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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Beschluss verkündet am 28.03.2003
Aktenzeichen: C-75/02 P
Rechtsgebiete: KS, EGV


Vorschriften:

KS Art. 33
EGV 230 Abs. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

BESCHLUSS DES GERICHTSHOFES (Sechste Kammer)

28. März 2003(1)

"Rechtsmittel - Staatliche Beihilfen - Beihilfe im Stahlsektor - Nichtigkeitsklage - Artikel 33 KS - Klage einer innerstaatlichen Einrichtung - Offensichtlich unbegründetes Rechtsmittel"

Parteien:

In der Rechtssache C-75/02 P

Territorio Histórico de Álava - Diputación Foral de Álava,

Territorio Histórico de Bizkaia - Diputación Foral de Bizkaia,

Territorio Histórico de Gipuzkoa - Diputación Foral de Gipuzkoa y Juntas Generales de Gipuzkoa

und

Comunidad Autónoma del País Vasco - Gobierno Vasco,

vertreten durch R. Falcón y Tella, abogado,

Rechtsmittelführerinnen,

betreffend ein Rechtsmittel gegen den Beschluss des Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften (Dritte erweiterte Kammer) vom 11. Januar 2002 in der Rechtssache T-77/01 (Diputación Foral de Alava u. a./Kommission, Slg. 2002, II-81), mit dem das Gericht die Nichtigkeitsklage der Rechtsmittelführerinnen gegen die Entscheidung 2001/168/EGKS der Kommission vom 31. Oktober 2000 über die spanischen Körperschaftsteuervorschriften (ABl. L 60, S. 57) als unzulässig abgewiesen hat, wegen Aufhebung dieses Beschlusses,

andere Verfahrensbeteiligte:

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch G. Rozet und J. L. Buendía Sierra als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Beklagte im ersten Rechtsszug,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Sechste Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J.-P. Puissochet (Berichterstatter), des Richters C. Gulmann, der Richterinnen F. Macken und N. Colneric sowie des Richters J. N. Cunha Rodrigues,

Generalanwalt: A. Tizzano,

Kanzler: R. Grass,

nach Anhörung des Generalanwalts

folgenden

Beschluss

Entscheidungsgründe:

1.

Mit Rechtsmittelschrift, die am 6. März 2002 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, haben das Territorio Histórico de Álava - Diputación Foral de Álava, das Territorio Histórico de Bizcaia - Diputación Foral de Bizcaia, das Territorio Histórico de Gipuzkoa - Diputación Foral de Gipuzkoa y Juntas Generales de Gipuzkoa und die Comunidad Autónoma del País Vasco - Gobierno Vasco gemäß Artikel 49 der EGKS-Satzung des Gerichtshofes und Artikel 49 der EG-Satzung des Gerichtshofes ein Rechtsmittel gegen den Beschluss des Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften vom 11. Januar 2002 in der Rechtssache T-77/01 (Diputación Foral de Álava u. a./Kommission, Slg. 2002, II-81, im Folgenden: angefochtener Beschluss) eingelegt, mit dem das Gericht ihre Klage auf Nichtigerklärung der Entscheidung 2001/168/EGKS der Kommission vom 31. Oktober 2000 über die spanischen Körperschaftsteuervorschriften (ABl. 2001, L 60, S. 57, im Folgenden: streitige Entscheidung) als unzulässig abgewiesen hat.

Rechtlicher Rahmen

2.

Artikel 230 Absatz 4 EG bestimmt:

"Jede natürliche oder juristische Person kann unter den gleichen Voraussetzungen gegen die an sie ergangenen Entscheidungen sowie gegen diejenigen Entscheidungen Klage erheben, die, obwohl sie als Verordnung oder als eine an eine andere Person gerichtete Entscheidung ergangen sind, sie unmittelbar und individuell betreffen."

3.

