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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäisches Gericht
Beschluss verkündet am 07.06.1991
Aktenzeichen: T-14/91
Rechtsgebiete: EWG/EAG BeamtStat


Vorschriften:

EWG/EAG BeamtStat Art. 90
EWG/EAG BeamtStat Art. 91
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

1. Ein Beamter, der die Aufhebung, Abänderung oder Rücknahme einer Entscheidung der Anstellungsbehörde erreichen möchte, die eine ihn beschwerende Maßnahme darstellt, kann das vorgerichtliche Verfahren nicht mehr durch Einreichung eines Antrags einleiten; vielmehr muß er nach Artikel 90 Absatz 2 des Statuts unmittelbar bei der Anstellungsbehörde eine Beschwerde gegen diese Maßnahme einreichen.

2. Als beschwerende Maßnahmen im Sinne von Artikel 90 Absatz 2 des Statuts können nur solche angesehen werden, die die Rechtsstellung der Betroffenen unmittelbar und sofort berühren.

In bezug auf die finanziellen Folgen einer Freisetzungsmaßnahme stellt der Bescheid über die Feststellung des Anspruchs auf die monatliche Vergütung die beschwerende Maßnahme dar, die die Beschwerdefrist in Gang setzt.

3. Sowohl das Schreiben eines Beamten, in dem dieser, ohne ausdrücklich die Rücknahme der fraglichen Entscheidung zu beantragen, eindeutig auf gütlichem Wege Genugtuung für seine Beschwerdepunkte erlangen will, als auch das Schreiben, das klar den Willen eines Beamten zum Ausdruck bringt, die ihn beschwerende Entscheidung anzugreifen, stellen eine Beschwerde dar.

4. Die Klagefristen sind durch zwingende Vorschriften geregelt und unterliegen nicht der Verfügung der Parteien oder des Gerichts. Dies gilt auch für die Beschwerdefristen, die aus verfahrensrechtlicher Sicht den Klagefristen vorausgehen und die gleiche Rechtsnatur haben, da sie zur Regelung der gleichen Rechtsschutzmöglichkeit mit dem Ziel beitragen, die Rechtssicherheit zu gewährleisten.

Die Tatsache, daß ein Organ aus Gründen seiner Personalpolitik eine verspätete Verwaltungsbeschwerde sachlich bescheidet, führt weder dazu, daß das durch die Artikel 90 und 91 des Statuts eingeführte System zwingender Fristen ausser Kraft gesetzt wird, noch dazu, daß der Verwaltung die Möglichkeit genommen wird, im Stadium des gerichtlichen Verfahrens eine Einrede der Unzulässigkeit wegen Verspätung der Beschwerde zu erheben.

5. Jede blosse ablehnende Entscheidung, ob sie nun stillschweigend oder ausdrücklich ergeht, bedeutet nur eine Bestätigung der vom Beschwerdeführer beanstandeten Maßnahme oder Unterlassung und ist als solche keine anfechtbare Maßnahme.

Eine solche Entscheidung kann, wenn sie gegenüber der rechtlichen oder tatsächlichen Lage, die im Zeitpunkt der stillschweigenden Ablehnung bestand, nichts neues enthält, nicht zu Gunsten des Betroffenen eine bereits abgelaufene Frist für die Klage wieder aufleben lassen.

6. Im Rahmen des durch Artikel 91 des Beamtenstatuts eröffneten Klagewegs kann einem einzelnen Beamten nicht das Recht abgesprochen werden, wenn eine allgemeine Maßnahme ergangen ist, die durch eine Reihe individueller Verfügungen vollzogen werden muß, die die Gesamtheit oder einen grossen Teil der Beamten eines Organs betreffen, die Rechtswidrigkeit der allgemeinen Maßnahme geltend zu machen, um die individuelle Verfügung anzufechten, die für ihn erst mit Sicherheit erkennbar werden lässt, wie und in welchem Masse seine individuellen Interessen beeinträchtigt werden. Allerdings sind gemäß Artikel 91 Absatz 2 des Statuts im Rahmen von Artikel 179 EWG-Vertrag

erhobene Klagen von Beamten gegen die Anstellungsbehörde zu richten; sie müssen sich gegen Handlungen oder Unterlassungen dieser Behörde richten, die den Kläger beschweren. Mit ihnen darf nicht unmittelbar die vollständige oder teilweise Nichtigerklärung der Verordnung begehrt werden, da deren Rechtswidrigkeit nur im Wege der Einrede der Rechtswidrigkeit geltend gemacht werden kann, die im Rahmen der Klage gegen die in Durchführung der Verordnung ergangene Einzelfallentscheidung erhoben wird.

7. Der Grundsatz der Rechtssicherheit, der nach ständiger Rechtsprechung Bestandteil der Rechtsordnung der Gemeinschaft ist, verlangt, daß jede Maßnahme der Verwaltung, die Rechtswirkungen entfaltet, klar und deutlich ist und dem Betroffenen dergestalt zur Kenntnis gebracht wird, daß er mit Gewißheit den Zeitpunkt erkennen kann, von dem an die genannte Maßnahme besteht und ihre Rechtswirkungen zu entfalten beginnt, insbesondere im Hinblick auf die Klagefristen.

8. Die Fürsorgepflicht der Verwaltung und der Grundsatz der ordnungsgemässen Verwaltung gebieten es insbesondere, daß die Anstellungsbehörde, wenn sie über die Situation eines Beamten entscheidet, sämtliche Umstände berücksichtigt, die geeignet sind, ihre Entscheidung zu beeinflussen und daß sie dabei nicht nur dem dienstlichen Interesse, sondern auch dem Interesse des betroffenen Beamten Rechnung trägt.


BESCHLUSS DES GERICHTS ERSTER INSTANZ (FUENFTE KAMMER) VOM 7. JUNI 1991. - GEORGES WEYRICH GEGEN KOMMISSION DER EUROPAEISCHEN GEMEINSCHAFTEN. - UNZULAESSIGKEIT. - RECHTSSACHE T-14/91.

Entscheidungsgründe:

Sachverhalt und rechtlicher Rahmen

1 Georges Weyrich hat mit Klageschrift, die am 7. März 1991 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, Klage erhoben erstens auf Feststellung, daß Artikel 5 Absätze 1 und 2 sowie, soweit erforderlich, Artikel 4 Absätze 3 und 5 bis 9 der Verordnung (EGKS, EWG, Euratom) Nr. 3518/85 des Rates vom 12. Dezember 1985 zur Einführung von Sondermaßnahmen aufgrund des Beitritts Spaniens und Portugals betreffend das endgültige Ausscheiden von Beamten der Europäischen Gemeinschaften aus dem Dienst (ABl. L 335, S. 56) in bezug auf ihn rechtswidrig sind, und zweitens auf Aufhebung der Entscheidung der Kommission, die die ihn beschwerende Maßnahme darstellt, wie sie von der Beklagten am 1. August 1990 erlassen und dem Kläger am 13. August 1990 mitgeteilt wurde; schließlich drittens auf Aufhebung der abschließenden Entscheidung der Kommission vom 19. Dezember 1990.

2 Die Kommission hat mit Schriftsatz, der am 10. April 1991 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, die Einrede der Unzulässigkeit gemäß Artikel 91 § 1 der Verfahrensordnung des Gerichtshofes, die im Verfahren vor dem Gericht entsprechend gilt, erhoben und beantragt, über diese Einrede vorab zu entscheiden.

3 Der Kläger, der am 14. November 1931 geboren wurde, trat am 10. Februar 1953 als Vertragsbediensteter in den Dienst der Hohen Behörde der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl. Mit Wirkung vom 1. Juli 1956 wurden ihm die Rechtsvorteile aus dem Personalstatut der EGKS als Beamter auf Lebenszeit gewährt. Anschließend wurde er Beamter der Kommission der Europäischen Gemeinschaften und erreichte Besoldungsgruppe A 3 Dienstaltersstufe 8; er übte insbesondere sieben Jahre lang die Tätigkeit des Leiters der Personalabteilung der Kommission in Luxemburg aus.

4 Der Kläger gab der Verwaltung mit Schreiben vom 20. Juni 1989 seine Absicht bekannt, im Rahmen der Freisetzungsmaßnahmen nach der Verordnung Nr. 3518/85 zum 31. August 1989 endgültig aus dem Dienst auszuscheiden. Bei dieser Gelegenheit erklärte er ausdrücklich, daß er nach Artikel 34 des früheren Personalstatuts der EGKS behandelt werden wolle.

5 Seinem Antrag wurde stattgegeben, und der Kläger schied am 31. August 1989 endgültig aus dem Dienst aus, nachdem seine vermögensrechtlichen Ansprüche in einer "Mitteilung über die Festsetzung der Ansprüche auf die monatliche Vergütung" vom 23. August 1989, die ihm in seine Privatwohnung zugesandt wurde, berechnet worden waren.

6 Artikel 5 der Verordnung Nr. 3518/85 eröffnet bestimmten ehemaligen Beamten, auf die das Personalstatut der EGKS Anwendung

fand und zu denen der Kläger zählt, eine Wahlmöglichkeit: "... [sie] können beantragen, daß ihre vermögensrechtlichen Ansprüche nach Artikel 34 des Personalstatuts der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl und Artikel 50 der Personalordnung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl geregelt werden... Artikel 4 Absätze 3 und 5 bis 9 der vorliegenden Verordnung bleiben jedoch auf die in vorliegendem Artikel genannten Beamten und auf deren Anspruchsberechtigte anwendbar".

7 In Artikel 34 des Personalstatuts der EGKS ist bestimmt: "Diese [im Wartestand befindlichen] Bediensteten erhalten während der Dauer von zwei Jahren eine den Bezuegen des Artikels 47 Ziff. 1 entsprechende monatliche Vergütung und für die Dauer von weiteren zwei Jahren eine Vergütung in Höhe der Hälfte dieser Bezuege. Nach vier Jahren Wartestand erhalten diese Bediensteten ein anteiliges Ruhegehalt gemäß den Bestimmungen der Versorgungsordnung". Artikel 50 der Personalordnung der EGKS lautet: "Bediensteten, die nach Beendigung des Wartestandes (Artikel 34 des Personalstatuts) in den Ruhestand versetzt werden, wird bei der Berechnung ihrer Ruhegehaltsansprüche die doppelte Anzahl der Dienstjahre angerechnet, die sie bis zur Versetzung in den Ruhestand tatsächlich abgeleistet haben. Die Gesamtzahl der bei der Berechnung des Ruhegehalts dieser Bediensteten zugrunde zu legenden ruhegehaltsfähigen Dienstjahre darf weder dreissig Dienstjahre noch die Anzahl der ruhegehaltsfähigen Dienstjahre übersteigen, welche die Bediensteten erreicht hätten, wenn sie bis zum Alter von 65 Jahren im Dienst verblieben wären."

