Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 28.02.2008
Aktenzeichen: C-446/06
Rechtsgebiete: Verordnung (EG) Nr. 1254/1999


Vorschriften:

Verordnung (EG) Nr. 1254/1999 Art. 3 Buchst. f
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Dritte Kammer)

28. Februar 2008

"Rindfleisch - Gemeinsame Marktorganisation - Verordnung (EG) Nr. 1254/1999 - Art. 3 Buchst. f - Gewährung einer Mutterkuhprämie - Voraussetzungen, die einer üblichen Rinderzuchtpraxis entsprechen"

Parteien:

In der Rechtssache C-446/06

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom College van Beroep voor het bedrijfsleven (Niederlande) mit Entscheidung vom 13. Oktober 2006, beim Gerichtshof eingegangen am 31. Oktober 2006, in dem Verfahren

A. G. Winkel

gegen

Minister van Landbouw, Natuur en Voedselkwaliteit

erlässt

DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Rosas, der Richter U. Lõhmus, J. N. Cunha Rodrigues und A. Ó Caoimh sowie der Richterin P. Lindh (Berichterstatterin),

Generalanwalt: Y. Bot,

Kanzler: R. Grass,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

- von Herrn Winkel,

- der niederländischen Regierung, vertreten durch H. G. Sevenster und C. M. Wissels als Bevollmächtigte,

- der französischen Regierung, vertreten durch G. de Bergues und A.-L. During als Bevollmächtigte,

- der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch F. Erlbacher und M. van Heezik als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 6. Dezember 2007

folgendes

Urteil

Entscheidungsgründe:

1 Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 3 Buchst. f der Verordnung (EG) Nr. 1254/1999 des Rates vom 17. Mai 1999 über die gemeinsame Marktorganisation für Rindfleisch (ABl. L 160, S. 21) in der durch die Verordnung (EG) Nr. 1512/2001 des Rates vom 23. Juli 2001 (ABl. L 201, S. 1) geänderten Fassung (im Folgenden: Verordnung Nr. 1254/1999).

2 Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Herrn Winkel und dem Minister van Landbouw, Natuur en Voedselkwaliteit (Minister für Landwirtschaft, Natur und Lebensmittelqualität, im Folgenden: Landwirtschaftsminister) wegen der Nichtgewährung einer Mutterkuhprämie für bestimmte Kühe mit der Begründung, dass diese die vom nationalen Recht aufgestellten Voraussetzungen nicht erfüllten.

Rechtlicher Rahmen

Gemeinschaftsrecht

Verordnung Nr. 1254/1999

3 In Art. 3 Buchst. f und g der Verordnung Nr. 1254/1999 werden die Begriffe "Mutterkuh" und "Färse" wie folgt definiert:

"f) 'Mutterkuh' eine Kuh einer Fleischrasse oder eine aus der Kreuzung mit einer Fleischrasse hervorgegangene Kuh, die einem Aufzuchtbetrieb angehört, in dem Kälber für die Fleischerzeugung gehalten werden;

g) 'Färse' ein mindestens acht Monate altes weibliches Rind vor der ersten Abkalbung".

4 Art. 6 Abs. 2 Unterabs. 1 und 5 sowie Abs. 3 und 7 der Verordnung Nr. 1254/1999 sieht vor:

"(2) Die Mutterkuhprämie wird Erzeugern gewährt, die

...

sofern die betreffenden Erzeuger während mindestens sechs aufeinanderfolgenden Monaten ab dem Tag der Beantragung der Prämie eine Zahl Mutterkühe von mindestens 60 % und eine Zahl Färsen von höchstens 40 % der Anzahl Tiere halten, für die die Prämie beantragt wurde.

...

Um festzustellen, wie viele Tiere ... prämienfähig sind, wird auf der Grundlage der einzelbetrieblichen Referenzmenge gemäß Artikel 16 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 1255/1999 des Rates vom 17. Mai 1999 über die gemeinsame Marktorganisation für Milch und Milcherzeugnisse [ABl. L 160, S. 48] und des durchschnittlichen Milchertrags festgestellt, ob es sich um Kühe eines Mutterkuhbestands oder um Kühe eines Milchkuhbestands handelt.

(3) Der Prämienanspruch jedes Erzeugers ist gemäß Artikel 7 individuell begrenzt.

...

(7) Die Kommission erlässt nach dem Verfahren des Artikels 43 die Durchführungsvorschriften zu diesem Artikel, insbesondere hinsichtlich der Definition der Mutterkühe gemäß Artikel 3, und setzt den durchschnittlichen Milchertrag fest."

