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Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 18.01.1996
Aktenzeichen: C-446/93
Rechtsgebiete: EG-Vertrag, Verordnung 1430/79, Verordnung Nr. 3799/86


Vorschriften:

EG-Vertrag Art. 177
Verordnung 1430/79 Art. 16
Verordnung 1430/79 Art. 17
Verordnung Nr. 3799/86 Art. 4a
Verordnung Nr. 3799/86 Art. 6a
Verordnung Nr. 3799/86 Art. 11a
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

1. Artikel 177 des Vertrages geht von einer klaren Zuständigkeitsverteilung zwischen den staatlichen Gerichten und dem Gerichtshof aus und gestattet es diesem nicht, die Gründe des Auslegungsersuchens zu beanstanden. Daher kann der Gerichtshof die Entscheidung über ein von einem nationalen Gericht vorgelegtes Ersuchen nur dann ablehnen, wenn offensichtlich kein Zusammenhang zwischen der von diesem Gericht erbetenen Auslegung des Gemeinschaftsrechts oder Prüfung der Gültigkeit einer Vorschrift des Gemeinschaftsrechts und der Realität oder dem Gegenstand des Ausgangsrechtsstreits besteht.

2. Es ist Sache der Rechtsordnung jedes Mitgliedstaats, zu bestimmen, welches Gericht für die Entscheidung von Rechtsstreitigkeiten zuständig ist, in denen es um individuelle, auf dem Gemeinschaftsrecht beruhende Rechte geht, wobei die Mitgliedstaaten jedoch für den wirksamen Schutz dieser Rechte in jedem Einzelfall verantwortlich sind. Unter diesem Vorbehalt ist es nicht Aufgabe des Gerichtshofes, bei der Lösung von Zuständigkeitsfragen mitzuwirken, die die Qualifizierung bestimmter, auf dem Gemeinschaftsrecht beruhender Rechtslagen im Bereich der nationalen Gerichtsbarkeit aufwerfen kann.

Der Gerichtshof ist jedoch befugt, dem nationalen Gericht die Kriterien des Gemeinschaftsrechts aufzuzeigen, die zur Lösung der Zuständigkeitsfrage, die sich diesem Gericht stellt, beitragen können.

3. Die Entscheidung der nationalen Zollbehörde über einen Antrag auf Erlaß von Eingangsabgaben gemäß Artikel 7 Absatz 1 der Verordnung Nr. 1574/80 zur Durchführung von Artikel 16 und 17 der Verordnung Nr. 1430/79 über die Erstattung und den Erlaß von Eingangs- und Ausfuhrabgaben betrifft unmittelbar die Verpflichtung einer natürlichen oder juristischen Person zur Zahlung des Betrages der Eingangsabgaben, die aufgrund der für die derartigen Abgaben unterliegenden Waren geltenden Vorschriften anwendbar sind. Es ist Sache des nationalen Gerichts, zur Bestimmung seiner Zuständigkeit auf diesem Gebiet die Folgerungen aus dieser Feststellung zu ziehen.

Der Begriff "noch nicht entrichtete Abgaben" in Artikel 1 Absatz 2 Buchstabe d der Verordnung Nr. 1430/79 bezieht sich nicht nur auf Abgaben, deren Zahlung aufgeschoben worden ist, so daß ein Erlaß nicht von der Voraussetzung abhängig ist, daß der Betroffene zuvor einen Zahlungsaufschub für diese Abgaben erhalten hat.

Wenn der Beteiligte in einem Antrag, der in Wirklichkeit auf den Erlaß von Eingangsabgaben gerichtet ist, Tatsachen geltend macht, die einen Sonderfall im Sinne von Artikel 13 Absatz 1 der Verordnung Nr. 1430/79 begründen können, ohne diese Vorschrift jedoch ausdrücklich zu erwähnen, hindert diese Unterlassung die nationale Zollbehörde nicht daran, den Antrag anhand dieser Vorschrift zu prüfen.

4. Artikel 4 Absatz 2 Buchstabe c der Verordnung Nr. 3799/86 der Kommission zur Durchführung der Artikel 4a, 6a, 11a und 13 der Verordnung Nr. 1430/79 des Rates über die Erstattung und den Erlaß von Eingangs- und Ausfuhrabgaben, der die gutgläubige Vorlage von Papieren zur Erlangung einer Zollpräferenzbehandlung für zum zollrechtlich freien Verkehr angemeldete Waren, wenn sich diese Papiere später als falsch, gefälscht oder für die Gewährung einer Zollpräferenzbehandlung ungültig erweisen, als Umstand bezeichnet, der für sich allein nicht als Sonderfall der auf Billigkeitserwägungen beruhenden Generalklausel in Artikel 13 Absatz 1 gilt, kann nicht als eine Vorschrift angesehen werden, die diese Generalklausel über das Erforderliche hinaus einschränkt.