8 Ferner heisst es in Artikel 95 der Personalordnung der EGKS, daß "die... Bediensteten, die... eine Vergütung gemäß Artikel 34 oder 42 des Personalstatuts erhalten, weiterhin den in Artikel 93 vorgesehenen Beitrag [also den Versorgungsbeitrag] in den Versorgungsfonds einzuzahlen [haben]; dieser Beitrag wird unter Zugrundelegung des vollen Gehalts ihrer Gehaltsstufe und ihrer Gruppe berechnet".

9 Die Voraussetzungen der Anwendung der Verordnung Nr. 3518/85 auf ehemalige Beamte, für die das Personalstatut der EGKS galt, waren in einer Sonderausgabe der Verwaltungsmitteilungen der Kommission vom 23. Januar 1986 unter der Überschrift "Dégagement-régime CECA" (Ausscheiden aus dem Dienst - EGKS-Regelung) niedergelegt, die beim Personal verteilt wurde. In diesem Schriftstück heisst es unter anderem, "diese Beamte könnten wählen zwischen der Anwendung

a) von Artikel 4 der 'Verordnung über das Ausscheiden' insgesamt und

b) der Anwendung von Artikel 34 des ehemaligen Personalstatuts der EGKS in Verbindung mit Artikel 50 der ehemaligen Personalordnung EGKS gemäß Artikel 5 der 'Verordnung über das Ausscheiden' ;

bei Anwendung der Regelung unter a erfolge

- die Zahlung - mit Wirkung von der Entscheidung über das endgültige Ausscheiden aus dem Dienst - einer Vergütung in Höhe von 70 % des zu diesem Zeitpunkt gezahlten Grundgehalts unter Erwerb von Versorgungsansprüchen nach den gewöhnlichen Vorschriften des Statuts im Zeitraum der Zahlung der Vergütung; die Zahlung dieser Vergütung ende sobald der Betroffene das 65. Lebensjahr vollende, oder jedenfalls dann, wenn er den Hoechstbetrag des Ruhegehalts (70 % des Grundgehalts) erreicht habe;

bei Anwendung der Regelung unter b erfolge

- die Zahlung einer Vergütung in Höhe des im Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Dienst bezogenen Grundgehalts für zwei Jahre und während der beiden folgenden Jahre einer Vergütung in Höhe von 50 % dieses Grundgehalts. Bei Ablauf dieses Zeitraums werde der Betroffene mit dem Betrag des Ruhegehalts in den Ruhestand versetzt, auf den er nach Artikel 50 der ehemaligen Personalordnung der EGKS Anspruch habe (doppelte Anzahl der Dienstjahre im Rahmen des zulässigen Hoechstbetrages des Ruhegehalts). Vollende der Betroffene in diesem Zeitraum das 65. Lebensjahr, so trete an die Stelle der Vergütung das nach den gleichen Vorschriften berechnete Ruhegehalt.

In beiden Fällen werde die Zeit, während deren die Vergütung gewährt werde, als Dienstzeit angerechnet; die Beiträge zur Versorgungsordnung würden entrichtet.

Die Wahl einer der beiden Regelungen sei unwiderruflich; mit anderen Worten, die Betroffenen könnten nicht zu ihren Gunsten die Anwendung einer anderen Regelung als derjenigen verlangen, die sie gewählt hätten und die ihnen zugebilligt worden sei. Insbesondere könnten sie die Einstellung der Gewährung der nach der EGKS-Regelung vorgesehenen Vergütung nicht beantragen, wenn sie die Voraussetzungen für den Anspruch auf den Hoechstbetrag des Ruhegehalts erfuellten, bevor sie das 65. Lebensjahr vollendet hätten".

10 In diesem Zusammenhang übersandte der Leiter der Verwaltungseinheit "Ruhegehälter" der Kommission am 23. August 1989 dem Kläger eine "Mitteilung über die Festsetzung der Ansprüche auf die monatliche Vergütung" nach Artikel 4 der Verordnung Nr. 3518/85.

Nur die Abschnitte B und C 5 dieser Mitteilung sind für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits erheblich. Abschnitt B, der die Überschrift "Vergütungszeitraum und Grundbetrag" trägt, enthält als Bezugsvermerk die Angabe "Artikel 34 EGKS" und setzt den Anspruch des Klägers auf monatliche Vergütung wie folgt fest:

"- 100 % des letzten Grundgehalts vom 1. September 1989 bis zum 31. August 1991;

- 50 % des letzten Grundgehalts vom 1. September 1991 bis zum 31. August 1993".

In Abschnitt C 5 heisst es, daß der Betroffene in der Zeit weiterhin Beiträge zur Finanzierung der Versorgungsordnung der Europäischen Gemeinschaften entrichte, in der sein Anspruch auf Vergütung bestehe; der Beitrag werde von 100 % der Dienstbezuege erhoben. Auf diese Weise wurden durch das Schriftstück vom 23. August 1989 die Ansprüche auf die monatliche Vergütung "beim Ausscheiden aus dem Dienst" für den gesamten Zeitraum des "Ausscheidens aus dem Dienst" von vier Jahren festgelegt.

11 Mit innerdienstlichem Schreiben der Generaldirektion für Personal und Verwaltung der Kommission vom September 1989, das die Überschrift "Ausscheiden aus dem Dienst nach den Verordnungen Nrn. 3518/85, 2274/87 und 1857/89 des Rates" trug, gab die Kommission knappste Erläuterungen zu den Einzelheiten der Durchführung der drei sogenannten "Ausscheidens"-Verordnungen ab: Voraussetzungen für die Zulassung, monatliche Vergütung, Familienzulagen, Überweisung eines Teils der Dienstbezuege, Auslandszulage, Krisenabgabe, Krankenkasse, Versorgungsordnung, Zahlung, Einkünfte aus einer anderen Berufstätigkeit, Besteuerung und Unfallversicherung. In einer

Vorbemerkung zu diesem Schreiben führte die Kommission jedoch aus: "Die folgenden Erläuterungen haben nur Auskunftscharakter. Im Fall von Streitigkeiten sind nur das Beamtenstatut, die Regelung für die sonstigen Bediensteten und die Verordnungen Nrn. 3518/85, 2274/87 und 1857/89 maßgebend." In der Spalte "monatliche Vergütung" war in dieser gemeinsamen Informationsschrift zu den "drei Ausscheidens-Verordnungen" nur folgendes angegeben:

"- 70 % des Grundgehalts der Besoldungsgruppe und der Dienstaltersstufe, in die der Betroffene im Zeitpunkt seines Ausscheidens aus dem Dienst eingestuft war;

- die Zahlung der Vergütung endet mit Vollendung des 65. Lebensjahres oder zwischen der Vollendung des 60. und des 65. Lebensjahres, wenn der Ausgeschiedene den Hoechstbetrag des Ruhegehalts (70 %) erreicht hat."

12 Der Kläger sandte vor allem deshalb, weil er im Zeitpunkt seines Ausscheidens aus dem Dienst bereits mehr als fünfunddreissig ruhegehaltsfähige Dienstjahre, also die Zahl ruhegehaltsfähiger Dienstjahre, die nach Artikel 77 des Statuts der Beamten der Europäischen Gemeinschaften Anspruch auf ein Ruhegehalt zum Hoechstsatz eröffnet, erworben hatte, am 20. Oktober 1989 einen Einschreibebrief mit Rückschein an den Leiter der Verwaltungseinheit "Ruhegehälter und Beziehungen zu den ehemaligen Beamten und Bediensteten", der dort am 24. Oktober 1989 einging und in dem er die Mitteilung über die Festsetzung seiner Ansprüche auf monatliche Vergütung nach der Verordnung Nr. 3518/85 des Rates in der Form beanstandete, wie sie ihm am 23. August 1989 von dem Leiter der Verwaltungseinheit "Ruhegehälter" übersandt worden war. In diesem Schreiben beanstandete er nur die angeführten Abschnitte B und C 5 dieser Mitteilung; zur Begründung machte er geltend: "Der Inhalt

scheint mir nicht nur in völligem Gegensatz zum Geist des ehemaligen EGKS-Personalstatuts und insbesondere dessen Artikel 34 zu stehen, sondern auch statutswidrig zu sein".

Zum Abschnitt B vertrat der Kläger die Ansicht, daß die Zeiten, für die er die Vergütung erhalten sollte, wie folgt hätten berechnet werden müssen:

"- 100 % des letzten Grundgehalts vom 1. September 1989 bis zum 31. August 1991;

- 50 % des letzten Grundgehalts vom 1. September 1991 bis zum 14. November 1991".

Zu dem zuletzt genannten Zeitpunkt werde der Kläger das 60. Lebensjahr vollendet haben. Er erklärte in diesem Schreiben, er wolle seine Ruhegehaltsansprüche zu diesem Zeitpunkt geltend machen, um so mehr, als er darauf zähle, daß er dann achtunddreissig ruhegehaltsfähige Dienstjahre erreicht habe, die es ihm ermöglichten, ein Ruhegehalt zum Satz von 70 % zu beanspruchen. Daher müsse er sein Ruhegehalt nicht ab dem 1. September 1993 erhalten, wie dies in der Mitteilung über die Festsetzung der Ansprüche fälschlicherweise angegeben sei, sondern ab dem 15. November 1991.

Zu der Beanstandung von Abschnitt C 5 führte der Kläger aus, daß er seit dem 1. September 1989 über achtunddreissig ruhegehaltsfähige Dienstjahre verfüge, und beantragte daher, "die Einbehaltung von Beiträgen zur Versorgungsordnung nach der genannten Verordnung und Artikel 34 des Personalstatuts der EGKS einzustellen und mir die in den Monaten September und Oktober 1989 für die Versorgungsordnung einbehaltenen Beträge zurückzuzahlen".

