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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 21.10.1999
Aktenzeichen: C-44/97
Rechtsgebiete: EAGFL, Entscheidung 96/701/EG


Vorschriften:

EAGFL
Entscheidung 96/701/EG
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

1 In dem besonderen Zusammenhang der Ausarbeitung der Entscheidungen über den Rechnungsabschluß für die vom EAGFL finanzierten Ausgaben ist die Begründung einer Entscheidung, soweit darin die Übernahme eines Teiles der gemeldeten Ausgaben zu Lasten des EAGFL abgelehnt wird, dann als ausreichend anzusehen, wenn der Mitgliedstaat, der Adressat dieser Entscheidung ist, an dem Verfahren ihrer Ausarbeitung unmittelbar beteiligt war und die Gründe kannte, aus denen die Kommission meinte, den streitigen Betrag nicht zu Lasten des EAGFL übernehmen zu müssen.

2 Es ist Sache eines Mitgliedstaats, nachzuweisen, daß die Voraussetzungen für eine von der Kommission abgelehnte Finanzierung vorliegen, wenn die Kommission die Übernahme bestimmter Ausgaben zu Lasten des EAGFL mit der Begründung verweigert, daß sie durch diesem Staat vorzuwerfende Verletzungen des Gemeinschaftsrechts veranlasst worden seien. Die Kommission ist nicht verpflichtet, die Unrichtigkeit der von den Mitgliedstaaten übermittelten Angaben umfassend darzulegen, sondern braucht nur glaubhaft zu machen, daß an den von den nationalen Stellen mitgeteilten Zahlen berechtigte Zweifel bestehen. Diese Erleichterung der Beweislast der Kommission beruht darauf, daß der Mitgliedstaat am besten in der Lage ist, die für den Rechnungsabschluß des EAGFL erforderlichen Angaben beizubringen und nachzuprüfen, so daß es ihm obliegt, die Richtigkeit seiner Zahlen eingehend und vollständig nachzuweisen und so gegebenenfalls die Fehlerhaftigkeit der Berechnungen der Kommission darzutun. Im Fall einer Beanstandung ist es Sache der Kommission, das Vorliegen einer Verletzung der Regeln der gemeinsamen Organisation der Agrarmärkte nachzuweisen; hat sie diesen Nachweis erbracht, so hat der Mitgliedstaat gegebenenfalls darzulegen, daß der Kommission bezueglich der daraus zu ziehenden finanziellen Konsequenzen ein Irrtum unterlaufen ist.

3 In Artikel 8 Absatz 1 der Verordnung Nr. 729/70, der Ausdruck der den Mitgliedstaaten nach Artikel 5 EG-Vertrag (jetzt Artikel 10 EG) im Agrarbereich obliegenden Verpflichtungen ist, sind die Grundsätze niedergelegt, die die Gemeinschaft und die Mitgliedstaaten bei der Durchführung der aus Mitteln des EAGFL finanzierten gemeinschaftlichen Agrarinterventionsmaßnahmen sowie bei der Bekämpfung von betrügerischen Handlungen und Unregelmässigkeiten im Zusammenhang mit diesen Maßnahmen zu beachten haben. Er erlegt den Mitgliedstaaten die allgemeine Verpflichtung auf, die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um sich zu vergewissern, daß die durch den EAGFL finanzierten Vorhaben tatsächlich und ordnungsgemäß durchgeführt worden sind, auch wenn die spezifische Gemeinschaftshandlung nicht ausdrücklich den Erlaß dieser oder jener Kontrollmaßnahme vorsieht.


Urteil des Gerichtshofes (Sechste Kammer) vom 21. Oktober 1999. - Bundesrepublik Deutschland gegen Kommission der Europäischen Gemeinschaften. - Rechnungsabschluß - EAGFL - Nichtanerkennung von Ausgaben - Haushaltsjahre 1992 und 1993. - Rechtssache C-44/97.

Entscheidungsgründe:

1 Die Bundesrepublik Deutschland hat mit Klageschrift, die am 4. Februar 1997 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, gemäß Artikel 173 Absatz 1 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 230 Absatz 1 EG) die teilweise Nichtigerklärung der Entscheidung 96/701/EG der Kommission vom 20. November 1996 zur Änderung der Entscheidung 96/311/EG über den Rechnungsabschluß der Mitgliedstaaten für die vom Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft (EAGFL), Abteilung Garantie, im Haushaltsjahr 1992 und auch teilweise im Haushaltsjahr 1993 finanzierten Ausgaben (ABl. L 323, S.26; im folgenden: angefochtene Entscheidung), beantragt, soweit darin die Übernahme eines Betrages von 19 591 000 DM zu Lasten des EAGFL abgelehnt wird.

2 Ausweislich der Akten entspricht dieser Betrag einer pauschalen Berichtigung von 2 % der für das Haushaltsjahr 1992 im Zusammenhang mit der Anlieferung von Rindfleisch in die Intervention gemeldeten Gesamtausgaben. Die Kommission nahm diese pauschale Berichtigung gemäß ihren Leitlinien betreffend die pauschalen Berichtigungen für Mängel bei den von den Mitgliedstaaten durchgeführten Kontrollen vor, die in ihrer dem EAGFL-Ausschuß am 3. Juni 1993 übermittelten Entscheidung vom 31. Juli 1992 (Dok. Kom. [92] PV 1116) wiedergegeben sind.

3 Diese Leitlinien sehen je nach der Schwere der Kontrollmängel pauschale Berichtigungen von 2 %, 5 % oder 10 % vor. Die im vorliegenden Fall angewandte Berichtigung von 2 % erfolgt, wenn sich der Mangel auf weniger wichtige Teile des Kontrollsystems oder auf die Durchführung von Kontrollen bezieht, die für die Gewährleistung der Regelmässigkeit der Ausgabe nicht wesentlich sind, so daß der Schluß zulässig ist, daß die Gefahr eines Schadens zum Nachteil des EAGFL gering ist.

4 Die Kommission rechtfertigte diese pauschale Berichtigung mit Mängeln des deutschen Kontrollsystems, die sie bei Überprüfungen der An- und Verkaufsmaßnahmen sowie der Lagerhaltung von Interventions-Rindfleisch in den Jahren 1993 und 1994 sowohl bei der Bundesanstalt für landwirtschaftliche Marktordnung (BALM), der damaligen deutschen Interventionsstelle, als auch aufgrund der jährlichen Inventare der in Deutschland bestehenden 107 Kühlhäuser bemerkt habe.

5 Die Beanstandungen des deutschen Kontrollsystems durch die Kommission führten in den Jahren 1994 und 1995 zu Diskussionen mit den zuständigen deutschen Behörden. Dabei kam es wiederholt zu einem Meinungsaustausch und zu Gesprächen. Ein solches Gespräch fand auch am 20. Januar 1995 in den Räumen der BALM in Frankfurt statt. Diese Gespräche blieben jedoch ergebnislos.

