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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 11.11.2004
Aktenzeichen: C-425/02
Rechtsgebiete: Richtlinie 77/187/EWG des Rates vom 14. Februar 1977 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Betriebsteilen, Gesetz vom 24. Mai 1989 über den Arbeitsvertrag (Luxemburg)


Vorschriften:

Richtlinie 77/187/EWG des Rates vom 14. Februar 1977 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Betriebsteilen Art. 1 Abs. 1
Richtlinie 77/187/EWG des Rates vom 14. Februar 1977 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Betriebsteilen Art. 2
Richtlinie 77/187/EWG des Rates vom 14. Februar 1977 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Betriebsteilen Art. 3
Richtlinie 77/187/EWG des Rates vom 14. Februar 1977 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Betriebsteilen Art. 4
Gesetz vom 24. Mai 1989 über den Arbeitsvertrag (Luxemburg) Art. 36
Gesetz vom 24. Mai 1989 über den Arbeitsvertrag (Luxemburg) Art. 37
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

Urteil des Gerichtshofes (Zweite Kammer) vom 11. November 2004. - Johanna Maria Delahaye, verheiratete Boor gegen Ministre de la Fonction publique et de la Réforme administrative. - Ersuchen um Vorabentscheidung: Cour administrative - Luxemburg. - Wahrung der Ansprüche der Arbeitnehmer bei Unternehmensübergang auf den Staat Möglichkeit für den Staat, die Vorschriften des öffentlichen Rechts anzuwenden - Kürzung der Vergütung. - Rechtssache C-425/02.

Parteien:

In der Rechtssache C-425/02

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Artikel 234 EG, eingereicht von der Cour administrative (Luxemburg) mit Entscheidung vom 21. November 2002, beim Gerichtshof eingegangen am 25. November 2002, in dem Verfahren

Johanna Maria Delahaye, verheiratete Boor ,

gegen

Ministre de la Fonction publique et de la Réforme administrative

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten C. W. A. Timmermans sowie des Richters C. Gulmann und der Richterin N. Colneric (Berichterstatterin),

Generalanwalt: P. Léger,

Kanzler: M. Múgica Arzamendi, Hauptverwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom

6. Mai 2004,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

- von Frau Johanna Maria Delahaye, verheiratete Boor, vertreten durch R. Assa und N. Prüm-Carré, avocats,

- der luxemburgischen Regierung, vertreten durch S. Schreiner als Bevollmächtigten im Beistand von A. Rukavina, avocat,

- der italienischen Regierung, vertreten durch I. M. Braguglia und D. Del Gaizo als Bevollmächtigte im Beistand von A. Gingolo, avvocato dello Stato,

- der portugiesischen Regierung, vertreten durch L. Inez Fernandes und M. A. Seiça Neves als Bevollmächtigte,

- der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch A. Aresu und D. Martin als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom

17. Juni 2004,

folgendes

Urteil

Entscheidungsgründe:

1. Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft im Wesentlichen die Auslegung der Richtlinie 77/187/EWG des Rates vom 14. Februar 1977 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Betriebsteilen (ABl. L 61, S. 26).

2. Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Frau Delahaye, verheiratete Boor, und dem Ministre de la Fonction publique et de la Réforme administrative wegen der Weigerung des Ministers, die Vergütung aus dem Arbeitsvertrag, der ursprünglich zwischen Frau Delahaye und der Foprogest ASBL (Vereinigung ohne Gewinnerzielungsabsicht) (im Folgenden: Foprogest), einer juristischen Person des Privatrechts, geschlossen worden war, aufrechtzuerhalten, nachdem das Unternehmen von Foprogest auf den luxemburgischen Staat übergegangen war.

Rechtlicher Rahmen

Gemeinschaftsregelung

3. Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 77/187 lautet:

Diese Richtlinie ist auf den Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Betriebsteilen auf einen anderen Inhaber durch vertragliche Übertragung oder durch Verschmelzung anwendbar.

4. Artikel 2 der Richtlinie bestimmt:

Im Sinne dieser Richtlinie gelten folgende Begriffsbestimmungen:

...

b) Erwerber ist jede natürliche oder juristische Person, die aufgrund eines Übergangs im Sinne des Artikels 1 Absatz 1 als Inhaber in das Unternehmen, den Betrieb oder Betriebsteil eintritt.

