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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 29.06.1995
Aktenzeichen: C-456/93
Rechtsgebiete: Verordnung (EWG) Nr. 3201/90, Verordnung Nr. 2392/89


Vorschriften:

Verordnung (EWG) Nr. 3201/90 Art. 3 Abs. 2
Verordnung (EWG) Nr. 3201/90 Art. 3 Abs. 3
Verordnung Nr. 2392/89 Art. 40
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

Artikel 3 Absatz 2 der Verordnung Nr. 3201/90 über Durchführungsbestimmungen für die Anwendung der Verordnung Nr. 2392/89 zur Aufstellung allgemeiner Regeln für die Bezeichnung und Aufmachung der Weine und Traubenmoste ist dahin auszulegen, daß er es nicht verbietet, in der Etikettierung von "Qualitätsweinen mit Prädikat" die Prädikate "Kabinett", "Spätlese" oder "Auslese" zusätzlich zu deren vorgeschriebener Angabe (in Schriftzeichen der gleichen Art und Grösse wie der Name des bestimmten Anbaugebiets oder der Name einer geographischen Einheit, die kleiner ist als das bestimmte Anbaugebiet) in anderer Schriftart und grösseren Schriftzeichen, insbesondere blickfangartig als Bestandteil einer Marke, auf dem Etikett zu wiederholen.

Ebenso ist Artikel 3 Absatz 3 Unterabsatz 1 Buchstabe a erster Gedankenstrich und Unterabsatz 2 dieser Verordnung dahin auszulegen, daß er es nicht verbietet, bei deutschen "Qualitätsweinen b. A." den Begriff "Weißherbst" zusätzlich zu dessen Angabe in Schriftzeichen, die für die Bezeichnung des bestimmten Anbaugebiets verwendet werden, in grösseren Schriftzeichen, insbesondere blickfangartig als Bestandteil einer Marke, auf dem Etikett zu wiederholen.

Die insbesondere in Artikel 40 der Verordnung Nr. 2392/89 enthaltene gemeinschaftsrechtliche Regelung speziell für die Verwendung von Marken in der Etikettierung sieht nämlich keine Beschränkungen hinsichtlich der Art der Schriftzeichen und der Grösse einer Marke im Verhältnis zur Angabe des Namens des bestimmten Anbaugebiets oder der geographischen Einheit, die kleiner ist als das bestimmte Anbaugebiet, auf dem Etikett vor. Folglich kann eine Marke, die im übrigen nicht schon als solche den Verbraucher irreführen kann, nicht deshalb, weil sie in auffälliger Weise präsentiert wird, als geeignet angesehen werden, Verwechslungen oder eine Irreführung der Personen, an die sie sich richtet, hervorzurufen, und zwar auch dann nicht, wenn sie ein Wort enthält, das nach der in Rede stehenden Regelung als Angabe in der Bezeichnung eines Qualitätsweins b. A. verwendet werden kann.


URTEIL DES GERICHTSHOFES (SECHSTE KAMMER) VOM 29. JUNI 1995. - ZENTRALE ZUR BEKAEMPFUNG UNLAUTEREN WETTBEWERBS E.V. GEGEN PRIVATKELLEREI FRANZ WILHELM LANGGUTH ERBEN GMBH & CO. KG. - ERSUCHEN UM VORABENTSCHEIDUNG: OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN - DEUTSCHLAND. - BEZEICHNUNG DER WEINE - WIEDERHOLUNG DER BEGRIFFE 'KABINETT', 'SPAETLESE', 'AUSLESE' UND 'WEISSHERBST' AUF DEM ETIKETT ALS BESTANDTEIL EINER MARKE. - RECHTSSACHE C-456/93.

Entscheidungsgründe:

1 Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hat mit Beschluß vom 16. September 1993, beim Gerichtshof eingegangen am 6. Dezember 1993, gemäß Artikel 177 EG-Vertrag vier Fragen nach der Auslegung des Artikels 40 Absatz 3 der Verordnung (EWG) Nr. 2392/89 des Rates vom 24. Juli 1989 zur Aufstellung allgemeiner Regeln für die Bezeichnung und Aufmachung der Weine und der Traubenmoste (ABl. L 232, S. 13) und des Artikels 3 der Verordnung (EWG) Nr. 3201/90 der Kommission vom 16. Oktober 1990 über Durchführungsbestimmungen für die Bezeichnung und Aufmachung der Weine und der Traubenmoste (ABl. L 309, S. 1) zur Vorabentscheidung vorgelegt.

