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Gericht: Europäisches Gericht
Urteil verkündet am 28.09.1995
Aktenzeichen: T-164/94
Rechtsgebiete: VO 2442/92, EG, EWG, VO 1031/92


Vorschriften:

VO 2442/92 Art. 1
EG Art. 230
EWG Art. 173
EWG Art. 190
EWG Art. 115
VO 1031/92 Art. 1
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

1. Die Verordnungen über die Einführung von Antidumpingzöllen haben zwar aufgrund ihrer Rechtsnatur und ihrer Tragweite normativen Charakter, betreffen aber u. a. diejenigen Einführer unmittelbar und individuell, die mit dem Ausführer geschäftlich verbunden sind und deren Wiederverkaufspreise für die fraglichen Waren der rechnerischen Ermittlung des Ausfuhrpreises zugrunde liegen.

2. Aus dem Aufbau und dem Wortlaut von Artikel 2 Absatz 5 der Antidumping-Grundverordnung Nr. 2423/88, die bestimmt: Im Falle von Einfuhren aus Ländern ohne Marktwirtschaft... wird der Normalwert auf angemessene und nicht unvertretbare Weise... bestimmt , und insbesondere aus der Verwendung der Wendung nicht unvertretbare Weise ergibt sich, daß die Bestimmung des Normalwerts im Rahmen des weiten Ermessens erfolgt, über das die Gemeinschaftsorgane bei der Beurteilung komplexer wirtschaftlicher Sachverhalte verfügen.

Der Gemeinschaftsrichter darf in Beurteilungen, die den Gemeinschaftsbehörden auf diese Weise vorbehalten sind, nicht eingreifen, sondern hat seine Nachprüfung darauf zu beschränken, ob die Verfahrensvorschriften eingehalten worden sind, ob der Sachverhalt, der der umstrittenen Auswahl zugrunde gelegt wurde, zutreffend festgestellt worden ist und ob keine offensichtlich fehlerhafte Würdigung des Sachverhalts und kein Ermessensmißbrauch vorliegen, und er hat sich folglich lediglich zu vergewissern, ob die Gemeinschaftsorgane alle relevanten Umstände berücksichtigt und den Akteninhalt so sorgfältig geprüft haben, daß angenommen werden kann, daß der Normalwert auf angemessene und nicht unvertretbare Weise bestimmt worden ist.

Es ist somit nicht Sache des Gerichts, die Wahl des Vergleichslandes, die alleinige Heranziehung von Angaben eines mit den Gemeinschaftsherstellern verbundenen Herstellers und die ° bei Einleitung der Untersuchung nicht angekündigte ° kombinierte Anwendung der in Artikel 2 Absatz 5 Buchstabe a Ziffern i und ii vorgesehenen Methoden zur Bestimmung des Normalwerts zu beanstanden; diese Vorgehensweise, die den Unternehmen, die in Verdacht standen, Dumping zu betreiben, während des Verwaltungsverfahrens mitgeteilt wurde, ohne deren Widerspruch zu erregen, und die, wenn auch nicht ausführlich ° mangels Widerspruch seitens der Betroffenen °, in der Verordnung zur Einführung des Antidumpingzolls dargelegt ist, kann angesichts der aufgetretenen Schwierigkeiten und der gegebenen Erklärungen als angemessen und nicht unvertretbar angesehen werden.

3. Bei der Prüfung, in welchem Umfang die Dumpingpraktiken den Wirtschaftszweig der Gemeinschaft schädigen, verfügen die Gemeinschaftsorgane sowohl hinsichtlich der Entscheidung, ob sie Hersteller, die selbst Einführer der gedumpten Ware sind, von dem Wirtschaftszweig der Gemeinschaft ausschließen sollen, als auch hinsichtlich der Bewertung, in welchem Umfang andere Einfuhren als diejenigen, die Gegenstand des vorliegenden Antidumpingverfahrens sind, zu der Schädigung des Wirtschaftszweigs der Gemeinschaft beigetragen haben, über ein Ermessen.

Sie müssen zwar die am Ende des Verwaltungsverfahrens erlassene Verordnung, mit der ein Antidumpingzoll eingeführt wird, mit einer Begründung versehen, in der die relevanten tatsächlichen oder rechtlichen Gesichtspunkte genannt werden, doch muß ihre Argumentation darin nicht in allen Einzelheiten dargelegt sein, soweit ihr die betroffenen Unternehmen während des Verfahrens nicht widersprochen haben.

4. Schon aus dem Wortlaut des Artikels 13 Absatz 2 der Antidumping-Grundverordnung Nr. 2423/88 ergibt sich, daß die Organe innerhalb der Grenzen ihres Ermessens frei zwischen den verschiedenen Arten von Zöllen wählen können. Sie können sich insbesondere für einen variablen Zoll in Höhe der Differenz zwischen einem von ihnen festgesetzten Mindestpreis und dem Nettopreis frei Gemeinschaftsgrenze vor der Verzollung entscheiden.

5. Zwar hat die Kommission nach Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b der Antidumping-Grundverordnung Nr. 2423/88 die Vertreter des Ausfuhrlandes über die Einleitung eines Antidumpingverfahrens zu unterrichten, jedoch verpflichten weder die Grundverordnung noch ein allgemeiner Grundsatz die Kommission, etwaige Nachfolgestaaten erneut zu unterrichten. Da diese in die Rechte und Pflichten des Vorgängerstaats eintreten, müssen sie das Antidumpingverfahren in der Lage annehmen, in der es sich befindet; insbesondere haben sie gemäß Artikel 7 Absätze 4 und 5 der Grundverordnung Anspruch darauf, die der Kommission zur Verfügung gestellten Unterlagen einzusehen und angehört zu werden.

6. Die in Artikel 7 Absatz 9 Buchstabe a der Antidumping-Grundverordnung Nr. 2423/88 für den Ablauf der Verfahren vorgesehene Frist von einem Jahr stellt einen Richtwert dar und ist nicht zwingend. Allerdings folgt aus dieser Bestimmung, daß das Antidumpingverfahren nicht über eine angemessene Frist hinaus ausgedehnt werden darf, die sich nach den besonderen Umständen des Einzelfalls bemisst. Insoweit erscheint eine Dauer von nahezu zwei Jahren nicht unangemessen lang, wenn die Kommission Schwierigkeiten hatte, im Vergleichsland Unternehmen zu finden, die zur Mitwirkung an dem Verfahren bereit waren.

7. Bereits aus dem Wortlaut des Artikels 7 Absatz 1 Buchstabe c der Antidumping-Grundverordnung Nr. 2423/88 ergibt sich, daß diese Bestimmung der Kommission nicht verbietet, einen anderen Untersuchungszeitraum als die der Einleitung des Verfahrens unmittelbar vorangehenden sechs Monate zu wählen.

Sie darf sich also im Rahmen ihres Ermessens für eine geringfügige Verschiebung des Untersuchungszeitraums entscheiden, ohne dafür in der am Ende des Verwaltungsverfahrens erlassenen Verordnung, mit der ein Antidumpingzoll eingeführt wird, eine Begründung geben zu müssen, wenn ihr die betroffenen Unternehmen während des Verfahrens nicht widersprochen haben.


URTEIL DES GERICHTS ERSTER INSTANZ (VIERTE ERWEITERTE KAMMER) VOM 28. SEPTEMBER 1995. - FERCHIMEX SA GEGEN RAT DER EUROPAEISCHEN UNION. - ANTIDUMPINGZOELLE AUF KALIUMCHLORID - BESTIMMUNG DES NORMALWERTS - SCHAEDIGUNG - VERTEIDIGUNGSRECHTE. - RECHTSSACHE T-164/94.

Entscheidungsgründe:

Rechtlicher Rahmen und Sachverhalt

1 Die vorliegende Nichtigkeitsklage ist gegen die Verordnung (EWG) Nr. 3068/92 des Rates vom 23. Oktober 1992 zur Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls auf die Einfuhren von Kaliumchlorid mit Ursprung in Rußland, der Ukraine und Weißrußland (ABl. L 308, S. 41; nachstehend: Verordnung des Rates oder streitige Verordnung) gerichtet.

2 Im Juni 1990 reichte die Association des producteurs européens de chlorure de potassium (Europäischer Verband der Kaliumchloridindustrie; nachstehend: APEP) im Namen der Gemeinschaftshersteller, auf die die gesamte Gemeinschaftsproduktion von Kaliumchlorid entfällt, bei der Kommission eine Beschwerde gegen die Einfuhren von Kaliumchlorid mit Ursprung in der Sowjetunion ein. Kaliumchlorid wird in Pulverform (Standardqualität) und in Form von Granulat (Granulatqualität) angeboten und im allgemeinen als Düngemittel in der Landwirtschaft verwendet.

3 Die Kommission leitete das Verfahren aufgrund der Verordnung (EWG) Nr. 2423/88 des Rates vom 11. Juli 1988 über den Schutz gegen gedumpte oder subventionierte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft gehörenden Ländern (ABl. L 209, S. 1; nachstehend: Grundverordnung) ein und unterrichtete die bekanntermassen betroffenen Ausführer und Einführer und die Vertreter des Ausfuhrlandes hiervon offiziell.

4 Die Ferchimex SA (nachstehend: Klägerin), eine Gesellschaft belgischen Rechts, an der die betroffenen Hersteller und die russische Ausfuhrorganisation für Düngemittel, Agrochimexport, die Anteilsmehrheit besitzen, ist offizieller Einführer des Kaliumchlorids aus Rußland und Weißrußland in die Gemeinschaft und wurde als solcher an dem Verfahren beteiligt.

5 Unter den Parteien ist unstreitig, daß das Kaliumchlorid aus der früheren Sowjetunion sowohl offiziell als auch inoffiziell eingeführt wurde, wobei die offiziellen Einfuhren über die zentrale Ausfuhrorganisation Agrochimexport und die Einführer in der Gemeinschaft und der Schweiz, die mit den sowjetischen Ausführern verbunden waren, darunter insbesondere die Klägerin, abgewickelt wurden, während die Ware bei den inoffiziellen Einfuhren, dem sogenannten Perestroika-Kaliumchlorid , von den Herstellern an verschiedene Kunden der früheren Sowjetunion verkauft wurde, die sie über Zwischenhändler an unabhängige Einführer und Händler in der Gemeinschaft weiterverkauften.