6 Die Angelegenheit wurde auf Antrag der deutschen Regierung vor die Schlichtungsstelle gebracht, die durch die Entscheidung 94/442/EG der Kommission vom 1. Juli 1994 zur Schaffung eines Schlichtungsverfahrens im Rahmen des Rechnungsabschlusses des EAGFL - Abteilung Garantie (ABl. L 182, S. 45) geschaffen wurde. Die Schlichtungsstelle sah jedoch angesichts der fortbestehenden Meinungsverschiedenheiten zwischen den Parteien von einem Schlichtungsvotum ab und beschränkte sich in ihrem Abschlußbericht vom 29. März 1996 auf die Feststellung, daß sie keine Faktoren sehen könne, die eine geeignete Grundlage für eine Einigung zwischen den Parteien bilden könnten.

7 Die Kommission bemerkte in ihrem Zusammenfassenden Bericht über die Kontrollergebnisse für den Rechnungsabschluß des EAGFL, Abteilung Garantie, für das Haushaltsjahr 1992 sowie für bestimmte Ausgaben des Haushaltsjahres 1993 (Dok. VI/6355/95 vom 27. März 1996) sowie in dem Nachtrag zu diesem Bericht (Dok. VI/5112/96 vom 23. September 1996), sie habe in allen Stadien der Kontrolle, d. h. bei der Einlagerung, während der Lagerung und bei der Auslagerung des Interventions-Rindfleisches, Mängel festgestellt.

8 Diese Kontrollmängel bildeten einen Verstoß gegen Artikel 8 Absatz 1 der Verordnung (EWG) Nr. 729/70 des Rates vom 21. April 1970 über die Finanzierung der gemeinsamen Agrarpolitik (ABl. L 94, S. 13) und die Artikel 3 und 4 der Verordnung (EWG) Nr. 618/90 der Kommission vom 14. März 1990 mit Vorschriften zu Erstellung des Jahresinventars für die öffentlich gelagerten landwirtschaftlichen Erzeugnisse (ABl. L 67, S. 21).

9 Gestützt auf diese Bestimmungen erließ die Kommission die angefochtene Entscheidung.

10 Zur Begründung ihrer Klage wendet sich die deutsche Regierung zunächst gegen die Beanstandungen des deutschen Kontrollsystems insgesamt durch die Kommission und gegen die Richtigkeit der Feststellungen, zu denen diese gelangt ist. Sie prüft sodann nacheinander die von der Kommission erhobenen Beanstandungen der Kontrollen bei der Übernahme (Einlagerung), während der Lagerung und bei der Auslagerung.

Vorbemerkungen

11 Die deutsche Regierung rügt die von der Kommission vorgenommene pauschale Berichtigung von 2 % unter vier Gesichtspunkten.

12 Erstens seien die deutschen Kontrollen in den vorhergehenden Haushaltsjahren nach dem gleichen System durchgeführt worden, ohne daß die Kommission die getätigten Ausgaben Deutschland angelastet habe. Dies hindere die Kommission daran, in einem späteren Haushaltsjahr dieselben Mängel zu rügen, und bilde eine Bestätigung dafür, daß das deutsche Kontrollsystem keine Mängel aufweise.

13 Die Kommission räumt ein, daß sie in den Haushaltsjahren 1987 und 1988 davon abgesehen habe, der deutschen Regierung für diese Haushaltsjahre Beträge anzulasten, obwohl sie Mängel bei der Kontrolle der öffentlichen Lagerung des Interventions-Rindfleisches in Deutschland festgestellt und insoweit Empfehlungen an die deutschen Behörden gerichtet habe. Dieser Umstand hindere sie jedoch nicht daran, anläßlich späterer Überprüfungen des Kontrollsystems sowohl bereits festgestellte und noch nicht abgestellte Mängel als auch neu aufgetretene Mängel festzustellen und diese zu berücksichtigen, um entsprechende Anlastungen vorzunehmen.

14 Wenn die Kommission in einem Haushaltsjahr Mängel feststellt, aber daraus keine finanziellen Konsequenzen zieht, so kann ihr dies, wie der Generalanwalt in Nummer 21 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, vor allem dann nicht die Befugnis nehmen, dies in späteren Haushaltsjahren zu tun, wenn diese Mängel weiter bestehen. Auch erstmals festgestellte Mängel können berücksichtigt werden, um die Höhe der pauschalen Berichtigung zu ermitteln.

15 Zweitens beruft sich die deutsche Regierung auf bestimmte Ausführungen in den vorläufigen Schlußfolgerungen der Schlichtungsstelle vom 1. März 1996, die ihrem Abschlußbericht als Anlage beigefügt waren.

16 Diese Ausführungen sind in den Nummern 24, 26 und 28 der Schlussanträge des Generalanwalts wiedergegeben. Die Schlichtungsstelle ist nicht zu einer endgültigen Schlußfolgerung gelangt; sie hat vielmehr ausgeführt, daß die deutschen Maßnahmen es nicht ermöglichten, mit Sicherheit festzustellen, ob das deutsche Kontrollsystem dem Erfordernis der Wirksamkeit entsprochen habe, um finanzielle Risiken für den EAGFL zu vermeiden, und ihrerseits eine genauere Untersuchung der tatsächlichen Arbeitsweise dieses Systems angeregt.

17 Des weiteren lassen, wie der Generalanwalt in Nummer 27 seiner Schlussanträge dargelegt hat, die Ausführungen der Schlichtungsstelle zwar in einigen Fällen deren Auffassung erkennen, daß die deutschen Behörden die Richtigkeit ihrer Behauptungen nachgewiesen hätten; offen bleibt jedoch die Frage, ob man aus diesen Fällen eine allgemeine Schlußfolgerung ziehen kann.

18 Schließlich greift nach Artikel 1 Absatz 2 Buchstabe a der Entscheidung 94/442, wie die Kommission zu Recht und von der deutschen Regierung unwidersprochen geltend gemacht hat, der Standpunkt der Schlichtungsstelle der Entscheidung der Kommission nicht vor.

19 Folglich sind die Ausführungen der Schlichtungsstelle im vorliegenden Fall für die Beurteilung des deutschen Kontrollsystems nicht bindend.

20 Drittens rügt die deutsche Regierung, die Kommission habe die angefochtene Entscheidung nicht ausreichend begründet.

21 Nach ständiger Rechtsprechung ist in dem besonderen Zusammenhang der Ausarbeitung der Entscheidungen über den Rechnungsabschluß die Begründung einer Entscheidung dann als ausreichend anzusehen, wenn der Mitgliedstaat, der Adressat der Entscheidung ist, an dem Verfahren ihrer Ausarbeitung unmittelbar beteiligt war und die Gründe kannte, aus denen die Kommission meinte, den streitigen Betrag nicht zu Lasten des EAGFL übernehmen zu müssen (vgl. Urteile vom 13. Dezember 1990 in der Rechtssache C-22/89, Niederlande/Kommission, Slg. 1990, I-4799, Randnr. 18, und vom 1. Oktober 1998 in der Rechtssache C-27/94, Niederlande/Kommission, Slg. 1998, I-5581, Randnr. 36).

