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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 21.06.2007
Aktenzeichen: C-424/05 P
Rechtsgebiete: Statuts der Beamten der Europäischen Gemeinschaften, Satzung des Gerichtshofs


Vorschriften:

Statuts der Beamten der Europäischen Gemeinschaften Art. 69
Statuts der Beamten der Europäischen Gemeinschaften Anhang VII Art. 4 Abs. 1
Satzung des Gerichtshofs Art. 56
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Dritte Kammer)

21. Juni 2007

"Rechtsmittel - Dienstbezüge - Auslandszulage - Voraussetzung nach Art. 4 Abs. 1 Buchst. a des Anhangs VII des Statuts - Begriff 'Dienst für einen anderen Staat'"

Parteien:

In der Rechtssache C-424/05 P

betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs, eingelegt am 29. November 2005,

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch H. Kraemer und M. Velardo als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Rechtsmittelführerin,

andere Verfahrensbeteiligte:

Sonja Hosman-Chevalier, Prozessbevollmächtigte: J.-R. García-Gallardo Gil-Fournier, A. Sayagués Torres und D. Dominguez Pérez, abogados,

Klägerin im ersten Rechtszug,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Rosas sowie der Richter A. Tizzano, J. Malenovský (Berichterstatter), U. Lõhmus und A. Ó Caoimh,

Generalanwalt: P. Mengozzi,

Kanzler: B. Fülöp, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 13. September 2006,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 15. März 2007

folgendes

Urteil

Entscheidungsgründe:

1 Mit ihrem Rechtsmittel beantragt die Kommission der Europäischen Gemeinschaften die Aufhebung des Urteils des Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften vom 13. September 2005, Hosman-Chevalier/Kommission (T-72/04, Slg. 2005, II-3265, im Folgenden: angefochtenes Urteil), mit dem das Gericht die Entscheidungen der Kommission vom 8. April und vom 29. Oktober 2003 aufgehoben hat, soweit Frau Hosman-Chevalier damit die Auslandszulage und die Einrichtungsbeihilfe versagt werden.

Rechtlicher Rahmen

2 Nach Art. 69 des Statuts der Beamten der Europäischen Gemeinschaften (im Folgenden: Statut) in der auf den vorliegenden Fall anwendbaren Fassung beträgt die Auslandszulage 16 v. H. des Gesamtbetrags des Grundgehalts sowie der dem Beamten zustehenden Haushaltszulage und der ihm zustehenden Zulage für unterhaltsberechtigte Kinder.

3 Art. 4 Abs. 1 des Anhangs VII des Statuts sieht vor, dass die Auslandszulage gewährt wird:

"a) Beamten, die

- die Staatsangehörigkeit des Staates, in dessen Hoheitsgebiet sie ihre Tätigkeit ausüben, nicht besitzen und nicht besessen haben und

- während eines sechs Monate vor ihrem Dienstantritt ablaufenden Zeitraums von fünf Jahren in dem europäischen Hoheitsgebiet des genannten Staates weder ihre ständige hauptberufliche Tätigkeit ausgeübt noch ihren ständigen Wohnsitz gehabt haben. Bei Anwendung dieser Vorschrift bleibt die Lage unberücksichtigt, die sich aus dem Dienst für einen anderen Staat oder eine internationale Organisation ergibt.

b) Beamten, die die Staatsangehörigkeit des Staates, in dessen Hoheitsgebiet sie ihre Tätigkeit ausüben, besitzen oder besessen haben, jedoch während eines bei ihrem Dienstantritt ablaufenden Zeitraums von zehn Jahren aus einem anderen Grund als der Ausübung einer Tätigkeit in einer Dienststelle eines Staates oder in einer internationalen Organisation ihren ständigen Wohnsitz nicht in dem europäischen Hoheitsgebiet des genannten Staates hatten.

..."

Vorgeschichte des Rechtsstreits

4 Das Gericht hat den dem Rechtsstreit zugrunde liegenden Sachverhalt in den Randnrn. 4 bis 10 des angefochtenen Urteils zusammengefasst:

"4 Die Klägerin, eine österreichische Staatsangehörige, studierte und arbeitete bis zum 14. Mai 1995 in Österreich. Vom 15. Mai 1995 bis zum 17. März 1996 arbeitete sie in Belgien für das Verbindungsbüro des Landes Tirol in Brüssel.

