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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Beschluss verkündet am 16.10.2007
Aktenzeichen: C-512/04 P-DEP
Rechtsgebiete: Verfahrensordnung


Vorschriften:

Verfahrensordnung Art. 74
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

BESCHLUSS DES GERICHTSHOFS (Vierte Kammer)

16. Oktober 2007

"Kostenfestsetzung"

Parteien:

In der Rechtssache C-512/04 P-DEP

betreffend einen Antrag auf Festsetzung der erstattungsfähigen Kosten nach Art. 74 der Verfahrensordnung, eingereicht am 20. März 2007,

Krafft SA mit Sitz in Andoain (Spanien), Prozessbevollmächtigte: P. Koch Moreno, abogada,

Antragstellerin,

gegen

Vitakraft-Werke Wührmann & Sohn GmbH & Co. KG mit Sitz in Bremen (Deutschland), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt U. Sander,

Antragsgegnerin,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung des Richters K. Schiemann in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Vierten Kammer sowie der Richter M. Ilesic (Berichterstatter) und E. Levits,

Generalanwältin: E. Sharpston,

Kanzler: R. Grass,

nach Anhörung der Generalanwältin

folgenden

Beschluss

Entscheidungsgründe:

1 In der vorliegenden Rechtssache geht es um die Festsetzung der Kosten, die der Krafft SA (im Folgenden: Krafft) im Rahmen des Rechtsmittelverfahrens C-512/04 P entstanden sind.

2 Am 5. Juni 1996 meldete die Vitakraft-Werke Wührmann & Sohn GmbH & Co. KG (im Folgenden: Vitakraft) beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM) die Wortmarke VITAKRAFT für verschiedene Waren der Klassen 1, 3, 4, 12 und 19 im Sinne des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung als Gemeinschaftsmarke an.

3 Dem von Krafft erhobenen und auf drei ältere, in Spanien für Waren derselben Klassen eingetragene Marken gestützten Widerspruch gaben die Widerspruchsabteilung des HABM und anschließend die Vierte Beschwerdekammer des HABM teilweise statt, indem sie die Markenanmeldung für einige dieser Waren zurückwiesen.

4 Mit Urteil vom 6. Oktober 2004, Vitakraft-Werke Wührmann/HABM - Krafft (VITAKRAFT) (T-356/02, Slg. 2004, II-3445), bestätigte das Gericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften die Entscheidung der Vierten Beschwerdekammer des HABM teilweise.

5 Vitakraft legte mit Rechtsmittelschrift, die am 14. Dezember 2004 bei der Kanzlei des Gerichtshofs einging, gemäß Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs ein Rechtsmittel gegen dieses Urteil ein.

6 Mit Beschluss vom 1. Dezember 2005, Vitakraft-Werke Wührmann/HABM (C-512/04 P, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht), wies der Gerichtshof dieses Rechtsmittel als offensichtlich unzulässig zurück und verurteilte Vitakraft, die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu tragen.

7 Da Krafft und Vitakraft keine Einigung über die Höhe dieser Kosten erzielten, hat Krafft den Gerichtshof ersucht, hierüber zu entscheiden.

Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

8 Krafft beantragt, die ihr für das Rechtsmittelverfahren und das vorliegende Kostenfestsetzungsverfahren zu erstattenden Kosten auf 6 695,44 USD zuzüglich Zinsen festzusetzen.

9 Sie macht zunächst geltend, Vitakraft habe sie durch Einlegung eines Rechtsmittels gezwungen, Aufwendungen zu tätigen, um die teilweise Aufhebung des vom Gericht in der Rechtssache T-356/02 erlassenen Urteils zu verhindern. Hierzu führt sie aus, im Rechtsmittelverfahren sei es üblich, dass alle an dem Verfahren vor der Beschwerdekammer des HABM und vor dem Gericht Beteiligten beim Gerichtshof Erklärungen abgäben.

10 Was sodann den durch den Rechtsstreit bedingten Arbeitsaufwand und dessen Schwierigkeitsgrad angehe, habe sie sich nicht einfach Standpunkt und Vorbringen des HABM zu eigen gemacht, sondern eigene Erwägungen vorgetragen, was für ihren Anwalt mit beträchtlichem Arbeitsaufwand verbunden gewesen sei. Da gegen die Urteile des Gerichtshofs keine Berufung eingelegt werden könne, habe der Fall auch gründlich geprüft werden müssen.

11 Schließlich habe der Fall ihr wirtschaftliches Interesse berührt, weil es um den Schutz ihrer Gemeinschaftsmarke gegangen sei.