Artikel 33 Absätze 1 und 2 KS lauten:

"Der Gerichtshof ist für die Entscheidung über Nichtigkeitsklagen zuständig, die ein Mitgliedstaat oder der Rat gegen Entscheidungen und Empfehlungen der Kommission wegen Unzuständigkeit, Verletzung wesentlicher Formvorschriften, Verletzung des Vertrages oder irgendeiner bei seiner Durchführung anzuwendenden Rechtsnorm oder wegen Ermessensmissbrauchs erhebt. Die Nachprüfung durch den Gerichtshof darf sich jedoch nicht auf die Würdigung der aus den wirtschaftlichen Tatsachen oder Umständen sich ergebenden Gesamtlage erstrecken, die zu den angefochtenen Entscheidungen oder Empfehlungen geführt hat, es sei denn, dass der Kommission der Vorwurf gemacht wird, sie habe ihr Ermessen missbraucht oder die Bestimmungen des Vertrages oder irgendeiner bei seiner Durchführung anzuwendenden Rechtsnorm offensichtlich verkannt.

Die Unternehmen oder die in Artikel 48 genannten Verbände können unter denselben Bedingungen Klage gegen die sie individuell betreffenden Entscheidungen und Empfehlungen oder gegen die allgemeinen Entscheidungen und Empfehlungen erheben, die nach ihrer Ansicht einen Ermessensmissbrauch ihnen gegenüber darstellen."

Sachverhalt und Verfahren

4.

Die Territorios Históricos de Álava, Biskaia und Gipuzkoa, die mit eigener Steuerhoheit ausgestattet sind, haben den in Artikel 34 des Gesetzes Nr. 43/1995 vom 27. Dezember 1995 über die Körperschaftsteuer (BOE Nr. 310 vom 28. Dezember 1995) vorgesehenen Steuerabzug für Exporttätigkeiten in ihre Steuergesetze übernommen. Im Fall des Territorio Histórico de Álava handelt es sich um Artikel 43 der Norma Foral 24/1996 vom 5. Juli 1996 (Boletín Oficial del Territorio Histórico de Álava Nr. 90 vom 9. August 1996), im Fall des Territorio Histórico de Bizkaia um Artikel 43 der Norma Foral 3/1996 vom 26. Juni 1996 (Boletín Oficial de Bizkaia Nr. 135 vom 11. Juli 1996) und im Fall des Territorio Histórico de Gipuzkoa um Artikel 43 der Norma Foral 7/1996 vom 4. Juli 1996 (Boletín Oficial de Gipuzkoa Nr. 138 vom 17. Juli 1996).

5.

Da die Kommission in diesen Steuerabzügen eine Förderung der lokalen Stahlunternehmen sah, teilte sie der spanischen Regierung mit Schreiben vom 7. August 1997 mit, dass sie das Verfahren nach Artikel 6 Absatz 5 der Entscheidung Nr. 2496/96/EGKS der Kommission vom 18. Dezember 1996 zur Einführung gemeinschaftlicher Vorschriften über Beihilfen an die Eisen- und Stahlindustrie (ABl. L 338, S. 42) einleiten werde.

6.

Am 31. Oktober 2000 erließ die Kommission die streitige Entscheidung, deren verfügender Teil folgendermaßen lautet:

"Artikel 1

Alle Beihilfen, die Spanien auf der Grundlage von

a) Artikel 34 des Gesetzes Nr. 43/1995 über die Körperschaftsteuer (Impuesto sobre Sociedades) vom 27. Dezember 1995,

b) Artikel 43 der Norma Foral 3/96 über die Körperschaftsteuer (Impuesto de Sociedades) vom 26. Juni 1996 der Diputación Foral de Vizcaya,

c) Artikel 43 der Norma Foral 7/1996 über die Körperschaftsteuer (Impuesto de Sociedades) vom 4. Juli 1996 der Diputación Foral de Guipózcoa und

d) Artikel 43 der Norma Foral 24/1996 über die Körperschaftsteuer (Impuesto de Sociedades) vom 5. Juli 1996 der Diputación Foral de Álava an EGKS-Stahlunternehmen mit Sitz in Spanien vergeben hat, sind mit dem Gemeinsamen Markt für Kohle und Stahl unvereinbar.

Artikel 2

Spanien ergreift unverzüglich alle zweckdienlichen Maßnahmen, damit die Beihilfen gemäß Artikel 1 nicht mehr an EGKS-Stahlunternehmen mit Sitz in Spanien vergeben werden.

..."

7.

