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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 02.08.1993
Aktenzeichen: C-9/92
Rechtsgebiete: Richtlinie 83/183/EWG


Vorschriften:

Richtlinie 83/182/EWG Art. 7
Richtlinie 83/182/EWG Art. 6
Richtlinie 83/182/EWG Art. 3b
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

URTEIL DES GERICHTSHOFES VOM 2. AUGUST 1993. - KOMMISSION DER EUROPAEISCHEN GEMEINSCHAFTEN GEGEN REPUBLIK GRIECHENLAND. - VERTRAGSVERLETZUNG EINES MITGLIEDSTAATS - STEUERBEFREIUNGEN BEI DER VORUEBERGEHENDEN UND DER ENDGUELTIGEN EINFUHR VON VERKEHRSMITTELN - RICHTLINIEN 83/182/EWG, 83/183/EWG UND 73/148/EWG. - RECHTSSACHE C-9/92.

Entscheidungsgründe:

1 Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften hat mit Klageschrift, die am 8. Januar 1992 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, gemäß Artikel 169 EWG-Vertrag Klage erhoben auf Feststellung, daß die Griechische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus dem EWG-Vertrag verstossen hat, daß sie eine Regelung über die vorübergehende und die endgültige Einfuhr von Verkehrsmitteln erlassen und angewandt hat, die zum einen mit den Richtlinien des Rates 83/182/EWG vom 28. März 1983 über Steuerbefreiungen innerhalb der Gemeinschaft bei vorübergehender Einfuhr bestimmter Verkehrsmittel (ABl. L 105, S. 59) und 83/183/EWG vom 28. März 1983 über Steuerbefreiungen bei der endgültigen Einfuhr persönlicher Gegenstände durch Privatpersonen aus einem Mitgliedstaat (ABl. L 105, S. 64) und zum anderen mit der Richtlinie 73/148/EWG des Rates vom 21. Mai 1973 zur Aufhebung der Reise- und Aufenthaltsbeschränkungen für Staatsangehörige der Mitgliedstaaten innerhalb der Gemeinschaft auf dem Gebiet der Niederlassung und des Dienstleistungsverkehrs (ABl. L 172, S. 14) unvereinbar ist.

2 Die Griechische Republik hat die Richtlinien 83/182 und 83/183 mit den Ministerialverordnungen D 1254/141/1984 vom 1. November 1984, geändert durch Ministerialverordnung D 247/13 vom 1. März 1988, und D 64/23/2985 vom 30. November 1985, geändert durch Verordnung D 245/11 vom 1. März 1988, in innerstaatliches Recht umgesetzt. Durchführungsbestimmungen zu diesen Verordnungen sind in den Runderlassen D 357 und D 366/26 Pol 10 vom 22. und vom 4. März 1988 enthalten.

3 Nach Auffassung der Kommission enthalten diese Maßnahmen Bestimmungen, die mit den Richtlinien, zu deren Umsetzung sie erlassen wurden, unvereinbar sind; jedenfalls sei der Runderlaß kein geeignetes Mittel für die Umsetzung der Richtlinien. Schließlich habe die griechische Verwaltung Praktiken angewendet, die mit diesen Richtlinien und der Richtlinie 73/148 unvereinbar seien.

4 Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts, des Verfahrensablaufs und des Parteivorbringens wird auf den Sitzungsbericht verwiesen. Der Akteninhalt ist im folgenden nur insoweit wiedergegeben, als die Begründung des Urteils dies erfordert.

Zu den Regeln für die Bestimmung des gewöhnlichen Wohnsitzes

5 Nach Auffassung der Kommission ist die Definition des gewöhnlichen Wohnsitzes, die in den Artikeln 3 Absatz 1 der Ministerialverordnung D 247/13 und 2 Absatz 1 Buchstabe c der Ministerialverordnung D 245/11 gegeben wird, unvereinbar mit der Definition der Artikel 7 Absatz 1 der Richtlinie 83/182 und 6 Absatz 1 der Richtlinie 83/183. Nach den beiden letztgenannten Bestimmungen gilt als "gewöhnlicher Wohnsitz" der Ort, an dem eine Person gewöhnlich, d. h. während mindestens 185 Tagen im Kalenderjahr, wohnt. Dagegen ist in der griechischen Regelung Bezugszeitraum nicht das Kalenderjahr, sondern der der Einfuhr vorausgehende Zwölfmonatszeitraum.