Wenn die Verwendung falscher Zeugnisse allein einen Erlaß rechtfertigen könnte, so wären nämlich zum einen nachträgliche Kontrollen zu einem grossen Teil nutzlos, den Wirtschaftsteilnehmern würde der Anreiz für sorgfältiges Vorgehen genommen und der Staatskasse ein Risiko aufgebürdet, das in erster Linie die in der Wirtschaft Tätigen zu tragen haben. Lässt die Begründung eines Antrags, der darauf gestützt ist, daß der Beteiligte nicht wusste, daß die vorgelegten Papiere falsch, gefälscht oder ungültig waren, auf besondere Umstände schließen, aus denen sich ergibt, daß der Beteiligte nicht in betrügerischer Absicht oder offensichtlich fahrlässig gehandelt hat, so wird dieser Antrag zum anderen gemäß Artikel 6 der Verordnung Nr. 3799/86 der Kommission zur Entscheidung vorgelegt.


Urteil des Gerichtshofes (Dritte Kammer) vom 18. Januar 1996. - SEIM - Sociedade de Exportação e Importação de Materiais Ldª gegen Subdirector-Geral das Alfândegas. - Ersuchen um Vorabentscheidung: Tribunal Tributário de Segunda Instância - Portugal. - Erstattung oder Erlaß von Eingangsabgaben. - Rechtssache C-446/93.

Entscheidungsgründe:

1 Das Tribunal Tributário de Segunda Instância hat mit Beschluß vom 19. Januar 1993, bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen am 19. November 1993, gemäß Artikel 177 EG-Vertrag mehrere Fragen nach der Auslegung der Verordnung (EWG) Nr. 1430/79 des Rates vom 2. Juli 1979 über die Erstattung und den Erlaß von Eingangs- und Ausfuhrabgaben (ABl. L 175, S. 1) in der Fassung der Verordnung (EWG) Nr. 3069/86 des Rates vom 7. Oktober 1986 (ABl. L 286, S. 1), der Verordnung (EWG) Nr. 1574/80 der Kommission vom 20. Juni 1980 zur Durchführung von Artikel 16 und 17 der Verordnung (EWG) Nr. 1430/79 des Rates (ABl. L 161, S. 3) und der Verordnung (EWG) Nr. 3799/86 der Kommission vom 12. Dezember 1986 zur Durchführung der Artikel 4a, 6a, 11a und 13 der Verordnung (EWG) Nr. 1430/79 des Rates (ABl. L 352, S. 19) sowie über die Gültigkeit des Artikels 4 Absatz 2 Buchstabe c der Verordnung Nr. 3799/86 zur Vorabentscheidung vorgelegt.

2 Diese Fragen stellen sich in einem Rechtsstreit zwischen der Firma SEIM ° Sociedade de Exportação e Importação de Materiais Ld.ª ° und der portugiesischen Zollverwaltung über die Festsetzung von Zöllen für Wareneinfuhren.

3 Die SEIM, die Klägerin des Ausgangsverfahrens, kaufte bei einem in Deutschland niedergelassenen Unternehmen Waren, die bei ihrer Einfuhr nach Portugal im Jahre 1986 nicht mit Zöllen belegt wurden, da in den Ursprungszeugnissen EUR 1 als Ursprung der Waren die Bundesrepublik Deutschland angegeben war.

4 Später wurden diese Zeugnisse jedoch von den deutschen Zollbehörden mit der Begründung für ungültig erklärt, daß sie zu Unrecht ausgestellt worden seien, da die Waren nicht den in den Zeugnissen angegebenen Ursprung hätten. Die portugiesischen Zollbehörden leiteten daraufhin ein Verfahren zur Nacherhebung der betreffenden Zölle in Höhe von 7 660 587 ESC ein.

5 Die SEIM, der kein Zahlungsaufschub gewährt worden war, weigerte sich, diesen Betrag zu zahlen, und erhob beim Tribunal Fiscal Aduaneiro Porto Nichtigkeitsklage gegen den Akt der Festsetzung der Zölle.

6 Daneben stellte die SEIM bei der Zollverwaltung in Porto einen Antrag auf Übermittlung des Falles an die Kommission gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 1573/80 der Kommission vom 20. Juni 1980 zur Durchführung von Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung (EWG) Nr. 1697/79 des Rates betreffend die Nacherhebung von noch nicht vom Abgabenschuldner angeforderten Eingangs- oder Ausfuhrabgaben für Waren, die zu einem Zollverfahren angemeldet worden sind, das die Verpflichtung zur Zahlung derartiger Abgaben beinhaltet (ABl. L 161, S. 1), damit die Kommission über den Antrag entscheide, von einer Nacherhebung des geforderten Betrages abzusehen. Ausserdem beantragte die SEIM als vorläufige Maßnahme die Aussetzung der Vollziehung der streitigen Entscheidung.

7 Nach Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung (EWG) Nr. 1697/79 des Rates vom 24. Juli 1979 (ABl. L 197, S. 1) können die "zuständigen Behörden... von einer Nacherhebung von Eingangs- oder Ausfuhrabgaben absehen, deren Nichterhebung auf einen Irrtum der zuständigen Behörden zurückzuführen ist, sofern dieser Irrtum vom Abgabenschuldner nicht erkannt werden konnte und letzterer gutgläubig gehandelt und alle geltenden Bestimmungen betreffend die Zollerklärung beachtet hat".

8 Zur Begründung dieser Anträge machte die SEIM insbesondere geltend, daß ein Irrtum auf seiten der deutschen Zollbehörden vorgelegen habe, der von ihr nicht habe erkannt werden können, und daß sie ganz und gar gutgläubig gehandelt habe, so daß die Voraussetzungen für die Nichtnacherhebung des streitigen Betrages nach Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung Nr. 1697/79 erfuellt seien.