22 Im vorliegenden Fall geht aus den Akten hervor, daß die deutsche Regierung an dem Verfahren der Ausarbeitung der streitigen Entscheidung beteiligt war. Die Zweifel der Kommission an der Zuverlässigkeit des deutschen Kontrollsystems wurden den deutschen Behörden mehrfach sowohl mündlich als auch schriftlich zur Kenntnis gebracht, es kam zu Diskussionen, und die Schlichtungsstelle wurde angerufen.

23 Ausserdem gab die Kommission in ihrem Zusammenfassenden Bericht die Gründe an, aus denen sie den Rechnungsabschluß hinsichtlich des streitigen Betrages abgelehnt hatte.

24 Unter diesen Umständen ist die Begründung der angefochtenen Entscheidung als ausreichend anzusehen.

25 Viertens vertritt die deutsche Regierung die Auffassung, die Kommission habe die vor der Klageerhebung vorgelegten Beweise nicht berücksichtigt.

26 Die Kommission entgegnet, sie habe diese Beweise geprüft, sie hätten sie jedoch nicht überzeugt. Ihre Feststellungen und die pauschale Berichtigung von 2 % beträfen die Kontrollmängel insgesamt, nämlich die Mängel in den drei Stadien der Kontrolle (bei der Übernahme, während der Lagerung und bei der Auslagerung), nicht dagegen die Mängel in jedem einzelnen dieser drei Stadien.

27 Hier ist auf die ständige Rechtsprechung des Gerichtshofes zur Verteilung der Beweislast bei Nichtigkeitsklagen von Mitgliedstaaten gegen Entscheidungen der Kommission im Bereich des Rechnungsabschlusses des EAGFL hinzuweisen.

28 Es ist Sache eines Mitgliedstaats nachzuweisen, daß die Voraussetzungen für eine von der Kommission abgelehnte Finanzierung vorliegen, wenn die Kommission die Übernahme bestimmter Ausgaben zu Lasten des EAGFL mit der Begründung verweigert, daß sie durch diesem Staat vorzuwerfende Verletzungen des Gemeinschaftsrechts veranlasst worden seien (vgl. Urteile vom 24. März 1988 in der Rechtssache 347/85, Slg. 1988, 1749, Randnr. 14, und vom 10. November 1993 in der Rechtssache C-48/91, Niederlande/Kommission, Slg. 1993, I-5611, Randnr. 16). Die Kommission ist nicht verpflichtet, die Unrichtigkeit der von den Mitgliedstaaten übermittelten Angaben umfassend darzulegen, sondern braucht nur glaubhaft zu machen, daß an den von den nationalen Stellen mitgeteilten Zahlen berechtigte Zweifel bestehen. Diese Erleichterung der Beweislast der Kommission beruht darauf, daß der Mitgliedstaat am besten in der Lage ist, die für den Rechnungsabschluß des EAGFL erforderlichen Angaben beizubringen und nachzuprüfen, so daß es ihm obliegt, die Richtigkeit seiner Zahlen eingehend und vollständig nachzuweisen und so gegebenenfalls die Fehlerhaftigkeit der Berechnungen der Kommission darzutun (Urteil vom 10. November 1993 in der Rechtssache Niederlande/Kommission, Randnr. 17). Im Fall einer Beanstandung ist es Sache der Kommission, das Vorliegen einer Verletzung der Regeln der gemeinsamen Organisation der Agrarmärkte nachzuweisen; hat sie diesen Nachweis erbracht, so hat der Mitgliedstaat gegebenenfalls darzulegen, daß der Kommission bezueglich der daraus zu ziehenden finanziellen Konsequenzen ein Irrtum unterlaufen ist (Urteile vom 19. Februar 1991 in der Rechtssache C-281/89, Italien/Kommission, Slg. 1991, I-347, Randnr. 19; vom 10. November 1993 in der Rechtssache Niederlande/Kommission, Randnr. 18, und vom 18. März 1999 in der Rechtssache C-59/97, Italien/Kommission, Slg. 1999, I-1683, Randnrn. 54 und 55).

29 Somit sind die Beweise zu prüfen, die die deutsche Regierung den der angefochtenen Entscheidung der Kommission zugrunde liegenden Feststellungen entgegengehalten hat.

Zu den Kontrollen bei der Übernahme

30 Die deutsche Regierung weist die von der Kommission erhobenen Beanstandungen der Kontrollen im Stadium der Übernahme des Interventions-Rindfleisches unter fünf Gesichtspunkten zurück.

31 Zunächst habe die Kommission in ihrem Zusammenfassenden Bericht der deutschen Regierung vorgeworfen, daß bei der Verwiegung und der Bescheinigung der Übernahme des Fleisches anstelle von BALM-Bediensteten oft Angestellte des Kühlhauses als Beauftragte der BALM eingesetzt würden. Dieser Einsatz von Beauftragten bedeute ein Risiko für die ordnungsgemässe Durchführung der Kontrollen im Stadium der Übernahme und begründe Zweifel an der Verläßlichkeit der von diesen Beauftragten erstellten Berichte. Dies stelle einen Mangel des deutschen Systems dar, denn wenn das Fleisch erst einmal tiefgekühlt, verpackt und im Kühlhaus eingelagert sei, sei es unmöglich, eventuell festgestellte Unterlassungen oder Unregelmässigkeiten bei den Kontrollen nachträglich zu berichtigen.

32 Die deutsche Regierung vertritt die Auffassung, das bei der Übernahme angewandte deutsche Kontrollsystem weise keine Mängel auf, und macht geltend, die Kommission habe bei ihren Beanstandungen nicht berücksichtigt, daß die Kontrolle in zwei Stufen erfolge. Auf der ersten Stufe würden Kontrollen im Schlachthof ausschließlich durch Bedienstete der BALM durchgeführt; auf der zweiten Stufe würden Kontrollen im Kühlhaus entweder von Bediensteten der BALM oder wegen Personalmangels durch Mitarbeiter des Kühlhauses vorgenommen. In diesem zweiten Fall seien jedoch die von den Beauftragten der BALM vorgenommenen Kontrollen nachträglich durch Buch- und Warenprüfungen des übernommenen Fleisches überprüft worden, die von Bediensteten der BALM vorgenommen würden. Da dieses Kontrollsystem ein Ganzes bilde, müsse es folglich insgesamt und nicht aufgrund einer Beurteilung nur der zweiten Stufe geprüft werden.

