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Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 22.06.1994
Aktenzeichen: C-9/93
Rechtsgebiete: EWG-Vertrag


Vorschriften:

EWG-Vertrag Art. 30
EWG-Vertrag Art. 36
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

1. Der Unterlassungsanspruch aufgrund eines Warenzeichens soll den Zeicheninhaber gegen Handlungen Dritter schützen, die durch Herbeiführung einer Verwechslungsgefahr für die Verbraucher den mit dem Zeichen verbundenen Ruf für sich auszunutzen versuchen. Er gilt nicht nur für die Erzeugnisse, für die das Warenzeichen erworben wurde, sondern auch für andere Erzeugnisse, sofern zwischen den betreffenden Erzeugnissen so enge Beziehungen bestehen, daß sich den Abnehmern, wenn sie an den Waren dasselbe Zeichen angebracht sehen, der Schluß aufdrängt, daß diese Waren vom selben Unternehmen stammen. Dabei sind in Ermangelung einer Rechtsangleichung in der Gemeinschaft die Kriterien dafür, daß eine Verwechslungsgefahr vorliegt ° die eng auszulegen das Gemeinschaftsrecht nicht gebietet ° in den durch Artikel 36 Satz 2 EWG-Vertrag gezogenen Grenzen weiterhin nach nationalem Recht festzulegen.

2. Die Ansprüche aus nationalem Warenzeichenrecht sind gebietsgebunden. Deshalb richten sich die Bedingungen des Schutzes eines Warenzeichens nach dem Recht des Staates, in dem dieser Schutz begehrt wird. Der im Recht der internationalen Vereinbarungen anerkannte Territorialitätsgrundsatz des Warenzeichenrechts ist auch im EWG-Vertrag anerkannt. Indem Artikel 36 EWG-Vertrag bestimmte Einfuhrbeschränkungen zum Schutz des geistigen Eigentums zulässt, setzt diese Bestimmung nämlich voraus, daß die Handlungen, die in bezug auf das eingeführte Erzeugnis im Hoheitsgebiet dieses Staates vorgenommen werden, den Rechtsvorschriften dieses Staates unterliegen.

3. Gemäß dem Grundsatz der Unabhängigkeit der Warenzeichen, der in Artikel 6 Absatz 3 und 6 quater der Pariser Verbandsübereinkunft zum Schutz des gewerblichen Eigentums vom 20. März 1883 und in Artikel 9 ter Absatz 2 des Madrider Abkommens über die internationale Registrierung von Marken vom 14. April 1891 niedergelegt ist, kann ein Warenzeichenrecht für ein Land ohne gleichzeitige Übertragung für andere Länder übertragen werden. Die Einheitsrechte, die wie die Loi uniforme Benelux sur les marques de produits et de services (Einheitliches Warenzeichengesetz Benelux) oder die Verordnung über die Gemeinschaftsmarke das Gebiet mehrerer Staaten warenzeichenrechtlich zu einem einzigen Gebiet zusammenfassen, bestimmen zwar, daß die Übertragung einer Marke nichtig ist, wenn sie nur für einen Teil des von ihnen erfassten Gebiets erfolgt. Ebensowenig wie die nationalen Rechtsvorschriften setzen diese Einheitsrechte aber für die Gültigkeit der Übertragung der Marke für das von ihnen erfasste Gebiet die gleichzeitige Übertragung der Marke für die Gebiete von Drittstaaten voraus.

4. Die Artikel 30 und 36 EWG-Vertrag stehen der Anwendung nationaler Rechtsvorschriften entgegen, die dem Inhaber des Warenzeichens im Einfuhrstaat das Recht geben, sich dem Vertrieb von Erzeugnissen zu widersetzen, die im Ausfuhrstaat von ihm selbst oder mit seiner Zustimmung in den Verkehr gebracht worden sind. Dieser sogenannte Erschöpfungsgrundsatz kommt zum Tragen, wenn es sich bei dem Zeicheninhaber im Einfuhrstaat und dem Zeicheninhaber im Ausfuhrstaat um dieselbe Person handelt oder wenn beide wirtschaftlich miteinander verbundene Personen sind. In diesen Fällen kann die Qualitätskontrolle nämlich von einem einzigen Unternehmen durchgeführt werden, und die Funktion des Warenzeichens, die Feststellung des Ursprungs, wird durch die Einfuhrfreiheit nicht beeinträchtigt.

Wird dagegen das Warenzeichen nur für einen oder einige Mitgliedstaaten, in denen es eingetragen ist, an ein Unternehmen übertragen, das in keinerlei wirtschaftlicher Beziehung zu dem Veräusserer steht, stehen die Artikel 30 und 36 EWG-Vertrag der Anwendung nationaler Rechtsvorschriften nicht entgegen, die dem Veräusserer gestatten, sich in dem Mitgliedstaat, in dem er das Zeichen behalten hat, dem Vertrieb von Erzeugnissen durch den Erwerber unter seinem Warenzeichen zu widersetzen.

5. Die in jeder freiwilligen Übertragung eines Warenzeichenrechts liegende Zustimmung entspricht nicht der Zustimmung, deren es für die Erschöpfung des Rechts bedarf. Dafür ist erforderlich, daß der Zeicheninhaber im Einfuhrstaat unmittelbar oder mittelbar die Befugnis hat, zu bestimmen, auf welchen Erzeugnissen das Warenzeichen im Ausfuhrstaat angebracht werden darf, um die Qualität dieser Erzeugnisse zu kontrollieren. Diese Befugnis erlischt, wenn er die Verfügungsgewalt über das Warenzeichen freiwillig an einen Dritten überträgt, zu dem er in keinerlei wirtschaftlicher Beziehung steht. Dieser Fall ist streng von dem Fall zu unterscheiden, daß die eingeführten Erzeugnisse von einem Lizenznehmer stammen. Im Gegensatz zum Veräusserer kann der Lizenzgeber die Qualität der Erzeugnisse des Lizenznehmers nämlich dadurch kontrollieren, daß er in den Vertrag Bestimmungen aufnimmt, die den Lizenznehmer zur Einhaltung seiner Anweisungen verpflichten und ihm selbst die Möglichkeit geben, deren Einhaltung sicherzustellen.

