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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäisches Gericht
Urteil verkündet am 12.07.1991
Aktenzeichen: T-110/89
Rechtsgebiete: Beamtenstatut


Vorschriften:

Beamtenstatut Art. 90 Abs. 2
Beamtenstatut Art. 72
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

1. Artikel 72 des Statuts gibt den Berechtigten des gemeinsamen Krankheitsfürsorgesystems keinen Anspruch auf eine Erstattung von 80 % oder 85 % der entstandenen Kosten je nach Art der durchgeführten Leistungen. Diese Sätze legen den höchsten erstattungsfähigen Betrag fest. Sie bilden keine Mindestsätze und verpflichten die Organe nicht, den Betroffenen in allen Fällen eine Erstattung im genannten Umfang zu gewähren.

Die Festlegung von Erstattungshöchstbeträgen in den Ausführungsbestimmungen zur Wahrung des finanziellen Gleichgewichts des Krankheitsfürsorgesystems verstösst nicht gegen Artikel 72 des Statuts, sofern die Gemeinschaftsorgane bei der Festlegung dieser Hoechstbeträge den Grundsatz des sozialen Schutzes beachten, der diesem Artikel zugrunde liegt.

2. Im Rahmen einer Klage gemäß Artikel 91 des Statuts ist das Gericht nur für die Prüfung der Rechtmässigkeit einer den Kläger beschwerenden Maßnahme zuständig und kann sich, wenn es an einer besonderen Durchführungsmaßnahme fehlt, nicht abstrakt zur Rechtmässigkeit einer Norm äussern.

3. Der Gleichbehandlungsgrundsatz verpflichtet die Gemeinschaftsorgane, Abhilfe zu schaffen, wenn zwischen den Berechtigten des gemeinsamen Krankheitsfürsorgesystems eine Ungleichheit auftritt, weil sie in einigen Mitgliedstaaten höhere Kosten für ärztliche Leistungen zu tragen haben.

Die Organe sind jedoch nicht zu einer sofortigen Anhebung der den betreffenden Beamten gewährten Erstattungen verpflichtet, zumal das finanzielle Gleichgewicht des Systems gewahrt bleiben muß. Sie müssen sich jedoch mit der erforderlichen Sorgfalt über eine geeignete Änderung der Regelung zur Sicherstellung der Krankheitsfürsorge verständigen, die die Beachtung des Gleichbehandlungsgrundsatzes gewährleistet.


URTEIL DES GERICHTS ERSTER INSTANZ (VIERTE KAMMER) VOM 12. JULI 1991. - GIORGIO PINCHERLE GEGEN KOMMISSION DER EUROPAEISCHEN GEMEINSCHAFTEN. - BEAMTE - SOZIALER SCHUTZ - ARTIKEL 72 DES STATUTS - DURCHFUEHRUNGSBESTIMMUNGEN - ARZTKOSTENERSTATTUNG - GLEICHBEHANDLUNG. - RECHTSSACHE T-110/89.

Entscheidungsgründe:

Sachverhalt

1 Der Kläger ist Leiter der Abteilung "Statut" der Generaldirektion IX, Personal und Verwaltung, der Kommission der Europäischen Gemeinschaften. Als Beamter der Kommission ist er dem gemeinsamen Krankheitsfürsorgesystem für die Beamten der Europäischen Gemeinschaften (im folgenden: gemeinsames System) angeschlossen. Seine Ehefrau und seine Kinder genießen als mitangeschlossene Personen den Schutz desselben Systems. Dienstort des Klägers ist Brüssel. Seit einiger Zeit studieren seine Kinder in Italien, wo seine Ehefrau sich aus diesem Grund während längerer Zeiträume aufhält. Unter diesen Umständen sind insbesondere für seine Familienangehörigen Krankheitskosten in Italien entstanden.

2 Im Laufe des Jahres 1988 hat der Kläger bei der Abrechnungsstelle in Brüssel mehrere Anträge auf Erstattung von Krankheitskosten gestellt, die in Italien aufgrund von Leistungen an seine Familienangehörigen entstanden waren. Daraufhin erhielt der Kläger drei Abrechnungsbögen, die am 8. Juni 1988, am 10. August 1988 und am 23. August 1988 folgendermassen ausgestellt worden waren:

- Der Abrechnungsbogen Nr. 71 vom 8. Juni 1988 betrifft die Erstattung von Kosten für acht ärztliche Leistungen, die in italienischen Lire entstanden waren. In sechs Fällen wurden diese Kosten mit einem Satz von 85 % erstattet; in den beiden anderen Fällen - zwei Beratungen durch Fachärzte - wurden sie mit einem Betrag von 1 072 BFR erstattet, der damals den in Abschnitt I (Beratungen und Besuche) von Anhang I der Regelung zur Sicherstellung der Krankheitsfürsorge für die Beamten der Europäischen Gemeinschaften (im folgenden: Regelung zur Sicherstellung der Krankheitsfürsorge) vorgesehenen Erstattungshöchstsatz bildete. In den beiden letztgenannten Fällen entsprach der erstattete Betrag 63 % beziehungsweise 38 % der tatsächlich entstandenen Kosten.