5 Vom 18. März 1996 bis zum 15. November 2002 war die Klägerin Mitglied des Personals der Ständigen Vertretung der Republik Österreich bei der Europäischen Union in Brüssel. In dieser Eigenschaft war sie zunächst für die Verbindungsstelle der Bundesländer (im Folgenden: Verbindungsstelle) und dann für den Österreichischen Gewerkschaftsbund (im Folgenden: Gewerkschaftsbund) tätig.

6 Am 16. November 2002 trat die Klägerin als Beamtin in den Dienst der Kommission. Als Bezugszeitraum, der für die Gewährung der Auslandszulage maßgebliche Fünfjahreszeitraum im Sinne von Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe a zweiter Gedankenstrich des Anhangs VII des Statuts, wurde die Zeit vom 16. Mai 1997 bis zum 15. Mai 2002 festgelegt.

7 Mit Vermerk vom 8. April 2003 teilte die Generaldirektion (GD) Verwaltung und Personal der Kommission der Klägerin mit, dass ihr die Auslandszulage nicht gewährt werden könne.

8 Am 7. Juli 2003 legte die Klägerin gegen diesen Vermerk vom 8. April 2003 Beschwerde im Sinne von Artikel 90 Absatz 2 des Statuts ein. Mit E-Mail vom 14. August 2003 und Telefax vom 11. September 2003 übermittelte sie zwei Zusätze zu dieser Beschwerde.

9 Mit Vermerk vom 29. Oktober 2003, von dem die Klägerin am 3. November 2003 Kenntnis erlangte, wies die Anstellungsbehörde die Beschwerde der Klägerin zurück.

10 Aus dieser Entscheidung geht hervor, dass die Auslandszulage und die damit verbundenen Vergütungen der Klägerin hauptsächlich deshalb versagt werden, weil die beruflichen Tätigkeiten, denen sie während des Bezugszeitraums in Brüssel nachgegangen sei, nicht als Dienst für einen anderen Staat im Sinne der Ausnahme des Artikels 4 Absatz 1 Buchstabe a des Anhangs VII des Statuts angesehen werden könnten. Die Verbindungsstelle sei zwar in den Räumen der Ständigen Vertretung der Republik Österreich eingerichtet, stelle aber eine selbständige gesonderte Einheit dar, die von den Ländern getragen werde und damit betraut sei, deren Interessen, nicht die des Bundes wahrzunehmen. Hinsichtlich des Gewerkschaftsbunds ergebe sich aus den von der Klägerin übermittelten Unterlagen, insbesondere ihrem Arbeitsvertrag, kein Hinweis auf irgendeine Verbindung mit der Republik Österreich, weshalb auch die für den Gewerkschaftsbund erbrachte Arbeit nicht als Dienst für diesen Staat angesehen werden könne."

Verfahren vor dem Gericht und angefochtenes Urteil

5 Frau Hosman-Chevalier erhob mit Klageschrift, die am 20. Februar 2004 bei der Kanzlei des Gerichts einging, Klage auf Aufhebung der Entscheidung der Kommission vom 29. Oktober 2003, mit der ihr die Auslandszulage und die damit verbundenen Zulagen versagt worden waren.

6 In dem angefochtenen Urteil befand das Gericht, dass die Klage nicht nur auf Aufhebung der Entscheidung der Kommission vom 29. Oktober 2003, sondern auch auf Aufhebung derjenigen vom 8. April 2003 gerichtet sei. Diese Entscheidungen wurden vom Gericht aufgehoben.

7 Das Gericht erachtete nämlich den zweiten Klagegrund, mit dem Frau Hosman-Chevalier eine Verletzung von Art. 4 Abs. 1 Buchst. a des Anhangs VII des Statuts rügte, für begründet.

8 Nach Auffassung des Gerichts war zu untersuchen, ob der Dienst, den Frau Hosman-Chevalier während des Bezugszeitraums in der Ständigen Vertretung der Republik Österreich geleistet hatte, als Dienst für einen Staat im Sinne von Art. 4 Abs. 1 Buchst. a des Anhangs VII des Statuts anzusehen sei. Dazu hat das Gericht ausgeführt, der in diesem Artikel verwendete Begriff "Staat" meine nur den Staat als juristische Person und einheitliches Völkerrechtssubjekt sowie seine Regierungsorgane.

