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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäisches Gericht
Urteil verkündet am 26.09.1990
Aktenzeichen: T-122/89
Rechtsgebiete: Beamtenstatut


Vorschriften:

Beamtenstatut Art. 78
Beamtenstatut Art. 73 Abs. 1
Beamtenstatut Art. 90 Abs. 2
Beamtenstatut Art. 91 Abs. 2
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

1. Indem der Ärzteausschuß rechtlich einwandfrei feststellt, daß die Verschlimmerung der Invalidität eines Beamten, die nach einer heftigen Auseinandersetzung während des Dienstes eintrat, ihre Ursache in der Ausübung seiner Tätigkeit hat, da sie sich letztlich aus der bereits bestehenden Berufskrankheit des Betroffenen ergibt, stellt er einen verständlichen Zusammenhang zwischen den in seinem Gutachten enthaltenen medizinischen Feststellungen und den Schlußfolgerungen, zu denen er gelangt, her. Er beschränkt sich somit darauf, die medizinischen Konsequenzen aus seinen Feststellungen über die Ursache der Krankheit zu ziehen, ohne rechtliche Wertungen vorzunehmen.

Wenn sich das beklagte Organ unter diesen Umständen auf den Zusammenhang zwischen der Auseinandersetzung und dem sich daraus ergebenden Invaliditätsgrad stützt, um diesen von dem dem Beamten zuzusprechenden Gesamtgrad der in ursächlichem Zusammenhang mit der Berufstätigkeit stehenden Invalidität abzuziehen, ohne die in dem ärztlichen Gutachten klar festgestellte Beziehung zwischen dieser Auseinandersetzung und dem bereits bestehenden pathologischen Zustand des Betroffenen zu berücksichtigen, so setzt dieses Organ rechtswidrig an die Stelle der Schlußfolgerungen des Gutachtens seine eigene Beurteilung einer rein medizinischen Frage, für die ausschließlich der Ärzteausschuß zuständig ist. Der ursächliche Zusammenhang des Teils des Invaliditätsgrades, der auf diesem Zwischenfall beruht, mit der Berufstätigkeit kann nicht aufgrund des Umstandes bestritten werden, daß das dem Beamten vorgeworfene Verhalten einen Verstoß gegen seine Pflichten aus dem Statut darstellt, denn dieser Umstand stellt den Bezug zwischen diesem Zwischenfall und der früheren Psychopathie des Klägers nicht in Frage und berührt somit nicht den vom Ärzteausschuß festgestellten Kausalzusammenhang zwischen der bereits bestehenden Berufskrankheit und der Verschlimmerung der Invalidität.

2. Die in den Artikeln 90 und 91 des Beamtenstatuts festgesetzten Beschwerde - und Klagefristen sind zwingenden Rechts : Sie sind eingeführt worden, um die Sicherheit der Rechtsverhältnisse zu gewährleisten, und stehen nicht zur Disposition der Parteien oder des Gerichts.

3. Ein Beamter kann vor dem Gerichtshof nur Anträge stellen, die denselben Gegenstand haben wie die in der vorhergehenden Verwaltungsbeschwerde enthaltenen Anträge, und nur solche Rügen erheben, die auf demselben Grund beruhen wie die in der Beschwerde genannten Rügen.


URTEIL DES GERICHTS ERSTER INSTANZ (DRITTE KAMMER) VOM 26. SEPTEMBER 1990. - F. GEGEN KOMMISSION DER EUROPAEISCHEN GEMEINSCHAFTEN. - BEAMTE - ENTSCHAEDIGUNG FUER UNFAELLE UND BERUFSKRANKHEITEN - FESTSTELLUNG DER BERUFSBEDINGTHEIT DER KRANKHEIT - INVALIDITAETSRENTEN - INVALIDITAET, AUFGRUND DEREN DER BEAMTE SEIN AMT NICHT WAHRNEHMEN KANN (ARTIKEL 73 UND 78 DES STATUTS). - RECHTSSACHE T-122/89.

Entscheidungsgründe:

Sachverhalt und Verfahren

1 Der Kläger, Herr F., trat 1975 in den Dienst der Kommission und wurde mit Wirkung vom 1. April 1980 in der Besoldungsgruppe A 5 zum Beamten auf Lebenszeit ernannt. Nach einer heftigen Auseinandersetzung mit dem Generaldirektor für Personal und Verwaltung am 6. Oktober 1982 erging ihm gegenüber eine Entscheidung über die Entfernung aus dem Dienst ohne Kürzung oder Aberkennung des Anspruchs auf das Ruhegehalt. Nach Aufhebung dieser Entscheidung durch den Gerichtshof wegen unzureichender Begründung ( Urteil vom 29. Januar 1985 in der Rechtssache 228/83, F./Kommission, Slg. 1985, 275 ) erließ die Kommission am 6. Mai 1985 eine neue, ordnungsgemäß begründete Entscheidung über die Entfernung aus dem Dienst ohne Kürzung oder Aberkennung des Anspruchs auf das Ruhegehalt. Mit Urteil vom 5. Februar 1987 wies der Gerichtshof die Klage des Klägers gegen diese Entscheidung ab ( Rechtssache 403/85, F./Kommission, Slg. 1987, 645 ).

2 Am 22. März 1985, nach der Aufhebung der ersten Entscheidung, durch die der Kläger aus dem Dienst entfernt worden war, beantragte er die Anwendung des Artikels 78 des Beamtenstatuts, wonach "ein Beamter, der dauernd voll dienstunfähig geworden ist und deshalb ein Amt seiner Laufbahn nicht wahrnehmen kann,... Anspruch auf Ruhegehalt wegen Dienstunfähigkeit" hat.

