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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 23.10.2007
Aktenzeichen: C-403/05
Rechtsgebiete: Verordnung (EWG) Nr. 443/92


Vorschriften:

Verordnung (EWG) Nr. 443/92 Art. 1
Verordnung (EWG) Nr. 443/92 Art. 2 Abs. 1
Verordnung (EWG) Nr. 443/92 Art. 4
Verordnung (EWG) Nr. 443/92 Art. 5
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Große Kammer)

23. Oktober 2007

"Nichtigkeitsklage - Entscheidung der Kommission über die Genehmigung eines die Sicherheit der philippinischen Grenzen betreffenden Vorhabens - Auf der Grundlage der Verordnung (EWG) Nr. 443/92 erlassene Entscheidung - Durchführungsbefugnisse der Kommission - Grenzen"

Parteien:

In der Rechtssache C-403/05

betreffend eine Nichtigkeitsklage nach Art. 230 EG, eingereicht am 16. November 2005,

Europäisches Parlament, zunächst vertreten durch R. Passos, E. Waldherr und K. Lindahl, sodann durch R. Passos, E. Waldherr und G. Mazzini als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Kläger,

gegen

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch C. Tufvesson und A. Bordes als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Beklagte,

unterstützt durch

Königreich Spanien, vertreten durch J. M. Rodríguez Cárcamo als Bevollmächtigten, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Streithelfer,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Große Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten V. Skouris, der Kammerpräsidenten P. Jann, C. W. A. Timmermans, A. Rosas, K. Lenaerts und A. Tizzano, der Richter R. Schintgen (Berichterstatter) und J. N. Cunha Rodrigues, der Richterin R. Silva de Lapuerta, der Richter J.-C. Bonichot, T. von Danwitz und A. Arabadjiev sowie der Richterin C. Toader,

Generalanwältin: J. Kokott,

Kanzler: M.-A. Gaudissart, Referatsleiter,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 20. März 2007,

nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 22. Mai 2007

folgendes

Urteil

Entscheidungsgründe:

1 Mit seiner Klageschrift beantragt das Europäische Parlament die Nichtigerklärung der Entscheidung der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, mit der ein die Sicherheit der Grenzen der Republik der Philippinen betreffendes, im Rahmen der Haushaltslinie 19 10 02 des Gesamthaushaltsplans der Europäischen Gemeinschaften zu finanzierendes Vorhaben (Philippine Border Management Project, Nr. ASIA/2004/016-924) genehmigt wurde (im Amtsblatt der Europäischen Union nicht veröffentlicht, im Folgenden: angefochtene Entscheidung) und die in Durchführung der Verordnung (EWG) Nr. 443/92 des Rates vom 25. Februar 1992 über die finanzielle und technische Hilfe zugunsten der Entwicklungsländer Asiens und Lateinamerikas sowie über die wirtschaftliche Zusammenarbeit mit diesen Ländern (ABl. L 52, S. 1) in der durch die Verordnung (EG) Nr. 807/2003 des Rates vom 14. April 2003 zur Anpassung der Bestimmungen über die Ausschüsse zur Unterstützung der Kommission bei der Ausübung von deren Durchführungsbefugnissen, die in nach dem Konsultationsverfahren (Einstimmigkeit) erlassenen Rechtsakten des Rates vorgesehen sind, an den Beschluss 1999/468/EG (ABl. L 122, S. 36) geänderten Fassung (im Folgenden: Verordnung Nr. 443/92) erlassen wurde, da die Kommission die Durchführungsbefugnisse überschritten habe, die ihr in dieser Verordnung übertragen worden seien.

2 Die angefochtene Entscheidung geht aus einem Finanzierungsvorschlag hervor, den die Kommission in der Sitzung des in der Verordnung Nr. 443/92 vorgesehenen Regelungsausschusses am 17. und 18. November 2004 vorgelegt hatte. Da einige Mitgliedstaaten in dieser Sitzung Zweifel bezüglich der gewählten Rechtsgrundlage geäußert hatten, wurde der Entscheidungsvorschlag in das schriftliche Verfahren überwiesen, das am 7. Dezember 2004 mit einem positiven Bescheid durch qualifizierte Mehrheit beendet wurde.

3 Die angefochtene Entscheidung wurde am 21. Dezember 2004 erlassen.

Rechtlicher Rahmen

Die Verordnung Nr. 443/92

4 Art. 1 der Verordnung Nr. 443/92 lautet:

"Die Zusammenarbeit der Gemeinschaft mit den Entwicklungsländern Asiens und Lateinamerikas (nachstehend 'ALA-Entwicklungsländer' genannt), die nicht zu den Unterzeichnern des Abkommens von Lomé oder zu den begünstigten Ländern der Kooperationspolitik der Gemeinschaft mit den Drittländern im Mittelmeerraum gehören, wird fortgesetzt und erweitert. Diese Zusammenarbeit umfasst die finanzielle und technische Entwicklungshilfe sowie die wirtschaftliche Zusammenarbeit; sie ergänzt die Hilfe der Mitgliedstaaten. Dabei misst die Gemeinschaft dem Schutz der Menschenrechte, der Unterstützung des Demokratisierungsprozesses, der Förderung einer effizienten und gerechten öffentlichen Verwaltung, dem Umweltschutz, der Liberalisierung des Handels und der stärkeren Betonung der kulturellen Dimension im Rahmen eines im beiderseitigen Interesse geführten immer intensiveren Dialogs über politische, wirtschaftliche und soziale Fragen grundlegende Bedeutung bei."