12 Der geforderte Betrag entspreche den Kosten für die Zeit, die ihr Beistand für die Vorbereitung und die tatsächliche Wahrnehmung ihrer Interessen im Rahmen des Verfahrens - u. a. für die Prüfung von Dokumenten, für Beratungen, Sitzungen und den Entwurf eines Schriftsatzes - benötigt habe.

13 In Anbetracht dieser Darlegung übersteige der ausweislich einer Rechnung vom 11. März 2005 als Anwaltshonorar für sämtliche betreffenden Leistungen verlangte Betrag von 5 140,19 USD nicht die notwendigen Aufwendungen im Sinne von Art. 73 Buchst. b der Verfahrensordnung des Gerichtshofs. Da der Beistand von Vitakraft auf die drei Schreiben des eigenen Beistands vom 21. März 2006, 21. April 2006 und 29. Januar 2007 mit der Aufforderung zur Übernahme des Rechnungsbetrags durch Vitakraft nicht geantwortet habe, sei Krafft gezwungen gewesen, das vorliegende Verfahren anzustrengen, das weitere Kosten in Höhe von 985,25 USD verursacht habe.

14 Vitakraft trägt vor, nach Art. 73 Buchst. b der Verfahrensordnung seien nur die für das Verfahren notwendigen Aufwendungen der Antragstellerin zu erstatten. Abgesehen von der erwähnten Rechnung, die jedoch zu vage sei, sei kein Beleg für die verlangten Beträge vorgelegt worden.

15 Es obliege Krafft, den für anwaltliche Dienstleistungen in Spanien üblichen Stundensatz anzugeben und mitzuteilen, wieviele Stunden ihr Beistand für die Wahrnehmung ihrer Interessen im Rechtsmittelverfahren benötigt habe; ohne diese Angaben sei es nicht möglich, den als Vergütung ihres Beistands zu erstattenden Betrag zu bestimmen. Was gegebenenfalls weitere Kosten angehe, so sei es ebenfalls Sache von Krafft, die entsprechenden Belege vorzulegen.

16 Vitakraft fügt hinzu, dass Krafft in der vorgerichtlichen Korrespondenz 5 140,19 USD von ihr verlangt habe. Sie folgert daraus, dass es sich bei dem nunmehr geforderten überschießenden Betrag um die Kosten für das vorliegende Kostenfestsetzungsverfahren handele, und meint, dass dies nicht gerechtfertigt sei, weil die Einreichung der für die Kostenfestsetzung notwendigen Belege zum Rechtszug gehöre und die damit verbunden Kosten mit den im Rechtszug anfallenden Gebühren abgegolten seien.

Würdigung durch den Gerichtshof

17 Zunächst ist festzustellen, dass Krafft selbst den Betrag der für das Rechtsmittelverfahren zu erstattenden Kosten, den es mit Schreiben vom 21. März 2006, 20. April 2006 und 29. Januar 2007 von Vitakraft verlangt hat, auf 5 140,19 USD und den Betrag der im vorliegenden Kostenfestsetzungsverfahren anfallenden Kosten auf 985,25 USD beziffert hat, was einen Gesamtbetrag von 6 125,44 USD ergibt, so dass der Unterschied zwischen diesem Betrag und den von ihr geforderten 6 695,44 USD nicht gerechtfertigt ist.

18 Nach Art. 73 Buchst. b der Verfahrensordnung gelten als erstattungsfähige Kosten "Aufwendungen der Parteien, die für das Verfahren notwendig waren, insbesondere Reise- und Aufenthaltskosten sowie die Vergütung der Bevollmächtigten, Beistände oder Anwälte".

19 Da das Gemeinschaftsrecht keine Gebührenordnung kennt, hat der Gerichtshof die Gegebenheiten des Einzelfalls daher frei zu würdigen und dabei das wirtschaftliche Interesse, das die Parteien am Ausgang des Rechtsstreits hatten, den Gegenstand und die Art des Rechtsstreits, seine Bedeutung aus gemeinschaftsrechtlicher Sicht sowie seinen Schwierigkeitsgrad und den Arbeitsaufwand der tätig gewordenen Bevollmächtigten oder Beistände im Zusammenhang mit dem Verfahren zu berücksichtigen (vgl. u. a. Beschlüsse vom 30. November 1994, SFEI u.a./Kommission, C-222/92 DEP, Slg. 1994, I-5431, Randnr. 14, und vom 11. Januar 2007, Artegodan/Kommission, C-440/01 P(R)-DEP und C-39/03 P-DEP, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 27).

