Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 17.06.1997
Aktenzeichen: C-70/95
Rechtsgebiete: EG-Vertrag


Vorschriften:

EG-Vertrag Art. 3 Buchst. g
EG-Vertrag Art. 5
EG-Vertrag Art. 52
EG-Vertrag Art. 58
EG-Vertrag Art. 59
EG-Vertrag Art. 85
EG-Vertrag Art. 86
EG-Vertrag Art. 90
EG-Vertrag Art. 190
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

5 Das Gemeinschaftsrecht, insbesondere Artikel 190 des Vertrages, stellt keine Anforderungen an die Begründung einer nationalen generellen Regelung, die unter das Gemeinschaftsrecht fällt.

Denn abgesehen davon, daß die in Artikel 190 des Vertrages verankerte Begründungspflicht nur die Handlungen der Organe betrifft, gilt die Verpflichtung zur Begründung nationaler Entscheidungen, die die Ausübung eines Grundrechts betreffen, das dem einzelnen vom Vertrag verliehen ist, in Anbetracht ihres Zweckes nur für Einzelfallentscheidungen, gegen die die einzelnen über einen gerichtlichen Rechtsbehelf verfügen müssen, jedoch nicht für nationale generelle Rechtssätze.

6 Es verstösst nicht gegen die Artikel 52 und 58 des Vertrages, wenn ein Mitgliedstaat es allein privaten Wirtschaftsteilnehmern, die keinen Erwerbszweck verfolgen, erlaubt, sich an der Durchführung seines Systems der Sozialhilfe dadurch zu beteiligen, daß sie Verträge schließen, die einen Anspruch auf Erstattung der Kosten von gesundheitsbezogenen Leistungen der Sozialhilfe durch die Behörden vorsehen.

Denn beim gegenwärtigen Stand des Gemeinschaftsrechts kann ein Mitgliedstaat im Rahmen der ihm verbliebenen Zuständigkeit für die Ausgestaltung seines Systems der sozialen Sicherheit davon ausgehen, daß die Ziele eines Systems der Sozialhilfe, das auf dem Grundsatz der Solidarität beruht und vorrangig denjenigen Personen beistehen soll, die bedürftig sind, nur dann erreicht werden können, wenn als Erbringer von Dienstleistungen der Sozialhilfe nur solche privaten Wirtschaftsteilnehmer zugelassen werden, die keinen Erwerbszweck verfolgen.

Diese Voraussetzung kann im übrigen die Gesellschaften mit Erwerbszweck aus anderen Mitgliedstaaten gegenüber Gesellschaften mit Erwerbszweck des Niederlassungsmitgliedstaats weder sachlich noch rechtlich benachteiligen.

7 Artikel 59 des Vertrages erfasst eine Gesellschaft nicht, die sich in einem Mitgliedstaat niedergelassen hat, um dort Wohnheime für Senioren zu betreiben, und den Heimbewohnern, die sich zu diesem Zweck ständig oder für unbestimmte Zeit in diesen Wohnheimen aufhalten, Dienstleistungen erbringt.

Denn ein Unternehmen kann sich zwar gegenüber dem Staat, in dem es seinen Sitz hat, auf den freien Dienstleistungsverkehr berufen, sofern die Leistungen an Leistungsempfänger erbracht werden, die in einem anderen Mitgliedstaat ansässig sind, hingegen erfasst Artikel 59 den Angehörigen eines Mitgliedstaats nicht, der sich in einen anderen Mitgliedstaat begibt und dort seinen Hauptaufenthalt nimmt, um dort für unbestimmte Zeit Dienstleistungen zu empfangen.

8 Die Artikel 85 und 86 in Verbindung mit den Artikeln 3 Buchstabe g, 5 und 90 des Vertrages erfassen eine nationale Regelung nicht, die es nur privaten Wirtschaftsteilnehmern, die keinen Erwerbszweck verfolgen, erlaubt, sich an der Durchführung eines Systems der Sozialhilfe dadurch zu beteiligen, daß sie Verträge schließen, die einen Anspruch auf Erstattung der Kosten von gesundheitsbezogenen Leistungen der Sozialhilfe durch die Behörden vorsehen.

Denn eine solche Regelung

- schreibt Absprachen zwischen den Unternehmen, die zum Vertragsabschluß zugelassen sind, weder vor noch erleichtert sie sie, noch verstärkt sie die Auswirkungen solcher Absprachen; sie überträgt auch nicht die Verantwortung für in die Wirtschaft eingreifende Entscheidungen privaten Wirtschaftsteilnehmern;

- verschafft den einzelnen Unternehmen, die zum Vertragsabschluß zugelassen sind, keine beherrschende Stellung und führt keine Verbindungen zwischen ihnen herbei, die so eng sind, daß sie zu einer kollektiven beherrschenden Stellung führen.


Urteil des Gerichtshofes vom 17. Juni 1997. - Sodemare SA, Anni Azzurri Holding SpA und Anni Azzurri Rezzato Srl gegen Regione Lombardia. - Ersuchen um Vorabentscheidung: Tribunale amminstrativo regionale per la Lombardia - Italien. - Niederlassungsfreiheit - Dienstleistungsfreiheit - Wohnungen für Senioren - Fehlender Erwerbszweck. - Rechtssache C-70/95.