Die beiden Parteien streiten über die rechtliche Einordnung dieses Schreibens vom 20. Oktober 1989: Für den Kläger handelt es sich um eine blosse Bitte um Erläuterungen; für die Kommission handelt es sich um eine Beschwerde.

13 Der Leiter der Verwaltungseinheit "Ruhegehälter" teilte dem Betroffenen mit Antwortschreiben vom 16. Januar 1990, der dem Kläger am 21. Januar 1990 zuging, mit, weil er die "EGKS-Option" für seine Zeit des Ausscheidens aus dem Dienst gewählt habe, werde der Beitrag zur Versorgungsordnung in seinem Fall während des gesamten Vergütungszeitraums von vier Jahren geschuldet, "und zwar selbst dann, wenn [der Betroffene] eine Vergütung in Höhe von 50 % seines letzten Gehalts erhält und das 60. Lebensjahr vollendet oder den Hoechstbetrag des Ruhegehalts erreicht hat", und daß "erst dann das Ruhegehalt an die Stelle der Vergütung tritt, wenn der Betroffene im Laufe dieses Zeitraums von vier Jahren das 65. Lebensjahr vollendet". Diese Bestimmung sei in den Verwaltungsmitteilungen vom 23. Januar 1986 veröffentlicht worden, von denen er ein Exemplar als Anlage beifüge.

14 Bevor der Kläger das unter der vorangehenden Randnummer erwähnte Antwortschreiben auf sein Schreiben vom 20. Oktober 1989 noch erhielt, erinnerte er die Anstellungsbehörde mit Schreiben vom 19. Januar 1990, das bei dieser am 22. Januar 1990 einging, an sein Schreiben vom 20. Oktober 1989. Er forderte die Anstellungsbehörde auf, zum Inhalt seines vorangegangenen Schreibens, von dem er eine Abschrift als Anlage beifüge, Stellung zu nehmen. Dieses Schreiben vom 19. Januar 1990 wurde dem Generalsekretariat der Kommission zusammen mit einem Formblatt Nr. 2 übersandt, auf dem der Kläger das Schreiben ausdrücklich als "Antrag" im Sinne von Artikel 90 des

Statuts bezeichnete. Auch über die rechtliche Einordnung dieses Schriftstücks streiten die Parteien; nach Ansicht der Kommission handelt es sich um eine zweite Beschwerde.

15 Mit Schreiben vom 13. August 1990 übermittelte die Kommission dem Kläger per Einschreiben mit Rückschein "die Entscheidung, die die Kommission am 1. August 1990 zur Beantwortung Ihrer Beschwerde R/9/90 erlassen hat"; dieses Zeichen war auf der Empfangsbestätigung des Schreibens vom 19. Januar 1990 in der Form, in der sie dem Kläger zurückgesandt wurde, ausdrücklich angegeben. In ihrer Antwort auf die Beschwerde führte die Kommission jedoch vorab aus, nach ihrer Ansicht könne das Schreiben von Herrn Weyrich vom 20. Oktober 1989, mit dem er die Festsetzung seiner Ansprüche auf die monatliche Vergütung nach der Verordnung Nr. 3518/85 beanstande, nicht als "Beschwerde" im Sinne von Artikel 90 Absatz 2 des Statuts bezeichnet werden, denn es richte sich unbestritten gegen eine Maßnahme, die unmittelbar in seine Rechtsstellung eingreife; es könne nicht als "Antrag" nach Artikel 90 Absatz 1 des Statuts angesehen werden, denn nach dieser Bestimmung sei ein Antrag auf Erlaß einer "Entscheidung" der Anstellungsbehörde gerichtet. Im vorliegenden Fall sei eine Entscheidung in der Form der Mitteilung über die "Festsetzung" vom 23. August 1989 bereits erlassen worden. Das Schreiben vom 19. Januar 1990 sei also, soweit mit ihm die Anstellungsbehörde aufgefordert werde, zum Inhalt des Schreibens vom 20. Oktober 1989 Stellung zu nehmen, als "zweite Beschwerde" anzusehen, die gegenüber der "Beschwerde" vom 20. Oktober 1989 keine neuen Tatsachen enthalte. Die Mitteilung über die Festsetzung vom 23. August 1989, die die beschwerende Maßnahme im Sinne von Artikel 90 Absatz 2 des Statuts darstelle, sei von Herrn Weyrich mit seiner Beschwerde vom 20. Oktober 1989, die bei der Verwaltung am 24. Oktober 1989 eingegangen sei, angefochten worden. Da die Anstellungsbehörde nicht

innerhalb von vier Monaten nach Artikel 90 Absatz 2 des Statuts geantwortet habe, sei am 24. Februar 1990 eine "stillschweigende Ablehnung" erfolgt. Die Einreichung der zweiten Beschwerde, die am 22. Januar 1990 eingegangen sei, könne jedoch die Fristen nach den Artikeln 90 und 91 des Statuts nicht wieder in Lauf setzen. Unter diesen Umständen mache die Kommission den Kläger darauf aufmerksam, daß sie sich für den Fall, daß gegen die "Antwort" Klage erhoben werde, vorbehalte, die Einrede der Unzulässigkeit der "Klage aus diesen Gründen" zu erheben. Im übrigen wies die Kommission zur Sache selbst die beiden Beanstandungen des Klägers zur Dauer der Zahlung der Vergütung für das Ausscheiden aus dem Dienst und zum Zeitpunkt der Gewährung des Ruhegehalts sowie zur Verpflichtung, Beiträge zur Versorgungsordnung zu entrichten, zurück.

16 Mit Einschreibebrief mit Rückschein vom 20. August 1990 wandte sich der Kläger an den Generaldirektor der Kommission für Personal und Verwaltung, um ihm erneut seinen gesamten Fall vorzutragen, die "Unbilligkeit", der er zum Opfer gefallen sei, zu rügen und eine "ad-hoc-Entscheidung" angesichts der "ganz besonderen Umstände meines Falles, der bei der Verabschiedung der Verordnung Nr. 3518/85 und der Einzelheiten ihrer Durchführung offensichtlich nicht berücksichtigt worden ist" zu beantragen. Dieses Schreiben wird vom Kläger als "erste Beschwerde" bezeichnet und von der Kommission als Versuch des Klägers betrachtet, die vorgerichtliche Erörterung mit der Verwaltung zu verlängern. Die Kommission hat zur richtigen Einordnung des Schreibens des Klägers vom 20. August 1990 nicht Stellung genommen.

17 Mit einem neuen Schreiben vom 9. November 1990, das beim Generalsekretariat der Kommission am 13. November 1990 einging und als "Beschwerde nach Artikel 90, in der richtigen Form und innerhalb der vorgeschriebenen Frist eingereicht" bezeichnet wurde, beantragte der Kläger, die Kommission möge ihre Entscheidung vom 1. August 1990 überdenken; er nahm hierbei ausdrücklich auf seine Schreiben vom 20. Oktober 1989 und vom 19. Januar 1990 Bezug und hielt an seiner Beanstandung der Abschnitte B und C 5 der Mitteilung vom 23. August 1989 fest. Schließlich vertrat er die Ansicht, man habe ihn in eine Situation versetzt, die eher einer Strafe als einer Hilfe gleiche; die Verwaltung habe ihrer Beistandspflicht ihm gegenüber nicht erfuellt. Auch über die rechtliche Einstufung des Schreibens vom 9. November 1990, das im Generalsekretariat als "Beschwerde Nr. 293/90" registriert wurde, streiten die Parteien: Für den Kläger handelt es sich um eine zweite Beschwerde, für die Kommission handelt es sich um eine dritte Beschwerde, die zu den ersten beiden vom 24. Oktober 1989 und vom 19. Januar 1990 hinzukomme.

18 Mit Schreiben vom 19. Dezember 1990 teilte der Generaldirektor für Personal und Verwaltung dem Kläger mit, die Prüfung seiner Beschwerde Nr. 293/90 und seines Schreibens vom 20. August 1990 habe ergeben, daß beide im Zusammenhang mit den Problemen stuenden, die in seiner Beschwerde Nr. 9/90 aufgeworfen worden seien. Er habe den Kläger mit Schreiben vom 13. August 1990 von der Entscheidung der Kommission in bezug auf diese Probleme und von den Gründen unterrichtet, aus denen es rechtlich nicht möglich gewesen sei, den Anträgen des Klägers stattzugeben. Da die Beschwerde Nr. 293/90 keine neuen objektiven Umstände enthalte, könne er nicht umhin, den Standpunkt der Kommission in ihrer oben genannten Antwort zu bestätigen (es handelte sich um die Antwort der Kommission auf die

"Beschwerde R/9/90" vom 21. Januar 1990). Mit gleicher Post wurde dem Kläger auch das Urteil des Gerichts vom 22. November 1990 in der Rechtssache T-4/90 (Lestelle/Kommission, Slg. 1990, II-689) übermittelt, in dem es um die Frage des obligatorischen oder fakultativen Charakters des Beitrags zur Versorgungsordnung im Rahmen einer Freisetzungsvergütung ging. In diesem Punkt hatte die Kommission nämlich in ihrer Entscheidung vom 1. August 1990 zur Beantwortung der "Beschwerde R/9/90" in bezug auf die Beibehaltung der Verpflichtung, in vollem Umfang Beiträge zur Versorgungsordnung zu entrichten, ihren Standpunkt unter den Vorbehalt gestellt, da das gleiche Problem in bezug auf die Frage der Beiträge zur Zeit beim Gericht erster Instanz anhängig sei (Rechtssache T-4/90, Lestelle/Kommission), werde die Situation des Beschwerdeführers, falls erforderlich, im Lichte des Urteils, das in dieser Rechtssache ergehe, überprüft. Daher teilte der Generaldirektor für Personal und Verwaltung in seinem Antwortschreiben vom 19. Dezember 1990 dem Kläger mit, daß das Gericht sein Urteil in der Rechtssache Lestelle erlassen habe und daß daraus hervorgehe, daß die Zahlung der Beiträge zur Versorgungsordnung nach Artikel 4 Absatz 7 der Verordnung Nr. 3518/85 obligatorischen Charakter habe.

