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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 27.06.2000
Aktenzeichen: C-404/97
Rechtsgebiete: EG-Vertrag


Vorschriften:

EG-Vertrag Art. 93 Abs. 2 Unterabs. 2
EG-Vertrag Art. 169
EG-Vertrag Art. 170
EG-Vertrag Art. 175
EG-Vertrag Art. 173
EG-Vertrag Art. 93 Abs. 2
EG-Vertrag Art. 5
EG-Vertrag Art. 92 Abs. 1
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

1 Das Klagesystem des Vertrages unterscheidet zwischen den in den Artikeln 169 und 170 EG-Vertrag (jetzt Artikel 226 und 227 EG) vorgesehenen Klagen, die auf die Feststellung gerichtet sind, daß ein Mitgliedstaat gegen seine Verpflichtungen verstoßen hat, und den in den Artikeln 173 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 230 EG) und 175 EG-Vertrag (jetzt Artikel 232 EG) vorgesehenen Klagen, mit denen die Rechtmäßigkeit von Handlungen oder Unterlassungen der Gemeinschaftsorgane überprüft werden soll. Diese Klagemöglichkeiten verfolgen verschiedene Ziele und unterliegen unterschiedlichen Voraussetzungen. Ein Mitgliedstaat kann sich daher mangels einer Vorschrift des EG-Vertrags, die ihn dazu ausdrücklich ermächtigte, zur Verteidigung gegenüber einer auf die Nichtdurchführung einer an ihn gerichteten Entscheidung gestützten Vertragsverletzungsklage nicht mit Erfolg auf die Rechtswidrigkeit dieser Entscheidung berufen. Etwas anderes könnte nur gelten, wenn der fragliche Rechtsakt mit besonders schweren und offensichtlichen Fehlern behaftet wäre, so daß er als inexistenter Rechtsakt qualifiziert werden könnte.

Diese Feststellung muß auch im Rahmen einer auf Artikel 93 Absatz 2 Unterabsatz 2 EG-Vertrag (jetzt Artikel 88 Absatz 2 Unterabsatz 2 EG) gestützten Vertragsverletzungsklage gelten.

(vgl. Randnrn. 34-36)

2 Ein Mitgliedstaat kann zur Verteidigung gegen eine von der Kommission gemäß Artikel 93 Absatz 2 EG-Vertrag (jetzt Artikel 88 Absatz 2 EG) erhobene Vertragsverletzungsklage nur geltend machen, daß es völlig unmöglich gewesen sei, die Entscheidung richtig durchzuführen. Die Befürchtung interner Schwierigkeiten vermag es, auch wenn sie unüberwindlich sein sollten, nicht zu rechtfertigen, daß ein Mitgliedstaat die ihm nach dem Gemeinschaftsrecht obliegenden Verpflichtungen nicht einhält.

Insbesondere begründen die finanziellen Schwierigkeiten, denen sich Empfänger einer rechtswidrigen Beihilfe möglicherweise infolge deren Abschaffung gegenübersehen, nicht die absolute Unmöglichkeit, der Entscheidung der Kommission nachzukommen, mit der die Unvereinbarkeit dieser Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt festgestellt und ihre Rückforderung angeordnet wird.

Diese Feststellung gilt auch in bezug auf das angeblich für den betreffenden Mitgliedstaat bestehende Risiko, wegen der einseitigen Rücknahme einer einem Unternehmen, das bei privaten Banken ein Darlehen aufgenommen hat, gewährten Bürgschaft haftbar gemacht zu werden.

(vgl. Randnrn. 39, 52-53)

3 Ein Mitgliedstaat, der bei der Durchführung einer Entscheidung der Kommission betreffend staatliche Beihilfen auf unvorhergesehene und unvorhersehbare Schwierigkeiten stößt oder sich über Folgen, die von der Kommission nicht beabsichtigt sind, klar wird, muß diese Probleme der Kommission zur Beurteilung vorlegen und dabei geeignete Änderungen der fraglichen Entscheidung vorschlagen. In einem solchen Fall müssen die Kommission und der Mitgliedstaat gemäß dem Grundsatz, daß den Mitgliedstaaten und den Gemeinschaftsorganen gegenseitige Pflichten zur loyalen Zusammenarbeit obliegen, wie er namentlich dem Artikel 5 EG-Vertrag (jetzt Artikel 10 EG) zugrunde liegt, redlich zusammenwirken, um die Schwierigkeiten unter voller Beachtung der Bestimmungen des Vertrages, insbesondere derjenigen über die Beihilfen, zu überwinden.

(vgl. Randnr. 40)

4 Der Begriff der Beihilfe ist weiter als der Begriff der Subvention, denn er umfaßt nicht nur positive Leistungen wie Subventionen selbst, sondern auch Maßnahmen, die in verschiedener Form die Belastungen vermindern, die ein Unternehmen normalerweise zu tragen hat und die somit zwar keine Subventionen im strengen Sinne des Wortes darstellen, diesen aber nach Art und Wirkung gleichstehen. Daher setzt die Einstufung einer Maßnahme als Beihilfe im Sinne des Artikels 92 Absatz 1 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 87 Absatz 1 EG) nicht voraus, daß staatliche Mittel an den Begünstigten transferiert werden. Dies ist bei einer Staatsbürgschaft, die einem Unternehmen gewährt wird, das bei privaten Banken ein Darlehen aufnimmt, der Fall.