Entscheidungsgründe:

1 Das Tribunale amministrativo regionale per la Lombardia hat mit Beschluß vom 2. März 1995, beim Gerichtshof eingegangen am 10. März 1995, gemäß Artikel 177 EG-Vertrag fünf Fragen nach der Auslegung der Artikel 3 Buchstabe g, 5, 52, 58, 59, 85, 86, 90 und 190 EG-Vertrag zur Vorabentscheidung vorgelegt.

2 Diese Fragen stellen sich im Rahmen einer Klage der Gesellschaft luxemburgischen Rechts Sodemare SA und zweier Gesellschaften italienischen Rechts, der Anni Azzurri Holding SpA und der Anni Azzurri Rezzato Srl, auf Nichtigerklärung zunächst des Artikels 18 Absatz 3 Buchstabe a der Legge regionale Lombardia (Regionalgesetz der Lombardei) Nr. 39 vom 11. April 1980 über Organisation und Arbeitsweise örtlicher Gesundheits- und Fürsorgeämter (Bollettino ufficiale della Regione Lombardia Nr. 15 vom 11. April 1980, dritter Ergänzungsband; im folgenden: Gesetz von 1980), der Entscheidung Nr. 2157 der Region Lombardei vom 3. Dezember 1993, mit der ihr Antrag, sie zum Abschluß von Verträgen über die Kostenerstattung für gesundheitsbezogene Sozialhilfeleistungen zuzulassen, abgelehnt wurde, und schließlich der Stellungnahme Nr. 41 des örtlichen Gesundheits- und Fürsorgeamts vom 7. September 1993. Die Fédération des maisons de repos privées de Belgique trat dem Rechtsstreit zur Unterstützung der drei Klägerinnen bei.

3 Das italienische Dekret vom 8. August 1985 (GURI Nr. 191 vom 14. August 1985, S. 5727) - Maßnahme zur Orientierung und Koordinierung der Regionen und der selbständigen Provinzen auf dem Gebiet der gesundheitsbezogenen Tätigkeiten im Zusammenhang mit Tätigkeiten der Sozialhilfe - unterscheidet zwischen den Tätigkeiten der reinen unmittelbaren Sozialhilfe und solchen der gesundheitsbezogenen Sozialhilfe. Zu den ersteren gehören insbesondere die Unterbringung in geschützten Einrichtungen, die keine Krankenhäuser sind und die vollständig - auch vorübergehend - an die Stelle der Familienfürsorge treten. Die gesundheitsbezogenen Tätigkeiten der Sozialhilfe sind unmittelbar und in erster Linie dazu bestimmt, die Gesundheit der Bürger durch vorbeugende Maßnahmen, Pflege sowie physio- oder psychologische Therapie zu stützen.

4 Gemäß Artikel 6 dieses Dekrets kann der Begriff der gesundheitsbezogenen Sozialhilfetätigkeiten insbesondere Anwendung auf die Unterbringung in geschützten Einrichtungen finden, die sich hauptsächlich oder ausschließlich mit der Betreuung gebrechlicher älterer Menschen befassen, die nicht zu Hause gepflegt werden können. Lässt sich die Maßnahme der Gesundheitsfürsorge nicht von der Maßnahme der Sozialhilfe trennen, können die Regionen im Rahmen der Finanzmittel, die der Fondo sanitario nazionale (nationaler Gesundheitsfonds) zur Verfügung stellt, Verträge mit öffentlichen und in deren Ermangelung mit privaten Stellen schließen.

5 Die Legge regionale Lombardia Nr. 1 vom 7. Januar 1986 über Reorganisation und Planung der Sozialhilfedienste (Bollettino ufficiale della Regione Lombardia Nr. 2 vom 8. Januar 1986, erster Ergänzungsband; im folgenden: Gesetz von 1986) regelt das System der Sozialhilfdedienste im Gebiet der Region Lombardei. Nach diesem Gesetz ist die Verwirklichung dieses Systems Einrichtungen, die unmittelbar von den Gemeinden und den für die örtlichen Dienste zuständigen Stellen verwaltet werden, und anderen öffentlichen Vertragsorganisationen im Sinne des Gesetzes von 1980 anvertraut. Ebenso sind private Wirtschaftsteilnehmer, die Einrichtungen betreiben, die über die in Artikel 18 Absatz 3 des Gesetzes von 1980 vorgeschriebenen Eigenschaften verfügen, an der Durchführung des Systems der Sozialhilfe beteiligt.

6 Das Gesetz von 1986 regelt in der Lombardei den Abschluß von Verträgen mit den Organisationen, die die örtlichen Gesundheits- und Fürsorgeämter (USSL) verwalten, über die Erbringung von Leistungen der Sozialhilfe, einschließlich der gesundheitsbezogenen Leistungen. Nach Artikel 18 Absatz 2 des Gesetzes von 1980 bedürfen private Wirtschaftsteilnehmer, die sich an Planung und Organisation von USSL-Dienstleistungen beteiligen wollen, einer Bescheinigung über die Eignung zum Abschluß von Verträgen mit den Organisationen, die die USSL verwalten, die ihnen auf Antrag ausgestellt wird.

