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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 25.02.1999
Aktenzeichen: C-90/97
Rechtsgebiete: EG-Vertrag


Vorschriften:

EG-Vertrag Art. 48
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

Es verstösst gegen Artikel 10a in Verbindung mit Artikel 1 Buchstabe h der Verordnung Nr. 1408/71 in der geänderten und aktualisierten Fassung der Verordnung Nr. 2001/83, geändert durch die Verordnung Nr. 1247/92, daß ein Mitgliedstaat eine unter Artikel 10a der Verordnung Nr. 1408/71 fallende Leistung im Falle eines Arbeitnehmers, der von seinem Recht auf Freizuegigkeit dadurch Gebrauch gemacht hat, daß er sich in einen anderen Mitgliedstaat begeben hat, in dem er gearbeitet und seinen gewöhnlichen Aufenthalt genommen hat, und der anschließend in seinen Herkunftsmitgliedstaat, in dem seine Familie wohnt, zurückgekehrt ist, um dort Arbeit zu suchen, vom dortigen gewöhnlichen Aufenthalt abhängig macht, wenn dieser neben der Absicht des Wohnens auch eine beträchtliche Zeit des Wohnens voraussetzt.

Die Dauer des Wohnens in dem Staat, in dem die streitige Leistung beantragt ist, gehört nämlich nicht zum Begriff des Wohnorts im Sinne des Artikels 10a dieser Verordnung.


Urteil des Gerichtshofes (Fünfte Kammer) vom 25. Februar 1999. - Robin Swaddling gegen Adjudication Officer. - Ersuchen um Vorabentscheidung: Social Security Commissioner - Vereinigtes Königreich. - Soziale Sicherheit - Einkommensbeihilfe - Anspruchsvoraussetzungen - Gewöhnlicher Aufenthalt. - Rechtssache C-90/97.

Entscheidungsgründe:

1 Der Social Security Commissioner hat mit Beschluß vom 25. Februar 1997, beim Gerichtshof eingegangen am 3. März 1997, gemäß Artikel 177 EG-Vertrag eine Frage zur Auslegung des Artikels 48 EG-Vertrag zur Vorabentscheidung vorgelegt.

2 Diese Frage stellt sich in einem Rechtsstreit zwischen dem britischen Staatsangehörigen Swaddling und dem Adjudication Officer über die Gewährung von Einkommensbeihilfe (Income Support) nach britischem Recht für die Zeit vom 5. Januar bis 3. März 1995.

Nationales Recht

3 Section 124 (1) des Social Security Contributions and Benefits Act 1992 (Gesetz von 1992 über die Abgaben und Leistungen der sozialen Sicherheit; Act 1992) lautet:

"(1) Eine Person in Großbritanien hat Anspruch auf Einkommensbeihilfe, wenn

(a) sie mindestens 18 oder in bestimmten Umständen und für einen bestimmten Zeitraum mindestens 16 Jahre ist oder Section 125 (1) auf sie Anwendung findet;

(b) sie kein Einkommen hat oder ihr Einkommen den maßgeblichen Betrag nicht übersteigt;

(c) sie nicht in bezahlter Arbeit steht und, falls sie Teil eines verheirateten oder unverheirateten Paares ist, der andere Teil in keiner solchen Arbeit steht; und

(d) sie - von bestimmten Ausnahmen abgesehen -

(i) zur Arbeit zur Verfügung steht und sich aktiv um solche bemüht;

(ii) sie keine einschlägige Ausbildung erhält."

4 Nach Section 134 (1) des Act 1992 hat keinen Anspruch auf Einkommensbeihilfe, wessen Vermögen einen bestimmten Betrag übersteigt.

5 Die Income Support (General) Regulations 1987 (Allgemeine Verordnung von 1987 über Einkommensbeihilfe) in ihrer entscheidungserheblichen Fassung (Regulations 1987) enthält Bestimmungen u. a. über die Definition von Einkommen und Vermögen, über die Berechnung des "maßgeblichen Betrags" und darüber, wer die Anspruchsvoraussetzungen in Section 124 (1) des Act 1992 erfuellt.