6. Aufgrund der Erwägung, daß eine Übertragung eines Warenzeichens nur für einen Teil des Gebietes an einen Erwerber, der in keinerlei Beziehung zum Veräusserer steht, zur Entstehung unterschiedlicher Quellen innerhalb desselben Gebietes führen würde, und daß deshalb zur Wahrung der Funktion des Warenzeichens die Möglichkeit zugelassen werden müsste, die Ausfuhr der Erzeugnisse des Erwerbers in das Gebiet des Veräusserers und umgekehrt zu verbieten, erklären die Einheitsrechte wie das Einheitliche Warenzeichengesetz Benelux, um solche Hindernisse für den freien Warenverkehr nicht entstehen zu lassen, Übertragungen für nichtig, die nur für einen Teil des Gebietes vorgenommen werden, für das die Ansprüche aus diesen Rechten gelten. Durch diese Beschränkung des Verfügungsrechts über das Warenzeichen gewährleisten diese Einheitsrechte die Alleininhaberschaft für das gesamte Gebiet, für das sie gelten, und stellen den freien Verkehr des Erzeugnisses sicher. Zwar begründet die Verordnung über die Gemeinschaftsmarke ebenfalls einen einheitlichen Anspruch, doch tritt sie nicht an die Stelle der Ansprüche nach nationalem Recht, sondern überlagert diese lediglich. Artikel 8 der Verordnung, nach dem der Inhaber einer Marke in nur einem Mitgliedstaat sich der Eintragung einer Gemeinschaftsmarke durch den Inhaber von Ansprüchen aus nationalen Warenzeichenrechten für gleiche oder ähnliche Erzeugnisse in allen anderen Mitgliedstaaten widersetzen kann, kann nicht dahin ausgelegt werden, daß er der Übertragung nationaler Warenzeichen, die auf einige Staaten der Gemeinschaft beschränkt ist, entgegensteht.

7. Wenn voneinander unabhängige Unternehmen aufgrund einer Marktteilungsabsprache Warenzeichen übertragen, kann das Verbot wettbewerbsbeschränkender Vereinbarungen gemäß Artikel 85 Anwendung finden, so daß Übertragungen, die als Mittel einer Absprache eingesetzt werden, nichtig sind. Eine Warenzeichenübertragung kann jedoch erst als Mittel einer nach Artikel 85 verbotenen Vereinbarung qualifiziert werden, wenn der Zusammenhang, die mit der Übertragung verbundenen Verpflichtungen, die Absicht der Parteien und die versprochene Gegenleistung untersucht worden sind.


URTEIL DES GERICHTSHOFES VOM 22. JUNI 1994. - IHT INTERNATIONALE HEIZTECHNIK GMBH UND UWE DANZINGER GEGEN IDEAL-STANDARD GMBH UND WABCO STANDARD GMBH. - ERSUCHEN UM VORABENTSCHEIDUNG: OBERLANDESGERICHT DUESSELDORF - DEUTSCHLAND. - AUFSPALTUNG EINES WARENZEICHENS INFOLGE RECHTSGESCHAEFTLICHER UEBERTRAGUNG - FREIER WARENVERKEHR. - RECHTSSACHE C-9/93.

Entscheidungsgründe:

1 Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat mit Beschluß vom 15. Dezember 1992, beim Gerichtshof eingegangen am 12. Januar 1993, gemäß Artikel 177 EWG-Vertrag eine Frage nach der Auslegung der Artikel 30 und 36 EWG-Vertrag zur Vorabentscheidung vorgelegt, um beurteilen zu können, ob Beschränkungen der Verwendung einer Bezeichnung in einem Fall, in dem eine Unternehmensgruppe über ihre Tochterunternehmen in mehreren Mitgliedstaaten der Gemeinschaft Inhaberin eines aus dieser Bezeichnung bestehenden Warenzeichens war und dieses Zeichen nur für einen Staat und einige Waren, für das es eingetragen war, einem nicht zur Unternehmensgruppe gehörenden Unternehmen übertragen wurde, mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar sind.

2 Diese Frage stellt sich in einem Rechtsstreit zwischen der Ideal-Standard GmbH und der IHT, beide mit Sitz in Deutschland, wegen der Verwendung des Warenzeichens Ideal Standard in Deutschland für Heizungsanlagen, die in Frankreich von der Muttergesellschaft der IHT, der Compagnie internationale de chauffage (nachstehend: CICh) hergestellt werden.

3 Bis 1984 war die Unternehmensgruppe American Standard über ihre deutsche und ihre französische Tochtergesellschaft ° die Ideal-Standard GmbH und die Ideal-Standard SA ° Inhaberin des Warenzeichens Ideal Standard für Sanitärartikel und Heizungsanlagen in Deutschland und Frankreich.

4 Im Juli 1984 verkaufte die französische Tochtergesellschaft dieser Gruppe, die Ideal-Standard SA, das Warenzeichen für den Bereich Heizungsanlagen zusammen mit dem Geschäftsbereich Heizung an die Société générale de fonderie (nachstehend: SGF), ein französisches Unternehmen, mit der sie nicht verbunden war. Das Zeichen wurde für Frankreich (einschließlich der überseeischen Departements und Gebiete) sowie für Tunesien und Algerien übertragen.

5 Diese Übertragung geschah vor folgendem Hintergrund. Seit 1976 hatte die Ideal-Standard SA mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten zu kämpfen. Über das Unternehmen wurde ein Vergleichsverfahren eröffnet. Die Vergleichsverwalter schlossen mit einer anderen französischen Gesellschaft, die u. a. von der SGF gegründet worden war, einen Pachtvertrag. Diese Gesellschaft führte die Produktions- und Vertriebstätigkeiten der Ideal-Standard SA weiter. 1980 lief dieser Pachtvertrag aus. Die Ergebnisse des Geschäftsbereichs "Heizungsanlagen" der Ideal-Standard SA waren weiterhin unbefriedigend. Wegen des Interesses der SGF an der Beibehaltung des Geschäftsbereichs "Heizungsanlagen" und der Fortführung des Vertriebs dieser Anlagen in Frankreich unter dem Warenzeichen Ideal Standard übertrug die Ideal-Standard SA der SGF das Warenzeichen und die Produktionseinheiten für Heizungsanlagen wie vorstehend unter Randnummer 4 beschrieben. Später übertrug die SGF das Warenzeichen auf ein anderes französisches Unternehmen, die CICh, die ebenso wie die SGF zur französischen Nord-Est-Gruppe gehört und in keinerlei Beziehung zur American Standard-Gruppe steht.

6 Da die IHT die von der CICh in Frankreich hergestellten Heizungsanlagen unter dem Warenzeichen Ideal Standard in Deutschland vertrieb, wurde sie von der Ideal-Standard GmbH wegen Verletzung ihres Warenzeichens und ihres Firmenrechts gerichtlich in Anspruch genommen. Die Ideal-Standard GmbH, die in Deutschland noch immer Inhaberin des Warenzeichens Ideal Standard sowohl für Sanitärartikel als auch für Heizungsanlagen ist, hatte die Herstellung und den Vertrieb von Heizungsanlagen 1976 eingestellt.

