Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäisches Gericht
Beschluss verkündet am 08.02.1993
Aktenzeichen: T-101/92
Rechtsgebiete: VerfO Gerichtshof, EWG-Satzung


Vorschriften:

VerfO Gerichtshof Art. 94 § 1
VerfO Gerichtshof Art. 43 § 1
VerfO Gerichtshof Art. 43 § 4
VerfO Gerichtshof Art. 44 § 3
EWG-Satzung Art. 17
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

Das in Artikel 44 § 3 der Verfahrensordnung des Gerichts geregelte und zu den Voraussetzungen einer ordnungsgemässen Klageschrift gehörende Erfordernis der Hinterlegung einer Bescheinigung des Anwalts, der als Beistand oder Vertreter einer Partei auftritt, ist dadurch gerechtfertigt, daß der Gemeinschaftsrichter die Möglichkeit haben muß, für die Einhaltung von Artikel 17 der EWG-Satzung des Gerichtshofes zu sorgen, wonach andere Parteien als die Mitgliedstaaten durch einen Anwalt vertreten sein müssen, der in einem Mitgliedstaat zugelassen ist. Diese Voraussetzung stellt demnach ein wesentliches Formerfordernis dar, dessen Nichtbeachtung mit dem Ablauf der dem Kläger für die Behebung des Mangels seiner Klageschrift gesetzten Frist zur Unzulässigkeit der Klage führt.


BESCHLUSS DES GERICHTS ERSTER INSTANZ (VIERTE KAMMER) VOM 8. FEBRUAR 1993. - DIMITRIOS STAGAKIS GEGEN EUROPAEISCHES PARLAMENT. - UNZULAESSIGKEIT DER KLAGE AUS FORMGRUENDEN - ARMENRECHT. - RECHTSSACHE T-101/92.

Entscheidungsgründe:

1 Die vorliegende Klage ist mit einer Klageschrift erhoben worden, die an die Kanzlei des Gerichtshofes gerichtet war und bei dieser am 9. November 1992 eingegangen ist. Nachdem der Kläger mit Schreiben der Kanzlei des Gerichtshofes vom 13. November 1992 aufgefordert worden war, mitzuteilen, ob die Klage an das Gericht erster Instanz gerichtet sei, und dieser dies mit am 26. November 1992 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangenem Schreiben bejaht hatte, ist die Klageschrift gemäß Artikel 47 Absatz 1 der EWG-Satzung des Gerichtshofes an die Kanzlei des Gerichts übermittelt und dort am 27. November 1992 in das Register eingetragen worden.

2 Diese Klageschrift ist in nur einem Exemplar und ohne ein Verzeichnis der beigefügten Urkunden eingereicht worden. Die Klageschrift trägt die Unterschriften des Klägers und des Herrn Giorgios Dim. Kartalis, letztere mit dem Zusatz "Rechtsanwalt". Als Zustellungsbevollmächtigte ist Frau Ismini Seïtani, 42, rü des Glacis, angegeben, die auf telefonische Anfrage der Kanzlei mitgeteilt hat, daß sie sich bereit erklärt habe, die Zustellungen entgegenzunehmen. Mit der Klageschrift ist keine Bescheinigung eingereicht worden, aus der hervorgeht, daß Herr Kartalis als Anwalt zugelassen ist. Der Kläger beantragt in der Klageschrift ferner, ihm Prozeßkostenhilfe zu bewilligen und ihn für seine Klage vom Anwaltszwang zu entbinden, ohne daß er jedoch mit der Klageschrift die darin erwähnten, angeblich seine Bedürftigkeit beweisenden Steuerbescheinigungen vorgelegt hätte.

3 Nachdem die Kanzlei vergeblich versucht hatte, Herrn Kartalis direkt telefonisch zu erreichen, hat sie ihn mit Schreiben vom 30. November 1992, das der Zustellungsbevollmächtigten in Luxemburg am 2. Dezember 1992 zugestellt worden ist, aufgefordert, zur Behebung der Mängel der Klage bis zum 18. Dezember 1992 eine Bescheinigung über seine Zulassung als Anwalt, ein Verzeichnis der Anlagen zur Klageschrift und sechs beglaubigte Abschriften der Klageschrift einzureichen. Die Kanzlei hat den Kläger in diesem Schreiben auch aufgefordert, seinen Prozeßkostenhilfeantrag gemäß Artikel 94 § 1 der Verfahrensordnung durch besonderen Schriftsatz unter Beifügung einer Bescheinigung der zuständigen Behörde, aus der sich seine Bedürftigkeit ergibt, einzureichen.

