtet, bei Erlass der Verordnung über die Jagderöffnung das Verbot der Jagd auf alle Vogelarten während der in Randnummer 23 angeführten kritischen Zeiträume zu berücksichtigen, bringt es ein Element der Rechtsunsicherheit bezüglich der Verpflichtungen mit sich, die die Präfekten bei ihren Handlungen berücksichtigen müssen. Somit ist nicht gewährleistet, dass die Jagd auf wild lebende Vögel während der Nistzeit oder der verschiedenen Stadien der Fortpflanzung und der Aufzucht oder, bei Zugvögeln, während des Rückzugs zu ihren Nistplätzen geschlossen ist (vgl. in diesem Sinn Urteil vom 8. Juli 1987, Kommission/Italien, Randnr. 39).

56 Daraus folgt, dass die wesentlichen Bestimmungen der Vogelschutzrichtlinie wie Artikel 7 Absatz 4 Sätze 2 und 3 jedenfalls nicht vollständig, klar und unzweideutig in das französische Recht umgesetzt worden sind (vgl. in diesem Sinn Urteil Kommission/Italien, Randnr. 39).

57 Daher ist festzustellen, dass die Französische Republik Artikel 7 Absatz 4 Sätze 2 und 3 der Vogelschutzrichtlinie für die Departements Bas-Rhin, Haut-Rhin und Moselle nicht korrekt und fristgerecht umgesetzt hat. Daher ist die Klage auch in diesem Punkt begründet.

Kostenentscheidung:

Kosten

58 Nach Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Kommission die Verurteilung der Französischen Republik beantragt hat und diese mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, sind der Französischen Republik die Kosten aufzuerlegen.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF

(Sechste Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1. Die Französische Republik hat dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus der Richtlinie 79/409/EWG des Rates vom 2. April 1979 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten verstoßen, dass sie Artikel 7 Absatz 4 dieser Richtlinie nicht korrekt umgesetzt, nicht alle Maßnahmen zur Umsetzung für ihr gesamtes Staatsgebiet mitgeteilt und diese Bestimmung nicht korrekt durchgeführt hat.

2. Die Französische Republik trägt die Kosten des Verfahrens.

Ende der Entscheidung

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