5 Nach Art. 2 Abs. 1 der Verordnung "[dienen d]ie gemeinschaftlichen Politiken in den Bereichen Entwicklung und Zusammenarbeit ... einer auf den Menschen bezogenen Entwicklung".

6 Art. 4 der Verordnung Nr. 443/92 bestimmt:

"Die finanzielle und technische Hilfe dient vorrangig der Unterstützung der ärmsten Bevölkerungsschichten und der ärmsten Länder der beiden Regionen; hierzu werden Programme und Vorhaben in Bereichen durchgeführt, in denen Aussicht darauf besteht, dass die Gemeinschaftshilfe eine wichtige Rolle spielt. Durchgeführt werden insbesondere Maßnahmen in Bereichen, in denen inländische humane und wirtschaftliche Ressourcen nur schwer zu mobilisieren sind, die jedoch für die Entwicklung dieser Länder oder gar für die gesamte Völkergemeinschaft von strategischer Bedeutung sind."

7 In Art. 5 der Verordnung heißt es:

"Die finanzielle und technische Hilfe zielt insbesondere auf die Entwicklung des ländlichen Sektors und die Verbesserung der Ernährungssicherheit ab. ...

[Der Schutz der Umwelt und der natürlichen Ressourcen sowie eine nachhaltige Entwicklung sind langfristige Prioritäten.] ...

...

Besondere Aufmerksamkeit gilt Maßnahmen zur Drogenbekämpfung. Die Zusammenarbeit der Gemeinschaft mit den ALA-Entwicklungsländern zur Förderung der Drogenbekämpfung wird auf der Grundlage eines Dialogs intensiviert, der im allgemeineren Zusammenhang der wirtschaftlichen Entwicklung der Erzeugerländer und ihrer Zusammenarbeit mit der Gemeinschaft geführt wird. Diese Zusammenarbeit umfasst Maßnahmen, die sowohl die humanitäre Hilfe als auch die Entwicklungshilfe betreffen.

Aufgrund der eigentlichen Zielsetzung dieser Form der Zusammenarbeit ist die menschliche Dimension der Entwicklung in allen Maßnahmenbereichen gegenwärtig.

Die kulturelle Dimension der Entwicklung muss ein ständiges Ziel aller Tätigkeiten und Programme sein, an denen die Gemeinschaft beteiligt ist.

In diesem Sinne sollte die Hilfe unter anderem für konkrete Vorhaben vergeben werden, die sich auf die Demokratisierung, eine effiziente und gerechte öffentliche Verwaltung und die Menschenrechte beziehen.

Ferner ist nicht allein darauf zu achten, dass der durch die Vorhaben und Programme bewirkte Wandel keine nachteiligen Veränderungen für die Lage und die Rolle der Frau mit sich bringt, sondern darauf, dass vielmehr spezifische Maßnahmen oder Vorhaben durchgeführt werden, durch die die aktive und gleichberechtigte Teilnahme der Frau am Produktionsprozess und dessen Ergebnissen, am gesellschaftlichen Leben und am Entscheidungsprozess verstärkt wird.

Besondere Aufmerksamkeit gilt auch dem Schutz der Kinder.

Verstärkte Beachtung verdienen ethnische Minderheiten, für die Maßnahmen zur Verbesserung ihrer Lebensbedingungen unter Beachtung ihrer kulturellen Eigenheiten durchgeführt werden.

Besonders beachtet werden demografische Fragen, insbesondere Fragen des Bevölkerungswachstums.

Bei der Gemeinschaftshilfe für die Vorhaben und Programme im Entwicklungsbereich müssen die makroökonomischen und sektoriellen Probleme berücksichtigt und vorrangig Maßnahmen durchgeführt werden, die auf die Wirtschaftsstruktur, die Entwicklung von Strukturpolitiken und die institutionelle Entwicklung wirken. ...

Die Unterstützung der nationalen Institutionen der Entwicklungsländer mit dem Ziel, ihre Fähigkeit zur Verwaltung der Entwicklungspolitiken und -vorhaben zu stärken, stellt einen Tätigkeitsbereich dar, dem im Entwicklungsprozess eine entscheidende Rolle zukommen kann. Die Fortsetzung eines entsprechenden Dialogs zwischen den Entwicklungsländern und der Gemeinschaft ist hierbei sehr wichtig.

..."

8 Art. 6 der Verordnung Nr. 443/92 lautet:

"Die finanzielle und technische Hilfe wird insbesondere in folgenden spezifischen Bereichen und Fällen auf verhältnismäßig fortgeschrittenere ALA-Entwicklungsländer ausgedehnt:

- Demokratisierung und Menschenrechte,

- Katastrophenverhütung und Wiederaufbau nach Katastrophen,

- Drogenbekämpfung,

- Umweltschutz und natürliche Ressourcen,

- institutionelle Entwicklung, insbesondere Ausbau der öffentlichen Verwaltung,

- Pilotversuche zugunsten besonders benachteiligter Bevölkerungsschichten vor allem in städtischen Ballungsräumen,

- regionale Zusammenarbeit und Integration; besondere Beachtung gilt Maßnahmen der regionalen Zusammenarbeit und Integration, die es gestatten, sowohl arme Länder als auch verhältnismäßig fortgeschrittene Länder einzubeziehen."