(vgl. Randnrn. 44-45)

5 Die Rückforderung einer rechtswidrigen Beihilfe muß zwar mangels Gemeinschaftsvorschriften über das Verfahren für die Rückforderung derartiger Beihilfen grundsätzlich nach den einschlägigen nationalen Rechtsvorschriften erfolgen, doch sind diese Vorschriften so anzuwenden, daß die nach dem Gemeinschaftsrecht verlangte Rückforderung nicht praktisch unmöglich gemacht wird und daß das Interesse der Gemeinschaft in vollem Umfang berücksichtigt wird.

(vgl. Randnr. 55)


Urteil des Gerichtshofes vom 27. Juni 2000. - Kommission der Europäischen Gemeinschaften gegen Portugiesische Republik. - Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats - Mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbare staatliche Beihilfe - Rückforderung - Absolute Unmöglichkeit der Durchführung. - Rechtssache C-404/97.

Parteien:

In der Rechtssache C-404/97

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch D. Triantafyllou und A. M. Alves Vieira, Juristischer Dienst, als Bevollmächtigte, Zustellungsbevollmächtigter: C. Gómez de la Cruz, Juristischer Dienst, Centre Wagner, Kirchberg, Luxemburg,

Klägerin,

gegen

Portugiesische Republik, vertreten durch Professor J. Mota de Campos, L. Fernandes, Direktor des Juristischen Dienstes der Generaldirektion für Gemeinschaftsangelegenheiten des Außenministeriums, und M. L. Duarte, Rechtsberaterin in demselben Dienst, als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift: Portugiesische Botschaft, 33, allée Scheffer, Luxemburg,

Beklagte,

wegen Feststellung, daß die Portugiesische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus dem EG-Vertrag und aus der Entscheidung 97/762/EG der Kommission vom 9. Juli 1997 über die von Portugal ergriffenen Maßnahmen zugunsten des Unternehmens EPAC - Empresa Para a Agroalimentação e Cereais SA (ABl. L 311, S. 25) verstoßen hat, daß sie nicht innerhalb der festgesetzten Fristen die der EPAC - Empresa para a Agroalimentação e Cereais SA zu Unrecht gewährten Beihilfen aufgehoben und zurückgefordert hat,

erläßt

DER GERICHTSHOF

unter Mitwirkung des Präsidenten G. C. Rodríguez Iglesias, der Kammerpräsidenten J. C. Moitinho de Almeida, D. A. O. Edward, L. Sevón (Berichterstatter) und R. Schintgen sowie der Richter P. J. G. Kapteyn, C. Gulmann, P. Jann, H. Ragnemalm, M. Wathelet und V. Skouris,

Generalanwalt: D. Ruiz-Jarabo Colomer

Kanzler: H. von Holstein, Hilfskanzler

aufgrund des Sitzungsberichts,

nach Anhörung der Parteien in der Sitzung vom 21. September 1999,

nach Anhörung der Schlußanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 28. Oktober 1999,

folgendes

Urteil

Entscheidungsgründe:

1 Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften hat mit Klageschrift, die am 2. Dezember 1997 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, gemäß Artikel 93 Absatz 2 Unterabsatz 2 EG-Vertrag (jetzt Artikel 88 Absatz 2 Unterabsatz 2 EG) Klage erhoben auf Feststellung, daß die Portugiesische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus dem EG-Vertrag und aus der Entscheidung 97/762/EG der Kommission vom 9. Juli 1997 über die von Portugal ergriffenen Maßnahmen zugunsten des Unternehmens EPAC - Empresa Para a Agroalimentação e Cereais SA (ABl. L 311, S. 25; im folgenden: streitige Entscheidung) verstoßen hat, daß sie nicht innerhalb der festgesetzten Fristen die der EPAC - Empresa para a Agroalimentação e Cereais SA zu Unrecht gewährten Beihilfen aufgehoben und zurückgefordert hat.

2 Wie aus der Präambel der streitigen Entscheidung hervorgeht, erfolgte die Getreidevermarktung in der Portugiesischen Republik vor deren Beitritt zur Europäischen Gemeinschaft durch ein staatliches Monopol, das von EPAC verwaltet wurde. Nach dem Beitritt wurde dieses Monopol schrittweise abgebaut. Ab 1991 wurde der Getreidemarkt liberalisiert, und EPAC wurde in eine Aktiengesellschaft in öffentlichem Eigentum umgewandelt. EPAC war jedoch weiter verpflichtet, die Getreideversorgung des Landes sicherzustellen.

3 Die Vermögenslage von EPAC war unausgewogen, das Anlagevermögen war zu groß und das Eigenkapital zur Finanzierung der Geschäftstätigkeit zu gering. Ferner war der Personalbestand zu hoch, und die Finanzlage wurde noch dadurch erschwert, daß Silopor, eine ausschließlich in öffentlichem Eigentum stehende, durch das Gesetzesdekret Nr. 293-A/86 vom 12. September 1986 mittels Übertragung von EPAC-Vermögen, -Verbindlichkeiten und -Kapital gegründete Gesellschaft, den Betrag für die Übertragung von Hafensilos nicht zahlte.

4 Von April 1996 an beglich EPAC den größten Teil ihrer Finanzlast nicht mehr, da die Verschuldung und die finanzielle Belastung eine solche Höhe erreicht hatten, daß es ihr unmöglich war, sie aus eigenen Mitteln zu begleichen.

