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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 27.03.1990
Aktenzeichen: C-9/89
Rechtsgebiete: Verordnung Nr. 3483/88 EWG, Verordnung Nr. 2241/87 EWG, Verordnung Nr. 170/83 EWG


Vorschriften:

Verordnung Nr. 3483/88 EWG
Verordnung Nr. 2241/87 EWG
Verordnung Nr. 170/83 EWG
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

Die Verpflichtung des Mitgliedstaats, in dessen Häfen Fischereifahrzeuge, die die Flagge eines anderen Mitgliedstaats führen, Fänge, die einer Quote unterliegen, angelandet oder umgeladen haben, dem Registrierungsmitgliedstaat auf Antrag Angaben über diese Fänge zu übermitteln, und seine Verpflichtung, zu kontrollieren, ob eine Lizenz an Bord mitgeführt wird, fügen sich in das System der gemeinsamen Verantwortung der Mitgliedstaaten für die Kontrolle ein, das auf der Gemeinschaftsregelung zur Erhaltung der Meeresschätze beruht, so daß ihre Einführung durch den Rat nicht als rechtswidrig angegriffen werden kann.

Das dem Registrierungsmitgliedstaat eines Fahrzeugs, das gegen die Erhaltungsregelung verstossen hat, zuerkannte Recht, die Anlandung oder Umladung der einer Quote unterliegenden Fänge durch ein solches Fahrzeug in einem ausländischen Hafen davon abhängig zu machen, daß sich ein vom Registrierungsmitgliedstaat ausgestelltes Dokument an Bord befindet, aus dem hervorgeht, daß innerhalb der letzten zwei Monate eine Kontrolle durchgeführt wurde, stellt keine Maßnahme mit gleicher Wirkung wie eine mengenmässige Ausfuhrbeschränkung dar.

Auch die dem Mitgliedstaat, der anläßlich von in seinen Häfen erfolgten Anlandungen oder Umladungen einen Verstoß gegen die Erhaltungsregelung feststellt, auferlegte Verpflichtung, die hierfür Verantwortlichen zu verfolgen, sofern er die Verfolgung nicht im Einverständnis mit dem Regierungsmitgliedstaat auf diesen überträgt, und die Möglichkeit, die rechtswidrig angelandeten oder umgeladenen Fänge auf die Quoten des Mitgliedstaats anzurechnen, der dieser Verpflichtung nicht nachkommt, sind nicht zu beanstanden, da beides nur Ausdruck der gemeinsamen Verantwortung der Mitgliedstaaten für die Kontrolle der Regelung zur Fangbeschränkung ist.


URTEIL DES GERICHTSHOFES VOM 27. MAERZ 1990. - KOENIGREICH SPANIEN GEGEN RAT DER EUROPAEISCHEN GEMEINSCHAFTEN. - FISCHEREI - FANGBESCHRAENKUNGEN - KONTROLLMASSNAHMEN. - RECHTSSACHE C-9/89.

Entscheidungsgründe:

1 Das Königreich Spanien hat mit Klageschrift, die am 17. Januar 1989 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, gemäß Artikel 173 Absatz 1 EWG-Vertrag Klage auf Nichtigerklärung der Verordnung ( EWG ) Nr. 3483/88 des Rates vom 7. November 1988 zur Änderung der Verordnung ( EWG ) Nr. 2241/87 zur Festlegung bestimmter Maßnahmen zur Kontrolle der Fischereitätigkeit ( ABl. L 306, S. 2 ) erhoben.

2 Die Überwachungsmaßnahmen, die Gegenstand der vorliegenden Rechtssache sind, wurden gemäß den Artikeln 10 und 11 der Verordnung ( EWG ) Nr. 170/83 des Rates vom 25. Januar 1983 zur Einführung einer gemeinschaftlichen Regelung für die Erhaltung und Bewirtschaftung der Fischereiressourcen erlassen ( ABl. L 24, S. 1 ). Nach Maßgabe ihres Artikels 1 schuf diese Verordnung "zum Schutz der Fanggründe, zur Erhaltung der biologischen Meeresschätze und zur Gewährleistung ihrer ausgewogenen Nutzung auf einer dauerhaften Basis unter angemessenen sozialen und wirtschaftlichen Bedingungen" eine gemeinschaftliche Regelung zur Erhaltung und Bewirtschaftung der Fischereiressourcen. Zu diesem Zweck musste diese Regelung insbesondere Maßnahmen zur Bestandserhaltung, Regeln für die Nutzung und Aufteilung der Ressourcen, besondere Bestimmungen über die Küstenfischerei und Überwachungsmaßnahmen umfassen.

