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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 31.05.2001
Aktenzeichen: C-41/99 P
Rechtsgebiete: Verordnung 2613/97/EWG


Vorschriften:

Verordnung 2613/97/EWG
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

1. Aus den Artikeln 168a EG-Vertrag (jetzt Artikel 225 EG), 51 Absatz 1 der EG-Satzung des Gerichtshofes und 112 § 1 Buchstabe c der Verfahrensordnung ergibt sich, dass in der Rechtsmittelschrift die beanstandeten Teile des Urteils oder des Beschlusses, dessen Aufhebung begehrt wird, sowie das rechtliche Vorbringen, auf das dieser Antrag im Einzelnen gestützt wird, genau bezeichnet werden müssen. Diesem Erfordernis entspricht ein Rechtsmittel nicht, das keinerlei Argumentation enthält, die speziell der Bezeichnung des Rechtsfehlers dient, mit dem der angefochtene Beschluss behaftet sein soll, sondern sich darauf beschränkt, die bereits vor dem Gericht dargelegten Klagegründe und Argumente einschließlich derjenigen zu wiederholen oder wörtlich wiederzugeben, die auf Tatsachenbehauptungen gründen, die das Gericht ausdrücklich zurückgewiesen hat. Ein solches Rechtsmittel zielt nämlich in Wirklichkeit nur auf eine erneute Prüfung der beim Gericht eingereichten Klage ab, was nicht in die Zuständigkeit des Gerichtshofes fällt.

Jedoch kann die Tatsache, dass die Klagegründe und Argumente zu den Zulässigkeitsvoraussetzungen einer Nichtigkeitsklage natürlicher oder juristischer Personen bereits in der ersten Instanz wortgleich vorgebracht wurden, nicht ihre Unzulässigkeit im Rahmen eines Rechtsmittelverfahrens begründen, bei dem die Rechtsmittelführerinnen die genaue Rüge erheben, dass das Gericht die im Rahmen einer von Zuckerrübenerzeugern gegen die gleiche Vorschrift gerichteten Nichtigkeitsklage angebrachte Begründung und Argumentation auf die den Gegenstand des vorliegenden Rechtsmittels bildende Rechtssache übertragen habe, ohne auf eines ihrer spezifischen Argumente einzugehen, mit denen sie hätten dartun wollen, dass sie als Betriebe zur Verarbeitung und Erzeugung von Rübenzucker unmittelbar und individuell durch diese Vorschrift betroffen seien.

( vgl. Randnrn. 16-19 )

2. Eine von den Eigentümern von Betrieben zur Verarbeitung und Erzeugung von Rübenzucker gegen Artikel 2 der Verordnung Nr. 2613/97 gerichtete Nichtigkeitsklage, der jede nationale Anpassungsbeihilfe für die Zucker- und die Zuckerrübenerzeuger ab dem Wirtschaftsjahr 2001/02 aufhebt, ist unzulässig.

Zum einen stellt diese Vorschrift nämlich eine Maßnahme allgemeiner Geltung dar, die für objektiv bestimmte Situationen gilt und gegenüber allgemein und abstrakt bezeichneten Personengruppen Rechtswirkungen entfaltet. Zum anderen reicht die Tatsache, dass die Rechtsmittelführerinnen bei Inkrafttreten der Verordnung Nr. 2613/97, was die Rübenzuckererzeuger der Region, in der sie tätig sind, angeht, deren einzige konkrete Adressaten waren, als solche nicht ausreicht, um sie als durch diese Verordnung individuell betroffen anzusehen. Ein Rechtsakt verliert nämlich seine allgemeine Geltung und damit seinen Normcharakter nicht dadurch, dass sich die Rechtssubjekte, auf die er zu einem bestimmten Zeitpunkt Anwendung findet, der Zahl oder sogar der Identität nach mehr oder weniger genau bestimmen lassen, solange feststeht, dass diese Anwendung aufgrund einer objektiven rechtlichen oder tatsächlichen Situation erfolgt, die in dem Rechtsakt im Zusammenhang mit seiner Zielsetzung umschrieben ist. Die Aufhebung der Beihilfen gemäß Artikel 2 der Verordnung Nr. 2613/97 gilt aber allgemein und für einen unbestimmten Zeitraum für jeden betroffenen Wirtschaftsteilnehmer.