6 Die Klägerin macht geltend, sie habe als offizieller Einführer mit etwa zwanzigjähriger Präsenz auf dem europäischen Markt überhaupt kein Interesse gehabt, eine aggressive Geschäftspolitik zu verfolgen, die den Gemeinschaftsmarkt hätte durcheinanderbringen können. Sie habe daher bei den Perestroika-Einfuhren , die zu dem vorliegenden Antidumpingverfahren geführt hätten, überhaupt keine Rolle gespielt.

7 Die Dumpinguntersuchung bezog sich auf den Zeitraum vom 1. Januar bis 30. Juni 1990 (Untersuchungszeitraum).

8 Im Lauf des Verfahrens wurden die Republiken Rußland, Ukraine und Weißrußland Ursprungsländer der Ware.

9 Das Verfahren führte zum Erlaß der Verordnung (EWG) Nr. 1031/92 der Kommission vom 23. April 1992 zur Einführung eines vorläufigen Antidumpingzolls auf die Einfuhren von Kaliumchlorid mit Ursprung in Weißrußland, Rußland und der Ukraine (ABl. L 110, S. 5; nachstehend: Verordnung der Kommission oder Verordnung Nr. 1031/92).

10 Artikel 2 Absatz 5 der Grundverordnung bestimmt:

Im Falle von Einfuhren aus Ländern ohne Marktwirtschaft... wird der Normalwert auf angemessene und nicht unvertretbare Weise auf einer der folgenden Grundlagen bestimmt:

a) der Preise, zu denen die gleichartige Ware eines Drittlandes mit Marktwirtschaft

i) zum Verbrauch auf dem Inlandsmarkt dieses Landes oder

ii) an andere Länder einschließlich der Gemeinschaft

tatsächlich verkauft wird...

11 Entsprechend dem Vorschlag der Beschwerdeführer wählte die Kommission Kanada als Vergleichsland für die Berechnung des Normalwerts, weil es nach der Sowjetunion der zweitgrösste Hersteller von Kaliumchlorid sei und sich die Preise in Kanada aus einem echten Wettbewerb ergäben. Den Begründungserwägungen der Verordnung der Kommission zufolge erhoben weder die Klägerin noch die Ausführer oder Hersteller Einwände gegen die Wahl Kanadas.

12 Nach mehreren erfolglosen Kontaktversuchen konnte die Kommission jedoch nur einen einzigen kanadischen Hersteller, die Potash Company of Canada Ltd (nachstehend: Potacan), finden, der nach anfänglicher Ablehnung schließlich bereit war, mitzuarbeiten und die gewünschten Angaben zu machen.

13 Für Kaliumchlorid der Granulatqualität wurde der Normalwert anhand des durchschnittlichen kanadischen Inlandspreises ermittelt. Dagegen hielt die Kommission es bei Kaliumchlorid der Standardqualität für erforderlich, auch die Preise bei der Ausfuhr in die Vereinigten Staaten heranzuziehen, da die auf dem kanadischen Markt verkauften Mengen zu gering seien, um repräsentativ zu sein. Ferner verglich die Kommission diese Preise mit den Produktionskosten, um zu prüfen, ob sie Gewinne ermöglichten. Bei diesem Vergleich klammerte die Kommission jedoch bestimmte zeitweilige und aussergewöhnliche Kosten von Potacan aus (14. und 15. Begründungserwägung der Verordnung Nr. 1031/92).

14 Gemäß Artikel 2 Absatz 8 Buchstabe b der Grundverordnung kann, wenn sich herausstellt,... daß eine geschäftliche Verbindung oder eine Ausgleichsvereinbarung zwischen dem Ausführer und dem Einführer oder einem Dritten besteht,... der Ausfuhrpreis auf der Grundlage des Preises errechnet werden, zu dem die eingeführte Ware erstmals an einen unabhängigen Käufer weiterverkauft wird...

15 An der Untersuchung arbeiteten nur Ausführer des amtlichen Ausfuhrnetzes mit. Entsprechend Artikel 2 Absatz 8 Buchstabe b der Grundverordnung wurde der Ausfuhrpreis anhand der Preise ermittelt, die von dem ersten Käufer in der Gemeinschaft, der von den mit den Ausführern verbundenen Einführern, d. h. von der Klägerin und von Fersam, unabhängig war, tatsächlich gezahlt wurden (17. bis 20. Begründungserwägung der Verordnung Nr. 1031/92).

16 Zur Schädigung stützte sich die Kommission hauptsächlich auf die Feststellung, daß die Kaliumchlorideinfuhren aus der Sowjetunion zwischen 1986 und dem ersten Halbjahr 1990 um 109 % zugenommen hätten und daß der sowjetische Marktanteil in diesem Zeitraum von 5,1 auf 10,8 % gestiegen sei, während die Verkaufspreise der Gemeinschaftshersteller um 12 % zurückgegangen seien und die sowjetischen Hersteller die Preise der Gemeinschaftshersteller im gewogenen Durchschnitt um rund 3 % unterboten hätten (24. bis 33. Begründungserwägung der Verordnung Nr. 1031/92).

17 Nach der Veröffentlichung der Verordnung der Kommission im Amtsblatt gaben zwei mit den Ausführern nicht verbundene Einführer, die Kemira und die Ameropa, mit Schreiben vom 21. und vom 27. Mai 1992 gegenüber der Kommission Stellungnahmen ab, in denen sie insbesondere die Wahl von Potacan als Vergleichsunternehmen beanstandeten, weil diese den beschwerdeführenden Gemeinschaftsherstellern gehöre.

18 Nach der Einführung des vorläufigen Antidumpingzolls durch die Verordnung der Kommission stellten die Ausführer, die Gemeinschaftshersteller und einige Einführer bei der Kommission Anträge auf Einräumung der Gelegenheit zur Stellungnahme, denen stattgegeben wurde.

19 Da die Kommission die Prüfung des Sachverhalts nicht innerhalb der Viermonatsfrist abschloß, verlängerte der Rat mit der Verordnung (EWG) Nr. 2442/92 vom 4. August 1992 (ABl. L 243, S. 1) den vorläufigen Antidumpingzoll um einen Zeitraum von höchstens zwei Monaten.

20 Mit Schreiben vom 10. August 1992 unterrichtete die Kommission die betroffenen Parteien, darunter die Klägerin, über die wesentlichen Tatsachen und Überlegungen, aufgrund deren sie beabsichtige, dem Rat die Auferlegung endgültiger Antidumpingzölle zu empfehlen.

21 Mit Schreiben vom 21. September 1992 richtete die Klägerin eine Stellungnahme an die Kommission.

22 Am 23. September 1992 erließ der Rat die streitige Verordnung, mit der er die Feststellungen der Kommission im wesentlichen bestätigte und einen endgültigen Antidumpingzoll in Form eines Mindestpreises auferlegte.

Verfahren

23 Unter diesen Umständen hat die Klägerin mit Klageschrift, die am 11. Januar 1993 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, die vorliegende Klage beim Gerichtshof erhoben.

24 Mit Antragsschriften, die am 18. Mai 1993 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen sind, haben die Kommission und die APEP ihre Zulassung als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge des Beklagten beantragt. Die Kommission und die APEP sind mit Beschlüssen des Präsidenten des Gerichtshofes vom 25. Juni 1993 und vom 15. November 1993 als Streithelfer zugelassen worden und haben ihre Stellungnahmen am 11. Oktober 1993 und am 2. Februar 1994 eingereicht.

25 Mit Beschluß vom 18. April 1994 hat der Gerichtshof die vorliegende Rechtssache gemäß Artikel 4 des Beschlusses 93/350/Euratom, EGKS, EWG des Rates vom 8. Juni 1993 zur Änderung des Beschlusses 88/591/EGKS, EWG, Euratom zur Errichtung eines Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften (ABl. L 144, S. 21) und gemäß dem Beschluß 94/149/EGKS, EG des Rates vom 7. März 1994 zur Änderung des Beschlusses 93/350/Euratom, EGKS, EWG (ABl. L 66, S. 29) an das Gericht verwiesen.

26 Das Gericht (Vierte erweiterte Kammer) hat auf Bericht des Berichterstatters beschlossen, die mündliche Verhandlung ohne vorherige Beweisaufnahme zu eröffnen. Im Rahmen der prozeßleitenden Maßnahmen nach Artikel 64 der Verfahrensordnung sind die Parteien ersucht worden, eine Reihe von Fragen bis zum 5. April 1995 schriftlich zu beantworten. In Anbetracht der Antworten hat das Gericht den Parteien weitere Fragen mit der Aufforderung zur mündlichen Stellungnahme in der Sitzung zugesandt.

27 Die Parteien haben in der Sitzung vom 3. Mai 1995 mündlich verhandelt und auf die Fragen des Gerichts geantwortet.

Anträge der Parteien

28 Die Klägerin beantragt,

° die streitige Verordnung für nichtig zu erklären;

° alle weiteren Maßnahmen anzuordnen, die das Gericht für angemessen hält;

° dem Rat die Kosten aufzuerlegen.

29 Der Beklagte beantragt,

° die Klage abzuweisen;

° der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

30 Die Kommission beantragt,

° die Klage abzuweisen.

31 Die APEP beantragt,

° die Klage abzuweisen;

° der Klägerin die Kosten einschließlich ihrer Kosten aufzuerlegen.

Zulässigkeit

Vorbringen der Parteien

32 Der Rat weist darauf hin, daß die Klägerin nicht nur mit der früheren einzigen offiziellen Ein- und Ausfuhrorganisation der Sowjetunion, der Agrochimexport, sondern auch mit mehreren nichtrussischen Unternehmen verbunden gewesen sei. In den Ländern ohne Marktwirtschaft seien aber nur die staatlichen Ausfuhrorganisationen befugt, eine Klage nach Artikel 173 EG-Vertrag zu erheben. Daher stelle sich die Frage, ob ein Einfuhrunternehmen, das wie die Klägerin nicht völlig im Eigentum des oder der Ausführer stehe, als verbundener Einführer in dem Sinn angesehen werden könne, der diesem Begriff durch die Rechtsprechung des Gerichtshofes gegeben worden sei (Urteil vom 11. Juli 1990 in den Rechtssachen C-305/86 und C-160/87, Neotype/Kommission und Rat, Slg. 1990, I-2945).