6 Für Gebietsfremde sieht Regulation 21 (1) der Regulations 1987 einen "maßgeblichen Betrag" von 0 vor. Wer gebietsfremd ist, wird in Regulation 21 (3) der Regulations 1987 definiert. Mit Wirkung vom 1. August 1994 wurde folgende Definition eingefügt:

""Gebietsfremder" ist auch der Antragsteller, der im Vereinigten Königreich, der Republik Irland, den Kanalinseln und der Insel Man keinen gewöhnlichen Aufenthalt hat; insoweit wird jedoch ein Antragsteller nicht als keinen gewöhnlichen Aufenthalt im Vereinigten Königreich habend behandelt, der

(a) Arbeitnehmer im Sinne der Verordnungen (EWG) Nr. 1612/68 des Rates oder (EWG) Nr. 1251/70 des Rates oder eine Person ist, die kraft der Richtlinien Nr. 68/360/EWG des Rates oder Nr. 73/148/EWG des Rates ein Aufenthaltsrecht im Vereinigten Königreich hat; oder

(b) Flüchtling im Sinne der Definition in Artikel 1 des Genfer Flüchtlingsübereinkommens vom 28. Juli 1951 ist, wie sie mit Artikel 1 Absatz 2 des Protokolls über den Status der Flüchtlinge, unterzeichnet in New York am 31. Januar 1967, erweitert wurde; oder

(c) eine Person ist, der der Secretary of State ausnahmsweise Erlaubnis zum Verbleiben im Vereinigten Königreich erteilt hat."

Gemeinschaftsrecht

7 Artikel 4 Absatz 2a der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, in der geänderten und aktualisierten Fassung der Verordnung (EWG) Nr. 2001/83 des Rates vom 2. Juni 1983 (ABl. L 230, S. 6), geändert durch die Verordnung (EWG) Nr. 1247/92 des Rates vom 30. April 1992 (ABl. L 136, S. 1; Verordnung Nr. 1408/71) lautet:

"Diese Verordnung gilt auch für beitragsunabhängige Sonderleistungen, die unter andere als die in Absatz 1 erfassten oder die nach Absatz 4 ausgeschlossenen Rechtsvorschriften oder Systeme fallen, sofern sie

a) entweder in Versicherungsfällen, die den in Absatz 1 Buchstaben a) bis h) aufgeführten Zweigen entsprechen, ersatzweise, ergänzend oder zusätzlich gewährt werden

b) oder allein zum besonderen Schutz der Behinderten bestimmt sind."

8 Artikel 10a Absätze 1 und 2 der Verordnung Nr. 1408/71 lautet:

"(1) Ungeachtet der Bestimmungen in Artikel 10 und Titel III erhalten die Personen, für die diese Verordnung gilt, die in Artikel 4 Absatz 2a aufgeführten beitragsunabhängigen Sonderleistungen in bar ausschließlich in dem Wohnmitgliedstaat gemäß dessen Rechtsvorschriften, sofern diese Leistungen in Anhang IIa aufgeführt sind. Diese Leistungen werden vom Träger des Wohnorts zu seinen Lasten gewährt.

(2) Der Träger eines Mitgliedstaats, nach dessen Rechtsvorschriften der Anspruch auf in Absatz 1 genannte Leistungen von der Zurücklegung von Beschäftigungszeiten, Zeiten der selbständigen beruflichen Tätigkeit oder Wohnzeiten abhängig ist, berücksichtigt, soweit erforderlich, die in einem anderen Mitgliedstaat zurückgelegten Beschäftigungszeiten, Zeiten der selbständigen beruflichen Tätigkeit oder Wohnzeiten, als wenn es sich um im ersten Staat zurückgelegte Zeiten handelte."

9 Die Einkommensbeihilfe ist im Anhang IIa der Verordnung Nr. 1408/71 aufgeführt.

10 Nach Artikel 1 Buchstabe h der Verordnung Nr. 1408/71 bedeutet "Wohnort" den gewöhnlichen Aufenthalt.

Das Ausgangsverfahren

11 Nach dem Vorlagebeschluß arbeitete der Antragsteller von 1980 bis 1988 in Frankreich für einen Reiseveranstalter, zahlte aber Beiträge zur United Kingdom National Insurance. Im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit fuhr er häufig nach Frankreich und kehrte schließlich nur noch selten in das Vereinigte Königreich zurück.

12 1988 wurde ihm gekündigt; er arbeitete für sechs Monate im Vereinigten Königreich und kehrte anschließend nach Frankreich zurück, wo er eine Vielzahl von Arbeiten in Verbindung mit Medien wahrnahm; die Verträge hatten beschränkte Dauer; die meisten von ihnen waren in britischen Zeitungen annonciert worden; in einem Fall war eine Ausbildungszeit im Vereinigten Königreich inbegriffen.

13 Gegen Ende 1994 verlor der Antragsteller seinen Arbeitsplatz aufgrund des Konkurses seines Arbeitgebers, der die Folge dessen war, daß dieser für seine Bediensteten keine Sozialversicherungsbeiträge abgeführt hatte.