7 Gemäß Artikel 18 Absatz 3 des Gesetzes von 1980 ist zum Abschluß von Verträgen insbesondere nur geeignet, wer keinen Erwerbszweck verfolgt.

8 Gemäß Artikel 18 Absatz 5 des Gesetzes von 1980 berechtigt der Eignungsnachweis zum Abschluß von Verträgen mit den USSL. Nach Artikel 18 Absatz 10 richten sich die finanziellen Beziehungen zwischen der vertragschließenden öffentlichen Organisation und dem privaten Wirtschaftsteilnehmer nach den Verträgen, die auch die Form der Erstattung der einzelnen Leistungen auf der Grundlage von Tarifen vorsehen, die innerhalb der in den regionalen Sozialhilfeplänen bestimmten Grenzen im voraus festgesetzt werden und die zumindest die Deckung der tatsächlich entstandenen Kosten ermöglichen müssen.

9 Im übrigen bedarf gemäß Artikel 50 des Gesetzes vom 1986 der Betrieb eines Wohnheims für Senioren und für Personen, die ganz oder teilweise nicht in der Lage sind, für sich selbst zu sorgen, einer Betriebsgenehmigung durch die Provinz, in der sich das Wohnheim befindet.

10 Nach den Akten sieht der im entscheidungserheblichen Zeitpunkt geltende, vom Regionalrat der Lombardei genehmigte regionale Sozialhilfeplan bei Wohnheimen für Senioren, auf die die Vertragsregelung anwendbar ist, strengere Normen in bezug auf das Personal vor als bei anderen Wohnheimen. Die Region finanziert die Kosten der gesundheitsbezogenen Sozialhilfeleistungen in den Vertragswohnheimen bis zu einem bestimmten Hoechsterstattungssatz pro Tag und Heimbewohner, der nicht in der Lage ist, sich selbst zu versorgen, unabhängig von dessen etwaiger Bedürftigkeit.

11 Die Klägerin Sodemare SA gründete die Klägerin Anni Azzurri Holding SpA als Kapitalgesellschaft italienischen Rechts. Diese wird vollständig von der Klägerin Sodemare SA kontrolliert, sie hält das gesamte Gesellschaftskapital mehrerer Gesellschaften, die Wohnheime für Senioren betreiben, einschließlich der Klägerin Residenze Anni Azzurri Rezzato Srl.

12 Am 3. Dezember 1992 wurde die letztgenannte Klägerin durch Dekret des Präsidenten der Provinz Brescia gemäß Artikel 50 des Gesetzes von 1986 ermächtigt, ein Wohnheim für Senioren zu betreiben. Am 29. April 1993 beantragte sie beim Regionalrat der Lombardei, sie zum Abschluß von Verträgen mit den USSL-Organisationen zuzulassen, was ihr ermöglicht hätte, Kostenerstattungen für die gesundheitsbezogenen Leistungen zu erhalten, die sie alten Heimbewohnern, die sich nicht selbst versorgen können, zwangsläufig erbringen muß.

13 Mit Entscheidung Nr. 2157 vom 3. Dezember 1993 lehnte die Region Lombardei auf die ablehnende Stellungnahme der USSL hin den Antrag auf Zulassung zu Vertragsabschlüssen mit der Begründung ab, entgegen Artikel 18 Absatz 3 Buchstabe a des Gesetzes von 1980 werde ein Erwerbszweck verfolgt.

14 Das vorlegende Gericht stellte fest, daß die Klägerinnen zwar tätig und wirtschaftlich gesund seien, daß jedoch ihre tatsächliche Kapazität nicht ausgelastet sei, da die Anzahl der mit Senioren belegten Betten deutlich niedriger als die Anzahl der in ihren Heimen verfügbaren Plätze sei.

15 Weiter führte es aus, daß die streitige Bestimmung dazu führe, daß die Erbringung gesundheitsbezogener Leistungen der Sozialhilfe im wesentlichen Gesellschaften ohne Erwerbszweck vorbehalten bleibe. Da diese Gesellschaften öffentliche Finanzmittel erhielten, hätten Personen, die die Leistungen einer Gesellschaft mit Erwerbszweck in Anspruch nähmen, Kosten zu tragen, die sie nicht zu tragen hätten, wenn sie die gleiche Leistung einer Gesellschaft ohne Erwerbszweck in Anspruch nähmen.

16 Das Tribunale amministrativo regionale hat das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof die folgenden Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1. Ist eine nationale Rechtsvorschrift, die zwar eine Materie regelt, die in den "Anwendungsbereich" der Gemeinschaftsverträge fällt, die aber nicht mit Gründen versehen ist, in Fällen, in denen - wie offenbar im vorliegenden Fall - die nationale Vorschrift zu Unklarheiten tatsächlicher Art führt, weil die betroffenen Normadressaten über ihre Möglichkeiten, sich auf das Gemeinschaftsrecht zu berufen, im ungewissen gelassen werden, nach Artikel 190 EG-Vertrag wegen Verstosses gegen das Gemeinschaftsrecht rechtswidrig mit der Folge, daß sie durch die nationalen Gerichte nicht angewandt werden kann?