Verfahren und Anträge

19 Daraufhin hat der Kläger die vorliegende Klage erhoben, die am 7. März 1991 in das Register der Kanzlei des Gerichts eingetragen worden ist. Die Kommission hat gegen diese Klage die Einrede der Unzulässigkeit im Sinne von Artikel 91 Absatz 1 der Verfahrensordnung des Gerichtshofes erhoben, die am 10. April 1991 in das Register der

Kanzlei des Gerichts eingetragen worden ist; der Kläger hat Gelegenheit erhalten, mit Schriftsatz, der am 10. Mai 1991 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, zu dieser Einrede Stellung zu nehmen.

20 Im Verfahren über die Einrede der Unzulässigkeit beantragt die Kommission,

- die Klage als unzulässig abzuweisen,

- über die Kosten nach Rechtslage zu entscheiden.

Der Kläger beantragt,

- die von der Kommission erhobene Einrede der Unzulässigkeit als unbegründet zurückzuweisen,

- die Klage für zulässig zu erklären und

- im weiteren entsprechend den zuvor gestellten Anträgen zu entscheiden.

21 Nach Artikel 91 § 3 der Verfahrensordnung des Gerichtshofes wird über die erhobene Einrede mündlich verhandelt, sofern nichts anderes bestimmt wird. Im vorliegenden Fall ist das Gericht (Fünfte Kammer) der Ansicht, daß die sich aus den Akten ergebenden Angaben ausreichen und daß die mündliche Verhandlung nicht eröffnet zu werden braucht.

Zur Zulässigkeit

22 Die Kommission trägt in erster Linie vor, daß die Entscheidung vom 23. August 1989, also die Mitteilung über die Festsetzung der Ansprüche auf die monatliche Vergütung, die erste mit einer Klage

anfechtbare Handlung darstelle und als solche die Fristen nach dem Statut in Lauf gesetzt habe. Es handele sich nämlich um eine Handlung mit Entscheidungscharakter, durch die, mit der Unterschrift der zuständigen Stelle versehen, der Umfang der dem Kläger in seiner Eigenschaft als ehemaligem Beamten, dem eine Maßnahme betreffend sein endgültiges Ausscheiden aus dem Dienst gewährt werde, zugebilligten Rechte festgelegt werde. Die Kommission verweist hierzu auf das Urteil des Gerichtshofes vom 10. Dezember 1980 in der Rechtssache 23/80 (Grasselli/Kommission, Slg. 1980, 3709) und auf das Urteil des Gerichts vom 22. November 1990 in der Rechtssache T-4/90 (Lestelle/Kommission, a. a. O.). Danach hätte der Kläger gegen die Entscheidung vom 23. August 1989 binnen drei Monaten nach ihrem Empfang Beschwerde einlegen müssen, wobei es ihm freigestanden hätte, später im Fall der Zurückweisung dieser Beschwerde innerhalb der im Statut vorgesehenen Frist das Gericht anzurufen. Dies sei die Bedeutung des Schreibens des Klägers vom 20. Oktober 1989, an das der Kläger mit seinem neuen Schreiben vom 19. Januar 1990 nur erinnert habe, da er im ersten Schreiben die Abschnitte B und C 5 der Entscheidung vom 23. August 1989 deutlich als "statutswidrig" und "gegen den Geist des ehemaligen Artikels 34 des EGKS-Personalstatuts gerichtet" angefochten habe. Ferner habe der Kläger entgegen der Festlegung seiner Rechten und Pflichten, wie sie in den beiden Abschnitten festgelegt worden sei, eine neue Festlegung seiner eigenen Rechte verlangt, wie er sie dargelegt habe.

23 Daher gelange man unabhängig von der rechtlichen Einstufung der Schreiben des Klägers vom 20. Oktober 1989 und vom 19. Januar 1990 zum selben Ergebnis, nämlich, daß der Kläger die Fristen habe verstreichen lassen und heute mit der Klageerhebung ausgeschlossen sei. Es seien zwei Lösungen denkbar:

- Entweder stelle - dies sei die Ansicht der Kommission - das Schreiben vom 20. Oktober 1989, an das am 19. Januar 1990 erinnert worden sei, eine "Beschwerde" im Sinne von Artikel 90 Absatz 2 des Statuts dar, mit der der Kläger nach Berichtigung des von ihm behaupteten sachlichen Fehlers eine neue Festlegung seiner Ansprüche in seinem Sinn begehre; in diesem Fall hätte der Kläger in Ermangelung einer Antwort der Kommission innerhalb der Frist von vier Monaten nach Artikel 90 Absatz 2 des Statuts, die am 24. Februar 1990 abgelaufen sei, innerhalb der Frist von drei Monaten nach Artikel 91 Absatz 3 Klage beim Gericht erheben müssen, was er nicht getan habe;

- oder das Schreiben vom 20. Oktober 1989 sei ein blosser "Antrag" im Sinne von Artikel 90 Absatz 1 des Statuts gewesen, der durch einen neuen "Antrag" vom 19. Januar 1990 bestätigt worden sei. In diesem Fall hätte das Unterbleiben einer Antwort auf dieses Schreiben innerhalb der Frist von vier Monaten in jedem Fall als stillschweigende ablehnende Entscheidung gegolten. Es stehe fest, daß diese ablehnende Entscheidung endgültig geworden sei, da nicht fristgemäß Beschwerde eingelegt worden sei, so daß auch die Einreichung der Klage beim Gericht durch den Kläger am 7. März 1991 unzulässig sei.

24 Hilfsweise macht die Kommission geltend, daß ihre Entscheidung zur Beantwortung der Beschwerde R/9/90, die am 13. August 1990 übermittelt worden sei, die Fristen für eine Beschwerde nicht wieder habe in Lauf setzen können. Auch in diesem Fall seien zwei Lösungen vorstellbar:

- Entweder gelte diese Entscheidung der Kommission als ausdrückliche Zurückweisung der am 19. Januar 1990 eingereichten und bereits stillschweigend am 22. Mai 1990 zurückgewiesenen "Beschwerde", nachdem die "Beschwerde" vom Oktober 1989 bereits im Februar 1990 stillschweigend zurückgewiesen worden sei. Dann sei es nicht vorstellbar, daß die ausdrückliche Zurückweisung einer Beschwerde Anlaß zu einer neuen Beschwerde geben könne, wie sie am 13. November 1990 eingereicht worden sei, deren Zurückweisung die Frist für die Klage erneut in Lauf setze. In jedem Fall stelle die Antwort der Kommission vom 19. Dezember 1990 auf die dritte Beschwerde des Klägers, mit der die am 13. August 1990 übermittelte Entscheidung bestätigt worden sei, keine anfechtbare Maßnahme dar, wie der Gerichtshof in seinem Urteil vom 28. Mai 1980 in den verbundenen Rechtssachen 33/79 und 75/79 (Kuhner/Kommission, Slg. 1980, 1677) und seinem Beschluß vom 16. Juni 1988 in der Rechtssache 371/87 (Progoulis/Kommission, Slg. 1988, 3081) für Recht erkannt habe. In diesem Fall sei die vorliegende Klage nach Ablauf der Fristen eingereicht worden;

- oder mit der am 13. August 1990 übermittelten Entscheidung sei nur der frühere Antrag des Klägers vom 19. Januar 1990 abgelehnt worden, mit dem er an sein früheres Vorbringen, das bereits in seinem Schreiben vom 20. Oktober 1989 zum Ausdruck gekommen sei, erinnert und es bestätigt habe. In diesem Fall sei sein Vorbringen, das in diesem "Antrag" erneut dargelegt worden sei, bereits früher stillschweigend zurückgewiesen worden, und nachdem keine fristgerechte Beschwerde eingelegt worden sei, könne die ausdrückliche Zurückweisung, die am 13. August 1990 mitgeteilt worden sei, nach ständiger Rechtsprechung die Fristen für die Beschwerde nicht wieder in Lauf setzen. Artikel 91 Absatz 3 des Statuts, wo bestimmt sei:

"Ergeht jedoch nach einer stillschweigenden Ablehnung, aber innerhalb der Frist für die Klage, eine ausdrückliche Entscheidung über die Ablehnung einer Beschwerde, so beginnt die Frist für die Klage erneut zu laufen" betreffe nur die Fristen für die Klage und sei auf Beschwerden nicht anwendbar. In jedem Fall könne die am 13. August 1990 übermittelte Entscheidung, selbst wenn sie als Ablehnung eines "Antrags" anzusehen wäre, nur als wiederholende Entscheidung angesehen werden, mit der lediglich die vorangegangene stillschweigende Ablehnung und gleichzeitig die Entscheidung vom 23. August 1989 bestätigt worden sei, und die infolgedessen keine als solche anfechtbare Maßnahme im Sinne des Beschlusses des Gerichtshofes vom 16. Juni 1988 in der Rechtssache 371/87 (Progoulis, a. a. O.) darstelle.

25 Zur Beantwortung der von der Kommission erhobenen Einrede der Unzulässigkeit macht der Kläger erstens geltend, daß zwischen der vorliegenden Rechtssache und der Rechtssache, die dem Urteil des Gerichts vom 22. November 1990 in der Rechtssache T-4/90 (Lestelle, a. a. O.) zugrunde gelegen habe, deutlich zu unterscheiden sei. Im vorliegenden Fall könne nämlich der Bescheid über die Feststellung des Anspruchs auf die monatliche Vergütung, von dem im Urteil Lestelle festgestellt worden sei, daß er die beschwerende Maßnahme darstelle, nicht in gleicher Weise aufgefasst werden, da einige Tage später ein weiteres Schriftstück der Kommission mit der Überschrift "Ausscheiden aus dem Dienst nach den Verordnungen Nrn. 3518/85, 2274/87 und 1857/89 des Rates" herausgegeben worden sei. Diese im September 1989 verbreitete neue Information habe den Bescheid über die Feststellung des Anspruchs auf die monatliche Vergütung, wie er dem Kläger einige Tage zuvor übermittelt worden sei, geändert, da in ihr sehr deutlich angegeben worden sei, daß die Zahlung der Vergütung bei Erreichung des 65. Lebensjahres oder zwischen dem 60. und dem 65. Lebensjahr eingestellt werde, wenn der Beamte, dem eine "Freistellungs"-Maßnahme gewährt worden sei, den Hoechstbetrag seines

Ruhegehalts erreicht habe. Wegen dieser widersprüchlichen und verwirrenden Informationen habe der Kläger durch sein Schreiben vom 20. Oktober 1989 versucht, vom Leiter der Verwaltungseinheit "Ruhegehälter" der Kommission Erläuterungen zu erhalten, da er der Ansicht gewesen sei, der von der Kommission am 23. August 1989 erlassene Bescheid über die Festsetzung des Anspruchs auf die monatliche Vergütung weise einen blossen Schreibfehler auf.

