Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäisches Gericht
Urteil verkündet am 11.06.2009
Aktenzeichen: T-115/07
Rechtsgebiete: Verordnung (EG) Nr. 40/94


Vorschriften:

Verordnung (EG) Nr. 40/94 Art. 8 Abs. 4
Verordnung (EG) Nr. 40/94 Art. 52 Abs. 1 Buchst. c
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Quelle: Gericht Erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

URTEIL DES GERICHTS (Siebte Kammer)

11. Juni 2009

"Gemeinschaftsmarke - Nichtigkeitsverfahren - Gemeinschaftsbildmarke LAST MINUTE TOUR - Ältere nicht eingetragene nationale Marke LASTMINUTE.COM - Relatives Eintragungshindernis - Verweisung auf das für die ältere Marke geltende nationale Recht - Regeln des Common law für die Klage wegen Kennzeichenverletzung (Passing-off-Klage) - Art. 8 Abs. 4 und Art. 52 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung (EG) Nr. 40/94 (jetzt Art. 8 Abs. 4 und Art. 53 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung [EG] Nr. 207/2009)"

Parteien:

In den verbundenen Rechtssachen T 114/07 und T 115/07

Last Minute Network Ltd mit Sitz in London (Vereinigtes Königreich), Prozessbevollmächtigte: P. Brownlow, Solicitor, und S. Malynicz, Barrister,

Klägerin,

gegen

Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM), vertreten durch D. Botis und A. Folliard-Monguiral als Bevollmächtigte,

Beklagter,

andere Verfahrensbeteiligte im Verfahren vor der Beschwerdekammer des HABM und Streithelferin vor dem Gericht:

Last Minute Tour SpA mit Sitz in Mailand (Italien), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte D. Caneva und G. Locurto,

betreffend zwei Klagen gegen die Entscheidungen der Zweiten Beschwerdekammer des HABM vom 8. Februar 2007 (Sachen R 256/2006-2 und R 291/2006-2) zu einem Nichtigkeitsverfahren zwischen der Last Minute Network Ltd und der Last Minute Tour SpA

erlässt

DAS GERICHT ERSTER INSTANZ

DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN (Siebte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten N. J. Forwood sowie der Richter D. &brkbar;váby und L. Truchot (Berichterstatter),

Kanzler: N. Rosner, Verwaltungsrat,

aufgrund der am 13. April 2007 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klageschriften,

aufgrund der am 20. und 23. Juli 2007 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortungen des HABM,

aufgrund der am 27. Juli 2007 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortungen der Streithelferin,

aufgrund des Beschlusses vom 14. Oktober 2008 über die Verbindung der Rechtssachen T-114/07 und T-115/07 zu gemeinsamem schriftlichen Verfahren und zu gemeinsamer Entscheidung,

auf die mündliche Verhandlung vom 5. November 2008, an der die Streithelferin nicht teilgenommen hat,

folgendes

Urteil

Entscheidungsgründe:

Vorgeschichte der Rechtsstreitigkeiten

Eintragungsverfahren der angemeldeten Gemeinschaftsmarke LASTMINUTE.COM

1 Am 25. Februar 2000 meldete die Last Minute Network Ltd (im Folgenden: LMN oder Klägerin) gemäß der Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. 1994, L 11, S. 1) in geänderter Fassung (ersetzt durch die Verordnung [EG] Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Gemeinschaftsmarke [ABl. L 78, S. 1]) beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM) die Gemeinschaftswortmarke LASTMINUTE.COM an.

2 Die Marke wurde u. a. für folgende Dienstleistungen der Klassen 39 und 42 des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung angemeldet:

- Klasse 39: "Leistungen einer Reiseagentur; Reisereservierungen; Bereitstellung von Informationen und Beratung in Bezug auf Reisen";

- Klasse 42: "Leistungen einer Reiseagentur; Reservierungen von Restaurants; Bereitstellung von Einrichtungen und Ausrüstungen zur Ermöglichung des Handels über elektronische Medien oder nichtelektronische Medien; Entwurf von Einrichtungen für die Suche und Abfrage von Informationen über das Internet und Online-Datenbanken einschließlich zugehörige Netzsysteme; Veranstaltung von Freizeitunternehmungen und Vermittlung von Bekanntschaften; Begleitung von Personen als Gesellschafter; Bereitstellung von Informationen über das Internet, Datenbanken oder andere elektronische Medien; Gartenarbeiten; Information und Beratung in Bezug auf vorstehend genannte Leistungen".

3 Mit Entscheidung vom 29. Oktober 2001 wies der Prüfer die Anmeldung mit der Begründung zurück, dass das Wortzeichen LASTMINUTE.COM keine Unterscheidungskraft im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94 (jetzt Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009) habe.

4 Gegen diese Entscheidung legte LMN am 18. Dezember 2001 beim HABM Beschwerde ein.

5 Mit Entscheidung vom 8. Juli 2003 wies die Zweite Beschwerdekammer des HABM die Beschwerde für die Dienstleistungen der Klasse 39 und die Dienstleistungen "Leistungen einer Reiseagentur; Reservierungen von Restaurants" in Klasse 42 mit der Begründung zurück, dass das Zeichen LASTMINUTE.COM für diese Dienstleistungen ohne Unterscheidungskraft sei.

6 Zur Begründung führte die Beschwerdekammer aus, dass jedes Unternehmen, das auf die Buchung von Reisen, Unterhaltungsveranstaltungen oder Restaurants "in letzter Minute" spezialisiert sei, ein Interesse an der Verwendung des Ausdrucks "last minute" zur Bezeichnung seiner Leistungen habe. Ein Ausdruck, der derart eindeutig zum Allgemeingut gehöre und für alle Wirtschaftsteilnehmer verfügbar bleiben müsse, sei grundsätzlich nicht geeignet, die Dienstleistungen eines bestimmten Unternehmens zu kennzeichnen.

7 Die Anfügung der Endung ".com" an "lastminute" und die Verbindung beider Ausdrücke ohne Leerstelle oder Gedankenstrich, wie sie im Englischen häufig sei, bewirke gleichfalls keine Unterscheidungskraft. Als bloßer Hinweis auf eine Internetadresse mache die Endung ".com" einen Ausdruck ohne Unterscheidungskraft nicht zu einer Marke.