Dieser Antrag führte zu einem Schriftwechsel zwischen dem Kläger und der Kommission, der wie folgt schematisch dargestellt werden kann :

- Auf den Antrag gemäß Artikel 78 und nach der zweiten Entfernung aus dem Dienst vom 6. Mai 1985 teilte der Generaldirektor für Personal und Verwaltung dem Kläger durch Schreiben vom 11. Juni 1985 mit, daß "nach der (( neuen )) Entscheidung über die Entfernung aus dem Dienst mit Wirkung vom 31. Mai 1985 das (( ihn )) betreffende Invaliditätsverfahren gegenstandslos geworden" sei;

- nach dieser Mitteilung sandte der Kläger am 26. Juni 1985 ein Schreiben an den betreffenden Generaldirektor, in dem er sich gegen die Entscheidung vom 11. Juni 1985 wandte und darum bat, das Verfahren gemäß Artikel 78 fortzusetzen. Er richtete ausserdem am 27. Juni 1985 ein Protestschreiben an den Präsidenten der Kommission, in dem er ausführte, daß er darum gebeten habe, die Artikel 73 und 78 des Statuts auf ihn anzuwenden, und daß daher die Stellungnahme der Kommission vom 11. Juni 1985 zu seinem Antrag vom 22. März 1985 "sowohl gegen den Geist als auch gegen den Buchstaben der Gemeinschaftsregelung verstösst";

- später, in einem am 28. Januar 1986 an die Beklagte gerichteten Antwortschreiben auf ein Schreiben vom 21. Januar 1986, das sich nur auf das Verfahren gemäß Artikel 73 bezog, verlangte der Kläger die Anwendung nicht nur des Artikels 73, sondern auch des Artikels 78.

3 Am 15. Mai 1985 beantragte der Kläger ausserdem die Anwendung von Artikel 73 des Statuts, wonach "der Beamte... vom Tage seines Dienstantritts an... für den Fall von Berufskrankheiten und Unfällen gesichert" ist. Die Kommission leitete daraufhin das Verfahren ein, das zu diesem Zweck in der Regelung vorgesehen ist, die im gegenseitigen Einvernehmen der Organe die Voraussetzungen für diese Sicherung gemäß Artikel 73 Absatz 1 des Statuts festlegt ( im folgenden : Regelung ). Diese Regelung sieht insbesondere vor, daß "die Entscheidung über den Invaliditätsgrad... nach der Konsolidierung der Verletzungen des Beamten" ergeht ( Artikel 20 ). Die Anstellungsbehörde stellte dem Kläger mit Schreiben vom 28. Juli 1987 gemäß Artikel 21 der Regelung den Entwurf einer Entscheidung zu, dem sie die Stellungnahme des von dem Organ bestellten Arztes Professor De Buck beifügte. In diesem Entwurf wurde der Grad der dauernden Invalidität des Klägers auf 60 % festgesetzt, wovon 30 % in ursächlichem Zusammenhang mit der Berufstätigkeit stuenden. Nach dieser Mitteilung beantragte der Kläger gemäß Artikel 21 der Regelung die Einholung eines Gutachtens des Ärzteausschusses. Dieser Ausschuß - der sich aus drei Ärzten zusammensetzt, von denen einer von der Anstellungsbehörde, einer von dem Beamten oder den sonstigen Anspruchsberechtigten und einer einvernehmlich von diesen beiden zuvor benannten Ärzten benannt wird - erstattet bei Abschluß seiner Arbeiten ein Gutachten, das er der Anstellungsbehörde und dem Beamten oder den sonstigen Anspruchsberechtigten zuleitet.

4 Der Ärzteausschuß kam am 26. Mai 1988 zu dem Ergebnis, daß die Gesundheitsstörungen des Klägers konsolidiert seien. Er setzte den Grad der dauernden Teilinvalidität auf 80 % fest, die wie folgt aufgeteilt wurden : 12 % seien mit dem Zustand des Klägers vor seinem Dienstantritt bei den Gemeinschaften in Verbindung zu bringen; "der Rest, also 68 %, (( hat )) seine Ursache im Berufsleben..., und es gibt keine anderen Begleitumstände, die zu seiner Entstehung beigetragen haben ". In diese 68 % bezog der Ärzteausschuß den Invaliditätsgrad von 18 % mit ein, der sich aus der Episode vom 6. Oktober 1982 ergab, die zur Entfernung des Klägers aus dem Dienst geführt hatte.

5 In ihrer Entscheidung vom 15. Juli 1988 vertrat die Beklagte den Standpunkt, daß der Ärzteausschuß dadurch, daß er in den Prozentsatz der mit der Berufstätigkeit in ursächlichem Zusammenhang stehenden Invalidität den auf den erwähnten Ereignissen vom 6. Oktober 1982 beruhenden Invaliditätsgrad von 18 % mit einbezogen habe, "über den ihm erteilten Auftrag hinausgegangen ist, indem er die aus seinen medizinischen Feststellungen zu ziehenden rechtlichen Konsequenzen beurteilt hat, wozu nur die Verwaltung befugt ist ". Sie berief sich in dieser Entscheidung auf das Urteil des Gerichtshofes vom 21. Januar 1987 in der Rechtssache 76/84 ( Rienzi/Kommission, Slg. 1987, 315 ) und führte aus, die fraglichen 18 % könnten im Rahmen der Sicherung für den Fall von Berufskrankheiten im Sinne von Artikel 73 des Statuts nicht berücksichtigt werden, und erkannte dem Kläger folglich aufgrund dieser Vorschrift einen Invaliditätsgrad von 50 % zu. Am 7. Oktober 1988 legte der Kläger gegen diese Entscheidung Beschwerde gemäß Artikel 90 Absatz 2 des Statuts ein. Die Kommission wies die Beschwerde innerhalb der Klagefrist des Artikels 91 Absatz 3 zweiter Gedankenstrich des Statuts am 20. April 1989 ausdrücklich zurück. Unter diesen Umständen hat der Kläger mit Klageschrift, die am 5. Juli 1989 - innerhalb der Frist von drei Monaten nach der ausdrücklichen Entscheidung über die Zurückweisung der Beschwerde gemäß der vorerwähnten Bestimmung a. E. - in das Register der Kanzlei des Gerichtshofes eingetragen worden ist, die Aufhebung der Entscheidung vom 15. Juli 1988 beantragt.