3 Nachdem es zu erheblichen Änderungen im Bereich der Überwachung und Kontrolle der Fischereitätigkeiten gekommen war, erfolgte mit der Verordung ( EWG ) Nr. 2241/87 des Rates vom 23. Juli 1987 zur Festlegung bestimmter Maßnahmen zur Kontrolle der Fischereitätigkeit ( ABl. L 207, S. 1 ) aus Gründen der Klarheit eine Kodifizierung der einschlägigen Rechtsvorschriften. Nach den Begründungserwägungen dieser Verordnung müssen diese Vorschriften Bestimmungen enthalten, die die von den Behörden der Mitgliedstaaten durchzuführende Überwachung und Kontrolle aller Fischereifahrzeuge betreffen, einschließlich der Fahrzeuge von Drittländern, auf See und in den Häfen, sowie aller Tätigkeiten, durch deren Überwachung die Durchführung dieser Verordnung und die Ahndung von Verstössen gegen die geltende Regelung nachgeprüft werden kann.

4 Mit der Verordnung Nr. 3483/88, deren Rechtmässigkeit das Königreich Spanien in Zweifel zieht, wurde die Verordnung Nr. 2241/87 durch Hinzufügung von fünf neuen Artikeln in bestimmten Punkten geändert. Nach ihren Begründungserwägungen entspricht die Verordnung der Notwendigkeit, die Anwendung der Regeln für die Erhaltung der Fischereiressourcen zur Verhütung der Überfischung zu verstärken und die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten zu verstärken, und sieht zu diesem Zweck vor, daß die Mitgliedstaaten auf Antrag raschere und eingehendere Angaben über die Anlandungen ihrer Fischereifahrzeuge in einem anderen Mitgliedstaat erhalten.

5 Wegen einer eingehenderen Darstellung des Sachverhalts, des Verfahrensablaufs und des Vorbringens der Parteien und der Streithelfer wird auf den Sitzungsbericht verwiesen. Der Akteninhalt wird im folgenden nur insoweit wiedergegeben, als die Begründung des Urteils dies erfordert.

6 Die vier von der spanischen Regierung geltend gemachten Klagegründe betreffen die Artikel 9 a, 11 a, 11 b und 11 c, die durch die Verordnung Nr. 3483/88 in die Verordnung Nr. 2241/87 eingefügt worden sind. Sie sind nacheinander zu prüfen.

a ) Artikel 9 a ( Übermittlung von Angaben )

7 Gemäß Artikel 9 a kann der Registrierungsmitgliedstaat oder der Staat, dessen Flagge das Fischereifahrzeug führt, die anderen Mitgliedstaaten ersuchen, ihm Angaben über in ihren Häfen oder Gewässern erfolgende Anlandungen oder Umladungen von Fischen eines Bestands oder einer Bestandsgruppe, die unter eine diesem Mitgliedstaat zugeteilte Quote fallen, durch diese Fahrzeuge zu übermitteln. Die anderen Mitgliedstaaten haben diese Angaben innerhalb von vier Werktagen zu übermitteln; sie werden auch der Kommission übermittelt.

8 Die spanische Regierung rügt an dieser neuen Vorschrift, daß sie die Kontrollmaßnahmen bezueglich der Fischereitätigkeiten dem Anlandungsmitgliedstaat aufbürde und damit die Verantwortung vom Registrierungsmitgliedstaat auf den Anlandungsmitgliedstaat verlagere. Die Quoten seien im Hinblick auf die Flagge oder die Registrierung der Fischereifahrzeuge zugeteilt worden; damit sei jeder Mitgliedstaat gehalten, die Tätigkeit seiner eigenen Schiffe zu kontrollieren.