Eintragungsverfahren der angemeldeten Gemeinschaftsmarke LAST MINUTE TOUR

8 Am 11. März 2000 meldete die Last Minute Tour SpA (im Folgenden: LMT) gemäß der Verordnung Nr. 40/94 beim HABM die nachstehende Gemeinschaftsbildmarke an, die aus den drei Wortbestandteilen "last", "minute" und "tour" in schwarzer Farbe und einem roten Symbol, das in der Sprache Rapanui herkömmlich für "Reisen" stehen soll, zusammengesetzt ist:

9 Die Marke wurde für folgende Waren und Dienstleistungen der Klassen 16, 39 und 42 des Abkommens von Nizza angemeldet:

- Klasse 16: "Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind; Druckereierzeugnisse; Kataloge; Zeitpläne (Drucksachen); Druckschriften; Bücher; Zeitungen; Magazine; Buchbinderartikel; Fotografien; Etiketten; Schreibwaren; Klebstoffe für Papier- und Schreibwaren oder für Haushaltszwecke; Künstlerbedarfsartikel; Pinsel; Schreibmaschinen- und Büroartikel (ausgenommen Möbel); Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate); Verpackungsmaterial aus Kunststoff, soweit es nicht in anderen Klassen enthalten ist; Spielkarten; Drucklettern; Druckstöcke";

- Klasse 39: "Dienstleistungen von Reise- und Fremdenverkehrsbüros; Reservierungen für Reisen; Veranstaltung von Reisen; Veranstaltung von Kreuzfahrten und Ausflugsfahrten; Beförderung von Reisenden und Reisebegleitung; Lufttransporte; Vermietung von Beförderungsmitteln; Auskünfte über Transportangelegenheiten";

- Klasse 42: "Betrieb von Hotels, Restaurants, Pensionen, Feriendörfern, Bars und privaten Clubs; Dienstleistungen in Zusammenhang mit der Buchung von Hotels und Feriendörfern; Entwicklung von Computersoftware; Vermietung von Computersoftware".

10 Die Anmeldung wurde im Blatt für Gemeinschaftsmarken Nr. 25/2001 vom 19. März 2001 veröffentlicht.

11 Am 19. Juni 2001 erhob LMN gegen diese Anmeldung von LMT einen Widerspruch, den sie auf das Bestehen der nicht eingetragenen Wortmarke LASTMINUTE.COM im Vereinigten Königreich stützte, die sie seit 1998 im Sinne von Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 40/94 (jetzt Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 207/2009) im geschäftlichen Verkehr benutzt habe.

12 Mit Entscheidung vom 12. Juli 2002 wies die Widerspruchsabteilung des HABM den Widerspruch mit der Begründung zurück, dass LMN nicht innerhalb der ihr gesetzten Frist Nachweise für die Benutzung des von ihr für ihren Widerspruch geltend gemachten älteren Rechts beigebracht habe.

13 Die Gemeinschaftsmarke LAST MINUTE TOUR wurde am 14. Mai 2003 unter der Nr. 1 552 231 eingetragen.

Auf Antrag der Klägerin eingeleitetes Verfahren zur Nichtigerklärung der Marke LAST MINUTE TOUR

14 Am 30. Mai 2003 stellte die Klägerin den Antrag, die Gemeinschaftsmarke LAST MINUTE TOUR gemäß den Art. 8 Abs. 4 und 52 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 40/94 (jetzt Art. 53 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 207/2009) für nichtig zu erklären.

15 Zur Begründung ihres Antrags führte LMN aus, dass ihre ältere nicht eingetragene nationale Marke LASTMINUTE.COM ihr nach dem Recht des Vereinigten Königreichs, das hier wegen der Verweisung in Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 40/94 anwendbar sei, das Recht verleihe, die Benutzung einer jüngeren Marke für Dienstleistungen der Klassen 39 und 42, die mit Urlaub, Flügen, Beherbergung, Städtereisen, Unterhaltungs- und Freizeitveranstaltungen, Anmietungen und Käufen, sonstigen über das Internet erbrachten Leistungen für Reise und Freizeit sowie mit Werbung und Verkaufsförderung auf verwandten Gebieten in Zusammenhang stünden, zu untersagen und demgemäß insoweit die Nichtigerklärung einer solchen Marke nach Art. 52 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 40/94 zu erwirken.

16 Der Antrag war auf die Nichtigerklärung der Gemeinschaftsmarke für alle von ihr erfassten Waren und Dienstleistungen, ausgenommen Entwicklung und Vermietung von Computersoftware, gerichtet.

17 Mit Entscheidung vom 23. Dezember 2005 gab die Nichtigkeitsabteilung dem Antrag der Klägerin auf Nichtigerklärung der Gemeinschaftsmarke LAST MINUTE TOUR für alle von ihr erfassten Dienstleistungen der Klassen 39 und 42 statt, wies ihn jedoch für die Waren der Klasse 16 zurück.

18 Die Nichtigkeitsabteilung befand, dass die Klägerin vor dem Tag der Anmeldung der Gemeinschaftsmarke im Sinne von Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 40/94 Inhaberin eines Rechts von mehr als lediglich örtlicher Bedeutung an dem Zeichen LASTMINUTE.COM für Dienstleistungen der Klassen 39 und 42 gewesen sei.

19 Dieses Zeichen habe nach dem dafür geltenden Recht des Vereinigten Königreichs der Klägerin das Recht verliehen, die Benutzung einer jüngeren Marke zu untersagen, sofern die drei Voraussetzungen einer Klage wegen Kennzeichenverletzung nach dem Common law (action for passing off) erfüllt gewesen seien, nämlich ein Ruf oder Ansehen der Produkte des Klägers (goodwill), eine irreführende Präsentationsweise von Waren und Dienstleistungen in dem Sinne, dass ihr Angebot unter der Gemeinschaftsmarke LAST MINUTE TOUR bei den maßgeblichen Verkehrskreisen die Vorstellung hätte erwecken können, dass sie von der Klägerin stammten (misrepresentation), und die Eignung dieses Sachverhalts, der Klägerin einen geschäftlichen Schaden zuzufügen.

20 Insoweit stellte die Nichtigkeitsabteilung zunächst fest, dass LASTMINUTE.COM seit 1998 im Vereinigten Königreich ein Ansehen erworben habe, das durch das Budget und die erheblichen Investitionen des Unternehmens im Bereich der Werbung, durch zahlreiche über die Internetseite "LASTMINUTE.COM" erschienene Presseartikel und durch den erfolgreichen Börsengang des Unternehmens belegt werde. Aus diesen Umständen sei zu schließen, dass LMN bei den maßgeblichen Verkehrskreisen des Vereinigten Königreichs ein erhebliches Ansehen erworben habe, das mit ihrem Zeichen in Verbindung gebracht werde.

21 Um eine irreführende Präsentationsweise von Waren und Dienstleistungen unter dem Kennzeichen LAST MINUTE TOUR nachzuweisen, war nach Auffassung der Nichtigkeitsabteilung lediglich zu belegen, dass die maßgeblichen Verkehrskreise wegen der Ähnlichkeit der beiden Marken annehmen könnten, diese Waren und Dienstleistungen stammten von LMN. Somit sei zu prüfen, ob zwischen den Marken Verwechslungsgefahr bestehe.

22 Nach ihrer Feststellung, dass die mit den beiden Marken gekennzeichneten Dienstleistungen der Klassen 39 und 42 identisch seien, befand die Nichtigkeitsabteilung weiter, dass den Marken der Ausdruck "lastminute", auch wenn er in ihnen unterschiedlich wiedergegeben sei, als dominierender Bestandteil gemeinsam sei. Damit seien erhebliche visuelle Ähnlichkeiten sowie einzelne Unterschiede zu konstatieren.

23 Zum klanglichen Aspekt führte die Nichtigkeitsabteilung aus, dass sich die beiden Zeichen, die einen identischen Anfang hätten, nur durch ihre Endung unterschieden.