6 Mit den gestützt auf Artikel 99 EWG-Vertrag erlassenen Richtlinien 83/182 und 83/183 sollen die Hemmnisse für die Errichtung eines Binnenmarktes beseitigt werden, die sich aus den steuerrechtlichen Regelungen ergeben, die bei der vorübergehenden und der endgültigen Einfuhr bestimmter Verkehrsmittel für die private oder berufliche Nutzung gelten. Wie der Gerichtshof in seinem Urteil vom 23. April 1991 in der Rechtssache C-297/89 (Ryborg, Slg. 1991, I-1943) festgestellt hat, bildet der Begriff des gewöhnlichen Wohnsitzes die Grundlage der mit der Richtlinie 83/182 getroffenen Regelung. Dies gilt auch für die Richtlinie 83/183.

7 Der Ort des gewöhnlichen Wohnsitzes erlaubt es nämlich, den Mitgliedstaat, in dem das betreffende Fahrzeug der Regelung über die vorübergehende oder die endgültige Einfuhr unterliegt, wie auch den Mitgliedstaat, der das Fahrzeug seiner Besteuerungsregelung unterwerfen kann, zu bestimmen.

8 Folglich ist der gewöhnliche Wohnsitz ein gemeinschaftsrechtlicher Begriff, dessen Inhalt von den Mitgliedstaaten nicht verändert werden kann.

9 Die Griechische Republik beruft sich jedoch darauf, daß die Mitgliedstaaten gemäß den Artikeln 9 Absatz 1 der Richtlinie 83/182 und 11 Absatz 2 der Richtlinie 83/183 freizuegigere Regelungen beibehalten oder treffen könnten, als sie in diesen Richtlinien vorgesehen seien. Um solche Regelungen handele es sich bei den streitigen Maßnahmen. Die alleinige Berücksichtigung des Kalenderjahres führe dazu, daß Personen, die die Voraussetzung eines 185tägigen Aufenthalts zwar während des der Einfuhr vorausgehenden Zwölfmonatszeitraums, nicht aber während des Kalenderjahres erfuellten, nicht unter die Richtlinie fielen.

10 Dieser Argumentation kann nicht gefolgt werden. Wie der Generalanwalt in Nummer 4 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, ist es nämlich "offensichtlich, daß die Betroffenen durch die Berücksichtigung des der Einfuhr vorausgehenden Zwölfmonatszeitraums an Stelle des vorhergehenden Kalenderjahres benachteiligt oder begünstigt werden können, je nachdem wann der fragliche Aufenthalt... stattgefunden hat und ob er unterbrochen worden ist". Die Artikel 9 Absatz 1 der Richtlinie 83/182 und 11 Absatz 2 der Richtlinie 83/183 können daher die Einführung eines von demjenigen der Richtlinien abweichenden Begriffs des "gewöhnlichen Wohnsitzes" durch die Griechische Republik nicht rechtfertigen.

11 Die Rügen des Verstosses gegen die Artikel 7 Absatz 1 der Richtlinie 83/182 und 6 Absatz 1 der Richtlinie 83/183 sind demnach begründet.

Zu dem nach der griechischen Regelung bei der endgültigen Einfuhr geltenden Erfordernis eines Aufenthalts von mindestens zwei Jahren in einem anderen Mitgliedstaat

12 Die Kommission führt aus, die nach Artikel 4 Absatz 1 der Verordnung D 245/11 für die Gewährung der Befreiung bei der endgültigen Einfuhr geltende Voraussetzung, daß während mindestens zwei Zwölfmonatszeiträumen vor der Verlegung des Wohnsitzes ein gewöhnlicher Wohnsitz ausserhalb Griechenlands bestanden haben müsse, sei in Artikel 6 Absatz 1 der Richtlinie 83/183 nicht enthalten und folglich mit dieser Bestimmung unvereinbar.