9 Es ist zunächst, wie die Regierung des Vereinigten Königreichs und die Kommission als Streithelfer zu Recht ausgeführt haben, daran zu erinnern, daß die vor dem Inkrafttreten der Verordnung Nr. 3483/88 geltende Regelung die Pflicht zur Kontrolle der Einhaltung der Regeln zur Fangbegrenzung allen Mitgliedstaaten und nicht nur dem Registrierungsmitgliedstaat auferlegte. Gemäß Artikel 1 Absatz 1 der Verordnung Nr. 2241/87 nimmt jeder Mitgliedstaat die erforderlichen Kontrollen "in seinem Gebiet und in den Meeresgewässern unter seiner Hoheitsgewalt oder Gerichtsbarkeit" vor; diese Kontrollen müssen sich auf die Anlandung, den Verkauf und die Einlagerung von Fisch sowie auf die Registrierung von Anlandungen und Verkäufen erstrecken.

10 Die Verordnung Nr. 2241/87 schafft damit eine gemeinsame Verantwortung der Mitgliedstaaten für die Kontrolle der Regelung zur Fangbegrenzung. In eben diesem Sinne verpflichtet Artikel 1 Absatz 3 die Mitgliedstaaten, ihre Überwachungstätigkeit zu koordinieren und Maßnahmen einzuführen, "nach denen ein regelmässiger Erfahrungsaustausch zwischen ihren zuständigen Stellen und der Kommission erfolgt ". Diese Informationspflichten wurden durch Artikel 9 a lediglich näher ausgestaltet.

11 Zweitens ist festzustellen, daß die spanische Regierung nicht anzugeben vermocht hat, welche rechtlichen Gründe einer Änderung der ursprünglich mit der Verordnung Nr. 2241/87 geschaffenen Kontrollregelung entgegenstehen könnten. In ihrer Klageschrift hat sie sich darauf beschränkt, die neuen Kontrollmaßnahmen und die zusätzlichen Kosten, die die neue Vorschrift mit sich bringe, darzustellen, ohne jedoch darzutun, warum all dies geeignet sein soll, die Rechtsgültigkeit der Verordnung in Frage zu stellen. In der mündlichen Verhandlung hat sich die spanische Regierung auf den Grundsatz der Verhältnismässigkeit berufen, jedoch nicht erläutert, inwieweit die mit Artikel 9 a eingeführten Maßnahmen kostspieliger sein sollen als das, was zur Schaffung eines geschlossenen Kontrollsystems erforderlich ist.

12 Die gegen Artikel 9 a gerichtete Rüge der spanischen Regierung ist daher zurückzuweisen.

b ) Artikel 11 a ( Kontrolle der Lizenzen )

13 Ein Mitgliedstaat, der im Rahmen einer ihm zugeteilten Quote die Fischereitätigkeiten von einer Lizenzregelung abhängig macht, muß gemäß Artikel 11 a Absatz 1 der Kommission und den anderen Mitgliedstaaten gewisse Angaben übermitteln. Gemäß Absatz 2 dieses Artikels darf "Fisch der betreffenden Quote nur gefangen, an Bord behalten, umgeladen oder angelandet werden, wenn dem Fahrzeug für den Fang aus dieser Quote eine Lizenz erteilt worden ist", die nicht entzogen oder ausgesetzt worden ist. Die Kontrolle, ob eine Lizenz an Bord mitgeführt wird, kann somit den Behörden des Anlandungs - oder des Umladungsmitgliedstaats obliegen.

14 Die spanische Regierung macht geltend, diese neue Vorschrift verändere die allgemeine Regelung der Fischfanglizenzen, da sie den Anlandungsmitgliedstaat verpflichte, die Rolle des Hüters für eine von einem anderen Mitgliedstaat eingeführte Lizenzregelung zu übernehmen. Die Lizenzregelung sei damit auf dem Wege, "vergemeinschaftet" zu werden.

15 Hierzu ist festzustellen, daß die Verordnung Nr. 170/83 im Januar 1983 eine "gemeinschaftliche Regelung" für die Erhaltung und Bewirtschaftung der Fischereiressourcen geschaffen hat ( Artikel 1 Absatz 1 ). Diese Regelung umfasst u. a. Maßnahmen zur Bestandserhaltung, die zu einer Beschränkung der Fänge führen können ( Artikel 2 Absatz 2 Buchstabe d ). Hierzu wird die zulässige Gesamtfangmenge je Bestand oder Bestandsgruppe und auf deren Grundlage der Anteil der Gemeinschaft hieran festgelegt ( Artikel 3 ). Dieser Fanganteil wird dann "zwischen den Mitgliedstaaten aufgeteilt" ( Artikel 4 Absatz 1 ). Die Behörden der Mitgliedstaaten legen in Übereinstimmung mit den geltenden Gemeinschaftsbestimmungen die Einzelheiten für die Nutzung der ihnen zugeteilten Quoten fest.