( vgl. Randnrn. 25, 29-30 )


Urteil des Gerichtshofes (Vierte Kammer) vom 31. Mai 2001. - Sadam Zuccherifici, divisione della SECI - Società Esercizi Commerciali Industriali SpA, Sadam Castiglionese SpA, Sadam Abruzzo SpA, Zuccherificio del Molise SpA und Società Fondiaria Industriale Romagnola SpA (SFIR) gegen Rat der Europäischen Union. - Rechtsmittel - Zucker - Verordnung (EG) Nr. 2613/97 - Beihilfen für Zuckerrübenerzeuger - Aufhebung - Wirtschaftsjahr 2001/02 - Nichtigkeitsklage - Natürliche oder juristische Personen - Unzulässigkeit. - Rechtssache C-41/99 P.

Parteien:

In der Rechtssache C-41/99 P

Sadam Zuccherifici, divisione della SECI - Società Esercizi Commerciali Industriali SpA, mit Sitz in Bologna (Italien),

Sadam Castiglionese SpA mit Sitz in Bologna,

Sadam Abruzzo SpA mit Sitz in Bologna,

Zuccherificio del Molise SpA mit Sitz in Termoli (Italien),

Società Fondiaria Industriale Romagnola SpA (SFIR) mit Sitz in Cesena (Italien),

Prozessbevollmächtigte: V. Cerulli Irelli, G. Pittalis und G. Fanzini, avvocati, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Rechtsmittelführerinnen,

betreffend ein Rechtsmittel gegen den Beschluss des Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften (Vierte erweiterte Kammer) vom 8. Dezember 1998 in der Rechtssache T-39/98 (Sadam Zuccherifici u. a./Rat, Slg. 1998, II-4207) in der berichtigten Fassung des Beschlusses vom 29. Januar 1999 (nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht) wegen Aufhebung dieses Beschlusses,

anderer Verfahrensbeteiligter:

Rat der Europäischen Union, vertreten durch J. Carbery und I. Díez Parra als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Beklagter im ersten Rechtszug,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. La Pergola sowie der Richter D. A. O. Edward und C. W. A. Timmermans (Berichterstatter),

Generalanwältin: C. Stix-Hackl

Kanzler: L. Hewlett, Verwaltungsrätin

aufgrund des Sitzungsberichts,

nach Anhörung der Parteien in der Sitzung vom 6. Dezember 2000, in der die Sadam Zuccherifici, divisione della SECI - Società Esercizi Commerciali Industriali SpA, die Sadam Castiglionese SpA, die Sadam Abruzzo SpA, die Zuccherificio del Molise SpA und die Società Fondiaria Industriale Romagnola SpA (SFIR) durch G. Fanzini, G. M. Roberti und A. Franchi, avvocati, und der Rat durch J. Carbery und F. P. Ruggeri Laderchi als Bevollmächtigten vertreten waren,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 8. Februar 2001,

folgendes

Urteil

Entscheidungsgründe:

