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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 15.03.1994
Aktenzeichen: C-45/93
Rechtsgebiete: EWG-Vertrag


Vorschriften:

EWG-Vertrag Art. 59
EWG-Vertrag Art. 7
EWG-Vertrag Art. 169
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

Die Diskriminierung ausländischer Touristen, die älter als 21 Jahre sind, durch die Regelung eines Mitgliedstaats, nach der nur dessen Staatsbürger, dort ansässige Ausländer und Personen, die jünger als 21 Jahre sind, kostenlosen Eintritt in die staatlichen Museen erhalten, verstösst hinsichtlich der Gemeinschaftsangehörigen gegen die Artikel 7 und 59 EWG-Vertrag.

Der freie Dienstleistungsverkehr gemäß Artikel 59 EWG-Vertrag schließt nämlich die Freiheit der Dienstleistungsempfänger, einschließlich der Touristen, ein, sich in einen anderen Mitgliedstaat zu begeben, um dort unter den gleichen Bedingungen wie die Staatsangehörigen des betreffenden Mitgliedstaats Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen. Da der Besuch von Museen einer der maßgeblichen Gründe dafür ist, daß Touristen als Dienstleistungsempfänger einen Mitgliedstaat besuchen, kann eine Diskriminierung im Hinblick auf den Zugang zu den Museen Einfluß auf die Bedingungen der Erbringung der Dienstleistungen einschließlich deren Kosten und damit auf die Entscheidung bestimmter Personen, das Land zu besuchen, haben.


URTEIL DES GERICHTSHOFES VOM 15. MAERZ 1994. - KOMMISSION DER EUROPAEISCHEN GEMEINSCHAFTEN GEGEN KOENIGREICH SPANIEN. - VERTRAGSVERLETZUNG - ARTIKEL 7 UND 59 EWG-VERTRAG - DISKRIMINIERUNG - ZUGANG ZU MUSEEN. - RECHTSSACHE C-45/93.

Entscheidungsgründe:

1 Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften hat mit Klageschrift, die am 16. Februar 1993 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, gemäß Artikel 169 EWG-Vertrag Klage erhoben auf Feststellung, daß das Königreich Spanien dadurch gegen seine Verpflichtungen aus den Artikeln 7 und 59 EWG-Vertrag verstossen hat, daß es eine Regelung anwendet, nach der nur spanische Staatsbürger, in Spanien ansässige Ausländer und Personen aus anderen Mitgliedstaaten der EWG, die jünger als 21 Jahre sind, kostenlosen Eintritt in die staatlichen Museen erhalten, während die Bürger der übrigen Mitgliedstaaten, die älter als 21 Jahre sind, eine Eintrittsgebühr entrichten müssen.

2 Artikel 22 des Königlichen Dekrets Nr. 620/1987 vom 10. April 1987 betreffend die Regelung über die staatlichen Museen und über das spanische Museumswesen (im weiteren: die Regelung) sieht in Absatz 1 vor, daß spanische Staatsbürger die staatlichen Museen unter den vom Ministerrat festgelegten Voraussetzungen und in jedem Fall an vier Tagen im Monat, an je einem Tag pro Woche, kostenlos besuchen können. Artikel 22 Absatz 3 ermächtigt dann die Regierung, durch Beschluß des Ministerrates die in Absatz 1 niedergelegten Voraussetzungen für den öffentlichen Zugang auf die Staatsangehörigen anderer Mitgliedstaaten zu erstrecken.

3 Aufgrund der Beschlüsse des Ministerrates vom 7. Dezember 1982 und vom 21. Februar 1986 gilt der kostenlose Eintritt in die staatlichen Museen ausser für spanische Staatsbürger auch für in Spanien ansässige Ausländer und für Personen unter 21 Jahren.

4 Die Kommission ist der Auffassung, diese Regelung verstosse insofern gegen die Artikel 7 und 59 EWG-Vertrag, als sie einerseits die spanischen Staatsangehörigen und andererseits die Staatsangehörigen der anderen Mitgliedstaaten, die nicht in Spanien ansässig und älter als 21 Jahre seien, ungleich behandele.

