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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 07.12.1995
Aktenzeichen: C-52/95
Rechtsgebiete: Verordnung 2241/87/EWG


Vorschriften:

Verordnung 2241/87/EWG Art. 11 Abs. 2
Verordnung 2241/87/EWG Art. 1
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

1. Ein Mitgliedstaat kann sich nicht auf praktische Schwierigkeiten wie z. B. Schwächen seines statistischen Datenerhebungssystems berufen, um ein Versäumnis bei der Einführung eines wirkungsvollen Kontrollmechanismus für die Einhaltung von Fangquoten zu rechtfertigen. Vielmehr obliegt es den im Rahmen der gemeinschaftlichen Marktorganisation für Fischereierzeugnisse mit der Durchführung von Gemeinschaftsregelungen betrauten Mitgliedstaaten, diese Schwierigkeiten durch den Erlaß geeigneter Maßnahmen zu überwinden.

Gemäß Artikel 11 Absatz 2 der Verordnung Nr. 2241/87 zur Festlegung bestimmter Maßnahmen zur Kontrolle der Fischereitätigkeit sind sie insbesondere dazu verpflichtet, schon vor der Ausschöpfung der Quoten zwingende Maßnahmen zu ergreifen, um jede Fangtätigkeit bis auf weiteres zu untersagen, wenn ohne ein solches Verbot die Gefahr besteht, daß die Fangmengen die Quoten überschreiten.

2. Nach Artikel 1 Absatz 2 der Verordnung Nr. 2241/87 zur Festlegung bestimmter Maßnahmen zur Kontrolle der Fischereitätigkeit sind die zuständigen Behörden eines Mitgliedstaats zur Einleitung eines Straf- oder Verwaltungsverfahrens verpflichtet, wenn sie Verstösse gegen die Vorschriften über Erhaltungs- und Kontrollmaßnahmen auf dem Gebiet der Fischerei feststellen. Die Erhaltung und Verwaltung der Fischereiressourcen und die einheitliche Durchführung der gemeinsamen Fischereipolitik würden unterlaufen, wenn die zuständigen Behörden eines Mitgliedstaats die Verfolgung der Verantwortlichen für derartige Verstösse systematisch unterlassen könnten. Verbietet die Kommission eine Fangtätigkeit von einem bestimmten Zeitpunkt an, ist ein Mitgliedstaat daher verpflichtet, gegen diejenigen, die für die Fortsetzung der Fangtätigkeit und damit im Sinne der Gemeinschaftsregelung zusammenhängender Tätigkeiten über diesen Zeitpunkt hinaus verantwortlich sind, ein Straf- oder Verwaltungsverfahren einzuleiten. Die blosse Befürchtung, daß durch schwerwiegende Unruhen im sozioökonomischen Bereich innere Schwierigkeiten entstehen, vermag es nicht zu rechtfertigen, von der Durchführung der in Frage stehenden Regelung abzusehen.


Urteil des Gerichtshofes (Fünfte Kammer) vom 7. Dezember 1995. - Kommission der Europäischen Gemeinschaften gegen Französische Republik. - Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats - Fangquoten für den Sardellenbestand - Kontrollmaßnahmen - Verpflichtungen der Mitgliedstaaten. - Rechtssache C-52/95.

Entscheidungsgründe:

1 Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften hat mit Klageschrift, die am 28. Februar 1995 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, gemäß Artikel 169 EG-Vertrag Klage erhoben auf Feststellung, daß die Französische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Artikel 11 Absatz 2 und Artikel 1 der Verordnung (EWG) Nr. 2241/87 des Rates vom 23. Juli 1987 zur Festlegung bestimmter Maßnahmen zur Kontrolle der Fischereitätigkeit (ABl. L 207, S. 1) in der Fassung der Verordnung (EWG) Nr. 3483/88 des Rates vom 7. November 1988 (ABl. L 306, S. 2) in Verbindung mit den Artikeln 3 und den Anhängen der Verordnungen (EWG) Nr. 3926/90 des Rates vom 20. Dezember 1990 zur Festlegung der zulässigen Gesamtfangmengen und entsprechender Fangbedingungen für bestimmte Fischbestände oder Bestandsgruppen (1991) (ABl. L 378, S. 1) und Nr. 3882/91 des Rates vom 18. Dezember 1991 zur Festlegung der zulässigen Gesamtfangmengen und entsprechender Fangbedingungen für bestimmte Fischbestände oder Bestandsgruppen (1992) (ABl. L 367, S. 1) verstossen hat, daß sie

° den Sardellenfang im ICES-Bereich VIII durch ihre Fischereifahrzeuge nicht bis auf weiteres verboten und dadurch die Einhaltung der ihr für 1991 und 1992 zugeteilten Quoten sichergestellt und

° gegen die für Fänge aus diesem Bestand und für damit zusammenhängende Tätigkeiten Verantwortlichen nach den von der Kommission 1991 und 1992 erlassenen Fangverboten keine Verfolgungsmaßnahmen ergriffen hat.