1 Die Sadam Zuccherifici, divisione della SECI - Società Esercizi Commerciali Industriali SpA, die Sadam Castiglionese SpA, die Sadam Abruzzo SpA, die Zuccherificio del Molise SpA und die Società Fondiaria Industriale Romagnola SpA (SFIR) haben mit Rechtsmittelschrift, die am 12. Februar 1999 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, gemäß Artikel 49 der EG-Satzung des Gerichtshofes ein Rechtsmittel eingelegt gegen den Beschluss des Gerichts erster Instanz vom 8. Dezember 1998 in der Rechtssache T-39/98 (Sadam Zuccherifici u. a./Rat, Slg. 1998, II-4207, im Folgenden: angefochtener Beschluss) in der durch Beschluss vom 29. Januar 1999 geänderten Fassung (nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht), mit dem das Gericht ihre Klage auf Nichtigerklärung des Artikels 2 der Verordnung (EG) Nr. 2613/97 des Rates vom 15. Dezember 1997 zur Ermächtigung Portugals, Beihilfen für Zuckerrübenerzeuger zu gewähren, und zur Aufhebung aller nationalen Beihilfen ab dem Wirtschaftsjahr 2001/02 (ABl. L 353, S. 3) als unzulässig abgewiesen hat.

Rechtlicher Rahmen und der Klage zugrunde liegender Sachverhalt

2 Die Verordnung (EWG) Nr. 1785/81 des Rates vom 30. Juni 1981 über die gemeinsame Marktorganisation für Zucker (ABl. L 177, S. 4) in der sich aus der Verordnung (EG) Nr. 1101/95 des Rates vom 24. April 1995 (ABl. L 110, S. 1, im Folgenden: Verordnung Nr. 1785/81) ergebenden Fassung sieht in Artikel 46 die Möglichkeit für die Italienische Republik und das Königreich Spanien vor, unter bestimmten dort festgelegten Voraussetzungen, Anpassungsbeihilfen für die Zucker- und die Zuckerrübenerzeuger zu gewähren. Zu diesem Zweck teilt Artikel 46 Absatz 2 dieser Verordnung das italienische Hoheitsgebiet in die drei Regionen Norditalien", Mittelitalien" und Süditalien" ein. Die Höhe der zulässigen Beihilfen entwickelt sich nach dem Grundsatz des soft landing" rückläufig, und diese Beihilfen werden für Nord- und Mittelitalien bis zum Wirtschaftsjahr 1999/2000 einschließlich und für Süditalien bis zum Wirtschaftsjahr 2000/01 einschließlich gewährt. Dieser Abbau der zulässigen Beihilfen ist in den Regionen Nord- und Mittelitalien sehr ausgeprägt, weniger dagegen in Süditalien.

3 Die Verordnung Nr. 2613/97 enthält Vorschriften zweierlei Art. In Artikel 1 dieser Verordnung wird die Portugiesische Republik unter bestimmten Voraussetzungen ermächtigt, den Zuckerrübenerzeugern in ihrem festländischen Gebiet vom Wirtschaftsjahr 1998/99 bis zum Wirtschaftsjahr 2000/01 eine Anpassungsbeihilfe zu gewähren. Durch Artikel 2 dieser Verordnung werden die Beihilfe nach Artikel 1 sowie die Beihilfen nach Artikel 46 der Verordnung Nr. 1785/81 ab dem Wirtschaftsjahr 2001/02 aufgehoben.

4 Da sie der Ansicht waren, dass Artikel 2 der Verordnung Nr. 2613/97 ihre Interessen verletze, erhoben die Rechtsmittelführerinnen, die Eigentümer von Betrieben zur Verarbeitung und Erzeugung von Rübenzucker in Süditalien sind, beim Gericht Klage auf Nichtigerklärung dieser Vorschrift. Sie stützten diese Klage sowohl auf den Begründungsmangel, mit dem die Verordnung Nr. 2613/97 behaftet sei, als auch auf die Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften, denn die Italienische Republik sei vor Erlass der Verordnung nicht angehört worden. Die Rechtsmittelführerinnen waren außerdem der Ansicht, dass ein Ermessensmissbrauch und eine Verletzung des Artikels 39 EG-Vertrag (jetzt Artikel 33 EG) vorlägen.