7 Die Klage der Ideal-Standard GmbH ist darauf gerichtet, der IHT zu untersagen, Heizungsanlagen unter der Bezeichnung Ideal Standard in Deutschland in Verkehr zu setzen und dieses Zeichen auf verschiedenen geschäftlichen Schriftstücken anzubringen.

8 Das mit der Rechtssache in erster Instanz befasste Landgericht Düsseldorf gab der Klage mit Urteil vom 25. Februar 1992 statt.

9 Das Landgericht sah eine Verwechslungsgefahr als gegeben an. Das verwendete Zeichen ° die Bezeichnung Ideal Standard ° sei identisch. Darüber hinaus beständen zwischen den betreffenden Waren hinreichend enge Berührungspunkte, um die in Betracht kommenden Abnehmer, wenn sie an den Waren das gleiche Zeichen angebracht sähen, zu der Annahme zu verleiten, daß diese Waren vom selben Unternehmen stammten.

10 Das Landgericht sah im vorliegenden Fall keine Veranlassung, von seiner Befugnis Gebrauch zu machen, dem Gerichtshof gemäß Artikel 177 EWG-Vertrag eine Frage nach der Auslegung der Artikel 30 und 36 EWG-Vertrag vorzulegen. Nach der Wiedergabe des wesentlichen Inhalts der Urteile vom 3. Juli 1974 in der Rechtssache 192/73 (Van Zuylen, Slg. 1974, 731, nachstehend: Urteil HAG I) und vom 17. Oktober 1990 in der Rechtssache C-10/89 (HAG, Slg. 1990, I-3711, nachstehend: HAG II) stellte das Landgericht nämlich fest, daß die Ausführungen des Gerichtshofes in dem Urteil HAG II "hinreichend erkennen [lassen], daß die Lehre vom gemeinsamen Ursprung über den entschiedenen Sachverhalt hinaus sowohl für Fälle einer zwangsweisen Enteignung in einem Mitgliedstaat als auch für Fälle der freiwilligen Aufspaltung einer ursprünglich alleinigen Zeicheninhaberschaft, wie sie vorliegend zur Beurteilung steht, keine Berechtigung mehr findet".

11 Gegen dieses Urteil legte die IHT Berufung beim Oberlandesgericht Düsseldorf ein. Dieses warf jedoch unter Hinweis auf das Urteil HAG II die Frage auf, ob, wie das Landgericht entschieden hatte, der vorliegende Fall nach Gemeinschaftsrecht entsprechend zu beurteilen sei.

12 Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat dem Gerichtshof daher folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:

Stellt es eine unzulässige Behinderung des innergemeinschaftlichen Handels im Sinne der Artikel 30 und 36 EWG-Vertrag dar, wenn einem im Mitgliedstaat A tätigen Tochterunternehmen eines im Mitgliedstaat B ansässigen Herstellers von Heizungsanlagen wegen Verwechslungsgefahr mit einem ursprungsgleichen Zeichen die zeichenmässige Verwendung der Bezeichnung "Ideal Standard" verboten werden muß, die der Hersteller in seinem Heimatstaat rechtmässig aufgrund eines dort geschützten Warenzeichens benutzt, das er rechtsgeschäftlich erworben hat und das ursprünglich einer Schwestergesellschaft des Unternehmens gehörte, das sich im Mitgliedstaat A der Einfuhr der mit "Ideal Standard" gekennzeichneten Waren widersetzt?

13 Unstreitig würde das an die IHT gerichtete Verbot, in Deutschland die Bezeichnung Ideal Standard für Heizungsanlagen zu verwenden, eine Maßnahme mit gleicher Wirkung wie eine mengenmässige Beschränkung im Sinne des Artikels 30 darstellen. Es geht somit darum, ob dieses Verbot nach Artikel 36 gerechtfertigt werden kann.

14 Zunächst sind einige Grundzuege des Warenzeichenrechts und der Rechtsprechung des Gerichtshofes zu den Artikeln 30 und 36 EWG-Vertrag wiederzugeben, um den rechtlichen Zusammenhang zu verdeutlichen, in dem die Frage des vorlegenden Gerichts zu beurteilen ist.

Zur Ähnlichkeit der Waren und zur Verwechslungsgefahr

15 Das Urteil HAG II, nach dessen Anwendbarkeit auf den Ausgangsrechtsstreit das vorlegende Gericht fragt, betraf einen Fall, in dem nicht nur die Bezeichnung dieselbe war, sondern in dem die Parteien des Rechtsstreits auch die gleichen Erzeugnisse vertrieben. Dagegen geht es im vorliegenden Rechtsstreit um die Verwendung desselben Zeichens für verschiedene Erzeugnisse, da sich die Ideal-Standard GmbH auf ihre Eintragung als Inhaberin des Warenzeichens Ideal Standard für Sanitärartikel beruft, um sich der Verwendung dieses Zeichens für Heizungsanlagen zu widersetzen.

16 Es steht ausser Frage, daß der Unterlassungsanspruch, der sich aus einem geschützten Warenzeichen entweder aufgrund der Eintragung oder auf einer anderen Grundlage ergibt, über die Erzeugnisse hinausreicht, für die das Zeichen erworben worden ist. Das Warenzeichenrecht soll nämlich die Zeicheninhaber gegen Handlungen Dritter schützen, die durch Herbeiführung einer Verwechslungsgefahr für die Verbraucher den mit dem Zeichen verbundenen Ruf für sich auszunutzen versuchen (vgl. Urteil vom 23. Mai 1978 in der Rechtssache 102/77, Hoffmann-La Roche, Slg. 1978, 1139, 1185, Randnr. 7). Eine solche Gefahr kann durch die Verwendung desselben Zeichens für andere Erzeugnisse als die, für die ein Warenzeichenrecht (durch Eintragung oder auf andere Weise) erworben worden ist, herbeigeführt werden, sofern zwischen den betreffenden Erzeugnissen so enge Beziehungen bestehen, daß sich den Abnehmern, wenn sie an den Waren dasselbe Zeichen angebracht sehen, der Schluß aufdrängt, daß diese Waren vom selben Unternehmen stammen. Die Ähnlichkeit der Waren gehört somit zum Begriff der Verwechslungsgefahr und ist anhand des Zwecks des Warenzeichenrechts zu beurteilen.

17 Die Kommission hat in ihren Erklärungen vor einer zu weiten Auslegung der Verwechslungsgefahr und der Ähnlichkeit der Waren gewarnt, wie sie von den deutschen Gerichten vorgenommen werde. Eine solche Auslegung könne zu Beschränkungen des freien Warenverkehrs führen, die nicht durch Artikel 36 EWG-Vertrag gedeckt seien.

