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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 17.06.1999
Aktenzeichen: C-75/97
Rechtsgebiete: Entscheidung 97/239/EG


Vorschriften:

Entscheidung 97/239/EG
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

1 Als staatliche Beihilfen im Sinne von Artikel 92 Absatz 1 des Vertrages (nach Änderung jetzt Artikel 87 Absatz 1 EG) gelten Maßnahmen, die in verschiedener Form die Belastungen vermindern, die ein Unternehmen normalerweise zu tragen hat und die somit zwar keine Subventionen im strengen Sinne des Wortes darstellen, diesen aber nach Art und Wirkung gleichstehen. Ein System, das bestimmten Unternehmen den Vorteil einer erhöhten Ermässigung der Sozialversicherungsbeiträge zugute kommen lässt, entlastet diese von einem Teil ihrer Kosten und verschafft ihnen finanzielle Vorteile, die ihre Wettbewerbsposition verbessern. Solche staatlichen Maßnahmen sind nicht schon wegen ihres sozialen Charakters von der Einordnung als Beihilfen im Sinne des Artikels 92 des Vertrages ausgenommen, denn dieser unterscheidet nicht nach den Gründen oder Zielen der staatlichen Maßnahmen, sondern beschreibt diese nach ihren Wirkungen.

2 Eines der Merkmale des Begriffes der staatlichen Beihilfe ist die Spezifizität einer staatlichen Maßnahme, also ihr selektiver Charakter. Danach ist eine Maßnahme, die die Unternehmen eines bestimmten Wirtschaftszweigs teilweise von den finanziellen Lasten freistellen soll, die sich aus der normalen Anwendung des allgemeinen Sozialversicherungssystems ergeben, ohne daß diese Befreiung durch das Wesen und die Struktur dieses Systems gerechtfertigt ist, als Beihilfe anzusehen.

Auch wenn ein Mitgliedstaat seine Absicht erklärt, Maßnahmen, die zunächst auf bestimmte Wirtschaftszweige beschränkt sind, später auf seine gesamte Wirtschaft zu erstrecken und ihnen damit allgemeine Geltung zu geben, kann dies der Anwendung von Artikel 92 Absatz 1 des Vertrages (nach Änderung jetzt Artikel 87 Absatz 1 EG) nicht entgegenstehen, da diese Maßnahmen nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes allein anhand ihrer Wirkungen zu beurteilen sind.

Andernfalls würde der Mitgliedstaat in die Lage versetzt, sich der Beachtung des Gemeinschaftsrechts einfach dadurch zu entziehen, daß er seine Absicht erklärt, die beanstandete Maßnahme in der Zukunft zu verallgemeinern. Dies gilt auch dann, wenn der betroffene Mitgliedstaat Tatsachen anführt, die ein erster Schritt zur Verallgemeinerung der geprüften Maßnahme sein können.

3 Stärkt eine von einem Mitgliedstaat gewährte Beihilfe die Stellung eines Unternehmens gegenüber anderen Wettbewerbern im innergemeinschaftlichen Handel, so ist nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes davon auszugehen, daß der innergemeinschaftliche Handel von der Beihilfe auch dann beeinflusst wird, wenn das begünstigte Unternehmen selbst nicht im Export tätig ist. Gewährt nämlich ein Mitgliedstaat einem Unternehmen eine Beihilfe, so kann die inländische Erzeugung dadurch beibehalten oder erhöht werden, so daß sich die Chancen der in anderen Mitgliedstaaten niedergelassenen Unternehmen, ihre Erzeugnisse auf den Markt dieses Mitgliedstaats auszuführen, verringern.

4 Die Aufhebung einer rechtswidrigen Beihilfe durch Rückforderung ist die logische Folge der Feststellung ihrer Rechtswidrigkeit. Die Verpflichtung des Staates, eine von der Kommission als unvereinbar mit dem Gemeinsamen Markt angesehene Beihilfe aufzuheben, dient nur der Wiederherstellung der früheren Lage. Daher kann die Rückforderung grundsätzlich nicht als Sanktion angesehen werden.

Die Rückforderung kann auch grundsätzlich nicht als eine Maßnahme angesehen werden, die ausser Verhältnis zu den Zielen der Vertragsbestimmungen über staatliche Beihilfen stuende.

5 Stellt die Kommission fest, daß eine Beihilfe ohne Anmeldung eingeführt wurde, so kann sie dem betreffenden Mitgliedstaat, nachdem ihm Gelegenheit gegeben wurde, sich dazu zu äussern, vorläufig aufgeben, die Zahlung der Beihilfe unverzueglich bis zum Abschluß ihrer Überprüfung auszusetzen. Dies bedeutet jedoch nicht, daß die Kommission verpflichtet ist, dem betreffenden Mitgliedstaat automatisch aufzugeben, die Zahlung der Beihilfe auszusetzen. Andernfalls verlöre die gesetzliche Verpflichtung des Mitgliedstaats aus Artikel 93 Absatz 3 des Vertrages (jetzt Artikel 88 Absatz 3 EG), beabsichtigte Beihilfemaßnahmen nicht durchzuführen, bevor die Kommission eine abschließende Entscheidung erlassen hat, ihre Bedeutung, und es käme zu einer Vertauschung der Rollen der Mitgliedstaaten und der Kommission.

6 Ist eine staatliche Beihilfe entgegen Artikel 93 Absatz 3 des Vertrages (jetzt Artikel 88 Absatz 3 EG) schon gewährt worden, so ist die Kommission nicht verpflichtet, besondere Gründe für die Ausübung ihrer Befugnis anzugeben, den nationalen Behörden die Rückforderung der Beihilfe aufzugeben.

14 Eine absolute Unmöglichkeit des Vollzugs einer Entscheidung der Kommission, mit der die Aufhebung einer rechtswidrigen staatlichen Beihilfe angeordnet wird, kann diese Entscheidung nicht ungültig machen, sofern sie erst im Stadium des Vollzugs auftritt. Etwaige Schwierigkeiten verfahrensrechtlicher und sonstiger Art bei der Durchführung der angefochtenen Entscheidung können nämlich keinen Einfluß auf deren Rechtmässigkeit haben. Dagegen wäre eine Entscheidung der Kommission ungültig, mit der sie dem Adressaten eine Verpflichtung auferlegte, deren Erfuellung von Anfang an objektiv und absolut unmöglich wäre.


Urteil des Gerichtshofes (Sechste Kammer) vom 17. Juni 1999. - Königreich Belgien gegen Kommission der Europäischen Gemeinschaften. - Staatliche Beihilfen - Begriff - Erhöhte Ermäßigung der Sozialversicherungsbeiträge in bestimmten Wirtschaftszweigen - Programme Maribel 'a und b'. - Rechtssache C-75/97.

Entscheidungsgründe:

1 Das Königreich Belgien hat mit Klageschrift, die am 19. Februar 1997 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, gemäß Artikel 173 Absatz 1 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 230 Absatz 1 EG) beantragt, die Entscheidung 97/239/EG der Kommission vom 4. Dezember 1996 über von Belgien im Rahmen des Programms "Maribel a" und "Maribel b" gewährte Beihilfen (ABl. 1997, L 95, S. 25; im folgenden: angefochtene Entscheidung) für nichtig zu erklären.

Die Maßnahmen im Rahmen der Programme Maribel a und b

2 In Belgien wurde mit dem Gesetz vom 29. Juni 1981 über die allgemeinen Grundsätze für die soziale Sicherheit der Arbeitnehmer (Moniteur belge vom 2. Juli 1981, S. 8575) das Programm "Maribel" eingeführt. Gemäß Artikel 35 dieses Gesetzes können Arbeitgeber für jeden von ihnen beschäftigten Arbeiter eine Verringerung ihres Sozialversicherungsbeitrags in Anspruch nehmen.