33 Die Klägerin macht geltend, das Antidumpingverfahren habe sie von seiner Einleitung an bis zur Einführung des endgültigen Zolls unmittelbar und individuell betroffen. Sie habe zu den von der Kommission bei Einleitung der Untersuchung namentlich genannten Einführern gehört und ein Formblatt erhalten, in ihren Geschäftsräumen seien Nachprüfungen vorgenommen worden, sie habe mehrere Unterredungen mit Beamten der Kommission gehabt, sie habe am 21. September 1992 schriftlich Stellung genommen und sei in der Verordnung Nr. 1031/92 als mit den Ausführern verbundener Einführer genannt worden. Schließlich habe die Kommission die von ihr auf dem Gemeinschaftsmarkt verwendeten Preise zur Berechnung des Ausfuhrpreises herangezogen.

Würdigung durch das Gericht

34 Es ist festzustellen, daß die Verordnungen über die Einführung von Antidumpingzöllen nach ständiger Rechtsprechung zwar aufgrund ihrer Rechtsnatur und ihrer Tragweite normativen Charakter haben, aber u. a. diejenigen Einführer unmittelbar und individuell betreffen, deren Wiederverkaufspreise für die fraglichen Waren im Fall einer geschäftlichen Verbindung zwischen dem Ausführer und dem Einführer im Sinne des Artikels 2 Absatz 8 Buchstabe b der Grundverordnung der rechnerischen Ermittlung des Ausfuhrpreises zugrunde liegen (Urteile des Gerichtshofes vom 7. Juli 1994 in der Rechtssache C-75/92, Gao Yao/Rat, Slg. 1994, I-3141, Randnrn. 26 f., vom 16. Mai 1991 in der Rechtssache C-358/89, Extramet/Rat, Slg. 1991, I-2501, Randnr. 18, und vom 11. Juli 1990 in den Rechtssachen C-304/86 und C-185/87, Enital/Kommission und Rat, Slg. 1990, I-2939, Randnr. 18).

35 Wie aus der 9. Begründungserwägung der streitigen Verordnung in Verbindung mit der 17. bis 20. Begründungserwägung der Verordnung der Kommission hervorgeht, sind die Ausführer und die Klägerin so eng geschäftlich miteinander verbunden, daß die Kommission bei der Prüfung des Sachverhalts annahm, sie habe auf sie in bezug auf den Ausfuhrpreis Artikel 2 Absatz 8 Buchstabe b der Grundverordnung anzuwenden.

36 Unter diesen Umständen ist festzustellen, daß die Klägerin, deren Wiederverkaufspreise für die fraglichen Waren der rechnerischen Ermittlung des Ausfuhrpreises zugrunde gelegt wurden, unmittelbar und individuell von der streitigen Verordnung betroffen ist.

37 Daraus folgt, daß die Klage zulässig ist.

Begründetheit

38 Die Klägerin stützt ihre Klage auf neun Klagegründe. Mit dem ersten rügt sie einen Verstoß gegen Artikel 2 Absatz 5 der Grundverordnung und gegen Artikel 190 EG-Vertrag, der darin bestehen soll, daß der Rat den Normalwert nicht auf angemessene und nicht unvertretbare Weise bestimmt und keine ausreichende Begründung gegeben habe. Mit ihrem zweiten Klagegrund macht sie geltend, die Bewertung der Schädigung sei rechtswidrig, da die Rolle der Beschwerdeführer als Einführer missachtet worden sei und die Gemeinschaftsbehörden überholte Angaben verwendet hätten. Mti dem dritten Klagegrund wird ein Verstoß gegen Artikel 4 der Grundverordnung gerügt, der darin bestehen soll, daß bei der Ermittlung der Schädigung die Einfuhren aus anderen Ländern nicht berücksichtigt worden seien. Mit dem vierten Klagegrund beanstandet die Klägerin, daß die Form, in der der Antidumpingzoll eingeführt worden sei, gegen den Geist des Artikels 13 Absatz 3 der Grundverordnung verstosse und zu ihrer Verdrängung vom Markt geführt habe. Der fünfte Klagegrund richtet sich gegen die angeblich rechtswidrige Verwendung überholter Angaben für die Festlegung der Schutzmaßnahmen. Mit ihrem sechsten Klagegrund macht die Klägerin geltend, die Kommission habe gegen Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b und Absatz 4 Buchstabe a der Grundverordnung verstossen, indem sie die Vertreter Rußlands, Weißrußlands und der Ukraine nicht über das Antidumpingverfahren unterrichtet habe. Mit dem siebten Klagegrund rügt die Klägerin eine Verletzung ihrer Verteidigungsrechte. Als achten Klagegrund führt sie einen Verstoß gegen Artikel 7 Absatz 9 Buchstabe a der Grundverordnung an, da die Untersuchung übermässig lang gedauert habe. Schließlich macht sie als neunten Klagegrund geltend, die Wahl des Untersuchungszeitraums sei unbillig und willkürlich sowie unzureichend begründet.

Erster Klagegrund: rechtswidrige Ermittlung des Normalwerts

Vorbringen der Parteien

39 Die Klägerin macht geltend, bei der Ermittlung des Normalwerts sei gegen Artikel 2 Absatz 5 der Grundverordnung und gegen die Grundsätze der Billigkeit verstossen worden. Dieser Klagegrund gliedert sich in drei Rügen. Mit der ersten Rüge beanstandet die Klägerin, daß nur Angaben eines einzigen, mit den Beschwerdeführern verbundenen Unternehmens ° Potacan ° verwendet worden seien. Die zweite Rüge geht dahin, daß Potacan nicht für den kanadischen Markt repräsentativ gewesen sei. Die dritte Rüge betrifft die Ermittlung des Normalwerts für Kaliumchlorid der Standardqualität. Ausserdem beanstandet die Klägerin, die Begründung sei in allen diesen Punkten unzureichend.

40 Zur ersten Rüge trägt die Klägerin vor, die Kommission habe, indem sie allein auf Informationen zurückgegriffen habe, die von einem einzigen, den zwei wichtigsten europäischen Beschwerdeführern gehörenden kanadischen Unternehmen ° Potacan ° erteilt worden seien, den Normalwert nicht entsprechend Artikel 2 Absatz 5 der Grundverordnung auf angemessene und nicht unvertretbare Weise bestimmt und gegen den Grundsatz der Billigkeit verstossen, der verlange, daß die Kommission im Interesse der Transparenz, der Objektivität und der Gerechtigkeit neutrale Informationen verwende, die von Unternehmen erteilt würden, die mit keinem Verfahrensbeteiligten, insbesondere nicht mit den Beschwerdeführern, verbunden seien. Diese Verstösse wögen um so schwerer, als weder die Klägerin noch der Rat, noch das Gericht wissen könnten, ob Potacan die betreffenden Informationen redlich erteilt habe und dabei nicht von den Beschwerdeführern beeinflusst gewesen sei.

41 Zunächst trägt die Klägerin vor, in der 13. Begründungserwägung der Verordnung der Kommission sei nicht erwähnt, daß Potacan eine gemeinsame Tochtergesellschaft der zwei wichtigsten beschwerdeführenden Hersteller in der Gemeinschaft, der Société commerciale des potasses et de l' azote, Frankreich (nachstehend: SCPA), und des deutschen Unternehmens Kali und Salz (nachstehend: Kali) sei. Im Lauf der Untersuchung hätten einige Einführer gegen die Verwendung der Angaben von Potacan Einwände erhoben. Die Klägerin verweist insoweit insbesondere auf den Wortlaut des Schreibens von Ameropa vom 27. Mai 1992: "It might be trü that nobody opposed the choice of Canada as a reference country, but what is certain, is the fact that we were not informed that the reference company finally found was Potash Company of Canada, a producer which was recently in a state close to bankruptcy and is 100 % owned by SCPA and Kali & Salz. Consequently we consider it as a surrogate reference." ("Wenn es auch zutreffen mag, daß niemand der Wahl Kanadas als Vergleichsland widersprochen hat, so steht doch fest, daß wir nicht darüber unterrichtet worden waren, daß es sich bei dem schließlich gefundenen Vergleichsunternehmen um die Potash Company of Canada handelte, einen Hersteller, der vor kurzem noch am Rand des Konkurses stand und der zu 100 % SCPA und Kali und Salz gehört. Folglich halten wir den Vergleich mit diesem Unternehmen für einen Scheinvergleich.") Auch im Schreiben von Kemira (Dänemark) vom 21. Mai 1992 und in deren Stellungnahme vom 21. September 1992 sei die Verwendung der Angaben von Potacan beanstandet worden.

42 Sodann macht die Klägerin geltend, der Gerichtshof habe immer betont, daß die Kommission bei der rechnerischen Ermittlung des Preises nach Artikel 2 Absatz 5 der Grundverordnung ganz besondere Sorgfalt walten lassen müsse. Im übrigen zeige die Praxis der Kommission, daß sie im allgemeinen, anders als im vorliegenden Fall, grosse Sorgfalt darauf verwende, die Auswahl des Vergleichslandes zu begründen und nachzuweisen, daß die Berechnung des Normalwerts fair und durchschaubar sei. Die Kommission hätte nach der offensichtlichen Verweigerung der Mitarbeit durch die anderen kanadischen Hersteller ein anderes Vergleichsland wählen oder eine andere für die Bestimmung des Normalwerts vorgesehene Methode anwenden müssen.