5 Gemäß Artikel 114 § 1 der Verfahrensordnung des Gerichts erhob der Rat mit besonderem Schriftsatz eine Einrede der Unzulässigkeit. Er führte aus, dass die angefochtene Maßnahme zum einen ein allgemeiner, auf objektiv bestimmte Situationen anwendbarer Rechtsakt sei, der Rechtswirkungen gegenüber allgemein und abstrakt umschriebenen Personengruppen entfalte, und zum anderen die Rechtsmittelführerinnen nicht unmittelbar und individuell betreffe, und beantragte, die Klage als offensichtlich unzulässig abzuweisen und den Rechtsmittelführerinnen die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

6 Die Rechtsmittelführerinnen reichten am 13. Juli 1998 ihre Stellungnahme zur Einrede der Unzulässigkeit ein. Unter Berufung auf die Schlussanträge von Generalanwalt Van Gerven in der Rechtssache C-213/91 (Abertal u. a./Kommission, Urteil vom 15. Juni 1993, Slg. 1993, I-3177) trugen sie vor, dass die Verordnung Nr. 2613/97 ihnen gegenüber schädigende rechtliche Wirkungen erzeuge, die sich aus dem angefochtenen Rechtsakt selbst ergäben und nicht die Folge einer späteren Entscheidung eines Organs der Gemeinschaft oder eines Mitgliedstaats seien. Die Rechtsmittelführerinnen beantragten deshalb beim Gericht, die vom Rat erhobene Einrede zurückzuweisen und die Klage für zulässig zu erklären.

Der angefochtene Beschluss

7 Mit dem angefochtenen Beschluss gab das Gericht dem Antrag des Rates statt. Es wies die bei ihm anhängige Klage als offensichtlich unzulässig ab und erlegte den Rechtsmittelführerinnen die Kosten des Verfahrens auf.

8 Die Abweisung dieser Klage erfolgte aus zwei Gründen.

9 Das Gericht stellte zum einen fest, dass es sich bei der Verordnung Nr. 2613/97 um eine Maßnahme allgemeiner Geltung handele, und hob in Randnummer 18 des angefochtenen Beschlusses insbesondere hervor, dass Artikel 2 [dieser] Verordnung... für eine objektiv bestimmte Situation [gilt] und... Rechtswirkungen gegenüber allgemein und abstrakt bezeichneten Personengruppen, d. h. gegenüber den Mitgliedstaaten und den Zuckerrübenerzeugern [entfaltet]".

10 Zum anderen prüfte das Gericht die Frage, ob die Rechtsmittelführerinnen durch Artikel 2 der Verordnung Nr. 2613/97 wegen bestimmter persönlicher Eigenschaften oder besonderer, sie im Hinblick auf diese Vorschrift aus dem Kreis aller übrigen Personen heraushebender Umstände betroffen sind. Hierzu stellte das Gericht in Randnummer 21 des angefochtenen Beschlusses fest: Die Verordnung ist zwar geeignet, die Klägerinnen zu berühren, doch genügt dieser Umstand nicht, um sie aus dem Kreis aller übrigen Personen herauszuheben. Die streitige Vorschrift betrifft sie nämlich nur in ihrer objektiven Eigenschaft als im Zuckerrübensektor tätige Wirtschaftsteilnehmer, und zwar genauso wie jeden anderen Wirtschaftsteilnehmer, der die gleiche Tätigkeit in der Europäischen Gemeinschaft ausübt."

11 Das Gericht führte zum Vorbringen der Rechtsmittelführerinnen, die Auswirkungen des Artikels 2 der Verordnung Nr. 2613/97 könnten in Süditalien stärker sein als in Nord- und Mittelitalien oder Spanien, in Randnummer 22 des angefochtenen Beschlusses aus, dass der Umstand, dass sich diese Maßnahme auf die verschiedenen Rechtssubjekte im konkreten Fall unterschiedlich auswirken könne,... nichts an ihrem Rechtssatzcharakter [ändert]... Außerdem befinden sich die Klägerinnen, was das System zulässiger Beihilfen im Sinne des Artikels 46 Absatz 2 der Verordnung Nr. 1785/81 und die durch Artikel 2 der Verordnung Nr. 2613/97 erlassene Verbotsregelung angeht, auf jeden Fall in der gleichen Situation wie alle anderen in Süditalien tätigen Zuckerrübenerzeuger."