3 Nach der Königlichen Verordnung vom 12. Februar 1993 (Moniteur belge vom 9. März 1993, S. 4995) erhielten Arbeitgeber mit Wirkung vom 1. Januar 1993 für diese Arbeiter unter bestimmten Voraussetzungen eine Beitragsermässigung je Quartal und Arbeiter gewährt; diese betrug bei Arbeitgebern mit weniger als zwanzig Beschäftigten 2 825 BFR für höchstens fünf Arbeiter und 1 875 BFR für die übrigen Arbeiter, bei Arbeitgebern mit mindestens zwanzig Beschäftigten 1 875 BFR je Arbeiter.

4 Die Königliche Verordnung vom 14. Juni 1993 (Moniteur belge vom 7. Juli 1993, S. 16069) führte mit dem Programm "Maribel a" zum 1. Juli 1993 eine erneute Änderung ein. Die Ermässigung je Quartal und Arbeiter wurde auf 3 000 BFR für höchstens fünf Arbeiter in Unternehmen mit mindestens zwanzig Arbeitnehmern angehoben. Für die übrigen Fälle wurde die Ermässigung von 1 875 BFR je Quartal und Arbeiter beibehalten.

5 Für Arbeitgeber, die überwiegend in einem der dem internationalen Wettbewerb am stärksten ausgesetzten Wirtschaftszweige tätig sind, hob die Königliche Verordnung vom 14. Juni 1993 die Beitragsermässigungen je Quartal und Arbeiter von 3 000 BFR auf 7 200 BFR und von 1 875 BFR auf 6 250 BFR an (im folgenden: erhöhte Ermässigungen).

6 Der belgische Gesetzgeber definierte die betroffenen Wirtschaftszweige durch Bezugnahme auf die Abteilungen 13 bis 22 und 24 bis 36 des Anhangs der Verordnung (EWG) Nr. 3037/90 des Rates vom 9. Oktober 1990 betreffend die statistische Systematik der Wirtschaftszweige in der Europäischen Gemeinschaft (ABl. L 293, S. 1). Somit kommen die erhöhten Ermässigungen Unternehmen zugute, die in Wirtschaftszweigen wie Bergbau, Chemie, Metallerzeugung und -bearbeitung, Herstellung von Meß-, Steuer- und Regelungstechnik, Optik sowie anderen Zweigen des verarbeitenden Gewerbes tätig sind.

7 Das mit Königlicher Verordnung vom 22. Februar 1994 (Moniteur belge vom 18. März 1994, S. 6724) eingeführte Programm "Maribel b" hob mit Wirkung vom 1. Januar 1994 für die Unternehmen, die in einem der dem internationalen Wettbewerb am stärksten ausgesetzten Wirtschaftszweige tätig sind, die erhöhten Ermässigungen je Quartal und Arbeiter auf 9 300 BFR für höchstens fünf Arbeiter und 8 437 BFR für die übrigen Arbeiter in Unternehmen mit weniger als zwanzig Beschäftigten und auf 8 437 BFR für Arbeiter in Unternehmen mit mindestens zwanzig Beschäftigten an.

8 Die letztgenannte Königliche Verordnung erstreckte zudem das Programm Maribel b mit Wirkung vom 1. Januar 1994 auf dem Sektor des internationalen Verkehrs im Sinne des Unterabschnitts 60.242 der nationalen Nomenklatur, abgeleitet aus der statistischen Systematik der Verordnung Nr. 3037/90, und mit Wirkung vom 1. April 1994 auf einige andere Sektoren der Luft- und der Schiffahrt sowie auf die damit zusammenhängenden Verkehrstätigkeiten der Unterabschnitte 61.100, 61.200, 62.100, 62.200, 63.111 und 63.220 dieser Nomenklatur.

9 Der Anwendungsbereich des Programms Maribel b wurde mit Wirkung vom 1. Juli 1994 durch die Königliche Verordnung vom 21. Juni 1994 (Moniteur belge vom 28. Juni 1994, S. 17355) weiter auf den Pflanzenbau und die Forstwirtschaft ausgedehnt.

10 Die im Rahmen der Programme Maribel a und b gewährten erhöhten Ermässigungen gelten jedoch nur für Arbeiter, die mindestens 51 % der in dem für sie geltenden Tarifvertrag festgelegten Hoechstzahl von Arbeitsstunden oder Arbeitstagen arbeiten.

Die angefochtene Entscheidung

11 Mit Schreiben vom 17. August 1993 ersuchte die Kommission die belgische Regierung um Informationen über das Programm Maribel a. Während des darauffolgenden Briefwechsels setzte die Kommission die belgische Regierung mit Schreiben vom 9. Juli 1996 von ihrer Entscheidung in Kenntnis, das Verfahren nach Artikel 93 Absatz 2 EG-Vertrag (jetzt Artikel 88 Absatz 2 EG) zu eröffnen (ABl. C 227, S. 8; im folgenden: Entscheidung vom 9. Juli 1996). Im Anschluß an dieses Verfahren erließ die Kommission die angefochtene Entscheidung.

12 Artikel 1 dieser Entscheidung lautet: "Die erhöhte Ermässigung der Sozialversicherungsbeiträge für Arbeiter im Rahmen der Programme "Maribel a" und "Maribel b" zugunsten der Arbeitgeber, die ihre Haupttätigkeiten in einem dem internationalen Wettbewerb am stärksten ausgesetzten Wirtschaftszweig ausüben, stellt eine unzulässige staatliche Beihilfe dar, da sie der Kommission gemäß Artikel 93 Absatz 3 EG-Vertrag nicht vorher mitgeteilt worden ist. Ausserdem ist sie gemäß Artikel 92 Absatz 1 EG-Vertrag mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar und fällt unter keine der Ausnahmeregelungen des Artikels 92 Absätze 2 und 3."

13 Artikel 2 der Entscheidung lautet: "Belgien ist verpflichtet, der in Artikel 1 erwähnten Gewährung einer erhöhten Ermässigung der Sozialversicherungsbeiträge unverzueglich durch geeignete Maßnahmen ein Ende zu setzen und muß bei den begünstigten Unternehmen die unzulässigerweise gezahlten Beihilfen zurückfordern. Die Rückzahlung erfolgt nach den nationalen Verfahren und Vorschriften..."

14 Zu der Beitragsermässigung je Quartal für Arbeiter führt die Kommission in Abschnitt I der Begründung der Entscheidung aus, daß die Beihilfe für die Unternehmen, die hauptsächlich in einem der dem internationalen Wettbewerb am stärksten ausgesetzten Wirtschaftszweige tätig seien, in der Differenz zwischen der ursprünglichen und der erhöhten Ermässigung bestehe und sich jährlich auf 26 248 BFR je Arbeiter belaufe. Dagegen falle bei Unternehmen mit weniger als zwanzig Beschäftigten der Vorteil je Quartal für die ersten fünf Arbeiter in die Kategorie der De-minimis-Beihilfen und damit nicht in den Anwendungsbereich von Artikel 92 des Vertrages (nach Änderung jetzt Artikel 87 EG).

Die Klagegründe des Königreichs Belgien

15 Die belgische Regierung stützt ihre Nichtigkeitsklage auf fünf Klagegründe. Mit den ersten drei Klagegründen macht sie geltend, die angefochtene Entscheidung sei sachlich nicht begründet, weil erstens die Programme Maribel a und b eine allgemeine wirtschaftspolitische Maßnahme und keine Beihilfe seien, weil sie zweitens keine Auswirkung auf den innergemeinschaftlichen Handel hätten und weil sie drittens, falls sie als staatliche Beihilfen im Sinne von Artikel 92 Absatz 1 des Vertrages anzusehen seien, unter die Ausnahme des Artikels 92 Absatz 3 Buchstabe c des Vertrages fielen und für mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar erklärt werden müssten. Mit den beiden letzten Klagegründen wendet sich die belgische Regierung gegen die Verpflichtung, die als Beihilfen im Rahmen der Programme Maribel a und b eingesparten Sozialversicherungsbeiträge zurückzufordern, da eine Rückforderung unverhältnismässig wäre und im übrigen praktisch unmöglich sei.