43 Der Rat weist darauf hin, daß weder die Klägerin noch die Ausführer die Entscheidung der Kommission beanstandet hätten, nachdem sie über deren Absicht unterrichtet worden seien, die in Artikel 2 Absatz 5 Buchstabe a der Grundverordnung vorgesehene Methode zur Bestimmung des Normalwerts anzuwenden und Kanada als Vergleichsland zu wählen. Die Gemeinschaftsorgane verfügten bei der Wahl des Vergleichslandes über ein weites Ermessen. Gemessen an den Kriterien, die die Gemeinschaftsorgane in ihrer früheren Praxis, die der Gerichtshof bestätigt habe (Urteil Neotype/Kommission und Rat, a. a. O., Randnrn. 31 bis 33), allgemein angewandt hätten, habe nur Kanada als Vergleichsland gewählt werden können, da es das einzige Land sei, in dem die Herstellungsmethoden, das Herstellungsvolumen und der Zugang zu den Rohstoffen mit denen in der früheren Sowjetunion vergleichbar seien.

44 Die Kommission habe alles getan, um Angaben über den kanadischen Markt zu erhalten. Sie sei zu diesem Zweck zweimal an das grösste kanadische Unternehmen, das Kaliumchlorid verkaufe, die Potash Corporation of Saskatchewan (nachstehend: PCS), herangetreten, das jedoch mitgeteilt habe, daß es eine Zusammenarbeit ablehne und nur öffentlich zugängliche Informationen liefern würde. Die Kommission habe daher keine Angaben aus dieser Quelle verwenden können. Auch die Potash Company of America mit Sitz in Neubraunschweig habe die Zusammenarbeit verweigert. Nach der ersten Absage der PCS habe die Kommission mit Potacan Kontakt aufgenommen, die am 12. Februar 1991 geantwortet habe, daß sie auch nicht mit der Kommission zusammenarbeiten werde; erst auf das zweite Schreiben der Kommission vom 12. September 1991 hin habe Potacan den Fragebogen am 11. Oktober 1991 beantwortet und sich zur Zusammenarbeit bereit erklärt.

45 Zur Kapitalbeteiligung an Potacan führt der Rat folgendes aus: Potacan gehöre zu je 50 % dem deutschen Unternehmen Kali und dem französischen Unternehmen Entreprise minière et chimique (nachstehend: EMC), die die Muttergesellschaft von SCPA sei. 1980 hätten Potacan und die Denison Mines Ltd (nachstehend: Denison) ein gemeinsames Unternehmen, die Denison-Potacan Potash Company (nachstehend: DPPC) gegründet, an der sie 40 % bzw. 60 % der Anteile gehalten hätten. Gegenstand der DPPC sei die Einrichtung und der Betrieb eines Kali-Bergwerks in Neubraunschweig gewesen; sie habe ihre Produktion 1987 aufgenommen. Im April 1991 habe Denison ihre Beteiligung an DPPC an Potacan verkauft, und das Unternehmen habe sich in Potacan Mining Company (nachstehend: PMC) umbenannt. Gemäß einer Vertriebsvereinbarung habe die Potacan den Alleinvertrieb der Waren zunächst von DPPC und dann von PMC gehabt. Es sei zwar richtig, daß Potacan ebenso wie DPPC oder PMC von den beiden Gemeinschaftsherstellern kontrolliert worden sei, als die Kommission ihre Untersuchung durchgeführt habe, doch sei dies im Untersuchungszeitraum, d. h. zwischen dem 1. Januar 1990 und dem 30. Juni 1990, in dessen Verlauf Denison, eine Gesellschaft ohne jegliche Verbindung mit den Gemeinschaftsherstellern, Mehrheitsaktionär von DPPC gewesen sei, noch nicht der Fall gewesen.

46 Die Verbindung zwischen Potacan und den beiden Gemeinschaftsherstellern sei jedenfalls aus vier Gründen völlig unerheblich. Erstens seien die von Potacan verlangten Preise keine Transferpreise, sondern unter Bedingungen des freien Wettbewerbs von Dritten verlangte Verkaufspreise. Zweitens hätten die Gemeinschaftsbehörden in Antidumpinguntersuchungen stets Informationen zu verwenden, die von Beteiligten stammten, die, wie z. B. Ausführer, von dem Ergebnis der Untersuchung betroffen seien. Die Kommission sei also berechtigt, aus einer nicht als objektiv geltenden Quelle stammende Informationen nach Überprüfung ihrer Richtigkeit zu verwenden. Drittens habe Potacan keinen Einfluß auf die Marktpreise in Kanada, da es sich um einen Rohstoffmarkt mit starkem Wettbewerb handle und die Produktion von DPPC nur etwa 10 % der kanadischen Produktion und 8,15 % des kanadischen Absatzes ausmache. Viertens habe sich die Kommission nicht damit begnügt, die Verkaufspreise von Potacan zu überprüfen, sondern sie ausserdem mit den von den kanadischen Wettbewerbern angegebenen Preisen verglichen und festgestellt, daß sie mit diesen übereinstimmten.

47 Potacan sei eine zuverlässige Informationsquelle, und es habe ausserdem keine vernünftige Alternative gegeben.

48 Die Klägerin macht in ihrer Erwiderung geltend, die Behauptung der Kommission, sie habe sich davon überzeugt, daß die Verkaufspreise von Potacan marktüblich gewesen seien, werde durch nichts in der streitigen Verordnung oder in den Mitteilungen der Kommission belegt. Es sei ihr daher nicht möglich gewesen, der von der Kommission gewählten Methode zu widersprechen.

49 Die Wahl Kanadas als Vergleichsland sei aus allen diesen Gründen unangemessen und unvertretbar, und es wäre unter Berücksichtigung der Umstände angemessener gewesen, den Markt der Vereinigten Staaten auszuwählen, wie dies bereits Ameropa in ihrer Antwort auf den Fragebogen vom 12. Dezember 1990 vorgeschlagen habe.

50 Ferner hätten, selbst wenn die von der Kommission verwendeten Preise von Potacan frei festgesetzte Preise gewesen sein sollten, weitere Unternehmensdaten berücksichtigt werden müssen, und zwar insbesondere die Absatzkosten, deren Aufstellung durch Potacan und ihre Anteilsinhaber bestimmt worden sei. Normalwert sei nämlich nicht gleich Verkaufspreis, da zur Bestimmung eines Ab-Werk-Preises Anpassungen erforderlich seien. Wegen der bestehenden Verbindung sei es jedoch unmöglich, festzustellen, ob diese Angaben unparteiisch und objektiv gewesen seien. Die Behörden verwendeten zwar stets von den betroffenen Parteien mitgeteilte Informationen, doch widerspreche es der allgemeinen Praxis in Dumpingsachen, daß Unternehmen, die zu derselben Gruppe gehörten, Informationen sowohl über die Schädigung als auch über den Normalwert des Vergleichsmarktes lieferten.

51 Der Rat bekräftigt in seiner Gegenerwiderung, daß die von der Potacan gelieferten Informationen zuverlässig und bei der Untersuchung vor Ort von den Bevollmächtigten der Kommission nachgeprüft worden seien; diese hätten sich nicht auf besonders für die Untersuchung vorgelegte Unterlagen, sondern auf Buchungsunterlagen gestützt, die von Potacan gemäß dem kanadischen Recht erstellt worden seien. Die Verkaufspreise von Potacan seien mit den von den kanadischen Wettbewerbern angegebenen Preisen verglichen worden, und es sei ihre Übereinstimmung mit diesen Preisen festgestellt worden. Die Einzelheiten dieses Vergleichs könnten jedoch wegen ihrer streng vertraulichen Natur nicht offengelegt werden.

52 Mit ihrer zweiten Rüge macht die Klägerin geltend, Potacan sei für den kanadischen Markt nicht repräsentativ gewesen, weil sie in der Provinz Neubraunschweig ansässig sei und sich in ernsten wirtschaftlichen Schwierigkeiten befunden habe.

53 Aus der Studie in der Anlage 9 zur Klageschrift gehe hervor, daß der kanadische Markt für Kaliumchlorid in zwei Gebiete gegliedert sei. Die eine sei die Provinz Saskatchewan, in der sieben Firmen tätig seien, darunter insbesondere der grösste kanadische Hersteller PCS. Saskatchewan sei weltweit das wichtigste Gebiet für die Herstellung von Kaliumchlorid; die Produktions- und die Kapitalkosten seien dort verhältnismässig niedrig, und die Produktion aus diesem Gebiet werde wegen dessen zentraler Lage vorwiegend auf dem kanadischen Inlandsmarkt verkauft. Das andere Gebiet sei die Provinz Neubraunschweig, die in der Nähe der Häfen der kanadischen Ostküste liege; aus den Bergwerken dieses Gebiets stamme nur ein geringer Teil der kanadischen Produktion, und die dortigen Hersteller, wie z. B. Potacan, konzentrierten ihre Absatzbemühungen auf die Ausfuhr. Der Rat räume in der 7. und 8. Begründungserwägung der streitigen Verordnung ein, daß die Produktionskosten von Potacan aufgrund von deren Standort und der Neuinbetriebnahme des Bergwerks höher gewesen seien als die Marktpreise in Kanada und den Vereinigten Staaten. Unter diesen Bedingungen stelle die Entscheidung der Kommission, den Normalwert allein anhand der kanadischen Inlandspreise von Potacan zu bestimmen, einen offensichtlichen Beurteilungsfehler dar.

54 Schließlich sei die Begründung der Verordnung sehr knapp, wirr und widersprüchlich und verstosse gegen die allgemeine Praxis. So hätten die Gemeinschaftsorgane insbesondere nicht erklärt, was mit zeitweilig bestimmte aussergewöhnliche Kosten oder mit der besonderen Lage gemeint sei und wie sie die zu ihrer Berücksichtigung notwendigen Anpassungen berechnet hätten. Daraus ergebe sich ein Verstoß gegen Artikel 190 des Vertrages (Urteil des Gerichtshofes vom 20. März 1985 in der Rechtssache 264/82, Timex/Rat und Kommission, Slg. 1985, 849, Randnr. 25).