5 Mit interministeriellem Beschluß vom 26. Juli 1996 wurde ein Plan zur Herstellung der wirtschaftlichen Rentabilität und finanziellen Sanierung von EPAC verabschiedet, in dessen Rahmen EPAC ermächtigt wurde, über die Aufnahme eines Darlehens bis zu einem Hoechstbetrag von 50 Milliarden PTE zu verhandeln, wobei für 30 Milliarden PTE eine Staatsbürgschaft vorgesehen wurde.

6 Mit Beschluß Nr. 430/96-XIII vom 30. September 1996 bewilligte der Minister der Finanzen diese Bürgschaft im Rahmen eines von EPAC bei einem privaten Bankenkonsortium aufgenommenen Darlehens, mit dem die kurzfristigen Bankschulden von EPAC umgewandelt werden sollten. Dieses Darlehen wurde für sieben Jahre bei einem Lisbor-Zinssatz 6 Monate für den verbürgten Darlehensteil und einem Lisbor-Zinssatz 6 Monate + 1,2 % für den nicht verbürgten Darlehensteil gewährt.

7 Nachdem die Kommission durch eine Beschwerde über diesen Vorgang unterrichtet worden war, beschloß sie mit Schreiben an die portugiesischen Behörden vom 27. Februar 1997, das Verfahren nach Artikel 93 Absatz 2 EG-Vertrag einzuleiten. Die Staatsbürgschaft erfuellte nämlich ihrer Auffassung nach nicht die Bedingungen des Schreibens SG(89) D/4328 der Kommission an die Mitgliedstaaten vom 5. April 1989, wonach staatliche Garantien spezifischen Verpflichtungen unterliegen. Außerdem umfaßten die Zinssätze für die aufgenommenen Darlehen, die deutlich unter dem Referenzzinssatz lägen, ein Beihilfeelement, da ein Unternehmen in der gleichen schwierigen Finanzlage wie EPAC auf dem freien Markt keine Darlehen zu günstigeren Konditionen als Wirtschaftsbeteiligte in ausgewogener Finanzlage hätte erhalten können. Ferner stelle der Mechanismus zur Konsolidierung der EPAC-Schulden anscheinend eine Beihilfe mit starken Auswirkungen auch zugunsten von Silopor dar. Schließlich erfuelle die Staatsbürgschaft zugunsten von EPAC nach den Gemeinschaftskriterien für Beihilfen zur Umstrukturierung von Unternehmen in Schwierigkeiten nicht die Voraussetzungen, um als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar angesehen zu werden. Wegen der sich hieraus ergebenden Beeinträchtigung des Handels und Verzerrung des Wettbewerbs falle die Beihilfe unter das Verbot des Artikels 92 Absatz 1 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 87 Absatz 1 EG), ohne daß eine der in den Absätzen 2 und 3 dieses Artikels vorgesehenen Ausnahmen und Freistellungsvoraussetzungen eingreife.

8 Die Kommission forderte die Portugiesische Republik in demselben Schreiben auf, ihre Äußerungen hierzu zu übermitteln und alle erforderlichen Vorkehrungen zu treffen, um ab sofort die Wirkungen der Bürgschaft zugunsten von EPAC bei jedem neuen Handelsgeschäft dieses Unternehmens auf dem Getreidemarkt zu unterbinden.

9 Mit Schreiben vom 21. März 1997 machte die Portugiesische Republik geltend, daß die staatliche Verwaltung an der Aushandlung der Bankdarlehen, die EPAC gewährt worden seien, nicht beteiligt gewesen sei. Mit Schreiben vom 8. April 1997 gab sie zu den gerügten Maßnahmen Erklärungen ab, die in den Nummern 6 bis 8 der streitigen Entscheidung wiedergegeben sind.

10 Am 30. April 1997 nahm die Kommission die Entscheidung 97/433/EG zur Aussetzung der von Portugal in Form einer Staatsbürgschaft gewährten Beihilfe an das Unternehmen EPAC - Empresa Para a Agroalimentação e Cereais SA (ABl. L 186, S. 25) an. Am 7. Juli 1997 wurden gegen diese Entscheidung zwei Nichtigkeitsklagen von der Portugiesischen Republik (C-246/97) und von EPAC (T-204/97) erhoben.

11 Mit Schreiben vom 21. Mai 1997 stellten die portugiesischen Behörden, ohne über etwaige zur Aussetzung dieser Beihilfe getroffene Maßnahmen zu berichten, den Beihilfecharakter der gewährten Bürgschaft in Abrede, da diese für das Unternehmen keine Betriebsbeihilfe darstelle und daher auch nicht zu einer Verfälschung der Wettbewerbsbedingungen führe. Im übrigen stehe der Nachweis noch aus, wie und in welchem Umfang die Gewährung dieser Bürgschaft den Handel zwischen den Mitgliedstaaten beeinträchtigen könnte. Sie trugen erneut vor, der Staat sei in keiner Weise an der Aushandlung der Bankdarlehen beteiligt gewesen, die EPAC im Rahmen ihrer laufenden Geschäfte aufgenommen habe.