6 Das schriftliche Verfahren ist vollständig vor dem Gerichtshof abgelaufen. Der Gerichtshof hat die Rechtssache durch Beschluß vom 15. November 1989 gemäß Artikel 3 Absatz 1 des Beschlusses des Rates vom 24. Oktober 1988 zur Errichtung eines Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften an das Gericht verwiesen. Das Gericht hat durch Beschluß vom 23. Januar 1990 die Société Royale Belge als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge der Kommission, soweit sie die Anwendung von Artikel 73 des Statuts betreffen, zugelassen. Das Gericht hat auf Bericht des Berichterstatters beschlossen, die mündliche Verhandlung ohne vorherige Beweisaufnahme zu eröffnen. Der Kläger hat in der Sitzung auf Verlangen des Gerichts die mit Schreiben vom 26. Juni 1985 an den Generaldirektor für Personal und Verwaltung eingereichte Beschwerde gegen die Entscheidung vom 11. Juni 1985 sowie das Schreiben des zuständigen Abteilungsleiters vom 21. Januar 1986 an den Kläger vorgelegt.

Anträge der Parteien

7 Der Kläger beantragt,

- die vorliegende Klage für zulässig und begründet zu erklären;

- folglich die in dem Schreiben von Herrn R. Hay vom 15. Juli 1988 enthaltene Entscheidung der Kommission aufzuheben, durch die der dem Kläger zuerkannte Grad der dauernden Invalidität, die ihre Ursache im Berufsleben hat, auf 50 % herabgesetzt wurde;

- dem Kläger als Ersatz für den erlittenen Schaden einen Betrag in Höhe von 24 Monatsbezuegen eines Beamten der Besoldungsgruppe A 5/6 zuzusprechen;

- der Beklagten die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

Die Beklagte beantragt,

- die Klage in allen ihren Teilen als unbegründet und den zweiten Klagegrund als unzulässig und nicht stichhaltig abzuweisen;

- den Kläger gemäß den Artikeln 69 § 2 und 70 der Verfahrensordnung seine eigenen Kosten tragen zu lassen.

Zum Klagegrund der Verletzung des Artikels 73 des Statuts

8 Was die Festsetzung des in ursächlichem Zusammenhang mit der Berufstätigkeit stehenden Invaliditätsgrades im Sinne von Artikel 73 des Statuts angeht, so wendet sich der Kläger gegen die Begründung der angefochtenen Entscheidung. Er ist im Gegensatz zur Kommission der Auffassung, daß der Ärzteausschuß dadurch, daß er, wie geschehen, zur Ursache des streitigen Invaliditätsgrades von 18 % Stellung genommen habe, seine Kompetenzen nicht überschritten und insbesondere auch nicht in die ausschließlichen Befugnisse der Verwaltung zur Beurteilung der aus den medizinischen Feststellungen zu ziehenden rechtlichen Konsequenzen eingegriffen habe. Der Kläger stützt sich hauptsächlich auf das Gutachten des Ärzteausschusses, der - worauf er in der Sitzung ganz besonders hingewiesen hat - festgestellt habe, daß der Invaliditätsgrad von 18 %, der mit seinem Verhalten vom 6. Oktober 1982 zusammenhänge, in Wirklichkeit mit der seit seinem Dienstantritt bei der Kommission bereits bestehenden Verschlimmerung seines Gesundheitszustands aus beruflichen Gründen sowie mit der "Aufeinanderfolge beruflicher Wechselfälle", von der in den Sachverständigengutachten die Rede sei, in Verbindung gebracht werden müsse : Die Verknüpfung dieser 18 % mit einem mit der Berufstätigkeit in ursächlichem Zusammenhang stehenden pathologischen Zustand vor dem Zwischenfall vom 6. Oktober 1982 sei eine Frage der rein medizinischen Beurteilung. Unter diesem Gesichtspunkt unterscheide sich die vorliegende Klage von der genannten Rechtssache Rienzi, in der das Verhalten des betreffenden Beamten, das zu den Disziplinarstrafen geführt habe, auf denen sein pathologischer Zustand beruht habe, im Gegensatz zur Situation des Klägers im vorliegenden Fall, nichts mit einer bereits bestehenden, in ursächlichem Zusammenhang mit der Berufstätigkeit stehenden Erkrankung zu tun gehabt habe. Der Kläger leitet daraus her, daß im Rahmen des vorliegenden Rechtsstreits die Verwaltung die Grenzen ihrer Entscheidungsbefugnis überschritten habe, indem sie aus freien Stücken und ohne Begründung von den Schlußfolgerungen des Ärzteausschusses abgewichen sei, obgleich es ihre Aufgabe gewesen wäre, die "unmittelbaren, sofortigen und unumgänglichen rechtlichen Konsequenzen" aus der ärztlichen Stellungnahme zu ziehen, die nach einer ernsthaften und gründlichen Untersuchung einstimmig abgegeben worden sei.

9 Die Beklagte vertritt dagegen den Standpunkt, die Frage, ob das statutswidrige Verhalten vom 6. Oktober 1982 auf eine Psychopathie, die in ursächlichem Zusammenhang mit der Berufstätigkeit stehe, zurückzuführen sei, sei im Rahmen eines Verfahrens zur Feststellung der Invalidität völlig unerheblich. Sie weist in diesem Zusammenhang darauf hin, daß der Ärzteausschuß den Kläger als für sein Handeln bei dem Zwischenfall vom 6. Oktober 1982 verantwortlich bezeichnet habe, wie sich aus der Entscheidung der Kommission vom 6. Mai 1985 ergebe, mit der gegen den Kläger die Disziplinarstrafe der Entfernung aus dem Dienst verhängt worden sei.