- Der Abrechnungsbogen Nr. 72 vom 10. August 1988 betrifft die Erstattung von Kosten für zwölf ärztliche Leistungen. Die Honorare für acht dieser Leistungen waren in italienischen Lire gezahlt worden. Acht Erstattungen wurden mit einem Satz von 85 % vorgenommen; eine weitere mit einem Satz von 80 %; zwei Beratungen durch italienische Fachärzte wurden mit dem damals in Anhang I der Regelung zur Sicherstellung der Krankheitsfürsorge vorgesehenen Hoechstbetrag erstattet, das heisst mit einem Betrag von 1 072 BFR, was 29 % der entstandenen Kosten entsprach; schließlich wurde ein Hausbesuch durch einen italienischen Facharzt mit dem in Anhang I vorgesehenen Hoechstsatz erstattet, das heisst mit einem Betrag von 1 470 BFR, was 43 % der entstandenen Kosten entsprach;

- Der Abrechnungsbogen Nr. 73 vom 23. August 1988 betrifft die Erstattung von Kosten in Höhe von 1 500 000 LIT für Zahnbehandlungen und von 100 000 LIT für die bei diesen Behandlungen verwendeten Materialien. Der Kläger hatte einen Kostenvoranschlag eingereicht, der von der Abrechnungsstelle genehmigt worden war. Diese hatte den Kläger jedoch darauf hingewiesen, daß die Erstattung in dem von der Regelung zur Sicherstellung der Krankheitsfürsorge vorgesehenen Rahmen erfolgen würde. Die Abrechnungsstelle holte zu diesen Kosten gemäß Anhang I Abschnitt XV Absatz 2 der Regelung die Stellungnahme des Vertrauensarztes ein, nach dessen Ansicht die Honorare für die eigentlichen Zahnbehandlungen über den normalen Rahmen hinausgingen, so daß er sie auf 850 000 LIT herabsetzte. Der Kläger erhielt für die Zahnbehandlungen eine Erstattung von 19 203 BFR, das sind 79,73 % des anerkannten Betrages von 850 000 LIT und für die verwendeten Materialien eine Erstattung von 1 866 BFR, das sind 66,55 % des von ihm gezahlten Betrages von 100 000 LIT.

3 Mit Schreiben vom 13. Oktober 1988, das am 19. Oktober 1988 eingegangen ist, legte der Kläger gegen die Abrechnungsbögen gemäß Artikel 90 Absatz 2 des Statuts der Beamten der Europäischen Gemeinschaften (im folgenden: Statut) Beschwerde ein, in der er auf die genannten Erstattungssätze hinwies, deren Ergebnisse er als ungerecht und diskriminierend ansah.

4 Am 23. Februar 1989 gab der von der Verwaltung gemäß Artikel 16 Absatz 2 der Regelung zur Sicherstellung der Krankheitsfürsorge angerufene Ausschuß für die Verwaltung des gemeinsamen Systems die Stellungnahme Nr. 1/89 zur Beschwerde des Klägers ab, in der er die Ansicht vertrat, daß die von der Abrechnungsstelle getroffenen Entscheidungen zu bestätigen seien. Diese Stellungnahme wurde dem Kläger übermittelt, der keine weitere Antwort der Verwaltung auf seine Beschwerde erhielt.

5 Am 23. Februar 1989 gab der Verwaltungsausschuß ausserdem aufgrund der Artikel 18 Absatz 6 und 30 der Regelung zur Sicherstellung der Krankheitsfürsorge die Stellungnahme Nr. 3/89 zur Änderung dieser Regelung ab. In dieser Stellungnahme machte er geltend, daß aufgrund eines zunehmenden Ungleichgewichts zwischen Beiträgen und Ausgaben des gemeinsamen Systems während der letzten Haushaltsjahre ein Fehlbetrag entstanden sei und daß nach den Vorausberechnungen die Gefahr bestuende, daß die angesammelten Überschüsse des Systems zum Schluß des Haushaltsjahres 1991 weitgehend erschöpft sein würden. Er hob die Notwendigkeit hervor, folglich die Wiederherstellung des Gleichgewichts zwischen Beiträgen und Ausgaben anzustreben, und schlug zu diesem Zweck neben anderen Maßnahmen vor, den Beitrag der angeschlossenen Personen von 1,35 % auf 1,80 % und den der Organe von 2,70 % auf 3,60 % zu erhöhen. Gleichzeitig regte er verschiedene Änderungen der Regelung zur Sicherstellung der Krankheitsfürsorge an - insbesondere sollten in Anhang III, der künftig die Überschrift "Erstattungssätze für Zahnbehandlungs- und Zahnersatzkosten" tragen sollte, zwei Abschnitte A und B aufgenommen werden, die die Zahnbehandlung beziehungsweise den Zahnersatz betreffen - sowie verschiedene Änderungen der Auslegungsbestimmungen zu der Regelung:

- Zu den Auslegungsbestimmungen zu Anhang I ("Vorschriften für die Erstattung der Krankheitskosten"), Abschnitt I, Punkte 1 und 2 schlug er vor, daß "für die in italienischen Lire abgerechneten Honorare für diese Leistungen (Beratungen und Besuche durch praktische Ärzte oder Fachärzte)... der Tarif auf der Grundlage und im Rahmen eines Koeffizienten von 2 festgesetzt [wird]";

- zu den Auslegungsbestimmungen zu Anhang III, Abschnitt A schlug er vor, daß für die in italienischen Lire abgerechneten Honorare für Leistungen der Tarif auf der Grundlage und im Rahmen eines Koeffizienten von 1,8 festgesetzt wird oder daß für die Erstattung bei diesen Leistungen höhere Hoechstsätze festgesetzt werden.

6 Am 20. Dezember 1990 gab der Verwaltungsausschuß eine neue Stellungnahme Nr. 35/90 zur Änderung der Regelung zur Sicherstellung der Krankheitsfürsorge ab. Er vertrat die Ansicht, daß es notwendig sei, die Erstattungshöchstbeträge bei einigen Leistungen anzuheben, und daß diese Beträge möglichst so festgesetzt werden sollten, daß mindestens 90 von 100 der den angeschlossenen Personen und ihren Angehörigen tatsächlich erbrachten ärztlichen und Krankenhausleistungen mit einem Satz von 80 % beziehungsweise 85 % erstattet werden könnten, wie es in Artikel 72 des Statuts und in der Regelung zur Sicherstellung der Krankheitsfürsorge vorgesehen sei. Er wies darauf hin, daß der Durchschnittssatz der Erstattung für die Leistungen - mit Ausnahme derjenigen, für die die Regelung einen Erstattungssatz von 100 % vorsehe - sich 1989 erhöht habe: für die Abrechnungsstelle in Brüssel auf 80,01 %; für die Abrechnungsstelle in Luxemburg auf 80,79 %; für die Abrechnungsstelle in Ispra auf 72,73 %. Zur Wahrung des Gleichbehandlungsgrundsatzes müssten die Verwaltungen der Organe im erforderlichen Umfang gemäß Artikel 8 der Regelung zur Sicherstellung der Krankheitsfürsorge Koeffizienten für die Länder festsetzen, in denen die Kosten ärztlicher Behandlungen besonders hoch seien.

Verfahren

7 Der Kläger hat mit Klageschrift, die am 8. Mai 1989 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, die vorliegende Klage erhoben, die unter dem Aktenzeichen 161/89 eingetragen wurde.

8 Mit Beschluß vom 15. November 1989 hat der Gerichtshof gemäß Artikel 14 des Beschlusses des Rates vom 24. Oktober 1988 zur Errichtung eines Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften die Rechtssache an das Gericht verwiesen, wo sie unter dem Aktenzeichen T-110/89 in das Register der Kanzlei eingetragen wurde.

9 Mit vier Beschlüssen vom 12. Dezember 1989 hat das Gericht die Unione Sindacale Euratom Ispra, das Sindacato Ricerca della Confederazione Generale Italiana del Lavoro, das Sindacato Ricerca dell' Unione Italiana del Lavoro und das Sindacato Ricerca della Confederazione Italiana Sindacati Liberi als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge des Klägers zugelassen. Die Streithelfer haben ihre schriftlichen Erklärungen am 23. Februar 1990 bei der Kanzlei des Gerichts eingereicht.

10 Das Gericht (Vierte Kammer) hat auf Bericht des Berichterstatters beschlossen, die mündliche Verhandlung ohne vorherige Beweisaufnahme zu eröffnen.

11 Die mündliche Verhandlung hat am 30. Januar 1991 stattgefunden. Die Parteivertreter haben zur Sache verhandelt und die Fragen des Gerichts beantwortet. Die Beklagte hat den Text der Stellungnahme Nr. 3/89 des Verwaltungsausschusses vorgelegt und die Streithelfer den Text der Stellungnahme Nr. 35/90 dieses Ausschusses, die beide die Änderung der Regelung zur Sicherstellung der Krankheitsfürsorge betreffen und oben erwähnt wurden.

12 Der Kläger beantragt,

- festzustellen, daß die im Anhang zur gemeinsamen Regelung des Krankheitsfürsorgesystems festgelegten Erstattungshöchstsätze für Besuche, ärztliche Beratungen und Zahnbehandlungen - im Hinblick auf Leistungen, die in Staaten erbracht wurden, in denen die entstehenden Kosten hoch sind - wegen Verletzung des Grundsatzes und der Kriterien des sozialen Schutzes, die in Artikel 72 des Statuts niedergelegt sind, sowie des Diskriminierungsverbots, das dem gesamten Titel V des Statuts zugrunde liegt, rechtswidrig sind;

- die Entscheidungen, durch die ihm die streitigen Leistungen erstattet wurden, die sich aus den Abrechnungsbögen Nr. 72 vom 10. August 1988 und Nr. 73 vom 23. August 1988 der Abrechnungsstelle ergeben, aufzuheben;

- die Kosten des Verfahrens der Beklagten aufzuerlegen.