Das Rechtsmittel

12 Die Rechtsmittelführerinnen stützen ihr Rechtsmittel, mit dem sie die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und damit die Zulassung ihrer Klage gegen Artikel 2 der Verordnung Nr. 2613/97 begehren, auf zwei Gründe: Zum einen habe das Gericht die Zulässigkeitsvoraussetzungen einer Nichtigkeitsklage natürlicher oder juristischer Personen verkannt, zum anderen habe es ihre Klage mit der am gleichen Tag erhobenen Klage gleichen Gegenstands der Associazione Nazionale di Bieticoltori (ANB) und zweier unabhängiger Zuckerrübenerzeuger Süditaliens, F. Coccia und V. di Giovine, verwechselt, die zum Beschluss vom 8. Dezember 1998 in der Rechtssache T-38/98 (ANB u. a./Rat, Slg. 1998, II-4191) geführt habe.

13 Die Rechtsmittelführerinnen machen insbesondere geltend, der Berichtigungsbeschluss vom 29. Januar 1999, mit dem das Gericht diese Verwechslung vor allem dadurch habe beenden wollen, dass es in den Randnummern 7, 9, 11, 14, 15 und 20 des angefochtenen Beschlusses den Ausdruck die Kläger" durch die Klägerinnen" ersetzt und in den Randnummern 21 und 22 dieses Beschlusses die Erwähnung der Herren Coccia und Di Giovine gestrichen habe, den grundlegenden Mangel", mit dem der Beschluss behaftet sei, unberührt gelassen habe.

14 Der Rat beantragt die Feststellung der Unzulässigkeit des Rechtsmittels mit der Begründung, die Rechtsmittelführerinnen beschränkten sich darauf, die vor dem Gericht vorgetragenen Klagegründe und Argumente wörtlich zu wiederholen; das laufe der EG-Satzung und der Verfahrensordnung des Gerichtshofes zuwider.

15 Zum Vorwurf der Verwechslung" der Verfahren Sadam Zuccherifici u. a./Rat und ANB u. a./Rat durch das Gericht führt der Rat aus, das Gericht habe in diesen Verfahren nur dieselbe traditionelle Methode zur Prüfung der Zulässigkeit einer Nichtigkeitsklage von natürlichen oder juristischen Personen gegen Gemeinschaftsverordnungen angewandt. Da die Kläger in beiden Verfahren dieselben Argumente vorgebracht hätten, habe das Gericht nur zu der gleichlautenden Entscheidung kommen können, dass beide Klagen unzulässig seien.

Zulässigkeit des Rechtsmittels

16 Aus den Artikeln 168a EG-Vertrag (jetzt Artikel 225 EG), 51 Absatz 1 der EG-Satzung des Gerichtshofes und 112 § 1 Buchstabe c der Verfahrensordnung des Gerichtshofes ergibt sich, dass in der Rechtsmittelschrift die beanstandeten Teile des Urteils oder des Beschlusses, dessen Aufhebung begehrt wird, sowie das rechtliche Vorbringen, auf das dieser Antrag im Einzelnen gestützt wird, genau bezeichnet werden müssen (vgl. insbesondere Beschlüsse des Gerichtshofes vom 6. März 1997 in der Rechtssache C-303/96 P, Bernardi/Parlament, Slg. 1997, I-1239, Randnr. 37, und vom 9. Juli 1998 in der Rechtssache C-317/97 P, Smanor u. a./Kommission, Slg. 1998, I-4269, Randnr. 20).