18 Für die im Ausgangsrechtsstreit maßgebliche Zeit vor dem Inkrafttreten der Ersten Richtlinie 89/104/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken (ABl. 1989, L 40, S. 1), das durch Artikel 1 der Entscheidung 92/10/EWG des Rates vom 19. Dezember 1991 (ABl. 1992, L 6, S. 35) auf den 31. Dezember 1992 hinausgeschoben worden ist, hat der Gerichtshof mit Urteil vom 30. November 1993 in der Rechtssache C-317/91 (Deutsche Renault, Slg. 1993, I-6227) festgestellt, daß "die Festlegung der Kriterien dafür, ob eine Verwechslungsgefahr vorliegt, zu den Modalitäten des Schutzes des Warenzeichenrechts [gehört], die sich... nach nationalem Recht bestimmen" (Randnr. 31), und daß "das Gemeinschaftsrecht... eine enge Auslegung des Begriffs der Verwechslungsgefahr... nicht [gebietet]" (Randnr. 32).

19 Wie der Gerichtshof in diesem Urteil festgestellt hat, unterliegt die Anwendung des nationalen Rechts allerdings den durch Artikel 36 Satz 2 EWG-Vertrag gezogenen Grenzen: Es darf weder eine willkürliche Diskriminierung noch eine verschleierte Beschränkung des innergemeinschaftlichen Handels vorliegen. Eine verschleierte Beschränkung läge namentlich dann vor, wenn das nationale Gericht die Ähnlichkeit der Erzeugnisse willkürlich beurteilen würde. Wenn die Anwendung der nationalen Rechtsvorschriften in der Frage der Ähnlichkeit der Erzeugnisse zu einer willkürlichen Diskriminierung oder einer verschleierten Beschränkung führen würde, wäre eine Rechtfertigung des Einfuhrhemmnisses nach Artikel 36 in keinem Fall möglich. Sollte das zuständige nationale Gericht im übrigen zu dem Ergebnis kommen, daß die betreffenden Waren nicht ähnlich sind, läge kein Einfuhrhemmnis vor, das nach Artikel 36 gerechtfertigt werden könnte.

20 Mit diesen Einschränkungen ist es Sache des mit dem Ausgangsrechtsstreit befassten Gerichts, die Ähnlichkeit der betreffenden Waren zu beurteilen. Da es sich um eine Frage handelt, die die Feststellung von Tatsachen voraussetzt, die allein dem nationalen Gericht unmittelbar bekannt sind, und die insoweit also der Zuständigkeit des Gerichtshofes nach Artikel 177 entzogen ist, muß dieser von dem Vorliegen einer Verwechslungsgefahr ausgehen. Das Problem stellt sich folglich so, als wenn die Erzeugnisse, für die das Warenzeichen übertragen wurde, und diejenigen, die von der in Deutschland geltend gemachten Eintragung erfasst werden, gleich wären.

Zur Territorialität und Unabhängigkeit der Ansprüche aus nationalem Warenzeichenrecht

21 Im vorliegenden Fall ist das Warenzeichen nur für einen Staat übertragen worden, und es geht um die Frage, ob die im Urteil HAG II für den Fall der Aufspaltung eines Warenzeichens infolge einer Beschlagnahme gewählte Lösung auch für den Fall der freiwilligen Aufspaltung gilt; hierzu ist mit dem Vereinigten Königreich zunächst darauf hinzuweisen, daß die Ansprüche aus dem nationalen Warenzeichenrecht nicht nur gebietsgebunden, sondern auch voneinander unabhängig sind.

22 Die Ansprüche aus dem nationalen Warenzeichenrecht sind zunächst gebietsgebunden. Dieser im Recht der internationalen Vereinbarungen anerkannte Territorialitätsgrundsatz bedeutet, daß die Bedingungen des Schutzes eines Warenzeichens sich nach dem Recht des Staates richten, in dem dieser Schutz begehrt wird. Das nationale Recht kann im übrigen nur die Handlungen mit Sanktionen belegen, die im Hoheitsgebiet des betreffenden Staates vorgenommen worden sind.

23 Indem Artikel 36 EWG-Vertrag bestimmte Einfuhrbeschränkungen zum Schutz des geistigen Eigentums zulässt, setzt diese Bestimmung selbst voraus, daß grundsätzlich die Rechtsvorschriften des Einfuhrstaats auf die Handlungen Anwendung finden, die in bezug auf das eingeführte Erzeugnis im Hoheitsgebiet dieses Staates vorgenommen werden. Eine nach diesen Rechtsvorschriften mögliche Einfuhrbeschränkung entgeht natürlich nur dann dem Verbot des Artikels 30, wenn sie durch Artikel 36 gedeckt ist.

24 Die Ansprüche aus dem nationalen Warenzeichenrecht sind auch voneinander unabhängig.

25 Dieser Grundsatz der Unabhängigkeit der Warenzeichen hat in Artikel 6 Absatz 3 der Pariser Verbandsübereinkunft zum Schutz des gewerblichen Eigentums vom 20. März 1883, zuletzt revidiert in Stockholm am 14. Juli 1967 (United Nations Treaty Series, Band 828, Nr. 11851, S. 305), Ausdruck gefunden, der bestimmt: "Eine in einem Verbandsland vorschriftsmässig eingetragene Marke wird als unabhängig angesehen von den in anderen Verbandsländern... eingetragenen Marken."

26 Mit diesem Grundsatz wird anerkannt, daß das Warenzeichenrecht von seinem Inhaber für ein Land ohne gleichzeitige Übertragung für andere Länder übertragen werden kann.

27 Die Möglichkeit unabhängiger Übertragungen ergibt sich zunächst implizit aus Artikel 6 quater der Pariser Verbandsübereinkunft.

28 Nach den Rechtsvorschriften einiger Staaten ist die Übertragung des Warenzeichens ohne gleichzeitige Mitübertragung des Unternehmens möglich, während nach denen anderer das Warenzeichen immer noch nur mit dem Unternehmen zusammen übertragen werden kann. In einigen Ländern war das Erfordernis der gleichzeitigen Mitübertragung des Unternehmens sogar dahin ausgelegt worden, daß das Unternehmen insgesamt übertragen werden muß, auch wenn sich Teile davon in anderen Ländern als dem befanden, für das die Übertragung erfolgen sollte. Die Übertragung des Warenzeichens für ein Land bedeutete damit fast zwangsläufig die Übertragung des Warenzeichens für andere Länder.

29 Deshalb wurde in Artikel 6 quater der Verbandsübereinkunft folgendes festgelegt: "Ist nach den Rechtsvorschriften eines Verbandslandes die Übertragung einer Marke nur rechtsgültig, wenn gleichzeitig das Unternehmen oder der Geschäftsbetrieb, zu dem die Marke gehört, mit übergeht, so genügt es zur Rechtsgültigkeit der Übertragung, daß der in diesem Land befindliche Teil des Unternehmens oder Geschäftsbetriebes mit dem ausschließlichen Recht, die mit der übertragenen Marke versehenen Erzeugnisse dort herzustellen oder zu verkaufen, auf den Erwerber übergeht."

