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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 12.07.1990
Aktenzeichen: C-43/89
Rechtsgebiete: EWG-Vertrag


Vorschriften:

EWG-Vertrag Art. 177
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

Ein Gerät, dessen Funktion es ist, dekodierte Computerdaten, die hauptsächlich aus einem Zentralcomputer stammen, in lesbare Schriftzeichen umzusetzen und auf Mikrofilm oder Mikrofiche zu übertragen, stellt eine der Einheiten einer automatischen Datenverarbeitungsmaschine dar und ist gemäß der Vorschrift 3 Teil B zu Kapitel 84 des Gemeinsamen Zolltarifs in die Tarifstelle 84.53 B des Gemeinsamen Zolltarifs einzureihen.


URTEIL DES GERICHTSHOFES (VIERTE KAMMER) VOM 12. JULI 1990. - GERLACH & CO BV GEGEN INSPECTEUR DER INVOERRECHTEN EN ACCIJNZEN. - ERSUCHEN UM VORABENTSCHEIDUNG: TARIEFCOMMISSIE - NIEDERLANDE. - GEMEINSAMER ZOLLTARIF - GERAET ZUR UMSETZUNG VON COMPUTERDATEN AUF MICROFILM. - RECHTSSACHE C-43/89.

Entscheidungsgründe:

Urteil

1 Die Tariefcommissie hat mit Entscheidung vom 12. Dezember 1988, beim Gerichtshof eingegangen am 20. Februar 1989, gemäß Artikel 177 EWG-Vertrag eine Frage nach der Auslegung einiger Bestimmungen des Gemeinsamen Zolltarifs ( GZT ) in der Fassung der Verordnung ( EWG ) Nr. 3400/84 des Rates vom 27. November 1984 ( ABl. L 320, S. 1 ) sowie der Verordnung ( EWG ) Nr. 551/81 der Kommission vom 25. Februar 1981 über die Einreihung von Waren in die Tarifstelle 90.07 A des Gemeinsamen Zolltarifs ( ABl. L 56, S. 20 ) zur Vorabentscheidung vorgelegt.

2 Diese Frage stellt sich in einem Rechtsstreit zwischen dem niederländischen Unternehmen Gerlach & Co. BV ( hiernach : Klägerin ) und dem Inspecteur der invoerrechten en accijnzen ( hiernach : Beklagter ) über die Tarifierung eines Geräts mit Ursprung in den Vereinigten Staaten mit der Bezeichnung "COM-Recorder Aris II", das die Klägerin im Jahre 1983 in die Niederlanden eingeführt hatte.

3 Nach Ansicht der Klägerin war das fragliche Gerät in die Tarifstelle 84.53 B des GZT ( automatische Datenverarbeitungsmaschinen ), hilfsweise in die Tarifstelle 84.54 B ( andere Büromaschinen und -apparate ) einzureihen. Der Beklagte, der sich an die Verordnung Nr. 551/81 der Kommission gebunden glaubte, wies das Gerät jedoch der Tarifstelle 90.07 A des GZT ( Fotoapparate ) zu.

4 Die Klägerin erhob gegen diese Entscheidung Klage vor der Tariefcommissie, die das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt hat :

In welche Tarifnummer ( Tarifstelle ) des Gemeinsamen Zolltarifs ist der - in der Darstellung des Sachverhalts beschriebene - COM-Recorder einzureihen?

5 Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts des Ausgangsverfahrens, der einschlägigen Gemeinschaftsbestimmungen und der beim Gerichtshof eingereichten Erklärungen wird auf den Sitzungsbericht verwiesen. Der Akteninhalt wird im folgenden nur insoweit wiedergegeben, als die Begründung des Urteils dies erfordert.

6 Mit seiner Frage möchte das vorlegende Gericht im wesentlichen wissen, ob ein Gerät wie der COM-Recorder Aris II, dessen Funktion es ist, dekodierte Computerdaten, die hauptsächlich aus einem Zentralcomputer stammen, in lesbare Schriftzeichen umzusetzen und auf Mikrofilm oder Mikrofiche zu übertragen, unter die Verordnung Nr. 551/81 der Kommission fällt und demzufolge in die Tarifstelle 90.07 A des GZT einzureihen ist, oder ob es der Tarifstelle 84.53 B zuzuweisen ist.

