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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 01.04.2004
Aktenzeichen: C-99/02
Rechtsgebiete: Entscheidung 2000/128/EG der Kommission vom 11. Mai 1999 über die italienische Beihilferegelung für Maßnahmen zur Förderung der Beschäftigung


Vorschriften:

Entscheidung 2000/128/EG der Kommission vom 11. Mai 1999 über die italienische Beihilferegelung für Maßnahmen zur Förderung der Beschäftigung Art. 1
Entscheidung 2000/128/EG der Kommission vom 11. Mai 1999 über die italienische Beihilferegelung für Maßnahmen zur Förderung der Beschäftigung Art. 2
Entscheidung 2000/128/EG der Kommission vom 11. Mai 1999 über die italienische Beihilferegelung für Maßnahmen zur Förderung der Beschäftigung Art. 3
Entscheidung 2000/128/EG der Kommission vom 11. Mai 1999 über die italienische Beihilferegelung für Maßnahmen zur Förderung der Beschäftigung Art. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

Urteil des Gerichtshofes (Fünfte Kammer) vom 1. April 2004. - Kommission der Europäischen Gemeinschaften gegen Italienische Republik. - Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats - Staatliche Beihilfen - Artikel 88 Absatz 2 Unterabsatz 2 EG - Mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbare Beihilfen - Rückforderungspflicht - Völlige Unmöglichkeit der Durchführung. - Rechtssache C-99/02.

Parteien:

In der Rechtssache C-99/02

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch V. Di Bucci als Bevollmächtigten, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Klägerin,

gegen

Italienische Republik, vertreten durch I. M. Braguglia als Bevollmächtigten im Beistand von O. Fiumara, vice avvocato generale dello Stato, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Beklagte,

wegen Feststellung, dass die Italienische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus den Artikeln 3 und 4 der Entscheidung 2000/128/EG der Kommission vom 11. Mai 1999 über die italienische Beihilferegelung für Maßnahmen zur Förderung der Beschäftigung (ABl. 2000, L 42, S. 1), mitgeteilt am 4. Juni 1999, verstoßen hat, dass sie nicht innerhalb der ihr gesetzten Frist alle erforderlichen Maßnahmen ergriffen hat, um von den Empfängern die Beihilfen zurückzufordern, die mit dieser Entscheidung für rechtswidrig und mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar erklärt worden waren, oder der Kommission diese Maßnahmen jedenfalls nicht mitgeteilt hat,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)

unter Mitwirkung des Richters P. Jann in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Fünften Kammer sowie der Richter C. W. A. Timmermans, A. Rosas, A. La Pergola und S. von Bahr (Berichterstatter),

Generalanwalt: D. Ruiz-Jarabo Colomer,

Kanzler: M. Múgica Arzamendi, Hauptverwaltungsrätin,

aufgrund des Sitzungsberichts,

nach Anhörung der mündlichen Ausführungen der Kommission, vertreten durch E. Montaguti als Bevollmächtigte, und der Italienischen Republik, vertreten durch O. Fiumara, vice avvocato generale dello Stato, im Beistand von A. Morrone, in der Sitzung vom 18. September 2003,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

Entscheidungsgründe:

1. Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften hat mit Klageschrift, die am 15. März 2002 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, gemäß Artikel 88 Absatz 2 Unterabsatz 2 EG Klage erhoben auf Feststellung, dass die Italienische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus den Artikeln 3 und 4 der Entscheidung 2000/128/EG der Kommission vom 11. Mai 1999 über die italienische Beihilferegelung für Maßnahmen zur Förderung der Beschäftigung (ABl. 2000, L 42, S. 1), mitgeteilt am 4. Juni 1999, verstoßen hat, dass sie nicht innerhalb der ihr gesetzten Frist alle erforderlichen Maßnahmen ergriffen hat, um von den Empfängern die Beihilfen zurückzufordern, die mit dieser Entscheidung für rechtswidrig und mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar erklärt wurden, und der Kommission diese Maßnahmen jedenfalls nicht mitgeteilt hat.