13 Die griechische Regierung macht geltend, die Mitgliedstaaten könnten einen Mindestzeitraum für den "gewöhnlichen Wohnsitz" festlegen. Dieser setze nämlich die für den Begriff des Wohnsitzes kennzeichnende Kontinuität und Stabilität voraus, die sich nicht allein aus den in der Richtlinie angeführten Merkmalen Aufenthalt von mindestens 185 Tagen im Kalenderjahr sowie persönliche und berufliche Bindungen ergäben.

14 Dieser Argumentation kann nicht gefolgt werden. Wie in Randnummer 8 dieses Urteils ausgeführt, verleiht die Richtlinie 83/183 den Mitgliedstaaten nicht die Befugnis, den in ihrem Artikel 6 Absatz 1 definierten Begriff des gewöhnlichen Wohnsitzes auszufuellen.

15 Die Rüge des Verstosses gegen Artikel 6 Absatz 1 ist demnach begründet.

Zum Nachweis über den gewöhnlichen Wohnsitz

16 Die Kommission macht geltend, die Griechische Republik habe die Artikel 7 Absätze 2 und 3 der Richtlinie 83/182 und 6 Absätze 2 und 3 der Richtlinie 83/183 nicht in innerstaatliches Recht umgesetzt. Nach diesen Bestimmungen wird der Nachweis über den gewöhnlichen Wohnsitz anhand aller geeigneten Mittel, insbesondere des Personalausweises oder jedes anderen beweiskräftigen Dokuments, erbracht. Nur wenn bei den zuständigen Behörden des Einfuhrmitgliedstaats Zweifel an der Richtigkeit der Angabe des gewöhnlichen Wohnsitzes bestehen oder bestimmte spezifische Kontrollen vorgenommen werden sollen, können diese Behörden nähere Auskünfte oder zusätzliche Belege verlangen.

17 Die Artikel 15 der Ministerialverordnung D 247/13 und 29 der Ministerialverordnung D 245/11 legen nur fest, daß der Betroffene die Beweislast für den gewöhnlichen Wohnsitz trägt. Die Regeln für den Nachweis über den gewöhnlichen Wohnsitz sind in Titel II des Runderlasses D 366/26 Pol enthalten. In diesem an die Zollbehörden gerichteten Runderlaß sind die verschiedenen Dokumente angeführt, die als Nachweis über den gewöhnlichen Wohnsitz berücksichtigt werden können.

18 Nach Auffassung der Kommission stellt der Runderlaß kein geeignetes Mittel für die Umsetzung von Richtlinien dar, die wie die vorliegenden Rechte des einzelnen begründen sollen. Allgemein räume die griechische Regelung den Zollbehörden ein weites Ermessen hinsichtlich der Belege ein, die sie unabhängig davon, ob Zweifel im Hinblick auf den Ort des gewöhnlichen Wohnsitzes bestuenden, verlangen könnten.

19 Die Griechische Republik weist diese Rüge zurück. Sie führt aus, der Runderlaß D 366/26 Pol sei mit den Richtlinien vereinbar; entgegen den Ausführungen der Kommission könnten die darin angeführten Belege nicht unabhängig davon verlangt werden, ob Zweifel im Hinblick auf den Ort des gewöhnlichen Wohnsitzes bestuenden.

20 Nach ständiger Rechtsprechung (u. a. Urteil vom 17. Oktober 1991 in der Rechtssache C-58/89, Kommission/Deutschland, Slg. 1991, I-4983) müssen die Begünstigten ° soweit eine Richtlinie Ansprüche des einzelnen begründen soll ° in die Lage versetzt werden, von allen ihren Rechten Kenntnis zu erlangen und diese gegebenenfalls vor den nationalen Gerichten geltend zu machen. Dies ist nicht der Fall, wenn das für die Umsetzung einer Richtlinie gewählte Mittel ein Runderlaß ist, der keine unmittelbare Aussenwirkung hat.