Verordnung (EG) Nr. 2342/1999

5 In Art. 14 der Verordnung (EG) Nr. 2342/1999 der Kommission vom 28. Oktober 1999 mit Durchführungsvorschriften zu der Verordnung (EG) Nr. 1254/1999 des Rates über die gemeinsame Marktorganisation für Rindfleisch hinsichtlich der Prämienregelung (ABl. L 281, S. 30, im Folgenden: Durchführungsverordnung) heißt es zum Begriff "Kühe einer Fleischrasse":

"Kühe, die den in Anhang I dieser Verordnung genannten Rinderrassen angehören, gelten nicht als Kühe einer Fleischrasse im Sinne des Artikels 3 Buchstabe f) ... der Verordnung (EG) Nr. 1254/1999."

6 Gemäß Art. 45 dieser Verordnung erlassen die Mitgliedstaaten alle erforderlichen Vorschriften, um deren ordnungsgemäße Durchführung zu gewährleisten.

Verordnung (EG) Nr. 2419/2001

7 Die Verordnung (EG) Nr. 2419/2001 der Kommission vom 11. Dezember 2001 mit Durchführungsbestimmungen zum mit der Verordnung (EWG) Nr. 3508/92 des Rates eingeführten integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystem für bestimmte gemeinschaftliche Beihilferegelungen (ABl. L 327, S. 11) sieht in ihrem Art. 38 Kürzungen der beantragten Beihilfe oder sogar Ausschlüsse von dieser Beihilfe vor, wenn bei Kontrollen Unregelmäßigkeiten im Beihilfeantrag festgestellt werden.

8 Art. 41 dieser Verordnung erlaubt jedoch die Berücksichtigung von Gründen, die mit den natürlichen Lebensumständen zusammenhängen, wie etwa des Todes eines Tiers durch Krankheit oder infolge eines Unfalls, für den der Betriebsinhaber nicht verantwortlich gemacht werden kann. Darüber hinaus sieht Art. 48 der Verordnung die Berücksichtigung von Fällen höherer Gewalt oder von außergewöhnlichen Umständen vor.

Nationales Recht

9 In Art. 1 Buchst. p der Regeling dierlijke EG-premies (Regelung über EG-Tierprämien) in der durch den Beschluss vom 30. Juli 2002 geänderten Fassung (Stcrt. 2002, Nr. 143, S. 10, im Folgenden: niederländische Regelung) wird der Begriff "Mutterkuh" mit denselben Worten definiert wie in Art. 3 Buchst. f der Verordnung Nr. 1254/1999.

10 Gemäß Art. 6 Abs. 1 Buchst. d der niederländischen Regelung in der bis zum 2. Juni 2003 geltenden Fassung erhält der Erzeuger nur für die Mutterkühe eine Prämie, die im betreffenden Jahr mindestens einmal gekalbt haben und deren Kälber frühestens vier Monate nach ihrer Geburt aus dem entsprechenden Bestand herausgenommen wurden.

11 Seit dem 2. Juni 2003 galt Art. 6 Abs. 1 Buchst. d der niederländischen Regelung in der wie folgt geänderten Fassung:

"Der Erzeuger erhält eine Prämie nur ... für die von ihm behaltenen Mutterkühe, die in einem Zeitraum von 20 Monaten vor und vier Monaten nach dem Zeitpunkt, zu dem der betreffende Antragszeitraum beginnt, mindestens einmal gekalbt haben und deren Kälber nicht früher als vier Monate nach ihrer Geburt aus dem entsprechenden Bestand herausgenommen wurden."

Sachverhalt des Ausgangsverfahrens und Vorlagefragen

12 Herr Winkel stellte für die Jahre 2002 und 2003 Prämienanträge für sieben Mutterkühe.

13 Für das Jahr 2002 entsprach der Landwirtschaftsminister zunächst diesem Antrag und zahlte Herrn Winkel eine Prämie in Höhe von etwa 1 300 Euro, änderte aber dann den Bescheid und forderte von ihm die Rückzahlung dieses Betrags, da vier der betreffenden Kühe ihre Kälber nicht während mindestens vier Monaten nach deren Geburt gesäugt hatten. Außerdem schloss der Landwirtschaftsminister Herrn Winkel von der Einkommensbeihilfe in Höhe von annähernd 900 Euro aus, anzurechnen auf die von ihm gemäß Art. 38 der Verordnung Nr. 2419/2001 in den Jahren 2003 bis 2005 erhaltenen Beihilfen.