30 Indem Artikel 6 quater der Verbandsübereinkunft auf diese Weise eine Erleichterung der Übertragung eines Warenzeichens für ein Land ohne gleichzeitige Übertragung des Warenzeichens für ein anderes Land vorsieht, setzt diese Bestimmung voraus, daß diese Übertragungen unabhängig voneinander stattfinden können.

31 Der Grundsatz der Unabhängigkeit der Warenzeichen wird im übrigen in Artikel 9 ter Absatz 2 des Madrider Abkommens über die internationale Registrierung von Marken vom 14. April 1891, zuletzt revidiert in Stockholm im Jahr 1967 (United Nations Treaty Series, Band 828, Nr. 11852, S. 389) ausdrücklich bestätigt, der bestimmt: "Das Internationale Büro trägt auch Übertragungen der internationalen Marke ein, die sich nur auf eines oder auf mehrere der Vertragsländer beziehen."

32 Die Einheitsrechte, die wie die Loi uniforme Benelux sur les marques de produits (einheitliches Warenzeichengesetz Benelux; im Anhang der Convention Benelux en matière de marques de produits, Warenzeichenabkommen Benelux, Bulletin Benelux 1962-2, S. 57, Protokoll vom 10. November 1983, Bulletin Benelux vom 15. Dezember 1983, S. 72) oder die Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. 1994, L 11, S. 1), das Gebiet mehrerer Staaten warenzeichenrechtlich zu einem einzigen Gebiet zusammenfassen, bestimmen zwar, daß die Übertragung einer Marke nichtig ist, wenn sie nur für einen Teil des von ihnen erfassten Gebiets erfolgt (siehe nachstehend Randnrn. 53 und 54). Ebensowenig wie die nationalen Rechtsvorschriften setzen diese Einheitsrechte aber für die Gültigkeit der Übertragung der Marke für das von ihnen erfasste Gebiet die gleichzeitige Übertragung der Marke für die Gebiete von Drittstaaten voraus.

Zur Rechtsprechung zu den Artikeln 30 und 36, zum Warenzeichenrecht und zu den Paralleleinfuhren

33 Gestützt auf Artikel 36 Satz 2 EWG-Vertrag vertritt der Gerichtshof in ständiger Rechtsprechung folgende Auffassung:

"[Als] Ausnahme von einem der grundlegenden Prinzipien des Gemeinsamen Marktes erlaubt Artikel 36 Beschränkungen des freien Warenverkehrs nur, soweit sie zur Wahrung der Rechte berechtigt sind, die den spezifischen Gegenstand dieses Eigentums ausmachen.

Im Bereich des Warenzeichenrechts lässt sich der spezifische Gegenstand des kommerziellen Eigentums namentlich dahin kennzeichnen, daß der Inhaber durch das ausschließliche Recht, ein Erzeugnis erstmals in den Verkehr zu bringen und dabei das Warenzeichen zu benutzen, Schutz vor Konkurrenten erlangt, die unter Mißbrauch der aufgrund des Warenzeichens erworbenen Stellung und Kreditwürdigkeit widerrechtlich mit diesem Zeichen versehene Erzeugnisse veräussern.

Es kann sich als ein Hindernis für den freien Warenverkehr auswirken, wenn die innerstaatliche Gesetzgebung auf dem Gebiet des gewerblichen und kommerziellen Rechtsschutzes bestimmt, daß sich das Recht des Zeicheninhabers mit dem Vertrieb eines Erzeugnisses in einem anderen Mitgliedstaat unter dem Schutz des Warenzeichens nicht erschöpft, der Inhaber vielmehr berechtigt bleibt, sich der Einfuhr des in einem anderen Staat in den Verkehr gebrachten Erzeugnisses in seinen Heimatstaat zu widersetzen.

Ein solches Hindernis lässt sich nicht rechtfertigen, wenn das Erzeugnis in dem Mitgliedstaat, aus dem es eingeführt wird, durch den Inhaber selbst oder mit seiner Zustimmung rechtmässig auf den Markt gebracht worden ist, von einem Mißbrauch oder einer Verletzung des Zeichenrechts mithin keine Rede sein kann.

Denn wäre der Zeicheninhaber befugt, die Einfuhr geschützter Erzeugnisse zu unterbinden, die in einem anderen Mitgliedstaat durch ihn oder mit seiner Zustimmung in den Verkehr gelangt sind, dann würde ihm die Möglichkeit eröffnet, die nationalen Märkte abzuriegeln und auf diese Weise den Handel zwischen den Mitgliedstaaten zu beschränken, ohne daß eine derartige Beschränkung notwendig wäre, um ihm das aus dem Warenzeichen fließende Ausschließlichkeitsrecht in seiner Substanz zu erhalten" (Urteil vom 31. Oktober 1974 in der Rechtssache 16/74, Winthrop, Slg. 974, 1183, Randnrn. 7 bis 11).

34 So darf eine nationale Rechtsvorschrift, die dem Inhaber des Warenzeichens im Einfuhrstaat das Recht gibt, sich dem Vertrieb von Erzeugnissen zu widersetzen, die im Ausfuhrstaat von ihm selbst oder mit seiner Zustimmung in den Verkehr gebracht worden sind, wegen Verstosses gegen die Artikel 30 und 36 nicht angewendet werden. Dieser sogenannte Erschöpfungsgrundsatz kommt zum Tragen, wenn es sich bei dem Zeicheninhaber im Einfuhrstaat und dem Zeicheninhaber im Ausfuhrstaat um dieselbe Person handelt oder wenn beide zwar verschiedene, aber wirtschaftlich miteinander verbundene Personen sind. Mehrere Fallgestaltungen sind denkbar: Die Erzeugnisse werden von ein und demselben Unternehmen, von einem Lizenznehmer, von einer Muttergesellschaft, von einer Tochtergesellschaft desselben Konzerns oder aber von einem Alleinvertriebshändler in den Verkehr gebracht.

35 In der Rechtsprechung der Mitgliedstaaten und in der Gemeinschaftsrechtsprechung gibt es zahlreiche Fälle, in denen das Warenzeichen einer Tochtergesellschaft oder einem Alleinvertriebshändler übertragen wurde, um diese Unternehmen in die Lage zu versetzen, durch Ausnutzung des in einigen nationalen Rechtsordnungen in der Frage der Erschöpfung herrschenden restriktiven Verständnisses ihre nationalen Märkte gegen Paralleleinfuhren zu schützen.