21 Wie die Kommission ausführt, enthalten die streitigen Ministerialverordnungen keine Vorschrift zur Umsetzung der Artikel 7 Absätze 2 und 3 der Richtlinie 83/182 oder 6 Absätze 2 und 3 der Richtlinie 83/183, nach denen Privatpersonen den Nachweis über den gewöhnlichen Wohnsitz anhand aller Mittel erbringen können und nähere Auskünfte oder zusätzliche Belege nur verlangt werden dürfen, wenn Zweifel an der Richtigkeit der Angabe des gewöhnlichen Wohnsitzes bestehen oder bestimmte spezifische Kontrollen vorgenommen werden sollen.

22 Titel II des Runderlasses D 366/26 Pol schließlich definiert die verschiedenen Dokumente, die die Zollbehörden als Nachweis über den gewöhnlichen Wohnsitz berücksichtigen können. Nach dem letzten Absatz von Titel II dienen diese Belege "zugleich dazu, festzustellen, ob sich eine Person während 185 Tagen je Zwölfmonatszeitraum im Ausland aufgehalten hat, wenn diese Feststellung nicht allein anhand des Reisepasses getroffen werden kann".

23 Diese Bestimmungen legen nicht eindeutig fest, daß der Nachweis über den gewöhnlichen Wohnsitz mit allen Mitteln geführt werden kann und nur bei Zweifeln oder im Rahmen spezifischer Kontrollen nähere Auskünfte oder zusätzliche Belege verlangt werden können. Sie können also jedenfalls nicht als eine korrekte Umsetzung der Artikel 7 Absätze 2 und 3 der Richtlinie 83/182 und 6 Absätze 2 und 3 der Richtlinie 83/183 angesehen werden.

Zu dem in der griechischen Regelung für den Fall der endgültigen Einfuhr festgelegten Erfordernis einer auf fünf Jahre erteilten Aufenthaltserlaubnis als Nachweis für die Verlegung des gewöhnlichen Wohnsitzes

24 Nach Auffassung der Kommission verstösst auch das in Titel III des Runderlasses D 357 festgelegte Erfordernis einer auf fünf Jahre erteilten Aufenthaltserlaubnis als Nachweis über den gewöhnlichen Wohnsitz gegen Artikel 6 Absätze 2 und 3 der Richtlinie 83/183.

25 Die Griechische Republik wendet ein, diese Rüge sei unzulässig, da sich die Kommission erstmalig in der Antwort auf eine Frage des Gerichtshofes auf den Runderlaß D 357 bezogen habe. Die Kommission habe somit den Streitgegenstand in unzulässiger Weise erweitert.

26 Insoweit genügt der Hinweis, daß das Erfordernis, für die Gewährung der Steuerbefreiung eine auf fünf Jahre erteilte Aufenthaltserlaubnis vorzulegen, von der Kommission bereits im vorprozessualen Verfahren angeführt wurde. Da der Hinweis auf den Runderlaß nur zur Untermauerung dieser Rüge dient, ist diese für zulässig zu erklären.

27 Die Griechische Republik räumte in ihrer Antwort auf die mit Gründen versehene Stellungnahme ein, daß es dieses Erfordernis gebe, bezeichnete es jedoch als gerechtfertigt. Es sei nämlich widersinnig, einen Mitgliedstaat zu verpflichten, die Steuerbefreiung nach der Richtlinie 83/183 zu gewähren, bevor der Betroffene die Erlaubnis erhalte, sich im Hoheitsgebiet dieses Staates niederzulassen.

28 Artikel 6 der Richtlinie 83/183 enthält die allgemeinen Regeln für die Bestimmung des gewöhnlichen Wohnsitzes. Dieser Begriff ist in Artikel 6 definiert, damit er in allen Mitgliedstaaten den gleichen Inhalt hat. Ferner enthält Artikel 6 Regeln für den Nachweis über den gewöhnlichen Wohnsitz, mit denen verhindert werden soll, daß durch zu weitgehende Beweisanforderungen ungerechtfertigte Hemmnisse für die Gewährung der Steuerbefreiung entstehen.