...

5. Artikel 3 Absätze 1 und 2 dieser Richtlinie sieht vor:

(1) Die Rechte und Pflichten des Veräußerers aus einem zum Zeitpunkt des Übergangs im Sinne des Artikels 1 Absatz 1 bestehenden Arbeitsvertrag oder Arbeitsverhältnis gehen aufgrund des Übergangs auf den Erwerber über.

...

(2) Nach dem Übergang im Sinne des Artikels 1 Absatz 1 erhält der Erwerber die in einem Kollektivvertrag vereinbarten Arbeitsbedingungen bis zu der Kündigung oder dem Ablauf des Kollektivvertrags bzw. bis zum Inkrafttreten oder bis zu der Anwendung eines anderen Kollektivvertrags in dem gleichen Maße aufrecht, wie sie in dem Kollektivvertrag für den Veräußerer vorgesehen waren.

Die Mitgliedstaaten können den Zeitraum der Aufrechterhaltung der Arbeitsbedingungen begrenzen, sofern dieser nicht weniger als ein Jahr beträgt.

6. Artikel 4 der Richtlinie bestimmt:

(1) Der Übergang eines Unternehmens, Betriebes oder Betriebsteils stellt als solcher für den Veräußerer oder den Erwerber keinen Grund zur Kündigung dar. Diese Bestimmung steht etwaigen Kündigungen aus wirtschaftlichen, technischen oder organisatorischen Gründen, die Änderungen im Bereich der Beschäftigung mit sich bringen, nicht entgegen.

...

(2) Kommt es zu einer Beendigung des Arbeitsvertrags oder Arbeitsverhältnisses, weil der Übergang im Sinne des Artikels 1 Absatz 1 eine wesentliche Änderung der Arbeitsbedingungen zum Nachteil des Arbeitnehmers zur Folge hat, so ist davon auszugehen, dass die Beendigung des Arbeitsvertrags oder Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber erfolgt ist.

7. Die Richtlinie 77/187 ist durch die Richtlinie 98/50/EG des Rates vom 29. Juni 1998 (ABl. L 201, S. 88) geändert worden, deren Umsetzungsfrist nach ihrem Artikel 2 am 17. Juli 2001 ablief.

8. Die Richtlinie 2001/23/EG des Rates vom 12. März 2001 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Unternehmens- oder Betriebsteilen (ABl. L 82, S. 16) hat die Richtlinie 77/187 unter Berücksichtigung der durch die Richtlinie 98/50 vorgenommenen Änderungen kodifiziert.

Nationale Regelung

9. Artikel 36 des Gesetzes vom 24. Mai 1989 über den Arbeitsvertrag (Mémorial A 1989, S. 611, im Folgenden: Gesetz vom 24. Mai 1989) bestimmt:

(1) Tritt in der Situation des Arbeitgebers insbesondere durch Erbfall, Veräußerung, Verschmelzung, Vermögensumwandlung oder Vergesellschaftung eine Änderung ein, so bleiben alle am Tag der Änderung laufenden Arbeitsverträge zwischen dem neuen Arbeitgeber und den Beschäftigten des Unternehmens bestehen.

(2) Der Übergang des Unternehmens insbesondere durch vertragliche Übertragung oder durch Verschmelzung stellt als solcher für den Veräußerer oder den Erwerber keinen Grund zur Kündigung dar.

Kommt es zu einer Beendigung des Arbeitsvertrags, weil der Übergang eine wesentliche Änderung der Arbeitsbedingungen zum Nachteil des Arbeitnehmers zur Folge hat, so ist davon auszugehen, dass die Beendigung des Arbeitsvertrags durch den Arbeitgeber erfolgt ist.

...

10. Artikel 37 des Gesetzes sieht vor:

Jede Änderung zu Ungunsten des Arbeitnehmers in Bezug auf eine wesentliche Bestimmung des Arbeitsvertrags muss, soll sie nicht nichtig sein, den Arbeitnehmern unter Beachtung der Formen und Fristen im Sinne der Artikel 19 und 20 angezeigt werden und das Datum angeben, an dem sie wirksam wird. In diesem Fall kann der Arbeitnehmer den Arbeitgeber nach den Gründen für die Änderung fragen, und der Arbeitgeber ist gehalten, diese Gründe unter Beachtung der in Artikel 22 vorgesehenen Formen und Fristen anzugeben.