Die Beklagte stützt ihr Vorbringen auf das erwähnte Urteil Rienzi, in dem der Gerichtshof - ohne danach zu unterscheiden, ob sich das fragliche statutswidrige Verhalten aus einer früheren Berufskrankheit ergebe oder nicht - entschieden habe, daß nur eine Berufskrankheit, die sich aus der "ordnungsgemässen Ausübung (( der )) Tätigkeit" ergebe, die Anwendung der Artikel 73 und 78 Absatz 2 des Statuts rechtfertigen könne ( Randnr. 10 ). Es würde nämlich, so erklärt die Beklagte, "dem Begriff der Berufskrankheit widersprechen, Krankheiten in ihn einzubeziehen, die sich aus Tatsachen ergeben, die mit dem Beruf nichts zu tun haben oder gegen die grundlegenden Berufspflichten des Beamten verstossen ". Die Beklagte leitet daraus her, daß der Ärzteausschuß dadurch, daß er zu dem Ergebnis gekommen sei, daß die 18 % dauernder Invalidität, die auf den Zwischenfall vom 6. Oktober 1982 zurückgingen, gemäß Artikel 73 des Statuts entschädigungsfähig seien, die Grenzen seiner Befugnisse überschritten habe. Sie führt dazu aus, nach gefestigter Rechtsprechung sei die "Frage, ob der erwähnte Zwischenfall und die Folgen, die er für die Gesundheit des Klägers gehabt hat, ein durch Artikel 73 gedecktes, mit der Ausübung seiner Tätigkeit verbundenes Risiko darstellen oder ob es sich hingegen um ein Risiko handelt, das sich aus dem Verstoß des Klägers gegen seine statutarischen Pflichten ergibt, 'als Rechtsfrage von der Anstellungsbehörde zu beantworten' ( Urteil Rienzi, a. a. O., Randnr. 20 )". Die Kommission habe somit ihre Befugnisse nicht überschritten, als sie in der streitigen Entscheidung von den Schlußfolgerungen des Ärzteausschusses hinsichtlich der auf den Zwischenfall vom 6. Oktober 1982 zurückgehenden 18 % Invalidität abgewichen sei.

10 Die Streithelferin schließt sich dem gesamten Vorbringen der Kommission an. Sie führt insbesondere aus, der Ärzteausschuß habe sich auf juristisches Terrain begeben, als er zu dem Ergebnis gelangt sei, daß der Grad der dauernden Invalidität von 18 %, der auf die Ereignisse vom 6. Oktober 1982 zurückgehe, in ursächlichem Zusammenhang mit der Berufstätigkeit stehe, weil es ihm nicht "gerecht" erscheine, diesen Invaliditätsgrad von der dem Kläger bewilligten Entschädigung auszuschließen.

11 Somit ist die tatsächliche Tragweite des Gutachtens des Ärzteausschusses zu bestimmen, über die die Ansichten der Parteien auseinandergehen.

12 Das Gericht stellt zunächst fest, daß der Ärzteausschuß in seinem der Anstellungsbehörde übersandten Gutachten eindeutig zu dem Ergebnis gekommen ist, daß der Grad der dauernden Teilinvalidität endgültig auf 80 % festzusetzen sei, wovon 12 % mit dem Gesundheitszustand des Klägers vor seinem Dienstantritt bei den Gemeinschaften in Verbindung zu bringen seien und "der Rest, also 68 %,... seine Ursache im Berufsleben des Betroffenen bei den Gemeinschaften (( hat ;))... es gibt keine anderen Begleitumstände, die zu seiner Entstehung beigetragen haben" ( S. 26 des Gutachtens des Ärzteausschusses ).

13 Ausserdem ergibt sich aus der Begründung dieses Gutachtens, daß der Ärzteausschuß den ursächlichen Zusammenhang des streitigen Invaliditätsgrades von 18 % mit der Berufstätigkeit im Sinne des Artikels 73 des Statuts und der anwendbaren Regelung klar und unzweifelhaft hervorgehoben hat. Er hat nämlich seine Schlußfolgerungen im Kapitel "Erörterung" seines Gutachtens wie folgt begründet : "Wir halten es für offensichtlich, daß die Ereignisse vom 6. Oktober 1982 eine unmittelbare Folge der beruflichen Schwierigkeiten darstellen, denen sich der Patient seit mehreren Jahren ausgesetzt sah. Die ihm vorgeworfenen aggressiven Verhaltensweisen sind der eigentliche Ausdruck und ein integrierender Bestandteil seiner Psychopathie... Wir meinen deshalb, daß die dauernde Teilinvalidität, wie wir sie in unseren Schlußfolgerungen eingeschätzt haben, in vollem Umfang ihre Ursache in den Arbeitsbedingungen hat, die Herr F. bei der Ausübung seiner Tätigkeit antraf und die den wesentlichen Grund für die Verschlimmerung eines bereits bestehenden krankhaften Zustands bildeten" ( S. 23 und 24 des Gutachtens des Ärzteausschusses ).

14 Der Ärzteausschuß hat somit hinreichend festgestellt, daß die Verschlimmerung der Invalidität des Klägers, die nach dem Zwischenfall vom 6. Oktober 1982 eintrat, ihre Ursache in Wirklichkeit in der Ausübung seiner Tätigkeit im Dienst der Gemeinschaften hat, da sie sich letztlich aus der bereits bestehenden Berufskrankheit des Klägers ergibt. Der Ärzteausschuß hat somit einen "verständlichen Zusammenhang zwischen den in (( seinem Gutachten )) enthaltenen medizinischen Feststellungen und den Schlußfolgerungen, zu denen es gelangt, (( hergestellt ))", wozu er verpflichtet ist ( siehe Urteile des Gerichtshofes vom 26. Januar 1984 in der Rechtssache 189/82, Seiler/Rat, Slg. 1984, 229, Randnr. 15, und vom 10. Dezember 1987 in der Rechtssache 277/84, Jänsch/Kommission, Slg. 1987, 4923, Randnr. 15 ).

15 Unter diesen Umständen ist das Gericht der Auffassung, daß der Ärzteausschuß sich darauf beschränkt hat, die medizinischen Konsequenzen aus seinen Feststellungen über die Ursache der Krankheit des Klägers zu ziehen, ohne rechtliche Wertungen vorzunehmen.