7 Nach der Beschreibung in der Vorlageentscheidung besteht das betreffende Gerät aus folgenden Teilen : einer Kontrolleinheit, einem Mikrocomputer, einem Akustik-Modem, zwei Diskettenlaufwerken, einer Kontrolltafel, einem Filmhalter, einer Kamera, einer Linse, einer Dia-Einrichtung, einem optischen Lasersystem, einer Entwicklungseinheit und einer Tastatur/Printer. Seine vollständige Bezeichnung lautet wie folgt :

"ARIS II Recorder 220 V, 50 Hz

Controller

plus 42 X lens/Software/KSR/Cables

1600/6250 ( STC ) Tape Drive-Standalone ".

8 Aus den Akten geht hervor, daß die Funktion des betreffenden Geräts die Umsetzung dekodierter Computerdaten in lesbare Form und deren Übertragung auf Mikrofilm oder Mikrofiche ist. Das Gerät enthält eine mit einem Laserdrucker vergleichbare Einrichtung, die vom Zentralcomputer stammende Daten in lesbare Schriftzeichen umsetzt, und eine Einrichtung, das Mikrofilmteil, in der die durch Laser erzeugten Zeichen mittels eines Fotoapparats auf Film übertragen werden. Anschließend wird der Film entwickelt und auf Mikrofiche übertragen. Der Wert des optischen Systems ist, verglichen mit dem Wert des gesamten Geräts, minimal.

9 Das betreffende Gerät ist speziell dafür entwickelt worden, um direkt an einen Computer zum Datenempfang angeschlossen zu werden. Es kann jedoch auch ausserhalb der zentralen Verarbeitungseinheit Daten von Magnetbändern empfangen; dabei muß es aber an den Zentralcomputer angeschlossen bleiben, da es nicht selbständig funktioniert.

10 Aus den Akten geht ebenfalls hervor, daß das betreffende Gerät in den Mitgliedstaaten verschieden tarifiert wird. Die englischen und die deutschen Zollbehörden reihen das Gerät in die Tarifstelle 84.53 B des GZT ein, während die französischen, die belgischen und die niederländischen Behörden mit der Begründung, das fragliche Gerät ähnele dem in der Verordnung Nr. 551/81 genannten Gerät, der Ansicht sind, es sei in die Tarifstelle 90.07 A des GZT einzureihen, die wie folgt lautet :

"Photoapparate; Blitzlichtgeräte und -vorrichtungen für photographische Zwecke sowie Photoblitzlampen ( andere als Entladungslampen der Tarifnr. 85.20 ):

A. Photoapparate

... "

Zur Verordnung Nr. 551/81

11 Die Verordnung Nr. 551/81 betrifft, was immer sich darüber hinaus zu ihr anmerken ließe, jedenfalls nur Geräte, deren charakterbestimmender Bestandteil im Sinne der Allgemeinen Tarifierungsvorschrift 3 b zum Schema des GZT in ihrer fotografischen Einrichtung liegt. Aus der Vorlageentscheidung sowie den Verfahrensakten geht aber hervor, daß die dem Gerichtshof zur Vorabentscheidung vorgelegte Frage Geräte wie den COM-Recorder Aris II betrifft, deren charakterbestimmender Bestandteil nicht ihre fotografische Einrichtung ist. Die Verordnung Nr. 551/81 der Kommission ist daher für die Tarifierung von Geräten der im Ausgangsverfahren streitigen Art nicht einschlägig.

Zur Tarifstelle 84.53 B des GZT

12 Aus der Vorlageentscheidung ergibt sich, daß das vorlegende Gericht dazu neigt, solche Geräte in die Tarifstelle 84.53 B einzureihen. Die Klägerin und die Kommission teilen diese Ansicht.