36 Die Artikel 30 und 36 verhindern solche warenzeichenrechtlichen Manipulationen, da die nationalen Regelungen, die dem Zeicheninhaber die Möglichkeit geben, sich der Einfuhr zu widersetzen, nach diesen Bestimmungen ausser Betracht bleiben müssen.

37 In den vorstehend beschriebenen Fällen (Randnr. 34) wird die Funktion des Warenzeichens durch die Einfuhrfreiheit nicht beeinträchtigt. Wie im Urteil HAG II in Randnummer 13 festgestellt worden ist, kann das Warenzeichen seine Aufgabe nur erfuellen, wenn es die Gewähr bietet, daß alle Erzeugnisse, die mit ihm versehen sind, unter der Kontrolle eines einzigen Unternehmens hergestellt worden sind, das für ihre Qualität verantwortlich gemacht werden kann. In allen genannten Fällen liegt die Kontrolle in ein und derselben Hand: beim Konzern für Erzeugnisse, die von einer Tochtergesellschaft in den Verkehr gebracht werden, beim Fabrikanten für Erzeugnisse, die vom Vertriebshändler vertrieben werden, und beim Lizenzgeber für Erzeugnisse, die vom Lizenznehmer auf den Markt gebracht werden. Im Falle der Lizenz kann der Lizenzgeber die Qualität der Erzeugnisse des Lizenznehmers dadurch kontrollieren, daß er in den Vertrag Bestimmungen aufnimmt, die den Lizenznehmer zur Einhaltung seiner Anweisungen verpflichten und ihm selbst die Möglichkeit geben, deren Einhaltung sicherzustellen. Die Herkunft, die das Warenzeichen garantieren soll, bleibt gleich: Sie wird nicht durch den Hersteller bestimmt, sondern durch die Stelle, von der aus die Herstellung geleitet wird (vgl. die Begründung der Convention Benelux und der Loi uniforme, Bulletin Benelux, 1962-2, S. 36).

38 Entscheidend ist schließlich die Möglichkeit einer Kontrolle der Qualität der Erzeugnisse und nicht die tatsächliche Ausübung dieser Kontrolle. Eine nationale Regelung, die dem Lizenzgeber die Möglichkeit gibt, sich der Einfuhr der Erzeugnisse des Lizenznehmers unter Hinweis auf die schlechte Qualität zu widersetzen, muß daher wegen Verstosses gegen die Artikel 30 und 36 ausser Betracht bleiben: Duldet der Lizenzgeber die Herstellung minderwertiger Erzeugnisse, obwohl er sie aufgrund der Vereinbarung verhindern könnte, so muß er die Verantwortung dafür übernehmen. Ist die Herstellung der Erzeugnisse innerhalb einer Unternehmensgruppe dezentralisiert und stellen die in den einzelnen Mitgliedstaaten niedergelassenen Tochterunternehmen Erzeugnisse her, deren Qualität den Besonderheiten des jeweiligen nationalen Marktes angepasst sind, so muß eine nationale Regelung, die einem Tochterunternehmen der Gruppe die Möglichkeit gibt, sich unter Hinweis auf diese Qualitätsunterschiede dem Vertrieb von Erzeugnissen, die von einer Schwestergesellschaft hergestellt worden sind, in ihrem Gebiet zu widersetzen, ebenfalls ausser Betracht bleiben. Nach den Artikeln 30 und 36 muß die Gruppe die Folgen ihrer Entscheidung tragen.

39 Die Artikel 30 und 36 stehen somit der Anwendung nationaler Rechtsvorschriften entgegen, die es erlauben, sich auf das Warenzeichenrecht zu berufen, um den freien Verkehr eines Erzeugnisses zu verhindern, das mit einem Warenzeichen versehen ist, dessen Verwendung unter einheitlicher Kontrolle steht.

Zu dem Fall, daß die Einheitlichkeit der Kontrolle des Warenzeichens infolge einer Übertragung nur für einen oder einige Mitgliedstaaten durchbrochen worden ist

40 Die vom Oberlandesgericht Düsseldorf vorgelegte Frage wirft das Problem auf, ob dieselben Grundsätze auch dann gelten, wenn das Warenzeichen nur für einen oder einige Mitgliedstaaten an ein Unternehmen übertragen worden ist, das in keinerlei wirtschaftlicher Beziehung zu dem Veräusserer steht, und letzterer sich dem Vertrieb von Erzeugnissen, die vom Erwerber mit dem Warenzeichen versehen worden sind, in dem Staat, in dem er das Zeichen behalten hat, widersetzt.

41 Dieser Fall ist streng von dem Fall zu unterscheiden, daß die eingeführten Erzeugnisse von einem Lizenznehmer oder einer Tochtergesellschaft stammen, der das Recht an dem Warenzeichen im Ausfuhrstaat übertragen worden ist. Der Veräusserungsvertrag allein gibt, wenn keinerlei wirtschaftliche Beziehung besteht, dem Veräusserer nämlich keine Möglichkeiten, die Qualität der Waren zu kontrollieren, die vom Erwerber unter dem Warenzeichen vertrieben werden.

42 Nach Meinung der Kommission hat die Unternehmensgruppe American Standard, da sie das Warenzeichen Ideal Standard in Frankreich für Heizungsanlagen auf ein Drittunternehmen übertragen habe, dem Vertrieb von Heizungsanlagen in Frankreich durch dieses Drittunternehmen unter diesem Warenzeichen stillschweigend zugestimmt. Aufgrund der stillschweigenden Zustimmung könne der Vertrieb der Heizungsanlagen unter dem übertragenen Warenzeichen in Deutschland nicht verboten werden.

43 Diese Auffassung ist zurückzuweisen. Die in jeder Übertragung liegende Zustimmung entspricht nicht der Zustimmung, deren es für die Erschöpfung des Rechts bedarf. Dafür ist erforderlich, daß der Zeicheninhaber im Einfuhrstaat unmittelbar oder mittelbar die Befugnis hat, zu bestimmen, auf welchen Erzeugnissen das Warenzeichen im Ausfuhrstaat angebracht werden darf, und die Qualität dieser Erzeugnisse zu kontrollieren. Diese Befugnis erlischt, wenn er durch eine Übertragung die Verfügungsgewalt über das Warenzeichen an einen Dritten verliert, zu dem er in keinerlei wirtschaftlicher Beziehung steht.

44 Eine Trennung der Märkte für den Fall, daß es in zwei Mitgliedstaaten der Gemeinschaft verschiedene Zeicheninhaber gibt, die in keinerlei wirtschaftlicher Beziehung zueinander stehen, hat der Gerichtshof bereits im Urteil HAG II zugelassen. Da es sich dort um einen Fall handelte, in dem die Alleininhaberschaft infolge einer Beschlagnahme verlorengegangen war, wurde jedoch geltend gemacht, daß diese Lösung nicht im Fall einer freiwilligen Aufspaltung gelte.