13 Die Beklagte beantragt,

- die Klage abzuweisen;

- über die Kosten des Verfahrens nach Rechtslage zu entscheiden.

14 Die Streithelfer haben sich den Anträgen des Klägers angeschlossen.

Zur Begründetheit

15 Der Kläger stützt seine Klage auf zwei Gründe, zum einen auf die Verletzung von Artikel 72 des Statuts und zum anderen auf die Verletzung des allgemeinen Diskriminierungsverbotes, das den Bestimmungen des Titels V des Statuts zugrunde liege.

16 Vor der Darstellung des Vorbringens der Beteiligten sind die Bestimmungen wiederzugeben, die den allgemeinen rechtlichen Rahmen des vorliegenden Rechtsstreits bilden.

17 Artikel 72 Absatz 1 des Statuts sieht vor, daß dem Beamten, seinem Ehegatten und den unterhaltsberechtigten Personen in Krankheitsfällen nach einer von den Organen der Gemeinschaften im gegenseitigen Einvernehmen beschlossenen Regelung Ersatz der Aufwendungen bis zu 80 % gewährleistet wird. Dieser Satz wird für ärztliche Beratungen und Besuche, chirurgische Eingriffe, Kosten der Krankenhausbehandlung, Kauf von Arzneimitteln, Laboruntersuchungen, Röntgenuntersuchungen, Analysen und ärztlich verordnete prothetische Apparate (mit Ausnahme von Zahnprothesen) auf 85 % angehoben.

18 In Ausführung von Artikel 72 des Statuts erließen die Organe der Gemeinschaft die Regelung zur Sicherstellung der Krankheitsfürsorge für die Beamten der Europäischen Gemeinschaften. Artikel 9 Absatz 1 dieser Regelung bestimmt, daß den "Krankheitsfürsorge-Berechtigten im Sinne dieser Regelung... die Wahl des Arztes und der Krankenanstalt frei[steht]". In dieser Regelung sind jedoch Hoechstbeträge für die Erstattung von Krankheitskosten festgesetzt, die für die eigentlichen Krankheitskosten in Anhang I und für Zahnersatz in Anhang III aufgeführt sind. Ausserdem bestimmt Anhang I Abschnitt XV. ("Sonstiges") Absatz 2 folgendes:

"Die Kosten für Behandlungen, die nach Ansicht der Abrechnungsstelle nach Stellungnahme des Vertrauensarztes nicht funktionell beziehungsweise nicht notwendig sind, sind nicht erstattungsfähig.

Die Kosten, die nach Ansicht der Abrechnungsstelle nach Stellungnahme des Vertrauensarztes über den normalen Rahmen hinausgehen, sind nicht erstattungsfähig."

19 Die Regelung zur Sicherstellung der Krankheitsfürsorge wurde mit Wirkung vom 1. Januar 1991 geändert. Anhang III wurde entsprechend den Vorschlägen des Verwaltungsausschusses (siehe oben, Randnr. 5) neu gefasst. Ausserdem wurden die Auslegungsbestimmungen der Regelung in folgender Weise geändert:

- Die Auslegungsbestimmungen zu Anhang I, Abschnitt I, Punkte 1 und 2 lauten nunmehr:

"Auf die Honorare für diese Leistungen (Beratungen oder Besuche durch praktische Ärzte oder Fachärzte), die in LIT oder UKL abgerechnet werden, wird bei der Erstattung gemäß den Bestimmungen von Artikel 8 Absatz 1 der Regelung der Koeffizient 2 angewandt."

- Die Auslegungsbestimmungen zu Anhang III, Abschnitte A und B sehen nunmehr verschiedene Erhöhungsköffizienten für die Erstattungen bei Zahnbehandlungen und bestimmten festgelegten Arten von Zahnersatz vor, bei denen die Honorare und Kosten in LIT abgerechnet werden.

Zum ersten Klagegrund: Verstoß gegen Artikel 72 des Statuts

20 Der Kläger bestreitet weder, daß Artikel 72 des Statuts die Hoechstgrenze der Erstattung festlegt, auf die der Beamte und seine Familienangehörigen, die den Schutz des gemeinsamen Systems genießen, Anspruch haben, noch, daß Artikel 72 die Festlegung der Durchführungsbestimmungen auf die von den Organen der Gemeinschaften im gegenseitigen Einvernehmen beschlossenen Regelung zur Sicherstellung der Krankheitsfürsorge überträgt. Jedoch sei unbestreitbar, daß die Deckung der Krankheitskosten die Gewährleistung einer Erstattung in Höhe von 80 % oder 85 % der entstandenen Kosten zumindest anstreben müsse, selbst wenn einzuräumen sei, daß die Ausführungsbestimmungen einige quantitative Merkmale festlegen müssten.