Zum Wesen der Programme Maribel a und b

16 Mit dem ersten Klagegrund macht die belgische Regierung geltend, die angefochtene Entscheidung sei sachlich nicht begründet, da die im Rahmen der Programme Maribel a und b gewährten erhöhten Ermässigungen allgemeine wirtschaftspolitische Maßnahmen seien, die nicht in den Anwendungsbereich von Artikel 92 Absatz 1 des Vertrages fielen und keine Beihilfen im Sinne dieser Bestimmung seien. Im Rahmen dieses Klagegrundes erörtert die belgische Regierung insbesondere die allgemeinen Kriterien für die Unterscheidung zwischen staatlichen Beihilfen und allgemeinen wirtschaftspolitischen Maßnahmen, die eventuelle Rechtfertigung der betreffenden Maßnahme und schließlich die haushaltspolitischen Zwänge, die gegenwärtig ihren Anwendungsbereich beschränkten.

17 Unter Berufung auf die öffentlichen Stellungnahmen der Kommission, insbesondere ihren XXIV. Bericht zur Wettbewerbspolitik und die Mitteilung 97/C 1/05 über Beihilfenüberwachung und Senkung der Arbeitskosten (ABl. 1997, C 1, S. 10; im folgenden: Mitteilung von 1997), macht die belgische Regierung geltend, obwohl klare Hinweise für die Unterscheidung zwischen beiden Begriffen in der Rechtsprechung des Gerichtshofes fehlten, finde Artikel 92 des Vertrages keine Anwendung auf für alle Unternehmen eines Mitgliedstaats geltende allgemeine Maßnahmen, wenn diese auf objektiven, nicht diskriminierenden und ermessensfreien Erfordernissen beruhten. Unter "allen Unternehmen" seien diejenigen zu verstehen, die sich in einer objektiv gleichartigen Lage befänden. Nach der Mitteilung von 1997 seien zudem Maßnahmen zugunsten bestimmter Kategorien von Arbeitnehmern nicht als solche staatliche Beihilfen, wenn sie automatisch und ohne Diskriminierung angewandt würden.

18 Nach Ansicht der Kommission ist, ausgehend von der für alle Unternehmen geltenden allgemeinen rechtlichen Regelung, zu prüfen, ob Ausnahmen von dieser Regelung, die eine mehr oder weniger grosse Gruppe von Unternehmen begünstigten, im Einklang mit der inneren Logik der allgemeinen Regelung stuenden. Die Rechtfertigung der im Rahmen der Programme Maribel a und b getroffenen Maßnahmen zur Erleichterung der Soziallasten müsse in der inneren Logik des allgemeinen Systems der belgischen Sozialversicherung und nicht im spezifischen Zweck dieser Programme gesucht werden.

19 Die belgische Regierung macht geltend, die Programme Maribel a und b seien eine allgemeine Maßnahme, in der die wirtschaftspolitische Entscheidung zum Ausdruck komme, die Schaffung von Arbeitsplätzen in den Zweigen der gewerblichen Wirtschaft zu begünstigen, in denen die meisten Arbeiter mit Niedriglöhnen wegen geringer Qualifikation beschäftigt seien. Dieser Zweck erkläre, warum die erhöhten Ermässigungen nur den Unternehmen des verarbeitenden Gewerbes und bestimmter Sektoren des internationalen Verkehrs zugute kämen, da es sich um Wirtschaftszweige handele, die am stärksten von Kündigungen und Umstrukturierungen betroffen seien. Auch in diesen Bereichen werde aber der Anspruch auf die erhöhten Ermässigungen nur für Arbeiter eröffnet, die mindestens 51 % der Hoechstzahl der zulässigen Arbeitsstunden oder Arbeitstage arbeiteten.

20 Die belgische Regierung räumt ein, daß die Bezugnahme auf die dem internationalen Wettbewerb am stärksten ausgesetzten Unternehmen zur Abgrenzung des Anwendungsbereichs der Programme Maribel a und b unglücklich sei, doch gehöre dies nicht zu den Gesichtspunkten, auf die zur Beschränkung der Programme auf bestimmte Wirtschaftszweige abgestellt werde.

21 Zu den von den Programmen Maribel a und b ausgeschlossenen Wirtschaftszweigen führt die belgische Regierung aus, dabei handele es sich um den tertiären Sektor und die Bauwirtschaft; ihr Ausschluß stütze sich auf objektive Erwägungen, und zwar darauf, daß sich die manuelle Arbeit im tertiären Sektor stark entwickle und daß für die Arbeiter in der Bauwirtschaft besondere sozialversicherungs- und steuerrechtliche Systeme gälten.

22 Schließlich führt die belgische Regierung aus, das Programm Maribel sei Teil einer Politik zur allgemeinen Senkung der Soziallasten. Aufgrund haushaltspolitischer Zwänge habe sie schrittweise vorgehen müssen, so daß die Programme Maribel a und b, die die ersten Stufen darstellten, noch nicht auf alle Wirtschaftszweige hätten erstreckt werden können. Eine solche vorläufige und auf haushaltspolitischen Erwägungen beruhende Beschränkung nehme den Programmen nicht den Charakter einer allgemeinen wirtschaftspolitischen Maßnahme, wenn sie schon jetzt einen hinreichend allgemeinen Charakter hätten. Die im Rahmen der Programme Maribel a und b gewährten erhöhten Ermässigungen kämen einer so grossen Zahl von Unternehmen zugute, daß sie als Maßnahmen angesehen werden müssten, die so allgemein seien, daß sie nicht als staatliche Beihilfen eingestuft werden könnten und daher nicht unter Artikel 92 Absatz 1 EG fielen.

Zum selektiven Charakter der erhöhten Ermässigungen

23 Artikel 92 Absatz 1 des Vertrages erklärt staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, für mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar, soweit sie den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen. Als Beihilfen gelten namentlich Maßnahmen, die in verschiedener Form die Belastungen vermindern, die ein Unternehmen normalerweise zu tragen hat und die somit zwar keine Subventionen im strengen Sinne des Wortes darstellen, diesen aber nach Art und Wirkung gleichstehen (Urteile vom 1. Dezember 1998 in der Rechtssache C-200/97, Ecotrade, Slg. 1998, I-7907, Randnr. 34).

24 Die belgische Regierung bestreitet nicht die Ausführungen der Kommission in Abschnitt IV der Begründung der angefochtenen Entscheidung, wonach das durch die Programme Maribel a und b geschaffene System bestimmte Unternehmen von einem Teil ihrer Kosten entlastet und ihnen finanzielle Vorteile verschafft, die ihre Wettbewerbsposition verbessern, indem es ihnen eine erhöhte Ermässigung der Sozialversicherungsbeiträge zugute kommen lässt.

25 Solche staatlichen Maßnahmen sind nicht schon wegen ihres sozialen Charakters von der Einordnung als Beihilfen im Sinne des Artikels 92 des Vertrages ausgenommen (Urteile vom 26. September 1996 in der Rechtssache C-241/94, Frankreich/Kommission, Slg. 1996, I-4551, Randnr. 21, und vom 29. April 1999 in der Rechtssache C-342/96, Spanien/Kommission, Slg. 1999, I-0000, Randnr. 23). Artikel 92 Absatz 1 des Vertrages unterscheidet nicht nach den Gründen oder Zielen der staatlichen Maßnahmen, sondern beschreibt diese nach ihren Wirkungen (Urteile vom 29. Februar 1996 in der Rechtssache C-56/93, Belgien/Kommission, Slg. 1996, I-723, Randnr. 79, und vom 26. September 1996, Frankreich/Kommission, Randnr. 20).