9 Am 28. Februar 1989 teilte die Zollgeneraldirektion der SEIM mit, daß ihr Antrag abgelehnt worden sei. In dieser Mitteilung vertraten die portugiesischen Behörden im wesentlichen die Auffassung, daß sich Artikel 5 Absatz 2 auf die Irrtümer der zuständigen Behörden des Mitgliedstaats beziehe, die einen niedrigeren als den geschuldeten Betrag festgesetzt hätten, und nicht auf diejenigen der Behörden des Ausfuhrmitgliedstaats, die wie im vorliegenden Fall zu Unrecht Warenverkehrsbescheinigungen EUR 1 ausgestellt hätten.

10 Die SEIM erhob daraufhin beim Tribunal Tributário de Segunda Instância eine Nichtigkeitsklage gegen diese Entscheidung, die Gegenstand des Ausgangsrechtsstreits ist. In diesem Zusammenhang macht die SEIM drei Klagegründe geltend. Erstens seien die Voraussetzungen, die nach Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung Nr. 1697/79 dafür bestuenden, daß die zuständigen Behörden keine Nacherhebung vornähmen, erfuellt. Zweitens sei die endgültige Entscheidung in Anbetracht des geforderten Betrages, der höher als 2 000 ECU sei, Sache der Kommission, so daß die Zollgeneraldirektion den Vorgang der Kommission vorlegen müsste. Drittens ließe sich das gleiche Ergebnis dadurch erreichen, daß die Regelung in Artikel 13 Absatz 1 der Verordnung Nr. 1430/79 herangezogen werde.

11 Die Verordnung Nr. 1430/79 soll nach Artikel 1 die Voraussetzungen festlegen, unter denen die zuständigen Behörden die Erstattung oder den Erlaß von Eingangs- oder Ausfuhrabgaben gewähren, die sich aus der Anwendung der gemeinsamen Agrarpolitik oder der Anwendung der Bestimmungen des Vertrages über die Zollunion ergeben.

12 Nach Artikel 1 Absatz 2 Buchstabe d gilt als "Erlaß" "der vollständige oder teilweise Verzicht auf die Erhebung von durch die für die Erhebung zuständige Behörde buchmässig erfassten, jedoch noch nicht entrichteten Eingangs- oder Ausfuhrabgaben".

13 Die Erstattung oder der Erlaß von Eingangsabgaben kann mit den folgenden Gründen gerechtfertigt werden: dem Nichtbestehen einer Zollschuld oder der Berechnung höherer als der gesetzlich geschuldeten Abgaben (Abschnitt A, Artikel 2), der irrtümlichen Anmeldung der Waren zum zollrechtlich freien Verkehr (Abschnitt B, Artikel 3 und 4), der Zurückweisung von schadhaften oder den Vertragsbedingungen nicht entsprechenden Waren durch den Einführer (Abschnitt C, Artikel 5 bis 9) und mit Sonderfällen, die bei den Waren vorliegen (Abschnitt D, Artikel 10 bis 12).

14 Artikel 13 in der durch die Verordnung Nr. 3069/86 geänderten Fassung sieht noch andere Fälle vor, die zur Erstattung oder zum Erlaß der Eingangsabgaben führen können (Abschnitt E). Diese Vorschrift bestimmt folgendes:

"(1) Die Eingangsabgaben können ausser in den in den Abschnitten A bis D genannten Fällen bei Vorliegen besonderer Umstände erstattet oder erlassen werden, sofern der Beteiligte nicht in betrügerischer Absicht oder offensichtlich fahrlässig gehandelt hat.

Die Voraussetzungen und die Modalitäten für die Anwendung von Unterabsatz 1 werden nach dem Verfahren des Artikels 25 festgelegt. Für die Erstattung und den Erlaß können besondere Voraussetzungen gelten.

(2) Die Erstattung oder der Erlaß von Eingangsabgaben aus den in Absatz 1 genannten Gründen erfolgt auf Antrag; dieser ist binnen 12 Monaten nach der buchmässigen Erfassung der Abgaben durch die für die Erhebung zuständigen Behörden bei der zuständigen Zollstelle einzureichen.

In begründeten Ausnahmefällen können die zuständigen Behörden diese Frist verlängern."

15 Artikel 4 der Verordnung Nr. 3799/86, die die Durchführungsbestimmungen u. a. für Artikel 13 der Verordnung Nr. 1430/79 festlegt, zählt "unbeschadet weiterer Sachverhalte, die... von Fall zu Fall zu beurteilen sind" "Sonderfälle" im Sinne der letztgenannten Vorschrift auf, in denen die Erstattung oder der Erlaß der Eingangsabgaben zulässig ist (Absatz 1) sowie Fälle, die für sich allein nicht als derartige Sonderfälle gelten (Absatz 2).

16 Artikel 4 bezeichnet in Absatz 2 Buchstabe c als Umstand, der für sich allein nicht als Sonderfall im Sinne von Artikel 13 gilt, "die gutgläubige Vorlage von Papieren zur Erlangung einer Zollpräferenzbehandlung für zum zollrechtlich freien Verkehr angemeldete Waren, wenn sich diese Papiere später als falsch, gefälscht oder für die Gewährung einer Zollpräferenzbehandlung ungültig erweisen".