29 In Anbetracht dieser Ziele ist Artikel 6 der Richtlinie 83/183 dahin auszulegen, daß er nicht nur den Nachweis über den gewöhnlichen Wohnsitz im Herkunftsmitgliedstaat, sondern auch die Verlegung des gewöhnlichen Wohnsitzes in den Einfuhrmitgliedstaat betrifft. Die Beweisanforderungen sind nämlich in beiden Fällen die gleichen, und in beiden Fällen besteht die Gefahr, daß Hemmnisse für die Gewährung der Steuerbefreiung geschaffen werden.

30 Die Verlegung des gewöhnlichen Wohnsitzes kann auch durch andere Mittel als die Aufenthaltserlaubnis, insbesondere durch einen unbefristeten Arbeitsvertrag oder einen Mietvertrag, nachgewiesen werden. Dadurch, daß nur eine Aufenthaltserlaubnis als Nachweis dieser Verlegung anerkannt wird, werden somit ungerechtfertigte Hemmnisse für die Gewährung der Steuerbefreiung geschaffen. Diese ergeben sich aus der Frist für die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis, die gemäß Artikel 5 Absatz 1 der Richtlinie 64/221/EWG des Rates vom 25. Februar 1964 zur Koordinierung der Sondervorschriften für die Einreise und den Aufenthalt von Ausländern, soweit sie aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit gerechtfertigt sind (ABl. 1964, 56, S. 850), sechs Monate ab Antragstellung beträgt. Mit der Richtlinie 83/183 sollen aber gerade derartige Hemmnisse beseitigt werden.

31 Schließlich ist im Hinblick auf das von der Griechischen Republik in Beantwortung der mit Gründen versehenen Stellungnahme angeführte Argument darauf hinzuweisen, daß die Aufenthaltserlaubnis nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes (u. a. Urteil vom 8. April 1976 in der Rechtssache 48/75. Royer, Slg. 1976, 497) für einen Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats das Recht, sich in Ausübung einer Grundfreiheit oder in den anderen im abgeleiteten Recht geregelten Fällen in einem anderen Mitgliedstaat aufzuhalten, nicht begründet, sondern lediglich ein Nachweis für dieses Aufenthaltsrecht ist.

32 Aus den in den vorstehenden Randnummern genannten Gründen muß der Nachweis für die Verlegung des gewöhnlichen Wohnsitzes unabhängig von den Formalitäten, die für die Feststellung des Aufenthaltsrechts erforderlich sind, mit jederlei Mittel geführt werden können.

33 Demnach ist die Rüge, daß das in der griechischen Regelung festgelegte Erfordernis der Vorlage einer auf fünf Jahre erteilten Aufenthaltserlaubnis als Nachweis über die Verlegung des gewöhnlichen Wohnsitzes gegen Artikel 6 Absätze 2 und 3 der Richtlinie 83/183 verstosse, gleichfalls begründet.

Zur Anbringung von Stempelvermerken in den Reisepässen

34 Die Kommission rügt, daß die Griechische Republik zur Kontrolle der Dauer des Verbleibs von Fahrzeugen bei der Einreise in das griechische Hoheitsgebiet und bei der Ausreise aus Griechenland Stempelvermerke mit dem amtlichen Kennzeichen der Fahrzeuge in den Reisepässen anbringe. Diese Praxis der Zollbehörden verstosse gegen die Artikel 2 Absatz 1 und 3 Absatz 1 der Richtlinie 73/148 zur Aufhebung der Reise- und Aufenthaltsbeschränkungen für Staatsangehörige der Mitgliedstaaten innerhalb der Gemeinschaft auf dem Gebiet der Niederlassung und des Dienstleistungsverkehrs und gegen Artikel 7 Absatz 3 der Richtlinie 83/182.