...

Die Beendigung des Arbeitsvertrags, die sich aus der Weigerung des Arbeitnehmers ergibt, die ihm angezeigte Änderung zu akzeptieren, stellt eine Kündigung durch den Arbeitgeber dar, gegen die der in Artikel 28 genannte Rechtsbehelf gegeben ist.

11. Die Modalitäten und Beträge der Vergütung der Bediensteten des luxemburgischen Staates werden durch großherzogliche Verordnung festgelegt.

Ausgangsrechtsstreit

12. Frau Delahaye, verheiratete Boor, war bei Foprogest beschäftigt. Ihre Vergütung war nicht in einem Kollektivvertrag geregelt.

13. Der Zweck von Foprogest bestand u. a. in der Förderung und Durchführung von Fortbildungsmaßnahmen, durch die die soziale und berufliche Situation von Arbeitsuchenden und Arbeitslosen verbessert werden sollte, um ihre berufliche Eingliederung oder Wiedereingliederung zu ermöglichen. Die Mittel dieser Vereinigung stammten im Wesentlichen aus Zuschüssen, Spenden und Vermächtnissen.

14. Die Tätigkeit von Foprogest wurde auf den luxemburgischen Staat, und zwar auf den Ministre de l'Éducation nationale, de la Formation professionnelle et des Sports, übertragen. Die damit übernommene Tätigkeit wird nunmehr in Form eines öffentlichen Verwaltungsdienstes ausgeübt.

15. Mit Wirkung vom 1. Januar 2000 wurde Frau Delahaye als Angestellte des luxemburgischen Staates eingestellt. Auch andere, zuvor bei Foprogest beschäftigte Arbeitnehmer wurden vom Staat übernommen. Dieser Vorgang führte zum Abschluss neuer Arbeitsverträge zwischen dem Staat und den betroffenen Arbeitnehmern. Unter diesen Umständen schloss Frau Delahaye am 22. Dezember 1999 mit dem betreffenden Minister einen Vertrag auf unbestimmte Dauer.

16. Nach der großherzoglichen Verordnung über die Vergütung der staatlichen Angestellten bezog Frau Delahaye seither eine geringere Vergütung, als sie nach dem ursprünglich mit Foprogest geschlossenen Vertrag erhalten hatte.

17. Sie hat in der mündlichen Verhandlung, ohne dass ihr die luxemburgische Regierung widersprochen hätte, vorgetragen, dass sie vom luxemburgischen Staat ohne Berücksichtigung ihres Dienstalters in die letzte Gehaltsstufe der untersten Tarifklasse der Vergütungstabelle eingestuft worden sei, was dazu geführt habe, dass sie 37 % ihres Monatsgehalts eingebüßt habe.

18. Die Parteien des Ausgangsverfahrens streiten im Wesentlichen darüber, ob der Staat gehalten ist, nach der fraglichen Übertragung alle Rechte des Personals, die sich aus dem Arbeitsvertrag zwischen den Arbeitnehmern und dem Veräußerer ergeben, und insbesondere auch den Vergütungsanspruch aufrechtzuerhalten.

Vorlagefrage

19. Das vorlegende Gericht bemerkt, dass die Parteien übereinstimmend einen Unternehmensübergang im Sinne von Artikel 36 des Gesetzes vom 24. Mai 1989 für gegeben hielten, eine Beurteilung, die von ihm geteilt werde.

20. Das Gericht weist das Argument des Beklagten des Ausgangsverfahrens ausdrücklich zurück, wonach in Zweifel gezogen werden könne, dass man es mit einer wirtschaftlichen Tätigkeit zu tun habe, da es sich um eine Tätigkeit zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit handele, die zur Ausübung hoheitlicher Gewalt gehören könne. Insoweit verweist das Gericht auf die Urteile des Gerichtshofes vom 19. Mai 1992 in der Rechtssache C29/91 (Redmond Stichting, Slg. 1992, I3189, zur Hilfe für Drogenabhängige), vom 10. Dezember 1998 in den Rechtssachen C173/96 und C247/96 (Hidalgo u. a., Slg. 1998, I8237, zur häuslichen Hilfe) und vom 26. September 2000 in der Rechtssache C175/99 (Mayeur, Slg. 2000, I7755).