17 Sodann bestimmt Artikel 5 der Verordnung Nr. 3799/86, daß die Eingangsabgaben erstattet oder erlassen werden, wenn die für einen Antrag auf Erstattung oder Erlaß vorgebrachten Gründe die in Artikel 4 Absatz 1 beschriebenen Tatbestände erfuellen (Absatz 1). Erfuellen die vorgebrachten Gründe dagegen die in Artikel 4 Absatz 2 beschriebenen Tatbestände, so wird der Antrag abgelehnt (Absatz 2).

18 Artikel 6 Absatz 1 derselben Verordnung bestimmt:

"Ist die zuständige Behörde eines Mitgliedstaats, bei der ein Antrag auf Erstattung oder Erlaß nach Artikel 13 Absatz 2 der Grundverordnung gestellt wurde, nicht in der Lage, nach Artikel 4 zu entscheiden, ob diesem Antrag stattzugeben ist oder nicht, so lehnt sie den Antrag ab, es sei denn, dessen Begründung lässt auf besondere Umstände schließen, aus denen sich ergibt, daß der Beteiligte nicht in betrügerischer Absicht oder offensichtlich fahrlässig gehandelt hat.

In den übrigen Fällen legt sie den Fall mit allen entscheidungserheblichen Einzelheiten der Kommission zur Behandlung nach den Verfahren der Artikel 7 bis 10 vor..."

19 Schließlich sieht Artikel 7 Absatz 1 der Verordnung Nr. 1574/80 zur Durchführung der Artikel 16 und 17 der Verordnung Nr. 1430/79, die das Verfahren betreffen, das bei der Stellung eines Antrags auf Erstattung oder Erlaß einzuhalten ist, folgendes vor:

"Liegen der Entscheidungsbehörde alle erforderlichen Angaben und Unterlagen vor, so entscheidet sie so bald wie möglich über den Antrag und gibt dem Antragsteller ihre Entscheidung schriftlich bekannt."

20 In seinem Vorlagebeschluß stellt das Tribunal Tributário de Segunda Instância vorab fest, daß es über eine Vorfrage entscheiden müsse, die sich auf seine eigene Zuständigkeit beziehe. Das portugiesische Recht unterscheide nämlich zwischen Verwaltungszollstreitigkeiten, bei denen es um Klagen gegen fiskalische Zollfragen betreffende Verwaltungsakte gehe und die in die Zuständigkeit des Tribunal Tributário de Segunda Instância fielen, und fiskalischen Zollstreitigkeiten, bei denen es um Klagen gegen Akte der Festsetzung der fiskalischen Zolleinnahmen gehe und die in die Zuständigkeit der Tribunais Fiscais Aduaneiros fielen. In diesem Zusammenhang fragt sich das vorlegende Gericht insbesondere, ob bei dem angefochtenen Akt, durch den der Antrag auf Erlaß von Zöllen abgelehnt wird, materielle fiskalische Vorschriften oder fiskalische Verfahrens- oder Verwaltungsvorschriften angewandt würden. Es fragt sich auch, ob diese Entscheidung von der Zollverwaltung in Ausübung ihrer fiskalischen Funktion oder ihrer Verwaltungsfunktion getroffen werde.

21 Das vorlegende Gericht fragt sich sodann, ob es für das Vorliegen eines Antrags auf "Erlaß" von Einfuhrabgaben genüge, daß ° wie es in Artikel 1 Absatz 2 Buchstabe d der Verordnung Nr. 1430/79 geregelt sei ° die festgesetzten Abgaben "noch nicht entrichtet" worden seien, oder ob es darüber hinaus erforderlich sei, daß die Nichtzahlung sich durch die Gewährung eines Zahlungsaufschubs erkläre.

22 Das vorlegende Gericht fragt sich darüber hinaus, ob der Inquisitionsgrundsatz, der im portugiesischen Verwaltungsrecht im nicht streitigen Verwaltungsverfahren gelte, auch beim Erlaß von Eingangsabgaben anwendbar sei. Wenn dies der Fall sei, habe die Klägerin des Ausgangsverfahrens lediglich die für den Erlaß sprechenden tatsächlichen Gesichtspunkte genau angeben müssen, während die nationale Behörde diese Tatsachen unter dem zollrechtlich zutreffenden Gesichtspunkt habe prüfen müssen, d. h. im vorliegenden Fall als einen Antrag gemäß Artikel 13 der Verordnung Nr. 1430/79.

23 Schließlich zweifelt das nationale Gericht an der Gültigkeit des Artikels 4 Absatz 2 Buchstabe c der Verordnung Nr. 3799/86 insoweit, als dieser die Fälle, in denen gemäß Artikel 13 Absatz 1 der Verordnung Nr. 1430/79 der Erlaß ausgesprochen werden könne, über das hinaus eingeschränkt habe, was erforderlich sei, um andere gemeinschaftsrechtlich geschützte Rechte oder Interessen zu wahren.