26 Nach ständiger Rechtsprechung ist zu prüfen, ob die erhöhten Ermässigungen im Rahmen der Programme Maribel a und b ausschließlich bestimmte Unternehmen oder bestimmte Wirtschaftszweige begünstigen und damit die Voraussetzung der Spezifizität erfuellen, die eines der Merkmale des Begriffes der staatlichen Beihilfe ist, ob sie also selektive Maßnahmen sind (vgl. in diesem Sinn Urteile vom 26. September 1996, Frankreich/Kommission, Randnr. 24, und Ecotrade, Randnr. 40).

27 Wie die belgische Regierung zu Recht in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat, sind die streitigen Maßnahmen nicht deshalb staatliche Beihilfen, weil die zuständigen staatlichen Stellen bei der Gewährung der erhöhten Ermässigung der Soziallasten über ein Ermessen verfügten (vgl. Urteil vom 26. September 1996, Frankreich/Kommission, Randnr. 23). Die Voraussetzungen für die Gewährung der erhöhten Ermässigungen sind vom belgischen Gesetzgeber in den genannten Königlichen Verordnungen festgelegt worden und räumen den zuständigen Stellen insbesondere bei der Wahl der begünstigten Unternehmen oder Wirtschaftszweige keinerlei Handlungsspielraum ein.

28 Auch die Beschränkung der streitigen Maßnahmen auf Arbeiter, zudem auf solche, deren Arbeitszeit eine Mindeststundenzahl überschreitet, genügt, wie die belgische Regierung und die Kommission eingeräumt haben, nicht, um die Maßnahmen als eine Beihilfe im Sinne von Artikel 92 des Vertrages anzusehen.

29 Wie die belgische Regierung aber einräumt, kommen die erhöhten Ermässigungen ausschließlich Unternehmen zugute, die bestimmten, in Artikel 1 der Königlichen Verordnung vom 14. Juni 1993 unter Bezugnahme auf die statistische Systematik nach der Verordnung Nr. 3037/90 definierten Sektoren des verarbeitenden Gewerbes und den in den Artikeln 2 und 3 der Königlichen Verordnung vom 22. Februar 1994 und in Artikel 1 der Königlichen Verordnung vom 21. Juni 1994 festgelegten Wirtschaftszweigen angehören.

30 Die belgische Regierung räumt ein, daß damit die Unternehmen anderer Wirtschaftszweige von der Gewährung der erhöhten Ermässigungen ausgeschlossen sind, obwohl auch für diese die Beschäftigung von Arbeitern kennzeichnend ist. Dazu gehören zum einen die Unternehmen der in den Königlichen Verordnungen nicht genannten Teile des verarbeitenden Gewerbes und zum anderen die Unternehmen des tertiären Sektors und der Bauwirtschaft.

31 Angesichts des Ausschlusses dieser Wirtschaftszweige, die wie die unter die Programme Maribel a und b fallenden Arbeiter beschäftigen, hat die Kommission in Abschnitt X der Begründung der angefochtenen Entscheidung zu Recht festgestellt, daß die Beschränkung der Regelung über erhöhte Ermässigungen auf bestimmte Wirtschaftszweige diese Maßnahmen selektiv macht, so daß sie die Voraussetzung der Spezifizität erfuellt.

Zum Ausnahmecharakter der erhöhten Ermässigungen

32 Weder aufgrund der grossen Zahl der begünstigten Unternehmen noch aufgrund der Verschiedenartigkeit und der Bedeutung der Wirtschaftszweige, zu denen diese Unternehmen gehören, können die Programme Maribel a und b mit der belgischen Regierung als eine allgemeine wirtschaftspolitische Maßnahme angesehen werden.

33 Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes können zum einen Beihilfen in Form von Beihilfeprogrammen einen ganzen Wirtschaftszweig betreffen und gleichwohl unter Artikel 92 Absatz 1 des Vertrages fallen (vgl. Urteil vom 14. Oktober 1987 in der Rechtssache 248/84, Deutschland/Kommission, Slg. 1987, 4013, Randnr. 18); zum anderen ist eine Maßnahme, die die Unternehmen eines bestimmten Wirtschaftszweigs teilweise von den finanziellen Lasten freistellen soll, die sich aus der normalen Anwendung des allgemeinen Sozialversicherungssystems ergeben, ohne daß diese Befreiung durch das Wesen und die Struktur dieses Systems gerechtfertigt ist, als Beihilfe anzusehen (Urteil vom 2. Juli 1974 in der Rechtssache 173/73, Italien/Kommission, Slg. 1974, 709, Randnr. 33).

34 Folglich ist eine Maßnahme, durch die die Schaffung von Arbeitsplätzen begünstigt werden soll, indem für bestimmte Unternehmen die Sozialversicherungsbeiträge ermässigt werden, als staatliche Beihilfe einzustufen, wenn sie nicht durch das Wesen und die Struktur des allgemeinen Sozialversicherungssystems gerechtfertigt ist.

35 Das mit dem Gesetz vom 29. Juni 1981 geschaffene allgemeine System des sozialen Schutzes soll nach Artikel 3 des Gesetzes "das Arbeitseinkommen des Arbeitnehmers ersetzen oder ergänzen, um ihn vor den Folgen bestimmter Arbeitsrisiken, bestimmter familiärer oder sich aus den Lebensumständen ergebender Situationen und sozialer Risiken zu schützen". Nach Artikel 22 dieses Gesetzes gehören die Sozialversicherungsbeiträge, in denen die Solidarität von Arbeitnehmern und Arbeitgebern zum Ausdruck kommt, zu den Finanzmitteln der Sozialversicherung und sind daher dazu bestimmt, zur Erreichung der verfolgten Ziele beizutragen.

36 Zwar weist eine erhöhte Ermässigung der Sozialversicherungsbeiträge, die nur einer begrenzten Gruppe von Arbeitgebern wegen ihrer Zugehörigkeit zu bestimmten Wirtschaftszweigen gewährt wird und sie von bestimmten Soziallasten befreit, gegenüber dem Wesen und der Struktur des allgemeinen Systems des sozialen Schutzes auf den ersten Blick keinen Ausnahmecharakter auf.

37 Beim gegenwärtigen Stand des Gemeinschaftsrechts behalten im übrigen die Mitgliedstaaten die Befugnis, ihre Systeme der sozialen Sicherheit auszugestalten (Urteile vom 26. März 1996 in der Rechtssache C-238/94, García u. a., Slg. 1996, I-1673, Randnr. 15). Es steht ihnen somit frei, beschäftigungspolitische Ziele wie die vom Königreich Belgien angeführten zu verfolgen, zu denen die Aufrechterhaltung eines hohen Beschäftigungstands bei den Arbeitern und der Erhalt eines Wirtschaftszweigs aus Gründen des wirtschaftlichen Gleichgewichts in Belgien gehören. Was die Kosten der Sozialversicherung angeht, werden die Mitgliedstaaten sogar von der Kommission zur Senkung der Arbeitskosten aufgefordert, wie sich insbesondere aus Nummer 1 der Mitteilung von 1997 und aus den 1995 von der Kommission veröffentlichten "Leitlinien für Beschäftigungsbeihilfen" (ABl. C 334, S. 4; im folgenden: Leitlinien) ergibt.

38 Zu unterstreichen ist jedoch, daß die von den belgischen Stellen zur Erreichung dieses Zieles gewährten erhöhten Ermässigungen die einzige direkte Wirkung haben, ausschließlich den Empfängerunternehmen einen wirtschaftlichen Vorteil zu verschaffen, indem sie diese von einem Teil der sonst von ihnen zu tragenden sozialen Kosten befreien. Dies gilt um so mehr für die Sektoren Pflanzenbau und Forstwirtschaft, für die die Programme Maribel a und b auf keinen Fall durch beschäftigungspolitische Ziele gerechtfertigt werden können, wie die belgische Regierung selbst eingeräumt hat.

39 Daher sind die Programme Maribel a und b, mit denen eine Beschäftigungspolitik unter Einsatz von Mitteln verfolgt wird, die nur der Wettbewerbssituation von Unternehmen aus bestimmten Wirtschaftszweigen direkt zugute kommen, nicht durch das Wesen und die Struktur des in Belgien geltenden Systems der sozialen Sicherheit gerechtfertigt.