12 Auf die Antworten der portugiesischen Behörden hin schloß die Kommission das Verfahren des Artikels 93 Absatz 2 EG-Vertrag und erließ die streitige Entscheidung, in der sie feststellte, daß die Staatsbürgschaft zugunsten von EPAC eine staatliche Beihilfe zugunsten dieses Unternehmens darstelle, da sie es ihm erlaubt habe, günstigere Darlehenskonditionen zu erhalten, als ihm dies angesichts seiner schwierigen Finanzlage ohne diese Bürgschaft möglich gewesen wäre (Nummer 13 Buchstabe d der streitigen Entscheidung). Sie vertrat ferner die Ansicht, die Staatsbürgschaft zugunsten von EPAC sei eine indirekte Beihilfe zugunsten von Silopor, da sie es EPAC ermögliche, auf eine Eintreibung ihrer Forderungen gegenüber Silopor zu verzichten (Nummer 13 Buchstabe c der streitigen Entscheidung).

13 Nach der Feststellung, daß der Getreidehandel sich für Portugal 1996 wertmäßig bei den Ausfuhren auf rund 5,8 Millionen ECU und bei den Einfuhren auf 310 Millionen ECU belaufen habe und daß EPAC ein im inner- und außergemeinschaftlichen Getreidehandel aktiver Marktteilnehmer sei, gelangte die Kommission zu dem Ergebnis, die gewährte Bürgschaft sei geeignet, den Handel zwischen den Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen, und verfälsche den Wettbewerb oder drohe, diesen zu verfälschen (Nummer 11 der streitigen Entscheidung).

14 Sie stellte ferner fest, die in Artikel 92 Absatz 2 EG-Vertrag genannten Ausnahmen träfen im vorliegenden Fall offensichtlich nicht zu, und es sei nicht nachgewiesen worden, daß die fraglichen Beihilfen die Freistellungsvoraussetzungen gemäß Artikel 92 Absatz 3 EG-Vertrag erfuellten (Nummer 12 der streitigen Entscheidung).

15 Die Kommission war insbesondere der Auffassung, die Bürgschaft entspreche nicht den in den Leitlinien für die Beurteilung von staatlichen Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung von Unternehmen in Schwierigkeiten (ABl. 1994, C 368, S. 12) aufgestellten Kriterien, und zwar aus folgenden Gründen: "Aufgrund der Bürgschaft wurde EPAC ein verbilligter Zinssatz eingeräumt", "die Laufzeit des Kreditgeschäfts [beträgt] sieben Jahre... (und [liegt] damit weit über den durchschnittlich angesetzten sechs Monaten). Außerdem läßt sich kaum rechtfertigen, daß eine Staatsbürgschaft in derartiger Höhe dem Betrag entsprechen soll, der für die Weiterführung der laufenden Geschäfte des Unternehmens unbedingt erforderlich ist. Ferner hat weder die portugiesische Regierung einen akuten sozialen Grund für die Gewährung der Beihilfe angeführt noch die Kommission einen solchen entdecken können" (Nummer 13 Buchstabe b).

16 Die Artikel 1, 2 und 3 der streitigen Entscheidung bestimmen daher folgendes:

"Artikel 1

Die von der portugiesischen Regierung zugunsten des Unternehmens EPAC gewährten Beihilfen sind wegen Verstoßes gegen die in Artikel 93 Absatz 3 EG-Vertrag niedergelegten Verfahrensvorschriften rechtswidrig. Sie sind gemäß Artikel 92 Absatz 1 EG-Vertrag mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar und fallen nicht unter die Ausnahmen und Freistellungsvoraussetzungen des Artikels 92 Absätze 2 und 3 EG-Vertrag.

Artikel 2

(1) Portugal hat die in Artikel 1 genannten Beihilfen binnen 15 Tagen ab dem Zeitpunkt der Notifizierung dieser Entscheidung aufzuheben.

(2) Portugal hat binnen zwei Monaten ab dem Zeitpunkt der Notifizierung dieser Entscheidung die erforderlichen Vorkehrungen zu treffen, um die in Artikel 1 genannten Beihilfen wiedereinzuziehen.

(3) Die Einziehung erfolgt in Übereinstimmung mit den Verfahren des portugiesischen Rechts; die Zinsen werden von dem Zeitpunkt an fällig, zu dem die Beihilfen ausgezahlt wurden. Anzuwendender Zinssatz ist der Referenzzinssatz, der im Rahmen regionaler Beihilfen zur Berechnung des Subventionsäquivalents zugrunde gelegt wird.

Artikel 3

(1) Portugal teilt der Kommission regelmäßig die Maßnahmen mit, die erlassen wurden, um dieser Entscheidung nachzukommen. Die erste Mitteilung muß spätestens einen Monat nach Notifizierung dieser Entscheidung erfolgen.

(2) Spätestens zwei Monate nach Ablauf der in Artikel 2 Absatz 2 genannten Frist übermittelt Portugal der Kommission die Angaben, welche es dieser gestatten, sich ohne weitere Ermittlungen davon zu überzeugen, daß die Pflicht zur Wiedereinziehung erfuellt wurde."

17 Die Portugiesische Republik und EPAC haben mit Klageschriften, die am 23. September 1997 bei der Kanzlei des Gerichtshofes (C-330/97) bzw. am 14. Oktober 1997 bei der Kanzlei des Gerichts (T-270/97) eingereicht wurden, gegen die streitige Entscheidung zwei Nichtigkeitsklagen erhoben.

18 Mit zwei Beschlüssen vom 15. Dezember 1998 hat der Gerichtshof das Verfahren in den Rechtssachen C-246/97 und C-330/97 bis zur Verkündung der Urteile des Gerichts in den Rechtssachen T-204/97 und T-270/97 ausgesetzt.