17 Diesem Erfordernis entspricht ein Rechtsmittel nicht, das keinerlei Argumentation enthält, die speziell der Bezeichnung des Rechtsfehlers dient, mit dem der angefochtene Beschluss behaftet sein soll, sondern sich darauf beschränkt, die bereits vor dem Gericht dargelegten Klagegründe und Argumente einschließlich derjenigen zu wiederholen oder wörtlich wiederzugeben, die auf Tatsachenbehauptungen gründen, die das Gericht ausdrücklich zurückgewiesen hat. Ein solches Rechtsmittel zielt nämlich in Wirklichkeit nur auf eine erneute Prüfung der beim Gericht eingereichten Klage ab, was nicht in die Zuständigkeit des Gerichtshofes fällt (Urteil des Gerichtshofes vom 4. Juli 2000 in der Rechtssache C-352/98 P, Bergaderm und Goupil/Kommission, Slg. 2000, I-5291, Randnr. 35).

18 Im vorliegenden Fall erheben die Rechtsmittelführerinnen jedoch die genaue Rüge, dass das Gericht die in der Rechtssache ANB u. a./Rat angebrachte Begründung und Argumentation auf die den Gegenstand des vorliegenden Rechtsmittels bildende Rechtssache Sadam Zuccherifici u. a./Rat übertragen habe, ohne auf eines ihrer spezifischen Argumente einzugehen, mit denen sie hätten dartun wollen, dass sie als Betriebe zur Verarbeitung und Erzeugung von Rübenzucker unmittelbar und individuell durch Artikel 2 der Verordnung Nr. 2613/97 betroffen seien.

19 Unter diesen Umständen kann die Tatsache, dass die Klagegründe und Argumente zu den Zulässigkeitsvoraussetzungen einer Nichtigkeitsklage natürlicher oder juristischer Personen bereits in der ersten Instanz wortgleich vorgebracht wurden, nicht ihre Unzulässigkeit im Rahmen des Rechtsmittelverfahrens begründen. Offenkundig hat sich das Gericht nämlich in den Randnummer 16, 18 und 22 des angefochtenen Beschlusses darauf beschränkt, die Situation der Zuckerrübenerzeuger zu prüfen, ohne sich zur besonderen Situation der Betriebe zur Verarbeitung und Erzeugung von Rübenzucker zu äußern.

20 Das Rechtsmittel ist demnach zulässig.

Begründetheit des Rechtsmittels

21 Die Rechtsmittelführerinnen berufen sich zur Begründetheit auf zwei Rechtsmittelgründe.

22 Mit ihrem ersten Rechtsmittelgrund tragen sie vor, dass sich das Gericht über die Natur des angefochtenen Rechtsaktes geirrt habe. Angesichts der rechtlichen Wirkungen, die Artikel 2 der Verordnung Nr. 2613/97 gegenüber den Zuckerrübenerzeugern Süditaliens entfalte, habe die in dieser Bestimmung angeordnete Maßnahme, die die Aufhebung der Beihilfen ab dem Wirtschaftsjahr 2001/02 beinhalte, zwar scheinbar eine ihr Verordnungscharakter verleihende allgemeine Geltung, doch sei sie in Wirklichkeit ihrer Natur nach eine Entscheidung, deren nachteilige Wirkung insbesondere die Industrieunternehmen beeinträchtige, deren Betriebe sich in dieser Region befänden.

23 Mit dem zweiten Rechtsmittelgrund machen die Rechtsmittelführerinnen geltend, dass das Gericht zu Unrecht angenommen habe, dass sie durch Artikel 2 der Verordnung Nr. 2613/97 nicht individuell und unmittelbar betroffen seien.