33 Nach Artikel 14 der Verordnung (EWG) Nr. 859/89 der Kommission vom 29. März 1989 mit Durchführungsbestimmungen für die Interventionsmaßnahmen für Rindfleisch (ABl. L 91, S. 5) in der maßgeblichen Fassung erfolgt "die Übernahme der Erzeugnisse durch die Interventionsstelle am Tag des Eintreffens der Erzeugnisse am Interventionsort". Somit ist dieser Tag, genauer der Zeitpunkt der Anlieferung des Fleisches am Kühlhaus, entscheidend für die Beurteilung der Ordnungsmässigkeit der Kontrollen bei der Übernahme.

34 Folglich können, wie die Kommission zu Recht vorgetragen hat, eventuell unterlassene oder mangelhaft durchgeführte Kontrollen im Stadium der Übernahme nicht nachträglich durch Buch- oder Warenprüfungen berichtigt werden, selbst wenn diese von Bediensteten der BALM vorgenommen werden.

35 Jedenfalls wären die nachträglich von Bediensteten der BALM vorgenommenen Buch- und Warenprüfungen, auf die sich die deutsche Regierung beruft, auch wenn ihnen ein gewisser Nutzen nicht abzusprechen ist, nicht geeignet, eventuelle Mängel der im Zeitpunkt der Übernahme durchgeführten Kontrollen zu beheben. Wie der Generalanwalt in den Nummern 77 bis 79 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, prüft der BALM-Prüfer, sofern er bei der Übernahme nicht anwesend war, das Fleisch, wenn es sich entweder im Schockgefrierraum befindet oder bereits eingelagert ist. Im einen wie im anderen Fall kann jedoch eine gründliche Untersuchung des Fleisches zu einem Zeitpunkt, zu dem dieses entweder im Zustand des Gefrierens, oder bereits gefroren, verpackt und zur Lagerung palettiert ist, nicht ordnungsgemäß vorgenommen werden.

36 Weiter führte die Kommission in ihrem Zusammenfassenden Bericht aus, daß der Einsatz von Beauftragten unvermeidlich das Risiko eines Interessenkonflikts zwischen dem liefernden Schlachtbetrieb und dem mit der Lagerung der Ware beauftragten Kühlhaus mit sich bringe, wenn diese beiden Betriebe derselben Unternehmensgruppe angehörten (verbundene Unternehmen). Dieses Risiko konkretisiere sich im Fall von verbundenen Unternehmen insbesondere durch die Möglichkeit, falsche Protokolle in das Zahlungssystem einzuschleusen. Deshalb sei es unerläßlich, daß die deutsche Regierung wirksame Maßnahmen ergreife, um zu verhindern, daß dieser Interessenkonflikt die Qualität der Kontrollen beeinträchtige. Die Dienstanweisungen der BALM enthielten jedoch kein einziges Wort zu dem besonderen Problem der verbundenen Unternehmen.

37 Hinsichtlich der Maßnahmen, die getroffen worden sind, um dem Risiko des Interessenkonflikts zu begegnen, führt die deutsche Regierung aus, soweit im Rahmen von Interventionsmaßnahmen der verkaufende Schlachtbetrieb mit einem Kühlhaus verbunden sei, habe die BALM soweit wie möglich die Übernahme des gekauften Fleisches in diesem Kühlhaus vermieden. In den wenigen Fällen, in denen aus organisatorischen Gründen eine Abweichung von diesem Grundsatz erforderlich gewesen sei, seien die Übernahmekontrollen in dem mit dem Schlachtbetrieb verbundenen Kühlhaus ausschließlich durch BALM-Bedienstete durchgeführt worden. Die BALM habe die Einhaltung dieser Grundsätze dadurch angeordnet, daß sie ihren Aussenstellen mündliche Dienstanweisungen erteilt habe.

38 Die Möglichkeit, falsche Übernahmeprotokolle in das Zahlungssystem einzuschleusen, bestehe nur dann, wenn amtliche Stellen und Personen, die an der Übernahme des Interventions-Rindfleisches und der verwaltungsmässigen Kontrolle beteiligt seien (Schlachtbetrieb, BALM-Prüfer/BALM-Beauftragter, vereidigter Wäger, Kühlhausbetrieb, BALM-Aussenstelle und Zentrale der BALM), in betrügerischer Weise zusammenarbeiten würden. Gegen eine solche weitreichende und übergreifende betrügerische Zusammenarbeit aller beteiligten Personen und Stellen biete jedoch kein System ausreichenden Schutz.

39 Die Kommission weist darauf hin, daß die deutsche Regierung auf ihr Schreiben vom 13. April 1994, in dem auf die Gefahr der Einschleusung falscher Protokolle hingewiesen worden sei, am 6. Juli 1994 erwidert habe, daß man "zwecks Abgleichs der Übereinstimmung von Übernahmeprotokollen zwischen BALM-Zentrale, Aussenstelle und Kühlhaus... neben dem bestehenden Kontrollverfahren - wie vom EAGFL vorgeschlagen - ein entsprechendes internes Kontroll- bzw. Abgleichungsverfahren einführen" werde. Hiermit habe die deutsche Regierung eingestanden, daß das bis dahin praktizierte Verfahren keine vollständige Gewähr gegen die Einschleusung falscher Protokolle in das Zahlungssystem geboten habe.

40 Die Ordnungsmässigkeit der Kontrollen bei der Übernahme hat erhöhte Bedeutung, wenn das Kühlhaus mit dem Schlachtbetrieb verbunden ist; das macht besondere Maßnahmen zur Sicherstellung der tatsächlichen Durchführung und der Wirksamkeit dieser Kontrollen erforderlich. Dies ist bei den Maßnahmen zu beachten, die in diesem Stadium das mit dem Einsatz von BALM-Beauftragten verbundene Risiko eines Interessenkonflikts ausschalten sollen.

41 Wie der Generalanwalt in Nummer 85 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, hat die BALM diese Bedeutung durch die Erteilung mündlicher Anweisungen anerkannt, ohne diesen allerdings das Gewicht zu verleihen, das schriftlichen Anweisungen zugekommen wäre. Wegen dieser Mündlichkeit sind die Anweisungen nicht lückenlos wirksam; das stellt eine Schwäche des deutschen Kontrollsystems dar.

42 Die Gefahr, daß im Fall verbundener Unternehmen falsche Protokolle eingeschleust werden, ist nicht ausgeschlossen. In ihrem Schreiben vom 6. Juli 1994 erkannten die deutschen Behörden das Bestehen dieser Gefahr an, indem sie ankündigten, daß sie ein Verfahren vorsehen würden, das die völlige Übereinstimmung der Übernahmeprotokolle im Besitz der Zentrale der BALM, ihrer Aussenstellen und des Kühlhauses gewährleisten solle.