21. Unter Bezugnahme auf diese Rechtsprechung stellt das Gericht fest, dass im Ausgangsverfahren ein Unternehmensübergang im Sinne der Gemeinschaftsregelung stattgefunden habe.

22. Nach Ansicht des Gerichts ist in Anbetracht des in der Berufungsinstanz noch verbleibenden Streitgegenstands zunächst die Frage zu prüfen, ob nach Artikel 36 des Gesetzes vom 24. Mai 1989, der im Licht der Gemeinschaftsbestimmungen und insbesondere der in die Richtlinie 2001/23 aufgenommenen Richtlinien 77/187 und 98/50 anzuwenden sei, der Übergang der Rechte und Pflichten des Personals bei einem Unternehmensübergang auf den öffentlichen Sektor nur, wie es im angefochtenen Urteil heiße, innerhalb der Grenzen seiner Vereinbarkeit mit den Vorschriften des öffentlichen Rechts erfolgen könne. Es handele sich mit anderen Worten darum, ob der Staat als Erwerber die Bestimmungen des zuvor geschlossenen Arbeitsvertrags durch die für seine Bediensteten geltenden Vergütungsregelungen ersetzen könne.

23. Das vorlegende Gericht weist zum einen darauf hin, dass nach der Gemeinschaftsregelung grundsätzlich bei einem Unternehmensübergang die Rechte und Pflichten des Veräußerers - hier von Foprogest - aufgrund dieses Übergangs auf den Erwerber - hier auf den luxemburgischen Staat - übergingen. Außerdem bestimme Artikel 36 des Gesetzes vom 24. Mai 1989, dass in diesem Fall alle laufenden Arbeitsverträge zwischen dem neuen Arbeitgeber und den Arbeitnehmern des Unternehmens bestehen blieben.

24. Zum anderen erinnert das Gericht daran, dass nach Artikel 4 Absatz 2 der Richtlinie 77/187, der wörtlich in Artikel 36 Absatz 2 Unterabsatz 2 des Gesetzes vom 24. Mai 1989 übernommen worden sei, dann, wenn es zu einer Beendigung des Arbeitsvertrags komme, weil der Übergang eine wesentliche Änderung der Arbeitsbedingungen zum Nachteil des Arbeitnehmers zur Folge habe, davon auszugehen sei, dass die Beendigung des Arbeitsvertrags durch den Arbeitgeber erfolgt sei.

25. Nach Auffassung des Gerichts lässt Artikel 4 Absatz 2 der Richtlinie, auch wenn er im Kontext einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses stehe, doch notwendigerweise auf die Möglichkeit einer Änderung der Situation der Arbeitnehmer aufgrund des Übergangs schließen.

26. Daher sei noch zu klären, ob der luxemburgische Staat als Erwerber den anlässlich des Übergangs übernommenen Arbeitnehmern unter dem Zwang seiner innerstaatlichen Regelung und des öffentlichen Rechts eine Umgestaltung ihrer Gehaltssituation auferlegen könne, die gegebenenfalls auf Initiative des Arbeitnehmers zur Einleitung eines Verfahrens zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses unter den Bedingungen des Artikels 4 Absatz 2 der Richtlinie 77/187 führen könne, oder ob vielmehr der Grundsatz des Fortbestands des Vertrages den Staat verpflichte, ungeachtet seiner eigenen Regelung die Vergütung aus dem ursprünglichen Vertrag beizubehalten.