2 Diese Fragen stellen sich in einem Rechtsstreit zwischen der Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs e. V., Frankfurt am Main (im folgenden: Klägerin), und der Privatkellerei Franz Wilhelm Langguth Erben GmbH & Co. KG (im folgenden: Beklagte).

3 Die Beklagte vertreibt deutsche Qualitätsweine bestimmter Anbaugebiete (im folgenden: Qualitätsweine b. A.) mit den Prädikaten "Kabinett", "Spätlese" und "Auslese" sowie einen Qualitätswein b. A. unter der Bezeichnung "Weißherbst". Diese Prädikate sowie die Bezeichnung "Portugieser Weißherbst" sind am unteren Rand des jeweiligen Etiketts in Schriftzeichen der gleichen Art und Grösse angegeben wie der Name des bestimmten Anbaugebiets oder einer kleineren geographischen Einheit. Als hervorgehobenen Blickfang enthalten die Etiketten ferner in etwa dreimal so grosser Schrift in der Mitte die Marken "Erben Kabinett", "Erben Spätlese", "Erben Auslese" und "Erben Weißherbst".

4 Die Klägerin erhob beim Landgericht Frankfurt am Main gegen die Beklagte eine Unterlassungsklage gemäß § 1 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb vom 7. Juni 1909, um die Verwendung der genannten Marken durch die Beklagte zu verhindern.

5 Sie macht erstens geltend, daß die Angabe der Begriffe "Kabinett", "Spätlese", "Auslese" und "Weißherbst" als Bestandteile der erwähnten Marken, die für diese Begriffe verwendete Schriftart sowie die grösseren Schriftzeichen nicht Artikel 3 Absätze 2 und 3 der Verordnung Nr. 3201/90 entsprächen. Gemäß Artikel 3 Absatz 2 seien die Begriffe "Kabinett", "Spätlese" und "Auslese" mit Schriftzeichen der gleichen Art und Grösse anzugeben wie der Name des bestimmten Anbaugebiets oder der Name einer kleineren geographischen Einheit. Nach Absatz 3 sei der Begriff "Weißherbst" in Schriftzeichen anzugeben, die höchstens so hoch seien wie die für die Bezeichnung des bestimmten Anbaugebiets verwendeten.

6 Die Klägerin macht zweitens geltend, die Beklagte habe gegen Artikel 40 der Verordnung Nr. 2392/89 verstossen, wonach Marken keine Worte, Wortteile, Zeichen oder Abbildungen enthalten dürften, die geeignet seien, Verwechslungen oder eine Irreführung der Personen, an die sie sich richteten, hervorzurufen. Die von der Beklagten verwendeten Marken riefen wegen der hervorgehobenen Prädikatsangaben besondere Qualitätsvorstellungen beim Verbraucher hervor, die nicht der Wirklichkeit entsprächen.

7 Gegen das die Klage abweisende landgerichtliche Urteil legte die Klägerin beim Oberlandesgericht Frankfurt am Main Berufung ein. Nach Auffassung des Oberlandesgerichts ist in bezug auf die Begriffe "Kabinett", "Spätlese" und "Auslese" sowie "Portugieser Weißherbst", soweit diese am unteren Rand des jeweiligen Etiketts in Schriftzeichen der gleichen Art und Grösse angegeben seien wie der Name des bestimmten Anbaugebiets oder der Name einer geographischen Einheit, die kleiner ist als das bestimmte Anbaugebiet, Artikel 3 der Verordnung Nr. 3201/90 beachtet. Die Wiederholung dieser Begriffe in anderer Schriftart und in grösseren Schriftzeichen innerhalb der auf dem Etikett verwendeten Marken führe nicht zu einer Irreführung des Verbrauchers, ein Verstoß gegen Artikel 40 der Verordnung Nr. 2392/89 liege somit nicht vor.