9 Das Gericht hat es zunächst in Randnr. 30 des angefochtenen Urteils als unstreitig bezeichnet, dass der für eine Einrichtung wie die Ständige Vertretung eines Mitgliedstaats bei der Europäischen Union oder die Botschaften eines Staates geleistete Dienst als Dienst für einen Staat im Sinne von Art. 4 Abs. 1 Buchst. a des Anhangs VII des Statuts gelte.

10 In den Randnrn. 31 bis 36 des angefochtenen Urteils hat das Gericht mehrere Unterlagen angeführt, aufgrund deren es festgestellt hat, dass Frau Hosman-Chevalier Mitglied des Personals der Ständigen Vertretung der Republik Österreich gewesen sei, dem Botschafter, dem Ständigen Vertreter der Republik Österreich bei der Europäischen Union, unterstanden habe und den gleichen Status wie die anderen in dieser Vertretung diensttuenden Beamten gehabt habe.

11 Daraus hat das Gericht gefolgert, dass der von Frau Hosman-Chevalier während des gesamten Bezugszeitraums für die Ständige Vertretung der Republik Österreich geleistete Dienst als Dienst für diesen Staat anzusehen sei.

12 In den Randnrn. 38 bis 41 des angefochtenen Urteils hat das Gericht das Vorbringen der Kommission zurückgewiesen, Frau Hosman-Chevalier habe zwar in dieser Vertretung gearbeitet, ihren Dienst aber nicht für diesen Mitgliedstaat, sondern für die Verbindungsstelle und den Gewerkschaftsbund geleistet, deren Aufgabe es nicht sei, die Interessen des Staates zu vertreten.

13 In Randnr. 42 des angefochtenen Urteils hat das Gericht vielmehr festgestellt, dass eine Person bereits dann in vollem Umfang von der Ausnahmebestimmung des Art. 4 Abs. 1 Buchst. a des Anhangs VII des Statuts erfasst werde, wenn sie ihre berufliche Tätigkeit für eine Einrichtung ausgeübt habe, die, wie eine ständige Vertretung, Teil des Staates im genannten Sinne sei, gleich, welche besonderen, spezifischen Funktionen sie in dieser Einrichtung ausübe. Andernfalls müssten die Aufgaben und Funktionen eingehend aus der Sicht des innerstaatlichen Rechts geprüft werden, was dem Erfordernis der einheitlichen Anwendung des Gemeinschaftsrechts und dem Gleichheitssatz zuwiderliefe. Zudem sei es ausschließlich Sache jedes Mitgliedstaats, seine Dienststellen so zu organisieren, wie er dies für angemessen halte, und damit festzulegen, welche Zielsetzungen und Funktionen er seinen Beamten und Beschäftigten zuweise.

14 Das Gericht ist daher zu dem Schluss gelangt, dass Frau Hosman-Chevalier die in Art. 4 Abs. 1 Buchst. a des Anhangs VII des Statuts vorgesehenen Voraussetzungen erfülle und damit Anspruch auf die Auslandszulage habe.

15 In Randnr. 51 des angefochtenen Urteils hat das Gericht befunden, dass Frau Hosman-Chevalier Anspruch auf die Einrichtungsbeihilfe habe, da die in Art. 5 Abs. 1 des Anhangs VII des Statuts vorgesehene Einrichtungsbeihilfe einem Beamten zustehe, der die Voraussetzungen für die Zahlung der Auslandszulage erfülle. Dagegen hat ihr das Gericht den Anspruch auf Tagegeld aus den in Randnr. 52 genannten Gründen nicht zuerkannt.

Verfahren vor dem Gerichtshof

16 Die Kommission beantragt mit dem vorliegenden Rechtsmittel,

- das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache an das Gericht zurückzuverweisen;

- Frau Hosman-Chevalier die Kosten einschließlich ihrer eigenen Kosten im Verfahren vor dem Gericht aufzuerlegen.

17 Frau Hosman-Chevalier beantragt,

- das Rechtsmittel als offensichtlich unzulässig, hilfsweise als unbegründet zurückzuweisen;

- der Kommission die Kosten beider Rechtszüge aufzuerlegen.