24 In begrifflicher Hinsicht hielt die Nichtigkeitsabteilung die beiden Marken für identisch, da sie sich beide auf das Konzept von Geschäftsabschlüssen "in letzter Minute" bezögen, das im Internet weithin als Bezeichnung für Sonderangebote von Flügen, Hotelaufenthalten, Gastronomieleistungen und Veranstaltungseintritte benutzt werde.

25 Aus diesen Umständen zog die Nichtigkeitsabteilung den Schluss, dass zwischen den beiden Marken trotz einiger Merkmale, die sie unterschieden, erhebliche Ähnlichkeiten bestünden. Die Nichtigkeitsabteilung bejahte daher das Bestehen von Verwechslungsgefahr.

26 Schließlich war die Nichtigkeitsabteilung der Auffassung, dass LMN aus dieser Sachlage ein geschäftlicher Schaden entstehen könne.

27 Die Nichtigkeitsabteilung erklärte deshalb die Gemeinschaftsmarke LAST MINUTE TOUR für alle Dienstleistungen der Klassen 39 und 42 für nichtig, wies aber den Antrag der Klägerin auf Nichtigerklärung der Marke für die Waren der Klasse 16 zurück, da für diese die vorherige Benutzung des Zeichens LASTMINUTE.COM nicht nachgewiesen worden sei.

28 Mit einer am 15. Februar 2006 beim HABM eingereichten Beschwerde (Sache R 256/2006-2) beantragte LMT, die Entscheidung der Nichtigkeitsabteilung aufzuheben, soweit darin ihre Gemeinschaftsmarke LAST MINUTE TOUR für die Dienstleistungen der Klassen 39 und 42 für nichtig erklärt worden war.

29 Mit einer am 20. Februar 2006 eingegangenen Beschwerde (Sache R 291/2006-2) beantragte ihrerseits die Klägerin, die Entscheidung der Nichtigkeitsabteilung aufzuheben, soweit darin ihr Antrag auf Nichtigerklärung der Gemeinschaftsmarke für die Waren der Klasse 16 zurückgewiesen worden war.

30 Mit zwei Entscheidungen vom 8. Februar 2007 (im Folgenden: angefochtene Entscheidungen) hob die Zweite Beschwerdekammer des HABM einerseits, indem sie der Beschwerde von LMT stattgab, die Entscheidung auf, mit der die eingetragene Marke LAST MINUTE TOUR für die Dienstleistungen der Klassen 39 und 42 für nichtig erklärt worden war, und bestätigte andererseits, indem sie die Beschwerde der Klägerin zurückwies, die Zurückweisung von deren Antrag auf Nichtigerklärung der Gemeinschaftsmarke für die Waren der Klasse 16 durch die Nichtigkeitsabteilung.

31 In den beiden angefochtenen Entscheidungen führte die Beschwerdekammer aus, dass angesichts der Art der in Frage stehenden Waren und Dienstleistungen sowie des Umstands, dass das ältere Zeichen eine nicht eingetragene Marke im Vereinigten Königreich sei, die maßgeblichen Verkehrskreise, im Hinblick auf die die Verwechslungsgefahr zu beurteilen sei, aus den normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchern dieser Waren und Dienstleistungen im Vereinigten Königreich bestünden.

32 Die Beschwerdekammer stellte fest, dass der Ausdruck "last minute" aus zwei gängigen und für die maßgeblichen Verkehrskreise ohne Weiteres verständlichen englischen Wörtern bestehe. Bei seiner Verwendung für die fraglichen Waren und Dienstleistungen weise er eindeutig und unmittelbar darauf hin, dass diese wegen ihres Erwerbs in letzter Minute zu sehr günstigen Konditionen angeboten würden.

33 Damit sei der Ausdruck "last minute" für die fraglichen Waren und Dienstleistungen beschreibend und ohne Unterscheidungskraft, so dass er nach Art. 7 Abs. 1 Buchst. b und c der Verordnung Nr. 40/94 (jetzt Art. 7 Abs. 1 Buchst. b und c der Verordnung Nr. 207/2009) nur dann zur Eintragung zugelassen werden könne, wenn ihm andere Bild- oder Wortbestandteile beigegeben seien, die ihm ein Minimum an Unterscheidungskraft verliehen.

34 Die Beschwerdekammer fügte hinzu, mutmaßlich habe es die Kombination der drei Wortbestandteile "last", "minute" und "tour" sowie des Bildelements der Gemeinschaftsmarke erlaubt, die absoluten Eintragungshindernisse des Art. 7 Abs. 1 Buchst. b und c der Verordnung Nr. 40/94 zu überwinden, jedoch könne der Inhaber einer solchen Marke anderen Unternehmen der Tourismus- und Reisebranche die Benutzung der Ausdrücke "last minute" oder "tour" nicht verwehren.

35 Die Beschwerdekammer betonte, es komme darauf an, ob das Publikum im Vereinigten Königreich, wenn es mit dem Ausdruck "last minute" konfrontiert werde, darin ein Angebot des Inhabers der Marke LASTMINUTE.COM oder Last-Minute-Angebote irgendeines Tourismus- oder Reiseunternehmens sehen werde. Jedenfalls habe LMN nicht nachgewiesen, dass die maßgeblichen Verkehrskreise, wenn ihnen der Ausdruck "last minute" begegne, ohne Weiteres annähmen, es handele sich um Dienstleistungen des Inhabers der Marke LASTMINUTE.COM.

36 Die Beschwerdekammer meinte deshalb, dass das Ansehen von LMN mit dem Zeichen LASTMINUTE.COM als solchem, einschließlich aller seiner Bestandteile, und nicht mit der Gattungsbezeichnung "last minute" verknüpft sei. Dieses Ansehen sei ausschließlich im Rahmen und für die Zwecke der im Recht des Vereinigten Königreichs vorgesehenen Klage wegen Kennzeichenverletzung anerkannt und könne kein Monopol am für die fraglichen Waren und Dienstleistungen nicht unterscheidungskräftigen Ausdruck "last minute" begründen.

37 Da die Unterscheidungskraft der beiden Marken sehr gering sei, werde das Publikum seine Aufmerksamkeit auf die unterscheidungskräftigen und dominierenden Bestandteile richten, d. h. auf die Kombination der die beiden Zeichen bildenden verschiedenen Wörter, ihre Verbindung zu nur einem Wort, "last minute", die Endung ".com" im nicht eingetragenen Zeichen sowie das Bildelement der Gemeinschaftsmarke.

38 In visueller Hinsicht werde der Einfluss der den beiden Marken gemeinsamen Bestandteile sowie des Bestandteils "tour" im Rahmen des Zeichenvergleichs durch ihre fehlende Unterscheidungskraft stark geschwächt. Da hingegen die Endung ".com" und das rote Bildelement völlig unterschiedlich seien, fielen die bildlichen Unterschiede zwischen den beiden Marken stärker ins Gewicht als die Ähnlichkeiten.

39 In klanglicher Hinsicht stellte die Beschwerdekammer fest, dass die beiden Marken einen identischen Ausdruck, "last minute", und zwei verschiedene Bestandteile, ".com" (im Englischen "dot com" gesprochen) und "tour", enthielten. In Anbetracht der Überlegungen zur Unterscheidungskraft der verschiedenen Bestandteile erlaube es die Endung "dot com", die beiden Marken klanglich zu unterscheiden.