8 Da das Oberlandesgericht Frankfurt am Main gleichwohl Zweifel bezueglich der Auslegung der erwähnten Vorschriften hat, hat es das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1) Ist Artikel 3 Absatz 2 der Verordnung (EWG) Nr. 3201/90 dahin auszulegen, daß es verboten ist, in der Etikettierung von Qualitätsweinen mit Prädikat die Prädikate "Kabinett", "Spätlese" oder "Auslese" zusätzlich zu deren vorgeschriebener Angabe (in Schriftzeichen der gleichen Art und Grösse wie der Name des bestimmten Anbaugebiets oder der Name einer geographischen Einheit, die kleiner ist als das bestimmte Anbaugebiet) in anderer Schriftart und grösseren Schriftzeichen, insbesondere blickfangartig als Bestandteil einer Marke, auf dem Etikett zu wiederholen?

2) Falls Frage 1 zu bejahen ist: Kann einem Verbot entsprechend Ziffer 1 ein durch ungehinderte blickfangmässige und markenmässige Benutzung von Prädikaten in der Etikettierung von Qualitätsweinen mit Prädikat gutgläubig erworbener und nachgewiesener wertvoller Besitzstand an der Marke ° wie er beispielsweise für Marken mit einer geographischen Bezeichnung in Artikel 40 Absatz 3 der Verordnung (EWG) Nr. 2392/89 geregelt ist ° entgegengehalten werden?

3) Ist Artikel 3 Absatz 3 Unterabsatz 1 Buchstabe a erster Gedankenstrich in Verbindung mit Unterabsatz 2 der Verordnung (EWG) Nr. 3201/90 dahin auszulegen, daß es verboten ist, bei deutschen Qualitätsweinen b. A. den Begriff "Weißherbst" zusätzlich zu dessen Angabe in Schriftzeichen, die höchstens so hoch sind wie die für die Bezeichnung des bestimmten Anbaugebiets verwendeten, in grösseren Schriftzeichen, insbesondere blickfangartig als Bestandteil einer Marke, auf dem Etikett zu wiederholen?

4) Falls Frage 3 zu bejahen ist: Kann einem Verbot entsprechend Ziffer 3 ein durch ungehinderte blickfangartige und markenmässige Benutzung der Bezeichnung "Weißherbst" in der Etikettierung entsprechender Weine gutgläubig erworbener und nachgewiesener wertvoller Besitzstand an der Marke ° wie er beispielsweise für Marken mit einer geographischen Bezeichnung in Artikel 40 Absatz 3 der Verordnung (EWG) Nr. 2392/89 geregelt ist ° entgegengehalten werden?

Zu der ersten und der dritten Frage

9 Für die Beantwortung der ersten und der dritten Frage ist der Regelungszusammenhang von Artikel 3 der Verordnung Nr. 3201/90 zu untersuchen.

10 In Artikel 15 Absätze 1 Unterabsatz 1, 2 Buchstabe a und 7 Unterabsatz 1 zweiter Gedankenstrich der Verordnung (EWG) Nr. 823/87 des Rates vom 16. März 1987 zur Festlegung besonderer Vorschriften für Qualitätsweine bestimmter Anbaugebiete (ABl. L 84, S. 59) in der Fassung der Verordnung (EWG) Nr. 2043/89 des Rates vom 19. Juni 1989 (ABl. L 202, S. 1) heisst es:

"(1) Die in Unterabsatz 2 genannten gemeinschaftlichen Begriffe oder die traditionellen spezifischen Begriffe nach Absatz 2, die gemäß den einzelstaatlichen Bestimmungen des Erzeugermitgliedstaats zur Bezeichnung bestimmter Weine verwendet werden dürfen, dürfen nur für die in Artikel 1 Absatz 2 genannten entsprechenden Weine verwendet werden.

...

(2) Unbeschadet der nach den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften zulässigen zusätzlichen Begriffe und unter der Bedingung, daß die gemeinschaftlichen und einzelstaatlichen Vorschriften für die betreffenden Weine eingehalten werden, sind die in Absatz 1 Unterabsatz 1 genannten traditionellen spezifischen Begriffe

a) für die Bundesrepublik Deutschland:

die Angaben über die Herkunft des Weins unter Zusatz der Bezeichnung 'Qualitätswein' oder der Bezeichnung 'Qualitätswein mit Prädikat' in Verbindung mit einem der Begriffe 'Kabinett' , 'Spätlese' , 'Auslese' , 'Beerenauslese' , 'Trockenbeerenauslese' oder 'Eiswein' ;

...