16 Die vom Registrierungsmitgliedstaat geschaffene Lizenzregelung ist demnach eine der Methoden, über die die Mitgliedstaaten verfügen, um den im Rahmen der gemeinschaftlichen Erhaltungsregelung vorgeschriebenen Fangbeschränkungen Geltung zu verschaffen. Der Rat konnte daher, ohne eine Bestimmung des Vertrages oder einen Rechtsgrundsatz zu verletzen, der Einhaltung der Lizenzregelungen dadurch grösseres Gewicht verleihen, daß er andere Mitgliedstaaten als den der Registrierung zur Zusammenarbeit verpflichtete.

17 Der zweiten Rüge der spanischen Regierung kann daher nicht gefolgt werden.

c ) Artikel 11 b ( Kontrolle von Dokumenten )

18 Artikel 11 b behandelt das besondere Problem der Fischereifahrzeuge, die gegen Regeln für die Erhaltung oder gegen Kontrollbestimmungen verstossen haben, die die Kommission oder der Registrierungsmitgliedstaat erlassen hat. Aus solchem Anlaß können für sie zusätzliche Kontrollmaßnahmen vorgesehen werden, nach denen sie während höchstens eines Jahres ein vom Registrierungsmitgliedstaat beglaubigtes Dokument an Bord haben müssen, aus dem hervorgeht, daß letzterer das Fahrzeug innerhalb der letzten zwei Monate kontrolliert hat. Artikel 11 b bestimmt, daß solche Fischereifahrzeuge Fänge, die der betreffenden Quote unterliegen, in einem Hafen oder den Gewässern eines anderen Mitgliedstaates nur dann anlanden oder umladen dürfen, wenn sich das Dokument an Bod des Fahrzeugs befindet.

19 Nach Auffassung der spanischen Regierung verpflichtet diese zusätzliche Kontrollmaßnahme das betreffende Fischereifahrzeug, seine Fänge in einem Mitgliedstaat der Gemeinschaft erst dann zu verkaufen, wenn es zuvor in den Registrierungsmitgliedstaat zurückgekehrt ist, um sich dort einer Kontrolle zu unterziehen und das Dokument zu erhalten, das ihm gestattet, seine Fänge im Hafen seiner Wahl anzulanden. Eine solche Maßnahme erschwere die Ausfuhr von Fisch aus dem Registrierungsmitgliedstaat und stelle daher eine nach Artikel 34 EWG-Vertrag verbotene Maßnahme gleicher Wirkung wie eine mengenmässige Ausfuhrbeschränkung dar.

20 Es ist zunächst festzustellen, daß Artikel 11 b, wie auch der Rat hervorgehoben hat, keine Ausfuhrbeschränkungen für Fisch verfügt, sondern die Mitführung eines Dokuments an Bord des Schiffes betrifft, aus dem hervorgeht, daß dieses innerhalb der letzten zwei Monate kontrolliert worden ist. Diese Pflicht gilt nur für Fischereifahrzeuge, die bereits Verstösse gegen die Erhaltungsregeln begangen haben.

21 Es ist ferner daran zu erinnern, daß nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes Artikel 34 nur die Maßnahmen betrifft, die spezifische Beschränkungen der Ausfuhrströme bezwecken oder bewirken und damit unterschiedliche Bedingungen für den Binnenhandel innerhalb eines Mitgliedstaats und seinen Aussenhandel schaffen, so daß die nationale Produktion oder der Binnenmarkt des betroffenen Staates zum Nachteil der Produktion oder des Handels anderer Mitgliedstaaten einen besonderen Vorteil erlangt ( Urteil vom 8. November 1979 in der Rechtssache 15/79, Grönveld, Slg. 1979, 3409 ).

22 Die spanische Regierung hat nicht darlegen können, inwieweit die gemeinschaftsrechtliche Verpflichtung, ein Dokument an Bord eines Fischereifahrzeugs mitzuführen, geeignet sein soll, die Ausfuhrströme zwischen den Mitgliedstaaten spezifisch zu beschränken, und damit als Ausfuhrbeschränkung im Sinne des Artikels 34 EWG-Vertrag angesehen werden könnte.