Die Entscheidung 2000/128 und das Vorverfahren

2. Am 11. Mai 1999 erließ die Kommission die Entscheidung 2000/128, deren Artikel 1 bis 4 Folgendes bestimmen:

Artikel 1

(1) Die von Italien ab November 1995 für die Einstellung von Arbeitnehmern aufgrund von Ausbildungs- und Arbeitsverträgen nach Maßgabe der Gesetze 863/84, 407/90, 169/91 und 451/94 unrechtmäßig gewährten Beihilfen sind mit dem Gemeinsamen Markt und dem EWR-Abkommen insofern vereinbar, als sie betreffen:

- die Schaffung neuer Arbeitsplätze im Empfängerunternehmen für Arbeitnehmer, die noch nie ein Beschäftigungsverhältnis hatten oder ihr bisheriges verloren haben, im Sinne der Leitlinien für Beschäftigungsbeihilfen,

- die Einstellung von Arbeitnehmern mit besonderen Schwierigkeiten bei der Eingliederung oder Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt. Für die Zwecke dieser Entscheidung sind unter Arbeitnehmern mit besonderen Schwierigkeiten bei der Eingliederung oder Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt Jugendliche unter 25 Jahren, Hochschulabsolventen bis einschließlich 29 Jahre und Langzeitarbeitslose, d. h. seit wenigstens einem Jahr Arbeitslose, zu verstehen.

(2) Die aufgrund von Ausbildungs- und Arbeitsverträgen gewährten Beihilfen, die nicht den Bedingungen des Absatzes 1 entsprechen, sind mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar.

Artikel 2

(1) Die von Italien aufgrund des Artikels 15 des Gesetzes 196/97 für die Umwandlung befristeter in unbefristete Ausbildungs- und Arbeitsverträge gewährten Beihilfen sind mit dem Gemeinsamen Markt und dem EWR-Abkommen vereinbar, sofern sie die Voraussetzung der Nettoarbeitsplatzschaffung gemäß den Leitlinien für Beschäftigungsbeihilfen erfüllen.

Die Zahl der Arbeitsplätze des Unternehmens wird abzüglich der Arbeitsplätze berechnet, denen die Umwandlung zugute kommt, und der Arbeitsplätze, die durch befristete Arbeitsverträge geschaffen wurden oder die nicht eine gewisse Beschäftigungsstabilität gewährleisten.

(2) Die Beihilfen für die Umwandlung befristeter in unbefristete Ausbildungs- und Arbeitsverträge, die nicht die Voraussetzungen des Absatzes 1 erfüllen, sind mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar.

Artikel 3

Italien trifft die erforderlichen Maßnahmen, um von den Empfängern diejenigen Beihilfen zurückzufordern, die nicht den Voraussetzungen der Artikel 1 und 2 entsprechen und bereits unrechtmäßig gewährt wurden.

Die Rückzahlung erfolgt nach den Verfahren des innerstaatlichen Rechts. Auf die zurückzuzahlenden Beträge werden ab dem Zeitpunkt, zu dem sie den Empfängern bereitgestellt wurden, bis zu ihrer tatsächlichen Rückzahlung Zinsen erhoben. Diese werden auf der Grundlage des Referenzsatzes für die Berechnung des Subventionsäquivalents bei den Beihilfen mit regionaler Zielsetzung berechnet.

Artikel 4

Italien teilt der Kommission innerhalb von zwei Monaten nach der Bekanntgabe dieser Entscheidung die Maßnahmen mit, die ergriffen wurden, um der Entscheidung nachzukommen.

3. Die Italienische Republik hat mit Klageschrift, die am 13. August 1999 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, gemäß Artikel 230 Absatz 1 EG beantragt, die Entscheidung 2000/128 für nichtig zu erklären, hilfsweise, diese Entscheidung insoweit für nichtig zu erklären, als mit ihr die Rückzahlung von Beträgen angeordnet wird, die eine mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbare Beihilfe darstellen.

4. Am 28. Oktober 1999 forderte die Kommission Italien auf, ihr die Maßnahmen mitzuteilen, die ergriffen wurden, um der Entscheidung 2000/128 nachzukommen. Dieser Aufforderung folgten ein Schriftwechsel zwischen der Kommission und der Italienischen Republik, in dem Italien sich darauf berief, dass die Umsetzung dieser Entscheidung äußerst komplex sei, sowie am 27. März 2000 in Rom (Italien) ein Treffen zwischen dem Minister für Arbeit und soziale Sicherheit und dem für Wettbewerbsfragen zuständigen Mitglied der Kommission.