9 Art. 7 der Verordnung sieht vor:

"Die im gegenseitigen Interesse der Gemeinschaft und der Partnerländer angelegte wirtschaftliche Zusammenarbeit trägt zur Entwicklung der ALA-Entwicklungsländer bei, indem sie ihnen hilft, zur Schaffung günstigerer Investitions- und Entwicklungsrahmenbedingungen ihre Institutionen auszubauen und die Möglichkeiten, die ihnen die Expansion des Welthandels und der europäische Binnenmarkt eröffnen, bestmöglich zu nutzen, und indem sie insbesondere im privaten Sektor und in den kleineren und mittleren Unternehmen die Präsenz von Wirtschaftsträgern, der Technologie und des technischen Wissens aller Mitgliedstaaten verstärkt.

Mit der wirtschaftlichen Zusammenarbeit wird das Ziel verfolgt, durch Unterstützung derjenigen Länder, die eine Gesamtwirtschafts- und Strukturpolitik der Öffnung für Handel und Investitionen verfolgen und den Technologietransfer namentlich durch den Schutz des geistigen Eigentums begünstigen, ein Vertrauensklima zu schaffen."

10 Gemäß Art. 8 der Verordnung erstreckt sich die wirtschaftliche Zusammenarbeit hauptsächlich auf die drei folgenden Bereiche:

"1. Verbesserung des wissenschaftlichen und technischen Potenzials und allgemein des wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Umfelds durch Ausbildungsaktionen und Know-how-Transfer. ...

2. Schaffung entwicklungsfördernder wirtschaftlicher, rechtlicher und sozialer Rahmenbedingungen durch Verbesserung des institutionellen Unterbaus (bei gleichzeitiger Intensivierung des Dialogs mit den Partnern).

3. Unterstützung der Unternehmen, hauptsächlich durch Absatzförderung, Ausbildungsaktionen und technische Hilfe, Herstellung von Kontakten zwischen Unternehmen und Maßnahmen zur Förderung ihrer Zusammenarbeit.

..."

11 Art. 15 der Verordnung Nr. 443/92 bestimmt:

"(1) Die Kommission verwaltet die finanzielle und technische Hilfe sowie die wirtschaftliche Zusammenarbeit.

(2) Die Kommission wird von einem Ausschuss unterstützt.

(3) Wird auf diesen Absatz Bezug genommen, so gelten die Artikel 5 und 7 des Beschlusses 1999/468/EG.

Der Zeitraum nach Artikel 5 Absatz 6 des Beschlusses 1999/468/EG wird auf einen Monat festgesetzt.

..."

Die angefochtene Entscheidung

12 Die angefochtene Entscheidung, die in Englisch abgefasst ist, enthält zwei Artikel.

13 Mit ihrem Art. 1 Abs. 1 wird das Vorhaben über die Verwaltung der philippinischen Grenzen (Philippine Border Management Project, im Folgenden: Vorhaben), wie es in dem der Entscheidung beigefügten Anhang beschrieben ist (im Folgenden: beschreibender Anhang) genehmigt. In Art. 1 Abs. 2 wird der Höchstbetrag des Beitrags der Gemeinschaft auf 4 900 000 Euro festgesetzt, der aus der Haushaltslinie 19 10 02 des Gesamthaushalts der Gemeinschaft für das Jahr 2004 zu finanzieren ist.

14 Art. 2 der angefochtenen Entscheidung betrifft Einzelheiten der Durchführung und den Zeitplan für die Zahlungen.

15 Gemäß Ziff. 3.2 des beschreibenden Anhangs, der die Überschrift "Expected results and main objectives" hat, soll das Vorhaben die philippinischen Behörden bei der Erreichung der folgenden Ziele unterstützen:

"1. Promotion of best international border management standards through review/validation of ongoing national policies and practices.

2. Intelligence information is efficiently shared among agencies involved in BM [border management] through a linked and secured IT system ... (analysing and processing the information).

3. Circulation of false identity documents is prevented through increased capacity to detect false documents and public awareness on the importance of holding correct identity documents.

4. Capacity of Border Management senior and technical staff is increased through appropriate training activities (gender and culturally sensitive)."

16 Unter Bezugnahme auf die Schlussfolgerungen des Rates "Allgemeine Angelegenheiten" vom 22. Juli 2002 wird in Randnr. 1 der Gründe der angefochtenen Entscheidung die Rolle der Europäischen Union bei der Unterstützung von Drittländern hervorgehoben, wenn diese ihren Verpflichtungen aus der Resolution 1373 (2001) des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen vom 28. September 2001 (im Folgenden: Resolution 1373) nachkommen.

17 Randnr. 2 der Gründe der Entscheidung verweist auf das für jedes Land überarbeitete Strategiepapier für den Zeitraum 2002-2006 für die Philippinen und den Nationalen Punktekatalog 2002-2004 (National Indicative Programme 2002-2004) für diesen Staat, die Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus Priorität einräumen. In dieser Randnummer wird ausgeführt, dass die Kommission ihre Unterstützung im Bereich der Terrorismusbekämpfung auf die Grenzverwaltung, insbesondere die Einwanderung, und auf den Kampf gegen die Finanzierung des Terrorismus konzentrieren möchte.

18 In Randnr. 3 der Gründe der Entscheidung heißt es: "the overall objective of the proposed project is to assist in the implementation of the UNSCR 1373 (2001) in the fight against terrorism and international crime".

19 In Randnr. 4 der Gründe der angefochtenen Entscheidung ist ausgeführt: "the purpose of the project is to contribute to the efforts of the Government of the Republic of the Philippines to enhance border security and management in the Philippines in accordance with international norms and protocols".

Anträge der Parteien

20 Das Parlament beantragt,

- die angefochtene Entscheidung für nichtig zu erklären;

- der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

21 Die Kommission beantragt,

- die Klage als unzulässig oder jedenfalls als unbegründet abzuweisen;

- über die Kosten nach Rechtslage zu entscheiden.