16 Aus all diesen Erwägungen folgt, daß die Beklagte die ärztliche Stellungnahme falsch ausgelegt hat, indem sie nur die Wechselbeziehung zwischen dem streitigen Invaliditätsgrad von 18 % und den Ereignissen vom 6. Oktober 1982 beachtet hat, ohne die in dem ärztlichen Gutachten klar festgestellte Wechselbeziehung zwischen diesem Zwischenfall und dem bereits bestehenden pathologischen Zustand, dessen ursächlicher Zusammenhang mit der Berufstätigkeit in dem Gutachten festgestellt wird, zu berücksichtigen. Dadurch, daß die Entscheidung einen ursächlichen Zusammenhang des streitigen Teils des Invaliditätsgrades des Klägers mit der Berufstätigkeit leugnet, weicht sie also von den Schlußfolgerungen des ärztlichen Gutachtens ab und setzt damit an deren Stelle ihre eigene Beurteilung einer rein medizinischen Frage, für die ausschließlich der Ärzteausschuß zuständig ist, dessen Beurteilungen demnach als endgültig anzusehen sind, wenn sie, wie im vorliegenden Fall, unter ordnungsgemässen Voraussetzungen erfolgt sind ( siehe Urteile vom 29. November 1984 in der Rechtssache 265/83, Suß/Kommission, Slg. 1984, 4029, Randnrn. 9 bis 15, und vom 19. Januar 1988 in der Rechtssache 2/87, Biedermann/Rechnungshof, Slg. 1988, 143, Randnr. 8 ). Das Gericht stellt dazu fest, daß der ursächliche Zusammenhang des streitigen Invaliditätsgrades von 18 % mit der Berufstätigkeit nicht aufgrund des statutswidrigen Charakters des Verhaltens des Klägers vom 6. Oktober 1982 bestritten werden kann. Der statutswidrige Charakter dieses Verhaltens bei dem Zwischenfall vom 6. Oktober 1982 stellt nämlich den Bezug zwischen diesem Zwischenfall und der früheren Psychopathie des Klägers nicht in Frage. Er berührt somit nicht den vom Ärzteausschuß festgestellten Kausalzusammenhang zwischen der bereits bestehenden Berufskrankheit des Klägers und der streitigen Verschlimmerung seiner Invalidität um 18 %.

17 Die Entscheidung ist somit insoweit aufzuheben, als es darin abgelehnt wird, den streitigen Invaliditätsgrad von 18 %, dessen ursächlicher Zusammenhang mit der Berufstätigkeit festgestellt ist, als Berufskrankheit im Hinblick auf die Entschädigung des Klägers nach Artikel 73 des Statuts anzuerkennen.

Zum Klagegrund der Verletzung des Artikels 78

18 Der Kläger wirft der Kommission ausserdem vor, Artikel 78 des Statuts in der streitigen Entscheidung nicht berücksichtigt zu haben. Er führt aus, indem er am 6. Dezember 1985 eine Klage gegen die Entscheidung über die Entfernung aus dem Dienst vom 6. Mai 1985 erhoben habe, die zu der vorgenannten Entscheidung über die Beendigung des Verfahrens nach Artikel 78 des Statuts geführt habe, habe er sich stillschweigend gegen die Einstellung des Verfahrens nach Artikel 78 gewandt, denn im Fall einer Aufhebung der Entscheidung über die Entfernung aus dem Dienst "muß das nach Artikel 78 des Statuts eingeleitete Verfahren von Amts wegen zu Ende geführt werden ". Auch habe er sich seine Rechte bezueglich der Anwendung von Artikel 78 vorbehalten, wie er in der Sitzung ausgeführt hat, indem er mehrfach Schreiben an die zuständigen Behörden gerichtet und die Einstellung des Verfahrens nach Artikel 78 gerügt habe.

19 In der Sache vertritt der Kläger die Auffassung, daß die Voraussetzungen für die Anwendung von Artikel 78 zum Zeitpunkt der Antragstellung zu beurteilen seien. Da er zu diesem Zeitpunkt noch Beamter der Kommission gewesen sei, seien diese Voraussetzungen in seinem Fall erfuellt. Der Kläger meint, in diesem Kontext müsse, sobald der ursächliche Zusammenhang seiner Invalidität mit der Berufstätigkeit teilweise anerkannt worden sei, Artikel 78 zu seinen Gunsten angewandt werden.

20 Die Kommission steht dagegen auf dem Standpunkt, daß der zweite Klagegrund unzulässig und nicht stichhaltig sei. Sie weist in erster Linie darauf hin, daß die am 11. Juni 1985 erfolgte Ablehnung des Antrags des Klägers auf Anwendung von Artikel 78 des Statuts bestandskräftig geworden sei, da der Kläger nicht fristgemäß Beschwerde und Klage eingereicht habe. Sie bemerkt dazu, nur bei einem Erfolg, d. h. bei Aufhebung der Entscheidung über die Entfernung aus dem Dienst, hätte die Klage gegen diese Entscheidung die Fortsetzung eines gesonderten Verfahrens gegen die Entscheidung vom 11. Juni 1985 überfluessig machen können.

21 Zur Sache trägt die Kommission vor, der Kläger erfuelle nicht die Voraussetzungen des Artikels 78 für den Bezug eines Ruhegehalts wegen Dienstunfähigkeit, insbesondere nicht die, daß er wegen seiner Dienstunfähigkeit sein Amt nicht wahrnehmen könne. Der Kläger habe sein Amt nicht wegen seiner Dienstunfähigkeit nicht wahrnehmen können, denn es habe schon aufgrund der Entscheidung über seine Entfernung aus dem Dienst geendet. Diese Entscheidung, die ihm seine Beamteneigenschaft genommen habe, schließe es somit aus, daß er noch ein Ruhegehalt wegen Dienstunfähigkeit beziehen könne, das nach dem Statut den Beamten vorbehalten sei. Die Beklagte wendet sich insoweit gegen das Argument des Klägers in bezug auf den Zeitpunkt, zu dem die Voraussetzungen für die Anwendung von Artikel 78 erfuellt sein müssen, und bemerkt, nach Artikel 14 des Anhangs VIII des Statuts über die Modalitäten der Gewährung eines Ruhegehalts wegen Dienstunfähigkeit entstehe der Anspruch auf dieses Ruhegehalt mit dem ersten Tag des Kalendermonats nach der Feststellung, daß der Beamte sein Amt endgültig nicht mehr ausüben könne. Daraus folgt nach Auffassung der Kommission, daß mangels einer solchen Entscheidung, mit der die endgültige Dienstunfähigkeit des Klägers zum Zeitpunkt seiner Entfernung aus dem Dienst festgestellt werde, diese letztere den Antrag des Klägers auf Anwendung von Artikel 78 des Statuts gegenstandslos gemacht habe.