Zum Rechtsmittel

Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

18 Die Kommission wirft dem Gericht mit ihrem einzigen Rechtsmittelgrund vor, die Bestimmungen des Art. 4 Abs. 1 Buchst. a des Anhangs VII des Statuts über die Gewährung der Auslandszulage rechtsfehlerhaft angewandt zu haben, indem es den dort verwendeten Begriff "Dienst für einen anderen Staat" falsch ausgelegt habe.

19 Aus mehreren der in den Randnrn. 31 bis 36 und 42 des angefochtenen Urteils berücksichtigten tatsächlichen Umstände ergebe sich, dass das Gericht das in diesen Bestimmungen genannte Merkmal des Dienstes für einen anderen Staat zu Unrecht schon dann als erfüllt angesehen habe, wenn die betreffende Person in den funktionalen und/oder organisatorischen Zusammenhang einer Einrichtung dieses Staates, wie einer Ständigen Vertretung bei der Europäischen Union, integriert sei.

20 Dieses Merkmal sei im Gegenteil dahin auszulegen, dass eine unmittelbare rechtliche Beziehung zwischen der betreffenden Person und dem fraglichen Staat bestehen müsse, für die die bloße Integration dieser Person in den genannten Zusammenhang nicht ausreiche.

21 Die in Art. 4 Abs. 1 Buchst. a zweiter Gedankenstrich zweiter Satz des Anhangs VII des Statuts vorgesehene Abweichung, wonach die betreffenden Beamten Anspruch auf die Auslandszulage hätten, sei dadurch gerechtfertigt, dass bei diesen nicht davon auszugehen sei, dass sie ein dauerhaftes Band zum Dienstland geknüpft hätten (Urteil vom 2. Mai 1985, De Angelis/Kommission, 246/83, Slg. 1985, 1253, Randnr. 13). Diese ratio legis setze gerade voraus, dass die betreffende Person unmittelbar in einer dienstrechtlichen oder vertraglichen Beziehung mit einem anderen Staat oder einer internationalen Organisation gestanden habe. Denn nur aufgrund einer solchen Beziehung könne der andere Staat oder die internationale Organisation dazu berechtigt sein, diese Person anzuweisen, während einer bestimmten Zeitspanne im Gebiet des Staates, in dem der Ort ihrer späteren dienstlichen Verwendung (im Folgenden: Dienstland) als Beamter der Europäischen Gemeinschaften liege, Dienst zu tun.

22 Die Kommission erinnert daran, dass Art. 4 Abs. 1 Buchst. a zweiter Gedankenstrich zweiter Satz des Anhangs VII des Statuts als Ausnahme von den Voraussetzungen für die Gewährung der Auslandszulage eng auszulegen sei. Außerdem sei eine solche Auslegung auch deshalb geboten, weil es sich um eine Bestimmung handele, die die Gewährung einer finanziellen Vergünstigung regele (vgl. Urteile des Gerichtshofs vom 6. Mai 1982, BayWa u. a., 146/81, 192/81 und 193/81, Slg. 1982, 1503, Randnr. 10, sowie des Gerichts vom 8. März 1990, Schwedler/Parlament, T-41/89, Slg. 1990, II-79, Randnr. 23, im Rechtsmittelverfahren bestätigt durch Urteil des Gerichtshofs vom 28. November 1991, Schwedler/Parlament, C-132/90 P, Slg. 1991, I-5745).

23 Im Übrigen weiche das Gericht mit seiner Auslegung von Art. 4 Abs. 1 Buchst. a zweiter Gedankenstrich zweiter Satz des Anhangs VII des Statuts in den Randnrn. 31 bis 36 und 42 des angefochtenen Urteils von seiner eigenen Rechtsprechung ab, wonach eine unmittelbare rechtliche Beziehung zu dem fraglichen Staat bestehen müsse (vgl. Urteile des Gerichts vom 30. Juni 2005, Olesen/Kommission, T-190/03, Slg. ÖD 2005, I-A-181 und II-805, Randnrn. 49 bis 51, vom 25. Oktober 2005, Salvador García/Kommission, T-205/02, Slg. ÖD 2005, I-A-285 und II-1311, Randnr. 55, Salazar Brier/Kommission, T-83/03, Slg. ÖD 2005, I-A-311 und II-1407, Randnr. 45, Herrero Romeu/Kommission, T-298/02, Slg. 2005, II-4599, und Slg. ÖD, I-A-295 und II-1349, Randnr. 41, sowie De Bustamante Tello/Rat, T-368/03, Slg. ÖD 2005, I-A-321 und II-1439, Randnr. 42).