Zu den beschränkten Haushaltsmitteln

40 Den Ausführungen der belgischen Regierung, die Programme Maribel a und b seien eine allgemeine wirtschaftspolitische Maßnahme, deren vorgesehene Erstreckung auf alle Wirtschaftszweige wegen der beschränkten Haushaltsmittel nur schrittweise realisiert werden könne, ist nicht zu folgen.

41 Auch wenn ein Mitgliedstaat seine Absicht erklärt, Maßnahmen, die zunächst auf bestimmte Wirtschaftszweige beschränkt sind, später auf seine gesamte Wirtschaft zu erstrecken und ihnen damit allgemeine Geltung zu geben, kann dies der Anwendung von Artikel 92 Absatz 1 des Vertrages nicht entgegenstehen, da diese Maßnahmen nach der in Randnummer 25 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung des Gerichtshofes allein anhand ihrer Wirkungen zu beurteilen sind.

42 Würde statt dessen der Charakter einer Maßnahme, die möglicherweise eine rechtswidrige Beihilfe darstellt, nach der Absicht des Mitgliedstaats beurteilt, sie zu verallgemeinern, so würde dem Gemeinschaftsrecht auf dem Gebiet der staatlichen Beihilfen seine Effizienz genommen. Der betroffene Mitgliedstaat könnte sich in einem solchen Fall der Beachtung des Gemeinschaftsrechts einfach dadurch entziehen, daß er seine Absicht erklärt, die beanstandete Maßnahme in der Zukunft zu verallgemeinern.

43 Dies gilt auch dann, wenn der betroffene Mitgliedstaat Tatsachen anführt, die ein erster Schritt zur Verallgemeinerung der geprüften Maßnahme sein können. Daher kann die Erstreckung der Programme Maribel a und b auf Unternehmen des Pflanzenbaus und der Forstwirtschaft nichts an der Beurteilung dieses auf die Absicht der belgischen Regierung gestützten Arguments ändern.

44 Nach alledem geht die Rüge der belgischen Regierung, die Kommission habe die Programme Maribel a und b zu Unrecht als Beihilfe im Sinne von Artikel 92 des Vertrages angesehen, fehl. Der erste Klagegrund der belgischen Regierung ist demnach zurückzuweisen.

Zur Auswirkung der Programme Maribel a und b auf den Handel zwischen Mitgliedstaaten

45 Mit dem zweiten Klagegrund macht die belgische Regierung für den Fall, daß die Programme Maribel a und b als Beihilfe im Sinne von Artikel 92 des Vertrages angesehen würden, geltend, sie beeinträchtigten nicht den innergemeinschaftlichen Handel.

46 Zudem sei die angefochtene Entscheidung nicht hinreichend begründet, denn insbesondere werde in ihr nicht erläutert, welchen Einfluß die streitigen Maßnahmen auf den Handel zwischen Mitgliedstaaten hätten; daher verletze sie die Begründungspflicht nach Artikel 190 EG-Vertrag (jetzt Artikel 253 EG).

47 Was die Auswirkungen der Programme Maribel a und b auf den innergemeinschaftlichen Handel angeht, so ist, wenn eine von einem Mitgliedstaat gewährte Beihilfe die Stellung eines Unternehmens gegenüber anderen Wettbewerbern im innergemeinschaftlichen Handel stärkt, nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes davon auszugehen, daß der innergemeinschaftliche Handel von der Beihilfe auch dann beeinflusst wird, wenn das begünstigte Unternehmen selbst nicht im Export tätig ist. Gewährt nämlich ein Mitgliedstaat einem Unternehmen eine Beihilfe, so kann die inländische Erzeugung dadurch beibehalten oder erhöht werden, so daß sich die Chancen der in anderen Mitgliedstaaten niedergelassenen Unternehmen, ihre Erzeugnisse auf den Markt dieses Mitgliedstaats auszuführen, verringern (Urteil vom 14. September 1994 in den Rechtssachen C-278/92 bis C-280/92, Spanien/Kommission, Slg. 1994, I-4103, Randnr. 40).

48 Im Falle eines Beihilfeprogramms kann sich die Kommission darauf beschränken, die Merkmale dieses Programms zu untersuchen, um zu beurteilen, ob es den Beihilfeempfängern gegenüber ihren Wettbewerbern einen spürbaren Vorteil sichert und seinem Wesen nach vor allem Unternehmen zugute kommt, die sich am Handel zwischen den Mitgliedstaaten beteiligen (Urteil Deutschland/Kommission, Randnr. 18). Zudem braucht im Fall einer nicht angemeldeten Beihilfe die Begründung der Kommissionsentscheidung keine aktualisierte Würdigung der Auswirkungen der Maßnahme auf den Wettbewerb und den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu enthalten (Urteil vom 14. Februar 1990 in der Rechtssache C-301/87, Frankreich/Kommission, Slg. 1990, I-307, Randnr. 33).

49 Nach dieser Rechtsprechung und entgegen dem Vorbringen der belgischen Regierung ist es nicht erforderlich, daß die von den Programmen Maribel a und b begünstigten Unternehmen Waren ausführen. Es kann sich sogar um nur lokal tätige Unternehmen handeln.

50 Nach dem in Abschnitt V der Begründung der angefochtenen Entscheidung angeführten Wortlaut des Artikels 1 der Königlichen Verordnung vom 14. Juni 1993 hat ein Arbeitgeber Anspruch auf die erhöhte Ermässigung, wenn er "hauptsächlich in einem der dem internationalen Wettbewerb am stärksten ausgesetzten Wirtschaftszweige tätig ist". Dem davorstehenden Abschnitt der angefochtenen Entscheidung zufolge besteht der "Hauptzweck [der erhöhten Ermässigungen] darin..., die Kosten der Unternehmen zu senken, die ihre Produktion entweder ausführen oder mit der in Belgien eingeführten Produktion ausländischer Unternehmen, insbesondere aus anderen Mitgliedstaaten, im Wettbewerb stehen". Diese Feststellung wird bestätigt durch eine "Erklärung zum globalen Beschäftigungsplan", die diesem Abschnitt der Entscheidung zufolge der Kommission am 27. Dezember 1993 übermittelt wurde und in der die belgische Regierung insbesondere die Verschlechterung der Ausfuhrergebnisse hervorhob, um die erhöhte Ermässigung der Sozialversicherungsbeiträge zu rechtfertigen. Die belgische Regierung hat die Existenz dieser Erklärung nicht bestritten.

51 Somit kann der innergemeinschaftliche Handel durch die fragliche Maßnahme insoweit beeinträchtigt sein, als diese in ihrer Eigenschaft als sektorale Beihilfe die Wettbewerbsstellung der betroffenen Unternehmen sowohl auf dem belgischen Markt wie bei der Ausfuhr gegenüber den in anderen Mitgliedstaaten niedergelassenen Unternehmen verbessert, indem sie sie von einem Teil ihrer sozialen Kosten entlastet. Folglich beeinträchtigen die Programme Maribel a und b ihrem Wesen nach den Handel zwischen Mitgliedstaaten und verfälschen den Wettbewerb oder drohen, ihn zu verfälschen.

52 Nach der in den Randnummern 47 und 48 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung des Gerichtshofes kann der Kommission zudem unter diesen Umständen nicht vorgeworfen werden, die von ihr gegebene Begründung genüge den Anforderungen des Artikels 190 EG-Vertrag nicht.

53 Aus den vorstehenden Erwägungen ist der zweite Klagegrund, mit dem die belgische Regierung geltend macht, die Programme Maribel a und b wirkten sich nicht auf den Handel zwischen Mitgliedstaaten aus und die Begründungspflicht sei verletzt, zurückzuweisen.