20 Der Betrag der erstattungsfähigen Kosten ist anhand dieser Kriterien zu ermitteln.

21 Was das wirtschaftliche Interesse von Krafft angeht, ging es in dem Rechtsstreit entgegen dem Vorbringen in ihrer Antragsschrift nicht um den Schutz ihrer Gemeinschaftsmarke, da sie niemals behauptet hat, Inhaberin einer solchen Marke zu sein.

22 Vielmehr verfolgte Krafft in dem auf ihren Widerspruch gegen die Anmeldung der Marke VITAKRAFT als Gemeinschaftsmarke zurückgehenden Rechtsstreit das Ziel, drei nationale Marken zu schützen, deren Inhaberin sie in Spanien ist. Angesichts der Bedeutung der Marken für die Vermarktung der Waren und Dienstleistungen hatte Krafft ein gewisses wirtschaftliches Interesse an der Bestätigung des Urteils des Gerichts im Rechtsmittelverfahren, soweit mit diesem Urteil die Zurückweisung der Anmeldung der Marke VITAKRAFT für einige der betroffenen Waren durch die Vierte Beschwerdekammer des HABM bestätigt worden war.

23 Zu Gegenstand und Art des Rechtsstreits ist festzustellen, dass es sich um ein Rechtsmittelverfahren handelte, das seinem Wesen nach auf Rechtsfragen beschränkt ist und keine Feststellung von Tatsachen zum Ziel hat. Außerdem hatte der Rechtsstreit, der auf den Widerspruch von Krafft gegen die Anmeldung der Marke VITAKRAFT zurückgeht, vor dem Rechtsmittelverfahren bereits nacheinander Anlass zu einer Prüfung durch die Widerspruchsabteilung des HABM, die Vierte Beschwerdekammer des HABM und das Gericht gegeben.

24 Zur Bedeutung des Rechtsstreits aus gemeinschaftsrechtlicher Sicht ist zu bemerken, dass das Rechtsmittel keine neue Rechtsfrage aufgeworfen hat, wie sich daran zeigt, dass es vom Gerichtshof mit Beschluss nach Art. 119 der Verfahrensordnung als offensichtlich unzulässig zurückgewiesen worden ist.

25 Was schließlich den Arbeitsaufwand betrifft, bedurfte es in Anbetracht der Feststellungen in den Randnrn. 23 und 24 des vorliegenden Beschlusses für die Abfassung der von Krafft abgegebenen Stellungnahme keiner vertieften Analyse, auch wenn unter Berücksichtigung des in Randnr. 21 des vorliegenden Beschlusses erwähnten wirtschaftlichen Interesses verständlich ist, dass sich Krafft nicht mit der Prüfung der Zulässigkeit des Rechtsmittels begnügt, sondern es für erforderlich gehalten hat, sich auch mit dessen Begründetheit zu befassen.

26 Deshalb erscheint der Arbeitsaufwand, den das Rechtsmittel dem Beistand von Krafft abverlangte, nicht sehr bedeutend.

27 Festzustellen ist aber auch, dass der Betrag, den Krafft hierfür fordert, nicht hoch ist.

28 Nach alledem ist festzustellen, dass es sich bei den von Krafft auf 5 140,19 USD bezifferten Anwaltshonoraren und -kosten um Beträge handelt, die zur Wahrnehmung der Interessen dieses Unternehmens im Rahmen des Rechtsmittelverfahrens objektiv notwendig waren.

29 Was die 985,25 USD angeht, die unter den in Randnr. 13 des vorliegenden Beschlusses geschilderten Umständen für das vorliegende Kostenfestsetzungsverfahren gefordert werden, so beruht dieser Betrag ebenfalls auf einer zutreffenden Ermittlung der Kosten, die Krafft hierfür entstanden sind.

30 Da der Gerichtshof beim Ansatz der erstattungsfähigen Kosten mit 6 125,44 USD alle Umstände der Rechtssache bis zum Erlass des vorliegenden Beschlusses berücksichtigt hat, braucht nicht gesondert über den Antrag auf Zahlung von Verzugszinsen entschieden zu werden.

Tenor:

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Vierte Kammer) beschlossen:

Der Gesamtbetrag der Kosten, die die Vitakraft-Werke Wührmann & Sohn GmbH & Co. KG der Krafft SA zu erstatten hat, wird auf 6 125,44 USD festgesetzt.

Ende der Entscheidung

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