Die Rechtsmittelführerinnen haben mit Klageschrift, die am 30. März 2001 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, Klage auf Nichtigerklärung der streitigen Entscheidung erhoben.

8.

Die Kommission hat mit besonderem Schriftsatz, der am 2. Juli 2001 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, gegen diese Klage eine Einrede der Unzulässigkeit gemäß Artikel 114 § 1 der Verfahrensordnung des Gerichts mit der Begründung erhoben, dass die Rechtsmittelführerinnen, bei denen es sich um innerstaatliche Gebietskörperschaften handele, nicht befugt seien, vor dem Gemeinschaftsrichter eine Klage auf Nichtigerklärung der streitigen Entscheidung zu erheben.

9.

Parallel dazu hat das Königreich Spanien mit Klageschrift, die am 29. Dezember 2000 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, Klage auf Nichtigerklärung der streitigen Entscheidung erhoben (Rechtssache C-501/00, Spanien/Kommission). Der Präsident des Gerichtshofes hat in jener Rechtssache den Rechtsmittelführerinnen der vorliegenden Rechtssache mit Beschluss vom 13. Juni 2001 gestattet, dem Rechtsstreit zur Unterstützung der Anträge des Königreichs Spanien beizutreten.

Der angefochtene Beschluss

10.

Das Gericht hat mit dem angefochtenen Beschluss dem Antrag der Kommission stattgegeben. Es hat die bei ihm anhängige Klage als unzulässig abgewiesen und den Klägerinnen die Kosten des Verfahrens auferlegt.

11.

Das Gericht hat zunächst in Randnummer 21 des angefochtenen Beschlusses festgestellt, dass die Zulässigkeit einer Klage auf Nichtigerklärung einer auf dem EGKS-Vertrag beruhenden Entscheidung ausschließlich nach den Bestimmungen des EGKS-Vertrags zu beurteilen sei.

12.

In Randnummer 22 des angefochtenen Beschlusses hat es nämlich erklärt, dass die Frage, ob die fraglichen steuerrechtlichen Maßnahmen Beihilfen darstellen könnten, die in den Anwendungsbereich des EGKS-Vertrags fielen, wenn sie ohne Unterschied sowohl Unternehmen der Kohle- und Stahlindustrie als auch Unternehmen anderer Wirtschaftszweige gewährt würden, oder ob die Kommission durch den Erlass der angefochtenen Entscheidung ihr Ermessen missbraucht habe, die materielle Rechtslage betreffe und nicht bewirke, dass die Zulässigkeit einer Klage auf Nichtigerklärung einer Entscheidung, die auf der Grundlage des EGKS-Vertrags ergangen sei, nach Artikel 230 EG zu beurteilen wäre.

13.

Das Gericht hat erstens in den Randnummern 23 bis 27 des angefochtenen Beschlusses festgestellt, dass die Zulässigkeit einer Klage auf Nichtigerklärung einer auf der Grundlage des EGKS-Vertrags ergangenen Entscheidung nach Artikel 33 KS zu beurteilen sei. Nach dessen Absatz 1 seien ausschließlich der Rat und die Mitgliedstaaten und nicht innerstaatliche Gebietskörperschaften berechtigt, vor den Rechtsprechungsorganen der Gemeinschaft Klage zu erheben. Das Gericht hat betont, dass sich der Gerichtshof an diese Regel streng halte (Beschlüsse des Gerichtshofes vom 21. März 1997 in der Rechtssache C-95/97, Wallonische Region/Kommission, Slg. 1997, I-1787, Randnr. 6, und vom 1. Oktober 1997 in der Rechtssache C-180/97, Regione Toscana/Kommission, Slg. 1997, I-5245, Randnr. 6).

14.

Des Weiteren hat das Gericht in den Randnummern 28 bis 31 des angefochtenen Beschlusses erklärt, dass nach Artikel 33 Absatz 2 KS außer den Parteien im Sinne von Artikel 33 Absatz 1 KS nur die Unternehmen oder die Verbände Nichtigkeitsklage erheben könnten, und hat auf die Rechtsprechung des Gerichtshofes verwiesen, nach der Artikel 33 KS als abschließende Regelung aufzufassen sei (Urteil vom 11. Juli 1984 in der Rechtssache 222/83, Gemeinde Differdange u. a./Kommission, Slg. 1984, 2889, Randnr. 8).