22 Mit Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofs vom 28. März 2006 ist das Königreich Spanien als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge der Kommission zugelassen worden.

Zur Zulässigkeit der Klage

Vorbringen der Parteien

23 Die Kommission macht geltend, dass die Klage des Parlaments nach Ablauf der vorgeschriebenen Frist erhoben worden sei. Dieses Organ habe vor der amtlichen Mitteilung am 9. September 2005 von der angefochtenen Entscheidung wirksam Kenntnis nehmen können, da die Entscheidung mit einem Schreiben, das am 12. Mai 2005 von der Delegation in Manila an das Sekretariat des Entwicklungsausschusses des Parlaments übersandt worden sei, und bei einem Schriftwechsel am 19. Juli 2005 zwischen Mitgliedern der juristischen Dienste beider Organe informell mitgeteilt worden sei.

24 Das Parlament erwidert, dass die Frist für die Erhebung der Klage auf Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung, die nicht veröffentlicht worden sei und deren Adressat es nicht gewesen sei, erst an dem Tag in Lauf gesetzt worden sei, an dem sie ihm vollständig bekannt gewesen sei, d. h. ab dem offiziellen Zugang des eine Kopie dieser Entscheidung enthaltenden Schreibens, also am 9. September 2005. Frühere Schreiben seien nicht so präzise gewesen, dass es vom genauen Inhalt und den Gründen der Entscheidung hätte Kenntnis nehmen können, und ein informeller Schriftwechsel unter Kollegen der beiden Organe könne nicht als Bekanntgabe der angefochtenen Entscheidung gelten.

25 Das Königreich Spanien äußert sich nicht zur Zulässigkeit der Klage.

Würdigung durch den Gerichtshof

26 Nach Art. 230 Abs. 5 EG sind die in diesem Artikel vorgesehenen Klagen binnen zwei Monaten zu erheben; diese Frist läuft je nach Lage des Falles von der Bekanntgabe der betreffenden Handlung, ihrer Mitteilung an den Kläger oder in Ermangelung dessen von dem Zeitpunkt an, zu dem der Kläger von dieser Handlung Kenntnis erlangt hatte.

27 Nach Art. 254 Abs. 3 EG werden die anderen Richtlinien und Entscheidungen als die, die nach den Abs. 1 und 2 dieses Artikels im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht werden, denjenigen, für die sie bestimmt sind, bekannt gegeben und werden durch diese Bekanntgabe wirksam.

28 Es steht fest, dass die angefochtene Entscheidung weder im Amtsblatt veröffentlicht noch dem Parlament als demjenigen, für den sie bestimmt ist, bekannt gegeben wurde, so dass die zweimonatige Frist gegenüber diesem Organ erst an dem Tag in Lauf gesetzt werden konnte, als es von der Entscheidung vollständige Kenntnis erlangt hatte.

29 Demnach ist festzustellen, ab welchem Zeitpunkt das Parlament genaue Kenntnis vom Inhalt und von den Gründen der angefochtenen Entscheidung hatte.

30 Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass sich aus Anhaltspunkten in den Akten ergibt, dass die Kommission dem Parlament am 14. Dezember 2004 ein summarisches Protokoll der Sitzungen vom 17. und 18. November 2004 des in der Verordnung Nr. 443/92 vorgesehenen Regelungsausschusses übermittelte, wonach die Stellungnahme des Ausschusses zum Vorschlag der Kommission über das Vorhaben verschoben worden war.

31 Mit schriftlichen Anfragen vom 8. und 10. Februar 2005 verlangten zwei Mitglieder des Parlaments umfassendere Auskünfte über die weitere Behandlung dieses Vorschlags.

32 In ihren Antwortschreiben vom 14. März und 22. April 2005 beschränkte sich die Kommission darauf, den Ablauf des Verfahrens über den Erlass dieser Entscheidung zu schildern, die Verordnung Nr. 443/92 als Rechtsgrundlage der angefochtenen Entscheidung anzugeben und die Randnrn. 3 und 4 ihrer Gründe wiederzugeben. In ihrem Schreiben vom 22. April 2005 bezog sie sich außerdem auf das für jedes Land verfasste Strategiepapier, hier das für die Philippinnen, für den Zeitraum 2002-2006. Keines der Antwortschreiben enthielt jedoch eine Kopie der angefochtenen Entscheidung oder ihres beschreibenden Anhangs.

33 Da das Parlament am 22. Mai 2005 immer noch keine genaue Kenntnis vom Inhalt und von den Gründen der angefochtenen Entscheidung hatte, verlangte es durch Einschaltung seines Entwicklungsausschusses eine Kopie des Textes dieser Entscheidung der Kommission.

34 Erst nach einem Erinnerungsschreiben vom 26. August 2005 erhielt das Parlament jedoch schließlich am 9. September 2005 eine nicht datierte und nicht unterschriebene Kopie des Textes der angefochtenen Entscheidung und des beschreibenden Anhangs.

35 Zudem behauptet die Kommission zwar, sie habe auf die Anfrage des Parlaments mit Schreiben vom 22. Juni 2005 geantwortet, sie erbringt jedoch keinen Nachweis dafür, dass dieses Organ zu diesem Zeitpunkt tatsächlich eine Kopie der angefochtenen Entscheidung erhalten hat. In diesem Zusammenhang können die Schreiben und der mehrmalige informelle Austausch der Organe untereinander, auf die sich die Kommission bezieht, nicht als maßgeblich angesehen werden. Im Übrigen konnte die Kommission das Vorbringen des Parlaments nicht entkräften, wonach die Informationen aus diesen informellen Kontakten nicht so präzise gewesen seien, dass es vom Inhalt und von den Gründen der angefochtenen Entscheidung genaue Kenntnis hätte erlangen können.