43 Zum dritten führt die Kommission in ihrem Zusammenfassenden Bericht aus, eine Prüfung der ihr vorgelegten Kontrollberichte habe ergeben, daß die Berichte über Kontrollen, die von Bediensteten der BALM vorgenommen würden, anders als die Kontrollberichte der Angestellten der Kühlhäuser als Beauftragte der BALM negative Bemerkungen enthielten, die zur Ablehnung der Übernahme geführt hätten. Diese Feststellung sei durch nachträgliche Kontrollen durch Bedienstete der BALM bestätigt worden, die in den "Berichten über die Prüfung im Empfangsbetrieb" niedergelegt worden seien.

44 Zu den letztgenannten Berichten trägt die deutsche Regierung vor, im deutschen System besitze nur das "Protokoll über die Qualitätsbeurteilung und Übernahme von Rindfleisch" Geltung; der "Bericht über die Prüfung im Empfangsbetrieb" sei nur ein internes Dokument der BALM. Im übrigen habe das Formular des "Protokolls über die Qualitätsbeurteilung und Übernahme von Rindfleisch" ursprünglich keine Rubrik enthalten, in der die Bediensteten oder Beauftragten der BALM Besonderheiten oder Fehler hätten angeben können, die ihnen bei der Übernahme aufgefallen seien. Später habe die BALM jedoch auf Anregung des EAGFL dieses Formular abgeändert und eine Rubrik für die Angabe der aufgetretenen Besonderheiten oder Fehler vorgesehen.

45 Zu den "Berichten über die Prüfung im Empfangsbetrieb" führt die Kommission aus, die deutschen Dienststellen selbst hätten diese Art von Berichten erstellt, um das ordnungsgemässe Funktionieren des deutschen Kontrollsystems darzutun, nachdem die Kommission Unregelmässigkeiten in den Übernahmeprotokollen festgestellt habe. Das seinerzeitige Fehlen einer besonderen Rubrik in dem "Protokoll über die Qualitätsbeurteilung und Übernahme von Rindfleisch" stelle eine zusätzliche Schwäche des deutschen Systems dar.

46 Wie die nachträglich von den Bediensteten der BALM angefertigten "Berichte über die Prüfung in den Empfangsbetrieben" bestätigen, ist unstreitig, daß die von den BALM-Beauftragten bei der Übernahme vorgenommenen Kontrollen zu Fehlern führten.

47 Das Vorbringen der deutschen Regierung, diese Berichte seien nur ein internes Dokument der BALM, und maßgebend sei allein das bei der Übernahme aufgesetzte Protokoll, ist zurückzuweisen. Denn wie die Kommission zu Recht ausführt, haben die deutschen Dienststellen selbst diese Dokumente vorgelegt, um das ordnungsgemässe Funktionieren ihres Kontrollsystems darzutun. Folglich kann sich die Kommission auf diese Dokumente berufen, wenn sie eine Bestätigung ihrer Feststellungen enthalten.

48 Wie der Generalanwalt in Nummer 81 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, besteht ein zusätzlicher Mangel des seinerzeitigen deutschen Systems darin, daß das 1992 verwendete "Protokoll über die Qualitätsbeurteilung und Übernahme von Rindfleisch" keine besondere Rubrik für die Aufzeichnung von etwaigen bei den Übernahmekontrollen festgestellten Besonderheiten oder geringen Mängeln an dem zu übernehmenden Rindfleisch enthielt, auch wenn die Hauptkontrollen bei der Übernahme des Fleisches zu erfolgen haben. Dies hätte um so mehr zu gelten, wenn, wie die deutsche Regierung behauptet, allein dieses Dokument maßgebend wäre. Die Regierung hat diese Schwäche übrigens erkannt und durch Aufnahme einer solchen Rubrik für spätere Haushaltsjahre Abhilfe geschaffen.

49 Zum vierten führte die Kommission in ihrem Zusammenfassenden Bericht andere Indizien auf, die Zweifel an der Zuverlässigkeit des deutschen Systems weckten. Sie weist auf drei Fälle von Unregelmässigkeiten aufgrund betrügerischer Manipulationen hin, die die Schwächen des deutschen Systems offenbarten. Ihre Zweifel würden durch die verfügbaren Statistiken über die Kontrollen bestätigt, wonach die Aussenstellen der BALM Kontrollen in ganz unterschiedlicher Zahl vornähmen. Bestimmte Aussenstellen, bei denen das Volumen der nationalen Lieferungen eher gering sei, hätten eine hohe Kontrollrate aufgewiesen, während Aussenstellen wie Mülheim, Mannheim und München, bei denen das Volumen der nationalen Lieferungen erheblich sei, eine relativ geringe Kontrollrate aufwiesen.

50 Die deutsche Regierung trägt vor, die festgestellten drei Schadensfälle könnten die Sicherheit und Ordnungsmässigkeit des gesamten Kontrollsystems nicht in Frage stellen, zumal sie durch die von den deutschen Dienststellen vorgenommenen Kontrollen aufgedeckt worden seien. Was die regionalen Unterschiede angehe, die sich aus den statistischen Angaben über die Kontrollen ergäben, so seien im Haushaltsjahr 1992 zirka 52 %, also mehr als die Hälfte der in den Kühlhäusern vorgenommenen Kontrollen, von Prüfern der BALM vorgenommen worden. Die übrigen Kontrollen seien von Beauftragten der BALM durchgeführt worden, so daß eine Übernahmekontrolle zu 100 % gewährleistet gewesen sei.

51 Zwar kann die Sicherheit und die Ordnungsmässigkeit des gesamten deutschen Kontrollsystems, wie die deutsche Regierung zu Recht geltend macht, nicht allein wegen der in drei Fällen festgestellten, auf betrügerischen Machenschaften beruhenden Unregelmässigkeiten in Frage gestellt werden; diese zeigen jedoch, daß das System aufgrund des Einsatzes von Beauftragten störanfällig bleibt. Die blosse Anwesenheit von Bediensteten der BALM bei der Anlieferung der Waren am Kühlhaus wäre nämlich geeignet, betrügerische Machenschaften zu erschweren.

52 Diese Beurteilung wird durch die Feststellung bestätigt, daß gerade die Aussenstellen der BALM, die erhebliche Mengen Rindfleisch zur Intervention annehmen, eine relativ geringe Anzahl von Kontrollen vorgenommen haben. Wie der Generalanwalt in Nummer 83 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, hat die geringe Anzahl amtlicher, unabhängiger Kontrollen der Aussenstellen Mülheim, Mannheim und vor allem München betrügerische Machenschaften erleichtert, selbst wenn der Prozentsatz der unmittelbar von Bediensteten der BALM durchgeführten Kontrollen insgesamt 52 % beträgt.