15.

Zweitens hat das Gericht in den Randnummern 32 bis 34 des angefochtenen Beschlusses festgestellt, dass die Rechtsmittelführerinnen nichts dafür vorgetragen hätten, dass die Zulässigkeit der Klage zur Sicherstellung einer einheitlichen Anwendung des Gemeinschaftsrechts oder zur Wahrung des durch den EGKS-Vertrag festgelegten institutionellen Gleichgewichts erforderlich wäre.

16.

In den Randnummern 35 bis 39 des angefochtenen Beschlusses schließlich hat sich das Gericht gegen das von den Rechtsmittelführerinnen auf den Grundsatz des effektiven Rechtsschutzes gestützte Argument ausgesprochen. Es hat festgestellt, dass Artikel 33 KS zwar enger als Artikel 230 EG sei, doch werde dies dadurch ausgeglichen, dass im Rahmen von Klagen, die auf der Grundlage des EGKS-Vertrags erhoben würden, eine großzügigere Interventionsregelung gelte als im Rahmen von Klagen nach dem EG-Vertrag. In diesem Zusammenhang sei zu bedenken, dass die Rechtsmittelführerinnen in der Rechtssache C-501/00, bei der das Königreich Spanien wegen der streitigen Entscheidung Klage beim Gerichtshof erhoben habe, als Streithelferinnen zugelassen worden seien.

Das Rechtsmittel

17.

Mit ihrem Rechtsmittel machen die Rechtsmittelführerinnen drei Rechtsmittelgründe geltend und beantragen,

- den angefochtenen Beschluss aufzuheben und die beim Gericht erhobene Klage für zulässig zu erklären;

- die Rechtssache an das Gericht zurückzuverweisen und diesem aufzugeben, über die Begründetheit der Klage zu befinden, unbeschadet der Möglichkeit des Gerichts, das Verfahren bis zum Erlass einer Entscheidung des Gerichtshofes in der Rechtssache C-501/00 (Spanien/Kommission) auszusetzen;

- der Kommission die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens und des Rechtsmittelverfahrens aufzuerlegen.

18.

Die Kommission beantragt, das Rechtsmittel als unbegründet zurückzuweisen und den Rechtsmittelführerinnen die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

19.

Nach Artikel 119 seiner Verfahrensordnung kann der Gerichtshof das Rechtsmittel, wenn es offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet ist, ohne mündliche Verhandlung jederzeit durch Beschluss, der mit Gründen zu versehen ist, zurückweisen.

Zum ersten Rechtsmittelgrund

20.

Mit ihrem ersten Rechtsmittelgrund machen die Rechtsmittelführerinnen geltend, das Gericht hätte vor der Verneinung eines auf Artikel 230 EG beruhenden Klagerechts prüfen müssen, ob die streitige Entscheidung - wie von ihnen geltend gemacht - auf den EG-Vertrag anstatt auf den EGKS-Vertrag hätte gestützt werden müssen. Würde man der Argumentation des Gerichts in den Randnummern 20 und 21 des angefochtenen Beschlusses folgen, so könnte die Kommission jede Klage einer innerstaatlichen Gebietskörperschaft gegen eine ihrer Entscheidungen schon dadurch verhindern, dass sie die Entscheidung auf den EGKS-Vertrag stützte, obwohl sie auf den EG-Vertrag gestützt sein müsste.

21.

Selbst wenn die Argumentation der Rechtsmittelführerinnen zuträfe, ergibt sich aus der streitigen Entscheidung eindeutig, dass sie sich nur auf die Beihilfen bezieht, die von den Rechtsmittelführerinnen "an EGKS-Stahlunternehmen mit Sitz in Spanien" vergeben worden sind. Deshalb kann Rechtsgrundlage dieser Entscheidung nur der EGKS-Vertrag sein, und die Zulässigkeit der Klage gegen diese Entscheidung ist daher nur im Rahmen desselben Vertrages, insbesondere seines Artikels 33, zu prüfen.

22.