(7) Ein in Artikel 1 Absatz 2 genannter Wein darf ohne die Angabe

...

° eines in Absatz 1 Unterabsatz 2 genannten gemeinschaftlichen Begriffs oder eines in Absatz 2 genannten traditionellen spezifischen Begriffs...

nicht in den Verkehr gebracht werden..."

11 Artikel 72 der Verordnung (EWG) Nr. 822/87 des Rates vom 16. März 1987 über die gemeinsame Marktorganisation für Wein (ABl. L 84, S. 1) sieht den Erlaß allgemeiner Regeln für die Bezeichnung und Aufmachung der Erzeugnisse des Weinsektors vor. Auf dieser Grundlage erließ der Rat die Verordnung Nr. 2392/89.

12 In der fünften Begründungserwägung der Verordnung Nr. 2392/89 heisst es, um abweichende Auslegungen zu vermeiden, sei "es zweckmässig, möglichst umfassende Bezeichnungsregeln aufzustellen. Um die Wirksamkeit dieser Regeln zu gewährleisten, sollte ferner der Grundsatz aufgestellt werden, daß für die Bezeichnung der Weine und Traubenmoste nur die Angaben zulässig sind, die in diesen Regeln oder in den entsprechenden Durchführungsbestimmungen vorgesehen sind".

13 In der Verordnung Nr. 2392/89 wird im weiteren unterschieden zwischen vorgeschriebenen Angaben, die für die Identifizierung des Erzeugnisses erforderlich sind, und wahlweise zu verwendenden Angaben, die mehr der Kennzeichnung seiner besonderen Eigenschaften oder seiner gütemässigen Einordnung dienen.

14 Artikel 11 Absatz 1 der Verordnung Nr. 2392/89 legt fest, welche Angaben die Etikettierung enthalten muß. Zu diesen vorgeschriebenen Angaben gehören u. a. die in Artikel 15 Absatz 7 Unterabsatz 1 zweiter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 823/87 angesprochenen Begriffe (Buchstabe b).

15 Nach Artikel 11 Absatz 2 der Verordnung Nr. 2392/89 kann die Etikettierung durch bestimmte Angaben ergänzt werden, u. a. durch die Angabe einer Marke nach Maßgabe des Artikels 40 der Verordnung (Buchstabe c) und durch ergänzende traditionelle Begriffe, sofern sie nach den Rechtsvorschriften des Erzeugermitgliedstaats verwendet werden und in einer noch festzulegenden Liste aufgeführt sind (Buchstabe i).

16 Gemäß Artikel 12 Absatz 1 der Verordnung Nr. 2392/89 sind, von bestimmten für den vorliegenden Fall nicht erheblichen Ausnahmen abgesehen, für die Bezeichnung der Qualitätsweine b. A. in der Etikettierung nur die in Artikel 11 genannten Angaben zulässig.

17 Mit der Verordnung Nr. 3201/90 wurden die Durchführungsbestimmungen mit den erforderlichen Erläuterungen und Einzelregelungen zu den Grundsätzen erlassen, die in den Verordnungen Nrn. 822/87, 823/87 und 2392/89 enthalten sind. In Artikel 1 dieser Verordnung sind die Einzelheiten der Aufnahme der vorgeschriebenen und der zulässigen Angaben in die Etikettierung geregelt.

18 In Artikel 3 Absätze 1, 2 und 3 Unterabsatz 1 Buchstabe a und Unterabsatz 2 dieser Verordnung heisst es:

"(1) Die Angaben 'Qualitätswein bestimmter Anbaugebiete' oder 'Qualitätswein b. A.' oder eine gleichwertige Angabe in einer anderen Amtssprache der Gemeinschaft oder die Angaben

° 'Qualitätswein' und 'Qualitätswein mit Prädikat' ,

...

nach Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung (EWG) Nr. 823/87 sind auf dem Etikett in Schriftzeichen anzugeben, die nicht grösser sind als die für die Bezeichnung des bestimmten Anbaugebiets verwendeten Schriftzeichen.