35 Gemäß diesen Bestimmungen der Richtlinie 73/148 seien nämlich nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes alle Förmlichkeiten unzulässig, mit denen die Einreise in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats erlaubt werden solle und die zur Kontrolle von Reisepaß oder Personalausweis an der Grenze hinzukämen, unabhängig davon, wo, wann und in welcher Form diese Erlaubnis erteilt werde. Die streitige Praxis stelle, obwohl sie nur gegenüber Reisenden mit Reisepässen und nicht gegenüber Reisenden mit Personalausweisen zur Anwendung komme, ein echtes Hemmnis für die Freizuegigkeit dar und verstosse folglich gegen die genannten Bestimmungen.

36 Im Hinblick auf den Verstoß gegen Artikel 7 Absatz 3 der Richtlinie 83/182 macht die Kommission geltend, diese Bestimmung lasse Kontrollen nur zu, wenn ernstliche Zweifel hinsichtlich des Wohnsitzes der Person bestuenden, die das Fahrzeug vorübergehend einführe. Dies treffe auf die streitige Praxis nicht zu, die Inhaber von Pässen systematisch betreffe.

37 Die streitige Praxis stellt kein gegen die genannten Bestimmungen der Richtlinie 73/148 verstossendes Hemmnis für die Freizuegigkeit dar. Nach dieser Praxis mussten die Reisenden ihren Reisepaß zum Nachweis ihrer Identität vorweisen und hatten keinen Grund, die Anbringung von Stempelvermerken zur Kontrolle der Dauer des Verbleibs der Fahrzeuge im griechischen Hoheitsgebiet zu verweigern.

38 Artikel 7 Absatz 3 der Richtlinie 83/182 betrifft den Nachweis über den gewöhnlichen Wohnsitz oder seine Verlegung, nicht aber die Kontrolle der Einhaltung der Frist, für die die Steuerbefreiung gewährt wird. Da diese Materie gemeinschaftsrechtlich nicht geregelt ist, steht es den Staaten frei, Maßnahmen der fraglichen Art zu erlassen.

39 Die Rüge, daß die Anbringung von Stempelvermerken mit dem amtlichen Kennzeichen der Fahrzeuge der Reisenden in deren Reisepässen gegen die Artikel 2 Absatz 1 und 3 Absatz 1 der Richtlinie 73/148 und gegen Artikel 7 Absatz 3 der Richtlinie 83/182 verstosse, greift folglich nicht durch.

Zur Festsetzung einer Frist für die Wiederausfuhr von gemäß Artikel 3 Buchstabe b der Richtlinie 83/182 weitervermieteten Fahrzeugen

40 Nach Auffassung der Kommission verstösst die durch Artikel 8 Absatz 2 der Ministerialverordnung D 247/13 erfolgte Festsetzung einer zehntägigen Frist für die Wiederausfuhr von gemäß Artikel 3 Buchstabe b der Richtlinie 83/182 weitervermieteten Fahrzeugen gegen die letztgenannte Vorschrift.

41 Die Griechische Republik wendet ein, Artikel 3 Buchstabe b enthalte eine Regel, nach der die Veräusserung oder Vermietung eines vorübergehend eingeführten Fahrzeugs verboten sei; zugleich sehe er eine Ausnahme von dieser Regel vor, nach der die Vermietung zulässig sei, wenn das Fahrzeug im Besitz eines Vermietungsunternehmens mit Geschäftssitz in der Gemeinschaft sei und sich in dem betreffenden Land infolge der Ausführung eines Mietvertrags befinde, der in diesem Lande ausgelaufen sei. Die Vermietung sei jedoch nur zur Wiederausfuhr zulässig, nicht um eine Verwendung des Fahrzeugs im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats der vorübergehenden Einfuhr während deren gesamter Dauer zu ermöglichen. Wäre die Richtlinie in dem von der Kommission vorgeschlagenen Sinn auszulegen, so ergäben sich Wettbewerbsverzerrungen, weil die Vermietungsunternehmen mit Gesellschaftssitz ausserhalb der Griechischen Republik Fahrzeuge verwendeten, deren Kosten niedriger seien als die Kosten der Fahrzeuge, die von den dem griechischen Recht unterliegenden Vermietungsunternehmen eingesetzt würden.