19 Da die Portugiesische Republik nach Auffassung der Kommission der streitigen Entscheidung ungeachtet des Ablaufs der gesetzten Fristen nicht nachgekommen war und weder eine absolute Unmöglichkeit, ihr nachzukommen, noch andere Schwierigkeiten bei ihrer Durchführung geltend gemacht hatte, hat die Kommission die vorliegende Klage erhoben.

20 Sie verweist zunächst darauf, daß die Portugiesische Republik der streitigen Entscheidung auch dann, wenn sie diese für rechtswidrig gehalten und Nichtigkeitsklage gegen sie erhoben habe, innerhalb der gesetzten Fristen hätte nachkommen müssen. Nach Artikel 189 Absatz 4 EG-Vertrag (jetzt Artikel 249 Absatz 4 EG) sei eine Entscheidung der Kommission nämlich in allen ihren Teilen für den Mitgliedstaat, an den sie gerichtet sei, bis zu einer anderslautenden Entscheidung des Gerichtshofes verbindlich.

21 Das einzige Argument, das ein Mitgliedstaat vorbringen könne, um eine Entscheidung der Kommission, mit der die Aufhebung und Rückforderung staatlicher Beihilfen angeordnet werde, die für mit dem Vertrag unvereinbar erklärt worden seien, nicht durchzuführen, sei dasjenige der absoluten Unmöglichkeit der Durchführung. Die Portugiesische Republik habe sich jedoch im vorliegenden Fall nicht auf eine derartige Unmöglichkeit berufen.

22 Zu dem Vorbringen der portugiesischen Regierung betreffend das Erfordernis einer Entscheidung des Supremo Tribunal Administrativo, durch die der genannte Beschluß Nr. 430/96-XIII für nichtig erklärt wird, verweist die Kommission darauf, daß sich ein Mitgliedstaat nach ständiger Rechtsprechung nicht auf Bestimmungen, Übungen oder Umstände seiner internen Rechtsordnung berufen könne, um damit die Nichtbeachtung der sich aus dem Gemeinschaftsrecht ergebenden Verpflichtungen und Fristen zu rechtfertigen (Urteil vom 21. Februar 1990 in der Rechtssache C-74/89, Kommission/Belgien, Slg. 1990, I-491, abgekürzte Veröffentlichung).

23 Im Fall unvorhergesehener Schwierigkeiten müßten die Kommission und der betreffende Mitgliedstaat gemäß der sich aus Artikel 5 EG-Vertrag (jetzt Artikel 10 EG) ergebenden Pflicht zur loyalen Zusammenarbeit redlich zusammenwirken, um die aufgetretenen Schwierigkeiten zu überwinden. Im vorliegenden Fall habe die Portugiesische Republik jedoch weder versucht, die streitige Entscheidung durchzuführen, noch habe sie versucht, das Vorliegen unvorhergesehener oder unvorhersehbarer Schwierigkeiten nachzuweisen, noch die Modalitäten ihrer Durchführung in Frage gestellt, sondern sich darauf beschränkt, zwei Nichtigkeitsklagen gegen die Entscheidung 97/433 und gegen die streitige Entscheidung zu erheben.

24 Die portugiesische Regierung macht zunächst geltend, in Anbetracht der Umstände, unter denen die Bürgschaft für die Gläubiger von EPAC bereitgestellt worden sei, könne diese keine staatliche Beihilfe im Sinne des Artikels 92 EG-Vertrag darstellen.

25 Zwar könne die Nichtbeachtung einer mit einer Klage angefochtenen Entscheidung einen Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht darstellen, doch sei dies hier nicht der Fall, da es der portugiesischen Regierung absolut unmöglich sei, die streitige Entscheidung durchzuführen.

26 Die streitige Entscheidung enthalte erstens verschiedene Widersprüche, die ihre Durchführung praktisch unmöglich machten.

27 Zunächst einmal nenne die Kommission in der Begründung der streitigen Entscheidung nur eine einzige Maßnahme, die eine staatliche Beihilfe darstelle, nämlich die Bürgschaft der Portugiesischen Republik gegenüber den Gläubigern von EPAC, während die Artikel 1 und 2 von Beihilfen im Plural sprächen.

28 Ferner sei unverständlich, welche Tragweite die in Artikel 2 der streitigen Entscheidung aufgestellten Verpflichtungen zur Aufhebung und Wiedereinziehung der Beihilfen hätten, wenn man die Begründung dieser Entscheidung und den Umstand berücksichtige, daß die Kommission einräume, daß die zugunsten von EPAC gewährte Bürgschaft weder mit einer Zahlung noch mit einem direkten oder indirekten Transfer aus staatlichen Mitteln an EPAC verbunden gewesen sei. Es sei daher nicht zu verstehen, worin die Wiedereinziehung der Bürgschaft bestehen könnte.

29 Die portugiesische Regierung macht zweitens geltend, die Durchführung der streitigen Entscheidung sei auch rechtlich unmöglich.

30 Zunächst einmal könne sie nicht einseitig die vertraglich gewährte Bürgschaft zurücknehmen. Die einseitige Rücknahme dieser Bürgschaft würde die Gläubigerbanken nämlich nicht nur veranlassen, von EPAC die sofortige Zahlung ihrer gesamten Schuld zu verlangen, was zum Konkurs von EPAC führen würde, sondern auch die Haftung des Staates geltend zu machen.