Zur Vereinbarkeit der Programme Maribel a und b mit dem Gemeinsamen Markt

54 Mit dem dritten Klagegrund macht die belgische Regierung geltend, für den Fall, daß die Programme Maribel a und b als eine den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigende Beihilfe angesehen würden, müssten sie gemäß Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe c EG-Vertrag für mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar erklärt werden. Sie wirft der Kommission insbesondere vor, diese habe weder in der angefochtenen Entscheidung noch im Verfahren vor dem Gerichtshof anerkannt, daß diese Programme den Charakter einer Beihilfe zur Schaffung von Arbeitsplätzen hätten.

55 Nach ständiger Rechtsprechung verfügt die Kommission bei der Anwendung von Artikel 92 Absatz 3 des Vertrages über ein weites Ermessen, dessen Ausübung wirtschaftliche und soziale Wertungen voraussetzt, die auf die Gemeinschaft als Ganzes zu beziehen sind (Urteil vom 21. März 1991 in der Rechtssache C-303/88, Italien/Kommission, Slg. 1991, I-1433, Randnr. 34).

56 Zur Ausübung dieses Ermessens führt die Kommission insbesondere in Punkt 5 der Leitlinien und in Punkt 1 ihrer Mitteilung von 1997 aus, sie habe Beihilfen zur Förderung der Schaffung von Arbeitsplätzen stets befürwortet.

57 Wie sich aus Punkt IV der Begründung der angefochtenen Entscheidung ergibt, hat die Kommission jedoch im vorliegenden Fall die Anwendung der Ausnahme des Artikels 92 Absatz 3 Buchstabe c Vertrag im wesentlichen deshalb verweigert, weil die erhöhten Ermässigungen ohne jede direkte soziale oder wirtschaftliche Gegenleistung der Empfängerunternehmen gewährt werden und daher weder an die Schaffung von Arbeitsplätzen in kleinen oder mittleren Unternehmen noch an die Einstellung bestimmter Gruppen von Arbeitnehmern, die besondere Schwierigkeiten bei der Eingliederung oder Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt haben, geknüpft ist. Folglich stellt die mit den Programmen Maribel a und b eingeführte Beihilferegelung keineswegs sicher, daß das Ziel der Schaffung von Arbeitsplätzen erreicht werden kann.

58 Unter diesen Umständen hat die belgische Regierung nichts dafür vorgetragen, daß die Kommission ihr Ermessen mit der Einschätzung überschritten hätte, daß die Programme Maribel a und b nicht die Voraussetzungen für eine Ausnahme nach Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe c Vertrag erfuellen.

59 Da somit die Weigerung, Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe c Vertrag anzuwenden, nicht offensichtlich ermessensfehlerhaft ist, ist auch der dritte Klagegrund zurückzuweisen.

Zur Frage der Verhältnismässigkeit der Verpflichtung zur Rückforderung der Beihilfe

60 Mit dem vierten Klagegrund wendet sich die belgische Regierung gegen die an sie gerichtete Anordnung, die in Form einer erhöhten Ermässigung der Sozialversicherungsbeiträge gewährten Beihilfen zurückzufordern, da eine solche Rückforderung unverhältnismässig wäre. Sie stützt diesen Klagegrund auf drei Argumente.

61 Erstens räumt die belgische Regierung zwar ein, daß die Kommission ein Ermessen in der Frage habe, ob sie die Rückforderung einer rechtswidrigen Beihilfe verlange oder nicht, sie hält diese Maßnahme aber für eine zu weitgehende Sanktion im Verhältnis zur Schwere der begangenen Zuwiderhandlung, wenn man berücksichtige, welche Unsicherheit hinsichtlich des Begriffes der allgemeinen Maßnahmen und seiner Abgrenzung gegenüber dem Beihilfebegriff herrsche.

62 Zweitens ist sie der Ansicht, aufgrund der in Artikel 5 EG-Vertrag (jetzt Artikel 10 EG) normierten Pflicht zur Zusammenarbeit hätte die Kommission den Schaden begrenzen müssen, der aus der Feststellung der Rechtswidrigkeit der Programme Maribel a und b entstanden sei, und hätte daher zu weniger scharfen Mitteln greifen müssen. Insbesondere hätte sie der belgischen Regierung aufgeben müssen, die Beihilfe, die nicht angemeldet worden sei, so lange auszusetzen, bis sie deren Vereinbarkeit mit den Vertragsbestimmungen über staatliche Beihilfen geprüft hätte.

63 Drittens wirft die belgische Regierung der Kommission vor, diese habe sie in der Prüfungsphase im unklaren darüber gelassen, ob sie die Rückforderung der im Rahmen der Programme Maribel a und b gezahlten Beträge verlangen wolle oder nicht. Damit habe die Kommission die Verteidigungsrechte und den Grundsatz der Rechtssicherheit verletzt.

Zur Befugnis der Kommission, die Rückforderung zu verlangen

64 Die Aufhebung einer rechtswidrigen Beihilfe durch Rückforderung ist die logische Folge der Feststellung ihrer Rechtswidrigkeit (Urteil vom 21. März 1990 in der Rechtssache C-142/87, Belgien/Kommission, Slg. 1990, I-959, Randnr. 66); die Verpflichtung des Staates, eine von der Kommission als unvereinbar mit dem Gemeinsamen Markt angesehene Beihilfe aufzuheben, dient der Wiederherstellung der früheren Lage (Urteil vom 4. April 1995 in der Rechtssache C-350/93, Kommission/Italien, Slg. 1995, I-699, Randnr. 21). Die belgische Regierung hat im übrigen anerkannt, daß dies die Funktion der Rückzahlung rechtswidriger Beihilfen ist.

65 Durch diese Rückzahlung verliert der Empfänger den Vorteil, den er auf dem Markt gegenüber seinen Mitbewerbern besaß, und die Lage vor der Zahlung der Beihilfe wird wiederhergestellt (Urteil vom 4. April 1995 in der Rechtssache C-350/93, Kommission/Italien, Randnr. 22). Da die Rückzahlung nur auf die Wiederherstellung der früheren, rechtmässigen Lage gerichtet ist, kann sie grundsätzlich nicht als eine Sanktion angesehen werden.

66 Aus dieser Funktion der Rückzahlung folgt auch, daß, falls keine aussergewöhnlichen Umstände vorliegen, die Kommission in der Regel ihr von der Rechtsprechung des Gerichtshofes anerkanntes Ermessen (Urteil vom 24. Februar 1987 in der Rechtssache 310/85, Deufil/Kommission, Slg. 1987, 901, Randnr. 24) nicht fehlerhaft ausübt, wenn sie den Mitgliedstaat auffordert, die als rechtswidrige Beihilfen gewährten Beträge zurückzufordern, da sie damit nur die frühere Lage wiederherstellt.

67 Die belgische Regierung führt zwar zwei Einzelfälle an, in denen die Kommission sich veranlasst sah, auf ein Rückforderungsverlangen zu verzichten; im vorliegenden Fall deutet jedoch nichts auf das Vorliegen aussergewöhnlicher Umstände hin, die eine solche Entscheidung rechtfertigen würden. Im übrigen trägt die belgische Regierung selbst hierfür nichts vor, sondern beschränkt sich darauf, das Rückforderungsverlangen als unverhältnismässig zu beanstanden.

Zur Frage des Verhältnisses zwischen Verstoß und Rückforderungspflicht

68 Was das behauptete Mißverhältnis zwischen der Verpflichtung zur Rückforderung der Beihilfe und der dem Königreich Belgien vorgeworfenen Verstoß angeht, so kann nach ständiger Rechtsprechung die Rückforderung einer zu Unrecht gewährten staatlichen Beihilfe zwecks Wiederherstellung der früheren Lage grundsätzlich nicht als eine Maßnahme angesehen werden, die ausser Verhältnis zu den Zielen der Vertragsbestimmungen über staatliche Beihilfen stuende (Urteile vom 21. März 1990, Belgien/Kommission, Randnr. 66, und vom 14. September 1994, Spanien/Kommission, Randnr. 75).