5. Am 19. April 2001 erhielt die Kommission ein letztes italienisches Schreiben, mit dem ihr mitgeteilt wurde, dass die zuständigen Dienststellen am 1. Februar 2001 in einer Besprechung die Leitlinien festgelegt hätten, die dem Verfahren der Rückforderung der zu Unrecht ausgezahlten Beihilfen zugrunde zu legen seien, und dass das ablauftechnische Verfahren für deren Rückforderung festgelegt worden sei.

6. Mit Urteil vom 7. März 2002 in der Rechtssache C310/99 (Italien/Kommission, Slg. 2002, I2289) wies der Gerichtshof die Nichtigkeitsklage der Italienischen Republik gegen die Entscheidung 2000/128 ab.

7. Die Kommission war daher der Auffassung, dass die Italienische Republik nicht alle erforderlichen Maßnahmen getroffen habe, um der Entscheidung 2000/128 nachzukommen, und hat beschlossen, die vorliegende Klage zu erheben.

Zur Begründetheit

Vorbringen der Parteien

8. Die Kommission macht geltend, dass die Italienische Republik ihr am 4. August 1999, also nach Ablauf von zwei Monaten nach Bekanntgabe der Entscheidung 2000/128, noch nicht die Maßnahmen mitgeteilt habe, die ergriffen worden seien, um der Pflicht zur Rückforderung der rechtswidrig ausgezahlten Beihilfen von den Empfängerunternehmen nachzukommen.

9. Zunächst habe Italien sich global darauf berufen, dass das Prüfungsverfahren vor der Durchführung der Rückforderung äußerst schwierig und komplex sei. Erst danach, im Dezember 2000 und im April 2001, habe Italien die Erarbeitung eines Ablaufdiagramms zur Anwendung der Entscheidung 2000/128 ins Auge gefasst und der Kommission Informationen über das Vorgehen der zuständigen inländischen Stellen übermittelt, bei denen es sich jedenfalls nur um vorbereitende Tätigkeiten gehandelt habe. Italien habe nie geltend gemacht, dass gegenüber den betroffenen Unternehmen konkrete Initiativen ergriffen worden seien.

10. Italien habe auch keine Modalitäten zur Durchführung der Entscheidung 2000/128 vorgeschlagen, die es ermöglicht hätten, die aufgetretenen Schwierigkeiten zu überwinden.

11. Die Italienische Republik räumt ein, dass sie die entsprechenden Beträge noch nicht zurückgefordert habe. Dies liege sowohl an den Schwierigkeiten, die bei der Feststellung der Empfänger der rechtswidrigen Beihilfen aufgetreten seien, als auch daran, dass sich die Italien nicht im Klaren darüber sei, in welchem Umfang die Rückforderung zu erfolgen habe. Jedenfalls sei die italienische Regierung in Bezug auf ihre Verpflichtung aus der Entscheidung 2000/128 nicht untätig geblieben; die Kommission behaupte zu Unrecht, dass ihr die Entwicklungen der Lage nicht mitgeteilt worden seien.

12. Italien habe im Laufe des Verfahrens, das zum oben genannten Urteil Italien/Kommission geführt habe, unter dem Vorbehalt des Ausgangs dieses Verfahrens erste Schritte unternommen, um die Beihilfen zurückzufordern. Bei der Bestimmung des Umfangs der Rückforderungspflicht seien zahlreiche Schwierigkeiten aufgetreten, so dass Italien mehrfach Kontakt mit den Dienststellen der Kommission aufgenommen habe, um die Situation zu klären.

13. Namentlich habe das Ministerium für Arbeit und soziale Sicherheit der Kommission in einem Schreiben vom 11. Dezember 2000 eine Konzeption für die Rückforderung der Beihilfen vorgelegt und diese sowohl in der mündlichen Verhandlung vom 4. April 2001 in der Rechtssache Italien/Kommission als auch mit einem Schreiben vom 19. April 2001 davon unterrichtet, dass im Februar 2001 eine Besprechung zwischen den Dienststellen der zuständigen Verwaltungen stattgefunden habe, in deren Verlauf zur Vervollständigung der Konzeption des ablauftechnischen Verfahrens zur Rückforderung Aktionslinien festgelegt worden seien, auf deren Grundlage die Beihilfen zurückgefordert werden sollten, die als zu Unrecht gezahlt anzusehen seien.