Der Rechtsmittelgrund, wonach das Gericht es zu Unrecht abgelehnt habe, die Zulässigkeit der Klage im Rahmen des Artikels 230 EG zu prüfen, ist somit offensichtlich unbegründet.

Zum zweiten Rechtsmittelgrund

23.

Mit dem zweiten Rechtsmittelgrund machen die Rechtsmittelführerinnen geltend, dass einer wörtlichen Auslegung von Artikel 33 KS, insbesondere seines Absatzes 2, nicht gefolgt werden könne. Man müsse diesen Artikel vielmehr in seinem Zusammenhang sehen.

24.

Artikel 33 KS sei im Licht des EG-Vertrags und des EGKS-Vertrags, insbesondere des Artikels 230 Absatz 4 EG auszulegen, der allen Personen, die von der nicht an sie gerichteten Handlung unmittelbar und individuell betroffen seien, eine Klagebefugnis einräume. Die Beschränkungen des Artikels 33 Absatz 2 KS seien lediglich darauf zurückzuführen, dass die Verfasser des EGKS-Vertrags nicht daran gedacht hätten, dass andere Personen als die Unternehmen, die Kohle und Stahl produzierten, von einer im Rahmen dieses Vertrages getroffenen Maßnahme betroffen sein könnten.

25.

Außerdem dürfe man das in Artikel 33 Absatz 2 KS verwendete Wort "Unternehmen" nicht wörtlich auslegen, da es sich eher um einen wirtschaftlichen als um einen rechtlichen Begriff handele. Dieser Begriff sei im Sinne von "natürliche oder juristische Person, die unternehmerisch tätig ist oder sich in einer vergleichbaren Situation befindet" zu verstehen. Die Behörden einer Region oder anderen Gebietskörperschaft, die eine in einer Entscheidung der Kommission als Beihilfe eingestufte Maßnahme erlassen hätten, befänden sich in einer Situation, die mit der des Empfängers der Beihilfe vergleichbar sei; sie seien daher in Anbetracht dessen, dass sie von der fraglichen Entscheidung unmittelbar und individuell betroffen seien, klagebefugt.

26.

Die Kommission trägt vor, ein Vergleich von Artikel 33 Absatz 2 KS mit Artikel 230 Absatz 4 EG ergebe unzweideutig, dass die Befugnis zur Erhebung einer Nichtigkeitsklage in diesen beiden Vorschriften unterschiedlich geregelt sei. Man könne daher nicht unter dem Vorwand einer dynamischen Auslegung in die eine Vorschrift eine Regelung hineinlesen, die mit der anderen Vorschrift eingeführt worden sei.

27.

Entgegen der Ansicht der Rechtsmittelführerinnen gibt es keinen Grund für ein Abweichen vom Wortlaut des Artikels 33 Absatz 2 KS. Es ist nämlich anzunehmen, dass die Verfasser des am 25. März 1957 in Rom unterzeichneten Vertrages den sechs Jahre zuvor geschlossenen EGKS-Vertrag und insbesondere Inhalt und Bedeutung von Artikel 33 KS gekannt und Artikel 173 EWG-Vertrag (nach Änderung Artikel 173 EG-Vertrag, jetzt nach erneuter Änderung Artikel 230 EG) bewusst eine andere Bedeutung gegeben haben. Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofes zählt Artikel 33 KS die Rechtssubjekte, die zur Erhebung einer Nichtigkeitsklage befugt sind, abschließend auf (Urteil Gemeinde Differdange/Kommission, Randnr. 8).

28.

Der auf eine fehlerhafte Auslegung von Artikel 33 Absatz 2 KS gestützte Rechtsmittelgrund ist demzufolge offensichtlich unbegründet.

Zum dritten Rechtsmittelgrund

29.

Mit ihrem dritten Rechtsmittelgrund machen die Rechtsmittelführerinnen geltend, dass ihre Klage auf jeden Fall nach dem Grundsatz des effektiven Rechtsschutzes für zulässig hätte erklärt werden müssen. Diesem Grundsatz sei nicht schon dadurch Genüge getan, dass sie bei einer von einem Mitgliedstaat erhobenen Klage als Streithelferinnen zugelassen worden seien, denn der Staat könne von einer Klage absehen oder, falls er klage, nicht die nach Ansicht der Gebietskörperschaft sachdienlichen Argumente vorbringen oder seine Klage zurücknehmen.