27. Unter diesen Umständen hat die Cour administrative beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen:

Kann angesichts der Bestimmungen der oben genannten Richtlinien 77/187/EWG, 98/50/EG und 2001/23/EG im Fall eines Unternehmensübergangs von einer Vereinigung ohne Gewinnerzielungsabsicht, einer juristischen Person des Privatrechts, auf den Staat diesem als Erwerber erlaubt werden, die Übernahme der Rechte und Pflichten des Veräußerers nur insoweit stattfinden zu lassen, als diese mit seinen eigenen öffentlich-rechtlichen Vorschriften insbesondere auch auf dem Gebiet der Vergütung, auf dem die Modalitäten und Beträge durch großherzogliche Verordnung festgelegt werden, vereinbar sind, wobei sich im Übrigen aus dem Status eines öffentlichen Angestellten für die betreffenden Bediensteten gesetzliche Vorteile u. a. in Bezug auf die Laufbahnentwicklung und die Stabilität des Arbeitsplatzes ergeben und die betreffenden Bediensteten im Fall einer Meinungsverschiedenheit über die wesentlichen Änderungen des Arbeitsverhältnisses im Sinne von Artikel 4 Absatz 2 der Richtlinien das Recht behalten, die Beendigung dieses Arbeitsverhältnisses nach den in dieser Bestimmung festgelegten Modalitäten zu verlangen?

Zur Vorlagefrage

28. Aus den vom Generalanwalt in Nummer 27 seiner Schlussanträge dargelegten Gründen sind die Richtlinien 98/50 und 2001/23 nicht auf den Ausgangsrechtsstreit anwendbar. Folglich kommt es nur auf die Auslegung der Richtlinie 77/187 an.

29. Mit seiner Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob die letztgenannte Richtlinie es ausschließt, dass im Fall des Unternehmensübergangs von einer juristischen Person des Privatrechts auf den Staat dieser als neuer Arbeitgeber eine Kürzung der Vergütung der betroffenen Arbeitnehmer vornimmt, um den geltenden nationalen Vorschriften bezüglich der öffentlichen Angestellten nachzukommen.

30. Insoweit ist daran zu erinnern, dass nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes die Übertragung einer wirtschaftlichen Tätigkeit von einer juristischen Person des Privatrechts auf eine juristische Person des öffentlichen Rechts grundsätzlich in den Anwendungsbereich der Richtlinie 77/187 fällt. Nur die strukturelle Neuordnung der öffentlichen Verwaltung oder die Übertragung von Verwaltungsaufgaben von einer öffentlichen Verwaltung auf eine andere ist davon ausgenommen (Urteile vom 15. Oktober 1996 in der Rechtssache C-298/94, Henke, Slg. 1996, I-4989, Randnr. 14, und Mayeur, Randnrn. 29 bis 34).

31. Nach Artikel 3 Absatz 1 der Richtlinie 77/187 gehen die Rechte und Pflichten des Veräußerers aus einem Arbeitsvertrag oder Arbeitsverhältnis aufgrund des Unternehmensübergangs auf den Erwerber über.

32. Da die Richtlinie 77/187 nur auf eine teilweise Harmonisierung des fraglichen Gebietes abzielt (vgl. u. a. Urteile vom 10. Februar 1988 in der Rechtssache 324/86, Tellerup/Daddy's Dance Hall, Slg. 1988, 739, Randnr. 16, und vom 6. November 2003 in der Rechtssache C-4/01, Martin u. a., Slg. 2003, I0000, Randnr. 41), steht sie im Fall der Übertragung einer Tätigkeit auf eine juristische Person des öffentlichen Rechts nicht der Anwendung des nationalen Rechts entgegen, das die Beendigung der privatrechtlichen Arbeitsverträge vorsieht (vgl. in diesem Sinne Urteil Mayeur, Randnr. 56). Eine solche Beendigung ist jedoch nach Artikel 4 Absatz 2 der Richtlinie 77/187 als eine wesentliche Änderung der Arbeitsbedingungen zum Nachteil des Arbeitnehmers anzusehen, die sich unmittelbar aus dem Übergang ergibt, so dass davon auszugehen ist, dass in einem solchen Fall die Beendigung dieser Arbeitsverträge durch den Arbeitgeber erfolgt ist (vgl. Urteil Mayeur, Randnr. 56).