55 Der Rat erwidert, der Normalwert sei auf der Grundlage der Verkaufspreise von Potacan bestimmt worden und die Gemeinschaftsorgane hätten ausdrücklich darauf hingewiesen, daß sie wegen der besonderen Lage von Potacan deren Produktionskosten nicht berücksichtigt hätten. Der Umstand, daß die Hersteller in Neubraunschweig höhere Kosten hätten als die in Saskatchewan oder daß sie ihre Produktion überwiegend ausführten, sei aus denselben Gründen unerheblich. Folglich habe er den Normalwert richtig bestimmt, und seine Methode entspreche völlig den Vorschriften der Grundverordnung.

56 Mit ihrer dritten Rüge macht die Klägerin geltend, die Kommission habe dadurch, daß sie bei der Bestimmung des Normalwerts von Kaliumchlorid der Standardqualität eine Kombination der Inlandspreise von Potacan mit deren Preisen bei der Ausfuhr in die Vereinigten Staaten zugrunde gelegt habe, gegen den Wortlaut und den Geist des Artikels 2 Absatz 5 der Grundverordnung verstossen.

57 Die Kommission habe bei der Einleitung der Untersuchung nicht die Anwendung einer solchen Methode vorgeschlagen. Auch sei die Behauptung, die Vereinigten Staaten und Kanada bildeten einen grossen wettbewerbsorientierten Markt, der dem kanadischen Inlandsmarkt gleichzustellen sei, unzutreffend und werde auch durch keinen Beweis gestützt.

58 Weiter würden die kanadischen Preise nicht schon durch die blosse Hinzunahme der Marktpreise der Vereinigten Staaten repräsentativ, selbst wenn diese repräsentativ wären.

59 Schließlich sei in Artikel 2 Absatz 5 Buchstabe a Ziffern i und ii der Grundverordnung vorgesehen, daß die Kommission den Normalwert entweder auf der Grundlage der Verkaufspreise auf dem Inlandsmarkt des Vergleichslandes oder auf der Grundlage von dessen Preisen beim Verkauf an andere Länder, aber nicht durch eine Kombination der beiden Methoden bestimmen könne. Die Verwendung des Bindeworts oder zwischen den Ziffern i und ii der genannten Bestimmung zeige eindeutig, daß sich die beiden Methoden gegenseitig ausschlössen.

60 Der Rat trägt vor, da Potacan auf dem kanadischen Markt gegenüber den aus der früheren Sowjetunion in die Gemeinschaft eingeführten Mengen nur geringe Mengen von Kaliumchlorid der Standardqualität verkauft habe, seien die Gemeinschaftsorgane berechtigt gewesen, die Preise auf dem kanadischen Inlandsmarkt mit den Preisen bei der Ausfuhr in die Vereinigten Staaten zu kombinieren, da diese Kombination ein repräsentativeres und zuverlässigeres Bild ergeben habe. Ein solches Vorgehen sei möglich, weil Kanada und die Vereinigten Staaten aufgrund fehlender Zollschranken einen grossen Markt bildeten und Kaliumchlorid in beiden Ländern zu denselben Zwecken verwendet werde. Ausserdem seien die von Potacan in Kanada abgesetzten Mengen gegenüber den in die Vereinigten Staaten ausgeführten Mengen so gering gewesen, daß sie auf das Ergebnis der Bestimmung des Normalwerts keinen Einfluß gehabt hätten.

61 Die Kommission macht geltend, es gebe keine Vorschrift, die sie verpflichte, die betroffenen Parteien bei Einleitung des Verfahrens über die Methode zur Bestimmung des Normalwerts zu unterrichten. Sie müsse dies erst im Stadium der Mitteilung der wesentlichen Tatsachen und Überlegungen, aufgrund deren ein Einschreiten beabsichtigt werde, tun, was im vorliegenden Fall geschehen sei. Zudem lasse Artikel 2 Absatz 5 Buchstabe a der Grundverordnung die Kombination der unter den Ziffern i und ii genannten Methoden zu, da das Wort oder zwischen diesen Gliederungspunkten im Sinn von und/oder zu verstehen sei, den es in den meisten Sprachen habe. Im vorliegenden Fall seien die Gemeinschaftsorgane der Auffassung gewesen, daß die Kombination der Methoden der Ziffern i und ii die Bestimmung eines repräsentativeren Preises ermögliche.

62 Die Klägerin bekräftigt in ihrer Erwiderung ihre Ansicht, daß die Vereinigten Staaten und Kanada verschiedene Märkte bildeten, was dadurch belegt werde, daß die Vereinigten Staaten 1987 gegen die Hersteller in Saskatchewan eine Antidumpingmaßnahme verhängt hätten.

63 In bezug auf die Begründung weist die Klägerin darauf hin, daß die Gemeinschaftsorgane insbesondere gegen ihre Verpflichtung verstossen hätten, zu rechtfertigen, warum die Wahl auf Potacan gefallen sei, obwohl die Unternehmen Kali und SCPA an ihr beteiligt seien und ihr Absatz in Kanada regionaler Natur und unzureichend sei. Auch hätten sie es pflichtwidrig versäumt, zu erklären, wie es ihnen möglich gewesen sei, die tatsächlichen Preise auf dem kanadischen Markt zu überprüfen, obwohl sie nur mit Potacan Kontakt gehabt hätten, weshalb Kanada und die Vereinigten Staaten ihrer Ansicht nach einen grossen wettbewerbsorientierten Markt bildeten und warum es erforderlich gewesen sei, für Kaliumchlorid der Standardqualität die Preise in Kanada und in den Vereinigten Staaten zu kombinieren, wo Potacan doch angeblich ein repräsentatives kanadisches Unternehmen gewesen sei.

64 In der Gegenerwiderung führt der Rat aus, die Verkäufe in die Vereinigten Staaten seien nur für Kaliumchlorid der Standardqualität berücksichtigt worden, und dies sei erforderlich gewesen, weil der gesamte Absatz auf dem kanadischen Markt und nicht nur der Absatz von Potacan von verhältnismässig geringer Bedeutung gewesen sei. Die Vereinigten Staaten seien nicht als Vergleichsland in Frage gekommen, weil das dortige Produktionsvolumen weit niedriger als in Kanada oder in der früheren Sowjetunion gewesen sei. Wären die Gemeinschaftsorgane zu dem Ergebnis gelangt, daß Kanada kein geeignetes Vergleichsland sei, so hätten sie keine andere Möglichkeit gehabt, als den Normalwert auf der Grundlage der in der Gemeinschaft gezahlten Preise zu bestimmen, was zu einem für die Ausführer viel ungünstigeren Ergebnis geführt hätte.

65 Der Hinweis der Klägerin auf eine 1987 angewendete amerikanische Antidumpingmaßnahme gegen die Hersteller in Saskatchewan sei irreführend und irrelevant, weil die betreffende Maßnahme nicht im Untersuchungszeitraum gegolten habe.

Würdigung durch das Gericht

66 Artikel 2 Absatz 5 der Grundverordnung bestimmt: Im Falle von Einfuhren aus Ländern ohne Marktwirtschaft... wird der Normalwert auf angemessene und nicht unvertretbare Weise auf einer der folgenden Grundlagen bestimmt:... Aus dem Aufbau und dem Wortlaut dieser Bestimmung und insbesondere aus der Verwendung der Wendung nicht unvertretbare Weise ergibt sich, daß die Bestimmung des Normalwerts im Rahmen des weiten Ermessens erfolgt, über das die Gemeinschaftsorgane bei der Beurteilung komplexer wirtschaftlicher Sachverhalte verfügen.

67 Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofes darf der Gemeinschaftsrichter in den Gemeinschaftsbehörden vorbehaltene Beurteilungen nicht eingreifen, sondern hat seine Nachprüfung darauf zu beschränken, ob die Verfahrensvorschriften eingehalten worden sind, ob der Sachverhalt, der der umstrittenen Auswahl zugrunde gelegt wurde, zutreffend festgestellt worden ist und ob keine offensichtlich fehlerhafte Würdigung des Sachverhalts und kein Ermessensmißbrauch vorliegen (Urteil des Gerichtshofes vom 22. Oktober 1991 in der Rechtssache C-16/90, Nölle, Slg. 1991, I-5163, Randnrn. 12 f.). Folglich hat sich das Gericht bei der Nachprüfung dieses ersten Klagegrundes lediglich zu vergewissern, ob die Gemeinschaftsorgane alle relevanten Umstände berücksichtigt und den Akteninhalt so sorgfältig geprüft haben, daß angenommen werden kann, daß der Normalwert auf angemessene und nicht unvertretbare Weise bestimmt worden ist.

68 Zunächst ist festzustellen, daß die Gemeinschaftsorgane ° ohne Widerspruch seitens der Klägerin ° geltend gemacht haben, die Wahl Kanadas als Vergleichsland sei, gemessen an den Kriterien, die in der früheren, vom Gerichtshof bestätigten (Urteil Nölle, a. a. O., Randnrn. 14 bis 29) Praxis üblicherweise angewandt worden seien, nicht zu beanstanden. Es ist unstreitig, daß Kanada nach der Sowjetunion das zweitgrösste Herstellerland von Kaliumchlorid ist, daß die Produktionsmethoden und der Zugang zum streitigen Rohstoff durchaus vergleichbar sind und daß die dortigen Preise auf einem echten Wettbewerb beruhen.

69 Sodann ist darauf hinzuweisen, daß Potacan, wie dies in der 13. Begründungserwägung der Verordnung Nr. 1031/92 ausgeführt ist und aus den Antworten auf die schriftlichen Fragen des Gerichts hervorgeht, der einzige kanadische Hersteller ist, der sich schließlich bereit erklärte, den Fragebogen der Kommission zu beantworten und an der Untersuchung mitzuarbeiten. Insbesondere erklärte der in Saskatchewan ansässige grösste Hersteller Kanadas, PCS, trotz Drängens der Kommission, daß er eine Zusammenarbeit ablehne, und übermittelte nur einige öffentlich zugängliche Informationen, die zur Bestimmung des Normalwerts nicht ausreichten. Zudem bestreitet die Klägerin nicht, daß die Kommission alles getan hat, um andere Angaben über den kanadischen Markt als die von Potacan zu erhalten.

70 Daher ist davon auszugehen, daß Kanada ein geeignetes Vergleichsland darstellte und die Kommission keine andere Wahl hatte, als die von Potacan stammenden Angaben heranzuziehen.