(Es handelt sich um die Fälle, in denen dem Mitgliedstaat die "Verpflichtung" [die nach der italienischen Corte costituzionale eine "konkrete Verpflichtung" darstellt; vgl. Urteil der Corte costituzionale Nr. 389 vom 11. Juli (4. Juli) 1989, Punkt 4 letzter Absatz der Begründung] obliegt, die mit der Gemeinschaftsrechtsordnung unvereinbaren Rechtsvorschriften aus seiner innerstaatlichen Rechtsordnung zu entfernen [vgl. zu dieser Verpflichtung zur Aufhebung von Rechtsvorschriften Urteil des Gerichtshofes vom 24. März 1988 in der Rechtssache 104/86, Slg. 1988, 1799]. Diese Verpflichtung hat der Gerichtshof der Gemeinschaft "mehrmals" bejaht.)

2. Verstösst eine nationale Rechtsvorschrift, die "Gesellschaften" ohne Erwerbszweck (ohne Angabe von Gründen) einen vollständigen Bereich von - auch finanziell - wichtigen Dienstleistungen vorbehält, gegen Artikel 58 EG-Vertrag, obwohl dieser zwischen "Gesellschaften, die einen Erwerbszweck verfolgen", und "Gesellschaften, die keinen Erwerbszweck verfolgen", streng unterscheidet?

3. Verstösst eine nationale Rechtsvorschrift, die die Ausübung einer unternehmerischen Tätigkeit dadurch behindert, daß sie ein in einem Mitgliedstaat niedergelassenes Unternehmen, das sich in einem anderen Mitgliedstaat im Sinne des EG-Vertrags niederlassen will, vor die Alternative stellt, entweder diese Tätigkeit in nichtwirtschaftlicher Form auszuüben - wobei es in diesem Fall eine ausdrücklich vorgeschriebene Rechtsform erhält, die nicht zu denen gehört, die eine Niederlassung zulassen - oder aber, wenn es die Tätigkeit in wirtschaftlicher Form auszuüben beabsichtigt, die Lasten für Leistungen zu übernehmen, die an sich das öffentliche Gesundheitswesen zu tragen hätte, gegen die Artikel 52, 58 und 59 EG-Vertrag?

4. Verstösst eine nationale Regelung, die die Personen, die Sozialhilfeleistungen in Anspruch nehmen - und nach innerstaatlichem Recht den Leistungserbringer wählen können -, nach den in diesem Recht festgelegten Modalitäten ausschließlich an Unternehmen verweist, denen der Staat nur wegen ihrer Rechtsform die Kosten für Leistungen des Gesundheitswesens, die alle zugelassenen Unternehmen erbringen müssen, erstattet, gegen Artikel 59 EG-Vertrag, wenn die nationale Regelung damit zum einen die Nachfrage nach Dienstleistungen auf bestimmte Leistungserbringer lenkt und zum anderen den Benutzern eine echte Wahlfreiheit nimmt?

5. Verstösst die fragliche Regelung, die nach dem im innerstaatlichen Recht vorgesehenen Mechanismus

a) es nur Gesellschaften mit einer bestimmten Rechtsform erlaubt, Leistungen, die Nebenleistungen zu von ihnen entgeltlich erbrachten Dienstleistungen darstellen, zu erbringen, ohne daß sie dafür die Kosten zu tragen haben;

b) es zulässt, daß diese Gesellschaften auf dem Markt als Kategorie von Unternehmen mit gleichen qualitativen und quantitativen Merkmalen auftreten, die sich den Benutzern weitgehend als einheitliche Stelle darstellen;

c) es zulässt, daß die Nachfrage nach Dienstleistungen im Bereich der Sozialhilfe für ältere Menschen auf die unter b genannten Unternehmen gelenkt wird;

d) es zulässt, daß die Unternehmen verpflichtet werden, auf eigene Kosten Leistungen zu erbringen, die Nebenleistungen zu Dienstleistungen darstellen, die sie entgeltlich erbringen;

e) zu Vereinbarungen führt, die bewirken, daß die nicht beteiligten Unternehmen verpflichtet sind, auf eigene Kosten unter Kostenabwälzung auf die Empfänger Leistungen zu erbringen, die Nebenleistungen zu von ihnen erbrachten Dienstleistungen darstellen;

f) damit das Erfordernis aufstellt, daß die mit diesen Leistungen verbundene wirtschaftliche Belastung, die sonst - wenn die Benutzer die Dienste der an der Vereinbarung beteiligten Unternehmen in Anspruch genommen hätten - kostenlos gewesen wären, auf diese Benutzer übertragen wird,

gegen die Artikel 3 Buchstabe f, 5, 85 und 86 EG-Vertrag, gegebenenfalls auch in Verbindung mit Artikel 90 EG-Vertrag?

Zur ersten Frage

17 Aus dem Vorlagebeschluß geht hervor, daß sich die erste Frage auf die Verpflichtung zur Begründung einer generellen nationalen Regelung bezieht, die, wie die im Ausgangsverfahren streitige, Gesellschaften mit Erwerbszweck die Beteiligung an einem System der Sozialhilfe durch den Abschluß von Verträgen, die zur Erstattung der Kosten gesundheitsbezogener Leistungen der Sozialhilfe durch die Behörden berechtigen, untersagt.