36 Demnach ist davon auszugehen, dass das Parlament vom Inhalt und von den Gründen der angefochtenen Entscheidung erst anlässlich der Mitteilung des vollständigen Textes der Entscheidung am 9. September 2005 durch die Kommission genaue Kenntnis erlangt hatte.

37 Folglich begann der Lauf der Frist, innerhalb deren das Parlament Klage erheben musste, erst am 10. September 2005 und endete, einschließlich Entfernungsfrist, am 20. November 2005.

38 Die Klageschrift ist im vorliegenden Fall am 16. November 2005 eingereicht und somit innerhalb der vorgeschriebenen Frist erhoben worden.

Zur Klage

Vorbringen der Parteien

39 Zur Begründung seiner Klage macht das Parlament als einzigen Klagegrund geltend, dass die Kommission für den Erlass der angefochtenen Entscheidung nicht zuständig gewesen sei. Da diese Entscheidung eindeutig mit Erwägungen zur Bekämpfung des Terrorismus und der internationalen Kriminalität begründet sei, gehe sie über den von der Verordnung Nr. 443/92, die ihr als Grundlage diene, gezogenen Rahmen und insbesondere deren Art. 7 und 8 betreffend die wirtschaftliche Zusammenarbeit hinaus.

40 Der Anwendungsbereich der Verordnung Nr. 443/92 könne nicht durch eine extensive Auslegung erweitert werden, weil die Einbeziehung des Kampfes gegen den Terrorismus und die internationale Kriminalität in den Anwendungsbereich dieser Verordnung eine Änderung ihres Wortlauts voraussetzten. Das Parlament trägt hierzu vor, dass die Kommission einen Vorschlag eingebracht habe, wonach in diese Verordnung u. a. die Bekämpfung des Terrorismus habe einbezogen werden sollen, dass dieser Versuch aber keinen Erfolg gehabt habe.

41 Auch wenn das Parlament einräumt, dass ein Ausbau der Institutionen unter die Entwicklungszusammenarbeit falle, meint es gleichwohl, dass die internationale Sicherheit und der Kampf gegen den Terrorismus kein integraler Bestandteil der institutionellen Unterstützung nach der Verordnung Nr. 443/92 sein könnten. Die institutionelle Unterstützung sei kein Selbstzweck, sondern allenfalls ein Mittel, um die Armut zu verringern und so die Ziele der Kooperations- und Entwicklungspolitik zu erreichen. Jedenfalls falle die Bekämpfung des Terrorismus nicht in die allgemeine Zuständigkeit der Gemeinschaft.

42 Hilfsweise trägt das Parlament in seiner Eigenschaft als Haushaltsbehörde vor, die angefochtene Entscheidung sei für nichtig zu erklären, weil der Kommission die Befugnis fehle, die für die Finanzierung des fraglichen Vorhabens erforderlichen Mittelbindungen vorzunehmen. Zum einen sei der Haushalt ohne einen diese Mittel vorsehenden Basisrechtsakt gebunden worden. Zum anderen handele es sich um eine ungerechtfertigte Verwendung von Geldern im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit unter Verstoß gegen den Grundsatz der Spezialität des Haushaltsplans.

43 Die Kommission macht demgegenüber geltend, dass die fehlende ausdrückliche Bezugnahme auf die Bekämpfung des Terrorismus und der internationalen Kriminalität in der Verordnung Nr. 443/92 die angefochtene Entscheidung nicht in der vom Parlament gerügten Weise rechtswidrig machen könne. Eine möglicherweise unzureichende Begründung dieser Entscheidung beeinträchtige deren Gültigkeit nicht. Es sei zwischen dem in der angefochtenen Entscheidung angekündigten Ziel, das in der Unterstützung der Umsetzung der Resolution 1373 bestehe, und ihrem spezifischen Zweck zu unterscheiden, der die Förderung einer institutionellen Stärkung durch Hilfe bei der Grenzverwaltung sei, ein Zweck, der ausdrücklich in den Art. 5 und 6 der Verordnung Nr. 443/92 vorgesehen sei. 44 Das Ziel, das mit dem von der angefochtenen Entscheidung eingeführten Vorhaben verfolgt werde, beschränke sich nicht nur auf den Kampf gegen den Terrorismus, sondern solle auch den Drogenschmuggel sowie den Menschenhandel bekämpfen. Aus diesem Grund habe das Vorhaben eine positive Wirkung im Bereich der inneren Sicherheit, insbesondere im Tourismussektor. Außerdem trage es dazu bei, günstigere Bedingungen für die wirtschaftliche Entwicklung und Investitionen zu schaffen, und füge sich daher auch in den Rahmen der Art. 7 und 8 der Verordnung Nr. 443/92 ein.

45 Gestützt auf den allgemeinen Rahmen und die Fortschritte in der Entwicklungspolitik in den letzten Jahren führt die Kommission ferner aus, dass die institutionelle Stärkung, die einen der unerlässlichen horizontalen Gesichtspunkte für eine nachhaltige Entwicklung darstelle, künftig integraler Bestandteil der Kooperationspolitiken der Gemeinschaft sei. Dies ergebe sich auch aus den Art. 177 EG und 181a EG, deren Wortwahl zeige, dass eine Hilfe in nicht ausdrücklich erwähnten Bereichen wie u. a. Minenräumung und Entsorgung leichter Waffen gewährt werden könne.