45 Diese Auffassung ist zurückzuweisen, denn sie steht im Widerspruch zu den Erwägungen des Gerichtshofes im Urteil HAG II. Der Gerichtshof hob dort zunächst hervor, daß das Warenzeichenrecht ein wesentlicher Bestandteil des Systems eines unverfälschten Wettbewerbs ist, das der Vertrag schaffen und erhalten will (Randnr. 13). Er verwies sodann auf die Identifizierungsfunktion des Warenzeichens und führte in dem in Randnummer 37 des vorliegenden Urteils bereits zitierten Abschnitt die Voraussetzungen an, unter denen das Warenzeichen diese Rolle spielen kann. Der Gerichtshof stellte weiter fest, daß die Reichweite des Ausschließlichkeitsrechts, das den spezifischen Gegenstand des Warenzeichens ausmacht, anhand seiner Funktion zu bestimmen ist (Randnr. 14). Er sah in diesem Fall den Umstand als ausschlaggebend an, daß der Zeicheninhaber im Einfuhrstaat nicht zugestimmt hatte, daß die von dem Unternehmen, das im Ausfuhrstaat Inhaber des Zeichenrechts war, vertriebenen Erzeugnisse dort in den Verkehr gebracht werden. Der Gerichtshof kam zu dem Ergebnis, daß der freie Verkehr der Erzeugnisse die Hauptfunktion des Warenzeichens gefährdet : In einem solchen Fall wären die Verbraucher nicht mehr in der Lage, den Ursprung des gekennzeichneten Erzeugnisses festzustellen, und der Rechtsinhaber könnte für die schlechte Qualität eines Erzeugnisses verantwortlich gemacht werden, die ihm in keiner Weise zuzurechnen wäre (Randnr. 16).

46 Diese Erwägungen gelten, wie zu Recht vom Vereinigten Königreich und von Deutschland ausgeführt und vom Landgericht Düsseldorf in erster Instanz entschieden worden ist, auch im Ausgangsrechtsstreit, unabhängig davon, ob die Aufspaltung des Warenzeichens, das ursprünglich nur einem Inhaber gehörte, auf einer hoheitlichen Maßnahme oder einer vertraglichen Übertragung beruht.

47 Namentlich IHT hat geltend gemacht, daß der Zeicheninhaber, der das Warenzeichen in einem Mitgliedstaat übertrage, in anderen aber behalte, als Folge hinnehmen müsse, daß durch die Übertragung die Identifizierungsfunktion des Zeichens geschwächt werde. Durch die gebietlich begrenzte Übertragung verzichte der Inhaber freiwillig darauf, als einziger Waren mit dem betreffenden Warenzeichen in der Gemeinschaft zu vertreiben.

48 Dieses Vorbringen ist zurückzuweisen, denn es berücksichtigt nicht, daß die Funktion des Warenzeichens wegen der Territorialität des Warenzeichenrechts jeweils für ein bestimmtes Gebiet zu beurteilen ist (Randnr. 18 des Urteils HAG II).

49 Weiter hat IHT vorgetragen, daß die französische Tochtergesellschaft, die Ideal-Standard SA, sich in Frankreich damit abfinde, daß Erzeugnisse (wie Heizungsanlagen und Sanitärartikel), die aus verschiedenen Quellen stammten, im Gebiet ein und desselben Staates unter dem gleichen Warenzeichen vertrieben werden könnten. Das Verhalten der deutschen Tochtergesellschaft dieser Gruppe, die sich dem Vertrieb von Heizungsanlagen in Deutschland unter dem Warenzeichen Ideal Standard widersetze, sei daher mißbräuchlich.

50 Dieses Vorbringen ist ebenfalls zurückzuweisen.

51 Zunächst ist die Übertragung nur für Frankreich erfolgt. Würde man dem Vorbringen folgen, läge in der Übertragung des Rechts für Frankreich, wie die Bundesregierung zu Recht ausgeführt hat, letztlich zugleich auch eine Genehmigung, das Zeichen in Deutschland zu benutzen, obwohl Übertragungen und Lizenzen wegen der Territorialität der Ansprüche aus nationalem Warenzeichenrecht stets in bezug auf ein bestimmtes Gebiet vereinbart werden.

52 Vor allem sind aber nach dem für die vorliegende Übertragung maßgeblichen französischen Recht auf bestimmte Erzeugnisse beschränkte Zeichenübertragungen zulässig, so daß im französischen Staatsgebiet unter demselben Zeichen gleichartige Erzeugnisse aus verschiedenen Quellen verkehren können, während das deutsche Recht, das auf bestimmte Erzeugnisse begrenzte Zeichenübertragungen verbietet, ein solches Zusammentreffen zu verhindern sucht. Folgte man dem Vorbringen von IHT, so würde die im Ausfuhrstaat geltende Regelung trotz der Territorialität der betreffenden Rechte auf den Einfuhrstaat, nach dessen Recht ein solches Zusammentreffen unzulässig ist, ausgedehnt.

53 Aufgrund der Erwägung, daß eine Übertragung auf einen Erwerber, der in keinerlei Beziehung zum Veräusserer steht, zur Entstehung unterschiedlicher Quellen innerhalb desselben Gebietes führen würde, und daß deshalb zur Wahrung der Funktion des Warenzeichens die Möglichkeit zugelassen werden müsste, die Ausfuhr der Erzeugnisse des Erwerbers in das Gebiet des Veräusserers und umgekehrt zu verbieten, erklären die Einheitsrechte, um solche Hindernisse für den freien Warenverkehr nicht entstehen zu lassen, Übertragungen für nichtig, die nur für einen Teil des Gebietes vorgenommen werden, für das die Ansprüche aus diesen Rechten gelten. Durch diese Beschränkung des Verfügungsrechts über das Warenzeichen gewährleisten diese Einheitsrechte die Alleininhaberschaft für das gesamte Gebiet, für das sie gelten, und stellen den freien Verkehr des Erzeugnisses sicher.

54 So sieht das einheitliche Warenzeichengesetz Benelux, das das Gebiet der drei Staaten warenzeichenrechtlich zu einem Gebiet zusammenfassen soll (Begründung, Bulletin Benelux, 1962-2, S. 3 f.), vor, daß ein Warenzeichen nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes nur noch für das gesamte Beneluxgebiet erworben werden kann (Begründung, Bulletin Benelux, 1962-2, S. 14). Deshalb sind nach diesem Gesetz Übertragungen von Warenzeichen nichtig, die nicht für das gesamte Beneluxgebiet vorgenommen werden.