(2) Die Prädikate 'Kabinett' , 'Spätlese' , 'Auslese' , 'Beerenauslese' , 'Trockenbeerenauslese' und 'Eiswein' sind mit Schriftzeichen der gleichen Art und Grösse anzugeben wie der Name des bestimmten Anbaugebiets oder der Name einer geographischen Einheit, die kleiner ist als das bestimmte Anbaugebiet.

(3) Die Angaben nach Absatz 1 können durch die nachstehend angeführten Begriffe nach Artikel 11 Absatz 2 Buchstabe i) der Verordnung (EWG) Nr. 2392/89 ergänzt werden:

a) bei den deutschen Qualitätsweinen b. A.:

° 'Weißherbst' ,

...

Diese Begriffe sind in Schriftzeichen anzugeben, die höchstens so hoch sind wie die für die Bezeichnung des bestimmten Anbaugebiets verwendeten."

19 Aus diesen Rechtsvorschriften insgesamt ergibt sich, daß die Verwendung der Begriffe "Kabinett", "Spätlese" und "Auslese" als vorgeschriebene Angaben in Artikel 3 Absatz 2 der Verordnung Nr. 3201/90 und die Verwendung des Begriffes "Weißherbst" als zulässige Angabe in Artikel 3 Absatz 3 Unterabsatz 1 Buchstabe a und Unterabsatz 2 dieser Verordnung geregelt ist.

20 Dagegen ist die Verwendung der Begriffe "Kabinett", "Spätlese", "Auslese" und "Weißherbst" als Bestandteile einer Marke in Artikel 11 Absatz 2 Buchstabe c der Verordnung Nr. 2392/89 geregelt, der auf Artikel 40 dieser Verordnung verweist.

21 Dadurch, daß der Gemeinschaftsgesetzgeber in der Verordnung Nr. 2392/89 besondere Regeln für die Verwendung von Marken in der Etikettierung aufgestellt hat, hat er zum Ausdruck gebracht, daß er mit Artikel 3 der Verordnung Nr. 3201/90 nur die Verwendung der Begriffe als Angaben in der Bezeichnung eines Qualitätsweins b. A., nicht aber als Bestandteil einer Marke regeln wollte.

22 Diese Auslegung ergibt sich auch aus dem Wortlaut von Artikel 3 selbst, in dem sich keine Bezugnahme auf die Zusammensetzung oder die Aufmachung von Marken findet.

23 Im übrigen schließt Artikel 12 Absatz 1 der Verordnung Nr. 2392/89, indem er festlegt, daß für die Bezeichnung der Qualitätsweine b. A. in der Etikettierung nur die in Artikel 11 genannten Angaben zulässig sind, die Möglichkeit ein, die Bezeichnung eines Qualitätsweins b. A. durch eine Marke zu ergänzen.

24 Im Hinblick auf diese Möglichkeit, die Bezeichnung oder die Aufmachung eines Weines durch Marken zu ergänzen, bestimmt Artikel 40 Absatz 2 der Verordnung Nr. 2392/89, daß diese Marken keine Worte, Wortteile, Zeichen oder Abbildungen enthalten dürfen, die geeignet sind, Verwechslungen oder eine Irreführung der Personen, an die sie sich richten, hervorzurufen (Buchstabe a), oder die von Personen, an die sie sich richten, mit der gesamten oder einem Teil der Bezeichnung eines Qualitätsweins b. A. verwechselt werden können (Buchstabe b).

25 Somit stellt sich die Frage, ob einer dieser Fälle vorliegt, wenn die auf dem Etikett des Erzeugnisses verwendete Marke ein Wort, das auf diesem Etikett bereits als Angabe in der Bezeichnung des Qualitätsweins b. A. enthalten ist, in dreimal so grossen Schriftzeichen wie in dieser Angabe enthält.

26 Die Klägerin und die Kommission machen insoweit geltend, dadurch, daß die streitigen Begriffe in besonders auffälliger Weise in die Etikettierung aufgenommen würden, könne es zu Verwechslungen oder zu einer Irreführung insbesondere bei ausserhalb Deutschlands wohnenden Verbrauchern kommen.

27 Hierzu ist zunächst festzustellen, daß die gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften, insbesondere Artikel 40 der Verordnung Nr. 2392/89, keine Beschränkungen hinsichtlich der Art der Schriftzeichen und der Grösse einer Marke im Verhältnis zur Angabe des Namens des bestimmten Anbaugebiets oder der geographischen Einheit, die kleiner ist als das bestimmte Anbaugebiet, in der Etikettierung vorsehen.