46 Die Kommission räumt ein, dass sie im Bereich der Terrorismusbekämpfung keine autonome Befugnis habe, hebt jedoch hervor, dass die Verordnung Nr. 443/92 ein Finanzinstrument im Dienst einer globalen Politik sei, so dass es bei der Bestimmung ihres Anwendungsbereichs einer gewissen Flexibilität bedürfe und insbesondere der allgemeine politische Rahmen berücksichtigt werden müsse.

47 Hilfsweise macht die Kommission geltend, dass die Verordnung Nr. 443/92 angesichts ihrer Rechtsgrundlage, also des Art. 235 EG-Vertrag (jetzt Art. 308 EG), erweiternd auszulegen sei.

48 Nach Auffassung des Königreichs Spanien sind die Durchführungsbefugnisse der Kommission unter Berücksichtigung des weiten Ermessens zu bestimmen, das den Gemeinschaftsorganen in der Rechtsprechung des Gerichtshofs in Bereichen zuerkannt werde, in denen komplexe wirtschaftliche Analysen erforderlich seien. Die angefochtene Entscheidung falle in den Anwendungsbereich der Verordnung Nr. 443/92, da sie zum einen zur Stärkung des institutionellen Systems des begünstigten Staates beitrage und zum anderen zur wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung dieses Staates, indem sie für einen bestimmten Grad an innerer Sicherheit sorge. Diese Schlussfolgerung werde durch die Tatsache gestützt, dass die Verordnung Nr. 443/92 unter ihren Zielen Maßnahmen im Zusammenhang mit der Verbesserung der Sicherheit wie die Drogenbekämpfung aufführe. Durch eine nicht abschließende Aufzählung der verfolgten Ziele erlaube diese Verordnung mittels einer flexiblen Auslegung eine Anpassung an die Entwicklungen der internationalen Gesellschaft, indem in ihre Ziele der Kampf gegen den Terrorismus und die Einhaltung der Verpflichtungen aus der Resolution 1373 einbezogen würden, bei denen es sich zudem um Ziele handele, die mit Maßnahmen der Entwicklungspolitik und der Politik der wirtschaftlichen Zusammenarbeit der Gemeinschaft nicht unvereinbar seien.

Würdigung durch den Gerichtshof

49 Einleitend ist daran zu erinnern, dass die Organe der Gemeinschaft gemäß Art. 7 Abs. 1 Unterabs. 2 EG nur nach Maßgabe der ihnen im EG-Vertrag zugewiesenen Befugnisse handeln dürfen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 13. Dezember 2001, Parlament/Rat, C-93/00, Slg. 2001, I-10119, Randnr. 39, und vom 14. April 2005, Belgien/Kommission, C-110/03, Slg. 2005, I-2801, Randnr. 57).

50 Gemäß Art. 202 dritter Gedankenstrich EG überträgt der Rat der Europäischen Union der Kommission zur Verwirklichung der Ziele und nach Maßgabe des Vertrags in den von ihm angenommenen Rechtsakten die Befugnisse zur Durchführung der Vorschriften, die er erlässt. Der Rat kann die Ausübung dieser Befugnisse bestimmten Modalitäten unterwerfen und sich außerdem in spezifischen Fällen vorbehalten, Durchführungsbefugnisse selbst auszuüben.

51 Im Rahmen dieser Befugnisse, deren Grenzen nach Maßgabe der wesentlichen allgemeinen Ziele der fraglichen Grundregelung zu beurteilen sind, ist die Kommission berechtigt, alle für die Durchführung der Grundregelung erforderlichen oder zweckmäßigen Maßnahmen zu ergreifen, soweit diese nicht gegen die Grundregelung verstoßen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 17. Oktober 1995, Niederlande/Kommission, C-478/93, Slg. 1995, I-3081, Randnrn. 30 und 31, und vom 19. November 1998, Portugal/Kommission, C-159/96, Slg. 1998, I-7379, Randnrn. 40 und 41).

52 Im vorliegenden Fall hat der Rat der Kommission nach dem Wortlaut des Art. 15 der Verordnung Nr. 443/92 die Befugnis übertragen, die finanzielle und technische Hilfe sowie die wirtschaftliche Zusammenarbeit mit den Entwicklungsländern Lateinamerikas und Asiens zu verwalten. Auf der Grundlage dieser Durchführungsbefugnis hat die Kommission die angefochtene Entscheidung erlassen.

53 Wie sich aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung sowie dem beschreibenden Anhang ergibt, soll das Vorhaben einen Beitrag zu den Bemühungen der Republik der Philippinen leisten, die Sicherheit und die Verwaltung ihrer Grenzen entsprechend der Resolution 1373, mit der der Terrorismus und die internationale Kriminalität bekämpft werden sollen, zu verbessern.

54 Zu diesem Zweck sollen mit dem Vorhaben konkrete Maßnahmen in vier Bereichen der Grenzverwaltung durchgeführt werden, und zwar die Optimierung der Methoden der Verwaltung, die Einrichtung eines Informatiksystems, die Kontrolle der Ausweispapiere und die Ausbildung des betreffenden Personals.

55 Für die Entscheidung über die Klage des Parlaments ist daher zu prüfen, ob ein Ziel wie das von der angefochtenen Entscheidung verfolgte, das die Bekämpfung des Terrorismus und der internationalen Kriminalität betrifft, in den Anwendungsbereich der Verordnung Nr. 443/92 fällt.

