Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 10.05.2001
Aktenzeichen: C-444/99
Rechtsgebiete: Richtlinie 92/106/EWG


Vorschriften:

Richtlinie 92/106/EWG Art. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

Urteil des Gerichtshofes (Erste Kammer) vom 10. Mai 2001. - Kommission der Europäischen Gemeinschaften gegen Italienische Republik. - Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats - Richtlinie 92/106/EWG - Nichtumsetzung innerhalb der vorgeschriebenen Frist. - Rechtssache C-444/99.

Parteien:

In der Rechtssache C-444/99

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch M. Wolfcarius und S. Dragone als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Klägerin,

gegen

Italienische Republik, vertreten durch U. Leanza als Bevollmächtigten im Beistand von O. Fiumara, avvocato dello Stato, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

eklagte,

wegen Feststellung, dass die Italienische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus der Richtlinie 92/106/EWG des Rates vom 7. Dezember 1992 über die Festlegung gemeinsamer Regeln für bestimmte Beförderungen im kombinierten Güterverkehr zwischen Mitgliedstaaten (ABl. L 368, S. 38), insbesondere Artikel 2, verstoßen hat, dass sie ein System der Genehmigung und Kontingentierung der Beförderungen im kombinierten Verkehr zwischen Mitgliedstaaten aufrechterhalten hat, auch wenn sie die Sondergenehmigungen in allgemeine Genehmigungen umgewandelt hat,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten M. Wathelet sowie der Richter P. Jann (Berichterstatter) und L. Sevón,

Generalanwalt: L. A. Geelhoed

Kanzler: R. Grass

aufgrund des Berichts des Berichterstatters,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 22. Februar 2001,

folgendes

Urteil

Entscheidungsgründe:

1 Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften hat mit Klageschrift, die am 22. November 1999 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, gemäß Artikel 226 EG Klage erhoben auf Feststellung, dass die Italienische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus der Richtlinie 92/106/EWG des Rates vom 7. Dezember 1992 über die Festlegung gemeinsamer Regeln für bestimmte Beförderungen im kombinierten Güterverkehr zwischen Mitgliedstaaten (ABl. L 368, S. 38, im Folgenden: die Richtlinie), insbesondere Artikel 2, verstoßen hat, dass sie ein System der Genehmigung und Kontingentierung der Beförderungen im kombinierten Verkehr zwischen Mitgliedstaaten aufrechterhalten hat, auch wenn sie die Sondergenehmigungen in allgemeine Genehmigungen umgewandelt hat.

Die Richtlinie

2 Die Richtlinie, die für bestimmte, in ihrem Artikel 1 definierte Beförderungen im kombinierten Verkehr gilt, bezweckt nach ihrer fünften Begründungserwägung die Förderung einer stärkeren Inanspruchnahme des kombinierten Verkehrs durch die Aufhebung der mengenmäßigen Beschränkungen sowie der im Bereich des Straßentransports noch bestehenden einengenden Verwaltungsvorschriften.

3 Artikel 2 der Richtlinie bestimmt:

Jeder Mitgliedstaat befreit die Beförderungen im kombinierten Verkehr im Sinne des Artikels 1 spätestens bis zum 1. Juli 1993 von jeder Kontingentierung und Genehmigungspflicht."

Das nationale Recht

4 Das Ministerialdekret vom 27. Februar 1992 (GURI Nr. 50 vom 29. Februar 1992, S. 17) hat die bezüglich der Sondergenehmigungen für den gewerblichen Güterverkehr bisher in Italien geltenden Beschränkungen aufgehoben und in allgemeine Genehmigungen ohne einengende Vorschriften und Begrenzungen umgewandelt.

5 Das Ministerialdekret vom 27. Juni 1992 (GURI Nr. 163 vom 13. Juli 1992, S. 12) legt die Modalitäten für die Erteilung dieser allgemeinen Genehmigungen fest. Nach seinem Artikel 1 wird die Anzahl der für den gewerblichen Güterverkehr erteilten Genehmigungen jährlich auf nicht mehr als das Dreifache der im Vorjahr zurückgegebenen Genehmigungen für den gewerblichen Güterverkehr festgesetzt. Gemäß Artikel 4 Absatz 2 dieses Dekrets werden die Genehmigungsanträge innerhalb jeder Kategorie anhand eines Präferenzkriteriums eingestuft, das durch die Zahl der Genehmigungen, über die die Unternehmen bereits verfügen, bestimmt wird.