13 Die Tarifnummer 84.53 lautet wie folgt :

"Automatische Datenverarbeitungsmaschinen und ihre Einheiten; magnetische oder optische Schriftleser, Maschinen zum Aufzeichnen von Daten auf Datenträger in Form eines Codes und Maschinen zum Verarbeiten dieser Daten, anderweit weder genannt noch inbegriffen :

A. automatische Datenverarbeitungsmaschinen und ihre Einheiten, für zivile Luftfahrzeuge

B. andere."

14 In Vorschrift 3 Teil B zu Kapitel 84 des GZT heisst es :

"Automatische Datenverarbeitungsmaschinen können in Form von Systemen vorkommen, die aus einer veränderlichen Anzahl von bestimmten, jeweils in einem eigenen Gehäuse untergebrachten Einheiten bestehen. Eine Einheit wird dann als zu einem vollständigen System gehörender Teil angesehen, wenn sie alle folgenden Voraussetzungen erfuellt :

a ) an die Zentraleinheit... angeschlossen werden kann;

b ) ihrer Beschaffenheit nach als Teil für ein solches System bestimmt ist...

Solche Einheiten sind auch dann der Tarifnr. 84.53 zuzuweisen, wenn sie gesondert gestellt werden."

15 Ausserdem heisst es in den Erläuterungen zur Nomenklatur des Rates für die Zusammenarbeit auf dem Gebiete des Zollwesens bezueglich Tarifnummer 84.53 des GZT :

"Digitale Datenverarbeitungsmaschinen bestehen meistens aus mehreren aneinander angeschlossenen Einheiten, die jeweils in einem eigenen Gehäuse untergebracht sind. Sie bilden dann ein System.

Ein vollständiges digitales Datenverarbeitungssystem muß mindestens umfassen :

1 ) eine Zentraleinheit...

2 ) eine Eingabeeinheit...

3 ) eine Ausgabeeinheit, welche die von der Maschine gelieferten Signale in eine verständliche Form ( z.B. in geschriebene Texte oder in Graphiken oder Bildschirmanzeigen ) umwandelt oder in codierte Daten für andere Verwendungszwecke ( z.B. für die Verarbeitung oder die Steuerung )."

16 Es ist festzustellen, daß ein Gerät wie das in der Vorlageentscheidung beschriebene eine Ausgabeeinheit im Sinne der obigen Erläuterungen darstellt und Teil des vollständigen Systems ist, aus dem eine automatische Datenverarbeitungsmaschine besteht. Ein solches Gerät kann nämlich an die Zentraleinheit angeschlossen werden und ist seiner Beschaffenheit nach als Teil für dieses Systems bestimmt. Auch wenn es gesondert gestellt wird, fällt es aufgrund der oben angeführten Vorschrift 3 Teil B demnach gleichwohl unter Tarifnummer 84.53.

17 Nach alledem ist auf die Frage des vorlegenden Gerichts zu antworten, daß der Gemeinsame Zolltarif dahin auszulegen ist, daß ein Gerät wie der COM-Recorder Aris II, dessen Funktion es ist, dekodierte Computerdaten, die hauptsächlich aus einem Zentralcomputer stammen, in lesbare Schriftzeichen umzusetzen und auf Mikrofilm oder Mikrofiche zu übertragen, eine der Einheiten einer automatischen Datenverarbeitungsmaschine darstellt und in die Tarifstelle 84.53 B des Gemeinsamen Zolltarifs einzureihen ist.

Kostenentscheidung:

Kosten

18 Die Auslagen der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, die Erklärungen vor dem Gerichtshof abgegeben hat, sind nicht erstattungsfähig. Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF ( Vierte Kammer )

auf die ihm von der Tariefcommissie mit Entscheidung vom 12. Dezember 1988 vorgelegte Frage für Recht erkannt :

Der Gemeinsame Zolltarif ist dahin auszulegen, daß ein Gerät wie der COM-Recorder Aris II, dessen Funktion es ist, dekodierte Computerdaten, die hauptsächlich aus einem Zentralcomputer stammen, in lesbare Schriftzeichen umzusetzen und auf Mikrofilm oder Mikrofiche zu übertragen, eine der Einheiten einer automatischen Datenverarbeitungsmaschine darstellt und in die Tarifstelle 84.53 B des Gemeinsamen Zolltarifs einzureihen ist.

Ende der Entscheidung

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