22 Das Gericht stellt zunächst fest, daß die Kommission den Kläger mit Schreiben vom 11. Juni 1985 von ihrer Entscheidung über die Beendigung des Invaliditätsverfahrens gemäß Artikel 78 unterrichtet hat. Ferner ist darauf hinzuweisen, daß die Entscheidung vom 15. Juli 1988, die Gegenstand der vorliegenden Klage ist, im Rahmen des Verfahrens zur Anwendung von Artikel 73 erlassen wurde. Die Kommission nimmt somit nur zu dem Antrag des Klägers gemäß Artikel 73 Stellung und berücksichtigt nicht die Frage der eventuellen Gewährung eines Ruhegehalts wegen Dienstunfähigkeit gemäß Artikel 78. Aber selbst wenn diese Entscheidung so auszulegen wäre, daß sie eine stillschweigende Ablehnung eines Antrags des Klägers gemäß Artikel 78 einschließt, so würde diese Ablehnung mangels neuer Gesichtspunkte gegenüber der vorgenannten Entscheidung vom 11. Juni 1985 nur eine Bestätigung dieser Entscheidung darstellen und könnte deshalb keine beschwerende Maßnahme sein. Der Antrag auf Aufhebung der Entscheidung vom 15. Juli 1988 gemäß Artikel 78 wäre also auch im Falle einer stillschweigenden Ablehnung eines Antrags gemäß Artikel 78 unzulässig.

23 Das Gericht bemerkt ausserdem, daß die Entscheidung vom 11. Juni 1985 unanfechtbar geworden ist, da der Kläger nicht innerhalb der Frist des Artikels 91 Absatz 2 des Statuts Klage erhoben hat. Insoweit kann seinem Vorbringen, er habe sich seine Rechte hinsichtlich der Anwendung von Artikel 78 vorbehalten, nicht gefolgt werden. Die in den Artikeln 90 und 91 des Statuts festgesetzten Beschwerde - und Klagefristen sind zwingenden Rechts : Sie sind eingeführt worden, um die Sicherheit der Rechtsverhältnisse zu gewährleisten, und stehen nicht zur Disposition der Parteien oder des Gerichts ( Urteile vom 12. Dezember 1967 in der Rechtssache 4/67, Collignon/Kommission, Slg. 1967, 487; vom 12. Juli 1984 in der Rechtssache 227/83, Moussis/Kommission, Slg. 1984, 3133, und vom 7. Mai 1986 in der Rechtssache 191/84, Barcella/Kommission, Slg. 1986, 1541 ). Hieran ändert insbesondere auch nichts der Umstand, daß der Kläger nach seinem Vorbringen zumindest stillschweigend die Einstellung des Verfahrens gemäß Artikel 78 gerügt hat, indem er eine Klage gegen die zweite Entscheidung über die Entfernung aus dem Dienst erhoben hat. Denn mangels neuer Tatsachen und bei einer Abweisung seiner Klage gegen seine Entfernung aus dem Dienst konnte der Kläger nur die ihm mit Schreiben vom 11. Juni 1985 bekanntgegebene Entscheidung der Kommission über die Ablehnung seines Antrags gemäß Artikel 78 anfechten, indem er die in den Artikeln 90 und 91 des Statuts vorgesehenen Verfahren einhielt. Der Kläger hat tatsächlich mit Schreiben vom 26. Juni 1985 an den Generaldirektor für Personal und Verwaltung eine Beschwerde gegen die Entscheidung vom 11. Juni 1985 eingelegt, in der er den Gegenstand und die Gründe der Beschwerde nach dem Verfahren des Artikels 90 klar angegeben hat. Er hat jedoch nicht innerhalb der vorgeschriebenen Frist Klage auf Aufhebung dieser Entscheidung erhoben. Aus den Akten geht nämlich hervor, daß die Kommission auf die Beschwerde nicht innerhalb einer Frist von vier Monaten nach ihrer Einlegung geantwortet hat, was bei Ablauf dieser Frist, d. h. am 26. Oktober 1985, als stillschweigende Zurückweisung gilt. Diese stillschweigende Zurückweisung konnte innerhalb einer Frist von drei Monaten zuzueglich der für den in Korsika wohnenden Kläger geltenden Entfernungsfrist von sechs Tagen mit der Klage angefochten werden. Da der Kläger nicht innerhalb dieser Frist Klage auf Aufhebung der Entscheidung vom 11. Juni 1985 und der stillschweigenden Zurückweisung seiner Beschwerde erhoben hat, ist die Entscheidung vom 11. Juni 1985 somit bestandskräftig geworden ( siehe Urteil des Gerichtshofes vom 15. Januar 1987 in der Rechtssache 152/85, Misset/Rat, Slg. 1987, 223 ).

24 Aus all diesen Erwägungen folgt, daß der zweite, auf Artikel 78 gestützte Klagegrund unzulässig ist. Das Gericht braucht deshalb in diesem Urteil nicht zu der mit diesem Klagegrund aufgeworfenen Sachfrage Stellung zu nehmen.