23 Die gegen Artikel 11 b erhobene Rüge ist daher zurückzuweisen.

d ) Artikel 11 c ( Ahndung von Verstössen )

24 Artikel 11 c betrifft die Verpflichtungen der Behörden des Anlandungs - oder Umladungsmitgliedstaats zur Ahndung von Verstössen. Stellen diese Behörden Verstösse gegen die Regelung zur Fangbeschränkung fest, so sind sie verpflichtet, gegen den betreffenden Schiffsführer oder gegen jede andere verantwortliche Person ein Straf - oder Verwaltungsverfahren einzuleiten, das für die Verantwortlichen zum effektiven Verlust des wirtschaftlichen Gewinns aus dem Verstoß oder zu jedem anderen der Schwere des Verstosses entsprechenden Ergebnis führen kann, das eine wirksame Abschreckung von späteren gleichartigen Verstössen darstellt. Der Anlandungsmitgliedstaat kann allerdings die Verfolgung des betreffenden Verstosses auf den Registrierungsmitgliedstaat übertragen, sofern dieser einverstanden ist. Die rechtswidrigen Anlandungen oder Umladungen können auf die Quote des Anlandungs - oder Umladungsmitgliedstaats angerechnet werden, wenn dieser kein Straf - oder Verwaltungsverfahren gegen die verantwortlichen Personen angestrengt oder die Verfolgung dieser Verstösse nicht auf den Registrierungsmitgliedstaat übertragen hat.

25 Die spanische Regierung erhebt mehrere Rügen gegen diese Vorschrift, von denen einige der Verlagerung der Verantwortung des Registrierungsmitgliedstaats auf den Anlandungsmitgliedstaat gelten; sie sind aus den gleichen Gründen, wie sie vorstehend bei der Prüfung der gegen die Artikel 9 a und 11 a gerichteten Rügen dargelegt wurden, zurückzuweisen.

26 Die spanische Regierung erhebt indessen auch zwei neue Rügen. Die Behörden des Anlandungsstaats seien - so die erste dieser Rügen - nicht zuständig für die Verfolgung der ausserhalb ihres Hoheitsgebiets erfolgten Verstösse ausländischer Fischereifahrzeuge, da die Strafgewalt eines Staates nach den Regeln des Völkerrechts territorial begrenzt sei. Die zweite dieser Rügen betrifft die Anrechnung der rechtswidrigen Anlandungen oder Umladungen auf die Fangquote des Anlandungs - oder Umladungsmitgliedstaats. Diese Maßnahme stehe ausser Verhältnis zu dem angestrebten Ziel, eine ordnungsgemässe Anwendung der Quotenregelung sicherzustellen, und sei nicht mit hinreichenden verfahrensrechtlichen Garantien ausgestattet.

27 Was die Zuständigkeit des Anlandungsmitgliedstaats zur Ahndung von Verstössen des Kapitäns eines Schiffes unter der Flagge eines anderen Mitgliedstaats betrifft, ist zunächst festzuhalten, daß Artikel 11 c zwar das Kontrollsystem verstärken will, jedoch die Mitgliedstaaten nicht verpflichtet, ihre Befugnisse über die Grenzen hinaus auszudehnen, die sich nach den allgemein anerkannten Regeln für die Verteilung der Strafgewalt zwischen den Staaten ergeben. Der Wortlaut des Artikels bezieht sich ausdrücklich auf die "einschlägigen einzelstaatlichen Rechtsvorschriften ".

28 Es ist ferner festzustellen, daß die Quotenüberschreitung, die die Kontrollregelung zu verhindern sucht, nicht durch den Fang bestimmter Fische, sondern durch die Anlandung oder Umladung von über die Quote hinausgehenden Fängen bewirkt wird. Aus Artikel 1 der Verordnung Nr. 2441/87 ergibt sich nämlich, daß die von den Gemeinschaftsbestimmungen vorgeschriebene Überwachung und Kontrolle für "alle Tätigkeiten... der Anlandung, des Verkaufs und der Einlagerung von Fisch sowie der Registrierung von Anlandung und Verkäufen" gilt. Die Artikel 6 und 7 dieser Verordnung legen die Pflichten des Kapitäns eines Fischereifahrzeugs fest, das die Flagge eines Mitgliedstaats führt oder in einem Mitgliedstaat registriert ist; sie betreffen insbesondere die Erklärungen und Angaben des Kapitäns zu den Fängen bei der Anlandung oder Umladung beliebiger Mengen von Fängen eines Bestands oder einer Bestandsgruppe, die einer Fangbeschränkung unterliegen.