18 Das vorlegende Gericht möchte somit wissen, ob das Gemeinschaftsrecht, insbesondere Artikel 190 EG-Vertrag, Anforderungen an die Begründung einer nationalen generellen Regelung stellt, die in den Anwendungsbereich des Gemeinschaftsrechts fällt, wenn diese Regelung die betroffenen Normadressaten über ihre Möglichkeiten, sich auf das Gemeinschaftsrecht zu berufen, im ungewissen lässt.

19 Die in Artikel 190 EG-Vertrag verankerte Begründungspflicht betrifft nur die Handlungen der Organe. Zwar schreibt das Gemeinschaftsrecht die Begründung nationaler Entscheidungen vor, die die Ausübung eines Grundrechts betreffen, das einzelnen vom EG-Vertrag verliehen ist (vgl. insbesondere Urteil vom 15. Oktober 1987 in der Rechtssache 222/86, Heylens u. a., Slg. 1987, 4097, Randnrn. 14 bis 17). Diese Verpflichtung gilt jedoch in Anbetracht ihres Zweckes nur für Einzelfallentscheidungen, gegen die die einzelnen über einen gerichtlichen Rechtsbehelf verfügen müssen, jedoch nicht für nationale generelle Rechtssätze.

20 Daher ist auf die erste Frage zu antworten, daß das Gemeinschaftsrecht, insbesondere Artikel 190 EG-Vertrag, keine Anforderungen an die Begründung einer nationalen generellen Regelung stellt, die unter das Gemeinschaftsrecht fällt.

Zur zweiten, zur dritten, zur vierten und zur fünften Frage

21 Mit diesen Fragen möchte das vorlegende Gericht wissen, ob es gegen die Artikel 3 Buchstabe g, 5, 52, 58, 59, 85, 86 und 90 EG-Vertrag verstösst, wenn ein Mitgliedstaat es allein privaten Wirtschaftsteilnehmern, die keinen Erwerbszweck verfolgen, erlaubt, sich an der Durchführung seines Systems der Sozialhilfe dadurch zu beteiligen, daß sie Verträge schließen, die einen Anspruch auf Erstattung der Kosten von gesundheitsbezogenen Leistungen der Sozialhilfe durch die Behörden vorsehen.

22 Die Beteiligung privater Wirtschaftsteilnehmer an der Durchführung des Sozialhilfesystems durch solche Verträge setzt voraus, daß sie keinen Erwerbszweck verfolgen. Diese Voraussetzung (streitige Voraussetzung) ist anhand der vom vorlegenden Gericht erwähnten Bestimmungen des EG-Vertrags zu untersuchen.

Zu den Artikeln 52 und 58 EG-Vertrag (zweite und dritte Frage)

23 Die zweite und die dritte Frage betreffen eine Gesellschaft mit Erwerbszweck mit Sitz in Luxemburg, die eine oder mehrere Gesellschaften mit Erwerbszweck in Italien gegründet hat, um dort Wohnheime für Senioren zu betreiben.

24 Da die luxemburgische Gesellschaft stetig und dauerhaft am Wirtschaftsleben in Italien teilnimmt, ist das Kapitel über das Niederlassungsrecht, nämlich die Artikel 52 bis 58 EG-Vertrag, und nicht das Kapitel über die Dienstleistungen anzuwenden (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 21. Juni 1974 in der Rechtssache 2/74, Reyners, Slg. 1974, 631, Randnr. 21, und vom 30. November 1995 in der Rechtssache C-55/94, Gebhard, Slg. 1995, I-4165, Randnr. 25).

25 Artikel 58 EG-Vertrag allein genommen (zweite Frage) stellt für die Anwendung des Kapitels über das Niederlassungsrecht die nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats gegründeten Gesellschaften, die ihren satzungsmässigen Sitz, ihre Hauptverwaltung oder ihre Hauptniederlassung innerhalb der Gemeinschaften haben, den natürlichen Personen gleich, die Angehörige der Mitgliedstaaten sind, schließt aber Gesellschaften, die keinen Erwerbszweck verfolgen, von der Anwendung dieses Kapitels aus (vgl. Urteil vom 6. November 1984 in der Rechtssache 182/83, Fearon, Slg. 1984, 3677, Randnr. 8). Da dieser Artikel nur den persönlichen Geltungsbereich der Bestimmungen über das Niederlassungsrecht definiert, steht er für sich genommen einer nationalen Regelung der streitigen Art nicht entgegen.

26 Das in Artikel 52 EG-Vertrag in Verbindung mit Artikel 58 EG-Vertrag (dritte Frage) vorgesehene Niederlassungsrecht steht sowohl natürlichen Personen, die Angehörige eines Mitgliedstaats der Gemeinschaft sind, als auch juristischen Personen im Sinne von Artikel 58 zu. Vorbehaltlich der vorgesehenen Ausnahmen und Bedingungen umfasst dieses Recht die Aufnahme und Ausübung selbständiger Tätigkeiten jeder Art, die Gründung und Leitung von Unternehmen und die Errichtung von Agenturen, Zweigniederlassungen oder Tochtergesellschaften im Hoheitsgebiet jedes anderen Mitgliedstaats (Urteil Gebhard, a. a. O., Randnr. 23).