24 In Anbetracht dieser Zweifel hat das Tribunal Tributário de Segunda Instância das Verfahren ausgesetzt, bis der Gerichtshof im Wege der Vorabentscheidung über folgende Fragen entschieden hat:

a) Unter Berücksichtigung der Erwägungen in Kapitel II des vorliegenden Vorabentscheidungsersuchens, der Regelung der Nacherhebung durch die Verordnung (EWG) Nr. 1697/79 des Rates vom 24. Juli 1979 und der Regelung des Erlasses von bereits festgesetzten, aber noch nicht gezahlten Abgaben durch die Verordnung (EWG) Nr. 1430/79 des Rates vom 2. Juli 1979 stellt sich die Frage, ob bei der Entscheidung der nationalen Zollstelle gemäß Artikel 7 Absatz 1 der Verordnung (EWG) Nr. 1574/80 der Kommission vom 20. Juni 1980, mit der ein Antrag auf Erlaß von Abgaben abgelehnt wurde, materielle fiskalische Vorschriften oder Vorschriften des Verwaltungsrechts der Gemeinschaft angewandt werden oder ob diese Entscheidung in Ausübung der fiskalischen Funktion der Zollstelle oder in Ausübung der Verwaltungsfunktion im eigentlichen Sinne erlassen wurde. Welche Rechtsnatur hat diese Entscheidung?

b) Ist Artikel 1 Absatz 2 Buchstabe d der Verordnung Nr. 1430/79, der auf noch nicht entrichtete Abgaben verweist, in dem Sinne eng auszulegen, daß er sich auf Abgaben bezieht, für deren Entrichtung ein Zahlungsaufschub gewährt worden ist?

c) War die nationale Zollstelle ° da die Beteiligte Tatsachen angeführt hat, die rechtlich möglicherweise in irgendeiner Form zu den Sonderfällen gehören, die auf Umständen beruhen, aus denen sich ergibt, daß keine betrügerische Absicht und auch keine offensichtliche Fahrlässigkeit seitens der Beteiligten vorliegt (Artikel 13 Absatz 1 der Verordnung Nr. 1430/79 in der Fassung der Verordnung [EWG] Nr. 3069/86 des Rates vom 7. Oktober 1980) ° gemäß Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung (EWG) Nr. 3799/86 der Kommission vom 12. Dezember 1986 verpflichtet, den Antrag auf Erlaß der Eingangsabgaben unter Berücksichtigung der in Artikel 13 Absatz 1 enthaltenen allgemeinen Billigkeitsklausel zu prüfen?

d) Ist Artikel 4 Ziffer 2 Buchstabe c der Verordnung Nr. 3799/86 vom 12. Dezember 1986 nicht deshalb ungültig, weil er die besonderen Fälle des Erlasses über das zum Schutz anderer Gemeinschaftsinteressen erforderliche Maß hinaus eingeschränkt und dadurch Artikel 13 Absatz 1 der Verordnung Nr. 1430/79 verletzt hat?

Zur Zulässigkeit der Vorabentscheidungsfragen

25 Die portugiesische Regierung ist der Auffassung, die Vorabentscheidungsfragen seien unzulässig. Das Tribunal Tributário de Segunda Instância habe den Wortlaut des Antrags der SEIM sowie den der angefochtenen Entscheidung verkannt, als es angenommen habe, daß die angefochtene Entscheidung die Rechtsnatur einer Ablehnung des Erlasses von Eingangsabgaben habe. Das Gericht habe damit die Begriffe Nichtnacherhebung von Eingangsabgaben und Erlaß von Eingangsabgaben, die sich voneinander unterschieden und für die unterschiedliche Regelungen gälten, miteinander verwechselt.

26 Die angefochtene Entscheidung sei nämlich in Wirklichkeit eine ablehnende Entscheidung auf einen Antrag auf Nichtnacherhebung der streitigen Eingangsabgaben und nicht ein Antrag auf Erlaß dieser Abgaben. Daher sei bei dieser Entscheidung nur die entsprechende Rechtsgrundlage, nämlich die Verordnung Nr. 1697/79, berücksichtigt worden. Aufgrund dieser fehlerhaften Qualifizierung stuenden die Vorabentscheidungsfragen nicht in einem unmittelbaren Zusammenhang mit dem Rechtsstreit, in dem das Gericht zu entscheiden habe.

27 Diesem Vorbringen ist nicht zu folgen.

28 Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes geht Artikel 177 von einer klaren Zuständigkeitsverteilung zwischen den staatlichen Gerichten und dem Gerichtshof aus und gestattet es diesem nicht, die Gründe des Auslegungsersuchens zu beanstanden. Daher kann der Gerichtshof die Entscheidung über ein von einem nationalen Gericht vorgelegtes Ersuchen nur dann ablehnen, wenn offensichtlich kein Zusammenhang zwischen der von diesem Gericht erbetenen Auslegung des Gemeinschaftsrechts oder Prüfung der Gültigkeit einer Vorschrift des Gemeinschaftsrechts und der Realität oder dem Gegenstand des Ausgangsrechtsstreits besteht (vgl. u. a. Urteil vom 16. Juni 1981 in der Rechtssache 126/80, Salonia, Slg. 1981, 1563, Randnr. 6).