Zum Antrag auf Schadensersatz

25 Der Kläger beantragt weiterhin Schadensersatz.

a ) Er vertritt zunächst die Auffassung, die Beklagte habe einen Amtsfehler begangen, indem sie zu Beginn des Invaliditätsverfahrens - genauer, in dem dem Betroffenen mit Schreiben vom 28. Juli 1987 zugestellten Entwurf einer endgültigen Entscheidung - den Grad seiner dauernden Invalidität auf 60 % festgesetzt habe, obwohl dieser Grad in der ärztlichen Stellungnahme nur vorläufig, vorbehaltlich einer neuen Untersuchung des Klägers innerhalb von zwei Jahren, angegeben worden sei.

b ) Der Kläger ist sodann der Meinung, daß sich die Kommission durch den Erlaß der streitigen Entscheidung haftbar gemacht habe, soweit diese Entscheidung die auf den Zwischenfall vom 6. Oktober 1982 zurückgehende Invalidität von 18 % nicht berücksichtige.

c ) Die Kommission habe ausserdem einen Amtsfehler begangen, soweit die angefochtene Entscheidung den Antrag des Klägers gemäß Artikel 78 nicht berücksichtige.

d ) Schließlich habe die Beklagte einen schweren Amtsfehler begangen, indem sie die Entscheidung vom 6. Mai 1985 über die Entfernung des Klägers aus dem Dienst erlassen habe, obwohl sich der Kläger im Krankheitsurlaub befunden habe, ohne die ärztliche Stellungnahme zu seiner Verantwortlichkeit abzuwarten. Sie vertrete dazu die Auffassung, daß "der in der vorliegenden Klage enthaltene Antrag auf Schadensersatz von der Abweisung der Klage auf Aufhebung der zweiten Entscheidung über die Entfernung aus dem Dienst unabhängig" sei.

26 Der Kläger führt aus, diese Amtsfehler - insbesondere "die Strapazen, die mit einem Verfahren, das sich über viele Jahre ( 1982 bis jetzt ) hinzieht, und mit zahlreichen Sachverständigengutachten und ärztlichen Untersuchungen verbunden sind" - hätten ihm einen beträchtlichen Schaden verursacht, indem sie seinen Gesundheitszustand noch weiter verschlechtert und seine Aussichten auf berufliche Wiedereingliederung erheblich beeinträchtigt hätten : Er sei derzeit trotz zahlreicher Bemühungen, eine Tätigkeit zu finden, arbeitslos und befinde sich in einer sehr schwierigen finanziellen Lage. Unter diesen Umständen halte er es für angemessen, den Ersatz des erlittenen Schadens auf einen Betrag in Höhe von 24 Monatsbezuegen eines Beamten der Besoldungsgruppe A 5/6, in die er zum Zeitpunkt seines Ausscheidens bei der Kommission eingestuft gewesen sei, festzusetzen.

27 Die Beklagte macht dagegen geltend, der Kläger habe den Beweis für die Amtsfehler, die er ihr vorwerfe, nicht erbracht. Sie trägt vor allem vor, der dem Kläger mit Schreiben vom 28. Juli 1987 zugestellte Entscheidungsentwurf sei lediglich dem medizinischen Gutachten von Professor De Buck gefolgt. Hinsichtlich der beiden gegen die angefochtene Entscheidung erhobenen Rügen verweist die Beklagte auf die Argumente, die sie gegenüber dem Aufhebungsantrag vorgebracht hat. Zu dem vierten ihr vom Kläger zur Last gelegten Amtsfehler führt die Beklagte aus, daß "der Kläger im Rahmen einer Schadensersatzklage das vorhergehende Verfahren der Entfernung aus dem Dienst nicht mehr in Frage stellen kann, da der Gerichtshof seine Klage auf Feststellung der Rechtswidrigkeit dieses Verfahrens bereits abgewiesen hat"; sie weist darauf hin, daß nach ständiger Rechtsprechung die Abweisung eines Aufhebungsantrags diejenige des Schadensersatzantrags nach sich ziehe ( siehe insbesondere Urteil vom 14. Februar 1989 in der Rechtssache 346/87, Bossi/Kommission, Slg. 1989, 303 ).

28 Im übrigen bestreitet die Beklagte das Vorliegen eines Kausalzusammenhangs zwischen den dem Kläger angeblich entstandenen Schäden und der erlassenen Entscheidung. Nach ihrer Auffassung sind "diese Schäden allenfalls auf die Entscheidung über die Entfernung des Klägers aus dem Dienst zurückzuführen ". Da der Gerichtshof die Klage auf Aufhebung dieser Entscheidung abgewiesen habe, müsse auch der Antrag auf Schadensersatz abgewiesen werden.

29 Die verschiedenen Rügen des Klägers sind nacheinander zu untersuchen.

30 a ) Was die Festsetzung des Grades der dauernden Invalidität auf 60 % zu Beginn des Invaliditätsverfahrens angeht, der in der ärztlichen Stellungnahme nur als vorläufig angegeben war, so stellt das Gericht fest, daß der Kläger weder für einen Verstoß der Beklagten gegen ihre statutarischen Pflichten noch für einen Schaden, den er angeblich durch das von ihm der Kommission vorgeworfene Verhalten während dieses Verfahrens erlitten hat, den Beweis erbracht hat.

31 Artikel 20 der anwendbaren Regelung bestimmt nämlich, daß die Entscheidung über den Invaliditätsgrad nach der Konsolidierung der Verletzungen des Beamten ergeht. Absatz 2 dieser Vorschrift lautet : "Kann bei Beendigung der ärztlichen Heilbehandlung der Invaliditätsgrad noch nicht endgültig bestimmt werden, so ist in der (( ärztlichen )) Stellungnahme... der Zeitpunkt anzugeben, in dem der Fall des Beamten spätestens erneut zu prüfen ist." In Anwendung dieser Grundsätze gelangte der von der Kommission gemäß der Regelung konsultierte Sachverständige Professor De Buck zu folgendem Ergebnis : "Da der derzeitige Grad der Invalidität von Herrn F. auf 80 % veranschlagt worden ist, bin ich der Auffassung, daß schon jetzt eine dauernde Invalidität von 60 % festgesetzt werden kann und daß der Betroffene zum Zweck der endgültigen Festsetzung des Grades der dauernden Invalidität innerhalb von zwei Jahren erneut untersucht werden sollte." Der Sachverständige teilte diesen Grad wie folgt auf :

"- Prozentsatz aufgrund des Zustands vor dem Dienstantritt bei den Gemeinschaften 12 %

- Prozentsatz infolge des Angriffs vom 2. September 1978 0 %

- Prozentsatz in bezug auf den Zwischenfall vom 6. Oktober 1982, der zur Entfernung des Klägers aus dem Dienst geführt hat 18 %

- Prozentsatz, der seine Ursache im Berufsleben des Betroffenen hat 30 %."