71 Zur Verbindung zwischen Potacan und den Gemeinschaftsherstellern hat die Klägerin in der Klageschrift lediglich vorgebracht, diese Verbindung sei jedenfalls geeignet, der Zuverlässigkeit der von Potacan stammenden Angaben Abbruch zu tun, ohne insoweit auch nur den geringsten konkreten Beweis dafür zu erbringen, daß die Anpassungen, die die Kommission vornahm, um von den Verkaufspreisen zum Normalwert zu gelangen, nicht auf angemessene und nicht unvertretbare Weise erfolgt seien, oder auch nur zu erklären, wie sich die Verbindung auf die übermittelten Informationen ausgewirkt haben könnte.

72 Nach den von der Klägerin unbestrittenen Behauptungen der Gemeinschaftsorgane wurden die von Potacan gemachten Angaben von der Kommission vor Ort anhand von Rechnungen und Buchungsunterlagen von DPPC und Potacan überprüft, die entsprechend den kanadischen Rechtsvorschriften über die Buchführung zu einer Zeit erstellt worden waren, als Potacan und DPPC nicht ahnen konnten, daß das fragliche Antidumpingverfahren eingeleitet werden würde oder daß sie gar daran beteiligt sein würden. Ausserdem beziehen sich die gemachten Angaben auf einen Zeitraum ° den Untersuchungszeitraum °, in dem die Gemeinschaftshersteller keine Mehrheitsbeteiligung an dem Bergwerksunternehmen DPPC hatten. Ferner haben die Gemeinschaftsorgane, wie die Klägerin eingeräumt hat, den Normalwert auf der Grundlage der von Potacan auf dem kanadischen Markt unter Bedingungen des freien Wettbewerbs von Dritten verlangten Preise und nicht aufgrund eines Transferpreises zwischen Potacan und ihren Aktionären bestimmt, und Potacan, deren Absatz nur 8,15 % der Verkäufe auf dem kanadischen Markt ausmachte, konnte die Preise auf dem durch starken Wettbewerb geprägten Markt für diesen Rohstoff nicht beeinflussen.

73 Überdies hat die Klägerin während des gesamten Verwaltungsverfahrens keinerlei Einwand wegen der Verbindung erhoben, obwohl die Kommission sie schon in der Besprechung vom 5. November 1991 nicht nur über die Wahl Kanadas als Vergleichsland, sondern auch über die Heranziehung der Preise von Potacan zur Bestimmung des Normalwerts unterrichtet hatte (siehe Schriftstück Nr. 19 der von den Gemeinschaftsorganen in der Sitzung eingereichten Akte der Verwaltung). Die Klägerin reagierte auch nach dem Erlaß der Verordnung Nr. 1031/92 am 23. April 1992 nicht, in deren 13. Begründungserwägung ausdrücklich erwähnt wurde, daß Potacan der einzige kanadische Hersteller war, der sich schließlich zur Mitarbeit bereit fand, und daß weder der angehörte Einführer noch die Ausführer gegen die Wahl Kanadas Einwände erhoben.

74 Unter diesen Umständen haben die Gemeinschaftsorgane nicht dadurch einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen, daß sie den Normalwert auf der Grundlage der von der Kommission überprüften Angaben des einzigen an der Untersuchung mitarbeitenden Herstellers ermittelten, obwohl eine Verbindung zwischen diesem Hersteller und den Gemeinschaftsherstellern bestand.

75 Ausserdem enthalten die 13. bis 20. Begründungserwägung der Verordnung der Kommission sowie die 7. und die 8. Begründungserwägung der streitigen Verordnung, in denen die Gründe für die Wahl Kanadas als Vergleichsland und die Gründe, die die Kommission veranlassten, sich mangels Mitarbeit der anderen Hersteller auf die Angaben von Potacan zu stützen, genau dargelegt werden, nach Auffassung des Gerichts eine Begründung, die den Anforderungen des Artikels 190 des Vertrages genügt.

76 Somit ist die erste Rüge des ersten Klagegrundes unbegründet.

77 Zur Rüge der mangelnden Repräsentativität von Potacan stellt das Gericht zunächst fest, daß aus der 7. und der 8. Begründungserwägung der streitigen Verordnung ausdrücklich hervorgeht, daß die Gemeinschaftsorgane es wegen der besonderen Lage von Potacan gerade nicht für angebracht hielten, deren Produktionskosten zu berücksichtigen, sondern den Normalwert auf der Grundlage ihrer Verkaufspreise bestimmten. Folglich ist das Vorbringen zu den von Potacan aufgrund ihres Standorts oder ihrer besonderen wirtschaftlichen Situation zu tragenden aussergewöhnlichen Kosten unerheblich.

78 Obwohl die Klägerin seit der Besprechung vom 5. November 1991 mit der Kommission darüber informiert war, nach welchen Methoden der Normalwert berechnet wurde und daß Potacan das einzige kooperationswillige Unternehmen im ausgewählten Vergleichsland war, hat sie weder im Verwaltungsverfahren noch auch nur in ihren Schriftsätzen oder in der mündlichen Verhandlung vor dem Gericht irgendwelche Beweise dafür vorgebracht, daß die Verkaufspreise von Potacan nicht repräsentativ für den kanadischen Markt sind.

79 Ausserdem konnte Potacan, wie in Randnummer 72 ausgeführt, die Preise auf dem durch starken Wettbewerb geprägten kanadischen Markt nicht beeinflussen, und die Gemeinschaftsorgane haben in ihren Schriftsätzen bestätigt, sie hätten sich davon überzeugt, daß die Preise von Potacan den Preisen der mit ihr im Wettbewerb stehenden kanadischen Hersteller entsprochen hätten. In ihrer Antwort auf die schriftlichen Fragen des Gerichts haben die Gemeinschaftsorgane weiter ausgeführt, sie hätten die Preise von Potacan mit den Angaben über die Preise der mit ihr im Wettbewerb stehenden Hersteller verglichen, die in der Beschwerde gegen die Einfuhren aus der Sowjetunion und in der teilweisen Antwort von PCS enthalten gewesen seien. Da PCS nur öffentlich zugängliche Angaben gemacht hatte, musste die Klägerin zu diesen Angaben Zugang haben und war also in der Lage, die Bestimmung des Normalwerts, die die Kommission ihr mit Schreiben vom 10. August 1992 mitgeteilt hatte, anzufechten. Jedoch hat die Klägerin die von der Kommission zugrunde gelegten Preise, insbesondere unter dem Gesichtspunkt ihres Vergleichs mit den Preisen der wichtigsten Wettbewerber von Potacan auf dem kanadischen Markt, weder im Verwaltungsverfahren noch in ihren Schriftsätzen vor dem Gericht, noch auch nur in der mündlichen Verhandlung jemals in Frage gestellt.

80 Folglich ist auch die zweite Rüge des ersten Klagegrundes zurückzuweisen.

81 Mit der dritten Rüge des ersten Klagegrundes wirft die Klägerin der Kommission vor, den Normalwert von Kaliumchlorid der Standardqualität anhand einer Kombination der kanadischen Marktpreise und der Preise bei der Ausfuhr in die Vereinigten Staaten bestimmt zu haben.

82 Insoweit ist zunächst darauf hinzuweisen, daß Artikel 2 Absatz 5 der Grundverordnung als Leitlinie vorgibt, daß der Normalwert auf angemessene und nicht unvertretbare Weise zu bestimmen ist. Diese Vorschrift darf deshalb nicht dahin ausgelegt werden, daß es den Gemeinschaftsorganen verwehrt ist, zur Bestimmung des Normalwerts in einem besonderen Fall die in Artikel 2 Absatz 5 Buchstabe a Ziffern i und ii vorgesehenen Methoden zusammen anzuwenden, wenn durch diese Kombination tatsächlich ein zuverlässigeres und repräsentativeres Ergebnis erzielt werden kann.

83 Die Gemeinschaftsorgane haben insoweit ° ohne Widerspruch seitens der Klägerin ° geltend gemacht, daß die auf dem kanadischen Markt insgesamt und nicht nur von Potacan verkauften Mengen von Kaliumchlorid der Standardqualität zu gering gewesen seien, um eine repräsentative Grundlage zu bilden.

84 Sodann ist festzustellen, daß in der 15. Begründungserwägung der Verordnung der Kommission und in der 8. Begründungserwägung der streitigen Verordnung darauf hingewiesen wird, daß die Gemeinschaftsorgane es für vertretbar und angemessen gehalten hätten, den Normalwert anhand der kanadischen und amerikanischen Preise zu ermitteln, weil Kanada und die Vereinigten Staaten für Kaliumchlorid einen grossen wettbewerbsorientierten Markt bildeten, der angesichts fehlender Zollschranken und aufgrund der Tatsache, daß die Ware dort zu denselben Zwecken verwendet werde, die Merkmale eines einheitlichen Binnenmarktes aufweise.

85 Keiner der Einwände der Klägerin gegen die von den Gemeinschaftsorganen angewendete Methode ist begründet. Die Behauptung der Klägerin, es handele sich um zwei getrennte Märkte, wird in der Klageschrift durch keinen Beweis untermauert und kann daher nicht durchgreifen. Auch ist keines der beiden Argumente, die die Klägerin in ihrer Erwiderung zu diesem Punkt vorgetragen hat, zur Begründung ihrer Behauptung geeignet. Wenn sich die Klägerin nämlich auf das Wirtschaftsgutachten über den Markt für Kaliumchlorid (Anlage 14 zur Klageschrift) bezieht, weist sie damit auf Unterschiede hin, die nicht zwischen dem amerikanischen und dem kanadischen Markt, sondern zwischen den verschiedenen Regionen innerhalb jedes dieser beiden Länder bestehen. Die von den Vereinigten Staaten im Jahr 1987 gegen Kanada angewendete Antidumpingmaßnahme ist ebenfalls unerheblich, da sie während des Untersuchungszeitraums nicht mehr galt.