26 Zweitens entbehre der Bescheid über die Festsetzung seines Anspruchs auf monatliche Vergütung vom 23. August 1989 jeder Klarheit und Genauigkeit, und es gebe auf diese Weise keine endgültige Maßnahme, die als beschwerend und mit einer Beschwerde anfechtbar angesehen werden könne. Zudem sei die rechtliche Einstufung der im September 1989 übermittelten Informationen der Verwaltung selbst zweifelhaft, und sie könnten als "vorläufige oder vorbereitende Maßnahme" qualifiziert werden.

27 Drittens macht der Kläger unter Berufung auf Artikel 92 der Verfahrensordnung des Gerichtshofes, wonach das Gericht Einreden der Unzulässigkeit von Amts wegen prüfen könne, geltend, daß er weiterhin ein Interesse an der Entscheidung über die Begründetheit seiner Klage habe, da er auch die Rechtmässigkeit einiger Verordnungsbestimmungen, die auf offensichtlich falscher Rechtsgrundlage erlassen worden seien, angefochten habe, denn er habe ausdrücklich gerügt, daß Artikel 5 und Artikel 4 Absatz 7 der Verordnung Nr. 3518/85 rechtswidrig seien.

28 Viertens sei die Klage nicht verspätet, und der zeitliche Ablauf des Sachverhalts sei wie folgt festzulegen:

- Sein Schreiben vom 20. Oktober 1989 stelle ein blosses Ersuchen um Auskünfte dar und könne weder als Antrag noch als Beschwerde qualifiziert werden; mit ihm sei nur die Berichtigung eines Schreibfehlers begehrt worden;

- sein Schreiben vom 19. Januar 1990 stelle den ersten "Antrag" im Sinne von Artikel 90 Absatz 1 des Statuts dar, und die Kommission hätte entweder innerhalb von vier Monaten nach Einreichung dieses Antrags eine ausdrückliche Entscheidung treffen müssen, was sie nicht getan habe, oder eine stillschweigende Entscheidung über die Ablehnung treffen müssen, indem sie es unterlassen hätte, dem Kläger, wie sie es getan habe, ständig mündlich zu versprechen, daß ihm demnächst eine ausdrückliche Antwort zugehen werde;

- in Wirklichkeit sei diese "ausdrückliche und vorläufige" - denn es sei ein Vorbehalt in bezug auf das in der Rechtssache Lestelle/Kommission zu erlassende Urteil angebracht worden - Entscheidung erst am 13. August 1990 ergangen;

- daher sei die Kommission bis zu dem zuletzt genannten Zeitpunkt allein für den angeblichen Fristablauf verantwortlich, da sie selbst durch ihr Verhalten diesen Ablauf der im Statut vorgesehenen Fristen herbeigeführt habe;

- die "ausdrückliche und vorläufige" Entscheidung der Kommission vom 13. August 1990 habe offensichtlich die Frist wieder in Lauf gesetzt, indem durch sie die Entscheidung der Kommission ausgesprochen worden sei, das vorgerichtliche Verfahren fortzusetzen;

- auf diese Beschwerde hin habe der Kläger sofort am 20. August 1990 seine "erste Beschwerde" eingelegt;

- auf diese erste Beschwerde sei innerhalb der im Statut festgelegten Frist am 9. November 1990 eine "zweite Beschwerde" gefolgt;

- nachdem das Urteil in der Rechtssache Lestelle/Kommission am 22. November 1990 erlassen worden sei, habe die Kommission am 19. Dezember 1990 ihre endgültige Entscheidung erlassen, so daß eine am 7. März 1991 gegen diese einzige bestandskräftige Entscheidung erhobene Klage völlig zulässig sei.

29 Fünftens macht der Kläger geltend, daß ihm kein Fristablauf entgegengehalten werden könne, da die Kommission gegen die Grundsätze der Rechtssicherheit, des Vertrauensschutzes und der Beistandspflicht verstossen habe. Gemäß dem Urteil des Gerichts vom 7. Februar 1991 in den Rechtssachen T-18/89 und T-24/89 (Tagaras/Gerichtshof, Slg. 1991, II-53) verlange der Grundsatz der Rechtssicherheit, daß jede Maßnahme der Verwaltung, die Rechtswirkungen entfalte, klar und deutlich sei und dem Betroffenen dergestalt zur Kenntnis gebracht werde, daß er mit Gewißheit den Zeitpunkt erkennen könne, von dem an die genannte Maßnahme bestehe und ihre Rechtswirkung zu entfalten beginne, insbesondere im Hinblick darauf, daß es dem Adressaten ermöglicht werde, alle sachdienlichen vorgerichtlichen oder gerichtlichen Verfahren einzuleiten. Die Verhaltensweise der Kommission sei jedoch wenig klar und undeutlich gewesen, die Kommission habe absichtlich Ungewißheit in bezug auf diesen Vorgang bestehen lassen, um schließlich mit ihrer "eigenen schuldhaften Nachlässigkeit" zu argumentieren: So sei der Feststellungsbescheid vom 23. August 1989 durch die im September 1989 von der Kommission verbreiteten

Informationen aufgehoben worden; auf das Schreiben vom 20. Oktober 1989 sei eine Antwort erst nach einer Frist von drei Monaten erfolgt, auf den Antrag vom 19. Januar 1990 sei eine ausdrückliche Antwort erst acht Monate später, am 13. August 1990, ergangen, zu diesem Zeitpunkt habe die Kommission nur eine "vorläufige Entscheidung" unter dem Vorbehalt der Entscheidung in der beim Gericht anhängigen Rechtssache Lestelle erlassen und den Antrag dabei fälschlicherweise als "Beschwerde" qualifiziert.

30 Ferner habe ein Beamter der Abteilung "Statut" dem Kläger mündlich mehrfach versprochen, daß die Kommission in Kürze Stellung nehmen werde, was nicht geschehen sei; die Kommission habe nicht nur innerhalb von vier Monaten nach Einreichung seines Antrags vom 19. Januar 1990 keine ausdrückliche Entscheidung erlassen, sondern auch keine stillschweigende ablehnende Entscheidung erlassen können, da sie dem Kläger gleichzeitig ständig mündlich versprochen habe, daß ihm demnächst eine ausdrückliche Antwort zukommen werde. Der Kläger bietet Beweis dafür, daß diese mündlichen Versprechen tatsächlich gemacht worden seien, durch persönliches Erscheinen der Parteien oder Zeugenvernehmung an. Schließlich macht der Kläger ebenfalls unter Bezugnahme auf das Urteil des Gerichts vom 7. Februar 1991 in den verbundenen Rechtssachen T-18/89 und T-24/89 (Tagaras, a. a. O.) geltend, daß sich die Verwaltung vor allem so verhalten müsse, daß sie es ihren Beamten erlaube, ihre Ansprüche geltend zu machen, und es sich nicht selbst erlauben dürfe, sich "unüberlegt" auf bestimmte Verfahrensvorschriften, insbesondere diejenigen Vorschriften zu berufen, die sich auf die in den Artikeln 90 und 91 des Statuts festgesetzten Fristen bezögen und die zur Gewährleistung der Klarheit und Sicherheit der Rechtsverhältnisse zwischen den Gemeinschaftsbeamten und den Organen eingeführt worden seien.

31 Angesichts des angeführten Tatsachenvortrags und aufgrund der sich widersprechenden Auffassungen ist zunächst die allgemeine Systematik des vorgerichtlichen Verfahrens nach den Artikeln 90 und 91 des Statuts darzustellen, dann für den vorliegenden Fall zu prüfen und festzulegen, welche Maßnahme als den Kläger beschwerend anzusehen sind, drittens die rechtliche Qualifizierung der verschiedenen aufeinanderfolgenden Schreiben des Klägers vorzunehmen. Viertens sind die Auswirkungen der Antworten der Kommission auf diese verschiedenen Schreiben auf die Zulässigkeit der vorliegenden Klage und schließlich einige besondere Rügen zu prüfen, die der Kläger in seiner Stellungnahme zur Einrede der Unzulässigkeit vorgebracht hat.

32 Wie sich aus dem Wortlaut der Artikel 90 und 91 des Beamtenstatuts selbst ergibt und wie der Gerichtshof in seinem Beschluß vom 4. Juni 1987 in der Rechtssache 16/86 (P/WSA, Slg. 1987, 2409) für Recht erkannt hat, ist eine Klage eines Beamten gegen das Organ, dem er angehört, nur zulässig, wenn das in diesen Bestimmungen vorgesehene vorherige Verwaltungsverfahren ordnungsgemäß abgelaufen ist. Möchte ein Beamter den Erlaß einer ihn betreffenden Entscheidung der Anstellungsbehörde erreichen, so muß gemäß Artikel 90 Absatz 1 des Statuts der Betroffene durch einen Antrag bei der Anstellungsbehörde auf Erlaß der erbetenen Entscheidung das Verwaltungsverfahren einleiten. Erst gegen die Ablehnung dieses Antrags, von der bei Ausbleiben einer Antwort der Verwaltung angenommen wird, daß sie nach Ablauf einer Frist von vier Monaten erfolgt, kann der Antragsteller gemäß Artikel 90 Absatz 2 binnen einer weiteren Frist von drei Monaten Beschwerde bei der Anstellungsbehörde einlegen. Besteht hingegen bereits eine von der

Anstellungsbehörde erlassene Entscheidung, die eine den Beamten beschwerende Maßnahme darstellt, so hätte ein Antrag im Sinne von Artikel 90 Absatz 1 des Statuts keinen Sinn; der Beamte muß daher von dem Beschwerdeverfahren nach Artikel 90 Absatz 2 Gebrauch machen, wenn er die Aufhebung, die Abänderung oder die Rücknahme der ihn beschwerenden Entscheidung beantragen will.