29 Aus dem Vorlagebeschluß ergibt sich aber, daß die portugiesische Zollgeneraldirektion, auch wenn die SEIM den Erlaß der streitigen Zölle nicht förmlich beantragt hat, den Antrag auf Vorlage des Nacherhebungsvorgangs an die Kommission, damit diese die Entscheidung über die Nichterhebung treffe, so verstanden und auf der Grundlage dieser Qualifizierung in einem für die SEIM ungünstigen Sinne entschieden hat. Das vorlegende Gericht folgert daraus, daß der Antrag der SEIM als Antrag auf Erlaß von Eingangsabgaben zu behandeln sei.

30 Unter diesen Umständen erscheint die Heranziehung der gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften über den Erlaß von Eingangsabgaben nicht als offenkundig fehlerhaft. Der Gerichtshof hat daher die ihm gestellten Fragen zu prüfen.

Zur materiellen Rechtslage

Zur ersten Frage

31 Sowohl die portugiesische Regierung als auch die Kommission sind der Auffassung, das mit dieser Frage aufgeworfene Qualifizierungsproblem betreffe nur das innerstaatliche Recht und falle daher nicht in die Zuständigkeit des im Vorabentscheidungsverfahren angerufenen Gerichtshofes.

32 In diesem Zusammenhang ist festzustellen, daß es nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes (siehe u. a. Urteil vom 9. Juli 1985 in der Rechtssache 179/84, Bozetti, Slg. 1985, 2301, Randnr. 17) Sache der Rechtsordnung jedes Mitgliedstaats ist, zu bestimmen, welches Gericht für die Entscheidung von Rechtsstreitigkeiten zuständig ist, in denen es um individuelle, auf dem Gemeinschaftsrecht beruhende Rechte geht, wobei die Mitgliedstaaten jedoch für den wirksamen Schutz dieser Rechte in jedem Einzelfall verantwortlich sind. Unter diesem Vorbehalt ist es nicht Aufgabe des Gerichtshofes, bei der Lösung von Zuständigkeitsfragen mitzuwirken, die die Qualifizierung bestimmter, auf dem Gemeinschaftsrecht beruhender Rechtslagen im Bereich der nationalen Gerichtsbarkeit aufwerfen kann.

33 Nach demselben Urteil, Randnummer 18, ist der Gerichtshof jedoch befugt, dem nationalen Gericht die Kriterien des Gemeinschaftsrechts aufzuzeigen, die zur Lösung der Zuständigkeitsfrage, die sich diesem Gericht stellt, beitragen können.

34 Hierzu ist festzustellen, daß die "Zollschuld" gemäß Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung (EWG) Nr. 2144/87 des Rates vom 13. Juli 1987 über die Zollschuld (ABl. L 201, S. 15), die im Ausgangsverfahren anwendbar ist, u. a. "durch die Entrichtung der Eingangs- oder Ausfuhrabgaben auf die betreffenden Waren oder gegebenenfalls durch Erlaß dieser Abgaben nach den geltenden Gemeinschaftsvorschriften" erlischt. Die Entscheidung über den Antrag auf Erlaß bezieht sich daher unmittelbar auf die Verpflichtung einer natürlichen oder juristischen Person zur Zahlung des Betrages der Eingangsabgaben, die nach den geltenden Vorschriften auf die derartigen Abgaben unterliegenden Waren anwendbar sind.

35 Auf die erste Frage ist daher zu antworten, daß die Entscheidung der nationalen Zollbehörde gemäß Artikel 7 Absatz 1 der Verordnung Nr. 1574/80 unmittelbar die Verpflichtung einer natürlichen oder juristischen Person zur Zahlung des Betrages der Eingangsabgaben betrifft, die aufgrund der für die derartigen Abgaben unterliegenden Waren geltenden Vorschriften anwendbar sind. Es ist Sache des nationalen Gerichts, zur Bestimmung seiner Zuständigkeit auf diesem Gebiet die Folgerungen aus dieser Feststellung zu ziehen.

Zur zweiten Frage

36 Nach dem Wortlaut des Artikels 1 Absatz 2 Buchstabe d der Verordnung Nr. 1430/79 ist "Erlaß" "der vollständige oder teilweise Verzicht auf die Erhebung von durch die für die Erhebung zuständige Behörde buchmässig erfassten, jedoch noch nicht entrichteten Eingangs- oder Ausfuhrabgaben". Aus dieser Vorschrift lässt sich in keiner Weise ableiten, daß ein Erlaß von der zusätzlichen Voraussetzung abhängig wäre, daß der Betroffene zuvor einen Zahlungsaufschub für diese Abgaben erhalten hat.

37 Diese Auslegung wird durch Artikel 13 Absatz 2 Unterabsatz 1 der Verordnung Nr. 1430/79 bestätigt, der in der im Ausgangsverfahren geltenden Fassung der Verordnung Nr. 3069/86 die Erstattung oder den Erlaß aus den in Absatz 1 dieser Vorschrift genannten Gründen lediglich davon abhängig macht, daß bei der zuständigen Zollstelle "binnen zwölf Monaten nach der buchmässigen Erfassung der Abgaben durch die für die Erhebung zuständigen Behörden" ein dahin gehender Antrag eingereicht wird.