31 Die von der Kommission gewollte einseitige Rücknahme stelle einen Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz dar, denn die Aufhebung der Bürgschaft würde zu einer schwerwiegenden Beeinträchtigung des Wettbewerbs führen, weil der wichtigste portugiesische Marktteilnehmer mit einem Marktanteil von ungefähr 30 % vom Markt verschwinden würde.

32 Die Aufhebung der Bürgschaft sei nur aufgrund einer Vereinbarung mit den Gläubigerbanken von EPAC - was offensichtlich ausgeschlossen sei, da diese Banken mangels hinreichender Sicherheit nicht auf eine Bürgschaft verzichten würden, die sie erst zum Vertragsabschluß bewogen habe - oder aufgrund einer gerichtlichen Entscheidung möglich, durch die der staatliche Bewilligungsakt aufgehoben werde. Die Portugiesische Republik weist in diesem Zusammenhang darauf hin, daß sie beim Supremo Tribunal Administrativo Klage auf Aufhebung des genannten Beschlusses Nr. 430/96-XIII erhoben habe. Dieses habe hierüber mit Rücksicht auf die beim Gerichtshof in der Rechtssache C-330/97 anhängige Nichtigkeitsklage noch nicht entschieden.

33 Die portugiesische Regierung macht schließlich geltend, sie habe versucht, mit der Kommission im Hinblick auf die beiden Seiten nach Artikel 5 EG-Vertrag obliegende Pflicht zur loyalen Zusammenarbeit zu einer für beide Seiten akzeptablen Lösung zu gelangen. Unter anderem habe sie die Kommission mit Schreiben vom 10. Dezember 1997 darüber unterrichtet, daß EPAC die Ausschreibungen für Getreideeinfuhren entzogen worden seien.

34 Das Klagesystem des Vertrages unterscheidet zwischen den in den Artikeln 169 und 170 EG-Vertrag (jetzt Artikel 226 und 227 EG) vorgesehenen Klagen, die auf die Feststellung gerichtet sind, daß ein Mitgliedstaat gegen seine Verpflichtungen verstoßen hat, und den in den Artikeln 173 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 230 EG) und 175 EG-Vertrag (jetzt Artikel 232 EG) vorgesehenen Klagen, mit denen die Rechtmäßigkeit von Handlungen oder Unterlassungen der Gemeinschaftsorgane überprüft werden soll. Diese Klagemöglichkeiten verfolgen verschiedene Ziele und unterliegen unterschiedlichen Voraussetzungen. Ein Mitgliedstaat kann sich daher mangels einer Vorschrift des EG-Vertrags, die ihn dazu ausdrücklich ermächtigte, zur Verteidigung gegenüber einer auf die Nichtdurchführung einer an ihn gerichteten Entscheidung gestützten Vertragsverletzungsklage nicht mit Erfolg auf die Rechtswidrigkeit dieser Entscheidung berufen (Urteile vom 30. Juni 1988 in der Rechtssache 226/87, Kommission/Griechenland, Slg. 1988, 3611, Randnr. 14, und vom 27. Oktober 1992 in der Rechtssache C-74/91, Kommission/Deutschland, Slg. 1992, I-5437, Randnr. 10).

35 Etwas anderes könnte nur gelten, wenn der fragliche Rechtsakt mit besonders schweren und offensichtlichen Fehlern behaftet wäre, so daß er als inexistenter Rechtsakt qualifiziert werden könnte (Urteile vom 30. Juni 1988, Kommission/Griechenland, Randnr. 16, und vom 27. Oktober 1992, Kommission/Deutschland, Randnr. 11).

36 Diese Feststellung muß auch im Rahmen einer auf Artikel 93 Absatz 2 Unterabsatz 2 EG-Vertrag gestützten Vertragsverletzungsklage gelten.

37 Hierzu ist festzustellen, daß die portugiesische Regierung zwar die Qualifizierung der EPAC eingeräumten Bürgschaft als Beihilfe unter Hinweis auf eine Reihe tatsächlicher Gegebenheiten angefochten hat, sich jedoch auf keinen Fehler berufen hat, der die Existenz des Aktes als solche in Frage stellen könnte.

38 Nach ständiger Rechtsprechung ist die Aufhebung einer rechtswidrigen Beihilfe durch Rückforderung die logische Folge der Feststellung ihrer Rechtswidrigkeit; diese Folge kann aber nicht davon abhängen, in welcher Form die Beihilfe gewährt worden ist (siehe u. a. Urteil vom 10. Juni 1993 in der Rechtssache C-183/91, Kommission/Griechenland, Slg. 1993, I-3131, Randnr. 16).

39 Der Gerichtshof hat ferner entschieden, daß ein Mitgliedstaat zur Verteidigung gegen eine von der Kommission gemäß Artikel 93 Absatz 2 EG-Vertrag erhobene Vertragsverletzungsklage nur geltend machen kann, daß es völlig unmöglich gewesen sei, die Entscheidung richtig durchzuführen (Urteil vom 4. April 1995 in der Rechtssache C-348/93, Kommission/Italien, Slg. 1995, I-673, Randnr. 16).