14 Für das Jahr 2003 gewährte der Landwirtschaftsminister Herrn Winkel eine Prämie von etwa 1 100 Euro für sechs Mutterkühe. Für eine Kuh wurde die Prämie nicht gewährt, da sie ihr Kalb nicht für die Dauer von vier Monaten nach seiner Geburt gesäugt hatte.

15 Herr Winkel legte gegen die Rückforderung der Prämie für das Jahr 2002, den Ausschluss von der Einkommensbeihilfe für dasselbe Jahr und die Zurückweisung seines Prämienantrags bezüglich einer Kuh für 2003 Beschwerden ein. Der Landwirtschaftsminister wies diese Beschwerden mit Bescheid vom 26. Oktober 2004 zurück; gegen diesen Bescheid erhob Herr Winkel Klage beim College van Beroep voor het bedrijfsleven.

16 Dieses Gericht erwähnt zwei ihm vom Landwirtschaftsminister vorgelegte Dokumente. Das erste Dokument ist ein Auslegungsvermerk der Generaldirektion Landwirtschaft der Kommission vom 16. Dezember 1999, in welchem diese darauf hinweist, dass die Kälber von Mutterkühen abgesehen von Ausnahmefällen bei ihren Müttern bleiben müssen.

17 Das zweite ist ein Bericht derselben Generaldirektion vom 3. Juni 2002 über eine von den niederländischen Behörden im Anschluss an eine Kontrolle durch die Dienststellen der Kommission durchgeführte Untersuchung. Darin wird angegeben, dass fast 25 % der im Jahr 2000 geborenen Kälber aus Aufzuchtbeständen innerhalb der ersten vier Monate nach ihrer Geburt den Bestand verlassen hätten. Die Dienststellen der Kommission stellen fest, dass für die Gewährung der Mutterkuhprämie abgesehen von begründeten Ausnahmefällen jedes Kalb durchschnittlich vier Monate bei seiner Mutter bleiben müsse.

18 Das vorlegende Gericht fragt sich jedoch, ob ein Mitgliedstaat dadurch, dass er Voraussetzungen in Bezug auf die Kalbungshäufigkeit und die Dauer der Säugezeit bezogen auf die einzelne Mutterkuh und nicht auf den gesamten Bestand aufstellt, Anforderungen stellt, die mit dem Gemeinschaftsrecht unvereinbar sind.

19 Unter diesen Umständen hat das College van Beroep voor het bedrijfsleven beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1. Ist eine Regelung, die für einen Anspruch auf die Gewährung einer Mutterkuhprämie aufgrund der in der Rinderzucht üblichen Praxis voraussetzt, dass eine Kuh, um berücksichtigt werden zu können, in einem Zeitraum von 20 Monaten vor und vier Monaten nach dem Zeitpunkt, zu dem der betreffende Antragszeitraum beginnt, mindestens einmal gekalbt haben muss und dass das Kalb frühestens vier Monate nach seiner Geburt aus dem Bestand herausgenommen werden darf, mit Art. 3 Abs. 1 Buchst. f der Verordnung (EG) Nr. 1254/1999 vereinbar?

2. Welche Kriterien sind, falls Frage 1 verneint wird, anzuwenden, um festzustellen, ob in dem Bestand Kälber für die Fleischerzeugung gehalten werden und welche Kühe diesem Bestand angehören?

Zur ersten Frage

Vorbemerkungen

20 Aus den Akten geht hervor, dass sich die in den Niederlanden für den Bezug der Mutterkuhprämie geltenden Voraussetzungen zum einen auf die Kalbungshäufigkeit und zum anderen auf die Dauer der Säugezeit beziehen.

21 Die Voraussetzung betreffend die Kalbungshäufigkeit hat sich in dem Zeitraum, den die von Herrn Winkel erhobene Beschwerde betrifft, geändert. Bis zum 2. Juni 2003 mussten Kühe, für die eine Prämie beantragt wurde, mindestens einmal im Lauf des betreffenden Jahres gekalbt haben, um als Mutterkühe zu gelten. Ab dem 2. Juni 2003 genügte es, wenn die betreffenden Kühe einmal innerhalb eines definierten Zeitraums von zwei Jahren gekalbt haben.

22 Die Voraussetzung in Bezug auf die Dauer der Säugezeit, wonach die Kälber für einen Zeitraum von vier Monaten nach ihrer Geburt bei ihrer Mutter geblieben sein müssen, wurde dagegen nicht geändert.