33 Nach ständiger Rechtsprechung kann weiter jeder Beamte nach Artikel 90 Absatz 1 des Statuts einen Antrag auf Erlaß einer ihn betreffenden Entscheidung an die Anstellungsbehörde richten. Dieses Recht gibt dem Beamten jedoch nicht die Möglichkeit, die Fristen der Artikel 90 und 91 für die Einreichung einer Beschwerde und einer Klage zu umgehen, indem er durch Stellung eines solchen Antrags eine nicht fristgerecht angefochtene frühere Entscheidung in Frage stellt. Diese Fristen, die zur Gewährleistung der Klarheit und Sicherheit der Rechtsverhältnisse eingeführt worden sind, sind zwingenden Rechts; die Parteien können sie nicht umgehen (siehe insbesondere die Urteile des Gerichtshofes vom 13. November 1986 in der Rechtssache 232/85, Becker/Kommission, Slg. 1986, 3401, und vom 14. Juni 1988 in der Rechtssache 161/87, Muysers u. a./Rechnungshof, sowie das Urteil des Gerichts vom 7. Februar 1991 in der Rechtssache T-58/89, Calvin Williams/Rechnungshof, Slg. 1991, II-77).

34 Somit kann ein Beamter, sobald die zuständige Stelle eine ihn beschwerende Entscheidung erlassen hat, das vorgerichtliche Verfahren nicht mehr durch Einreichung eines Antrags einleiten; vielmehr muß er unmittelbar bei der Anstellungsbehörde eine Beschwerde gegen diese ihn beschwerende Maßnahme einreichen, wie dies in Artikel 90 Absatz 2 vorgeschrieben ist.

35 Zweitens ist daher zu prüfen und festzulegen, ob im vorliegenden Fall eine den Kläger beschwerende Maßnahme erlassen wurde, die auf diese Weise die Fristen des vorgerichtlichen Verfahrens nach Artikel 90 Absatz 2 in Lauf setzte. In dieser Hinsicht können nach ständiger Rechtsprechung als beschwerende Maßnahmen nur solche angesehen werden, die die Rechtsstellung der Betroffenen unmittelbar und sofort berühren (siehe das Urteil des Gerichtshofes vom 21. Januar 1987 in der Rechtssache 204/85, Stroghili/Rechnungshof, Slg. 1987, 389, und den Beschluß des Gerichtshofes vom 16. Juni 1988 in der Rechtssache 372/87, Progoulis/Kommission, Slg. 1988, 3091).

36 Es ist unbestreitbar, daß der "Bescheid über die Feststellung des Anspruchs auf die monatliche Vergütung", den die Kommission am 23. August 1989 an den Kläger richtete, die beschwerende Maßnahme darstellt und die Beschwerdefrist in Lauf gesetzt hat. Nach ständiger Rechtsprechung ist nämlich die Abrechnung über die vermögensrechtlichen Ansprüche eines Beamten, die einen hinreichend integrierten Bestandteil der Entscheidung über die vorzeitige Versetzung des Betroffenen in den Ruhestand darstellt, als beschwerende Maßnahme anzusehen (Urteil des Gerichtshofes vom 10. Dezember 1980 in der Rechtssache 23/80, Grasselli/Kommission, a. a. O.); das gleiche gilt für die Bescheide, die die den Klägern nach den Bestimmungen einer Verordnung zustehenden vermögensrechtlichen Ansprüche endgültig feststellen, wenn aus ihrem Wortlaut hervorgeht, daß die Anstellungsbehörde mit ihnen die Beträge festsetzen wollte, die zu bestimmten Zeitpunkten an die Kläger zu zahlen sie sich verpflichtete (Urteil des Gerichtshofes vom 28. Mai 1970 in den verbundenen Rechtssachen 19/69, 20/69, 25/69 und 30/69, Richez-Parise/Kommission, Slg. 1970, 325, und vom 9. Juli 1970 in der Rechtssache 23/69, Fiehn/Kommission, Slg. 1970, 547). Weiter hat das Gericht in einem der vorliegenden Rechtssache vergleichbaren Fall ebenfalls im Rahmen einer Freisetzungsmaßnahme aufgrund der Verordnung Nr. 3518/85 entschieden, daß der Bescheid über die Feststellung des Anspruchs auf die monatliche Vergütung die

beschwerende Maßnahme darstellt, die die Beschwerdefrist in Gang setzt (Urteil des Gerichts vom 22. November 1990 in der Rechtssache T-4/90, Lestelle, a. a. O.; siehe ebenfalls in diesem Sinn Urteil des Gerichtshofes vom 7. Juli 1971 in der Rechtssache 79/70, Müllers/WSA, Slg. 1970, 689; das Urteil des Gerichtshofes vom 27. Oktober 1981 in den verbundenen Rechtssachen 783/79 und 786/79, Venus und Obert/Kommission und Rat, Slg. 1981, 2445, und, e contrario, das Urteil des Gerichtshofes vom 1. Februar 1979 in der Rechtssache 17/78, Deshormes/Kommission, Slg. 1979, 189, sowie das Urteil des Gerichts vom 3. April 1990 in der Rechtssache T-135/89, Pflöschner/Kommission, Slg. 1990, II-153).

37 Ferner ist der von der zuständigen Stelle der Kommission am 23. August 1989 erlassene "Bescheid über die Feststellung des Anspruchs auf die monatliche Vergütung" im vorliegenden Fall hinreichend in die Entscheidung über die Gewährung von Maßnahmen nach der Verordnung Nr. 3518/85 des Rates integriert, da er acht Tage vor dem endgültigen Ausscheiden des Klägers aus dem Dienst erging. Zudem enthält dieser Feststellungsbescheid zwei eng beschriebene Seiten mit ausserordentlich genauen und unbedingten Durchführungsbestimmungen zur verwaltungsrechtlichen Stellung des betroffenen Beamten, dem Zeitraum der Gewährung und dem Grundbetrag der monatlichen Vergütung, den verschiedenen vorzunehmenden Zuschlägen und Abzuegen, den konkreten Einzelheiten der Auszahlung der Leistungen und den Verpflichtungen des Klägers, insbesondere für den Fall des Eintritts eines Ereignisses, das den Vergütungsanspruch ändern könnte. So belegt der Wortlaut dieses Feststellungsbescheids, falls dies noch erforderlich ist, dessen Entscheidungscharakter und unterscheidet ihn sehr deutlich von den vorläufigen Abrechnungen über Ansprüche auf Geldleistungen von der Art derjenigen, um die es im Urteil des Gerichtshofes vom 1. Februar 1979 in der Rechtssache 17/78

(Deshormes, a. a. O.) und im Urteil des Gerichts vom 3. April 1990 in der Rechtssache T-135/89 (Pflöschner, a. a. O.) ging.

38 In diesem Zusammenhang ist das Vorbringen des Klägers, diesem Bescheid über die Feststellung seines Anspruchs auf monatliche Vergütung fehle es an Klarheit und Genauigkeit, was ihn zu der Auffassung veranlasst habe, daß bei dessen Abfassung ein blosser Schreibfehler unterlaufen sei, sofort zurückzuweisen. Tatsächlich ergibt sich bereits aus dem Wortlaut dieses Schriftstücks, daß es vollständig klar und frei von jeder Mehrdeutigkeit ist und daß offenkundig der Randvermerk "Artikel 34 EGKS" ausschloß, daß dort ein reiner Schreibfehler unterlaufen wäre. Ferner kann entgegen der Ansicht des Klägers das innerdienstliche Informationsschreiben vom September 1989 mit der Überschrift "Ausscheiden aus dem Dienst nach den Verordnungen Nrn. 3518/85, 2274/87 und 1857/89 des Rates" (siehe oben, Randnr. 11) in keinem Fall Einfluß auf die rechtliche Natur des Bescheides über die Feststellung des Anspruchs auf monatliche Vergütung vom 23. August 1989 als beschwerende Maßnahme und auf die Rechtmässigkeit dieses Bescheides haben. Dieses ganz allgemeine und rein innerdienstliche Informationsschreiben konnte auch wegen seines Inhalts, der nur eine kurze Zusammenfassung der drei Freisetzungsverordnungen des Rates und keine Entscheidung darstellte, die die individuellen Ansprüche des Beamten, auf den diese Verordnungen anzuwenden waren, festgelegt hätte, und angesichts der dort angebrachten Vorbemerkungen, wonach die folgenden Erläuterungen nur auskunftshalber gegeben worden seien und daß in Streitfällen nur das Beamtenstatut, die Regelung für die sonstigen Bediensteten und die drei Freisetzungsverordnungen maßgebend seien, den Bescheid über die Feststellung des Anspruchs auf die monatliche Vergütung nicht

ändern. Somit hat die Kommission zu Recht auf die Lösung verwiesen, die im Urteil des Gerichts vom 22. November 1990 in der Rechtssache T-4/90 (Lestelle, a. a. O.) gefunden wurde.