86 Zurückzuweisen ist auch der Einwand der Klägerin, der darauf gestützt ist, daß in der Bekanntmachung über die Einleitung des Antidumpingverfahrens nicht darauf hingewiesen worden sei, daß die Kommission beabsichtigt habe, eine Kombination der kanadischen Inlandspreise und der Ausfuhrpreise heranzuziehen. Keine Vorschrift der Grundverordnung, insbesondere nicht deren Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe a, verpflichtet die Kommission nämlich dazu, bei der Bekanntmachung der Verfahrenseinleitung die Methode der Bestimmung des Normalwerts auszuwählen und die Beteiligten darüber zu unterrichten. Erst im späteren Stadium der in Artikel 7 Absatz 4 Buchstabe b genannten Mitteilung der Tatsachen und Überlegungen, aufgrund deren die Kommission beabsichtigt, die Erhebung endgültiger Zölle anzuregen, hat die Kommission die Beteiligten über die gewählte Methode zu unterrichten. Im vorliegenden Fall ist die Kommission dieser Verpflichtung in ihrem Schreiben vom 10. August 1992 an die Klägerin nachgekommen.

87 Schließlich behauptet die Klägerin auch zu Unrecht, keiner der Beteiligten habe Gelegenheit gehabt, die Feststellung, es bestehe ein grosser wettbewerbsorientierter Markt, vor der Veröffentlichung der streitigen Verordnung zur Einführung der Antidumpingzölle in Zweifel zu ziehen. Diese Feststellung war nicht nur in dem erwähnten Schreiben der Kommission vom 10. August 1992 enthalten, sondern wurde auch in der vorläufigen Verordnung der Kommission vom 23. April 1992 erläutert.

88 Ausserdem wird durch zahlreiche Aktenstücke belegt, daß Kanada und die Vereinigten Staaten als ein grosser wettbewerbsorientierter Markt anzusehen sind. So schlug die European Fertilizer Import Association (EFIA) (Europäischer Verband der Einführer von Düngemitteln) mit Schreiben vom 31. Oktober 1991 an die Kommission vor, die Verkäufe von Kaliumchlorid in Kanada und in den Vereinigten Staaten als Inlandsverkäufe anzusehen. Ferner ergibt sich aus den Akten, daß in den kanadischen Statistiken sowohl die Verkäufe in Kanada als auch die Ausfuhren in die Vereinigten Staaten als Inlandsverkäufe erfasst werden.

89 Aus alledem ergibt sich, daß die von den Gemeinschaftsorganen zur Bestimmung des Normalwerts von Kaliumchlorid der Standardqualität verwendete Methode mit Artikel 2 Absatz 5 der Grundverordnung im Einklang steht. Das Vorbringen zur dritten Rüge des ersten Klagegrundes ist somit ebenfalls zurückzuweisen.

90 Schließlich ist festzustellen, daß die Gemeinschaftsorgane, entgegen dem Vorbringen der Klägerin, in der streitigen Verordnung und der Verordnung der Kommission die Bestimmung des Normalwerts ausreichend begründet haben. In der 13. bis 16. Begründungserwägung der Verordnung der Kommission sowie der 7. und der 8. Begründungserwägung der streitigen Verordnung wird für die bei der Bestimmung des Normalwerts berücksichtigten Hauptfaktoren eine klare Begründung gegeben; dies gilt insbesondere für die Wahl des Vergleichslandes, den Umstand, daß die Kommission letztlich nur von Potacan Angaben erhalten konnte, die Notwendigkeit, die Produktionskosten von Potacan wegen ihrer besonderen Lage nicht zu berücksichtigen, und dafür, daß bei Kaliumchlorid der Standardqualität auch die Preise bei der Ausfuhr in die Vereinigten Staaten berücksichtigt wurden. Da die Klägerin im Verwaltungsverfahren keinen besonderen Einwand erhoben hat, der gegebenenfalls eine ausführlichere Begründung hätte erforderlich machen können, sind diese Ausführungen als den Anforderungen des Artikel 190 des Vertrages genügend anzusehen, denen zufolge die Begründung einer Handlung die Überlegungen der sie erlassenden Stelle so klar und eindeutig wiedergeben muß, daß die Betroffenen zur Wahrnehmung ihrer Rechte die tragenden Gründe für die Maßnahme erkennen können und der Gemeinschaftsrichter seine Kontrolle ausüben kann (Urteil des Gerichtshofes vom 7. Mai 1987 in der Rechtssache 255/84, Nachi Fujikoshi/Rat, Slg. 1987, 1861, Randnr. 39).

91 Folglich ist der erste Klagegrund insgesamt zurückzuweisen.

Zweiter Klagegrund: rechtswidrige Bewertung der Schädigung wegen Missachtung der Rolle der Beschwerdeführer

Vorbringen der Parteien

92 Der zweite Klagegrund ist auf vier Rügen gestützt, mit denen die Klägerin beanstandet, daß bei der Beurteilung der Schädigung die Rolle der Beschwerdeführer als Einführer nicht berücksichtigt worden sei.

93 Erstens hätten die Gemeinschaftsorgane Artikel 4 Absatz 5 der Grundverordnung unangewendet gelassen, der folgendes bestimme: Stehen Erzeuger zu Ausführern oder Einführern in einer besonderen Beziehung oder sind sie selbst zugleich Einführer der Ware, die angeblich gedumpt oder subventioniert ist, so ist es zulässig, unter 'Wirtschaftszweig der Gemeinschaft' nur die übrigen Erzeuger zu verstehen. Angesichts der erheblichen Mengen der Ware, die von den Unternehmen Kali und SCPA eingeführt worden seien, wäre diese Bestimmung anzuwenden gewesen und wären diese Unternehmen vom Wirtschaftszweig der Gemeinschaft , der zum Nachweis der eingetretenen Schädigung herangezogen worden sei, auszunehmen gewesen. Zumindest hätten der Rat und die Kommission die Frage zum Nachweis dafür erwähnen müssen, daß sie diesen Aspekt berücksichtigt hätten. FORTSETZUNG DER GRÜNDE UNTER DOK.NUM : 694A0164.1

94 Zweitens hätten die Gemeinschaftsorgane bei der Bewertung der Schädigung zu berücksichtigen versäumt, in welchem Umfang die Beschwerdeführer durch ihre umfangreichen Einfuhren von Kaliumchlorid zu ihrer eigenen Schädigung beigetragen hätten ("Selbstschädigung"). Die Gemeinschaftsorgane hätten die Auswirkung der durch die Unternehmen Kali und SCPA ausgeuebten Kontrolle über die Einfuhren von Kaliumchlorid in die Gemeinschaft völlig ausser acht gelassen. Im Gegenteil werde in der 17. Begründungserwägung der streitigen Verordnung festgestellt, daß die Gemeinschaftshersteller nicht selbst zu der eingetretenen Schädigung beigetragen hätten. Die Klägerin verweist auf das Staatsmonopol für die Einfuhren von Kaliumchlorid aus Drittländern, das SCPA in Frankreich innehabe, und auf das Erfordernis einer Genehmigung, die von SCPA im Auftrag der Regierung für alle Einfuhren aus den fraglichen Ländern erteilt werde. Kraft dieses gesetzlichen Monopols habe SCPA mit Campotex in Kanada, der Arab Potash Company im Nahen Osten und der Klägerin für Kaliumchlorid mit Ursprung in den Mitgliedstaaten der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (nachstehend: GUS) Alleinvertriebsvereinbarungen geschlossen. Sogar die Einfuhren mit Ursprung in Deutschland und Spanien, die für den französischen Markt bestimmt seien, liefen, obwohl sie nach der Gemeinschaftsregelung frei seien, über SCPA. Ausserdem hätten die Unternehmen Kali und SCPA auf den westeuropäischen Schlüsselmärkten einzeln oder gemeinsam Einfuhrbüros gegründet. Diese Abstimmung zwischen SCPA und Kali erkläre das sehr geringe Handelsvolumen zwischen Frankreich und Deutschland, wo Frankreich doch zu einem bedeutenden Teil seines Verbrauchs von Einfuhren abhängig sei und Deutschland eine Überschussproduktion aufweise. Ferner habe es nach den Eurostat-Statistiken in den Jahren 1988, 1989 und 1990 in Spanien und Deutschland überhaupt keine und im Vereinigten Königreich fast keine Einfuhren von Kaliumchlorid mit Ursprung in der Sowjetunion gegeben. SCPA habe die eingeführten Mengen von Kaliumchlorid mit Ursprung in Rußland und Weißrußland im Lauf des auf die Einreichung der Antidumpingbeschwerde folgenden Jahres offensichtlich verdoppelt, indem sie über die Klägerin 250 636 Tonnen gekauft habe. Ausserdem hebt die Klägerin hervor, daß die Kommission am 27. Juli 1990, also kurz vor Einleitung des Antidumpingverfahrens, aber gleich nach Ablauf des von ihr willkürlich gewählten Untersuchungszeitraums, gemäß Artikel 115 EG-Vertrag der französischen Regierung die Ermächtigung zum Erlaß von Einfuhrbeschränkungen für Kaliumchlorid mit Ursprung in der Sowjetunion erteilt habe, so daß sogar die aus Drittländern stammenden und in den anderen Mitgliedstaaten zum freien Verkehr zugelassenen Einfuhren in Frankreich vom 27. Juli 1990 bis Ende 1990 einem tatsächlichen Verbot unterlegen hätten.

95 Drittens macht die Klägerin geltend, die Kommission und der Rat hätten bei der Bewertung der Schädigung die Auswirkungen der inoffiziellen Einfuhren gegen die Einfuhrmengen abwägen müssen, die über das weite Netz von Einfuhrverträgen eingeführt worden seien, das von den europäischen Herstellern aufgebaut worden sei, die grosse Mengen von Kaliumchlorid jeglichen Ursprungs eingeführt hätten. Das Dumping und die dadurch hervorgerufene Schädigung im Sinne der Antidumpingregelung könnten nur durch die inoffiziellen Einfuhren verursacht worden sein, und die Gemeinschaftsorgane hätten erklären müssen, inwieweit die Schädigung durch die unkontrollierten Einfuhren hervorgerufen worden sei, deren Anteil gegenüber den 780 000 Tonnen, die über das Netz der europäischen Hersteller aus der Sowjetunion eingeführt worden seien, vergleichsweise gering sei. Trotz der Weigerung der inoffiziellen Einführer, mit der Kommission zusammenzuarbeiten, hätte diese auf der Grundlage der Erfahrung und der Unterlagen der Klägerin und der Beschwerdeführer verhältnismässig genau zwischen den offiziellen und den inoffiziellen Einfuhren unterscheiden und die Schädigung dementsprechend bewerten können. Da nichts darauf hindeute, daß die Kommission und der Rat diese Berechnungen angestellt hätten, sei die Entscheidung über die Bewertung der eingetretenen Schädigung unzureichend begründet.