23 Die erste Frage ist daher im Wesentlichen dahin zu verstehen, ob Art. 3 Buchst. f der Verordnung Nr. 1254/1999 einer innerstaatlichen Regelung entgegensteht, die den Anspruch auf die Mutterkuhprämie von der üblichen Rinderzuchtpraxis entsprechenden Voraussetzungen abhängig macht, die zum einen eine bestimmte Kalbungshäufigkeit vorsehen und die zum anderen verlangen, dass das Kalb während eines Zeitraums von vier Monaten nach seiner Geburt von seiner Mutter gesäugt worden ist.

Erklärungen der Parteien

24 Herr Winkel und die Kommission vertreten die Auffassung, dass Art. 3 Buchst. f der Verordnung Nr. 1254/1999 Voraussetzungen, wie sie in der niederländischen Regelung vorgesehen sind, entgegenstehe.

25 Herr Winkel trägt vor, die übliche Rinderzuchtpraxis, auf die sich diese Voraussetzungen stützten, sei unbestimmt und veränderlich, wie die Änderung der Voraussetzung bezüglich der Kalbungshäufigkeit belege.

26 Die Kommission ist der Auffassung, die Definition in Art. 3 Buchst. f sei abschließend und die Mitgliedstaaten dürften keine weiteren Voraussetzungen hinzufügen. Es müsse bezogen auf den gesamten Bestand und nicht nur auf die einzelne Kuh beurteilt werden, ob es sich um einen Aufzuchtbetrieb handele. Voraussetzungen, wie sie in der niederländischen Regelung aufgestellt würden, ließen nicht die Berücksichtigung der Ausnahmefälle zu, in denen die Dauer der Säugezeit oder die Kalbungshäufigkeit nicht hätten eingehalten werden können.

27 Die niederländische und die französische Regierung vertreten die entgegengesetzte Auffassung.

28 Die niederländische Regierung führt aus, sie habe die in Rede stehenden Voraussetzungen, insbesondere diejenige, die sich auf die Dauer der Säugezeit beziehe, eingeführt, um der von den Dienststellen der Kommission nach einer Kontrolle vorgebrachten Kritik Rechnung zu tragen. Darüber hinaus hindere die Voraussetzung in Bezug auf das Säugen nicht daran, Ausnahmefälle wie eine Notschlachtung und die damit verbundene notfallbedingte Herausnahme eines Kalbs gemäß den Bestimmungen der Verordnung Nr. 2419/2001 zu berücksichtigen.

29 Die französische Regierung ist der Auffassung, wenn es an einer genaueren Bestimmung auf Gemeinschaftsebene fehle, sei es Sache der Mitgliedstaaten, den Begriff "Kuh, die einem Aufzuchtbetrieb angehört, in dem Kälber für die Fleischerzeugung gehalten werden" unter Einhaltung der Ziele der Gemeinschaftsregelung zu definieren. Die in der niederländischen Regelung vorgesehenen Voraussetzungen stünden mit diesen in Einklang.

Antwort des Gerichtshofs

30 Zur Beantwortung der gestellten Frage ist der Wortlaut der Art. 3 Buchst. f und 6 der Verordnung Nr. 1254/1999 und des Art. 14 der Durchführungsverordnung anhand des Ziels dieser Verordnungen und der Verordnung Nr. 2419/2001 über die Kontrolle der Prämienzahlungen zu untersuchen.

31 Art. 3 Buchst. f der Verordnung Nr. 1254/1999 definiert den Begriff "Mutterkuh" anhand von zwei Kriterien. Nach dem ersten dieser Kriterien muss die Kuh einer Fleischrasse angehören oder aus der Kreuzung mit einer solchen Rasse hervorgegangen sein. Das zweite verlangt, dass sie einem Aufzuchtbetrieb angehört, in dem Kälber für die Fleischerzeugung gehalten werden.

32 Art. 6 dieser Verordnung stellt die Voraussetzungen für die Prämienfähigkeit der Mutterkuh auf und sieht in Abs. 2 die Verpflichtung für den Erzeuger vor, eine Zahl Mutterkühe entsprechend mindestens 60 % und eine Zahl Färsen entsprechend höchstens 40 % der Anzahl Tiere, für die die Prämie beantragt wurde, während mindestens sechs aufeinanderfolgenden Monaten ab dem Tag der Beantragung der Prämie zu halten.