14 Der Antragsteller suchte in Frankreich vergeblich nach Arbeit. Im Januar 1995 kehrte er in das Vereinigte Königreich zurück, um bei seinem Bruder zu wohnen. Er hat erklärt, keine Stelle mehr annehmen zu wollen, die einen langfristigen Aufenthalt im Ausland voraussetze. Am 9. Januar 1995 beantragte er beim Adjudication Officer Einkommensbeihilfe.

15 Der Adjudication Officer ging davon aus, daß der Antragsteller die Anspruchsvoraussetzungen für Einkommensbeihilfe in Section 124 (1) des Act 1992 ab 9. Januar 1995 erfuelle. Da es jedoch am gewöhnlichen Aufenthalt im Sinne des nationalen Rechts fehle, sei er "Gebietsfremder" im Sinne der Regulation 21 (3) der Regulations 1987, so daß er keinen Anspruch auf Einkommensbeihilfe habe. Hiergegen legte der Antragsteller Beschwerde zum Social Security Appeal Tribunal Cwmbran ein.

16 Das Appeal Tribunal entschied zugunsten des Antragstellers mit der Begründung, dieser habe die Absicht bewiesen, ab 5. Januar 1995 - also ab dem Tag der Einreichung seines Antrags auf Einkommensbeihilfe - im Vereinigten Königreich seinen gewöhnlichen Aufenthalt zu nehmen. Der Vorsitzende des Appeal Tribunal ließ das Rechtsmittel zum Social Security Commissioner zu.

17 Dieser entschied, das Appeal Tribunal hätte nicht nur die Frage prüfen müssen, ob eine Absicht zum gewöhnlichen Aufenthalt im Vereinigten Königreich bestehe, sondern auch diejenige, ob ein Aufenthalt vorgelegen habe, der beträchtliche Zeit gewährt habe. Der Begriff des gewöhnlichen Aufenthalts nach britischem Recht setze zusätzlich zu der festen Absicht, im Vereinigten Königreich seinen Aufenthalt zu nehmen, auch einen Aufenthalt dort voraus, der beträchtliche Zeit währe. Der Antragsteller habe einen gewöhnlichen Aufenthalt im Vereinigten Königreich nach achtwöchigem dortigem Aufenthalt, also am 4. März 1995, erworben, nicht aber in der Zeit vom 9. Januar 1995 bis zum 3. März 1995.

18 Für den letztgenannten Zeitraum ergebe sich aus den Regulations 1987, daß der Antragsteller keinen Anspruch auf Einkommensbeihilfe habe. Zu erwägen sei jedoch, ob Gemeinschaftsrecht ein anderes Ergebnis vorschreibe.

19 Die Einkommensbeihilfe falle nicht in den Anwendungsbereich des Artikels 4 Absatz 1 der Verordnung Nr. 1408/71, da zu keinem der dort aufgeführten Risiken eine hinreichend enge Beziehung bestehe. Daraus folge jedoch nicht, daß eine Bestimmung, die einem Wanderarbeitnehmer Vorteile versage, die ein anderer Arbeitnehmer erhalte, nicht gegen Artikel 48 EG-Vertrag verstosse.

20 Der Social Security Commissioner hat das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:

Ist es mit Artikel 48 EG-Vertrag vereinbar, daß ein Mitgliedstaat im Falle einer Person, die in diesem Mitgliedstaat gearbeitet hat und dort ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatte, die dann in Ausübung der Freizuegigkeit der Arbeitnehmer in einen anderen Mitgliedstaat zog, in dem sie gearbeitet hat und ihren gewöhnlichen Aufenthalt nahm, und die schließlich zur Arbeitsuche in den ersten Mitgliedstaat zurückkehrte, den Anspruch auf eine allgemeine, beitragsunabhängige, von der Bedürftigkeit abhängige staatliche Beihilfe nach Art der britischen Einkommensbeihilfe (Income Support) vom gewöhnlichen Aufenthalt in diesem Staat (der einen Aufenthalt in diesem Staat voraussetzt, der beträchtliche Zeit währt) abhängig macht?

21 Auch wenn die Vorabentscheidungsfrage nur die Auslegung des Artikels 48 EG-Vertrag betrifft, ist doch zu prüfen, wie es auch die Kommission getan hat, ob die Verordnung Nr. 1408/71 es erlaubt, dem vorlegenden Gericht die Hinweise zu geben, die dieses für die Entscheidung des Rechtsstreits benötigt.