40 Das Gewicht des Ausdrucks "last minute", der auf das den beiden Marken gemeinsame Konzept von Angeboten in letzter Minute hinweise, werde durch seinen beschreibenden Charakter gemindert, womit es der unmittelbare Hinweis auf eine elektronische Adresse, der in der Endung ".com" enthalten sei, erlaube, eine begriffliche Verschiedenheit der beiden Marken zu bejahen.

41 Zur Frage des Vorliegens von Verwechslungsgefahr führte die Beschwerdekammer aus, dass das Publikum des Vereinigten Königreichs, wenn es mit dem Zeichen LAST MINUTE TOUR und seinem Bildelement konfrontiert werde, annehmen werde, es handele sich um ein Unternehmen, das Last-Minute-Reisen anbiete, ohne zu glauben, dass diese Angebote vom Inhaber der Marke LASTMINUTE.COM stammten. Das Publikum achte nämlich auf die unterscheidungskräftigen Bestandteile jedes Zeichens, um es von allen anderen Anbietern ähnlicher Dienstleistungen unterscheiden zu können, die in ihren Angeboten ebenfalls den Ausdruck "last minute" verwendeten.

42 Die Beschwerdekammer kam aus diesen Gründen zu dem Ergebnis, dass die beiden Marken trotz der Ähnlichkeit der weniger unterscheidungskräftigen Bestandteile insgesamt weder hinsichtlich der Waren, die die fraglichen Dienstleistungen ergänzten, noch selbst hinsichtlich der identischen Dienstleistungen genügend ähnlich seien, um eine Verwechslungsgefahr hervorzurufen.

Anträge der Verfahrensbeteiligten

43 Die Klägerin beantragt,

- die angefochtenen Entscheidungen in den Sachen R 256/2006-2 (Rechtssache T-114/07) und R 291/2006-2 (Rechtssache T-115/07) aufzuheben;

- die Gemeinschaftsmarke LAST MINUTE TOUR für die von ihr erfassten Waren der Klasse 16 (Rechtssache T-115/07) und Dienstleistungen der Klassen 39 und 42 (Rechtssache T-114/07) für nichtig zu erklären;

- dem HABM die Kosten aufzuerlegen.

44 Das HABM und LMT beantragen,

- die Klagen insgesamt abzuweisen;

- der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

Entscheidungsgründe

45 Gemäß Art. 52 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 40/94 wird die Gemeinschaftsmarke auf Antrag beim HABM für nichtig erklärt, wenn ein in Art. 8 Abs. 4 der Verordnung genanntes älteres Kennzeichenrecht besteht und die Voraussetzungen dieses Absatzes erfüllt sind.

46 Aus diesen beiden Vorschriften in Verbindung miteinander ergibt sich, dass der Inhaber einer nicht eingetragenen Marke oder eines sonstigen im geschäftlichen Verkehr benutzten Kennzeichenrechts von mehr als lediglich örtlicher Bedeutung die Nichtigerklärung einer jüngeren Gemeinschaftsmarke erwirken kann, wenn und soweit nach dem Recht des betreffenden Mitgliedstaats Rechte an diesem Kennzeichen vor dem Tag der Anmeldung der Gemeinschaftsmarke erworben worden sind und dieses Kennzeichen seinem Inhaber das Recht verleiht, die Benutzung einer jüngeren Marke zu untersagen.

47 Für die Anwendung von Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 40/94 hat die Beschwerdekammer sowohl die nationalen Rechtsvorschriften, die wegen der in Art. 8 Abs. 4 enthaltenen Verweisung anwendbar sind, als auch die in dem betreffenden Mitgliedstaat ergangenen gerichtlichen Entscheidungen zu berücksichtigen. Auf dieser Grundlage muss der Antragsteller im Nichtigkeitsverfahren dartun, dass das fragliche Kennzeichenrecht in den Anwendungsbereich des geltend gemachten Rechts des Mitgliedstaats fällt und dass es die Untersagung der Benutzung einer jüngeren Marke erlaubt (vgl. entsprechend Urteil des Gerichts vom 12. Juni 2007, Budejovický Budvar/HABM - Anheuser-Busch [BUDWEISER], T-53/04 bis T-56/04, T-58/04 und T-59/04, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 74).

48 Im vorliegenden Fall ist unstreitig, dass das für die nicht eingetragene nationale Marke geltende Recht eines Mitgliedstaats der Trade Marks Act 1994 (Markengesetz des Vereinigten Königreichs) ist, dessen Section 5 (4) bestimmt:

"Eine Marke ist von der Eintragung ausgeschlossen, wenn oder soweit ihre Benutzung im Vereinigten Königreich untersagt werden kann

a) gemäß einer Rechtsregel (insbesondere den Rechtsregeln des Passing off) zum Schutz einer nicht eingetragenen Marke oder eines sonstigen im geschäftlichen Verkehr benutzten Kennzeichenrechts".

49 Aus dieser Bestimmung in ihrer Auslegung durch die nationalen Gerichte (Reckitt & Coleman Products Ltd/Borden Inc. & Ors [1990] R.P.C. 341 HL) ergibt sich, dass die Klägerin, um im vorliegenden Fall zum Schutz ihrer nicht eingetragenen nationalen Marke LASTMINUTE.COM die Nichtigerklärung der Gemeinschaftsmarke LAST MINUTE TOUR zu erwirken, gemäß den Rechtsregeln, die für die im Recht des Vereinigten Königreichs vorgesehene Klage wegen Kennzeichenverletzung gelten, nachweisen muss, dass die drei folgenden Voraussetzungen erfüllt sind.

50 Erstens müssen die von LMN angebotenen Dienstleistungen bei den maßgeblichen Verkehrskreisen ein auf ihrer Präsentationsweise beruhendes Ansehen besitzen. Nach den für die Klage wegen Kennzeichenverletzung geltenden Regeln muss dieses Ansehen für den Zeitpunkt nachgewiesen werden, zu dem der Beklagte seine Waren oder Dienstleistungen erstmals angeboten hat (Cadbury Schweppes/Pub Squash [1981] R.P.C. 429).

51 Nach Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 40/94 ist jedoch nicht auf diesen Zeitpunkt, sondern auf den Tag der Anmeldung der Gemeinschaftsmarke abzustellen, denn nach dieser Bestimmung muss derjenige, der die Nichtigerklärung dieser Gemeinschaftsmarke beantragt, das Recht an seiner nicht eingetragenen nationalen Marke vor dem Anmeldetag der Gemeinschaftsmarke, im vorliegenden Fall also vor dem 11. März 2000, erworben haben.

52 Zweitens hätte ein Angebot von Dienstleistungen, die mit denen von LMN identisch sind, und von sie ergänzenden Waren unter dem Kennzeichen LAST MINUTE TOUR im Vereinigten Königreich am 11. März 2000 eine irreführende Präsentationsweise darstellen müssen, d. h. eine Präsentationsweise, die geeignet gewesen wäre, das Publikum zu der Annahme zu veranlassen, dass diese Waren und Dienstleistungen von LMN stammten, wobei es auf Vorsatz insoweit nicht ankommt.