27 Für die Vereinbarkeit der streitigen Voraussetzung mit dem EG-Vertrag ist erheblich, daß das Gemeinschaftsrecht, wie der Gerichtshof bereits in den Urteilen vom 7. Februar 1984 in der Rechtssache 238/82 (Duphar u. a., Slg. 1984, 523, Randnr. 16) und vom 17. Februar 1993 in den verbundenen Rechtssachen C-159/91 und C-160/91 (Poucet und Pistre, Slg. 1993, I-637, Randnr. 6) entschieden hat, die Befugnis der Mitgliedstaaten unberührt lässt, ihre Systeme der sozialen Sicherheit auszugestalten.

28 Die streitige Voraussetzung in Artikel 18 Absatz 3 Buchstabe a des Gesetzes von 1980 ist Teil des mit dem Gesetz von 1986 eingerichteten Systems der Sozialhilfe, das insbesondere die Gesundheit mit Hilfe der Dienstleistungen der Sozial- und Gesundheitshilfe fördern und schützen soll und sich zugunsten von Personen, die sich nicht selbst versorgen können und die keine Familie haben oder deren Familie nicht in der Lage ist, sich um sie zu kümmern, durch Verwirklichung oder Förderung ihrer Wiedereingliederung in Familien oder geeignete Gemeinschaften auswirken soll.

29 Nach den Akten des Ausgangsverfahrens beruht dieses System der Sozialhilfe, dessen Durchführung grundsätzlich den Behörden anvertraut ist, auf dem Grundsatz der Solidarität, was sich darin ausdrückt, daß das System vorrangig denjenigen beistehen soll, die wegen unzureichender Familieneinkünfte, der vollständigen oder teilweisen Unmöglichkeit, sich selbst zu versorgen, oder der Gefahr der Marginalisierung bedürftig sind, und nur in den Grenzen, die sich aus der Kapazität der Einrichtungen und verfügbaren Mittel ergeben, auch anderen Personen, die aber nach Maßgabe ihrer finanziellen Situation entstehende Kosten gemäß Tarifen zu tragen haben, die sich nach ihren Familieneinkünften richten.

30 Im Rahmen des Gesetzes von 1986 sind private Organisationen, die dem Artikel 18 Absatz 3 des Gesetzes von 1980 gerecht werden, insbesondere keinen Erwerbszweck verfolgen, und die zum Abschluß von Verträgen zugelassen sind, an der Durchführung dieses Systems der Sozialhilfe beteiligt, das die Qualität der Dienstleistungen, die den Empfängern der Hilfe zu erbringen sind, sowie die diesen Organisationen für erbrachte Dienstleistungen zu erstattenden Kosten festlegt.

31 Nach dem Vorbringen der italienischen Regierung ist die streitige Voraussetzung das Mittel, das den ausschließlich sozialen Zwecken des fraglichen Systems am besten entspreche. Die Entscheidungen der privaten Wirtschaftsteilnehmer, die keinen Erwerbszweck verfolgten, über die Organisation und die Gewährung der Hilfe würden nicht dadurch beeinflusst, daß sie aus der Dienstleistung Einkünfte erzielen müssten, so daß diese Wirtschaftsteilnehmer vorrangig soziale Zwecke verfolgten.

32 Beim gegenwärtigen Stand des Gemeinschaftsrechts kann ein Mitgliedstaat im Rahmen der ihm verbliebenen Zuständigkeit für die Ausgestaltung seines Systems der sozialen Sicherheit davon ausgehen, daß ein System der Sozialhilfe der fraglichen Art seine Ziele nur erreichen kann, wenn zu diesem System als Erbringer von Dienstleistungen der Sozialhilfe nur solche privaten Wirtschaftsteilnehmer zugelassen werden, die keinen Erwerbszweck verfolgen.

33 Daß Gesellschaften, die einen Erwerbszweck verfolgen, sich nicht automatisch an der Durchführung eines gesetzlichen Systems der Sozialhilfe eines Mitgliedstaats durch den Abschluß eines Vertrages beteiligen können, der einen Anspruch auf Erstattung der Kosten von gesundheitsbezogenen Leistungen der Sozialhilfe durch die Behörden vorsieht, kann im übrigen die Gesellschaften mit Erwerbszweck aus anderen Mitgliedstaaten gegenüber solchen Gesellschaften des Niederlassungsmitgliedstaats weder sachlich noch rechtlich benachteiligen.

34 Nach allem verstösst die streitige Voraussetzung nicht gegen die Artikel 52 und 58 EG-Vertrag.

35 Daher ist auf die zweite und die dritte Frage zu antworten, daß es nicht gegen die Artikel 52 und 58 EG-Vertrag verstösst, wenn ein Mitgliedstaat es allein privaten Wirtschaftsteilnehmern, die keinen Erwerbszweck verfolgen, erlaubt, sich an der Durchführung seines Systems der Sozialhilfe dadurch zu beteiligen, daß sie Verträge schließen, die einen Anspruch auf Erstattung der Kosten von gesundheitsbezogenen Leistungen der Sozialhilfe durch die Behörden vorsehen.