6 Nach dem Gesetzesdekret Nr. 85 vom 14. März 1998 (GURI Nr. 83 vom 9. April 1998, S. 42), das aufgrund der Ermächtigung durch das Gesetz Nr. 454/97 vom 23. Dezember 1997 über die Umstrukturierung des Straßentransports und die Entwicklung des kombinierten Verkehrs (GURI Nr. 303 vom 31. Dezember 1997, S. 4) erlassen wurde, dürfen ab 1. Januar 2001 alle in das Register der Straßentransporteure eingetragenen Unternehmen die Tätigkeit des gewerblichen Straßentransportunternehmens ausüben. Dieses Dekret sieht für die Übergangszeit eine Erhöhung der Transportkapazitäten vor, die bis zum Doppelten des zuvor genehmigten Transportaufkommens gehen kann.

Das vorprozessuale Verfahren

7 Da die Kommission meinte, dass die Richtlinie nicht vollständig innerhalb der gesetzten Frist in italienisches Recht umgesetzt worden sei, leitete sie das Vertragsverletzungsverfahren ein. Nachdem sie die Italienische Republik aufgefordert hatte, sich zu äußern, gab sie am 24. Juli 1998 eine mit Gründen versehene Stellungnahme ab, in der sie diesen Mitgliedstaat aufforderte, die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um dieser Stellungnahme binnen einer Frist von zwei Monaten nach ihrer Bekanntgabe nachzukommen. Da die Italienische Republik dieser Stellungnahme nicht entsprochen hat, hat die Kommission die vorliegende Klage erhoben.

Zur Begründetheit

8 Die Kommission trägt in ihrer Klage vor, die zur Umsetzung der Richtlinie in die italienische Rechtsordnung getroffenen Maßnahmen erreichten nicht das mit der Richtlinie angestrebte Ziel. Während diese Richtlinie bezwecke, im Bereich des kombinierten Verkehrs ein System ohne Genehmigung und Kontingentierung einzuführen, hätten die italienischen Behörden in diesem Bereich ein System sowohl der Genehmigung als auch der Kontingentierung aufrechterhalten, das auch nach dem 1. Juli 1993, als die für die Umsetzung der Richtlinie gesetzte Frist abgelaufen sei, gegolten habe.

9 Die italienische Regierung räumt ein, dass das mit den Ministerialdekreten vom 27. Februar und 27. Juni 1992 eingeführte System allgemeiner Genehmigungen gegen die Richtlinie verstoße. Sie trägt aber vor, dass mit dem Gesetzesdekret Nr. 85 zum 1. Januar 2001 ein der Richtlinie entsprechendes System in Kraft gesetzt worden sei. Nach ihrer Auffassung habe die kurze Übergangszeit einer schrittweisen Einführung des Liberalisierungsprozesses, die habe vorgesehen werden müssen, keinen Nachteil für die Unternehmer mit sich gebracht.

10 Dazu genügt die Feststellung, dass die Richtlinie keineswegs die Möglichkeit für die Mitgliedstaaten vorsieht, eine Übergangszeit für eine schrittweise Einführung des Liberalisierungsprozesses im Bereich des Straßenverkehrs festzulegen.

11 Daraus folgt, dass die Klage aus den vom Generalanwalt in Nummer 5 seiner Schlussanträge genannten Gründen bezüglich des Zeitpunkts, zu dem das Vorliegen einer Vertragsverletzung beurteilt werden muss, als begründet anzusehen ist.

12 Daher ist festzustellen, dass die Italienische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Artikel 2 der Richtlinie verstoßen hat, dass sie ein System der Genehmigung und Kontingentierung im kombinierten Verkehr zwischen Mitgliedstaaten aufrechterhalten hat, auch wenn sie die Sondergenehmigungen in allgemeine Genehmigungen umgewandelt hat.

Kostenentscheidung:

Kosten

13 Nach Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Kommission die Verurteilung der Italienischen Republik beantragt hat und diese mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, sind der Italienischen Republik die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1. Die Italienische Republik hat dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Artikel 2 der Richtlinie 92/106/EWG des Rates vom 7. Dezember 1992 über die Festlegung gemeinsamer Regeln für bestimmte Beförderungen im kombinierten Güterverkehr zwischen Mitgliedstaaten verstoßen, dass sie ein System der Genehmigung und Kontingentierung im kombinierten Verkehr zwischen Mitgliedstaaten aufrechterhalten hat, auch wenn sie die Sondergenehmigungen in allgemeine Genehmigungen umgewandelt hat.

2. Die Italienische Republik trägt die Kosten des Verfahrens.

Ende der Entscheidung

Zurück