5 Nach dem Urteil vom 2. Februar 1989 in der Rechtssache 186/87 (Cowan, Slg. 1989, 195) schließe der freie Dienstleistungsverkehr gemäß Artikel 59 EWG-Vertrag die Freiheit der Dienstleistungsempfänger, einschließlich der Touristen, ein, sich in einen anderen Mitgliedstaat zu begeben, um dort unter den gleichen Bedingungen wie die Staatsangehörigen des betreffenden Mitgliedstaats Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen. Diese Freiheit umfasse nicht nur den Zugang zu den Dienstleistungen im Sinne des EWG-Vertrags, sondern auch alle damit im Zusammenhang stehenden Vergünstigungen, die einen Einfluß auf die Bedingungen hätten, unter denen diese Dienstleistungen erbracht oder empfangen würden.

6 Da der Besuch von Museen einer der maßgeblichen Gründe dafür sei, daß Touristen als Dienstleistungsempfänger einen Mitgliedstaat besuchten, bestehe ein enger Zusammenhang zwischen der ihnen nach dem EWG-Vertrag zustehenden Freizuegigkeit und den Bedingungen des Zugangs zu Museen.

7 Weiter könne eine Diskriminierung im Hinblick auf den Zugang zu den Museen Einfluß auf die Bedingungen der Erbringung der Dienstleistungen einschließlich deren Kosten und damit auf die Entscheidung bestimmter Personen, das Land zu besuchen, haben.

8 Das Königreich Spanien macht nur geltend, die in Frage stehende Regelung sei nicht diskriminierend, da der genannte Artikel 22 Absatz 3 ausdrücklich erlaube, die den spanischen Staatsbürgern eingeräumte Behandlung auf die Staatsangehörigen der anderen Mitgliedstaaten zu erstrecken.

9 Diesem Vorbringen kann nicht gefolgt werden. Während sich nämlich für die spanischen Staatsangehörigen die Kostenfreiheit des Eintritts in die Museen unmittelbar aus der Regelung ergibt, können Ausländer diese Vergünstigung nur aufgrund eines Beschlusses des Ministerrates erhalten. Im Zeitpunkt der Klageerhebung hatte der Ministerrat jedoch von der ihm nach Artikel 22 Absatz 3 zustehenden Befugnis keinen Gebrauch gemacht, so daß nur die in Spanien ansässigen Ausländer und Personen unter 21 Jahren kostenfreien Eintritt in die spanischen Museen erhielten.

10 Die spanische Regelung über den Zugang zu den staatlichen Museen enthält demgemäß eine Diskriminierung allein der ausländischen Touristen, die älter als 21 Jahre sind; diese verstösst hinsichtlich der Gemeinschaftsangehörigen gegen die Artikel 7 und 59 EWG-Vertrag, und das Königreich Spanien hat deshalb gegen seine Verpflichtungen aus diesen Artikeln verstossen.

Kostenentscheidung:

Kosten

11 Gemäß Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da das Königreich Spanien mit seinem Vorbringen unterlegen ist, sind ihm die Kosten aufzuerlegen.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF

für Recht erkannt und entschieden:

1) Das Königreich Spanien hat dadurch gegen seine Verpflichtungen aus den Artikeln 7 und 59 EWG-Vertrag verstossen, daß es eine Regelung anwendet, nach der nur spanische Staatsbürger, in Spanien ansässige Ausländer und Personen aus anderen Mitgliedstaaten der EWG, die jünger als 21 Jahre sind, kostenlosen Eintritt in die staatlichen Museen erhalten, während die Bürger der übrigen Mitgliedstaaten, die älter als 21 Jahre sind, eine Eintrittsgebühr entrichten müssen.

2) Das Königreich Spanien trägt die Kosten des Verfahrens.

Ende der Entscheidung

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