21 Auch wenn sich die Belastung der Versicherten mit einem geringen Teil der Ausgaben in den nationalen Systemen mehr und mehr durchsetze, sei die Durchführung eines Systems, bei dem unmittelbare Beihilfen fehlten und der von dem Begriff und dem Zweck des "sozialen Schutzes" weit entfernte Erstattungssätze vorsehe, gänzlich rechtswidrig.

22 Die allgemeinen Ausführungsbestimmungen zu Artikel 72 des Statuts, das heisst die Regelung zur Sicherstellung der Krankheitsfürsorge und im vorliegenden Fall ihr Anhang I, müssten immer dann als rechtswidrig angesehen werden, wenn sie Erstattungshöchstsätze aufstellten, die tatsächlich von den in Artikel 72 selbst festgelegten Sätzen von 80 % und 85 % weit entfernt seien. Dies treffe auf die im vorliegenden Fall angegriffenen Erstattungen zu, die im Bereich von 29 % bis 66 % der entstandenen Kosten lägen. Derartige Ergebnisse stellten den in Artikel 72 des Statuts niedergelegten Grundsatz des sozialen Schutzes unmittelbar in Frage.

23 Die Kommission weist darauf hin, daß Artikel 72 des Statuts den Berechtigten des gemeinsamen Systems keinen Anspruch auf eine Erstattung von 80 % oder 85 % je nach Art der durchgeführten Leistungen gebe. Diese Sätze bildeten nur den höchsten erstattungsfähigen Betrag und enthielten daher nicht die Verpflichtung, den angeschlossenen und mitangeschlossenen Personen in allen Fällen eine Erstattung in diesem Umfang zu gewähren.

24 Das gemeinsame System beruhe auf einer Regelung der Erstattung von Krankheitskosten, die nur mit Hilfe der Beiträge der Versicherten funktionieren könne und die deshalb nur über begrenzte Mittel verfüge. Da das allgemeine Interesse der Versicherten darin bestehe, die grösstmögliche Erstattung der entstandenen Krankheitskosten zu erhalten, sei es zur Erreichung der günstigsten Sachlage erforderlich, im Statut und der zugehörigen Regelung Grenzen festzulegen.

25 Dem Wortlaut von Artikel 72 des Statuts kann nicht entnommen werden, daß dieser den Berechtigten des gemeinsamen Systems Anspruch auf eine Erstattung von 80 % oder 85 % der entstandenen Kosten je nach Art der durchgeführten Leistungen gibt. Diese Sätze legen den höchsten erstattungsfähigen Betrag fest. Sie bilden keine Mindestsätze und enthalten daher keine Verpflichtung, den angeschlossenen und mitangeschlossenen Personen in allen Fällen eine Erstattung von 80 % oder 85 % zu gewähren.

26 Die Festlegung von Erstattungshöchstbeträgen in den Ausführungsbestimmungen entspricht dem Statut, zumal die Mittel dieses Systems auf die Beiträge der angeschlossenen Personen und der Organe beschränkt sind und das finanzielle Gleichgewicht des Systems gewahrt bleiben muß.

27 Der Kläger hat noch vorgebracht, die in den Ausführungsbestimmungen festgelegten Erstattungshöchstbeträge seien rechtswidrig, soweit sie - wie es bei den von ihm angegriffenen Erstattungen der Fall sei - von den in Artikel 72 des Statuts festgelegten Sätzen von 80 % und 85 % weit entfernt seien. Die Organe waren jedoch angesichts des Fehlens von Erstattungshöchstbeträgen im Statut befugt, unter Beachtung des Grundsatzes des sozialen Schutzes, der Artikel 72 des Statuts zugrunde liegt, angemessene Hoechstbeträge festzulegen. Im vorliegenden Fall erfolgten die auf den Abrechnungsbögen Nr. 71 und 72 aufgeführten Erstattungen zum grössten Teil - in 15 von 20 Fällen - mit einem Satz von 80 % oder 85 %; nur eine begrenzte Zahl von Erstattungen erreichte diesen Satz nicht. Beim Abrechnungsbogen Nr. 73 wurde das in der Regelung zur Sicherstellung der Krankheitsfürsorge und dort speziell in Anhang I Abschnitt XV für Kosten, die über den normalen Rahmen hinausgehen, vorgesehene Verfahren eingehalten. Die Umstände des vorliegenden Falles erlauben es daher nicht, die von den Organen im gegenseitigen Einvernehmen festgelegten Hoechstbeträge als rechtswidrig oder ungerecht zu bezeichnen.

28 Weiter haben der Kläger und die Streithelfer während des schriftlichen Verfahrens auf Artikel 8 Absatz 1 der Regelung zur Sicherstellung der Krankheitsfürsorge hingewiesen:

"Sind Kosten für ärztliche Leistungen entstanden, die die angeschlossene Person oder eine durch sie mitangeschlossene Person in einem Land mit besonders hohen ärztlichen Behandlungskosten in Anspruch genommen hat, und stellt der aufgrund dieser Regelung nicht erstattete Teil der Kosten eine schwere Belastung für die angeschlossene Person dar, so kann aufgrund einer Stellungnahme des Vertrauensarztes der zuständigen Abrechnungsstelle, der die Kosten für ärztliche Leistungen beurteilt, durch Verfügung der Anstellungsbehörde des Organs, dem die betreffende Person angehört, oder durch Verfügung der Abrechnungsstelle, wenn sie hierzu von der Anstellungsbehörde befugt worden ist, eine Sondererstattung gewährt werden."