69 Die von der belgischen Regierung behauptete Unsicherheit hinsichtlich der Bedeutung des Begriffes der allgemeinen Maßnahmen und folglich des Anwendungsbereichs der Gemeinschaftsbestimmungen über staatliche Beihilfen ändert hieran nichts und macht das Rückforderungsverlangen nicht unangemessen.

70 Die belgische Regierung selbst hat darauf hingewiesen, daß die Kommission mit Schreiben vom 17. August 1993 kurz nach dem Inkrafttreten des Programms Maribel a um Informationen über dieses Programm gebeten habe. Sie konnte daher offenkundig nicht im Zweifel über die Absicht der Kommission sein, zu prüfen, ob diese Maßnahme eine rechtswidrige Beihilfe ist. Im übrigen ist in dem Schreiben, das der belgische Sozialminister am 15. September 1993 auf Ersuchen der Kommission an den Ständigen Vertreter Belgiens bei den Gemeinschaften gerichtet hat, von einer "Beihilfe für Exportbetriebe" die Rede.

71 Somit musste die belgische Regierung trotz der Unsicherheit hinsichtlich des Begriffes der allgemeinen Maßnahmen schon zu Beginn der Untersuchung erkennen, daß das Programm Maribel a möglicherweise eine staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 92 des Vertrages darstellt. Folglich konnte die belgische Regierung angesichts der Rechtsprechung des Gerichtshofes, der der Kommission schon im Urteil Deufil/Kommission die Befugnis zuerkannt hatte, den nationalen Stellen die Rückforderung der gezahlten Beträge aufzugeben, und angesichts der nach Erlaß dieses Urteils von der Kommission entwickelten Praxis nicht im unklaren darüber sein, daß die Gefahr bestand, daß die Kommission die Rückforderung der im Rahmen der Programme Maribel a und b gezahlten Beträge verlangen würde.

72 Was die Praxis der Kommission betrifft, so ordnete diese unbestreitbar und bekanntermassen schon vor Einführung der Programme Maribel a und b regelmässig die Rückforderung an, wenn sie feststellte, daß eine Beihilfe mit den Vertragsbestimmungen über staatliche Beihilfen unvereinbar war (vgl. hierzu Urteile vom 13. Juli 1988 in der Rechtssache 102/87, Frankreich/Kommission, Slg. 1988, 4067, Randnr. 9, vom 14. Februar 1990, Frankreich/Kommission, Randnr. 6, vom 21. März 1990, Belgien/Kommission, Randnr. 8, vom 21. März 1991, Italien/Kommission, Randnr. 2, und vom 10. Juni 1993 in der Rechtssache C-183/91, Kommission/Griechenland, Slg. 1993, I-3131, Randnr. 3).

Zur Möglichkeit einer Aussetzung der erhöhten Ermässigungen während der Prüfungsphase

73 Was das zweite Argument der belgischen Regierung angeht, die Kommission habe gegen ihre Verpflichtung verstossen, eine weniger einschneidende Maßnahme zu ergreifen, so kann die Kommission nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofes, wenn sie feststellt, daß eine Beihilfe ohne Anmeldung eingeführt wurde, dem betreffenden Mitgliedstaat, nachdem ihm Gelegenheit gegeben wurde, sich dazu zu äussern, vorläufig aufgeben, die Zahlung der Beihilfe unverzueglich bis zum Abschluß ihrer Überprüfung auszusetzen (Urteil vom 14. Februar 1990, Frankreich/Kommission, Randnr. 19, und vom 21. März 1991, Italien/Kommission, Randnr. 46).

74 Diese Rechtsprechung bedeutet jedoch nicht, daß die Kommission verpflichtet ist, dem betreffenden Mitgliedstaat automatisch aufzugeben, die Zahlung einer Beihilfe auszusetzen, die nicht gemäß Artikel 93 Absatz 3 EG-Vertrag angemeldet worden ist (Urteil des Gerichts vom 18. September 1995 in der Rechtssache T-49/93, SIDE/Kommission, Slg. 1995, II-2501, Randnr. 83). Andernfalls verlöre die gesetzliche Verpflichtung der Mitgliedstaaten aus dieser Vorschrift, beabsichtigte Beihilfemaßnahmen nicht durchzuführen, bevor die Kommission eine abschließende Entscheidung erlassen hat, ihre Bedeutung, und es käme zu einer Vertauschung der Rollen der Mitgliedstaaten und der Kommission.

75 Jedenfalls hätte im vorliegenden Fall eine Aussetzungsanordnung nicht dieselbe Wirkung gehabt wie die Rückforderungsverpflichtung, da ein Teil der erhöhten Ermässigungen zum Zeitpunkt des ersten Auskunftsersuchens der Kommission bereits gewährt worden war, ob dieses Ersuchen nun, wie die belgische Regierung vorträgt, am 17. August 1993, oder, wie die Kommission in der Entscheidung vom 9. Juli 1996 und in der angefochtenen Entscheidung ausführt, am 4. Februar 1994 gestellt wurde.

76 Zudem hätte die Kommission der belgischen Regierung, bevor sie ihr eine Aussetzung der Programme Maribel a und b hätte aufgeben können, Gelegenheit geben müssen, sich zu einer solchen Maßnahme zu äussern (Urteile vom 21. März 1991, Italien/Kommission, Randnr. 46, und vom 11. Juli 1996 in der Rechtssache C-39/94, SFEI u. a., Slg. 1996, I-3547, Randnr.43), was die Aussetzung der Beihilfe zwangsläufig verzögert hätte.

Zum Vorwurf fehlender Informationen über die Absichten der Kommission

77 Was den Vorwurf angeht, die Kommission habe nicht erkennen lassen, ob sie gegebenenfalls die Rückforderung der rechtswidrigen Beihilfe verlangen wolle, hat die Kommission unwidersprochen ausgeführt, daß ihr erstes Auskunftsersuchen, das nach der Darstellung der belgischen Regierung selbst am 17. August 1993 erging, folgende Warnung enthielt: "Die Kommission weist die belgische Entscheidung auf ihr Schreiben vom 3. November 1983 an alle Mitgliedstaaten hin, mit dem sie diese an ihre Verpflichtungen aus Artikel 93 Absatz 3 EWG-Vertrag erinnert hat, sowie auf ihre im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Nr. C 318/3 vom 24. November 1983 veröffentlichte Mitteilung, wonach jede rechtswidrig gewährte Beihilfe zurückgefordert werden kann."

78 Darüber hinaus wurde im vorletzten Absatz der Entscheidung vom 9. Juli 1996 erneut auf das Schreiben vom 3. November 1983 und auf die am 24. November 1983 veröffentlichte Mitteilung hingewiesen und auch an die Schreiben vom 4. März 1991, 22. Februar und 30. Mai 1995, die die Kommission an alle Mitgliedstaaten betreffend rechtswidrig gewährte Beihilfen gerichtet hatte, und an die Mitteilung der Kommission an die Mitgliedstaaten (ABl. 1995, C 156, S. 5) zu dieser Frage erinnert.

79 Die Kommission hat somit keineswegs zu verstehen gegeben, daß sie gegebenenfalls auf die Rückforderung der im Rahmen der Programme Maribel a und b gewährten Beträge verzichten werde. Folglich konnte der belgischen Regierung nicht verborgen geblieben sein, daß die Gefahr einer Rückforderung der rechtswidrigen Beihilfe bestand; ihre auf eine Verletzung der Grundsätze der Rechtssicherheit und der Verteidigungsrechte gestützten Rügen sind daher zurückzuweisen.

Zur Rüge eines Begründungsmangels

80 Hilfsweise wirft die belgische Regierung der Kommission vor, sie habe die Entscheidung, mit der sie die Rückforderung der Beihilfe angeordnet habe, nicht begründet und damit gegen Artikel 190 EG-Vertrag verstossen.