38 Dabei könnte eingewandt werden, daß in der zweiten Begründungserwägung der Verordnung Nr. 1430/79 der in Artikel 2 dieser Verordnung geregelte Fall angesprochen wird, daß der entrichtete oder "aufgeschobene" Betrag an Eingangsabgaben den gesetzlich geschuldeten Betrag übersteigt. Wie die Kommission im übrigen zu Recht vorgetragen hat, bezieht sich diese Formulierung allein auf einen in der Richtlinie 78/453/EWG des Rates vom 22. Mai 1978 zur Harmonisierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften über den Zahlungsaufschub für Eingangs- und Ausfuhrabgaben (ABl. L 146, S. 19) vorgesehenen Fall, der den Gemeinschaftsgesetzgeber nicht an der Einführung einer autonomen Regelung über den Erlaß und die Erstattung von Eingangs- oder Ausfuhrabgaben hindert.

39 Auf die zweite Vorabentscheidungsfrage ist daher zu antworten, daß der Begriff "noch nicht entrichtete Abgaben" in Artikel 1 Absatz 2 Buchstabe d der Verordnung Nr. 1430/79 sich nicht nur auf Abgaben bezieht, deren Zahlung aufgeschoben worden ist.

Zur vierten Frage

40 Diese Frage des vorlegenden Gerichts geht dahin, ob Artikel 4 Absatz 2 Buchstabe c der Verordnung Nr. 3799/86 nicht deshalb ungültig ist, weil er die auf Billigkeitserwägungen beruhende Generalklausel in Artikel 13 Absatz 1 der Verordnung Nr. 1430/79 in seiner geänderten Fassung über das Erforderliche hinaus einschränkt.

41 Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes ist Artikel 13 der Verordnung Nr. 1430/79 eine auf Billigkeitserwägungen beruhende Generalklausel, die andere als die praktisch am häufigsten vorkommenden Fälle, für die bei Erlaß der Verordnung eine besondere Regelung geschaffen werden konnte, erfassen soll (vgl. u. a. Urteil vom 12. März 1987 in den verbundenen Rechtssachen 244/85 und 245/85, Cerealmangimi und Italgrani/Kommission, Slg. 1987, 1303, Randnr. 10).

42 Artikel 13 Absatz 1 Unterabsatz 2 ermächtigt die Kommission, die Voraussetzungen und die Modalitäten zu bestimmen, unter denen Eingangsabgaben erstattet oder erlassen werden können, und zwar in anderen als in den in den Abschnitten A bis D genannten Fällen, die auf Umständen beruhen, aus denen sich ergibt, daß der Beteiligte weder in betrügerischer Absicht noch offensichtlich fahrlässig gehandelt hat.

43 So definiert Artikel 4 der Verordnung Nr. 3799/86 in Absatz 1 die Sonderfälle, die auf Umstände zurückzuführen sind, aus denen sich ergibt, daß der Beteiligte nicht in betrügerischer Absicht oder offensichtlich fahrlässig gehandelt hat, und die zu der begehrten Erstattung oder dem begehrten Erlaß führen und in Absatz 2 Fälle, die als solche für die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten keinen hinreichenden Grund für den Erlaß oder die Erstattung darstellen.

44 Was insbesondere den in Artikel 4 Absatz 2 Buchstabe c genannten Fall angeht, ist darauf hinzuweisen, daß der Gerichtshof im Urteil vom 13. November 1984 in den verbundenen Rechtssachen 98/83 und 230/83 (Van Gend & Loos, Slg. 1984, 3763, Randnr. 13) entschieden hat, daß nachträgliche Kontrollen zu einem grossen Teil nutzlos wären, wenn die Verwendung falscher Zeugnisse allein einen Erlaß rechtfertigen könnte.

45 Wie die Kommission zu Recht vorgetragen hat, könnte die entgegengesetzte Lösung den Wirtschaftsteilnehmern den Anreiz für sorgfältiges Vorgehen nehmen und der Staatskasse ein Risiko aufbürden, das in erster Linie die in der Wirtschaft Tätigen zu tragen haben.

46 Lässt die Begründung eines Antrags, der darauf gestützt ist, daß der Beteiligte nicht wusste, daß die vorgelegten Papiere falsch, gefälscht oder ungültig waren, auf besondere Umstände schließen, aus denen sich ergibt, daß der Beteiligte nicht in betrügerischer Absicht oder offensichtlich fahrlässig gehandelt hat, so wird dieser Antrag jedoch gemäß Artikel 6 der Verordnung Nr. 3799/86 der Kommission zur Entscheidung vorgelegt.

47 Es kann somit nicht angenommen werden, daß Artikel 4 Absatz 2 Buchstabe c der Verordnung Nr. 3799/86 die auf Billigkeitserwägungen beruhende Generalklausel in Artikel 13 Absatz 1 der Verordnung Nr. 1430/79 über das Erforderliche hinaus einschränkt.

48 Es ist daher zu antworten, daß die Prüfung der Frage nichts ergeben hat, was die Gültigkeit des Artikels 4 Absatz 2 Buchstabe c der Verordnung Nr. 3799/86 beeinträchtigen könnte.

Zur dritten Frage

49 Die dritte Frage des vorlegenden Gerichts geht im wesentlichen dahin, ob dann, wenn der Beteiligte in einem Antrag, der in Wirklichkeit auf den Erlaß von Eingangsabgaben gerichtet ist, Tatsachen geltend macht, die einen Sonderfall im Sinne von Artikel 13 Absatz 1 der Verordnung Nr. 1430/79 begründen können, ohne diese Vorschrift jedoch ausdrücklich zu erwähnen, diese Unterlassung die nationale Zollbehörde daran hindert, den Antrag anhand dieser Vorschrift zu beurteilen.