39 Drittens sind die verschiedenen Schreiben des Klägers an die Kommission rechtlich zu qualifizieren. Wie das Gericht nämlich in seinem Urteil vom 20. März 1991 in der Rechtssache T-1/90 (Pérez Míngüz Casariego/Kommission, Slg. 1991, II-143) entschieden hat, unterliegt es seiner Beurteilung und nicht dem Willen der Parteien, ob ein Schreiben eines Klägers als Antrag oder Beschwerde qualifiziert wird. In diesem Zusammenhang ist auf die ständige Rechtsprechung hinzuweisen, wonach sowohl das Schreiben eines Beamten, in dem dieser, ohne ausdrücklich die Rücknahme der fraglichen Entscheidung zu beantragen, eindeutig auf gütlichem Wege Genugtuung für seine Beschwerdepunkte erlangen wollte (Urteil des Gerichtshofes vom 28. Mai 1970 in der Rechtssache 30/68, Lacroix/Kommission, Slg. 1970, 301, und vom 22. November 1972 in der Rechtssache 19/72, Thomik/Kommission, Slg. 1972, 1155), als auch das Schreiben, das klar den Willen eines Beamten zum Ausdruck bringt, die ihn beschwerende Entscheidung anzugreifen (Urteil des Gerichtshofes vom 14. Juli 1988 in den verbundenen Rechtssachen 23/87 und 24/87, Aldinger/Parlament, Slg. 1988, 4395) eine Beschwerde darstellen. Schließlich kann ein Beamter ebenfalls nach ständiger Rechtsprechung den Bestand einer früheren Entscheidung, die er nicht innerhalb der Beschwerde- und Klagefristen der Artikel 90 und 91 des Statuts angefochten hatte, nicht durch Stellung eines Antrags in Frage stellen. Nur das Vorliegen einer wesentlichen neuen Tatsache, die dem Betroffenen nachteilig sein kann, kann den Neubeginn dieser Fristen bewirken und zur Prüfung eines solchen Antrags führen (Urteil des Gerichtshofes vom 26. September 1985 in der Rechtssache 231/84, Valentini/Kommission, Slg. 1985, 3027, Urteil des Gerichts vom 6. Dezember 1990 in der Rechtssache T-6/90, Petrilli/Kommission, Slg. 1990, II-765).

40 Im Lichte dieser Grundsätze ist mit der Kommission festzustellen, daß der vom Kläger an die Kommission gesandte Einschreibebrief mit Rückschein vom 20. Oktober 1989 sehr wohl eine Beschwerde im Sinne von Artikel 90 Absatz 2 des Statuts darstellt und nicht, wie der Kläger geltend macht, ein blosses Auskunftsersuchen oder einen Antrag auf Richtigstellung eines Schreibfehlers. In diesem Schreiben sucht nämlich der Kläger, ohne ausdrücklich die Rücknahme der gesamten angefochtenen Entscheidung zu verlangen, eindeutig, auf gütlichem Wege Genugtuung für seine Beschwerdepunkte zu erlangen, und bringt ebenso deutlich seine Ansicht zum Ausdruck, die Abschnitte B und C 5 des Bescheids über die Feststellung seines Anspruchs auf monatliche Vergütung seien rechtswidrig und sowohl in bezug auf die Dauer des Zeitraums, während dessen er die Vergütung beziehe, als auch auf den Zeitpunkt, zu dem er seinen Ruhegehaltsanspruch geltend machen könne, sowie seine Verpflichtung, Beiträge zur Versorgungsordnung zu leisten, richtigzustellen seien; weiter ersuchte der Kläger in diesem Schreiben um keine Auskunft und beantragte nicht die Richtigstellung eines Schreibfehlers. Daher stellt dieses Schreiben vom 20. Oktober 1989 die einzige vom Kläger ordnungsgemäß eingelegte Beschwerde dar, da, wie der Gerichtshof entschieden hat, die Klagefristen durch zwingende Vorschriften geregelt sind und nicht der Verfügung der Parteien oder des Gerichts unterliegen und dies auch für die Beschwerdefristen gilt, die aus verfahrensrechtlicher Sicht den Klagefristen vorausgehen und die gleiche Rechtsnatur haben, da sie zur Regelung der gleichen Rechtsschutzmöglichkeit mit dem Ziel beitragen, die Rechtssicherheit zu gewährleisten (Urteil des Gerichtshofes vom 19. Februar 1981 in den verbundenen Rechtssachen 122/79 und 123/79, Slg. 1981, 473). Ausserdem ist nach dem Bescheid über die Anspruchsfeststellung vom 23. August 1989 keine neue Tatsache eingetreten. Wie nämlich bereits ausgeführt worden ist, kann das Informationsschreiben von 1989

aufgrund seines Inhalts und seiner Bedeutung keine solche neue Tatsache darstellen.

41 Nach den vorstehenden Ausführungen können sämtliche anderen Schreiben des Klägers an die Kommission, insbesondere das Schreiben vom 19. Januar 1990, vom Kläger als "Antrag" bezeichnet und von der Kommission als "Beschwerde" registriert (oben Randnr. 14), das Schreiben des Klägers vom 20. August 1990, vom Kläger als "erste Beschwerde" bezeichnet (oben Randnr. 16), das Schreiben des Klägers vom 9. November 1990, vom Kläger als "zweite Beschwerde" vorgelegt und von der Kommission als "dritte Beschwerde" betrachtet (oben Randnr. 17), weder Anträge noch Beschwerden darstellen, sie sind vielmehr als blosse Wiederholung der Beschwerde vom 20. Oktober 1989 anzusehen und können daher keine Verlängerung des vorgerichtlichen Verfahrens bewirken. Nach allem wurde die Beschwerde vom 20. Oktober 1989 erst durch die am 1. August 1990 von der Kommission erlassene und dem Kläger am 13. August 1990 übermittelte Entscheidung von einer hierfür zuständigen Stelle beantwortet. Der Leiter der Verwaltungseinheit "Ruhegehälter und Beziehungen zu den ehemaligen Beamten und Bediensteten" antwortete dem Kläger am 16. Januar 1990, er war jedoch nicht zur Beantwortung der am 20. Oktober 1989 eingereichten Beschwerde befugt. Daher ist Artikel 90 Absatz 2 letzter Unterabsatz des Statuts anzuwenden, der lautet: "Die Anstellungsbehörde teilt dem Betreffenden ihre begründete Entscheidung binnen vier Monaten nach dem Tag der Einreichung der Beschwerde mit. Wird innerhalb dieser Frist keine Antwort auf die Beschwerde erteilt, so gilt dies als stillschweigende Ablehnung, gegen die eine Klage nach Artikel 91 zulässig ist"; eine stillschweigende Entscheidung über die Ablehnung der Beschwerde ist

vor Ende Februar 1990 erfolgt. Daher ist die Klage, die am 7. März 1991 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, verspätet eingereicht worden.

42 Viertens sind die Auswirkungen zu untersuchen, die die Antworten der Kommission auf die verschiedenen Schreiben des Klägers an sie, die dieser als "Anträge" oder als "Beschwerden" bezeichnet hat, auf die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits haben. Zunächst ist auf die ständige Rechtsprechung hinzuweisen, wonach die Tatsache, daß ein Organ aus Gründen seiner Personalpolitik eine verspätete Verwaltungsbeschwerde sachlich bescheidet, weder dazu führt, daß das durch die Artikel 90 und 91 des Statuts eingeführte System zwingender Fristen ausser Kraft gesetzt wird, noch dazu, daß der Verwaltung die Möglichkeit genommen wird, im Stadium des gerichtlichen Verfahrens eine Einrede der Unzulässigkeit wegen Verspätung der Beschwerde zu erheben (Urteil des Gerichtshofes vom 12. Juli 1984 in der Rechtssache 227/83, Moussis/Kommission, Slg. 1984, 3133; Urteil des Gerichts vom 6. Dezember 1990 in der Rechtssache T-130/90, B./Kommission, Slg. 1990, II-761; Urteil des Gerichts vom 6. Dezember 1990 in der Rechtssache T-6/90, Petrilli, a. a. O.). Ebenfalls nach ständiger Rechtsprechung ist die Zurückweisung einer Beschwerde durch eine Mitteilung, mit der eine frühere Entscheidung bestätigt wird, keine beschwerende Maßnahme im Sinne von Artikel 91 des Statuts. Sie kann daher die bereits abgelaufene Frist für die Klage nicht wieder aufleben lassen. Ebenso ist die ausdrückliche Zurückweisung einer Beschwerde nach Ablauf der Frist für die Klage gegen die stillschweigende Zurückweisung, wenn sie gegenüber der rechtlichen oder tatsächlichen Lage, die im Zeitpunkt der stillschweigenden Ablehnung bestand, nichts Neues enthält, eine rein bestätigende Maßnahme, die den Kläger nicht beschweren kann (siehe in diesem Sinne die Urteile des Gerichtshofes

vom 25. Juni 1970 in der Rechtssache 58/69, Elz/Kommission, Slg. 1970, 507, vom 7. Juli 1971 in der Rechtssache 79/70, Müllers/WSA, a. a. O., und vom 10. Dezember 1980 in der Rechtssache 23/80, Grasselli, a. a. O.).

43 Da eine stillschweigende Zurückweisung der Beschwerde vom 20. Oktober 1989 vor Ende Februar 1990 erfolgte, konnten somit weder das Schreiben vom 13. August 1990, mit dem die Kommission dem Kläger die am 1. August 1990 zur Beantwortung der Beschwerde R/9/90 erlassene Entscheidung übermittelte, noch das Schreiben vom 19. Dezember 1990, mit dem der Generaldirektor für Personal und Verwaltung dem Kläger mitteilte, daß die Prüfung seiner Beschwerde Nr. 293/90 vom 9. November 1990 und seines Schreibens vom 20. August 1990 ergeben habe, daß diese sich auf die gleichen Probleme bezogen hätten, wie sie in der Beschwerde Nr. 9/90 aufgeworfen seien, und daß die Antwort der Kommission zu diesen Punkten nicht geändert zu werden brauche, die geringste Rechtswirkung entfalten, auf die sich der Kläger berufen könnte; insbesondere führte sie nicht zu einer Wiedereröffnung der Klagefristen. Im übrigen bedeutet nach ständiger Rechtsprechung jede blosse ablehnende Entscheidung, ob sie nun stillschweigend oder ausdrücklich ergeht, nur eine Bestätigung der vom Beschwerdeführer beanstandeten Maßnahme oder Unterlassung und ist als solche keine anfechtbare Maßnahme (Urteil des Gerichtshofes vom 28. Mai 1980 in den verbundenen Rechtssachen 33/79 und 75/79, a. a. O.; Beschluß des Gerichtshofes vom 16. Juni 1988 in der Rechtssache 371/87, Progoulis, a. a. O.).