24 Außerdem habe das Gericht in seiner Rechtsprechung zu dem in der genannten Bestimmung vorgesehenen Merkmal auch im Hinblick auf den "Dienst für ... eine internationale Organisation" eine unmittelbare rechtliche Beziehung mit der fraglichen internationalen Organisation verlangt (vgl. Urteile des Gerichts vom 22. März 1995, Lo Giudice/Parlament, T-43/93, Slg. ÖD 1995, I-A-57 und II-189, Randnr. 36, sowie vom 11. September 2002, Nevin/Kommission, T-127/00, Slg. ÖD 2002, I-A-149 und II-781, Randnr. 51). Es sei jedoch inkohärent und sogar willkürlich, eine solche rechtliche Beziehung für den einen Teil der Ausnahme zu verlangen, für den anderen aber nicht.

25 Das Gericht habe es versäumt, zu prüfen, ob zwischen Frau Hosman-Chevalier und der Republik Österreich eine unmittelbare rechtliche Beziehung bestanden habe. Im vorliegenden Fall habe eine solche Beziehung nicht bestanden, da die Betreffende während des Bezugszeitraums nacheinander von der Verbindungsstelle und vom Gewerkschaftsbund angestellt gewesen sei.

26 Frau Hosman-Chevalier beantragt, das Rechtsmittel als offensichtlich unzulässig zurückzuweisen, weil die Kommission in Wirklichkeit eine neue Tatsachenwürdigung durch den Gerichtshof anstrebe.

27 Zur Begründetheit trägt Frau Hosman-Chevalier vor, die Vorgehensweise des Gerichts, bei der Prüfung des Bestehens einer rechtlichen Beziehung zwischen der betreffenden Person und dem Staat nicht zu verlangen, dass diese Beziehung unmittelbar sein müsse, entspreche dem Gemeinschaftsrecht.

28 Sobald die Arbeit für eine ständige Vertretung wie die hier fragliche als Arbeit für einen Staat betrachtet werde, sei die Frage der rechtlichen Beziehung zwischen ihr und dem Staat positiv geklärt.

29 Die Rechtsprechung des Gerichts sei in dieser Hinsicht nicht formalistisch, und das Bestehen einer solchen Beziehung setze nicht strikt oder ausnahmslos ein "rechtliches" Abhängigkeitsverhältnis voraus. Diese Beziehung könne anhand der Umstände jedes Einzelfalls festgestellt werden. Da aus den Akten hervorgegangen sei, dass Frau Hosman-Chevalier dem Personal der Ständigen Vertretung der Republik Österreich angehört habe, sei es im vorliegenden Fall nicht zweckdienlich gewesen, die Prüfung fortzusetzen oder ausdrücklich festzustellen, dass eine rechtliche oder wie immer sonst geartete Beziehung bestanden habe.

Würdigung durch den Gerichtshof

Zur Zulässigkeit

30 Gemäß Art. 225 Abs. 1 EG und Art. 58 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs kann das Rechtsmittel nur auf Gründe gestützt werden, mit denen die Verletzung von Rechtsvorschriften gerügt wird, nicht aber solche, die die Würdigung von Tatsachen betreffen.

31 Nach diesen Bestimmungen ist allein das Gericht zuständig für die Feststellung der Tatsachen - sofern sich nicht aus den Prozessakten ergibt, dass seine Feststellungen tatsächlich falsch sind - und für ihre Würdigung. Hat das Gericht die Tatsachen festgestellt oder gewürdigt, ist der Gerichtshof gemäß Art. 225 EG zur Kontrolle der rechtlichen Qualifizierung dieser Tatsachen und der Rechtsfolgen, die das Gericht daraus gezogen hat, befugt (vgl. insbesondere Urteile vom 16. März 2000, Parlament/Bieber, C-284/98 P, Slg. 2000, I-1527, Randnr. 31, und vom 27. November 2001, Z/Parlament, C-270/99 P, Slg. 2001, I-9197, Randnr. 37).

32 Es ist festzustellen, dass die Kommission nicht bestreitet, dass Frau Hosman-Chevalier während des gesamten Bezugszeitraums Mitglied des Personals der Ständigen Vertretung der Republik Österreich war. Die Kommission stützt ihr Rechtsmittel lediglich darauf, dass diese Tatsache für einen Anspruch der Betreffenden auf Zahlung der Auslandszulage nicht ausreiche, da es an einer unmittelbaren rechtlichen Beziehung zwischen ihr und der Republik Österreich fehle.