56 Gewiss beziehen sich die Art. 177 EG bis 181 EG, die durch den EU-Vertrag eingeführt wurden und die Zusammenarbeit mit den Entwicklungsländern betreffen, nicht nur auf die nachhaltige wirtschaftliche und soziale Entwicklung dieser Länder, ihre schrittweise und harmonische Eingliederung in die Weltwirtschaft sowie die Bekämpfung der Armut, sondern auch auf die Fortentwicklung und Festigung der Demokratie und des Rechtsstaats sowie die Wahrung der Menschenrechte und Grundfreiheiten bei gleichzeitiger Beachtung der im Rahmen der Vereinten Nationen und anderer internationaler Organisationen gegebenen Zusagen.

57 Zudem ergibt sich aus der Gemeinsamen Erklärung des Rates und der im Rat vereinigten Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten, des Europäischen Parlaments und der Kommission zur Entwicklungspolitik der Europäischen Union mit dem Titel "Der Europäische Konsens" (ABl. 2006, C 46, S. 1), dass es keine nachhaltige Entwicklung und Beseitigung der Armut ohne Frieden und Sicherheit geben kann und dass die Verfolgung der Ziele der neuen Entwicklungspolitik der Gemeinschaft nicht ohne die Förderung der Demokratie und die Wahrung der Menschenrechte möglich ist.

58 Der Gemeinschaftsgesetzgeber beschloss deshalb anlässlich der Aufhebung der Verordnung Nr. 443/92 durch die Verordnung (EG) Nr. 1905/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2006 zur Schaffung eines Finanzierungsinstruments für die Entwicklungszusammenarbeit (ABl. L 378, S. 41), den Rahmen der Entwicklungspolitik zu stärken, um ihre Wirksamkeit zu verbessern. Zu diesem Zweck führt die Verordnung (EG) Nr. 1717/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. November 2006 zur Schaffung eines Instruments für Stabilität (ABl. L 327, S. 1) eine Hilfe der Gemeinschaft ein, die die aufgrund der Außenhilfe geleistete ergänzt, indem sie insbesondere einen Beitrag dazu leistet, der Instabilität der betroffenen Staaten vorzubeugen. Nach dem sechsten Erwägungsgrund dieser Verordnung ist die Erklärung des Europäischen Rates zur Bekämpfung des Terrorismus vom 25. März 2004 zu berücksichtigen, in der er dazu aufruft, das Ziel der Terrorismusbekämpfung in die Außenhilfeprogramme aufzunehmen. Nach Art. 4 Abs. 1 Buchst. a dieser Verordnung ist die Kommission künftig ermächtigt, die Verwaltung der Hilfe für Behörden, die am Kampf gegen den Terrorismus beteiligt sind, sicherzustellen, indem unterstützenden Maßnahmen, die die Entwicklung und Stärkung von Rechtsvorschriften zur Terrorismusbekämpfung, Zollvorschriften und Einwanderungsrecht betreffen, Vorrang eingeräumt wird.

59 Gleichwohl steht fest, dass in der Verordnung Nr. 443/92 die Bekämpfung des Terrorismus und der internationalen Kriminalität nicht ausdrücklich genannt wird. Insoweit ist hervorzuheben, dass der Vorschlag zur Änderung der Verordnung Nr. 443/92, den die Kommission 2002 vorgelegt hat (KOM[2002] 340 endg. vom 2. Juli 2002) und mit dem in den Anwendungsbereich der Verordnung u. a. die Bekämpfung des Terrorismus eingeführt werden sollte, gescheitert ist.

60 Die Kommission ist dennoch der Auffassung, die angefochtene Entscheidung habe auf der Grundlage der Verordnung Nr. 443/92 rechtmäßig erlassen werden können, da das Vorhaben unmittelbar zum Ausbau der Institutionen des betreffenden Landes beitrage und dieser Tätigkeitsbereich sowohl in den Art. 5 und 6 dieser Verordnung über die finanzielle und technische Hilfe als auch in ihren Art. 7 und 8 über die wirtschaftliche Zusammenarbeit ausdrücklich genannt sei.

61 Hinsichtlich der finanziellen und technischen Hilfe ergibt sich aus Art. 5 der Verordnung Nr. 443/92, dass die Unterstützung der nationalen Institutionen der Entwicklungsländer kein Selbstzweck ist, sondern ein Mittel, um ihre Fähigkeit zur Verwaltung der Entwicklungspolitiken und -vorhaben in den Bereichen zu stärken, denen diese Verordnung eine besondere Bedeutung beimisst, d. h. insbesondere Landwirtschaft, Ernährungssicherheit, Umweltschutz, Drogenbekämpfung, kulturelle Dimension der Entwicklung, Schutz von Kindern und demografische Fragen. Was die Stärkung der Verwaltungskapazitäten der mit der Grenzverwaltung beauftragten Behörden im Hinblick auf die Bekämpfung des Terrorismus und der internationalen Kriminalität angeht, kann nicht angenommen werden, dass sie unter einen der von der Verordnung erfassten Tätigkeitsbereiche fällt.

62 Soweit Art. 6 der Verordnung Nr. 443/92 darauf gerichtet ist, die finanzielle und technische Hilfe nach Art. 5 in spezifischen Bereichen und Fällen, insbesondere der institutionellen Entwicklung beim Ausbau der öffentlichen Verwaltung, auf verhältnismäßig fortgeschrittenere Entwicklungsländer auszudehnen, ergibt sich aus Art. 1 Satz 3 der Verordnung, dass diese Hilfe der Unterstützung der in dieser Bestimmung genannten Ziele dienen soll. Folglich stellt in Bezug auf die dort vorgesehene finanzielle und technische Hilfe die in Art. 6 der Verordnung Nr. 443/92 vorgesehene institutionelle Stärkung ebenfalls keinen Selbstzweck dar.