44 Somit hat die Kommission in ihrer Antwort, die dem Kläger am 13. August 1990 übermittelt wurde, diesen zu Recht nicht nur auf den Umstand hingewiesen, daß sie sich im Fall einer Klage gegen diese Antwort die Möglichkeit vorbehalte, die Einrede der Unzulässigkeit der Klage wegen Verspätung zu erheben, sondern auch in bezug auf die Frage der Beibehaltung der Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen

zur Versorgungsordnung zu Recht unter dem Vorbehalt des Urteils, das in der Rechtssache Lestelle ergeht - die damals beim Gericht anhängig war - entschieden und dabei erklärt, daß die Situation des Klägers möglicherweise, falls erforderlich, im Lichte des Urteils, das in dieser Rechtssache ergeht, überprüft werde. Entgegen der Ansicht des Klägers hat eine solche Entscheidung nicht aufgrund dieses Umstands "vorläufigen" Charakter, denn sie beweist nur die richtig verstandene Auslegung von Artikel 176 EWG-Vertrag.

45 Schließlich ist zu prüfen, ob die besonderen Rügen, die der Kläger in seiner Stellungnahme zur Einrede der Unzulässigkeit erhoben hat, gegebenenfalls die Ausschlußwirkung aufheben können.

46 Zunächst macht der Kläger geltend, daß er weiterhin ein Interesse an einer Entscheidung über die Begründetheit seiner Klage habe, da er auch die Rechtmässigkeit einiger Verordnungsbestimmungen angegriffen habe, die auf offensichtlich falscher Rechtsgrundlage ergangen seien, wobei er ausdrücklich geltend gemacht habe, daß zwei Artikel der Verordnung Nr. 3518/85 rechtswidrig seien. Dieser Rüge kann nicht stattgegeben werden. Nach ständiger Rechtsprechung kann im Rahmen des durch Artikel 91 des Beamtenstatuts eröffneten Klagewegs dem einzelnen Beamten nicht das Recht abgesprochen werden, wenn eine allgemeine Maßnahme ergangen ist, die durch eine Reihe individueller Verfügungen vollzogen werden muß, die die Gesamtheit oder einen grossen Teil der Beamten eines Organs betreffen, die Rechtswidrigkeit der allgemeinen Maßnahme geltend zu machen, um die individuelle Verfügung anzufechten, die für ihn erst mit Sicherheit erkennbar werden lässt, wie und in welchem Masse seine individuellen Interessen

beeinträchtigt werden. Allerdings sind gemäß Artikel 91 Absatz 2 des Statuts im Rahmen von Artikel 179 EWG-Vertrag erhobene Klagen von Beamten gegen die Anstellungsbehörde zu richten; sie müssen sich gegen Handlungen oder Unterlassungen dieser Behörde richten, die den Kläger beschweren, und mit ihnen darf nicht unmittelbar die vollständige oder teilweise Nichtigerklärung einer Verordnung des Rates begehrt werden (Urteil des Gerichtshofes vom 18. März 1975 in den verbundenen Rechtssachen 44/74, 46/74 und 49/74, Acton/Kommission, Slg. 1975, 383, und Beschluß des Gerichtshofes vom 4. Oktober 1979 in der Rechtssache 48/79, Ooms/Kommission, Slg. 1979, 3121; siehe auch die Urteile des Gerichtshofes vom 16. Juli 1981 in der Rechtssache 153/79, Bowden/Kommission, Slg. 1981, 2111, und in der Rechtssache 154/79, Biller/Parlament, Slg. 1981, 2125). Somit ist es nicht zulässig, daß der Kläger vor dem Gericht einige Bestimmungen der Verordnung Nr. 3518/85 unmittelbar als rechtswidrig anficht; er könnte dies nur im Wege der Einrede der Rechtswidrigkeit tun, sofern die Klage selbst zulässig wäre.

47 Ausserdem macht der Kläger geltend, daß ihm keine Ausschlußwirkung entgegengehalten werden könne, da die Kommission selbst gegen die Grundsätze der Rechtssicherheit, des Vertrauensschutzes und der Fürsorgepflicht verstossen habe.

48 Der Grundsatz der Rechtssicherheit, der nach ständiger Rechtsprechung Bestandteil der Rechtsordnung der Gemeinschaft ist, verlangt, daß jede Maßnahme der Verwaltung, die Rechtswirkungen entfaltet, klar und deutlich ist und dem Betroffenen dergestalt zur Kenntnis gebracht wird, daß er mit Gewißheit den Zeitpunkt erkennen kann, von dem an die genannte Maßnahme besteht und ihre Rechtswirkungen zu entfalten beginnt, insbesondere im Hinblick auf die Eröffnung der in den einschlägigen Bestimmungen, im vorliegenden Fall dem Statut, vorgesehenen Möglichkeiten der gerichtlichen

Anfechtung (Urteil des Gerichtshofes vom 21. September 1983 in den verbundenen Rechtssachen 205/82 bis 215/82, Deutsche Milchkontor u. a., Slg. 1983, 2633; Urteil des Gerichts vom 7. Februar 1991 in den verbundenen Rechtssachen T-18/89 und T-24/89, Tagaras, a. a. O.). In diesem Zusammenhang kann dem Vorbringen des Klägers, wonach es der Verhaltensweise der Kommission an Klarheit und Eindeutigkeit gefehlt habe, so daß diese schließlich "Vorteil aus ihrer eigenen fehlerhaften Nachlässigkeit zog", nicht gefolgt werden, denn es ist zu allgemein und gleichzeitig falsch. Wie oben ausgeführt worden ist (Randnrn. 37 und 38), war der Bescheid über die Feststellung des Anspruchs auf die monatliche Vergütung, der dem Kläger am 23. August 1989 übermittelt wurde, besonders deutlich, genau und verständlich. Das rein innerdienstliche Informationsschreiben, das im September 1989 verteilt wurde, konnte, wie ausgeführt, insbesondere bei einem Beamten, der die Tätigkeit eines Leiters der Personalabteilung der Kommission in Luxemburg versehen hatte, zu keinem Irrtum führen. Schließlich kann dem Vorbringen, dem Kläger sei mehrfach mündlich versprochen worden, die Kommission werde in Kürze Stellung nehmen, unterstellt, es träfe zu, ebenfalls nicht gefolgt werden, denn der Mechanismus der stillschweigenden ablehnenden Entscheidung nach Artikel 90 des Statuts ist gerade dazu bestimmt, Verzögerungen dieser Art in der Verwaltung zu verhindern und die Rechtslage klarzustellen, indem er es jedem Beamten ermöglicht, seine Rechte trotz einer gewissen Trägheit in der Verwaltung tatsächlich geltend zu machen. Es ist deshalb nicht erforderlich, die Beweise, die der Kläger in dieser Hinsicht angeboten hat, zu erheben.

49 Auf den Grundsatz des Vertrauensschutzes, der ebenfalls Teil der Rechtsordnung der Gemeinschaft ist, beruft sich der Kläger im Kern, um die Verzögerungen der Kommission bei der Beantwortung der verschiedenen Schreiben, die er an sie gerichtet hat, zu rügen. In

diesem Zusammenhang trifft es zu, daß jeder Beamter, der einen Antrag stellt oder eine Beschwerde einreicht, das Recht hat, eine Antwort zu erhalten. Allerdings hat es der Gerichtshof zwar als "bedauerlich [erachtet], daß die Kommission es nicht für nötig befunden hat, entsprechend dem Grundsatz ordnungsgemässer Verwaltung auf diese Beschwerde zu antworten..." (Urteil vom 10. Dezember 1980 in der Rechtssache 23/80, Grasselli, a. a. O.) und ausgeführt, daß "die Gewohnheit, eine zweite Klage gegen eine ausdrückliche Entscheidung zu erheben, durch die die Beschwerde eines Beamten nach Fristablauf abgelehnt wird, ihren Ursprung in der schlechten Angewohnheit der Kommission hat, auf die Beschwerden der Beamten nicht innerhalb der Viermonatsfrist des Artikels 90 des Statuts zu antworten..." (Urteil vom 21. Mai 1980 in den verbundenen Rechtssachen 33/79 und 75/79, Kuhner, a. a. O.), er hat jedoch eine solche Praxis nicht unter dem Gesichtspunkt des Grundsatzes des Vertrauensschutzes beanstandet. Das Schweigen der Kommission gilt, das sei wiederholt, bei Fristablauf als stillschweigende Ablehnung und erlaubt es dem betroffenen Beamten, vorgerichtlich oder gerichtlich vorzugehen.

50 Was schließlich die Fürsorgepflicht angeht, so hat der Gerichtshof entschieden, daß es diese Pflicht sowie der Grundsatz der ordnungsgemässen Verwaltung insbesondere gebieten, daß die Behörde, wenn sie über die Situation eines Beamten entscheidet, sämtliche Umstände berücksichtigt, die geeignet sind, ihre Entscheidung zu beeinflussen, und daß sie dabei nicht nur dem dienstlichen Interesse, sondern auch dem Interesse des betroffenen Beamten Rechnung trägt (Urteile vom 23. Oktober 1986 in der Rechtssache 321/85, Schwiering/Rechnungshof, Slg. 1986, 3199, und vom 4. Februar 1987 in der Rechtssache 417/85, Maurissen/Rechnungshof, Slg. 1987, 551). Im vorliegenden Fall geht jedenfalls im Hinblick auf die Prüfung der Zulässigkeit der Klage aus den Akten nicht hervor, daß die Kommission

ihre Fürsorgepflicht gegenüber dem Kläger bei der Durchführung des vorgerichtlichen Verfahrens verletzt hätte. Die Verzögerungen bei der Beantwortung der verschiedenen Schreiben des Klägers können nämlich allein keine solche Verletzung darstellen, und die Kommission hat in der Sache alle Schreiben des Betroffenen beantwortet, obwohl sie zu Recht der Ansicht war, daß eine Klage in dieser Rechtssache bestimmt unzulässig wäre.

51 Nach allem ist die Klage als unzulässig abzuweisen.

Kostenentscheidung:

Kosten

52 Nach Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Nach Artikel 70 der Verfahrensordnung tragen jedoch die Organe in Rechtsstreitigkeiten mit Bediensteten der Gemeinschaften ihre Kosten selbst.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DAS GERICHT (Fünfte Kammer)

beschlossen:

1) Die Klage wird als unzulässig abgewiesen.

2) Jede Partei trägt ihre eigenen Kosten.

Luxemburg, den 7. Juni 1991.

Ende der Entscheidung

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