53 Zum fünften hat die Kommission nach Auffassung der deutschen Regierung das in Deutschland angewandte System der Einlagerung beanstandet, indem sie sich - zwar nicht ausdrücklich, aber doch der Sache nach - auf Artikel 17 Absatz 4 der Verordnung (EWG) Nr. 2456/93 der Kommission vom 1. September 1993 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EWG) Nr. 805/68 des Rates hinsichtlich der allgemeinen und besonderen Interventionsmaßnahmen für Rindfleisch (ABl. L 225, S. 4) gestützt hat, wonach ein Beauftragter der Interventionsstelle das Übernahmeverfahren abwickeln kann, sofern er vom Zuschlagsempfänger vollkommen unabhängig ist. Die deutsche Regierung wirft der Kommission vor, diese mit Artikel 17 Absatz 4 der Verordnung Nr. 2456/93 eingeführte Voraussetzung rückwirkend auf das Haushaltsjahr 1992 angewandt zu haben, obwohl diese Verordnung zum maßgeblichen Zeitpunkt noch nicht in Kraft getreten war und Artikel 8 der Verordnung Nr. 729/70 keine solche Voraussetzung enthalten habe.

54 Dieser Vorwurf ist nach Auffassung der Kommission nicht gerechtfertigt, da die Beanstandungen des deutschen Kontrollsystems im Haushaltsjahr 1992 weder tatsächlich noch rechtlich auf die durch die Verordnung Nr. 2456/93 eingeführte Regelung, sondern darauf gestützt würden, daß die deutsche Regierung entgegen den Vorschriften des Artikels 8 Absatz 1 der Verordnung Nr. 729/70 nicht alle erforderlichen Maßnahmen getroffen habe, um sich zu vergewissern, daß die durch den EAGFL finanzierten Maßnahmen tatsächlich und ordnungsgemäß durchgeführt worden seien, und um Unregelmässigkeiten zu verhindern und zu verfolgen.

55 Auch wenn Artikel 8 Absatz 1 der Verordnung Nr. 729/70 weniger detaillierte Bestimmungen als Artikel 17 Absatz 4 der Verordnung Nr. 2456/93 enthielt, so sind doch nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofes in dieser Vorschrift, die im Agrarbereich Ausdruck der Verpflichtungen der Mitgliedstaaten aus Artikel 5 EG-Vertrag (jetzt Artikel 10 EG) ist, die Grundsätze niedergelegt, die die Gemeinschaft und die Mitgliedstaaten bei der Durchführung der aus Mitteln des EAGFL finanzierten gemeinschaftlichen Agrarinterventionsmaßnahmen sowie bei der Bekämpfung von betrügerischen Handlungen und Unregelmässigkeiten im Zusammenhang mit diesen Maßnahmen zu beachten haben (vgl. Urteil vom 6. Mai 1982 in den Rechtssachen 146/81, 192/81 und 193/81, BayWa u. a., Slg. 1982, 1503, Randnr. 13). Sie erlegt den Mitgliedstaaten die allgemeine Verpflichtung auf, alle erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um sich zu vergewissern, daß die vom EAGFL finanzierten Vorhaben tatsächlich und ordnungsgemäß durchgeführt worden sind, auch wenn die spezifische Gemeinschaftshandlung nicht ausdrücklich den Erlaß dieser oder jener Kontrollmaßnahme vorsieht (vgl. Urteile vom 12. Juni 1990 in der Rechtssache C-8/88, Deutschland/Kommission, Slg. 1990, I-2321, Randnrn. 16 und 17, und vom 1. Oktober 1998 in der Rechtssache C-209/96, Vereinigtes Königreich/Kommission, Slg. 1998, I-5655, Randnr. 43).

56 Da sich eine derartige Verpflichtung der deutschen Regierung bereits aus der zur maßgeblichen Zeit geltenden Regelung ergab, kann der Kommission nicht eine rückwirkende Anwendung der Verordnung Nr. 2456/93 vorgeworfen werden.

Die Kontrollen während der Lagerung

57 Was die Kontrollen während der Lagerung betrifft, bestreitet die deutsche Regierung die Richtigkeit der Feststellungen der Kommission über die Eintragung in das Inventar, die Kontrolle der Inventare und das Fehlen ausdrücklicher nationaler Anweisungen zur Vornahme der Kontrollen.

58 Zunächst hat die Kommission in ihrem Zusammenfassenden Bericht festgestellt, daß in den Inventaren das verbuchte und das überprüfte Gewicht stets zusammenfielen. Dieses Zusammenfallen legt nach Auffassung der Kommission den Schluß nahe, daß die Kontrolleure entgegen Artikel 3 der Verordnung Nr. 618/90 - der eine Prüfung des tatsächlichen Vorhandenseins der Ware fordere - die Bestände nicht überprüft, sondern einfach die Angaben über die Menge und das Gewicht aus den Bestandsbüchern des Lagerhalters übernommen hätten. Dem entsprächen Erklärungen der Angestellten der Kühlhäuser, die die Kommission bei Nachprüfungen an Ort und Stelle getroffen habe.

59 Die deutsche Regierung vertritt die Auffassung, daß Artikel 3 der Verordnung Nr. 618/90 nicht die Prüfung des Gewichts des Fleisches bei der Aufstellung des Inventars vorschreibe; es sei Sache der Kommission, die Behauptungen der Angestellten der Kühlhäuser zu beweisen. Die deutsche Regierung bietet ihrerseits als Gegenbeweis das Zeugnis von Bediensteten der BALM an.

60 Die Kommission legt ein Schreiben der deutschen Regierung vom 6. Juli 1994 vor, in dem diese eingeräumt habe, daß die Kontrolleure der BALM bei der Aufstellung des Inventars nicht immer zugegen gewesen seien, und ihre Absicht bekräftigt habe, in Zukunft die Einhaltung der Bestimmungen der Verordnung Nr. 618/90 durch die Lagerhalter genauer zu kontrollieren.

61 Artikel 3 der Verordnung Nr. 618/90 stellt, wie die deutsche Regierung zu Recht vorgetragen hat, keine Verpflichtung zum Wiegen des Fleisches auf; er fordert jedoch die effektive Überprüfung des tatsächlichen Vorhandenseins der Ware.

62 Zum Beweis dafür, daß diesem Erfordernis nicht genügt wurde, führt die Kommission Erklärungen von Angestellten der Kühlhäuser an, während die deutsche Regierung, die das Gegenteil behauptet, die Vernehmung von Bediensteten der BALM als Zeugen anbietet.

63 Im Rahmen der Würdigung dieser Beweisangebote ist festzustellen, daß, wie der Generalanwalt in Nummer 122 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, die Bediensteten der BALM den Beweis für ihre Behauptungen nur in den Fällen erbringen könnten, in denen sie bei der Inventarerrichtung tatsächlich zugegen waren.

64 Aus den Erklärungen der deutschen Regierung ergibt sich jedoch, daß die Bediensteten der BALM bei der Errichtung dieses Inventars nicht immer anwesend waren. Zeugenaussagen der Bediensteten der BALM sind deshalb nicht geeignet, die auf wiedergegebene Zeugenaussagen gestützten Feststellungen der Kommission zu widerlegen, daß sich die Lagerhalter in einigen Fällen darauf beschränkt hätten, die Bestandsaufzeichnungen in die Inventare zu übernehmen.