53 Drittens hätte dieser Sachverhalt geeignet gewesen sein müssen, LMN einen geschäftlichen Schaden zuzufügen.

54 Dass die mit den beiden Marken im vorliegenden Fall gekennzeichneten Dienstleistungen identisch sind, ist unstreitig. Im Übrigen haben die fraglichen Waren der Klasse 16, wie von der Beschwerdekammer festgestellt, im Verhältnis zu den Dienstleistungen ergänzenden Charakter. Dies ist somit bei der Beurteilung der Frage zu berücksichtigen, ob die Art und Weise, in der LMT die fraglichen Waren und Dienstleistungen am Tag der Anmeldung der Gemeinschaftsmarke im Vereinigten Königreich unter dem Zeichen LAST MINUTE TOUR präsentiert hätte, einen irreführenden Charakter gehabt hätte.

55 Aus Randnr. 31 der Entscheidung R 256/2006-2 und Randnr. 32 der Entscheidung R 291/2006-2 geht hervor, dass die nicht eingetragene nationale Marke LASTMINUTE.COM als solche am Tag der Anmeldung der Gemeinschaftsmarke ein Ansehen genoss. Dies ist vom HABM, das in der mündlichen Verhandlung eingeräumt hat, dass LASTMINUTE.COM im Vereinigten Königreich ein großes Ansehen erworben habe, nicht bestritten worden.

56 Die Klägerin macht als einzigen Klagegrund einen Verstoß gegen Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 40/94 geltend. Dieser Klagegrund kann in drei Rügen unterteilt werden, die die Definition der maßgeblichen Verkehrskreise, ferner das eigenständige Ansehen des Ausdrucks "last minute" am Tag der Anmeldung der Gemeinschaftsmarke und schließlich den irreführenden Charakter betreffen, den zu diesem Zeitpunkt ein Angebot von mit denen der Klägerin identischen Dienstleistungen und ergänzenden Waren unter dem Zeichen LAST MINUTE TOUR im Vereinigten Königreich hätte haben können.

Zur ersten Rüge: Definition der maßgeblichen Verkehrskreise

Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

57 Die Klägerin bemängelt, dass die Beschwerdekammer als maßgebliche Verkehrskreise die normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher des Vereinigten Königreichs angesehen habe, statt zu prüfen, ob angesichts des Ansehens der Klägerin ihre Kunden, wenn sie im Vereinigten Königreich mit dem Zeichen LAST MINUTE TOUR für die mit ihm gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen konfrontiert worden wären, nicht im maßgeblichen Zeitraum zu der irrigen Annahme veranlasst worden wären, dass zwischen der Klägerin und diesen Waren und Dienstleistungen eine Verbindung bestehe.

58 Das HABM, das von LMT unterstützt wird, erwidert hierauf, dass sich die fraglichen Waren und Dienstleistungen nicht an einen bestimmten Typ von Verbraucher richteten, sondern an die Verbraucherschaft im Allgemeinen. Es sei darum in der Praxis gleichgültig, ob man den einen oder anderen Personenkreis als das maßgebliche Publikum betrachte, und ihre Unterscheidung sei im Übrigen auch unmöglich.

59 Jedenfalls sei die Beschwerdekammer, die bei ihrem Vergleich der beiden Marken das Ansehen des älteren nationalen Zeichens berücksichtigt habe, damit in Wirklichkeit davon ausgegangen, dass den maßgeblichen Verkehrskreisen die ältere nationale Marke der Klägerin ganz überwiegend schon bekannt gewesen sei.

Würdigung durch das Gericht

60 Der Rechtsprechung der Gerichte des Vereinigten Königreichs ist zu entnehmen, dass im Rahmen einer Klage wegen Kennzeichenverletzung für die Beurteilung der Frage, ob die Präsentationsweise der Waren und Dienstleistungen des Beklagten irreführenden Charakter trägt, auf die Kunden des Klägers abzustellen ist und nicht auf den von der Beschwerdekammer zugrunde gelegten abstrakten Begriff des Durchschnittsverbrauchers (Reckitt & Coleman Products Ltd/Borden Inc. & Ors).

61 Der mit der Klage wegen Kennzeichenverletzung geschützte Besitzstand bezieht sich nämlich nicht auf ein Wort oder einen Namen, deren Benutzung durch Dritte eingeschränkt ist, sondern auf die Kundschaft selbst, in die mit der streitigen Benutzung eingegriffen wird (vgl. Lord Parker in: Burberry/Cording [1909] 26 R.P.C. 693), da das Ansehen einer Marke in ihrer auf die Kundschaft ausgeübten Anziehungskraft besteht und das Kriterium ist, das die Unterscheidung eines eingeführten Unternehmens von einem neuen Unternehmen erlaubt (IRC/Muller & Co's Margarine [1901] A.C. 217).

62 Folglich hat die Beschwerdekammer im vorliegenden Fall die von den Gerichten des Vereinigten Königreichs gegebene Definition der maßgeblichen Verkehrskreise dadurch verkannt, dass sie als die maßgeblichen Verkehrskreise die normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher der fraglichen Waren und Dienstleistungen im Vereinigten Königreich ansah, während auf die Kunden des Inhabers der nicht eingetragenen nationalen Marke abzustellen war.

63 Das HABM kann sich nicht darauf berufen, dass es, weil sich die fraglichen Waren und Dienstleistungen nicht an einen bestimmten Typ von Verbraucher, sondern an die Verbraucherschaft im Allgemeinen richteten, in der Praxis keinen Grund gebe, zur Abgrenzung der maßgeblichen Verkehrskreise zwischen mehreren Personengruppen zu unterscheiden.

64 Es ist nämlich nicht gleichgültig, ob die maßgeblichen Verkehrskreise, wie es die Beschwerdekammer getan hat und wie es Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94 (jetzt Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009) entspricht, als die Durchschnittsverbraucher des Vereinigten Königreichs definiert werden oder ob für die Prüfung der Klage wegen Kennzeichenverletzung als maßgebliche Verkehrskreise nur die Kunden eines Unternehmens betrachtet werden, das wie LMN tatsächlich auf dem Markt präsent ist.

65 Die Gefahr einer Irreführung des Verbrauchers durch eine Marke, von der geltend gemacht wird, sie könne ihn dazu veranlassen, die gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen hinsichtlich ihrer betrieblichen Herkunft einem Unternehmen zuzuordnen, das Inhaber einer nicht eingetragenen älteren Marke ist, ist nicht notwendig die gleiche, wenn der Verbraucher bereits Kunde dieses Unternehmens ist.

66 Es lässt sich auch nicht geltend machen, dass die Beschwerdekammer bei dem Vergleich der beiden Zeichen, weil sie das Ansehen von LASTMINUTE.COM berücksichtigt habe, davon ausgegangen sei, dass ein großer Teil der maßgeblichen Verkehrskreise das Zeichen der Klägerin bereits kenne. Den angefochtenen Entscheidungen ist nämlich zu entnehmen, dass die Beschwerdekammer, obgleich sie feststellte, dass LASTMINUTE.COM ein Ansehen genieße, das Bestehen der Gefahr von Verwechslungen zwischen den beiden Zeichen verneinte, ohne dieses Ansehen in irgendeiner Hinsicht zu berücksichtigen, und sich auf einen bloßen Vergleich der beiden Zeichen beschränkte.