29 Hieraus ergibt sich, daß es sich bei den Verstössen gegen die Quotenregelung, die der Anlandungs - oder Umladungsmitgliedstaat gemäß Artikel 11 c zu verfolgen hat, um solche bei der Anlandung oder der Umladung von Fängen in einem Hafen dieses Mitgliedstaats oder in Gewässern unter seiner Hoheitsgewalt oder Gerichtsbarkeit handelt. Die Rüge der spanischen Regierung ist daher zurückzuweisen.

30 Zur Anrechnung rechtswidrig angelandeter oder umgeladener Fänge auf die Quote des Anlandungs - oder Umladungsmitgliedstaats macht die Kommission geltend, es handele sich bei dieser Anrechnung nicht um die Ahndung einer Pflichtverletzung des betreffenden Mitgliedstaats, sondern um einen Anwendungsfall des Grundsatzes des Abzugs bei Überfischung der Quote; dieser Abzug sei für die Bewirtschaftung der Quotenregelung im Rahmen einer zulässigen Gesamtfangmenge erforderlich. Ohne Artikel 11 c würde dieser Abzug lediglich den Registrierungsmitgliedstat treffen, obwohl sich die betreffende Überschreitung vollkommen seiner Kontrolle entziehe. Die Anrechnung auf die Quote des Anlandungsmitgliedstaates stelle eine angemessene Reaktion auf Überschreitungen dar, die auf eine fehlerhafte Kontrolle seitens dieses Mitgliedstaats zurückzuführen seien.

31 Diesen Ausführungen der Kommission ist zu folgen. Der Rat konnte, ohne den Grundsatz der Verhältnismässigkeit zu verletzen, entscheiden, daß die gemeinsame Verantwortung der Mitgliedstaaten für die Kontrolle der Regelung zur Fangbeschränkung nicht nur bedeutet, daß bestimmte Aufgaben der Überwachung und Kontrolle dem Anlandungsmitgliedstaat zufallen, sondern auch, daß die im Anschluß an eine Quotenüberschreitung erfolgende Herabsetzung der Quoten nicht notwendigerweise zu Lasten der dem Regierungsmitgliedstaat der betreffenden Fischereifahrzeuge zugeteilten Quote geht, wenn die Überschreitung vor allem darauf zurückzuführen ist, daß es der Anlandungsmitgliedstaat versäumt hat, die erforderlichen Kontrollmaßnahmen zu treffen. Es kann nämlich durchaus angemessen sein zu entscheiden, daß rechtswidrige Anlandungen oder Umladungen von den Quoten des Mitgliedstaats abgezogen werden, in dessen Bereich diese Tätigkeiten erfolgt sind, wenn die Behörden dieses Staates weder ein Straf - oder Verwaltungsverfahren eingeleitet noch die Verfolgung dem Registrierungsmitgliedstaat übertragen haben.

32 Im übrigen ist darauf hinzuweisen, daß jede Entscheidung der Kommission, mit der die Quote eines bestimmten Mitgliedstaats herabgesetzt wird, von diesem im Wege der Nichtigkeitsklage nach Artikel 173 Absatz 1 EWG-Vertrag angefochten werden kann.

33 Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich, daß die Klage insgesamt abzuweisen ist.

Kostenentscheidung:

Kosten

34 Nach Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da das Königreich Spanien mit seinem Vorbringen unterlegen ist, sind ihm die Kosten einschließlich der Kosten der Kommission aufzuerlegen. Das Vereinigte Königreich hat wegen der Kosten seines Beitritts als Streithelfer keinen Antrag gestellt; es hat diese Kosten daher selbst zu tragen.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF

für Recht erkannt und entschieden :

1 ) Die Klage wird abgewiesen.

2 ) Das Königreich Spanien trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten der Kommission.

3 ) Das Vereinigte Königreich trägt seine Kosten selbst.

Ende der Entscheidung

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