4 Der Kläger hat auf dieses Schreiben weder vor noch nach Ablauf der Frist am 18. Dezember 1992 reagiert.

5 Am 22. Dezember 1992 hat der Kläger ein als "Widerspruch" bezeichnetes Schriftstück eingereicht, das an den "Widerspruchsausschuß (Gericht erster Instanz ° Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften)" gerichtet ist. In diesem Schriftstück werden bestimmte Punkte der Klageschrift richtiggestellt und ergänzt; im übrigen stimmt es mit dieser inhaltlich überein. Auch mit diesem, gleichfalls vom Kläger und von Herrn Kartalis unterzeichneten Schriftstück sind weder eine Bescheinigung über dessen Zulassung als Anwalt noch ein Verzeichnis der Anlagen, noch Unterlagen oder Urkunden eingereicht worden, aus denen sich die Bedürftigkeit des Klägers ergibt. Es ist als Korrigendum zur Klageschrift in das Register der Kanzlei eingetragen worden.

6 Gemäß Artikel 43 §§ 1 und 4 der Verfahrensordnung sind mit jedem Schriftsatz ein Verzeichnis der beigefügten Urkunden, auf die sich die Partei beruft, und fünf Abschriften für das Gericht einzureichen. Gemäß Artikel 44 § 3 der Verfahrensordnung hat der Anwalt, der als Beistand oder Vertreter einer Partei auftritt, bei der Kanzlei eine Bescheinigung zu hinterlegen, aus der hervorgeht, daß er in einem Mitgliedstaat als Anwalt zugelassen ist.

7 Das Erfordernis der Hinterlegung einer Bescheinigung nach Artikel 44 § 3 der Verfahrensordnung gehört zu den Voraussetzungen einer ordnungsgemässen Klageschrift, bei deren Nichtbeachtung gemäß Artikel 44 § 6 der Verfahrensordnung eine angemessene Frist zur Behebung des Mangels und zur Beibringung der vorgeschriebenen Unterlagen gesetzt wird. Kommt der Kläger dieser Aufforderung vor Ablauf der Frist nicht nach, so entscheidet das Gericht, ob die Nichtbeachtung dieser Formvorschriften die Unzulässigkeit der Klage zur Folge hat.

8 Die Voraussetzung der Hinterlegung einer Bescheinigung ist dadurch gerechtfertigt, daß das Gericht die Möglichkeit haben muß, für die Einhaltung von Artikel 17 der EWG-Satzung des Gerichtshofes zu sorgen, wonach andere Parteien als die Mitgliedstaaten durch einen Anwalt vertreten sein müssen, der in einem Mitgliedstaat zugelassen ist. Diese Voraussetzung stellt demnach ein wesentliches Formerfordernis dar, dessen Nichtbeachtung zur Unzulässigkeit der Klage führt.

9 Im vorliegenden Fall entspricht die Klageschrift Artikel 44 § 3 der Verfahrensordnung nicht.

10 Der Kläger ist mit Schreiben, das seiner Zustellungsbevollmächtigten in Luxemburg zugestellt worden ist, ordnungsgemäß aufgefordert worden, dieser Vorschrift nachzukommen, und er hat hierzu über eine angemessene Frist verfügt. Er hat dennoch keine Unterlagen vorgelegt, anhand deren das Gericht feststellen kann, ob Herr Kartalis in einem Mitgliedstaat als Anwalt zugelassen ist.

11 Die Klage ist folglich für unzulässig zu erklären.

12 Da dieser Beschluß erlassen wird, bevor die Klageschrift dem Beklagten zugestellt worden ist und diesem Kosten entstehen konnten, genügt hinsichtlich der Kosten die Entscheidung, daß der Kläger seine eigenen Kosten trägt.

13 Der Antrag auf Prozeßkostenhilfe ist zurückzuweisen, da die in Artikel 94 § 1 Absatz 2 der Verfahrensordnung genannten Unterlagen nicht eingereicht worden sind.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DAS GERICHT (Vierte Kammer)

beschlossen:

1) Die Klage ist unzulässig.

2) Der Kläger trägt seine eigenen Kosten.

3) Der Antrag auf Prozeßkostenhilfe wird zurückgewiesen.

Luxemburg, den 8. Februar 1993.

Ende der Entscheidung

Zurück