67 Folglich hat die Beschwerdekammer, indem sie als maßgebliche Verkehrskreise die normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher der fraglichen Waren und Dienstleistungen im Vereinigten Königreich ansah, obgleich diese Verkehrskreise nach den für die Klage wegen Kennzeichenverletzung geltenden Regeln allein aus den Kunden des Klägers bestehen, die in Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 40/94 enthaltene Verweisung auf das Recht des Vereinigten Königreichs verkannt, dem die von der Klägerin am Tag der Anmeldung der Gemeinschaftsmarke im geschäftlichen Verkehr benutzte und nicht eingetragene ältere nationale Marke LASTMINUTE.COM unterliegt.

Zur zweiten Rüge: Verneinung eines eigenständigen Ansehens des Ausdrucks "last minute"

Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

68 Die Klägerin wirft der Beschwerdekammer vor, dass sie die beiden Marken auf der Grundlage von Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94 verglichen habe, statt zu prüfen, ob die nicht eingetragene nationale Marke LASTMINUTE.COM der Klägerin nicht nach Art. 8 Abs. 4 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94 (jetzt Art. 8 Abs. 4 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009) das Recht verleihe, die Benutzung der jüngeren Gemeinschaftsmarke zu untersagen und damit diese unter Anwendung der im Vereinigten Königreich für die Klage wegen Kennzeichenverletzung geltenden Regeln nach Art. 52 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 40/94 für nichtig erklären zu lassen.

69 Hierfür hätte die Beschwerdekammer das Ansehen der Marke LASTMINUTE.COM, von "Last Minute" oder von "Lastminute" im fraglichen Zeitraum prüfen und ermitteln müssen, ob ein Durchschnittskunde der Klägerin im Vereinigten Königreich, wenn er mit dem Zeichen LAST MINUTE TOUR für die mit diesem gekennzeichneten Dienstleistungen im Vereinigten Königreich konfrontiert worden wäre, irrtümlich eine Verbindung zwischen der Klägerin und LMT hergestellt hätte.

70 Das in der Anziehungskraft beim Publikum bestehende Ansehen der Marke, deren Inhaber eine Klage wegen Kennzeichenverletzung erhebe, könne mit Bestandteilen dieser Marke verknüpft sein, die ursprünglich beschreibend gewesen seien, sofern der Nachweis gelinge, dass diese durch die Benutzung ein eigenständiges, von dem der Marke gesondertes Ansehen (secondary meaning) erworben hätten.

71 Infolge der Werbung und der großflächigen Verkaufsförderung durch die häufige Nennung der Klägerin in der Presse des Vereinigten Königreichs sei der Durchschnittsbesucher ihrer Internetseite "lastminute.com" am Tag der Anmeldung der Gemeinschaftsmarke in der Lage gewesen, die betriebliche Herkunft ihrer Dienstleistungen zu erkennen, gleichviel ob diese unter ihrer nicht eingetragenen Marke LASTMINUTE.COM oder unter den in der Presse des Vereinigten Königreichs - wie von der Beschwerdekammer festgestellt - häufig für die Klägerin verwendeten Bezeichnungen "lastminute" oder "last minute" angeboten worden seien.

72 Die Klägerin habe vor der Nichtigkeitsabteilung nachgewiesen, dass der Ausdruck "last minute" nicht nur zur Bezeichnung einer bestimmten Art von Dienstleistungen, sondern auch zur Bezeichnung der von ihr angebotenen Dienstleistungen diene.

73 Die Beschwerdekammer habe jedoch dem Ausdruck "last minute" die Unterscheidungskraft abgesprochen, indem sie ihn von seinem tatsächlichen Kontext isoliert habe, statt konkret zu prüfen, in welchem Ausmaß die Klägerin ein Ansehen genossen habe.

74 Damit habe die Beschwerdekammer den Beschluss des High Court of Justice (England & Wales) vom 17. Dezember 1999 verkannt, mit dem es dieser den in der Sache Last Minute Network Ltd (handelnd unter der Firma "lastminute.com")/Lastminute.com Plc u. a. beklagten Unternehmen im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes untersagt habe, unter Benutzung der Kennzeichen "lastminute.com", "lastminute.co.uk", "lastminute" und "last minute" oder jeder anderen einer dieser Bezeichnungen irreführend ähnlichen Wortbildung oder -verbindung geschäftlich tätig zu werden oder sich bei ihrer geschäftlichen Tätigkeit auf ein solches Zeichen zu beziehen.

75 Die Beschwerdekammer habe zu Unrecht behauptet, dieser Beschluss könne nicht belegen, dass die Marke der Klägerin ihr das Recht verliehen habe, nach dem Recht des Vereinigten Königreichs die Benutzung einer jüngeren Marke zu untersagen, weil der Beschluss nur im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ergangen sei, ohne dass der High Court of Justice bereits in der Sache entschieden habe und eine streitige Verhandlung vorausgegangen wäre.

76 Die Klägerin betont, dass der High Court of Justice vielmehr vor Erlass seiner einstweiligen Anordnung ihr Vorbringen in der Sache eingehend habe prüfen müssen.

77 Das HABM, das von LMT unterstützt wird, hält dem entgegen, dass die Klage wegen Kennzeichenverletzung, ebenso wie die Anwendung von Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94, das Bestehen von Verwechslungsgefahr voraussetze, ohne die weder eine irreführende Präsentationsweise von Waren und Dienstleistungen unter dem Zeichen LAST MINUTE TOUR noch folglich eine Kennzeichenverletzung denkbar seien.

78 Die Beschwerdekammer sei zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass das Ansehen der Klägerin nur mit dem Zeichen LASTMINUTE.COM, das allein mit der Klage wegen Kennzeichenverletzung geschützt werden könne, verknüpft sei und nicht mit dem Gattungsbegriff "last minute". Denn dieser Ausdruck bestehe aus zwei für die maßgeblichen Verkehrskreise ohne Weiteres verständlichen englischen Wörtern und weise eindeutig und unmittelbar darauf hin, dass die Dienstleistungen der Klägerin, weil sie Geschäftsabschlüsse "in letzter Minute" beträfen, zu sehr günstigen Konditionen angeboten würden.

79 Es sei nachgewiesen, dass die Klägerin als Herkunftshinweis für ihre Dienstleistungen allein das Zeichen LASTMINUTE.COM in seiner Gesamtheit benutzt habe und selbst ganz überwiegend mit dem Namen "lastminute.com" bezeichnet werde.

80 Da die Worte "last" und "minute" von den maßgeblichen Verkehrskreisen nicht als Herkunftshinweis wahrgenommen würden, behielten sie unabhängig von dem Ansehen, das der Ausdruck "lastminute.com" durch seine Benutzung im geschäftlichen Verkehr erworben habe, die Bedeutung eines Gattungsbegriffs.