22 Eine Person wie der Antragsteller fällt in den persönlichen Anwendungsbereich der Verordnung Nr. 1408/71, da sie unstreitig als Arbeitnehmer dem britischen und dem französischen System der sozialen Sicherheit angeschlossen war.

23 Nach Artikel 10a der Verordnung Nr. 1408/71 erhalten die Personen, für die diese Verordnung gilt, die in Artikel 4 Absatz 2a aufgeführten beitragsunabhängigen Sonderleistungen in bar nach den dort angeführten Koordinierungsvorschriften, sofern diese Leistungen in Anhang IIa aufgeführt sind.

24 Eine Leistung, die wie die Einkommensbeihilfe im Anhang IIa aufgeführt ist, fällt unter die Koordinierungsvorschriften des Artikels 10a und stellt damit eine beitragsunabhängige Sonderleistung im Sinne des Artikels 4 Absatz 2a dar (vgl. Urteile vom 4. November 1997 in der Rechtssache C-20/96, Snares, Slg. 1997, I-6057, Randnr. 32, und vom 11. Juni 1998 in der Rechtssache C-297/96, Partridge, Slg. 1998, I-3467, Randnr. 33).

25 Nach Artikel 10a der Verordnung Nr. 1408/71 erhält ein Antragsteller eine Leistung wie die Einkommensbeihilfe nur, wenn er in dem Mitgliedstaat wohnt, dessen Recht Anspruch auf die Leistung gibt.

26 Nach den Regulations 1987 in der Auslegung des nationalen Gerichts liegt ein gewöhnlicher Aufenthalt vor, wenn der Antragsteller die feste Absicht hat, im Vereinigten Königreich zu wohnen, und wenn er darüber hinaus dort während eines beträchtlichen Zeitraums wohnt, der sich nach dem Einzelfall richtet.

27 Im Ausgangsverfahren ist unstreitig, daß der Antragsteller bei Stellung des Antrags auf Einkommensbeihilfe die Absicht hatte, im Vereinigten Königreich zu wohnen. Die Parteien streiten hingegen über die weitere Voraussetzung, daß der Antragsteller während eines beträchtlichen Zeitraums, der in seinem Fall auf acht Wochen festgesetzt wurde, dort gewohnt haben müsse; während dieses Zeitraums hatte er daher allein nach britischem Recht keinen Anspruch auf Einkommensbeihilfe.

28 Nach Artikel 1 Buchstabe h der Verordnung Nr. 1408/71 bedeutet der Ausdruck "Wohnort" im Sinne dieser Verordnung den "gewöhnlichen Aufenthalt"; er hat damit eine gemeinschaftsrechtliche Bedeutung.

29 Der Begriff "Wohnmitgliedstaat" in Artikel 10a der Verordnung Nr. 1408/71 bezeichnet den Staat, in dem die Betroffenen gewöhnlich wohnen und in dem sich auch der gewöhnliche Mittelpunkt ihrer Interessen befindet; dabei sind insbesondere die Familiensituation des Arbeitnehmers, die Gründe, die ihn zum Wandern veranlasst haben, die Dauer des Wohnens, gegebenenfalls die Innehabung einer festen Anstellung und die Absicht des Arbeitnehmers zu berücksichtigen, wie sie sich aus einer Gesamtbetrachtung ergibt (vgl. zu Artikel 71 Absatz 1 Buchstabe b Ziffer ii der Verordnung Nr. 1408/71 die Urteile vom 17. Februar 1977 in der Rechtssache 76/76, Di Paolo, Slg. 1977, 315, Randnrn. 17 bis 20, und vom 8. Juli 1992 in der Rechtssache C-102/91, Knoch, Slg. 1992, I-4341, Randnrn. 21 und 23).

30 Im Rahmen dieser Würdigung gehört jedoch die Dauer des Wohnens in dem Staat, in dem die streitige Leistung beantragt ist, nicht zum Begriff des Wohnorts im Sinne des Artikels 10a der Verordnung Nr. 1408/71. Wenn namentlich ein Arbeitnehmer sein Recht auf Freizuegigkeit wahrgenommen hat und anschließend in seinen Herkunftsstaat zurückgekehrt ist, wie im Ausgangsverfahren, und bei der Stellung des Antrags auf Einkommensbeihilfe klar seine Absicht zum Ausdruck gebracht hat, in seinem Herkunftsstaat zu bleiben, wo seine engere Familie wohnt, auch wenn er im Rahmen künftiger Arbeitsverhältnisse gegebenenfalls gelegentlich in andere Staaten reisen würde, scheitert die Annahme eines Wohnorts im Sinne des Artikels 10a nicht allein daran, daß die Dauer des Wohnens im Herkunftsstaat nicht ausreicht.