55 Die genannte Verordnung über die Gemeinschaftsmarke begründet ebenfalls einen einheitlichen Anspruch. Von Ausnahmen abgesehen (vgl. insoweit Artikel 106 über die Untersagung der Benutzung von Gemeinschaftsmarken und Artikel 107 über ältere Rechte von örtlicher Bedeutung) hat die Gemeinschaftsmarke "einheitliche Wirkung für die gesamte Gemeinschaft: Sie kann nur für dieses gesamte Gebiet eingetragen oder übertragen werden oder Gegenstand eines Verzichts oder einer Entscheidung über den Verfall der Rechte des Inhabers oder die Nichtigkeit sein, und ihre Benutzung kann nur für die gesamte Gemeinschaft untersagt werden" (Artikel 1 Absatz 2).

56 Im Gegensatz zu dem Beneluxgesetz tritt "das gemeinschaftliche Markenrecht... jedoch nicht an die Stelle der Markenrechte der Mitgliedstaaten" (fünfte Begründungserwägung der Verordnung). Die Gemeinschaftsmarke überlagert lediglich die Ansprüche nach nationalem Recht. Nichts verpflichtet die Unternehmen zum Erwerb von Gemeinschaftsmarken (fünfte Begründungserwägung der Verordnung). Zudem können ältere Ansprüche nach nationalem Recht der Eintragung einer Gemeinschaftsmarke entgegenstehen. Nach Artikel 8 der genannten Verordnung kann der Inhaber einer Marke in nur einem Mitgliedstaat sich nämlich der Eintragung einer Gemeinschaftsmarke durch den Inhaber von Ansprüchen aus nationalen Warenzeichenrechten für gleiche oder ähnliche Erzeugnisse in allen anderen Mitgliedstaaten widersetzen. Diese Bestimmung kann nicht dahin ausgelegt werden, daß sie der Übertragung nationaler Warenzeichen nur für einen oder einige Staaten der Gemeinschaft entgegensteht. Somit erklärt die Verordnung über die Gemeinschaftsmarke Übertragungen von nationalen Warenzeichen, die auf einige Staaten der Gemeinschaft beschränkt sind, nicht für nichtig.

57 Diese Rechtsfolge kann auch nicht durch die Rechtsprechung eingeführt werden. Die Ansicht, daß nationale Rechtsvorschriften, soweit sie derzeit angesichts der Unabhängigkeit der Ansprüche aus nationalem Recht voneinander (siehe oben Randnrn. 25 bis 32) die Gültigkeit der Übertragungen für die von ihnen erfassten Gebiete nicht von der gleichzeitigen Übertragung des Warenzeichens für die anderen Staaten der Gemeinschaft abhängig machen, Maßnahmen gleicher Wirkung sind, die unter Artikel 30 fallen und nicht nach Artikel 36 gerechtfertigt sind, würde den Staaten letztlich die positive Verpflichtung auferlegen, in ihre Rechtsvorschriften eine Bestimmung aufzunehmen, nach der die nur für einen Teil der Gemeinschaft vorgenommenen Übertragungen nationaler Warenzeichen nichtig sind.

58 Es ist Aufgabe des Gemeinschaftsgesetzgebers, den Mitgliedstaaten eine solche Verpflichtung durch eine Richtlinie auf der Grundlage von Artikel 100a EG-Vertrag aufzuerlegen, da die Beseitigung der durch die Territorialität der nationalen Warenzeichen bedingten Hindernisse für die Errichtung und das Funktionieren des Binnenmarktes notwendig ist, oder die betreffende Vorschrift unmittelbar selbst durch eine Verordnung auf derselben Rechtsgrundlage zu erlassen.

59 Wenn voneinander unabhängige Unternehmen aufgrund einer Marktteilungsabsprache Warenzeichen übertragen, gilt zudem das Verbot wettbewerbsbeschränkender Vereinbarungen gemäß Artikel 85, so daß Übertragungen, die als Mittel der Absprache eingesetzt werden, nichtig sind. Wie die Regierung des Vereinigten Königreichs zu Recht ausgeführt hat, gelten diese Bestimmung und die mit ihr verbundenen Sanktion jedoch nicht automatisch für jede Übertragung. Um eine Warenzeichenübertragung als Mittel einer nach Artikel 85 verbotenen Vereinbarung qualifizieren zu können, müssen der Zusammenhang, die mit der Übertragung verbundenen Verpflichtungen, die Absicht der Parteien und die versprochene Gegenleistung untersucht werden.

60 Nach alledem ist auf die Frage des Oberlandesgerichts Düsseldorf zu antworten, daß es keine unzulässige Behinderung des innergemeinschaftlichen Handels im Sinne der Artikel 30 und 36 EWG-Vertrag darstellt, wenn einem im Mitgliedstaat A tätigen Tochterunternehmen eines im Mitgliedstaat B ansässigen Herstellers wegen Verwechslungsgefahr mit einem ursprungsgleichen Zeichen die zeichenmässige Verwendung der Bezeichnung "Ideal Standard" verboten werden muß, die der Hersteller in seinem Heimatstaat rechtmässig aufgrund eines dort geschützten Warenzeichens benutzt, das er rechtsgeschäftlich erworben hat und das ursprünglich einer Schwestergesellschaft des Unternehmens gehörte, das sich im Mitgliedstaat A der Einfuhr der mit "Ideal Standard" gekennzeichneten Waren widersetzt.

Kostenentscheidung:

Kosten

61 Die Auslagen der Bundesregierung und der Regierung des Vereinigten Königreichs sowie der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, die vor dem Gerichtshof Erklärungen abgegeben haben, sind nicht erstattungsfähig. Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF

auf die ihm vom Oberlandesgericht Düsseldorf mit Beschluß vom 15. Dezember 1992 vorgelegte Frage für Recht erkannt:

Es stellt keine unzulässige Behinderung des innergemeinschaftlichen Handels im Sinne der Artikel 30 und 36 EWG-Vertrag dar, wenn einem im Mitgliedstaat A tätigen Tochterunternehmen eines im Mitgliedstaat B ansässigen Herstellers wegen Verwechslungsgefahr mit einem ursprungsgleichen Zeichen die zeichenmässige Verwendung der Bezeichnung "Ideal Standard" verboten werden muß, die der Hersteller in seinem Heimatstaat rechtmässig aufgrund eines dort geschützten Warenzeichens benutzt, das er rechtsgeschäftlich erworben hat und das ursprünglich einer Schwestergesellschaft des Unternehmens gehörte, das sich im Mitgliedstaat A der Einfuhr der mit "Ideal Standard" gekennzeichneten Waren widersetzt.

Ende der Entscheidung

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