24 Bezüglich des ersten Rechtsmittelgrundes der Rechtsmittelführerinnen ist darauf hinzuweisen, wie es das Gericht in Randnummer 17 des angefochtenen Beschlusses getan hat, dass die von einer natürlichen oder juristischen Person gegen eine Verordnung erhobene Nichtigkeitsklage nur dann zuläsig ist, wenn die angefochtene Verordnung in Wirklichkeit eine Entscheidung ist, die den Kläger unmittelbar und individuell betrifft. Der Gerichtshof hat in diesem Zusammenhang erläutert, dass das Kriterium für die Unterscheidung zwischen Verordnung und Entscheidung darin zu sehen ist, ob die fragliche Maßnahme allgemeine Geltung hat und sich diese allgemeine Geltung aus der Tatsache ableiten lässt, dass dieser Akt für objektiv bestimmte Situationen gilt und gegenüber allgemein und abstrakt bezeichneten Personengruppen Rechtswirkungen entfaltet (vgl. insbesondere Urteile des Gerichtshofes vom 6. Oktober 1982 in der Rechtssache 307/81, Alusuisse Italia/Rat und Kommission, Slg. 1982, S. 3463, Randnrn. 8 und 9, und Beschluss vom 26. Oktober 2000 in der Rechtssache C-447/98 P, Molkerei Großbraunshain und Bene Nahrungsmittel/Kommission, Slg. 2000, I-9097, Randnr. 67).

25 Im vorliegenden Fall stellt Artikel 2 der Verordnung Nr. 2613/97 unzweifelhaft eine Maßnahme allgemeiner Geltung dar. Mit der Regelung, dass die in Artikel 1 dieser Verordnung und Artikel 46 der Verordnung Nr. 1785/81 vorgesehenen Beihilfen ab dem Wirtschaftsjahr 2001/02 aufgehoben werden, hat der Rat eine Maßnahme erlassen, die für objektiv bestimmte Situationen gilt und gegenüber allgemein und abstrakt bezeichneten Personengruppen Rechtswirkungen entfaltet. Eine solche Maßnahme betrifft nämlich nicht nur die Mitgliedstaaten und die Zuckerrübenerzeuger, sondern, soweit es sich um Spanien und Süditalien handelt, auch die in Artikel 46 Absätze 2 Buchstabe c, 3 und 6 der Verordnung Nr. 1785/81 genannten, Rübenzucker erzeugenden Unternehmen.

26 Das Gericht ist demnach zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass die angefochtene Maßnahme Verordnungscharakter hat.

27 Bezüglich des zweiten Rechtsmittelgrundes der Rechtsmittelführerinnen ist darauf hinzuweisen, wie es das Gericht in Randnummer 19 des angefochtenen Beschlusses getan hat, dass eine Norm, die auf alle betroffenen Wirtschaftsteilnehmer Anwendung findet, unter bestimmten Umständen einige der beteiligten Wirtschaftsteilnehmer individuell betreffen kann. Ein solcher Fall liegt insbesondere vor, wenn die fragliche Vorschrift eine bestimmte natürliche oder juristische Person wegen bestimmter persönlicher Eigenschaften oder wegen besonderer, sie aus dem Kreis aller übrigen Personen heraushebender Umstände berührt (Urteile vom 16. Mai 1991 in der Rechtssache C-358/89, Extramet Industrie/Rat, Slg. 1991, I-2501, Randnr. 13, und vom 18. Mai 1994 in der Rechtssache C-309/89, Codorniu/Rat, Slg. 1994, I-1853, Randnrn. 19 und 20).

28 In diesem Zusammenhang werfen die Rechtsmittelführerinnen dem Gericht insbesondere vor, die Bestimmungen des Artikels 173 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 230 EG) falsch ausgelegt zu haben, indem es sich geweigert habe, anzuerkennen, dass sie im vorliegenden Fall durch Artikel 2 der Verordnung Nr. 2613/97 individuell betroffen gewesen seien. Sie behaupten, dass die Industrieunternehmen durch die Aufhebung der in dieser Bestimmung vorgesehenen Beihilfen noch stärker geschädigt würden als die Zuckerrübenerzeuger. Zum einen könne wegen der agro-industriellen Verflechtung nämlich kein Zuckererzeuger ohne eine die notwendige Zuckerrübenzufuhr sichernde regionale landwirtschaftliche Produktion überleben. Zum anderen gefährde die Aufhebungsmaßnahme durch ihre direkte Sperrwirkung für die Beihilfengewährung nur für die Zuckerfabriken der Rechtsmittelführerinnen die Durchführung der Pläne für die industrielle Umstrukturierung in Süditalien.