40 Allerdings muß ein Mitgliedstaat, der bei der Durchführung einer Entscheidung der Kommission betreffend staatliche Beihilfen auf unvorhergesehene und unvorhersehbare Schwierigkeiten stößt oder sich über Folgen, die von der Kommission nicht beabsichtigt sind, klar wird, diese Probleme der Kommission zur Beurteilung vorlegen und dabei geeignete Änderungen der fraglichen Entscheidung vorschlagen. In einem solchen Fall müssen die Kommission und der Mitgliedstaat gemäß dem Grundsatz, daß den Mitgliedstaaten und den Gemeinschaftsorganen gegenseitige Pflichten zur loyalen Zusammenarbeit obliegen, wie er namentlich dem Artikel 5 EG-Vertrag zugrunde liegt, redlich zusammenwirken, um die Schwierigkeiten unter voller Beachtung der Bestimmungen des Vertrages, insbesondere derjenigen über die Beihilfen, zu überwinden (vgl. u. a. Urteil vom 2. Februar 1989 in der Rechtssache 94/87, Kommission/Deutschland, Slg. 1989, 175, Randnr. 9).

41 Zu der von der portugiesischen Regierung geltend gemachten materiellen Unmöglichkeit, die Entscheidung richtig durchzuführen, die sich aus der Unverständlichkeit ihres verfügenden Teils ergeben soll, ist festzustellen, daß der verfügende Teil eines Rechtsakts nicht von seiner Begründung getrennt werden kann, so daß er, wenn dies erforderlich ist, unter Berücksichtigung der Gründe auszulegen ist, die zu seinem Erlaß geführt haben (Urteil vom 15. Mai 1997 in der Rechtssache C-355/95 P, TWD/Kommission, Slg. 1997, I-2549, Randnr. 21).

42 Somit ist zunächst zu prüfen, ob die Verwendung des Plurals statt des Singulars im verfügenden Teil der streitigen Entscheidung in Anbetracht der gegebenen Begründung entsprechend dem Vorbringen der portugiesischen Regierung unverständlich und damit geeignet war, die Durchführung dieser Entscheidung unmöglich zu machen.

43 Die streitige Entscheidung bezieht sich effektiv auf die von der Portugiesischen Republik mit dem Beschluß Nr. 430/96-XIII gewährte Bürgschaft. Gewiß nimmt der verfügende Teil der streitigen Entscheidung auf die EPAC gewährten Beihilfen Bezug; diese terminologische Ungenauigkeit macht die streitige Entscheidung jedoch nicht unverständlich und undurchführbar, da die gerügte nationale Maßnahme in dieser Entscheidung klar bezeichnet wird. Es war der portugiesischen Regierung im übrigen, falls ihr dies erforderlich erschienen wäre, unbenommen, hierzu nach Zugang der streitigen Entscheidung Fragen an die Kommission zu stellen.

44 Was die angebliche Unverständlichkeit der in Artikel 2 der streitigen Entscheidung enthaltenen Anordnungen angeht, weil keine Mittel transferiert worden seien, so ist der Begriff der Beihilfe nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofes weiter als der Begriff der Subvention, denn er umfaßt nicht nur positive Leistungen wie Subventionen selbst, sondern auch Maßnahmen, die in verschiedener Form die Belastungen vermindern, die ein Unternehmen normalerweise zu tragen hat, und die somit zwar keine Subventionen im strengen Sinne des Wortes darstellen, diesen aber nach Art und Wirkung gleichstehen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 15. März 1994 in der Rechtssache C-387/92, Banco Exterior de España, Slg. 1994, I-877, Randnr. 13, und vom 19. Mai 1999 in der Rechtssache C-6/97, Italien/Kommission, Slg. 1999, I-2981, Randnr. 15).

45 Unbeschadet der Frage der Rechtmäßigkeit der Beihilfe, die im Rahmen der Nichtigkeitsklage geprüft wird, genügt daher die Feststellung, daß die Einstufung einer Maßnahme als Beihilfe im Sinne des Artikels 92 Absatz 1 EG-Vertrag nicht voraussetzt, daß staatliche Mittel an den Begünstigten transferiert werden.

46 Im übrigen kann die Pflicht, eine rechtswidrige Beihilfe im Wege der Rückforderung aufzuheben, wie der Gerichtshof in Randnummer 38 dieses Urteils festgestellt hat, nicht davon abhängen, in welcher Form diese gewährt worden ist.

47 Die Begründung der streitigen Entscheidung ermöglicht zudem eine genaue Bestimmung der als rechtswidrig angesehenen und aufzuhebenden Beihilfen, nämlich der durch den Beschluß Nr. 430/96-XIII gewährten staatlichen Bürgschaft.

48 Nach Nummer 15 Absatz 5 der Entscheidung entspricht der zurückzufordernde finanzielle Vorteil "der Differenz zwischen dem marktüblichen Darlehenszinssatz (ausgedrückt als Referenzzinssatz) und dem von EPAC im Rahmen des Finanzgeschäfts tatsächlich zu zahlenden Zinssatz (unter Berücksichtigung der Bürgschaftskosten)", berechnet unter Zugrundelegung von Halbjahreszeiträumen.

49 In Nummer 15 Absatz 6 der streitigen Entscheidung heißt es weiter, daß die Zinsen vom Zeitpunkt der Gewährung der rechtswidrigen Beihilfen an fällig werden und daß insoweit der Referenzzinssatz anzuwenden ist, der im Rahmen regionaler Beihilfen zur Berechnung des Subventionsäquivalents zugrunde gelegt wird.

50 Aus dieser Prüfung folgt, daß der Wortlaut der streitigen Entscheidung klar und leicht verständlich ist und daß die Portugiesische Republik ihn weder im Hinblick auf seine Bedeutung noch im Hinblick auf seine Tragweite mißverstehen konnte.