29 Sie machten geltend, daß Artikel 8 Absatz 1, der die Möglichkeit einer Abhilfe in Fällen eröffne, in denen die entstandenen Krankheitskosten besonders hoch seien, durch die Auslegungsbestimmungen zu der Regelung zur Sicherstellung der Krankheitsfürsorge aufgehoben würde, die zur näheren Erläuterung seiner Reichweite folgendes vorsähen:

"Absatz 1 gilt im Prinzip nicht für die Länder der Gemeinschaft.

Die von den Verwaltungschefs im gegenseitigen Einvernehmen erstellte Liste der Länder mit besonders hohen Behandlungskosten umfasst zur Zeit die USA, Kanada, Chile, Uruguay, Japan und Venezuela...

Die in diesen Ländern anfallenden Krankheitskosten werden gegebenenfalls auf Vorschlag des Zentralbüros und nach Zustimmung des Verwaltungsausschusses bis zu einem Hoechstbetrag erstattet, der doppelt so hoch ist wie die in den Anhängen zur Regelung genannten erstattungsfähigen Hoechstbeträge.

Eine 'schwere Belastung' gilt als gegeben, wenn der nicht erstattete Teil der 'Kosten' (siehe Artikel 8 Absatz 1) 60 % dieser Kosten ausmacht.

Im Hinblick auf die Anwendung des Artikels 8 Absatz 1 sind diese 'Kosten' für jede einzelne Leistung zu beurteilen."

30 Artikel 8 Absatz 5 der Regelung zur Sicherstellung der Krankheitsfürsorge macht jede Sondererstattung von einem vorherigen Antrag sowie von der Einhaltung eines besonderen Verfahrens abhängig:

"Ein Beschluß über einen Antrag auf Sondererstattung wird gefasst

- von der Anstellungsbehörde des Organs, dem der Antragsteller angehört, auf der Grundlage einer Stellungnahme der Abrechnungsstelle, die gemäß den vom Verwaltungsausschuß nach Anhörung des Ärztebeirats festgelegten allgemeinen Kriterien für die Beurteilung der Frage, ob die entstandenen Kosten als übermässig hoch anzusehen sind, abgegeben wird,

- oder von der Abrechnungsstelle auf der Grundlage derselben Kriterien, falls sie von der Anstellungsbehörde dazu bestimmt wurde."

Im vorliegenden Fall hat der Kläger vor Klageerhebung keinen Antrag auf Anwendung der Vorschriften des Artikels 8 Absatz 1 der Regelung zur Sicherstellung der Krankheitsfürsorge gestellt. Im Rahmen einer Klage gemäß Artikel 91 des Statuts ist das Gericht aber nur für die Prüfung der Rechtmässigkeit einer den klagenden Beamten beschwerenden Maßnahme zuständig und kann sich, wenn es an einer besonderen Durchführungsmaßnahme fehlt, nicht abstrakt zur Rechtmässigkeit einer Norm äussern. Daraus folgt, daß der Kläger und die Streithelfer sich mangels einer Einzelfallentscheidung zur Anwendung von Artikel 8 Absatz 1 der Regelung zur Sicherstellung der Krankheitsfürsorge nicht auf die Rechtswidrigkeit dieser Bestimmung berufen können.

31 Im übrigen lässt der Wortlaut weder des Statuts noch von Artikel 8 Absatz 1 der Regelung zur Sicherstellung der Krankheitsfürsorge den Schluß zu, daß die Länder der Gemeinschaft vom Anwendungsbereich von Artikel 8 Absatz 1 ausgenommen sind. Die Verwendung der Worte "im Prinzip" in den für ihn geltenden Auslegungsbestimmungen erlaubt es nämlich, Artikel 8 Absatz 1 auch auf Mitgliedstaaten der Gemeinschaft anzuwenden. Ferner berücksichtigen die am 1. Januar 1991 in Kraft getretenen neuen Auslegungsbestimmungen die Situation der Mitgliedstaaten, in denen die Kosten ärztlicher Behandlungen besonders hoch sind. Wie vorstehend gezeigt wurde (siehe Randnr. 19), wurden nämlich gemäß Artikel 8 Absatz 1 der Regelung zur Sicherstellung der Krankheitsfürsorge Erhöhungsköffizienten für die Erstattung ärztlicher Leistungen, bei denen die Honorare in italienischen Lire oder in englischen Pfund abgerechnet werden, sowie für Zahnarztleistungen aufgestellt, bei denen die Honorare in italienischen Lire abgerechnet werden. Artikel 8 Absatz 1 der Regelung zur Sicherstellung der Krankheitsfürsorge wurde somit auf die Mitgliedstaaten der Gemeinschaft angewandt.