63 Die Kommission kann sich auch nicht darauf berufen, dass das Vorhaben die innere Stabilität und Sicherheit der Republik der Philippinen erhöhen solle.

64 Zwar ist die Grenzverwaltung grundsätzlich geeignet, die innere Stabilität und Sicherheit des betroffenen Landes dadurch zu erhöhen, dass die Kontrollen u. a. in Bezug auf den Handel mit Waffen und Drogen sowie den Menschenhandel verbessert werden können, Tätigkeiten, die unbestreitbar schwerwiegende Hindernisse für die wirtschaftliche und soziale Entwicklung darstellen. Gleichwohl ist festzustellen, dass die Verordnung Nr. 443/92 die innere Stabilität und Sicherheit nicht nur nicht erwähnt, sondern dass es auch keinen Anhaltspunkt dafür gibt, dass diese Ziele implizit von dieser Verordnung erfasst wären, die in ihrem siebten Erwägungsgrund als neue Prioritäten insbesondere den Umweltschutz, die menschliche Dimension der Entwicklung und die wirtschaftliche Zusammenarbeit in beiderseitigem Interesse festlegt.

65 Entgegen dem Vorbringen der Kommission ist es nicht von Belang, dass mit der angefochtenen Entscheidung vergleichbare Entscheidungen auf der Grundlage der Verordnung Nr. 443/92 erlassen worden seien oder dass diese Bereiche wie die Drogenbekämpfung umfasse, deren Bedeutung für die innere Stabilität und Sicherheit des betroffenen Landes der Bedeutung gleichgesetzt werden könnten, die die Bekämpfung des Terrorismus und der internationalen Kriminalität habe. Zum einen ist nämlich die Beurteilung der Durchführungsbefugnisse der Kommission unter Berücksichtigung der spezifischen Merkmale der jeweiligen Entscheidung vorzunehmen, die im vorliegenden Fall den Erlass der angefochtenen Entscheidung auf der Grundlage der Art. 5 und 6 der Verordnung Nr. 443/92 nicht rechtfertigen, und zum anderen ist die Drogenbekämpfung - im Unterschied zum Kampf gegen den Terrorismus und die internationale Kriminalität - ausdrücklich in den Art. 5 und 6 der Verordnung genannt.

66 Was die von der Kommission geltend gemachte institutionelle Stärkung im Bereich der wirtschaftlichen Zusammenarbeit angeht, ergibt sich aus den Art. 7 und 8 der Verordnung Nr. 443/92, dass die wirtschaftliche Zusammenarbeit dazu beitragen soll, günstigere Investitions- und Entwicklungsrahmenbedingungen in der Wirtschaft, in der Gesetzgebung und in der Gesellschaft zu schaffen. Da jede Maßnahme der Zusammenarbeit gerade durch die vorzunehmende Finanzierung grundsätzlich eine Auswirkung auf die wirtschaftliche Situation des betroffenen Landes haben kann, muss ein Vorhaben zur institutionellen Stärkung, um als Maßnahme der wirtschaftlichen Zusammenarbeit in Betracht zu kommen, dadurch gekennzeichnet sein, dass es eine unmittelbare Verbindung mit deren Zweck, Investitionen und die Entwicklung auszubauen, aufweist.

67 Im vorliegenden Fall lässt sich jedoch, wie die Generalanwältin in den Nrn. 101 und 102 ihrer Schlussanträge hervorgehoben hat, der angefochtenen Entscheidung nicht entnehmen, inwiefern das mit dem Vorhaben verfolgte Ziel tatsächlich dazu beitragen könnte, günstigere Rahmenbedingungen für Investitionen und für die wirtschaftliche Entwicklung zu schaffen.

68 Demnach dient die angefochtene Entscheidung einem Ziel im Bereich der Bekämpfung des Terrorismus und der internationalen Kriminalität, das über den Rahmen der in der Verordnung Nr. 443/92 verfolgten Politik der Entwicklungszusammenarbeit hinausgeht, so dass die Kommission die ihr vom Rat in Art. 15 dieser Verordnung übertragenen Durchführungsbefugnisse überschritten hat.

69 Die angefochtene Entscheidung ist somit aus diesem Grund für nichtig zu erklären.

70 Unter diesen Umständen braucht das hilfsweise vom Parlament in seiner Erwiderung vorgebrachte Argument, die Kommission sei nicht befugt, die für die Finanzierung des Vorhabens erforderlichen Mittelbindungen vorzunehmen, nicht geprüft zu werden.

Kostenentscheidung:

Kosten

71 Nach Art. 69 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da das Parlament die Verurteilung der Kommission beantragt hat und diese mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, sind ihr die Kosten aufzuerlegen. Gemäß Art. 69 § 4 der Verfahrensordnung trägt das Königreich Spanien seine eigenen Kosten.

Tenor:

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Große Kammer) für Recht erkannt und entschieden:

1. Die Entscheidung der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, mit der ein die Sicherheit der Grenzen der Republik der Philippinen betreffendes, im Rahmen der Haushaltslinie 19 10 02 des Gesamthaushaltsplans der Europäischen Gemeinschaften zu finanzierendes Vorhaben (Philippine Border Management Project, Nr. ASIA/2004/016-924) genehmigt wurde, wird für nichtig erklärt.

2. Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften trägt die Kosten.

3. Das Königreich Spanien trägt seine eigenen Kosten.

Ende der Entscheidung

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