Zu Artikel 59 EG-Vertrag (vierte Frage)

36 Die Klägerinnen machen geltend, da sie in Italien niedergelassen seien, erbrächten sie von diesem Mitgliedstaat aus in ihren Altersheimen Dienstleistungen, die hauptsächlich Beherbergungscharakter hätten, an in anderen Mitgliedstaaten ansässige Empfänger. Wegen des grenzueberschreitenden Charakters dieser Dienstleistungen könnten sie sich auf die Bestimmungen des Vertrages über die Dienstleistungsfreiheit berufen, um gegen die fragliche Regelung vorzugehen.

37 Ein Unternehmen kann sich gegenüber dem Staat, in dem es seinen Sitz hat, auf den freien Dienstleistungsverkehr berufen, sofern die Leistungen an Leistungsempfänger erbracht werden, die in einem anderen Mitgliedstaat ansässig sind (Urteile vom 17. Mai 1994 in der Rechtssache C-18/93, Corsica Ferries, Slg. 1994, I-1783, Randnr. 30, vom 14. Juli 1994 in der Rechtssache C-379/92, Peralta, Slg. 1994, I-3453, Randnr. 40, und vom 10. Mai 1995 in der Rechtssache C-384/93, Alpine Investments, Slg. 1995, I-1141, Randnr. 30).

38 Hingegen erfassen diese Bestimmungen den Angehörigen eines Mitgliedstaats nicht, der sich in einen anderen Mitgliedstaat begibt und dort seinen Hauptaufenthalt nimmt, um dort für unbestimmte Dauer Dienstleistungen zu empfangen (Urteil vom 5. Oktober 1988 in der Rechtssache 196/87, Steymann, Slg. 1988, 6159, Randnr. 17). Denn diese Bestimmungen finden auf Tätigkeiten ohne jeden Auslandsbezug keine Anwendung (Urteile vom 18. März 1980 in der Rechtssache 52/79, Debauve u. a., Slg. 1980, 833, Randnr. 9, und vom 23. April 1991 in der Rechtssache C-41/90, Höfner und Elser, Slg. 1991, I-1979, Randnr. 37).

39 Im vorliegenden Fall möchten die Staatsangehörigen aus anderen Mitgliedstaaten, die sich nach Italien begeben, um sich in den Wohnheimen der Klägerinnen aufzuhalten, ständig oder für unbestimmte Zeit in diesen Wohnheimen erbrachte Dienstleistungen empfangen. Nach den Akten bieten nämlich die Klägerinnen ihren Heimbewohnern die Aufnahme im wesentlichen in diesem Rahmen an.

40 Daher ist auf die vierte Frage zu antworten, daß Artikel 59 EG-Vertrag eine Gesellschaft nicht erfasst, die sich in einem Mitgliedstaat niedergelassen hat, um dort Wohnheime für Senioren zu betreiben, und den Heimbewohnern, die sich zu diesem Zweck ständig oder für unbestimmte Zeit in diesen Wohnheimen aufhalten, Dienstleistungen erbringt.

Zu den Artikeln 3 Buchstabe g, 5, 85, 86 und 90 EG-Vertrag (fünfte Frage)

41 Die Artikel 85 und 86 EG-Vertrag betreffen an sich nur das Verhalten von Unternehmen und nicht durch Gesetz oder Verordnungen getroffene Maßnahmen der Mitgliedstaaten. Nach ständiger Rechtsprechung dürfen die Mitgliedstaaten jedoch aufgrund der Artikel 85 und 86 in Verbindung mit Artikel 5 EG-Vertrag keine Maßnahmen treffen oder beibehalten, und zwar auch nicht in Form von Gesetzen oder Verordnungen, die die praktische Wirksamkeit der für die Unternehmen geltenden Wettbewerbsregeln aufheben könnten (insbesondere Urteile vom 5. Oktober 1995 in der Rechtssache C-96/94, Centro Servizi Spediporto, Slg. 1995, I-2883, Randnr. 20, und vom 17. Oktober 1995 in den verbundenen Rechtssachen C-140/94, C-141/94 und C-142/94, DIP u. a., Slg. 1995, I-3257, Randnr. 14).

42 Wie der Gerichtshof bereits entschieden hat, liegt eine Verletzung der Artikel 5 und 85 vor, wenn ein Mitgliedstaat gegen Artikel 85 verstossende Kartellabsprachen vorschreibt oder erleichtert oder die Auswirkungen solcher Absprachen verstärkt oder wenn er seiner eigenen Regelung dadurch ihren staatlichen Charakter nimmt, daß er die Verantwortung für in die Wirtschaft eingreifende Entscheidungen privaten Wirtschaftsteilnehmern überträgt (Urteile Centro Servizi Spediporto, Randnr. 21, und DIP u. a., Randnr. 15).

43 Im Ausgangsverfahren enthalten die Akten nichts, was den Schluß erlaubte, daß die streitige Regelung solche Absprachen zwischen den Unternehmen, die zum Vertragsabschluß mit den USSL zugelassen sind, vorschreibt oder erleichtert oder die Auswirkungen solcher Absprachen verstärkt. Im übrigen deutet nichts darauf hin, daß im Rahmen einer solchen Regelung die Behörden ihre Zuständigkeiten auf private Wirtschaftsteilnehmer übertragen hätten.