33 Wie der Generalanwalt in Nr. 47 seiner Schlussanträge festgestellt hat, macht es diese Bestimmung erforderlich, genau zu bestimmen, was eine Mutterkuh ist, um sie von den anderen Kühen, wie den Milchkühen oder den Färsen, unterscheiden zu können.

34 In dieser Hinsicht betraut Art. 6 Abs. 7 der Verordnung Nr. 1254/1999 die Kommission mit der Aufgabe, die Durchführungsvorschriften zu dem in diesem Artikel vorgesehenen Prämiensystem zu erlassen und insbesondere den in Art. 3 Buchst. f dieser Verordnung genannten Begriff "Mutterkuh" zu definieren.

35 Die Kommission hat in Art. 14 der Durchführungsverordnung näher bestimmt, welche Kühe nicht als Kühe einer Fleischrasse im Sinne des Art. 3 Buchst. f der Verordnung Nr. 1254/1999 gelten, wobei sie in Art. 45 der Durchführungsverordnung von den Mitgliedstaaten verlangt, alle erforderlichen Vorschriften zu erlassen, um deren ordnungsgemäße Durchführung zu gewährleisten.

36 In Art. 14 der Durchführungsverordnung beschränkt sich die Kommission darauf, Kühe bestimmter Rinderrassen vom Begriff der Mutterkuh auszuschließen, ohne jedoch diesen Begriff für die Feststellung der Voraussetzungen der Prämienfähigkeit genauer zu umreißen. Insbesondere nennt die Kommission nicht die Kriterien, anhand deren bestimmt werden kann, ob eine Kuh einem Aufzuchtbetrieb angehört, in dem Kälber für die Fleischerzeugung gehalten werden.

37 Die Kommission weist vielmehr den Mitgliedstaaten die Aufgabe zu, die erforderlichen Vorschriften zu erlassen, um die ordnungsgemäße Umsetzung der Durchführungsverordnung zu gewährleisten. Ihnen obliegt es also letzten Endes, zu diesem Zweck den Begriff der Mutterkuh näher zu bestimmen.

38 Es ist daher zu prüfen, ob die Mitgliedstaaten zur näheren Bestimmung dieses Begriffs auf die in ihrem Hoheitsgebiet übliche Rinderzuchtpraxis abstellen dürfen.

39 In dieser Hinsicht ergibt sich aus den dem Gerichtshof vorgelegten Erklärungen, dass sich die Zuchtpraxis von einem Mitgliedstaat zum anderen unterscheidet. Die französische Regierung trägt vor, dass in Frankreich die Mindestdauer der Säugezeit eines für die Fleischerzeugung bestimmten Kalbs vier Wochen betrage. Die niederländische Regierung und die Kommission führen aus, dass die Dauer der Säugezeit in den Niederlanden im Allgemeinen vier Monate betrage.

40 Wie aus dem in Randnr. 17 dieses Urteils erwähnten Bericht vom 3. Juni 2002 hervorgeht, hat sich die Generaldirektion Landwirtschaft der Kommission selbst auf diese Praxis bezogen, indem sie den niederländischen Behörden vorgeworfen hat, Kühe als prämienfähig anzusehen, die ihre Kälber nicht in Übereinstimmung mit der üblichen Praxis in diesem Mitgliedstaat während mindestens vier Monaten gesäugt haben.

41 Fehlt es in der Durchführungsverordnung an einer genauen Definition des Begriffs der Mutterkuh zur Feststellung der Voraussetzungen für die Prämienfähigkeit, steht es den Mitgliedstaaten frei, diese Klarstellungen zu treffen, indem sie sich auf die übliche Rinderzuchtpraxis in ihrem Hoheitsgebiet stützen. Die Anwendung von Voraussetzungen bezogen auf die einzelne Kuh und nicht auf den gesamten Bestand stärkt durch ihre Klarheit die Rechtssicherheit und erleichtert die Kontrolle der Ordnungsgemäßheit der Prämienanträge. Sie läuft damit grundsätzlich weder den Verordnungen Nr. 1254/1999 und Nr. 2419/2001 noch der Durchführungsverordnung zuwider.

42 Es ist jedoch zu prüfen, ob Voraussetzungen, wie sie in der niederländischen Regelung aufgestellt worden sind, im Einklang mit dem Ziel dieser Verordnungen stehen.

43 Mit dem Erfordernis einer Kalbung innerhalb eines bestimmten Zeitraums soll sichergestellt werden, dass die prämienfähigen Kühe zum Erhalt des Aufzuchtbetriebs für Kälber beitragen, was gemäß Art. 3 Buchst. f der Verordnung Nr. 1254/1999 notwendige Voraussetzung für die Fleischerzeugung ist.