2 Gemäß den Artikeln 2, 3 und 4 der Verordnung (EWG) Nr. 170/83 des Rates vom 25. Januar 1983 zur Einführung einer gemeinschaftlichen Regelung für die Erhaltung und Bewirtschaftung der Fischereiressourcen (ABl. L 24, S. 1) kann der Rat den Fischfang je Bestand beschränken, wenn sich dies als notwendig erweist. Die verfügbare Fangmenge wird unter den Mitgliedstaaten in Form von Quoten aufgeteilt. Allerdings können sie die ihnen zugeteilten Quoten nach Artikel 5 Absatz 1 der Verordnung ganz oder teilweise austauschen.

3 Nach Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung Nr. 170/83 legen die Mitgliedstaaten in Übereinstimmung mit den geltenden Gemeinschaftsbestimmungen die Einzelheiten für die Nutzung der ihnen zugeteilten Quoten fest.

4 Die Überwachung dieses der Bestandserhaltung dienenden Systems wird durch die Verordnung Nr. 2241/87 geregelt. Gemäß Artikel 1 Absatz 1 dieser Verordnung kontrolliert jeder Mitgliedstaat in seinem Gebiet und in seinen Meeresgewässern die Fischereifahrzeuge und sämtliche Tätigkeiten, durch deren Überwachung die Einhaltung aller Vorschriften über Bestandserhaltungs- und Kontrollmaßnahmen nachgeprüft werden kann.

5 Stellen die zuständigen Behörden einen Verstoß fest, so leiten sie nach Artikel 1 Absatz 2 der Verordnung Nr. 2241/87 gegen den Kapitän des betroffenen Schiffes oder gegen jeden anderen Verantwortlichen ein Straf- oder Verwaltungsverfahren ein.

6 Nach Artikel 9 Absatz 2 der Verordnung teilen die Mitgliedstaaten der Kommission vor dem 15. jedes Monats die im Vormonat angelandeten Mengen der einer Quote unterliegenden Bestände mit.

7 Gemäß Artikel 11 Absatz 1 der Verordnung werden alle Fänge aus einem einer Quote unterliegenden Bestand durch Fischereifahrzeuge, die die Flagge eines Mitgliedstaats führen oder in einem solchen registriert sind, von der diesem Mitgliedstaat für den betroffenen Bestand zugeteilten Quote abgezogen.

8 Nach Artikel 11 Absatz 2 setzt jeder Mitgliedstaat den Zeitpunkt fest, an dem eine Quote infolge der Fänge seiner Fischereifahrzeuge aus dem dieser Quote unterliegenden Bestand als ausgeschöpft gilt. Er untersagt von diesem Zeitpunkt an bis auf weiteres den Fang aus diesem Bestand durch seine Fischereifahrzeuge sowie die Aufbewahrung an Bord, das Umladen und die Anlandung von Fängen aus dem Bestand, die nach diesem Zeitpunkt gemacht wurden. Diese Maßnahme ist der Kommission unverzueglich mitzuteilen.

9 Die Kommission setzt auf eine solche Mitteilung hin oder von sich aus gemäß Artikel 11 Absatz 3 der Verordnung den Zeitpunkt fest, zu dem die Quote des betroffenen Mitgliedstaats aufgrund der Fänge aus dem jeweiligen Bestand als ausgeschöpft gilt. Nach Absatz 3 Unterabsatz 3 dürfen die Fischereifahrzeuge dieses Mitgliedstaats die Art des Bestands von diesem Zeitpunkt an nicht mehr befischen. Sie dürfen solche Fänge auch nicht mehr an Bord haben, umladen oder anlanden oder umladen oder anlanden lassen, soweit sie nach diesem Zeitpunkt gefischt worden sind.