14. Italien sei fest entschlossen, seinen Verpflichtungen unter Berücksichtigung der Hinweise des Gerichtshofes nachzukommen. Um die Rückforderung schneller durchführen zu können und das Risiko zu vermeiden, dass die Empfänger der zu Unrecht gezahlten Beihilfen auf nationaler oder gar Gemeinschaftsebene einen Rechtsstreit mit unvorhersehbaren Ausmaßen anhängig machen, sei es zweckmäßig, dass Italien und die Gemeinschaft gemeinsam außergerichtlich zumindest in groben Zügen die Kriterien festlegten, die zum einen ermöglichten, konkret die Rückforderung von Beihilfen auszuschließen, die Unternehmen gewährt worden seien, die aufgrund ihrer Größe, ihres Standortes sowie der Art ihrer Tätigkeit nicht zur Rückerstattung verpflichtet seien, und zum anderen die Unternehmen freizustellen, bei denen man davon ausgehen könne, dass sie sich auf ein schutzwürdiges Vertrauen berufen könnten. Der Ausschluss bestimmter Unternehmensgruppen, insbesondere kleiner Unternehmen, könne die effektive Rückforderung bei Unternehmen erleichtern, die keinen gerechtfertigten Ausschlussgrund geltend machen könnten.

Würdigung durch den Gerichtshof

15. Es ist darauf hinzuweisen, dass die Rückforderung einer rechtswidrigen Beihilfe nach ständiger Rechtsprechung die zwingende Folge der Feststellung ihrer Rechtswidrigkeit ist und dass diese Folge nicht davon abhängt, in welcher Form die Beihilfe gewährt worden ist (siehe u. a. Urteile vom 10. Juni 1993 in der Rechtssache C-183/91, Kommission/Griechenland, Slg. 1993, I-3131, Randnr. 16, vom 27. Juni 2000 in der Rechtssache C-404/97, Kommission/Portugal, Slg. 2000, I4897, Randnr. 38, und vom 26. Juni 2003 in der Rechtssache C-404/00, Kommission/Spanien, Slg. 2003, I6695, Randnr. 44).

16. Nach ebenfalls ständiger Rechtsprechung kann ein Mitgliedstaat, wenn die Entscheidung der Kommission, mit der die Aufhebung einer mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbaren staatlichen Beihilfe verlangt wird, nicht im Klagewege angefochten oder eine derartige Klage abgewiesen worden ist, zur Verteidigung gegen eine von der Kommission gemäß Artikel 88 Absatz 2 EG erhobene Vertragsverletzungsklage nur geltend machen, dass es völlig unmöglich gewesen sei, die Entscheidung richtig durchzuführen (Urteile vom 4. April 1995 in der Rechtssache C348/93, Kommission/Italien, Slg. 1995, I-673, Randnr. 16, vom 22. März 2001 in der Rechtssache C-261/99, Kommission/Frankreich, Slg. 2001, I-2537, Randnr. 23, vom 2. Juli 2002 in der Rechtssache C-499/99, Kommission/Spanien, Slg. 2002, I-6031, Randnr. 21, und vom 26. Juni 2003, Kommission/Spanien, oben in Randnr. 15 genannt, Randnr. 45).

17. Auch wenn ein Mitgliedstaat gegen eine solche Klage nichts anderes geltend machen kann als die völlige Unmöglichkeit, die Entscheidung durchzuführen, so kann er doch unvorhergesehene und unvorhersehbare Schwierigkeiten, die bei der Durchführung einer Entscheidung der Kommission über staatliche Beihilfen auftreten, oder Folgen, die von der Kommission nicht beabsichtigt sind, der Kommission zur Beurteilung vorlegen und geeignete Änderungen der fraglichen Entscheidung vorschlagen. In einem solchen Fall müssen die Kommission und der Mitgliedstaat gemäß dem Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit, der namentlich Artikel 10 EG zugrunde liegt und den Mitgliedstaaten und den Gemeinschaftsorganen gegenseitige Pflichten auferlegt, redlich zusammenwirken, um diese Schwierigkeiten unter Beachtung der Bestimmungen des EG-Vertrags, insbesondere derjenigen über die Beihilfen, auszuräumen (vgl. die oben in Randnr. 16 genannten Urteile Kommission/Italien, Randnr. 17, Kommission/Frankreich, Randnr. 24, vom 3. Juli 2001 in der Rechtssache C378/98, Kommission/Belgien, Slg. 2001, I-5107, Randnr. 31, vom 2. Juli 2002, Kommission/Spanien, oben in Randnr. 16 genannt, Randnr. 24, und vom 26. Juni 2003, Kommission/Spanien, oben in Randnr. 15 genannt, Randnr. 46).