32 Schließlich haben die Streithelfer auf Artikel 72 Absatz 3 des Statuts verwiesen, wonach, wenn "die nicht ersetzten Aufwendungen in einem Zeitraum von zwölf Monaten ein halbes Monatsgrundgehalt des Beamten oder ein halbes Ruhegehalt [übersteigen],... die Anstellungsbehörde eine Sondererstattung [gewährt]; hierbei sind die Familienverhältnisse des Betreffenden unter Zugrundelegung der Regelung nach Absatz 1 zu berücksichtigen", und ausgeführt, daß diese Sondererstattung sowohl in Artikel 8 Absatz 2 der Regelung zur Sicherstellung der Krankheitsfürsorge als auch in den für ihn geltenden Auslegungsbestimmungen derart weitgehenden Einschränkungen unterworfen sei, daß sie praktisch wirkungslos werde.

33 Wie bereits ausgeführt, bedarf jede Sondererstattung - einschließlich der in Artikel 72 Absatz 3 des Statuts vorgesehenen - gemäß Artikel 8 Absatz 5 der Regelung zur Sicherstellung der Krankheitsfürsorge eines vorherigen Antrags und ist von der Einhaltung eines besonderen Verfahrens abhängig, was hier nicht der Fall war. Unter diesen Voraussetzungen können die Streithelfer die Rechtswidrigkeit der Durchführungsbestimmungen zu Artikel 72 Absatz 3 des Statuts - insbesondere von Artikel 8 Absatz 2 der Regelung zur Sicherstellung der Krankheitsfürsorge - jedenfalls nicht zur Unterstützung der Anträge des Klägers geltend machen, weil kein Zusammenhang mit einer Rechtswidrigkeit der angefochtenen Entscheidungen besteht und ein solches Vorbringen aus diesem Grund im Rahmen einer auf Artikel 91 des Statuts gestützten Klage unzulässig ist.

34 Demzufolge ist der erste, auf den Verstoß gegen Artikel 72 des Statuts gestützte Klagegrund zurückzuweisen.

Zweiter Klagegrund: Verstoß gegen das allgemeine Diskriminierungsverbot, das den Bestimmungen des Titels V des Statuts zugrunde liegt

35 Der Kläger trägt vor, daß die Bestimmungen des Titels V des Statuts - "Besoldung und soziale Rechte des Beamten" - sicherstellen sollen, daß die Beamten der verschiedenen Organe unabhängig von ihrem Dienstort oder dem Ort, an dem ihnen Krankheitskosten entstehen, gleiche Dienstbezuege und Leistungen der sozialen Sicherheit erhalten.

36 Es sei daher klar, daß Versicherte, die sich in Italien behandeln lassen müssten, wo die ärztlichen Leistungen teurer seien, gegenüber denjenigen benachteiligt würden, die aufgrund eines anderen Dienst- oder Wohnortes die gleichen Leistungen zu niedrigeren Tarifen erhalten könnten. Die Tatsache, daß die für alle Beamten geltenden Erstattungshöchstsätze sich nach den von den belgischen Ärzten angewandten Tarifen richteten, führe zu einer Ungleichbehandlung zugunsten derjenigen, die aus Gründen des Dienst- oder Wohnortes in Belgien oder in anderen Mitgliedstaaten weniger kostspielige ärztliche Leistungen in Anspruch nehmen könnten.

37 Die Beklagte räumt ein, daß in letzter Zeit in Italien und dem Vereinigten Königreich beträchtliche Steigerungen der Kosten einiger ärztlicher Leistungen zu verzeichnen gewesen seien. Genau aus diesem Grund habe das Zentralbüro dem Verwaltungsausschuß für das gemeinsame System die Einführung von Korrekturmechanismen für einige dieser Leistungen vorgeschlagen.

38 Die Organe arbeiteten seit 1987 an der Lösung dieses Problems und hätten zu diesem Zeitpunkt eine grundlegende Änderung der Regelung zur Sicherstellung der Krankheitsfürsorge vorgenommen. Diese Änderung habe jedoch eine Reihe von Zwischenstufen und Verfahren in den Organen durchlaufen müssen, die in den geltenden Regelungen vorgesehen seien und die die Organe nicht ausser acht lassen könnten. Gleichzeitig habe es sich als notwendig erwiesen, die angemessenen finanziellen Maßnahmen zu ergreifen, um den während der letzten Haushaltsjahre entstandenen Fehlbetrag auszugleichen und um insbesondere die durch die neuen Vorschläge zur Erhöhung der Berichtigungsköffizienten herbeigeführten Kostensteigerungen aufzufangen.

39 Die Organe trifft die Verpflichtung, Abhilfe zu schaffen, wenn zwischen den angeschlossenen und mitangeschlossenen Personen als Anspruchsberechtigten des gemeinsamen Systems eine Ungleichheit auftritt, weil sie in einigen Mitgliedstaaten der Gemeinschaft höhere Krankheitskosten zu tragen haben. Folglich ist in Beantwortung der Frage, ob das beklagte Organ verpflichtet war, eine solche Ungleichheit durch eine sofortige Anhebung der den betreffenden Beamten gewährten Erstattungen unverzueglich zu beenden, oder ob sich seine Verpflichtung darauf beschränkte, sich mit den anderen Organen über eine geeignete Änderung des Systems zu verständigen, die Form und Reichweite dieser Verpflichtung zu bestimmen.