32 Unter diesen Umständen war die Anstellungsbehörde nach Artikel 20 Absatz 3 der Regelung verpflichtet, einen Vorschuß zu gewähren, dessen Höhe dem unstreitigen Grad der dauernden Invalidität entsprach. Dieser Vorschuß war auf die endgültig festgestellten Leistungen anzurechnen.

33 Das Gericht bemerkt dazu, daß der Entscheidungsentwurf der Kommission, der dem Kläger nach Artikel 21 der Regelung zugestellt wurde, mit dieser Regelung in Einklang steht, wenn er einen in ursächlichem Zusammenhang mit der Berufstätigkeit stehenden Invaliditätsgrad von 30 % anerkennt, der dem unstreitigen Grad der dauernden Invalidität entspricht, wie sie sich aus dem Bericht von Professor De Buck ergibt. Unter all diesen Gesichtspunkten stellt das Gericht deshalb fest, daß die Kommission ihre statutarischen Pflichten gegenüber dem Kläger erfuellt hat und daß dieser im übrigen den Beweis für das Vorliegen des behaupteten Schadens nicht erbracht hat. Der erste Teil der Begründung des Schadensersatzantrags ist deshalb nicht stichhaltig.

34 b ) Zu dem Antrag auf Ersatz des Schadens, den der Kläger angeblich durch die Weigerung der Kommission erlitten hat, einen Prozentsatz von 18 % seiner in ursächlichem Zusammenhang mit der Berufstätigkeit stehenden Invalidität zu berücksichtigen, stellt das Gericht zunächst fest, daß der vom Kläger behauptete Schaden nach seinem Vorbringen mit dem Erlaß der angefochtenen Entscheidung zusammenhängt. Das Gericht ist insoweit der Auffassung, daß die Aufhebung der rechtswidrigen Entscheidung und die nachfolgende Festsetzung des in ursächlichem Zusammenhang mit der Berufstätigkeit stehenden Grades der dauernden Invalidität des Klägers zur Durchführung des vorliegenden Urteils durch die Kommission es ermöglichen, den Kläger wieder in seine Rechte einzusetzen. Der Kläger hat nämlich den angeblich insbesondere in Form einer Verschlimmerung seines Gesundheitszustands und seiner beruflichen Situation erlittenen Schaden nicht genau angegeben. Er hat weder bewiesen noch Beweis dafür angeboten, daß eine solche Verschlimmerung nach dem Erlaß der streitigen Entscheidung eingetreten ist und daß ein Kausalzusammenhang zwischen dem angeblich erlittenen Schaden und dem Erlaß dieser Entscheidung besteht. Deshalb ist der zweite Teil der Begründung des Schadensersatzantrags nicht stichhaltig.

35 c ) Der dritte Teil dieser Begründung, der sich darauf bezieht, daß die Beklagte in der angefochtenen Entscheidung nicht Artikel 78 anwendet, kann nicht berücksichtigt werden. Denn die Entscheidung ist schon unter dem Gesichtspunkt der Frage der Anwendung von Artikel 78 geprüft worden, und das Gericht hat entschieden, daß sie in diesem Punkt nicht rechtswidrig ist. Daraus folgt, daß der Kommission unter diesem Aspekt kein Amtsfehler im Hinblick auf die angefochtene Entscheidung vorgeworfen werden kann und daß somit kein ersatzfähiger Schaden in Betracht kommen kann.

36 d ) Zu dem Schadensersatzantrag, der auf die Behauptung eines schweren Amtsfehlers der Kommission gestützt wird, der darin bestanden habe, das Disziplinarverfahren während des Krankheitsurlaubs des Betroffenen fortzuführen, stellt das Gericht fest, daß dieser Antrag nicht denselben Gegenstand hat wie die in der Beschwerde erhobenen Rügen. Die Beschwerde war nämlich nur gegen die angefochtene Entscheidung und gegen das Verfahren zur Feststellung der Invalidität gerichtet. Der auf die Behauptung eines schweren Amtsfehlers gestützte Schadensersatzantrag, der sich auf die Fortführung des Disziplinarverfahrens bezieht, ist also als unzulässig anzusehen, da er nicht das in Artikel 90 des Statuts vorgeschriebene vorhergehende Verwaltungsverfahren einhält, das auch für die Schadensersatzanträge der Beamten gilt. Dieses Ergebnis wird durch die Rechtsprechung des Gerichtshofes bestätigt, der im Hinblick auf Anträge auf Gewährung von Schadensersatz entschieden hat, daß ein Beamter "vor dem Gerichtshof nur Anträge stellen (( kann )), die denselben Gegenstand haben wie die in der Beschwerde enthaltenen Anträge, und nur solche Rügen erheben (( kann )), die auf demselben Grund beruhen wie die in der Beschwerde genannten Rügen" ( siehe Urteile vom 20. Mai 1987 in der Rechtssache 242/85, Geist/Kommission, Slg. 1987, 2181, Randnr. 9, und vom 14. Februar 1989 in der Rechtssache 346/87, Bossi/Kommission, a. a. O.). Der Schadensersatzantrag, der auf die Umstände gestützt wird, unter denen das Disziplinarverfahren abgelaufen ist, ist somit unzulässig.

Kostenentscheidung:

Kosten

37 Nach Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichtshofes, die gemäß Artikel 11 Absatz 3 des vorgenannten Beschlusses des Rates vom 24. Oktober 1988 für das Gericht entsprechend gilt, ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da der Kläger mit seiner Klage im wesentlichen obsiegt hat, sind die Kosten der Beklagten aufzuerlegen.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DAS GERICHT ( Dritte Kammer )

für Recht erkannt und entschieden :

1 ) Die Entscheidung der Kommission vom 15. Juli 1988 wird insoweit aufgehoben, als sie den Grad der dauernden Invalidität auf 50 % festsetzt.

2 ) Der Antrag auf Schadensersatz wird zurückgewiesen.

3 ) Die Kommission trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der Kosten der Streithelferin, die diese selbst trägt.

Ende der Entscheidung

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