30.

Auch wenn der Grundsatz des effektiven Rechtsschutzes nicht bedeute, dass jede Person in allen Fällen klagebefugt sei, gebiete er doch, dass - auch innerstaatlich - ein wirksamer Rechtsbehelfsmechanismus geschaffen werde. Im vorliegenden Fall habe den Rechtsmittelführerinnen aber ein solcher Rechtsbehelf auch nicht zur Verfügung gestanden.

31.

Die Kommission vertritt die Auffassung, Artikel 33 Absatz 2 KS gewähre den innerstaatlichen Gebietskörperschaften zwar nicht das Recht, gegen auf den EGKS-Vertrag gestützte Entscheidungen der Kommission unmittelbar zu klagen, das bedeute aber nicht, dass sie keinerlei Rechtsschutz hätten. Vor allem in Spanien könnten die regionalen Gebietskörperschaften bei Streitigkeiten mit dem Zentralstaat ihren Standpunkt mit Hilfe innerstaatlicher Koordinierungsmechanismen geltend machen.

32.

Das Gericht hat in dem angefochtenen Beschluss zutreffend festgestellt, dass die sich aus Artikel 33 Absatz 2 KS ergebenden Beschränkungen durch eine flexible Interventionsregelung ausgeglichen werden. Gemäß Artikel 34 der EGKS-Satzung des Gerichtshofes können sich natürliche und juristische Personen und somit auch innerstaatliche Gebietskörperschaften bei einer Nichtigkeitsklage eines Mitgliedstaats gegen eine auf den EGKS-Vertrag gestützte Entscheidung am Streit beteiligen, wenn sie ein berechtigtes Interesse am Rechtsstreit haben. Die Rechtsmittelführerinnen sind im Übrigen, wie das Gericht festgestellt hat, als Streithelferinnen zu dem durch die Nichtigkeitsklage des Königreichs Spanien gegen die streitige Entscheidung eingeleiteten Rechtsstreit (Rechtssache C-501/00) zugelassen worden.

33.

Im vorliegenden Fall ist den Rechtsmittelführerinnen durch ein solches Verfahren entgegen ihrer Ansicht ein wirksamer Rechtsschutz gewährt worden.

34.

Außerdem sind die Voraussetzungen für die Erhebung einer Klage bei den Gemeinschaftsgerichten zwar im Licht des Grundsatzes eines effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes auszulegen, doch kann eine solche Auslegung nicht zum Wegfall einer ausdrücklich im EGKS-Vertrag vorgesehenen Voraussetzung führen, ohne dass die den Gemeinschaftsgerichten durch diesen Vertrag verliehenen Befugnisse überschritten würden (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofes vom 25. Juli 2002 in der Rechtssache C-50/00 P, Unión de Pequeños Agricultores/Rat, Slg. 2002, I-6677, Randnr. 44).

35.

Nach alledem ist der auf einen Verstoß des Gerichts gegen den Grundsatz des effektiven Rechtsschutzes gestützte Rechtsmittelgrund offensichtlich unbegründet.

36.

Infolgedessen ist das Rechtsmittel als offensichtlich unbegründet zurückzuweisen.

Kostenentscheidung:

Kosten

37. Nach Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung, der gemäß Artikel 118 auf das Rechtsmittelverfahren entsprechende Anwendung findet, ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Kommission die Verurteilung der Rechtsmittelführerinnen zur Tragung der Kosten beantragt hat und diese mit ihrem Rechtsmittel unterlegen sind, sind ihnen die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF (Sechste Kammer)

beschlossen:

1. Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.

2. Das Territorio Histórico de Álava - Diputación Foral de Álava, das Territorio Histórico de Bizcaia - Diputación Foral de Bizcaia, das Territorio Histórico de Gipuzkoa - Diputación Foral de Gipuzkoa y Juntas Generales de Gipuzkoa und die Comunidad Autónoma del País Vasco - Gobierno Vasco tragen die Kosten des Verfahrens.

Luxemburg, den 28. März 2003

Ende der Entscheidung

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