28 Folglich kann eine Marke nicht deshalb, weil sie in auffälliger Weise präsentiert wird, als geeignet angesehen werden, Verwechslungen oder eine Irreführung der Personen, an die sie sich richtet, hervorzurufen, und zwar auch dann nicht, wenn sie ein Wort enthält, das nach der in Rede stehenden Regelung als Angabe in der Bezeichnung eines Qualitätsweins b. A. verwendet werden kann.

29 Zudem ergibt sich aus dem Wortlaut von Artikel 40 der Verordnung Nr. 2392/89, daß mit dieser Vorschrift in erster Linie ein Verbot der Verwendung von Marken in Täuschungsabsicht bezweckt wird. Eine solche ist im vorliegenden Fall jedoch nicht gegeben.

30 Die erste und die dritte Frage sind daher wie folgt zu beantworten:

1) Artikel 3 Absatz 2 der Verordnung Nr. 3201/90 ist dahin auszulegen, daß er es nicht verbietet, in der Etikettierung von "Qualitätsweinen mit Prädikat" die Prädikate "Kabinett", "Spätlese" oder "Auslese" zusätzlich zu deren vorgeschriebener Angabe (in Schriftzeichen der gleichen Art und Grösse wie der Name des bestimmten Anbaugebiets oder der Name einer geographischen Einheit, die kleiner ist als das bestimmte Anbaugebiet) in anderer Schriftart und grösseren Schriftzeichen, insbesondere blickfangartig als Bestandteil einer Marke, auf dem Etikett zu wiederholen.

2) Artikel 3 Absatz 3 Unterabsatz 1 Buchstabe a erster Gedankenstrich und Unterabsatz 2 der Verordnung Nr. 3201/90 ist dahin auszulegen, daß er es nicht verbietet, bei deutschen "Qualitätsweinen b. A." den Begriff "Weißherbst" zusätzlich zu dessen Angabe in Schriftzeichen, die für die Bezeichnung des bestimmten Anbaugebiets verwendet werden, in grösseren Schriftzeichen, insbesondere blickfangartig als Bestandteil einer Marke, auf dem Etikett zu wiederholen.

Zur zweiten und vierten Frage

31 Angesichts der Antworten auf die erste und die dritte Frage erübrigt sich eine Prüfung der zweiten und der vierten Frage.

Kostenentscheidung:

Kosten

32 Die Auslagen der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, die vor dem Gerichtshof Erklärungen abgegeben hat, sind nicht erstattungsfähig. Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF (Sechste Kammer)

auf die ihm vom Oberlandesgericht Frankfurt am Main mit Beschluß vom 16. September 1993 vorgelegten Fragen für Recht erkannt:

1) Artikel 3 Absatz 2 der Verordnung (EWG) Nr. 3201/90 der Kommission vom 16. Oktober 1990 über Durchführungsbestimmungen für die Bezeichnung und Aufmachung der Weine und der Traubenmoste ist dahin auszulegen, daß er es nicht verbietet, in der Etikettierung von "Qualitätsweinen mit Prädikat" die Prädikate "Kabinett", "Spätlese" oder "Auslese" zusätzlich zu deren vorgeschriebener Angabe (in Schriftzeichen der gleichen Art und Grösse wie der Name des bestimmten Anbaugebiets oder der Name einer geographischen Einheit, die kleiner ist als das bestimmte Anbaugebiet) in anderer Schriftart und grösseren Schriftzeichen, insbesondere blickfangartig als Bestandteil einer Marke, auf dem Etikett zu wiederholen.

2) Artikel 3 Absatz 3 Unterabsatz 1 Buchstabe a erster Gedankenstrich und Unterabsatz 2 der Verordnung Nr. 3201/90 ist dahin auszulegen, daß er es nicht verbietet, bei deutschen "Qualitätsweinen b. A." den Begriff "Weißherbst" zusätzlich zu dessen Angabe in Schriftzeichen, die für die Bezeichnung des bestimmten Anbaugebiets verwendet werden, in grösseren Schriftzeichen, insbesondere blickfangartig als Bestandteil einer Marke, auf dem Etikett zu wiederholen.

Ende der Entscheidung

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