44 Das Erfordernis, die Kälber zur Sicherstellung einer Mindestsäugezeit im Bestand zu behalten, zielt darauf ab, zu gewährleisten, dass der Bestand für die Fleischerzeugung bestimmt ist und nicht für die Milcherzeugung. Wie die französische Regierung geltend gemacht hat, werden nämlich in Milchkuhbeständen im Gegensatz zu Mutterkuhbeständen, die für die Fleischerzeugung bestimmt sind, die Kälber im Allgemeinen sofort nach der Geburt von ihren Müttern getrennt und verkauft, um die Effizienz der Milchproduktion zu erhöhen.

45 Hieraus folgt, dass die auf der in einem Mitgliedstaat üblichen Praxis beruhenden Voraussetzungen in Bezug auf die Kalbungshäufigkeit und die Dauer der Säugezeit, wie sie im Ausgangsverfahren in Rede stehen, es ermöglichen, den Begriff der Mutterkuh für die Zwecke der Festlegung der Voraussetzungen für die Prämienfähigkeit und der Kontrolle, dass die Anträge prämienfähige Tiere betreffen, unter Einhaltung der Ziele der Verordnung Nr. 1254/1999, der Durchführungsverordnung und der Verordnung Nr. 2419/2001 genauer zu bestimmen.

46 Die Aufstellung solcher Voraussetzungen durch die Mitgliedstaaten kann somit eine sachdienliche Klarstellung zur Umsetzung der Gemeinschaftsregelung darstellen, vorausgesetzt, dass sie der Berücksichtigung außergewöhnlicher Umstände, die in dieser Regelung vorgesehen sind, nicht entgegensteht.

47 Hierzu hat die niederländische Regierung in ihren schriftlichen Erklärungen ausgeführt, dass die innerstaatlichen Behörden durch nichts daran gehindert seien, aus mit natürlichen Lebensumständen zusammenhängenden Gründen im Sinne von Art. 41 der Verordnung Nr. 2419/2001 oder wegen außergewöhnlicher Umstände im Sinne von Art. 48 dieser Verordnung eine Ausnahme insbesondere von der Voraussetzung der Säugezeit von vier Monaten zu machen.

48 Folglich ist der Einwand der Kommission, die Anwendung solcher Voraussetzungen mache die Berücksichtigung außergewöhnlicher Umstände wie z. B. des Todes eines Kalbs kurz nach seiner Geburt unmöglich, nicht begründet.

49 In Anbetracht der vorstehenden Erwägungen ist auf die Vorlagefrage zu antworten, dass Art. 3 Buchst. f der Verordnung Nr. 1254/1999 einer innerstaatlichen Regelung nicht entgegensteht, die den Anspruch auf die Mutterkuhprämie von der üblichen Rinderzuchtpraxis entsprechenden Voraussetzungen abhängig macht, die zum einen eine bestimmte Kalbungshäufigkeit vorsehen und die zum anderen verlangen, dass das Kalb während eines Zeitraums von vier Monaten nach seiner Geburt von seiner Mutter gesäugt worden ist.

Zur zweiten Frage

50 In Anbetracht der Antwort auf die erste Frage ist die zweite Frage, die nur für den Fall gestellt worden ist, dass Art. 3 Buchst. f der Aufstellung von Voraussetzungen in Bezug auf die Kalbung und die Dauer der Säugezeit, wie sie in der niederländischen Regelung vorgesehen sind, entgegensteht, nicht zu beantworten.

Kostenentscheidung:

Kosten

51 Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Tenor:

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Dritte Kammer) für Recht erkannt:

Art. 3 Buchst. f der Verordnung (EG) Nr. 1254/1999 des Rates vom 17. Mai 1999 über die gemeinsame Marktorganisation für Rindfleisch in der durch die Verordnung (EG) Nr. 1512/2001 des Rates vom 23. Juli 2001 geänderten Fassung steht einer innerstaatlichen Regelung nicht entgegen, die den Anspruch auf die Mutterkuhprämie von der üblichen Rinderzuchtpraxis entsprechenden Voraussetzungen abhängig macht, die zum einen eine bestimmte Kalbungshäufigkeit vorsehen und die zum anderen verlangen, dass das Kalb während eines Zeitraums von vier Monaten nach seiner Geburt von seiner Mutter gesäugt worden ist.

Ende der Entscheidung

Zurück