44 Die Artikel 3 Buchstabe g, 5 und 86 EG-Vertrag könnten eine Regelung, wie sie im italienischen Gesetz enthalten ist, nur dann erfassen, wenn dieses Gesetz nachweislich einem Unternehmen eine wirtschaftliche Machtstellung einräumte, die es in die Lage versetzte, die Aufrechterhaltung eines wirksamen Wettbewerbs auf dem relevanten Markt zu verhindern, indem es ihm die Möglichkeit verschaffte, sich seinen Konkurrenten, seinen Abnehmern und letztlich den Verbrauchern gegenüber in nennenswertem Umfang unabhängig zu verhalten (Urteile Centro Servizi Spediporto, Randnr. 31, und DIP u. a., Randnr. 24).

45 Wie der Gerichtshof entschieden hat, verbietet Artikel 86 EG-Vertrag mißbräuchliche Praktiken der Art, daß ein oder mehrere Unternehmen eine beherrschende Stellung auf dem Gemeinsamen Markt oder einem wesentlichen Teil desselben ausnutzen, sofern der Handel zwischen Mitgliedstaaten durch diese Praktiken beeinträchtigt werden kann (Urteil vom 27. April 1994 in der Rechtssache C-393/92, Almelo u. a., Slg. 1994, I-1477, Randnr. 40).

46 Eine solche kollektive beherrschende Stellung setzt jedoch voraus, daß die Unternehmen der betreffenden Gruppe so eng miteinander verbunden sind, daß sie auf dem Markt in gleicher Weise vorgehen können (Urteil Almelo u. a., a. a. O., Randnr. 42).

47 Im vorliegenden Fall erlaubt nichts den Schluß, daß eine nationale Regelung, die, wie die streitige Regelung, den Abschluß von Verträgen mit den USSL, die einen Anspruch auf Erstattung der Kosten für die Erbringung gesundheitsbezogener Sozialhilfeleistungen vorsieht, sofern der private Wirtschaftsteilnehmer keinen Erwerbszweck verfolgt, den einzelnen Unternehmen, die zum Vertragsabschluß zugelassen sind, eine beherrschende Stellung verschafft oder Verbindungen zwischen ihnen herbeiführt, die so eng sind, daß sie zu einer kollektiven beherrschenden Stellung führen.

48 Unter diesen Umständen kann auch Artikel 86 in Verbindung mit Artikel 90 EG-Vertrag keine Anwendung finden.

49 Nach allem erfassen die Artikel 85 und 86 in Verbindung mit den Artikeln 3 Buchstabe g, 5 und 90 EG-Vertrag eine nationale Regelung nicht, die es nur privaten Wirtschaftsteilnehmern, die keinen Erwerbszweck verfolgen, erlaubt, sich an der Durchführung eines Systems der Sozialhilfe dadurch zu beteiligen, daß sie Verträge schließen, die einen Anspruch auf Erstattung der Kosten von gesundheitsbezogenen Leistungen der Sozialhilfe durch die Behörden vorsehen.

Kostenentscheidung:

Kosten

50 Die Auslagen der italienischen und der niederländischen Regierung sowie der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, die vor dem Gerichtshof Erklärungen abgegeben haben, sind nicht erstattungsfähig. Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem nationalen Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF

auf die ihm vom Tribunale amministrativo regionale per la Lombardia mit Beschluß vom 2. März 1995 vorgelegten Fragen für Recht erkannt:

1. Das Gemeinschaftsrecht, insbesondere Artikel 190 EG-Vertrag, stellt keine Anforderungen an die Begründung einer nationalen generellen Regelung, die unter das Gemeinschaftsrecht fällt.

2. Es verstösst nicht gegen die Artikel 52 und 58 EG-Vertrag, wenn ein Mitgliedstaat es allein privaten Wirtschaftsteilnehmern, die keinen Erwerbszweck verfolgen, erlaubt, sich an der Durchführung seines Systems der Sozialhilfe dadurch zu beteiligen, daß sie Verträge schließen, die einen Anspruch auf Erstattung der Kosten von gesundheitsbezogenen Leistungen der Sozialhilfe durch die Behörden vorsehen.

3. Artikel 59 EG-Vertrag erfasst eine Gesellschaft nicht, die sich in einem Mitgliedstaat niedergelassen hat, um dort Wohnheime für Senioren zu betreiben, und den Heimbewohnern, die sich zu diesem Zweck ständig oder für unbestimmte Zeit in diesen Wohnheimen aufhalten, Dienstleistungen erbringt.

4. Die Artikel 85 und 86 in Verbindung mit den Artikeln 3 Buchstabe g, 5 und 90 EG-Vertrag erfassen eine nationale Regelung nicht, die es nur privaten Wirtschaftsteilnehmern, die keinen Erwerbszweck verfolgen, erlaubt, sich an der Durchführung eines Systems der Sozialhilfe dadurch zu beteiligen, daß sie Verträge schließen, die einen Anspruch auf Erstattung der Kosten von gesundheitsbezogenen Leistungen der Sozialhilfe durch die Behörden vorsehen.

Ende der Entscheidung

Zurück