18. Völlige Unmöglichkeit der Durchführung liegt jedoch nicht vor, wenn sich die beklagte Regierung darauf beschränkt, die Kommission über die mit der Durchführung der Entscheidung verbundenen rechtlichen, politischen oder praktischen Schwierigkeiten zu unterrichten, ohne gegenüber den betroffenen Unternehmen echte Schritte zur Rückforderung der Beihilfe zu unternehmen und ohne der Kommission andere Modalitäten zur Durchführung der Entscheidung vorzuschlagen, die es erlauben würden, die Schwierigkeiten auszuräumen (vgl. Urteile vom 2. Februar 1989 in der Rechtssache 94/87, Kommission/Deutschland, Slg. 1989, 175, Randnr. 10, vom 29. Januar 1998 in der Rechtssache C280/95, Kommission/Italien, Slg. 1998, I259, Randnr. 14, vom 2. Juli 2002, oben in Randnr. 16 genannt, Randnr. 25, und vom 26. Juni 2003, Kommission/Spanien, oben in Randnr. 15 genannt, Randnr. 47).

19. Im vorliegenden Fall hat der Gerichtshof in Randnummer 102 des Urteils Italien/Kommission zum Grundsatz des Vertrauensschutzes festgestellt, dass die Kommission durch Mitteilung im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften (ABl. 1983, C 318, S. 3) die potenziellen Empfänger einer staatlichen Beihilfe davon unterrichtet hat, dass sie Beihilfen, die ihnen missbräuchlich gewährt würden, gegebenenfalls zurückzahlen müssten (vgl. Urteil vom 20. September 1990 in der Rechtssache C5/89, Kommission/Deutschland, Slg. 1990, I3437, Randnr. 15).

20. Sicherlich ist nicht auszuschließen, dass der Empfänger einer rechtswidrigen Beihilfe sich ausnahmsweise auf Umstände berufen kann, aufgrund deren sein Vertrauen in die Ordnungsmäßigkeit der Beihilfe geschützt ist, so dass er sie nicht zurückzuerstatten braucht. In einem solchen Fall ist es Sache des nationalen Gerichts, so es befasst wird, alle Umstände zu würdigen und dem Gerichtshof gegebenenfalls Auslegungsfragen vorzulegen (vgl. die oben genannten Urteile vom 20. September 1990, Kommission/Deutschland, Randnr. 16, und Italien/Kommission, Randnr. 103).

21. Ein Mitgliedstaat, dessen Behörden eine Beihilfe unter Verletzung des Verfahrens des Artikels 88 EG gewährt haben, kann sich hingegen nicht unter Berufung auf das geschützte Vertrauen der Begünstigten der Verpflichtung entziehen, Maßnahmen zur Durchführung einer Entscheidung der Kommission zu ergreifen, die die Rückforderung der Beihilfe anordnet. Andernfalls wären die Artikel 87 EG und 88 EG praktisch wirkungslos, da die nationalen Behörden sich auf ihr eigenes rechtswidriges Verhalten berufen könnten, um entsprechenden Entscheidungen der Kommission ihre Wirkung zu nehmen (vgl. die Urteile vom 20. September 1990, Kommission/Deutschland, Randnr. 17, und Italien/Kommission, Randnr. 104).

22. In Randnummer 105 des Urteils Italien/Kommission hat der Gerichtshof zum Vorbringen der italienischen Regierung, die Rückzahlung sei komplex und schwer nachprüfbar und das Beihilfesystem habe im nationalen Produktionsgeflecht einen umfänglichen Anwendungsbereich, weiter ausgeführt, dass die Befürchtung interner Schwierigkeiten, auch wenn sie unüberwindlich sein sollten, es nach ständiger Rechtsprechung nicht zu rechtfertigen vermag, dass ein Mitgliedstaat die ihm nach dem Gemeinschaftsrecht obliegenden Verpflichtungen nicht einhält (vgl. insbesondere Urteil Kommission/Portugal, oben in Randnr. 15 genannt, Randnr. 52).