10 Stellt die zuständige Behörde eines Mitgliedstaats fest, daß ein Fischereifahrzeug dieses Staats gegen Regeln für die Erhaltung oder Kontrollbestimmungen verstossen hat, so kann sie dieses Fahrzeug nach Artikel 11b der Verordnung Nr. 2241/87 zusätzlichen Kontrollmaßnahmen unterwerfen.

11 Auf der Grundlage der Verordnung Nr. 170/83 erließ der Rat die Verordnungen Nr. 3926/90 und Nr. 3882/91. Gemäß den Artikeln 3 und den Anhängen dieser Verordnungen wurde der Französischen Republik für den Sardellenbestand im fraglichen Bereich für 1991 und 1992 eine Quote von jeweils 3 000 Tonnen zugeteilt.

12 Durch die Artikel 5 Absatz 1 dieser Verordnungen wurde es untersagt, Fänge von einer Quote unterliegenden Beständen an Bord zu behalten oder anzulanden, sofern diese Fänge nicht von Schiffen eines Mitgliedstaats durchgeführt worden waren, der über eine noch nicht ausgeschöpfte Quote verfügte.

13 Nach den der Kommission von den französischen Behörden mitgeteilten statistischen Angaben beliefen sich die Sardellenfänge der Fischereifahrzeuge, die die französische Flagge führten oder in Frankreich registriert waren (im folgenden: französische Fischereifahrzeuge), im betroffenen Bereich in den ersten beiden Monaten des Jahres 1991 auf 3 397,2 Tonnen, ohne daß von der Französischen Republik Kontrollmaßnahmen ergriffen wurden.

14 Die Kommission verbot die fraglichen Fänge von sich aus mit Wirkung vom 24. Mai 1991 an durch Artikel 1 Absatz 2 der Verordnung (EWG) Nr. 1326/91 der Kommission vom 21. Mai 1991 zur Einstellung des Sardellenfanges durch Schiffe unter französischer Flagge (ABl. L 127, S. 11).

15 Nach den am Ende des Wirtschaftsjahrs 1991 von den französischen Behörden gesammelten Daten hatten die in Frage stehenden Fänge französischer Fischereifahrzeuge vor Erlaß des Verbots durch die Kommission insgesamt 6 020,6 Tonnen erreicht. Im restlichen Jahr beliefen sich die Fänge auf 89 Tonnen im Juni, 116 Tonnen im Juli, 62 Tonnen im August, 36 Tonnen im September, 63 Tonnen im Oktober und geringere Mengen im November und Dezember. Die Gesamtfangmenge für 1991 betrug 6 402 Tonnen.

16 Für das Jahr 1992 teilten die französischen Behörden der Kommission mit Schreiben vom 2. April 1992 mit, daß die Sardellenfänge im fraglichen Bereich in der Zeit vom 1. Januar bis 29. März eine Menge von 3 473 Tonnen erreicht hätten.

17 Da von der Französischen Republik keine Kontrollmaßnahmen ergriffen worden waren, verbot die Kommission die in Frage stehenden Fänge mit Wirkung ab 16. April 1992 durch Artikel 1 Absatz 2 der Verordnung (EWG) Nr. 942/92 vom 13. April 1992 zur Einstellung des Sardellenfangs durch Schiffe unter französischer Flagge (ABl. L 101, S. 42).

18 Nach den von den französischen Behörden mitgeteilten endgültigen Zahlen beliefen sich die streitigen Fänge bis Ende Mai 1992 auf 5 213,9 Tonnen und bis Ende Juli auf 5 559,4 Tonnen.

19 Am 3. Juli 1992 wurden der Französischen Republik vom Königreich Spanien 6 000 Tonnen der betroffenen Quote übertragen, so daß sich ihre Jahresquote auf 9 000 Tonnen erhöhte. Diese Übertragung ermöglichte es der Kommission, die Verordnung Nr. 942/92 durch die Verordnung (EWG) Nr. 2265/92 vom 31. Juli 1992 (ABl. L 220, S. 5) aufzuheben und somit den fraglichen Fischfang wieder zu eröffnen.

20 Bis Ende September 1992 erreichten die Fänge 8 995,4 Tonnen, bis Ende November 12 781 Tonnen und bis Jahresende 14 013 Tonnen. Gleichwohl ergriffen die französischen Behörden in diesem Jahr keine Maßnahme zur Unterbindung weiterer Fänge.