42 Dieses Vorbringen ist nicht stichhaltig. Artikel 3 Buchstabe b der Richtlinie 83/182 enthält nämlich eine vollständige Regelung für die Vermietung bestimmter vorübergehend eingeführter Verkehrsmittel, die keine besondere Frist für die Wiederausfuhr von an Gebietsfremde weitervermieteten Fahrzeugen vorsieht. Diese muß folglich innerhalb der für die vorübergehende Einfuhr geltenden Frist erfolgen. Hätte der Gemeinschaftsgesetzgeber die von der Griechischen Republik beschriebene Situation verhindern wollen, so hätte er selbst eine Frist für diese Wiederausfuhr festgesetzt.

43 Nach alledem hat die Griechische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus dem EWG-Vertrag verstossen, daß sie

° nicht die erforderlichen Bestimmungen erlassen hat, um Artikel 7 der Richtlinie 83/182/EWG des Rates vom 28. März 1983 über Steuerbefreiungen innerhalb der Gemeinschaft bei vorübergehender Einfuhr bestimmter Verkehrsmittel und Artikel 6 der Richtlinie 83/183/EWG des Rates vom 28. März 1983 über Steuerbefreiungen bei der endgültigen Einfuhr persönlicher Gegenstände durch Privatpersonen aus einem Mitgliedstaat in innerstaatliches Recht umzusetzen;

° den Begriff des "gewöhnlichen Wohnsitzes" anders definiert hat, als es die genannten Bestimmungen vorschreiben;

° entgegen Artikel 6 Absatz 1 der Richtlinie 83/183 für die Gewährung der Steuerbefreiung bei der endgültigen Einfuhr einen Aufenthalt von mindestens zwei Jahren in einem anderen Mitgliedstaat verlangt hat;

° entgegen Artikel 6 Absätze 2 und 3 der Richtlinie 83/183 zum Nachweis der Verlegung des gewöhnlichen Wohnsitzes die Vorlage einer auf fünf Jahre erteilten Aufenthaltserlaubnis verlangt hat;

° entgegen Artikel 3 Buchstabe b der Richtlinie 83/182 eine Frist von 10 Tagen für die Wiederausfuhr von gemäß dieser Bestimmung vermieteten Fahrzeugen festgesetzt hat.

Kostenentscheidung:

Kosten

44 Nach Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Griechische Republik mit ihrem Vorbringen im wesentlichen unterlegen ist, sind ihr die Kosten aufzuerlegen.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF

für Recht erkannt und entschieden:

1) Die Griechische Republik hat dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus dem EWG-Vertrag verstossen, daß sie

° nicht die erforderlichen Bestimmungen erlassen hat, um Artikel 7 der Richtlinie 83/182/EWG des Rates vom 28. März 1983 über Steuerbefreiungen innerhalb der Gemeinschaft bei vorübergehender Einfuhr bestimmter Verkehrsmittel und Artikel 6 der Richtlinie 83/183/EWG des Rates vom 28. März 1983 über Steuerbefreiungen bei der endgültigen Einfuhr persönlicher Gegenstände durch Privatpersonen aus einem Mitgliedstaat in innerstaatliches Recht umzusetzen;

° den Begriff des "gewöhnlichen Wohnsitzes" anders definiert hat, als es die genannten Bestimmungen vorschreiben;

° entgegen Artikel 6 Absatz 1 der Richtlinie 83/183 für die Gewährung der Steuerbefreiung bei der endgültigen Einfuhr einen Aufenthalt von mindestens zwei Jahren in einem anderen Mitgliedstaat verlangt hat;

° entgegen Artikel 6 Absätze 2 und 3 der Richtlinie 83/183 zum Nachweis der Verlegung des gewöhnlichen Wohnsitzes die Vorlage einer auf fünf Jahre erteilten Aufenthaltserlaubnis verlangt hat;

° entgegen Artikel 3 Buchstabe b der Richtlinie 83/182 eine Frist von 10 Tagen für die Wiederausfuhr von gemäß dieser Bestimmung vermieteten Fahrzeugen festgesetzt hat.

2) Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

3) Die Griechische Republik trägt die Kosten des Verfahrens.

Ende der Entscheidung

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