23. Weder die Tatsache, dass ein Mitgliedstaat es für erforderlich hält, die konkrete Situation jedes einzelnen betroffenen Unternehmens in Bezug auf die Rückforderung der rechtswidrigen Beihilfen zu untersuchen, was der Gerichtshof im Übrigen in Randnummer 91 des Urteils Italien/Kommission als zulässig angesehen hat, noch der Umstand, dass innerhalb einer ungewöhnlich kurzen Frist nach der Zustellung der Entscheidung über die Rückforderung dieser Beihilfen eine Vertragsverletzungsklage erhoben wurde, sind geeignet, die Nichtdurchführung dieser Entscheidung zu rechtfertigen (vgl. Urteil vom 26. Juni 2003, Kommission/Spanien, oben in Randnr. 15 genannt, Randnr. 56).

24. Da Artikel 88 Absatz 2 Unterabsatz 2 EG - anders als Artikel 226 EG - kein Vorverfahren vorsieht und die Kommission daher keine mit Gründen versehene Stellungnahme abgibt, in der eine Frist gesetzt wird, innerhalb deren die Mitgliedstaaten der Entscheidung nachkommen müssen, kann für die Anwendung des Artikels 88 Absatz 2 Unterabsatz 2 EG-Vertrag nur die Frist, die in der Entscheidung vorgesehen ist, deren Nichtdurchführung beanstandet wird, oder gegebenenfalls die Frist gelten, die die Kommission später festgesetzt hat (Urteil vom 3. Juli 2001, Kommission/Belgien, oben in Randnr. 17 genannt, Randnr. 26). Im vorliegenden Fall hat die Kommission in Artikel 4 der Entscheidung 2000/128 eine Frist von zwei Monaten ab Bekanntgabe dieser Entscheidung gesetzt.

25. Unstreitig hatte die italienische Regierung beim Ablauf dieser Frist die Maßnahmen, die zur Rückforderung der fraglichen Beihilfen erforderlich waren, noch nicht ergriffen. Außerdem geht aus Randnummer 105 des oben genannten Urteils Italien/Kommission hervor, dass der Gerichtshof mehr als zweieinhalb Jahre nach Ablauf dieser Frist festgestellt hat, dass Italien keinen Versuch unternommen hatte, die fraglichen Beihilfen zurückzufordern.

26. Schließlich geht aus den Ausführungen der italienischen Regierung in der mündlichen Verhandlung hervor, dass sich zu diesem Zeitpunkt, also am 18. September 2003, sowohl das Rückforderungsverfahren als auch die Konzeption der Leitlinien für die Durchführung der Rückforderung der fraglichen Beihilfen und die Bestimmung der betreffenden Unternehmen immer noch in der Vorbereitungsphase befanden. Italien hatte also zu diesem Zeitpunkt keine konkreten Schritte unternommen, um die Beihilfe von den Unternehmen zurückzufordern.

27. Somit ist festzustellen, dass die Italienische Republik den Nachweis der Unmöglichkeit der Durchführung der Entscheidung 2000/128 nicht erbracht hat.

28. Da die italienische Regierung keine der zur Rückforderung der in der Entscheidung 2000/128 gerügten Beihilfen erforderlichen Maßnahmen ergriffen hat, kann sie sich zu ihrer Verteidigung auch nicht auf eine angeblich fehlende Zusammenarbeit seitens der Kommission berufen.

29. Daher ist festzustellen, dass die Italienische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus den Artikeln 3 und 4 der Entscheidung 2000/128 verstoßen hat, dass sie nicht innerhalb der ihr gesetzten Frist alle erforderlichen Maßnahmen ergriffen hat, um von den Empfängern die Beihilfen zurückzufordern, die mit dieser Entscheidung für rechtswidrig und mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar erklärt wurden.

Kostenentscheidung:

Kosten

30. Nach Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Kommission die Verurteilung der Italienischen Republik beantragt hat und diese mit ihrem Vorbringen im Wesentlichen unterlegen ist, sind ihr die Kosten aufzuerlegen.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1. Die Italienische Republik hat dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus den Artikeln 3 und 4 der Entscheidung 2000/128/EG der Kommission vom 11. Mai 1999 über die italienische Beihilferegelung für Maßnahmen zur Förderung der Beschäftigung verstoßen, dass sie nicht innerhalb der ihr gesetzten Frist alle erforderlichen Maßnahmen ergriffen hat, um von den Empfängern die Beihilfen zurückzufordern, die mit dieser Entscheidung für rechtswidrig und mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar erklärt wurden.

2. Die Italienische Republik trägt die Kosten des Verfahrens.

Ende der Entscheidung

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