21 Nach Auffassung der Kommission hat die Französische Republik daher dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Artikel 11 Absatz 2 und Artikel 1 der Verordnung Nr. 2241/87 verstossen, daß sie 1991 und 1992 nicht die notwendigen Maßnahmen zur Untersagung des Sardellenfangs im betroffenen Bereich und ferner keine Verfolgungsmaßnahmen gegen die Personen ergriffen hat, die für solche Fänge nach Erlaß der Verbote der Kommission verantwortlich waren.

Zum ersten Klagegrund

22 Hierzu macht die Kommission geltend, Artikel 11 Absatz 2 der Verordnung Nr. 2241/87 verpflichte die Mitgliedstaaten, der Ausschöpfung ihrer Quoten zuvorzukommen und noch vor einer Quotenausschöpfung alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um jede Fangtätigkeit bis auf weiteres zu untersagen.

23 1991 hätte die Französische Republik spätestens im Laufe des Februars weitere Fänge aus dem Bestand durch französische Fischereifahrzeuge vorläufig untersagen müssen.

24 Im Jahr 1992 hätte sie spätestens bis Ende Februar Kontrollmaßnahmen ergreifen müssen, um zu gewährleisten, daß ihre ursprüngliche Quote nicht überschritten würde. Ausserdem hätte sie die fraglichen Fänge durch ihre Fischereifahrzeuge verbieten müssen, als die Ausschöpfung der erhöhten Quote unmittelbar bevorgestanden habe.

25 Die französische Regierung bestreitet nicht, daß die der Französischen Republik zugeteilten Quoten durch die Fänge überschritten wurden und daß die französischen Behörden weder 1991 noch 1992 eine Kontrollmaßnahme ergriffen, wie sie Artikel 11 Absatz 2 der Verordnung Nr. 2241/87 vorschreibt.

26 Für 1991 allerdings sei das verspätete Fangverbot auf Schwächen des seinerzeit verwendeten Systems für die statistische Datenerhebung zurückzuführen.

27 Diesem Vorbringen kann nicht gefolgt werden.

28 Was das 1991 angewandte Datenerhebungssystem betrifft, kann sich ein Mitgliedstaat nach ständiger Rechtsprechung (vgl. Urteil vom 20. März 1990 in der Rechtssache C-62/89, Kommission/Frankreich, Slg. 1990, I-925, Randnr. 23) nicht auf praktische Schwierigkeiten berufen, um ein Versäumnis bei der Einführung eines wirkungsvollen Kontrollmechanismus zu rechtfertigen. Vielmehr obliegt es den im Rahmen der gemeinschaftlichen Marktorganisation für Fischereierzeugnisse mit der Durchführung von Gemeinschaftsregelungen betrauten Mitgliedstaaten, diese Schwierigkeiten durch den Erlaß geeigneter Maßnahmen zu überwinden.

29 In seinem Urteil vom 8. Juni 1993 in der Rechtssache C-52/91 (Kommission/Niederlande, Slg. 1993, I-3069, Randnr. 26) hat der Gerichtshof weiterhin entschieden, daß sich aus dem inzwischen aufgehobenen, aber mit Artikel 11 Absatz 2 der Verordnung Nr. 2241/87 wortgleichen Artikel 10 Absatz 2 der Verordnung (EWG) Nr. 2057/82 des Rates vom 29. Juni 1982 zur Festlegung bestimmter Maßnahmen zur Kontrolle der Fischereitätigkeit von Schiffen der Mitgliedstaaten (ABl. L 220, S. 1) für die Mitgliedstaaten die Verpflichtung ergab, schon vor der Ausschöpfung der Quoten zwingende Maßnahmen zu ergreifen, um jede Fangtätigkeit bis auf weiteres zu untersagen.

30 Durch Artikel 11 Absatz 2 der Verordnung Nr. 2241/87 wird die gleiche Verpflichtung der Mitgliedstaaten begründet.

31 Die Französische Republik hat daher dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Artikel 11 Absatz 2 der Verordnung Nr. 2241/87 verstossen, daß sie die fraglichen Fänge 1991 und 1992 nicht vor Ausschöpfung der ihr für diese Jahre zugeteilten Quoten bis auf weiteres untersagt hat.