33 Somit betrifft das Rechtsmittel der Kommission entgegen dem Vorbringen von Frau Hosman-Chevalier nicht die Beurteilung der Tatsachen, sondern deren rechtliche Qualifizierung. Die von Frau Hosman-Chevalier erhobene Unzulässigkeitseinrede ist daher zurückzuweisen.

Zur Begründetheit

34 Für die Prüfung des von der Kommission geltend gemachten Rechtsmittelgrundes ist der Begriff "Dienst für einen anderen Staat" im Rahmen der mit Art. 4 Abs. 1 Buchst. a des Anhangs VII des Statuts getroffenen Gesamtregelung der Gewährung der Auslandszulage zu würdigen, zu der dieser Begriff gehört.

35 Nach ständiger Rechtsprechung soll die Auslandszulage die besonderen Belastungen und Nachteile ausgleichen, die der Dienstantritt bei den Gemeinschaften für die Beamten mit sich bringt, die hierdurch gezwungen sind, von ihrem Wohnland in das Dienstland umzuziehen und sich in eine neue Umgebung zu integrieren. Ob die Voraussetzungen für die Gewährung der Auslandszulage vorliegen, hängt außerdem auch von der subjektiven Situation des Beamten ab, nämlich vom Grad seiner Integration in seine neue Umgebung, wie er sich beispielsweise aus seinem ständigen Wohnsitz oder der Ausübung einer ständigen hauptberuflichen Tätigkeit ergibt (vgl. Urteile vom 10. Oktober 1989, Atala-Palmerini/Kommission, 201/88, Slg. 1989, 3109, Randnr. 9, und vom 15. September 1994, Magdalena Fernández/Kommission, C-452/93 P, Slg. 1994, I-4295, Randnr. 20).

36 Durch die Gewährung der Auslandszulage sollen somit die faktischen Ungleichheiten ausgeglichen werden, die zwischen Beamten, die in die Gesellschaft des Dienstlands integriert sind, und solchen, bei denen dies nicht der Fall ist, bestehen.

37 Aus Art. 4 Abs. 1 Buchst. a zweiter Gedankenstrich zweiter Satz des Anhangs VII des Statuts geht hervor, dass der Gemeinschaftsgesetzgeber zwingend davon ausgegangen ist, dass sich auch ein Beamter in diesem Sinne im Ausland befindet, der zwar während eines sechs Monate vor seinem Dienstantritt ablaufenden Zeitraums von fünf Jahren im europäischen Hoheitsgebiet des Staates, in dem er seine Tätigkeit ausübt, eine ständige hauptberufliche Tätigkeit ausgeübt oder seinen ständigen Wohnsitz gehabt hat, dies aber im Dienst für einen anderen Staat oder eine internationale Organisation getan hat.

38 Der Gemeinschaftsgesetzgeber hat damit vermutet, dass die Ausübung dieses Dienstes zur Folge hat, dass das spezifische Band des Betreffenden zu diesem anderen Staat oder dieser internationalen Organisation bestehen bleibt und so verhindert, dass ein dauerhaftes Band zum Dienstland geknüpft wird und es zu einer hinreichenden Integration des Betreffenden in die Gesellschaft des Dienstlands kommt (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 15. Januar 1981, Vutera/Kommission, 1322/79, Slg. 1981, 127, Randnr. 8, und De Angelis/Kommission, oben angeführt in Randnr. 13).

39 Im Dienstland des betreffenden Beamten sind die anderen Staaten durch Botschaften oder diplomatische Missionen sowie durch ständige Vertretungen bei den internationalen Organisationen vertreten, wie sich aus den Regeln des Völkergewohnheitsrechts ergibt, die insbesondere durch das Wiener Übereinkommen vom 18. April 1961 über diplomatische Beziehungen und die Wiener Konvention vom 14. März 1975 über die Vertretung der Staaten in ihren Beziehungen zu internationalen Organisationen universellen Charakters kodifiziert wurden.