50 Die portugiesische Regierung macht in diesem Zusammenhang geltend, die Anwendung von Artikel 13 hänge gemäß Artikel 13 Absatz 2 in der Fassung der Verordnung Nr. 3069/86 von dem von dem Beteiligten formulierten Antrag und von der von ihm beigebrachten Begründung ab. Die Zollbehörde sei daher nicht befugt, den Antrag neu zu qualifizieren.

51 Diesem Vorbringen ist nicht zu folgen.

52 Zwar setzt ein Erlaß gemäß Artikel 13 die Stellung eines Antrags durch den Betroffenen bei der zuständigen Behörde voraus und zwar sieht die Verordnung Nr. 1430/79 vor, daß die zuständigen Behörden den Erlaß nur in den in Artikel 2 vorgesehenen Fällen von Amts wegen vornehmen können, diese Vorschriften hindern diese Behörden aber nicht daran, sich in allen Fällen zu vergewissern, daß die geltend gemachten Umstände nicht unter irgendeinen der von der streitigen Regelung erfassten Tatbestände fallen.

53 Es trifft zu, daß die Artikel 5 Absatz 1 und 6 Absatz 1 der Verordnung Nr. 3799/86, die die Zuständigkeiten der nationalen Behörden und der Kommission bei der Beurteilung von Anträgen auf Erlaß oder Erstattung betreffen, sich auf einen "Antrag nach Artikel 13 Absatz 2 der Grundverordnung" bzw. auf einen "Antrag auf Erstattung oder Erlaß nach [demselben Artikel]" beziehen. Diese Vorschriften dürfen jedoch nicht dahin ausgelegt werden, daß sie es den nationalen Behörden verbieten, zu prüfen, ob die in einem Antrag auf Erlaß dargelegten tatsächlichen Gründe nicht einen Tatbestand erfuellen, der unter Artikel 13 Absatz 1 dieser Verordnung fällt, und gegebenenfalls den Erlaß der betreffenden Eingangsabgaben vorzunehmen.

54 Auf die dritte Frage ist daher zu antworten, daß dann, wenn der Beteiligte in einem Antrag, der in Wirklichkeit auf den Erlaß von Eingangsabgaben gerichtet ist, Tatsachen geltend macht, die einen Sonderfall im Sinne von Artikel 13 Absatz 1 der Verordnung Nr. 1430/79 begründen können, ohne diese Vorschrift jedoch ausdrücklich zu erwähnen, diese Unterlassung die nationale Zollbehörde nicht daran hindert, den Antrag anhand dieser Vorschrift zu prüfen.

Kostenentscheidung:

Kosten

55 Die Auslagen der portugiesischen Regierung und der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, die vor dem Gerichtshof Erklärungen abgegeben haben, sind nicht erstattungsfähig. Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit ; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)

auf die ihm vom Tribunal Tributário de Segunda Instância mit Beschluß vom 19. Januar 1993 vorgelegten Fragen für Recht erkannt:

1. Die Entscheidung der nationalen Zollbehörde gemäß Artikel 7 Absatz 1 der Verordnung (EWG) Nr. 1574/80 der Kommission vom 20. Juni 1980 zur Durchführung von Artikel 16 und 17 der Verordnung (EWG) Nr. 1430/79 des Rates betrifft unmittelbar die Verpflichtung einer natürlichen oder juristischen Person zur Zahlung des Betrages der Eingangsabgaben, die aufgrund der für die derartigen Abgaben unterliegenden Waren geltenden Vorschriften anwendbar sind. Es ist Sache des nationalen Gerichts, zur Bestimmung seiner Zuständigkeit auf diesem Gebiet die Folgerungen aus dieser Feststellung zu ziehen.

2. Der Begriff "noch nicht entrichtete Abgaben" in Artikel 1 Absatz 2 Buchstabe d der Verordnung (EWG) Nr. 1430/79 des Rates vom 2. Juli 1979 über die Erstattung oder den Erlaß von Eingangs- oder Ausfuhrabgaben bezieht sich nicht nur auf Abgaben, deren Zahlung aufgeschoben worden ist.

3. Die Prüfung der vierten Frage hat nichts ergeben, was die Gültigkeit des Artikels 4 Absatz 2 Buchstabe c der Verordnung (EWG) Nr. 3799/86 der Kommission vom 12. Dezember 1986 zur Durchführung der Artikel 4a, 6a, 11a und 13 der Verordnung (EWG) Nr. 1430/79 des Rates beeinträchtigen könnte.

4. Wenn der Beteiligte in einem Antrag, der in Wirklichkeit auf den Erlaß von Eingangsabgaben gerichtet ist, Tatsachen geltend macht, die einen Sonderfall im Sinne von Artikel 13 Absatz 1 der Verordnung Nr. 1430/79 begründen können, ohne diese Vorschrift jedoch ausdrücklich zu erwähnen, hindert diese Unterlassung die nationale Zollbehörde nicht daran, den Antrag anhand dieser Vorschrift zu prüfen.

Ende der Entscheidung

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