81 Die maßgeblichen Verkehrskreise verwechselten die beiden fraglichen Zeichen nicht. Dass in beiden Zeichen die Wörter "last" und "minute" enthalten seien, sei für die maßgeblichen Verkehrskreise nicht überraschend und erwecke bei ihnen auch keine Assoziationen, infolge deren sie die beiden Zeichen demselben Unternehmen oder wirtschaftlich verbundenen Unternehmen zuordneten. Vielmehr werde dieses Publikum darin die gleichzeitige und rechtmäßige Benutzung eines Ausdrucks, der über eine bestimmte Beschaffenheit der fraglichen Waren und Dienstleistungen unterrichte, durch mehrere, nicht miteinander verbundene Wirtschaftsteilnehmer sehen.

82 Demnach hätte es wegen fehlender Unterscheidungskraft der Wörter "last" und "minute" und in Anbetracht der durch die abweichende Gestaltung der Gemeinschaftsmarke und ihre Zusatzelemente bewirkten Unterschiede zwischen den beiden Marken keine Verwechslungsgefahr und infolgedessen auch kein irreführendes Angebot der fraglichen Waren und Dienstleistungen unter dem Zeichen LAST MINUTE TOUR geben können.

83 Schließlich sei der genannte Beschluss des High Court of Justice wegen der Autonomie des Gemeinschaftsmarkenrechts weder für das HABM noch für das Gericht bindend. Selbst nach dem Recht des Vereinigten Königreichs könne der Beschluss nicht als eine relevante Präzedenzentscheidung angesehen werden, da er lediglich im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes, ohne Beteiligung der Beklagten, unter Absehen von einer Begründung und in einem anderen tatsächlichen Kontext ergangen sei.

Würdigung durch das Gericht

84 Nach der Rechtsprechung des Vereinigten Königreichs kann ein Kennzeichen für Waren oder Dienstleistungen ein Ansehen auf dem Markt im Sinne der für die Klage wegen Kennzeichenverletzung geltenden Regeln besitzen, obgleich es ursprünglich beschreibend oder ohne Unterscheidungskraft war.

85 So ist entschieden worden, dass der Ausdruck "Camel Hair" dadurch, dass ihn der Kläger als betrieblichen Herkunftshinweis für seine Waren benutzt habe, die hierdurch künftig von denen anderer Unternehmen unterscheidbar seien, faktisch ein eigenständiges Ansehen erworben habe, auch wenn der Ausdruck nicht als Marke eintragungsfähig sei (Reddaway/Banham [1896] 13 R.P.C. 218, vgl. in diesem Sinne auch Cellular Clothing Co. Ltd/Maxton & Murray [1899] A.C. 326, 16, R.P.C. 397 HL).

86 Außerdem kann sich nach den im Recht des Vereinigten Königreichs für die Klage wegen Kennzeichenverletzung geltenden Regeln das Ansehen der Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens je nach den Umständen des Einzelfalls nicht nur aus dem Ansehen einer nationalen Marke, sondern auch aus dem ihrer Bestandteile ergeben, sofern diese ein von dem der Marke in ihrer Gesamtheit gesondertes Ansehen erworben haben.

87 Im vorliegenden Fall stellte die Beschwerdekammer fest, dass "das Ansehen von LMN mit dem Zeichen LASTMINUTE.COM als solchem, einschließlich aller seiner Bestandteile, und nicht mit der Gattungsbezeichnung 'last minute' verknüpft" sei. Die Beschwerdekammer fügte hinzu, dass "[d]ieses Ansehen ... ausschließlich im Rahmen und für die Zwecke der im Recht des Vereinigten Königreichs vorgesehenen Klage wegen Kennzeichenverletzung (passing off) anerkannt" sei "und ... kein Monopol am für die fraglichen Waren und Dienstleistungen nicht unterscheidungskräftigen Ausdruck ['last minute'] begründen" könne.

88 Im Licht der angeführten nationalen Rechtsprechung jedoch durfte die Beschwerdekammer dem Ausdruck "last minute" nicht ein eigenständiges Ansehen allein mit der Begründung absprechen, dass er ein Gattungsbegriff sei und für die fraglichen Dienstleistungen und ergänzenden Waren keine Unterscheidungskraft habe.

89 Demnach hat die Beschwerdekammer die in Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 40/94 enthaltene Verweisung auf das Recht des Vereinigten Königreichs verkannt, das für die von der Klägerin am Tag der Anmeldung der Gemeinschaftsmarke im geschäftlichen Verkehr benutzte und nicht eingetragene ältere nationale Marke LASTMINUTE.COM gilt.

Zur dritten Rüge: Fehlende Berücksichtigung des eigenständigen Ansehens des Ausdrucks "last minute" bei der Beurteilung des irreführenden Charakters der Präsentationsweise der fraglichen Waren und Dienstleistungen unter dem Zeichen LAST MINUTE TOUR

Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

90 Die Klägerin macht geltend, die Beschwerdekammer habe, weil sie nicht geprüft habe, ob die Kunden der Klägerin in dem Ausdruck "last minute" einen Hinweis auf ihre Dienstleistungen erkennen könnten, es gleichfalls versäumt, der Frage nachzugehen, ob diese Kunden nicht, wenn sie mit einem Angebot der fraglichen Waren und Dienstleistungen im Vereinigten Königreich unter dem Zeichen LAST MINUTE TOUR am Tag der Anmeldung der Gemeinschaftsmarke konfrontiert worden wären, zu der Annahme verleitet worden wären, dass diese Waren und Dienstleistungen von der Klägerin stammten oder dass die Klägerin und LMT finanziell miteinander verbunden seien.

91 Nach Ansicht des HABM ist, da das Publikum den Ausdruck "last minute" nicht als Herkunftshinweis wahrnehmen werde, eine Verwechslungsgefahr zwischen den beiden Zeichen und damit auch eine irreführende Präsentationsweise ausgeschlossen.

Würdigung durch das Gericht

92 Nach der Rechtsprechung der Gerichte des Vereinigten Königreichs ist eine - vorsätzliche oder nicht vorsätzliche - irreführende Präsentationsweise von Waren oder Dienstleistungen durch den Gegner einer Klage wegen Kennzeichenverletzung eine solche Präsentationsweise, die bei den Kunden des Klägers die Vorstellung hervorrufen kann, dass die von dem Beklagten angebotenen Waren und Dienstleistungen vom Kläger stammen (Reckitt & Coleman Products Ltd/Borden Inc. & Ors).

93 Das Vorliegen von Verwechslungsgefahr ist damit eine Voraussetzung, die Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94 und den für die Klage wegen Kennzeichenverletzung geltenden Regeln gemeinsam ist. Sie ist in Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung ausdrücklich vorgesehen und bildet im Rahmen der genannten Regeln ein Tatbestandsmerkmal der Voraussetzung einer irreführenden Präsentationsweise der fraglichen Waren und Dienstleistungen.