29 Es ist jedoch festzustellen, dass die Tatsache, dass die Rechtsmittelführerinnen bei Inkrafttreten der Verordnung Nr. 2613/97, was die Rübenzuckererzeuger der Region Süditalien angeht, deren einzige konkrete Adressaten waren, als solche nicht ausreicht, um sie als durch diese Verordnung individuell betroffen anzusehen. Nach ständiger Rechtsprechung verliert nämlich ein Rechtsakt seine allgemeine Geltung und damit seinen Normcharakter nicht dadurch, dass sich die Rechtssubjekte, auf die er zu einem bestimmten Zeitpunkt Anwendung findet, der Zahl oder sogar der Identität nach mehr oder weniger genau bestimmen lassen, solange feststeht, dass diese Anwendung aufgrund einer objektiven rechtlichen oder tatsächlichen Situation erfolgt, die in dem Rechtsakt im Zusammenhang mit seiner Zielsetzung umschrieben ist (vgl. Urteile des Gerichtshofes vom 29. Juni 1993 in der Rechtssache C-298/89, Gibraltar/Rat, Slg. 1993, I-3605, Randnr. 17, und Codorniu/Rat, Randnr. 18).

30 Die Aufhebung der Beihilfen gemäß Artikel 2 der Verordnung Nr. 2613/97 gilt aber allgemein und für einen unbestimmten Zeitraum für jeden betroffenen Wirtschaftsteilnehmer, d. h. für die Zuckerrübenerzeuger und die Rübenzuckererzeuger in der Region Süditalien und in Spanien.

31 Auch die Tatsache, dass die Rechtsmittelführerinnen während der dem Wirtschaftsjahr 2001/02 vorangegangenen Wirtschaftsjahre gemäß Artikel 46 Absätze 2 und 3 der Verordnung Nr. 1785/81 Beihilfen erhalten haben, ist für ihre Individualisierung unerheblich. Zum einen war nämlich der mögliche Vorteil der genannten Beihilfen ausdrücklich auf die Wirtschaftsjahre 1995/96 bis 2000/01 beschränkt und endete daher mit dem letztgenannten Wirtschaftsjahr. Zum anderen gilt die Aufhebung solcher Beihilfen unterschiedslos für alle derzeitigen und zukünftigen Erzeuger der Region Süditalien.

32 Aus diesen Erwägungen folgt, daß die Verordnung Nr. 2613/97 die Rechtsmittelführerinnen nicht individuell betrifft.

33 Demnach ist das Gericht, ungeachtet des in Randnummer 19 des vorliegenden Urteils angesprochenen Umstands, dass es sich in dem angefochtenen Beschluss auf die Prüfung der Situation der Zuckerrübenerzeuger beschränkt hat, zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass die Klage unzulässig ist.

34 Unter diesen Umständen ist das Rechtsmittel als unbegründet zurückzuweisen.

Kostenentscheidung:

Kosten

35 Nach Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung, der gemäß Artikel 118 auf das Rechtsmittelverfahren entsprechende Anwendung findet, ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da der Rat die Verurteilung der Rechtsmittelführerinnen beantragt hat und diese mit ihrem Vorbringen unterlegen sind, sind ihnen die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1. Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.

2. Die Sadam Zuccherifici, divisione della SECI - Società Esercizi Commerciali Industriali SpA, die Sadam Castiglionese SpA, die Sadam Abruzzo SpA, die Zuccherifici del Molise SpA und die Società Fondiaria Industriale Romagnola SpA (SFIR) tragen die Kosten des Verfahrens.

Ende der Entscheidung

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