Zum zweiten Klagegrund

32 Hierzu führt die Kommission aus, mit der Fortsetzung der Fänge aus dem betroffenen Bestand durch französische Fischereifahrzeuge und damit zusammenhängender Tätigkeiten nach Erlaß der diesbezueglichen Verbote in den Verordnungen Nr. 1326/91 und Nr. 942/92 hätten die für diese Schiffe Verantwortlichen gegen Artikel 11 Absatz 3 der Verordnung Nr. 2241/87 und die Artikel 5 der Verordnungen Nr. 3926/90 und Nr. 3882/91 verstossen. Nach Artikel 1 Absatz 2 der Verordnung Nr. 2241/87 seien die französischen Behörden verpflichtet gewesen, gegen die für diese Verstösse Verantwortlichen ein Straf- oder Verwaltungsverfahren einzuleiten.

33 Die französische Regierung bestreitet nicht, daß gegen die für die streitgegenständlichen Tätigkeiten Verantwortlichen keine Verfolgungsmaßnahmen ergriffen wurden.

34 Nach Artikel 1 Absatz 2 der Verordnung Nr. 2241/87 sind die zuständigen Behörden eines Mitgliedstaats zur Einleitung eines Straf- oder Verwaltungsverfahrens verpflichtet, wenn sie Verstösse gegen die Vorschriften über Erhaltungs- und Kontrollmaßnahmen auf dem Gebiet der Fischerei feststellen.

35 Die Erhaltung und Verwaltung der Fischereiressourcen und die einheitliche Durchführung der gemeinsamen Fischereipolitik würden unterlaufen, wenn die zuständigen Behörden eines Mitgliedstaats die Verfolgung der Verantwortlichen für derartige Verstösse systematisch unterließen.

36 Von dem Zeitpunkt an, zu dem die Verbote der fraglichen Fangtätigkeit durch die Kommission in Kraft traten, war die Französische Republik deshalb verpflichtet, gegen diejenigen, die für die Fortsetzung dieser Fangtätigkeit und damit zusammenhängender Tätigkeiten im Sinne von Artikel 11 Absatz 3 Unterabsatz 3 der Verordnung Nr. 2241/87 und der Artikel 5 der Verordnungen Nr. 3926/90 und Nr. 3882/91 verantwortlich waren, ein Straf- oder Verwaltungsverfahren einzuleiten.

37 Für 1992 macht die französische Regierung jedoch geltend, das sozioökonomische Klima, in dem die Sardellenfang-Kampagne stattgefunden habe, sei so belastet gewesen, daß erhebliche, zur Hervorrufung schwerwiegender wirtschaftlicher Störungen geeignete Unruhen zu befürchten gewesen seien. Die zuständigen Behörden seien daher gezwungen gewesen, von der Verfolgung der für die Verstösse Verantwortlichen abzusehen.

38 Dieses Vorbringen ist zurückzuweisen. Die blosse Befürchtung interner Schwierigkeiten vermag es nämlich nicht zu rechtfertigen, von der Durchführung der in Frage stehenden Regelung abzusehen.

39 Die Französische Republik hat daher dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Artikel 1 der Verordnung Nr. 2241/87 verstossen, daß sie es unterlassen hat, gegen die für Fänge aus dem fraglichen Bestand und für damit zusammenhängende Tätigkeiten Verantwortlichen nach den von der Kommission 1991 und 1992 erlassenen Fangverboten Verfolgungsmaßnahmen zu ergreifen.

Kostenentscheidung:

Kosten

40 Nach Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung hat die unterliegende Partei die Kosten zu tragen. Da die Französische Republik mit ihrem Vorbringen unterlegen ist und die Kommission beantragt hat, ihr die Kosten aufzuerlegen, ist die Französische Republik zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1) Die Französische Republik hat dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Artikel 11 Absatz 2 der Verordnung (EWG) Nr. 2241/87 des Rates vom 23. Juli 1987 zur Festlegung bestimmter Maßnahmen zur Kontrolle der Fischereitätigkeit verstossen, daß sie den Sardellenfang im ICES-Bereich VIII durch ihre Fischereifahrzeuge nicht bis auf weiteres verboten und dadurch die Einhaltung der ihr für 1991 und 1992 zugeteilten Quoten sichergestellt hat.

2) Die Französische Republik hat dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Artikel 1 der Verordnung Nr. 2241/87 verstossen, daß sie es unterlassen hat, gegen die für Fänge aus dem fraglichen Bestand und für damit zusammenhängende Tätigkeiten Verantwortlichen nach den von der Kommission 1991 und 1992 erlassenen Fangverboten Verfolgungsmaßnahmen zu ergreifen.

3) Die Französische Republik trägt die Kosten.

Ende der Entscheidung

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