31 Die Regierung des Vereinigten Königreichs trägt jedoch vor, der Antragsteller habe gemäß Artikel 69 der Verordnung Nr. 1408/71 unter den dort aufgestellten Voraussetzungen Anspruch auf Leistungen bei Arbeitslosigkeit nach französischem Recht während höchstens drei Monaten von dem Zeitpunkt an, an dem er Frankreich verlassen habe, so daß er diese Leistungen während des gesamten Zeitraums habe beziehen können, der erforderlich gewesen sei, um einen gewöhnlichen Aufenthalt im Sinne des britischen Rechts zu begründen. Daß sein Arbeitgeber an den zuständigen Träger keine Beiträge abgeführt habe, habe diese Rechte nicht berührt, da Artikel 7 der Richtlinie 80/987/EWG des Rates vom 20. Oktober 1980 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über den Schutz der Arbeitnehmer bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers (ABl. L 283, S. 23) die Mitgliedstaaten verpflichte, alle notwendigen Maßnahmen zu treffen, um sicherzustellen, daß die Nichtzahlung an ihre Versicherungsträger von Pflichtbeiträgen zu den einzelstaatlichen gesetzlichen Systemen der sozialen Sicherheit, die vom Arbeitgeber vor Eintritt seiner Zahlungsunfähigkeit geschuldet waren, keine Nachteile für die Leistungsansprüche der Arbeitnehmer gegenüber diesen Versicherungsträgern mit sich bringe, soweit die Arbeitnehmerbeitragsanteile von den gezahlten Löhnen einbehalten worden seien.

32 Diese Bestimmung beeinflusst die Auslegung des Begriffs "Wohnort" im Rahmen der Koordinierungsregelung des Artikels 10a der Verordnung Nr. 1408/71 nicht.

33 Ohne daß erörtert werden müsste, was Artikel 48 EG-Vertrag zur Lösung des Ausgangsrechtsstreits beitragen könnte, ist daher zu antworten, daß es gegen Artikel 10a in Verbindung mit Artikel 1 Buchstabe h der Verordnung Nr. 1408/71 verstösst, daß ein Mitgliedstaat eine unter Artikel 10a der Verordnung Nr. 1408/71 fallende Leistung im Falle eines Arbeitnehmers, der von seinem Recht auf Freizuegigkeit dadurch Gebrauch gemacht hat, daß er sich in einen anderen Mitgliedstaat begeben hat, in dem er gearbeitet und seinen gewöhnlichen Aufenthalt genommen hat, und der anschließend in seinen Herkunftsmitgliedstaat, in dem seine Familie wohnt, zurückgekehrt ist, um dort Arbeit zu suchen, vom dortigen gewöhnlichen Aufenthalt abhängig macht, wenn dieser neben der Absicht des Wohnens auch eine beträchtliche Zeit des Wohnens voraussetzt.

Kostenentscheidung:

Kosten

34 Die Auslagen des Vereinigten Königreichs und der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, die Erklärungen vor dem Gerichtshof abgegeben haben, sind nicht erstattungsfähig. Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit. Die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF

(Fünfte Kammer)

auf die ihm vom Social Security Commissioner mit Beschluß vom 25. Februar 1997 vorgelegte Frage für Recht erkannt:

Es verstösst gegen Artikel 10a in Verbindung mit Artikel 1 Buchstabe h der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, in der geänderten und aktualisierten Fassung der Verordnung (EWG) Nr. 2001/83 des Rates vom 2. Juni 1983, geändert durch die Verordnung (EWG) Nr. 1247/92 des Rates vom 30. April 1992, daß ein Mitgliedstaat eine unter Artikel 10a der Verordnung Nr. 1408/71 fallende Leistung im Falle eines Arbeitnehmers, der von seinem Recht auf Freizuegigkeit dadurch Gebrauch gemacht hat, daß er sich in einen anderen Mitgliedstaat begeben hat, in dem er gearbeitet und seinen gewöhnlichen Aufenthalt genommen hat, und der anschließend in seinen Herkunftsmitgliedstaat, in dem seine Familie wohnt, zurückgekehrt ist, um dort Arbeit zu suchen, vom dortigen gewöhnlichen Aufenthalt abhängig macht, wenn dieser neben der Absicht des Wohnens auch eine beträchtliche Zeit des Wohnens voraussetzt.

Ende der Entscheidung

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