81 Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes ist das Begründungserfordernis grundsätzlich nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach dem Inhalt des Rechtsakts, der Art der angeführten Gründe und nach dem Interesse zu beurteilen, das der Adressat an Erläuterungen haben kann (Urteil vom 13. März 1985 in den verbundenen Rechtssachen 296/82 und 318/82, Niederlande und Leeuwarder Papierwarenfabriek/Kommission, Slg. 1985, 809, Randnr. 19, und vom 24. Oktober 1996 in den verbundenen Rechtssachen C-329/93, C-62/95 und C-63/95, Deutschland u. a./Kommission, Slg. 1996, I-5151, Randnr. 31).

82 Ist jedoch eine staatliche Beihilfe entgegen Artikel 93 Absatz 3 EG-Vertrag schon gewährt worden, so ist die Kommission nicht verpflichtet, besondere Gründe für die Ausübung ihrer Befugnis anzugeben, den nationalen Behörden die Rückforderung der Beihilfe aufzugeben (Urteil vom 14. September 1994, Spanien/Kommission, Randnr. 78).

83 Die im vorliegenden Fall angefochtene Entscheidung enthält keinerlei Begründung für das Verlangen der Rückforderung der Beihilfen. Ein solches völliges Fehlen einer Begründung mag zwar bei isolierter Betrachtung oder in einem anderen Zusammenhang nicht hinnehmbar erscheinen, insbesondere angesichts der administrativen Schwierigkeiten bei der Durchführung dieser Entscheidung, die mit dem weiten Anwendungsbereich der Programme Maribel a und b und ihrer Komplexität zusammenhängen, doch ist hervorzuheben, daß die belgische Regierung hiervon in dem ihr wohlbekannten Kontext und im Rahmen einer Entscheidung nicht überrascht sein konnte, in der eingehend dargelegt wird, warum die fraglichen Beihilfen nicht mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar sind. Auch diese Rüge der belgischen Regierung ist somit zurückzuweisen.

84 Aus den vorstehenden Erwägungen folgt, daß der Klagegrund der Unverhältnismässigkeit der Verpflichtung zur Rückforderung der gewährten Beträge zurückzuweisen ist.

Zur behaupteten Unmöglichkeit, der Verpflichtung zur Rückforderung der Beihilfe nachzukommen

85 Mit dem letzten Klagegrund macht die belgische Regierung geltend, wegen des weiten Anwendungsbereichs und der Komplexität der Programme Maribel a und b sei es ihr absolut unmöglich, die als erhöhte Ermässigungen gewährten Beträge zurückzuverlangen. Hierzu müsste sie in mehr als 2 000 Unternehmen und Quartal für Quartal die Zahl der während bestimmter Zeiträume beschäftigten Arbeiter überprüfen. Zudem sei in den Fällen, in denen Unternehmen inzwischen in Konkurs gegangen seien, die Rückforderung von vornherein ausgeschlossen.

86 Die Kommission bezeichnet diesen Klagegrund als unzulässig und macht zu Recht geltend, daß die behauptete absolute Unmöglichkeit die angefochtene Entscheidung nicht ungültig machen könne, sofern sie erst im Stadium des Vollzugs auftrete. Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofes können nämlich etwaige Schwierigkeiten verfahrensrechtlicher und sonstiger Art bei der Durchführung der angefochtenen Entscheidung keinen Einfluß auf deren Rechtmässigkeit haben (Urteil vom 14. September 1994, Spanien/Kommission, Randnr. 80). Dagegen wäre eine Entscheidung der Kommission ungültig, mit der sie dem Adressaten eine Verpflichtung auferlegte, deren Erfuellung von Anfang an objektiv und absolut unmöglich wäre. Der Klagegrund der belgischen Regierung könnte somit nur Erfolg haben, wenn die Rückforderung objektiv zu keiner Zeit möglich gewesen wäre.

87 Zudem kann ein Mitgliedstaat nach Ablauf der Frist für die Erhebung einer Nichtigkeitsklage gegen eine Entscheidung der Kommission, mit der ihm die Rückforderung einer rechtswidrigen Beihilfe aufgegeben wird, zur Verteidigung gegen eine von der Kommission gemäß Artikel 93 Absatz 2 Unterabsatz 2 EG-Vertrag erhobene Vertragsverletzungsklage nur geltend machen, daß es völlig unmöglich sei, einer solchen Anordnung nachzukommen (Urteile vom 15. Januar 1986 in der Rechtssache 52/84, Kommission/Belgien, Slg. 1986, 89, Randnrn. 13 und 14, vom 2. Februar 1989 in der Rechtssache 94/87, Kommission/Deutschland, Slg. 1989, 175, Randnr. 8, vom 10. Juli 1993, Kommission/Griechenland, Randnr. 10, und vom 29. Januar 1998 in der Rechtssache C-280/95, Kommission/Italien, Slg. 1998, I-259, Randnr. 13).

88 Im übrigen muß ein Mitgliedstaat, der bei der Durchführung einer Entscheidung der Kommission über staatliche Beihilfen auf unvorhergesehene und unvorhersehbare Schwierigkeiten stösst oder sich über Folgen klar wird, die von der Kommission nicht beabsichtigt waren, diese Probleme der Kommission zur Beurteilung vorlegen und dabei geeignete Änderungen der fraglichen Entscheidungen vorschlagen. In einem solchen Fall müssen die Kommission und der Mitgliedstaat gemäß dem Grundsatz, daß den Mitgliedstaaten und den Gemeinschaftsorganen gegenseitige Pflichten zur loyalen Zusammenarbeit obliegen, wie er namentlich Artikel 5 EG-Vertrag zugrunde liegt, redlich zusammenwirken, um die Schwierigkeiten unter vollständiger Beachtung der Bestimmungen des Vertrages, insbesondere derjenigen über die Beihilfen, zu überwinden (Urteil vom 4. April 1995 in der Rechtssache C-348/93, Kommission/Italien, Slg. 1995, I-673, Randnr. 17). Anhand dieser Erwägungen ist das Vorbringen der belgischen Regierung zur Stützung dieser Rüge unter Beachtung der der vorliegenden Nichtigkeitsklage gezogenen Grenzen zu prüfen.

89 Der Umstand, daß einige Unternehmen nach Erlaß der angefochtenen Entscheidung in Konkurs gegangen sind, kann die Rückforderung der Beihilfe bei der Mehrzahl der weiter tätigen Unternehmen nicht verhindern. Dieses Argument geht daher fehl (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 14. September 1994, Spanien/Kommission, Randnr. 80).

90 Auch die administrativen und praktischen Schwierigkeiten, die unstreitig durch die grosse Zahl der betroffenen Unternehmen hervorgerufen werden, erlauben es nach dem Urteil vom 29. Januar 1998 (Kommission/Italien) nicht, die Rückforderung als technisch unmöglich anzusehen. Obwohl zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Anordnung unbestreitbar Schwierigkeiten der von der belgischen Regierung angeführten Art bestanden, ist durch nichts bewiesen, daß die Rückforderung absolut unmöglich ist und daß eine solche absolute Unmöglichkeit bereits zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Entscheidung durch die Kommission bestand. Unter diesen Umständen von der Unmöglichkeit der Rückforderung auszugehen, liefe darauf hinaus, die Effizienz des Gemeinschaftsrechts auf dem Gebiet der staatlichen Beihilfen in Frage zu stellen; dies kann nicht hingenommen werden.

91 Folglich ist auch der letzte Klagegrund, mit dem die belgische Regierung geltend macht, eine Rückforderung sei unmöglich, zurückzuweisen.

92 Da die belgische Regierung mit ihrem gesamten Vorbringen unterlegen ist, ist die Klage abzuweisen.

Kostenentscheidung:

Kosten

93 Nach Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da das Königreich Belgien mit seinem Vorbringen unterlegen ist, sind ihm dem Antrag der Kommission gemäß die Kosten aufzuerlegen.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF

(Sechste Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Das Königreich Belgien trägt die Kosten des Verfahrens.

Ende der Entscheidung

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