40 Bei einem System, dessen Mittel auf Beiträge der angeschlossenen Personen und der Organe beschränkt sind und dessen finanzielles Gleichgewicht unbedingt gewahrt bleiben muß, kann die erstgenannte Lösung nicht vertreten werden. Somit könnte der Argumentation des Klägers nur gefolgt werden, wenn festgestellt werden könnte, daß die von dem beklagten Organ ergriffenen Maßnahmen verspätet oder rechtswidrig waren.

41 Der Verwaltungsausschuß für das gemeinsame System hat in der am 23. Februar 1989 abgegebenen Stellungnahme Nr. 3/89 (siehe oben, Randnr. 5) die Einführung von Korrekturmechanismen für bestimmte Leistungen vorgeschlagen, bei denen die Honorare in italienischen Lire abgerechnet werden. Diese Stellungnahme bildete den Abschluß der vom Ausschuß zwei Jahre zuvor im Hinblick auf die Änderung der Regelung zur Sicherstellung der Krankheitsfürsorge begonnenen Arbeiten. Am 20. Dezember 1990 schlug der Verwaltungsausschuß in seiner Stellungnahme Nr. 35/90 (siehe Randnr. 6) vor, daß die Verwaltungen der Organe im erforderlichen Umfang Koeffizienten für die Länder erlassen, in denen die Kosten ärztlicher Behandlungen besonders hoch sind, um dem Gleichbehandlungsgrundsatz Geltung zu verschaffen. Schließlich wurde die Regelung zur Sicherstellung der Krankheitsfürsorge mit Wirkung vom 1. Januar 1991, wie erwähnt, geändert (siehe oben, Randnr. 19). Mit dem Inkrafttreten der neuen Regelung zur Sicherstellung der Krankheitsfürsorge wurden in die neuen Auslegungsbestimmungen zu der genannten Regelung spezielle Maßnahmen zur Gewährleistung der Gleichbehandlung aller angeschlossenen und mitangeschlossenen Personen als Anspruchsberechtigten des gemeinsamen Systems eingefügt, um das durch das bestehende Ungleichgewicht zwischen den von den Ärzten und Zahnärzten an den verschiedenen Dienst- oder Wohnorten der Beamten der Gemeinschaft und ihrer Familienangehörigen geforderten Honoraren gebildete Problem zu beseitigen.

42 Mit all diesen Maßnahmen, deren erkennbares Ziel in der Behebung der Ungleichheit besteht, die die angeschlossenen und mitangeschlossenen Personen trifft, die in einigen Mitgliedstaaten der Gemeinschaft höhere Krankheitskosten zu tragen haben, haben die Organe und insbesondere die Kommission die erforderliche Sorgfalt bewiesen, um hinsichtlich der Honorare der Ärzte und Zahnärzte zu einer Änderung der fraglichen Regelung zu kommen, die unter Beachtung der in den geltenden Regelungen vorgesehenen Zwischenstufen und Verfahren und unter Erlaß der angemessenen finanziellen Maßnahmen zur Wahrung des Gleichgewichts des Systems den Anforderungen an die Erstattungen in den verschiedenen Mitgliedstaaten der Gemeinschaft Rechnung trägt.

43 Im übrigen führt die Änderung einer Regelung notwendigerweise dazu, daß der Zeitpunkt festgelegt wird, an dem die geänderte Regelung in Kraft tritt. Der Grundsatz der Rechtssicherheit verlangt, daß der Zeitpunkt, zu dem eine Bestimmung in Kraft tritt, genau festgelegt wird. Da die neue Regelung zur Sicherung der Krankheitsfürsorge am 1. Januar 1991 in Kraft getreten ist, kann sie mangels einer abweichenden Bestimmung nicht rückwirkend auf Erstattungen angewandt werden, die vor diesem Zeitpunkt durchgeführt wurden. Unter diesen Umständen kann die Tatsache, daß vergleichbare Fälle vor und nach dem Inkrafttreten der geänderten Regelung unterschiedlich behandelt werden, nicht als diskriminierend angesehen werden.

44 Aus den vorangegangenen Erwägungen folgt, daß dieser Klagegrund zurückgewiesen werden muß.

Kostenentscheidung:

Kosten

45 Nach Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichtshofes, die für das Verfahren vor dem Gericht entsprechend gilt, ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Nach Artikel 70 der Verfahrensordnung tragen jedoch die Organe in Rechtsstreitigkeiten mit Bediensteten der Gemeinschaften ihre Kosten selbst.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DAS GERICHT (Vierte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1) Die Klage wird abgewiesen.

2) Jede Partei trägt ihre eigenen Kosten.

Ende der Entscheidung

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