65 Diese Feststellungen finden eine Bestätigung in dem Schreiben vom 6. Juli 1994, in dem die deutsche Regierung, der das Vorliegen von Unregelmässigkeiten bekannt war, sich verpflichtete, die Aufstellung der Inventare künftig stärker zu kontrollieren, um die Verordnung Nr. 618/90 einzuhalten.

66 Zum anderen warf die Kommission der deutschen Regierung in ihrem Zusammenfassenden Bericht im Zusammenhang mit der Kontrolle der Inventare vor, daß die Protokolle der Jahresinventare nicht belegten, daß Artikel 4 der Verordnung Nr. 618/90 eingehalten worden sei, der die Verpflichtung aufstelle, eine körperliche Überprüfung von 5 % der gelagerten Menge nach den in Anhang III der Verordnung vorgeschriebenen Verfahren vorzunehmen. Diesen Protokollen müsse sich nämlich entnehmen lassen, daß das in Anhang III der Verordnung Nr. 618/90 vorgeschriebene Verfahren Schritt für Schritt einschließlich der Angabe des Gewichts in allen Einzelheiten durchgeführt worden sei. Den Protokollen der Jahresinventare einschließlich der sie begleitenden Bestandsverzeichnisse seien diese Angaben aber nicht zu entnehmen.

67 Die deutsche Regierung bestreitet die Feststellungen der Kommission und macht geltend, eine Anzahl von Partien, die mindestens 5 % der gesamten lagernden Menge entspreche, sei ausgewählt und an Ort und Stelle überprüft worden. Ausserdem hätten die Bediensteten der BALM bei der in Anhang III der Verordnung Nr. 618/90 vorgeschriebenen zusätzlichen Überprüfung von 20 % aus den bereits kontrollierten 5 % eine Gewichtsfeststellung durchgeführt.

68 Die Kommission führt aus, daß die Gewichtsangaben in der entsprechenden Spalte der Protokolle der Inventare lediglich erkennen ließen, in welcher Partie und in welcher Warenkategorie die 20 % der bereits kontrollierten Menge von 5 %, d. h. der Anteil von 1 % des gesamten Lagerbestandes, für die Gewichtskontrolle ausgesucht worden sei, es jedoch nicht ermöglichten, u. a. die genaue Menge, die einer körperlichen Überprüfung unterzogen worden sei, festzustellen.

69 Wie der Generalanwalt in Nummer 125 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, haben die nationalen Behörden, wenn das Gemeinschaftsrecht im Zusammenhang mit der Verwendung von Gemeinschaftsmitteln konkrete Kontrollen wie im vorliegenden Fall die körperliche Überprüfung von 5 % des eingelagerten Rindfleisches vorschreibt, darauf zu achten, daß beim Rechnungsabschluß mit Hilfe von Unterlagen oder angemessenen Vermerken überprüft werden kann, ob diese Verpflichtung eingehalten wurde. Das Fehlen derartiger Unterlagen oder Vermerke in einem Kontrollsystem stellt einen Mangel dieses Systems dar.

70 Ausserdem erkannte die deutsche Regierung, wie der Generalanwalt ebenfalls in Nummer 125 seiner Schlussanträge feststellt, diesen Mangel im Schreiben des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 6. Oktober 1995 an, das die deutsche Regierung selbst vorgelegt hat und in dem das Ministerium ankündigte, daß in Zukunft "die Kontrollen bei der Einlagerung [den] Vorschlägen [der Kommission] entsprechend vollständig dokumentiert werden".

71 Zum dritten rügte die Kommission, die deutsche Regierung habe keine ausdrücklichen nationalen Anweisungen für das von den Kontrolleuren bei der körperlichen Überprüfung der 5 % des eingelagerten Fleisches zu befolgende Verfahren erlassen, sondern lediglich auf Anhang III der Verordnung Nr. 618/90 verwiesen. Diese Verweisung reiche nicht aus, um die ordnungsgemässe Durchführung der körperlichen Untersuchung sicherzustellen und gegebenenfalls nachzuweisen.

72 Die deutsche Regierung ist dagegen der Auffassung, daß die Verweisung auf den Anhang III der Verordnung Nr. 618/90 in den Dienstanweisungen ausreiche, da der Anhang aus sich heraus verständlich sei.

73 Zwar trifft es zu, daß sich das einzuhaltende Verfahren eindeutig aus dem Anhang III der Verordnung Nr. 618/90 ergibt, der den Dienstanweisungen beigefügt und auch für die Kontrolleure verständlich war. Die deutschen Behörden sind jedoch nicht in der Lage, die ordnungsgemässe Durchführung der in diesem Anhang vorgeschriebenen Operationen zu beweisen: Sie hätten, wie der Generalanwalt in Nummer 126 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, in ihre Anweisungen die Verpflichtung der Kontrolleure aufnehmen müssen, eingehende Berichte anzufertigen, um die Kontrolle der Durchführung der körperlichen Überprüfung von 5 % des gelagerten Fleisches zu ermöglichen.

74 Da keine derartige Anweisung erteilt worden war, ist festzustellen, daß das deutsche Kontrollsystem insoweit einen Mangel aufweist.

Die Kontrollen bei der Auslagerung

75 Ebenso wie hinsichtlich der Kontrollen bei der Übernahme warf die Kommission in ihrem Zusammenfassenden Bericht der deutschen Regierung vor, die Kontrollen bei der Auslagerung nicht Bediensteten, sondern Beauftragten der BALM, die Angestellte der Kühlhäuser gewesen seien, übertragen zu haben. Dieser Einsatz von Beauftragten ermögliche Manipulationen und Mißbräuche bei der Auslagerung, die in den Fällen, in denen die Kühlhäuser zu derselben Unternehmensgruppe gehörten wie der Käufer (verbundene Unternehmen), noch erleichtert würden. Die deutsche Regierung hätte zumindest schriftliche Anweisungen erteilen müssen, um sicherzustellen, daß diese Kontrollen in Gegenwart von Bediensteten der BALM vorgenommen würden.

76 Die deutsche Regierung ist der Meinung, daß die Kontrollen bei der Auslagerung ordnungsgemäß durchgeführt worden seien. In den Fällen, in denen die Auslagerung im Rahmen verbundener Unternehmen vorgenommen worden sei, seien die Kontrollen ausschließlich durch Bedienstete der BALM erfolgt.

77 Zwar schreibt die 1992 gültige Regelung nicht die Anwesenheit der Bediensteten der Interventionsstelle bei der Auslagerung des Fleisches vor; es ist jedoch klar, daß bei verbundenen Unternehmen die Vornahme der Kontrollen durch Bedienstete der BALM oder wenigstens in ihrer Gegenwart eine Garantie gegen die Risiken eventueller Manipulationen oder Mißbräuche darstellen würde.