94 Jedoch konnte sich die Beschwerdekammer nicht, ohne die besonderen Voraussetzungen der Klage wegen Kennzeichenverletzung zu verkennen, auf die sich der infolge der Verweisung in Art. 52 Abs. 1 Buchst. c anwendbare Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 40/94 bezieht, darauf beschränken, in einem ersten Schritt auf der Grundlage von Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung, den die Beschwerdekammer in den Randnrn. 22 und 23 der angefochtenen Entscheidungen angeführt hat, die Feststellung zu treffen, dass das Publikum wegen der geringen Unterscheidungskraft der beiden Marken seine Aufmerksamkeit auf deren unterscheidungskräftige und dominierende Bestandteile, d. h. auf die Kombination der die beiden Zeichen bildenden verschiedenen Wörter, ihre Verbindung zu nur einem Wort, "last minute", die Endung ".com" im nicht eingetragenen Zeichen sowie das Bildelement der Gemeinschaftsmarke, richten werde, und sodann in einen zweiten Schritt diese Zeichen einem visuellen, klanglichen und begrifflichen Vergleich zu unterziehen.

95 Die Untersuchung der Frage, ob eine irreführende Präsentationsweise von Waren und Dienstleistungen im Sinne des nationalen Rechts vorliegt, ist nämlich nicht auf die vergleichende Prüfung der beiden fraglichen Marken beschränkt, sondern umfasst die Berücksichtigung weiterer Faktoren wie im vorliegenden Fall der Umstände, unter denen die Waren oder Dienstleistungen unter dem Zeichen LAST MINUTE TOUR am Tag der Anmeldung der Gemeinschaftsmarke im Vereinigten Königreich angeboten worden wären.

96 Zwar besteht im Rahmen eines Antrags auf Nichtigerklärung gemäß Art. 52 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 40/94 hinsichtlich der Regeln, die im Recht des Vereinigten Königreichs für die Klage wegen Kennzeichenverletzung gelten, eine Anwendungsschwierigkeit, weil nach Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 40/94, wie oben in Randnr. 51 erwähnt, auf den Tag der Anmeldung der Gemeinschaftsmarke und nicht auf den Zeitpunkt abzustellen ist, zu dem der wegen Kennzeichenverletzung Beklagte mit dem streitigen Angebot der Waren und Dienstleistungen begonnen hat.

97 So ist die Prüfung der Umstände, unter denen die fraglichen Waren oder Dienstleistungen am Tag der Anmeldung der Gemeinschaftsmarke im Vereinigten Königreich unter dem Zeichen LAST MINUTE TOUR angeboten wurden, bei der gegebenen Fallgestaltung nicht möglich, weil nicht davon auszugehen ist, dass LMT schon an diesem Tag mit dem Anbieten ihrer Waren und Dienstleistungen unter dem Zeichen LAST MINUTE TOUR im Vereinigten Königreich begonnen hatte.

98 Diese Anpassung der für die Klage wegen Kennzeichenverletzung geltenden rechtlichen Regeln, die dem Antrag auf Nichtigerklärung einer Gemeinschaftsmarke inhärent ist, entband die Beschwerdekammer jedoch nicht von der Verpflichtung zur Anwendung dieser Regeln, die nach den Art. 52 Abs. 1 Buchst. c und 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 40/94 nicht unbeachtet bleiben durften.

99 Obwohl die Beschwerdekammer festgestellt hatte, dass die nicht eingetragene nationale Marke LASTMINUTE.COM ein großes Ansehen genieße, während sie dem Ausdruck "last minute" ein solches Ansehen mit der angesichts der Regeln für die Klage wegen Kennzeichenverletzung verfehlten Begründung absprach, er sei ein Gattungsbegriff und ohne Unterscheidungskraft, hat sie das Fehlen von Verwechslungsgefahr zwischen den beiden Zeichen allein aus deren vergleichender Prüfung hergeleitet.

100 Damit hat sie es versäumt, der Frage nachzugehen, ob diese Feststellung nicht durch das Ansehen der Marke LASTMINUTE.COM oder das mögliche Ansehen des Ausdrucks "last minute" beeinflusst werden könnte, sofern diese beiden Formen des Ansehens geeignet waren, die Gefahr zu vergrößern, dass die Kunden der Klägerin Waren oder Dienstleistungen, die am Tag der Anmeldung der Gemeinschaftsmarke im Vereinigten Königreich unter dem Zeichen LAST MINUTE TOUR angeboten worden wären, für Waren oder Dienstleistungen der Klägerin gehalten hätten.

101 Folglich hat die Beschwerdekammer dadurch, dass sie sich, ohne ein etwaiges eigenständiges Ansehen des Ausdrucks "last minute" bei den Kunden der Klägerin in Betracht zu ziehen, auf einen solchen formalen Vergleich der beiden Zeichen beschränkte, um auf dessen Grundlage in Randnr. 40 der Entscheidung R 256/2006-2 und in Randnr. 41 der Entscheidung R 291/2006-2 die Möglichkeit auszuschließen, dass das Publikum des Vereinigten Königreichs Waren und Dienstleistungen des Unternehmens, dem die Marke LAST MINUTE TOUR gehört, für solche des Unternehmens hält, dem die ältere nicht eingetragene nationale Marke LASTMINUTE.COM gehört, die in Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 40/94 enthaltene Verweisung auf das Recht des Vereinigten Königreichs verkannt, dem die von der Klägerin am Tag der Anmeldung der Gemeinschaftsmarke im geschäftlichen Verkehr benutzte Marke unterliegt.

102 Folglich greift der Klagegrund einer fehlerhaften Anwendung von Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 40/94 durch. Die angefochtenen Entscheidungen sind daher aufzuheben.

103 Nach Art. 63 Abs. 6 der Verordnung Nr. 40/94 (jetzt Art. 65 Abs. 6 der Verordnung Nr. 207/2009) wird es Sache des HABM sein, im Licht aller für die Klage wegen Kennzeichenverletzung geltenden Voraussetzungen - einschließlich gegebenenfalls der einer möglichen Schadensfolge des irreführenden Charakters, den ein Angebot der fraglichen Waren und Dienstleistungen im Vereinigten Königreich unter dem Zeichen LAST MINUTE TOUR am Tag der Anmeldung der Gemeinschaftsmarke für die Kunden der Klägerin hätte haben können - den Antrag auf Nichtigerklärung der Gemeinschaftsmarke LAST MINUTE TOUR erneut zu prüfen.

104 Über den zweiten Antrag der Klägerin ist daher nicht zu entscheiden.

Kostenentscheidung:

Kosten

105 Nach Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

106 Da das HABM unterlegen ist, sind ihm, wie von der Klägerin beantragt, seine eigene Kosten und die Kosten der Klägerin aufzuerlegen. Die Streithelferin trägt ihre eigenen Kosten.

Tenor:

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Siebte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1. Die Entscheidungen der Zweiten Beschwerdekammer des Harmonisierungsamts für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM) vom 8. Februar 2007 (Sachen R 256/2006-2 und R 291/2006-2) werden aufgehoben.

2. Über den zweiten Antrag der Last Minute Network Ltd ist nicht zu entscheiden.

3. Das HABM trägt seine eigenen Kosten sowie die Kosten der Last Minute Network Ltd.

4. Die Last Minute Tour SpA trägt ihre eigenen Kosten.

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 11. Juni 2009.

Ende der Entscheidung

Zurück