33. Das Gleiche gilt dann, wenn die Anwendung der nationalen Vorschriften, die die Situation der staatlichen Angestellten regeln, wie im Ausgangsverfahren, eine Kürzung der Vergütung der von dem Übergang betroffenen Arbeitnehmer mit sich bringt. Eine solche Kürzung ist, wenn sie wesentlich ist, als wesentliche Änderung der Arbeitsbedingungen zum Nachteil der fraglichen Arbeitnehmer im Sinne von Artikel 4 Absatz 2 der Richtlinie anzusehen.

34. Außerdem sind die zuständigen Behörden, die das nationale Recht der öffentlichen Angestellten anzuwenden und auszulegen haben, verpflichtet, dies so weit wie möglich im Licht der Zielsetzung der Richtlinie 77/187 zu tun. Es verstieße gegen den Geist dieser Richtlinie, wenn der vom Veräußerer übernommene Angestellte in der Weise behandelt würde, dass seinem Dienstalter nicht Rechnung getragen wird, soweit die nationalen Vorschriften, die die Situation der staatlichen Angestellten regeln, das Dienstalter des staatlichen Angestellten bei der Berechnung seiner Vergütung berücksichtigen.

35. Folglich ist auf die Vorlagefrage zu antworten, dass die Richtlinie 77/187 dahin auszulegen ist, dass sie es grundsätzlich nicht ausschließt, dass im Fall des Unternehmensübergangs von einer juristischen Person des Privatrechts auf den Staat dieser als neuer Arbeitgeber eine Kürzung der Vergütung der betroffenen Arbeitnehmer vornimmt, um den geltenden nationalen Vorschriften bezüglich der öffentlichen Angestellten nachzukommen. Die zuständigen Behörden, die diese Vorschriften anzuwenden und auszulegen haben, sind jedoch verpflichtet, dies so weit wie möglich im Licht der Zielsetzung dieser Richtlinie zu tun, indem sie insbesondere dem Dienstalter des Arbeitnehmers Rechnung tragen, soweit die nationalen Vorschriften, die die Situation der staatlichen Angestellten regeln, das Dienstalter des staatlichen Angestellten bei der Berechnung seiner Vergütung berücksichtigen. Falls diese Berechnung zu einer wesentlichen Kürzung der Vergütung des Betroffenen führt, stellt eine solche Kürzung eine wesentliche Änderung der Arbeitsbedingungen zum Nachteil der von dem Übergang betroffenen Arbeitnehmer dar, so dass nach Artikel 4 Absatz 2 der Richtlinie 77/187 davon auszugehen ist, dass die Beendigung ihres Arbeitsvertrags aus diesem Grund durch den Arbeitgeber erfolgt ist.

Kostenentscheidung:

Kosten

36. Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Tenor:

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Zweite Kammer) für Recht erkannt:

Die Richtlinie 77/187/EWG des Rates vom 14. Februar 1977 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Betriebsteilen ist dahin auszulegen, dass sie es grundsätzlich nicht ausschließt, dass im Fall des Unternehmensübergangs von einer juristischen Person des Privatrechts auf den Staat dieser als neuer Arbeitgeber eine Kürzung der Vergütung der betroffenen Arbeitnehmer vornimmt, um den geltenden nationalen Vorschriften bezüglich der öffentlichen Angestellten nachzukommen. Die zuständigen Behörden, die diese Vorschriften anzuwenden und auszulegen haben, sind jedoch verpflichtet, dies so weit wie möglich im Licht der Zielsetzung dieser Richtlinie zu tun, indem sie insbesondere dem Dienstalter des Arbeitnehmers Rechnung tragen, soweit die nationalen Vorschriften, die die Situation der staatlichen Angestellten regeln, das Dienstalter des staatlichen Angestellten bei der Berechnung seiner Vergütung berücksichtigen. Falls diese Berechnung zu einer wesentlichen Kürzung der Vergütung des Betroffenen führt, stellt eine solche Kürzung eine wesentliche Änderung der Arbeitsbedingungen zum Nachteil der von dem Übergang betroffenen Arbeitnehmer dar, so dass nach Artikel 4 Absatz 2 der Richtlinie 77/187 davon auszugehen ist, dass die Beendigung ihres Arbeitsvertrags aus diesem Grund durch den Arbeitgeber erfolgt ist.

Ende der Entscheidung

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