78 Dessen ungeachtet ist angesichts der nachdrücklichen Behauptungen der deutschen Regierung einerseits und des Umstands, daß die Kommission keine umfassende Kontrolle bei allen verbundenen Unternehmen vorgenommen hat, andererseits festzustellen, daß die Kommission nicht den Nachweis dafür erbracht hat, daß die Bediensteten der BALM bei der Lieferung von Fleisch an Unternehmen, die mit der Gesellschaft, in deren Eigentum das Kühlhaus stand, verbunden waren, nicht anwesend waren.

79 Gleichwohl ist ebenso wie bei der Prüfung des deutschen Systems der Übernahmekontrolle festzustellen, daß die deutschen Behörden die Anwesenheit von Bediensteten der BALM bei der Auslagerung des Fleisches auch im Fall der verbundenen Unternehmen nicht schriftlich angeordnet haben. Folglich stellt das Fehlen schriftlicher Anweisungen einen Mangel des deutschen Kontrollsystems dar.

80 Weiterhin warf die Kommission der deutschen Regierung in ihrem Zusammenfassenden Bericht vor, nicht für ein korrektes Verwiegen und Verbuchen des Rindfleisches bei der Auslagerung Sorge getragen zu haben. Sie verweist namentlich auf bestimmte Fälle, bei denen die Auslagerung unter der Kontrolle von Beauftragten der BALM stattgefunden habe und bei denen das Gewicht der ausgelieferten Ware exakt mit dem der übernommenen Ware übereingestimmt habe. Da das Fleisch bei der Einlagerung vor dem Verpacken zu verwiegen sei, während bei der Auslagerung sein Gewicht einschließlich Verpackung (Bruttogewicht) festzustellen sei, sei es wenig wahrscheinlich, daß der Gewichtsverlust, den eingelagertes Fleisch normalerweise erfahre, genau durch das Gewicht der Verpackung ausgeglichen werde. Deshalb bezweifle die Kommission, daß das ausgelagerte Fleisch immer verwogen worden sei.

81 Zum einen sei der als normale Lagerungsverluste anerkannte Prozentsatz für Rindfleisch in Artikel 2 der Verordnung (EWG) Nr. 147/91 der Kommission vom 22. Januar 1991 zur Definition und zur Festsetzung der Toleranzgrenzen bei Mengenverlusten von landwirtschaftlichen Erzeugnissen in öffentlicher Lagerhaltung (ABl. L 17, S. 9) auf 0,6 % festgesetzt worden.

82 Zum anderen müssten die Mitgliedstaaten bei nicht identifizierten Verlusten von Rindfleisch, die über die in der Verordnung Nr. 147/91 eingeräumte Toleranzgrenze von 0,6 % hinausgingen, dem EAGFL einen Betrag gutschreiben, der erheblich über dem entsprechenden Verkaufswert liege. Dies ergebe sich aus der Verordnung (EWG) Nr. 3492/90 des Rates vom 27. November 1990 über die Bestimmung der Elemente, die in den Jahreskonten für die Finanzierung von Interventionsmaßnahmen in Form der öffentlichen Lagerhaltung durch den Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft, Abteilung Garantie, Berücksichtigung finden (ABl. L 337, S. 3), und der Verordnung (EWG) Nr. 3597/90 der Kommission vom 12. Dezember 1990 mit den Verbuchungsregeln für Ankauf, Lagerung und Verkauf landwirtschaftlicher Erzeugnisse durch die Interventionsstellen (ABl. L 350, S. 43).

83 Es sei eine sehr erhebliche Menge Fleisch ausgelagert worden, ohne daß die deutsche Regierung ihre sich aus Artikel 8 der Verordnung Nr. 729/70 ergebende Verpflichtung, sich zu vergewissern, daß die durch den EAGFL finanzierten Maßnahmen tatsächlich und ordnungsgemäß durchgeführt worden seien, erfuellt habe. Folglich habe es Mängel bei den Auslagerungskontrollen gegeben, deren finanzielle Konsequenzen die deutsche Regierung zu tragen habe.

84 Diese rechtfertigt ihr Kontrollsystem mit drei Argumenten.

85 Zum einen seien die Käufer selbst darauf bedacht, daß das zugeschlagene und bezahlte Fleisch hinsichtlich Qualität und Quantität ordnungsgemäß übergeben werde, weil aufgrund der Verkaufsbedingungen der BALM eine nachträgliche Reklamation ausgeschlossen sei. Manipulationen bei den Auslagerungsvorgängen würden somit gemeldet.

86 Zum anderen werde die ordnungsgemässe Durchführung der Auslagerung durch nachträgliche Kontrollen durch Bedienstete der BALM bestätigt.

87 Zum dritten beruhten die von der Kommission festgestellten konkreten Fälle von Anomalien, in denen das Auslagerungsgewicht dem Einlagerungsgewicht entsprochen habe, nicht auf Manipulationen oder Fehlern beim Verwiegen, sondern auf einem Irrtum, der dazu geführt habe, daß zwei verschiedene Fleischsorten zusammen statt getrennt verbucht worden seien.

88 Dieses Vorbringen der deutschen Regierung ist zurückzuweisen. Erstens kann die blosse Behauptung, daß die Käufer keine Reklamationen erhoben hätten, nicht als Nachweis der Ordnungsmässigkeit der bei der Auslagerung vorgenommenen Kontrollen angesehen werden, da, wie die deutsche Regierung selbst ausführt, die Verkaufsbedingungen der BALM Reklamationen nach der Lieferung ausschließen. Sodann ermöglichen es die nachträglich von Bediensteten der BALM vorgenommenen Belegkontrollen nicht, die eventuell bei der Auslagerung eingetretenen Unregelmässigkeiten zu beheben. Schließlich bestätigt der Irrtum, auf den sich die deutsche Regierung beruft, daß das deutsche Kontrollsystem nicht verläßlich ist.

89 Die von der Kommission geäusserten Zweifel an einem systematischen Verwiegen des Fleisches bei der Auslagerung sind somit berechtigt.

90 Die Prüfung aller von der deutschen Regierung angeführten Gesichtspunkte ergibt, daß diese nicht den Nachweis dafür erbracht hat, daß ihr Kontrollsystem keine Mängel aufweist, die die Gefahr geringfügiger Schäden zum Nachteil des EAGFL mit sich bringen können, und daß es ihr nicht gelungen ist, die Feststellungen der Kommission zu widerlegen.

91 Nach alledem ist die Klage abzuweisen.

Kostenentscheidung:

Kosten

92 Nach Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Bundesrepublik Deutschland mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, sind ihr dem Antrag der Kommission entsprechend die Kosten aufzuerlegen.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF

(Sechste Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Bundesrepublik Deutschland trägt die Kosten des Verfahrens.

Ende der Entscheidung

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