51 Im Zusammenhang mit der angeblichen rechtlichen Unmöglichkeit, die streitige Entscheidung durchzuführen, hat die portugiesische Regierung im Hinblick auf die Aufhebung der Bürgschaft vorgetragen, eine Vereinbarung mit den Gläubigerbanken von EPAC sei offensichtlich ausgeschlossen, da diese dem mangels Sicherheit nicht zustimmen würden; sie hat jedoch nicht dargetan, daß Verhandlungen mit ihnen aufgenommen worden wären.

52 Nach ständiger Rechtsprechung vermag die Befürchtung interner Schwierigkeiten, auch wenn sie unüberwindlich sein sollten, es nicht zu rechtfertigen, daß ein Mitgliedstaat die ihm nach dem Gemeinschaftsrecht obliegenden Verpflichtungen nicht einhält (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 7. Dezember 1995 in der Rechtssache C-52/95, Kommission/Frankreich, Slg. 1995, I-4443, Randnr. 38, vom 9. Dezember 1997 in der Rechtssache C-265/95, Kommission/Frankreich, Slg. 1997, I-6959, Randnr. 55, und vom 29. Januar 1998 in der Rechtssache C-280/95, Kommission/Italien, Slg. 1998, I-259, Randnr. 16).

53 Zu den Gründen, die eine einseitige Rücknahme der Bürgschaft angeblich unmöglich machen, genügt die Feststellung, daß die finanziellen Schwierigkeiten, denen sich Empfänger einer rechtswidrigen Beihilfe möglicherweise infolge von deren Abschaffung gegenübersehen, nicht die absolute Unmöglichkeit begründen, der Entscheidung der Kommission nachzukommen, mit der die Unvereinbarkeit dieser Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt festgestellt und ihre Rückforderung angeordnet wird (Urteil vom 7. Juni 1988 in der Rechtssache 63/87, Kommission/Griechenland, Slg. 1988, 2875, Randnr. 14). Diese Feststellung gilt aus den in Randnummer 52 dieses Urteils genannten Gründen auch in bezug auf das angeblich für die Portugiesische Republik bestehende Risiko, haftbar gemacht zu werden.

54 Das Argument eines Verstoßes gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ist im Rahmen der vorliegenden Vertragsverletzungsklage ebenfalls zurückzuweisen, da es die durch die streitige Entscheidung angeordnete Aufhebung der Bürgschaft grundsätzlich in Frage stellt.

55 Zum Erfordernis, die Entscheidung des Supremo Tribunal Administrativo abzuwarten, durch die der genannte Beschluß Nr. 430/96-XIII für nichtig erklärt wird, während dieses Gericht selbst wiederum das Ergebnis der beim Gerichtshof anhängigen Nichtigkeitsklage gegen die streitige Entscheidung abwarte, ist darauf hinzuweisen, daß die Rückforderung einer rechtswidrigen Beihilfe zwar mangels Gemeinschaftsvorschriften über das Verfahren für die Rückforderung derartiger Beihilfen grundsätzlich nach den einschlägigen nationalen Rechtsvorschriften erfolgen muß, diese Vorschriften aber so anzuwenden sind, daß die nach dem Gemeinschaftsrecht verlangte Rückforderung nicht praktisch unmöglich gemacht wird und daß das Interesse der Gemeinschaft in vollem Umfang berücksichtigt wird (siehe u. a. Urteil vom 2. Februar 1989, Kommission/Deutschland, Randnr. 12).

56 Jedenfalls hat die portugiesische Regierung in Beantwortung der an sie gerichteten schriftlichen Fragen eingeräumt, daß ein Urteil des Supremo Tribunal Administrativo, durch das der genannte Beschluß Nr. 430/96-XIII für nichtig erklärt wird, nicht erforderlich sei, um den finanziellen Vorteil, auf den sich die streitige Entscheidung beziehe, zurückzufordern.

57 Im übrigen gilt für die streitige Entscheidung eine Vermutung der Rechtmäßigkeit, und sie bleibt, ungeachtet der anhängigen Nichtigkeitsklage, in allen ihren Teilen für die Portugiesische Republik verbindlich.

58 Was schließlich den Umstand angeht, daß EPAC die Ausschreibungen für Getreide entzogen wurden, genügt die Feststellung, daß die Kommission erst im Dezember 1997, d. h. nach Ablauf der in Artikel 2 der streitigen Entscheidung gesetzten Fristen und nach Erhebung der vorliegenden Vertragsverletzungsklage, unterrichtet wurde.

59 Somit ist festzustellen, daß die Portugiesische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus dem EG-Vertrag verstoßen hat, daß sie der streitigen Entscheidung nicht nachgekommen ist.

Kostenentscheidung:

Kosten

60 Nach Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Kommission beantragt hat, der Portugiesischen Republik die Kosten aufzuerlegen, und diese mit ihrem Vorbringen im wesentlichen unterlegen ist, sind ihr die Kosten aufzuerlegen.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF

für Recht erkannt und entschieden:

1. Die Portugiesische Republik hat dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus dem EG-Vertrag verstoßen, daß sie der Entscheidung 97/762/EG der Kommission vom 9. Juli 1997 über die von Portugal ergriffenen Maßnahmen zugunsten des Unternehmens EPAC - Empresa Para a Agroalimentação e Cereais SA, nicht nachgekommen ist.

2. Die Portugiesische Republik trägt die Kosten des Verfahrens.

Ende der Entscheidung

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