40 Folglich muss der Begriff "Staat" im Sinne von Art. 4 Abs. 1 Buchst. a zweiter Gedankenstrich zweiter Satz des Anhangs VII des Statuts die ständige Vertretung eines Mitgliedstaats bei der Europäischen Union einschließen, was im Rahmen des Rechtsmittels auch nicht in Frage gestellt worden ist.

41 Daher ist für das Personal einer solchen ständigen Vertretung, einschließlich des Verwaltungs- und technischen Personals, davon auszugehen, dass es aufgrund seiner Zugehörigkeit zu den Strukturen dieser Vertretung im Dienst des betreffenden Mitgliedstaats steht und sich damit im Sinne von Art. 4 Abs. 1 Buchst. a zweiter Gedankenstrich zweiter Satz des Anhangs VII des Statuts im Ausland befindet.

42 Im vorliegenden Fall steht nach der Feststellung des Gerichts fest, dass Frau Hosman-Chevalier, obwohl sie nicht von der österreichischen Zentralverwaltung angestellt war, Mitglied des Personals der Ständigen Vertretung der Republik Österreich war, deren Botschafter unterstand und den gleichen Status wie die anderen in dieser Vertretung diensttuenden Beamten hatte. Wie ebenfalls aus dem angefochtenen Urteil hervorgeht, kamen ihr in dieser Eigenschaft bestimmte Vorrechte und Befreiungen zugute, nämlich u. a. die Befreiung von den regionalen Steuern auf Grundstücke. Unter diesen Umständen ist Frau Hosman-Chevalier als Person anzusehen, die Dienst für den österreichischen Staat getan hat.

43 Dieser besondere, in der vorstehenden Randnummer beschriebene Status von Frau Hosman-Chevalier begründete ihr spezifisches Band zur Republik Österreich. Dieses Band als solches hinderte sie daran, ein dauerhaftes Band zum Dienstland zu knüpfen und sich somit hinreichend in dessen Gesellschaft zu integrieren.

44 Somit hat es das Gericht in Anbetracht der ratio legis von Art. 4 Abs. 1 Buchst. a zweiter Gedankenstrich zweiter Satz des Anhangs VII des Statuts in Randnr. 42 des angefochtenen Urteils für den Anspruch auf die Auslandszulage zu Recht als ausreichend angesehen, dass Frau Hosman-Chevalier ihre berufliche Tätigkeit für die Ständige Vertretung der Republik Österreich ausübte, gleich, welche besonderen, spezifischen Funktionen sie in dieser Einrichtung ausübte.

45 Das Vorbringen der Kommission, der Anspruch auf Auslandszulage setze das Bestehen einer unmittelbaren rechtlichen Beziehung zwischen der betreffenden Person und dem fraglichen Staat voraus, entbehrt daher jeder Grundlage.

46 Eine solche Auslegung steht im Übrigen im Einklang mit der Autonomie, die die Mitgliedstaaten bei der internen Organisation ihrer ständigen Vertretungen haben müssen. Wie der Generalanwalt in Nr. 89 seiner Schlussanträge hervorgehoben hat, ist es Sache des Mitgliedstaats, zu bestimmen, welche Einrichtungen der Ständigen Vertretung angehören sollen und welche öffentlichen Interessen die verschiedenen Stellen, die in der Ständigen Vertretung präsent sind, in den Beziehungen zu den Gemeinschaftsorganen wahrzunehmen haben.

47 Nach alledem ist festzustellen, dass das Gericht in Randnr. 47 des angefochtenen Urteils rechtsfehlerfrei zu dem Ergebnis gelangt ist, dass die Entscheidungen der Kommission vom 8. April und vom 29. Oktober 2003, soweit Frau Hosman-Chevalier damit die Auslandszulage und die Einrichtungsbeihilfe versagt werden, aufzuheben waren.

48 Aus all diesen Erwägungen ergibt sich, dass das Rechtsmittel der Kommission als unbegründet zurückzuweisen ist.

Kostenentscheidung:

Kosten

49 Nach Art. 69 § 2 der Verfahrensordnung, der gemäß Art. 118 der Verfahrensordnung auf das Rechtsmittelverfahren entsprechende Anwendung findet, ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da Frau Hosman-Chevalier die Verurteilung der Kommission beantragt hat und diese mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, sind ihr die Kosten aufzuerlegen.

Tenor:

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Dritte Kammer) für Recht erkannt und entschieden:

1. Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.

2. Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften trägt die Kosten.



Ende der Entscheidung

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