96 Viertens rügt die Klägerin, die Gemeinschaftsorgane hätten es unterlassen, die Wirtschaftsdaten, auf die sie ihre Feststellungen zur Schädigung gestützt hätten, zu aktualisieren. Über den Kaliumchloridverbrauch in der Gemeinschaft und über die Einfuhren von sowjetischem Kaliumchlorid lägen für das Jahr 1990 nur extrapolierte und für das Jahr 1991 überhaupt keine Zahlen vor. Die Gemeinschaftsorgane verfügten zwar bei der Festlegung des für die Bewertung der Schädigung berücksichtigten Zeitraums über ein gewisses Ermessen, doch hätten sie dieses im vorliegenden Fall überschritten, indem sie die im Lauf der Untersuchung eingetretene Schädigung nicht bewertet hätten.

97 Der Rat weist zunächst darauf hin, daß das Phänomen des Perestroika-Kaliumchlorids entgegen dem Vorbringen der Klägerin nicht auf den Untersuchungszeitraum beschränkt gewesen sei und immer noch fortbestehe, oft mit einer falschen Ursprungserklärung. Ferner habe SCPA keine Monopolstellung inne, und sie kontrolliere nicht alle Einfuhren von Kaliumchlorid mit Ursprung in Drittländern, da Kaliumchlorid, das sich in der Gemeinschaft im freien Verkehr befinde, sehr leicht nach Frankreich eingeführt werden könne.

98 Auf die erste Rüge der Klägerin entgegnet der Rat, aus dem Wortlaut des Artikels 4 Absatz 5 der Grundverordnung und insbesondere aus dem Gebrauch der Wendung ist es zulässig , ergebe sich, daß die Gemeinschaftsorgane bei der Entscheidung über den Ausschluß einzelner, selbst als Einführer der gedumpten Ware tätiger Erzeuger, vom Wirtschaftszweig der Gemeinschaft über ein weites Ermessen verfügten. Angesichts des geringen Umfangs der Einfuhren der Unternehmen Kali und SCPA habe kein Grund bestanden, sie vom Wirtschaftszweig der Gemeinschaft auszuschließen. Da die Gemeinschaftsorgane nicht jede noch so unbedeutende Überlegung im einzelnen begründen müssten, dürfe aus dem Umstand, daß die Verordnungen der Kommission und des Rates keine Gründe für die Nichtvornahme dieses Ausschlusses enthielten, nicht gefolgert werden, daß sie die Rolle der Unternehmen Kali und SCPA als Einführer nicht erkannt hätten.

99 Die Kommission fügt hinzu, daß der Ausschluß der beiden Beschwerdeführer zwar zu einer Einschränkung des Wirtschaftszweigs der Gemeinschaft geführt hätte, an der eingetretenen Schädigung aber nichts geändert hätte. Folglich werde das Vorbringen der Klägerin durch die Nichtanwendung des genannten Artikels 4 Absatz 5 nicht gestützt, da dessen Anwendung das Ergebnis in keiner Weise beeinflusst hätte.

100 Zweitens macht der Rat geltend, die Einfuhren von sowjetischem Kaliumchlorid durch die Unternehmen Kali und SCPA hätten nicht zu der eingetretenen Schädigung des Wirtschaftszweigs der Gemeinschaft beitragen können ( Selbstschädigung ), weil diese Unternehmen im Untersuchungszeitraum ° ausschließlich auf der Grundlage langfristiger Verträge ° nur 15 % der gesamten Einfuhren aus der Sowjetunion, was nur 2,3 % der gesamten Verkäufe des Wirtschaftszweigs der Gemeinschaft entsprochen habe, importiert und die Ware zu normalen Marktpreisen weiterverkauft hätten. Die Einfuhren der beiden europäischen Hersteller seien berücksichtigt worden, und die 17. Begründungserwägung der streitigen Verordnung, wonach die Kommission... im Verlauf der Untersuchung nichts feststellen [konnte], was darauf hindeutet oder darauf hindeuten könnte, daß das Geschäftsgebaren der Gemeinschaftshersteller zu der bedeutenden Schädigung beigetragen hatte , betreffe die Einfuhren von Kaliumchlorid aus der früheren Sowjetunion.

101 Die APEP fügt hinzu, die Schutzmaßnahmen, die gemäß Artikel 115 des Vertrages durchgeführt worden seien, seien erforderlich gewesen, um den französischen Markt während des Zeitraums zwischen der Einleitung des Antidumpingverfahrens und der Einführung der Zölle vor dem Zufluß grosser Mengen von für den französischen Markt bestimmtem Kaliumchlorid zu schützen, das zu extrem niedrigen Preisen aus der GUS über die Häfen anderer Mitgliedstaaten eingeführt worden sei.

102 Drittens trägt der Rat vor, das Verhältnis zwischen den offiziellen Einfuhren und dem Perestroika-Kaliumchlorid sei unerheblich und die Gemeinschaftsorgane hätten sämtliche Einfuhren mit Ursprung in der früheren Sowjetunion berücksichtigt, die zwischen 1986 und dem Untersuchungszeitraum um 109 % zugenommen hätten und deren Marktanteil von 5,1 auf 10,8 % angestiegen sei.

103 Die Kommission schließt sich der Stellungnahme des Rates an und weist darauf hin, daß nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes insbesondere in der Rechtssache Nachi Fujikoshi/Rat (a. a. O., Randnr. 46) die Schädigung, die ein bestehender Wirtschaftszweig der Gemeinschaft durch Einfuhren zu Dumpingpreisen erleidet, umfassend zu beurteilen [ist], ohne daß es erforderlich oder auch nur möglich wäre, den individuellen Anteil jedes der verantwortlichen Unternehmen an dieser Schädigung zu bestimmen.

104 Die APEP vertritt die Ansicht, nach den politischen und wirtschaftlichen Veränderungen, die in der Sowjetunion seit 1990 und nach dem Übergang von einem System staatlicher Handelsunternehmen zu einem System freier Unternehmen eingetreten seien, seien alle Ausfuhren praktisch unkontrolliert gewesen.

105 Viertens erinnert der Rat daran, daß die Untersuchung den Zeitraum vom 1. Januar bis zum 30. Juni 1990 umfasst habe und daß alle Feststellungen zum Dumping, zur Schädigung und zum ursächlichen Zusammenhang allein auf während dieses Zeitraums eingetretene Ereignisse gestützt seien. Die Gemeinschaftsorgane berücksichtigten niemals Ereignisse, die nach dem Untersuchungszeitraum einträten, weil dies sie zu einer ständigen Überprüfung ihrer Feststellungen zwingen würde. Bezueglich der Schädigung berücksichtigten sie jedoch gewöhnlich Informationen über vor dem Untersuchungszeitraum liegende Ereignisse, um die Entwicklung der Marktanteile und der Preise aufzuzeigen. Soweit die Klägerin der Auffassung sei, die Feststellungen der Gemeinschaftsorgane beruhten auf überholten Informationen, habe sie die Möglichkeit, eine Überprüfung nach Artikel 14 der Grundverordnung zu beantragen.

106 Die Kommission führt aus, daß die Schädigung durch das Dumping, das erwiesen sei, verursacht und auf den Zeitraum bezogen sein müsse, in dem das Dumping stattgefunden habe. Aus Gründen der Objektivität, der Rechtssicherheit und der Zuegigkeit der Untersuchung müsse dieser Zeitraum klar und genau festgelegt sein.

107 In ihrer Erwiderung weist die Klägerin darauf hin, daß die Tochtergesellschaften der Unternehmen SCPA und Kali in Belgien, den Niederlanden und dem Vereinigten Königreich Kaliumchlorid aus der früheren Sowjetunion einführten, und zwar u. a. über die Klägerin. Diese Einfuhren seien in den fraglichen Verordnungen nicht einmal erwähnt, geschweige denn im Hinblick auf Artikel 4 Absatz 5 der Grundverordnung überprüft worden. Angesichts der tragenden Rolle von SCPA bei der Einreichung der Beschwerde komme der Tatsache, daß in Frankreich die von der Klägerin herrührenden Einfuhren nur über SCPA abgewickelt worden seien, entscheidende Bedeutung zu. Hier gehe es nicht um das Geschäftsgebaren der Gemeinschaftshersteller , sondern um die Tatsache, daß die Antidumpingregelung der Gemeinschaft vorsehe, daß, soweit ein beschwerdeführendes Unternehmen auch Einführer (mit offensichtlicher Verantwortung auf dem Gebiet der Aushandlung der Preise) der angeblich gedumpten Ware sei, dieser Faktor im Rahmen der Feststellungen zur Schädigung sorgfältig zu untersuchen und zu erläutern sei. Ein Unternehmen, das sich nach Geschäften mit einem beschwerdeführenden Unternehmen Antidumpingzöllen ausgesetzt sehe, habe gemäß Artikel 190 des Vertrages Anspruch darauf zu erfahren, weshalb die Kommission diese Geschäfte mit einer Sanktion belege.

108 Da nach der Behauptung des Rates die Einfuhren der Unternehmen Kali und SCPA nicht zur Schädigung des Wirtschaftszweigs der Gemeinschaft beigetragen hätten und sie, die Klägerin, ihre Geschäfte in der Gemeinschaft im wesentlichen mit den Beschwerdeführerinnen oder über sie abgewickelt habe, hätten ihre Verkäufe keine schädlichen Auswirkungen haben können. Die Gemeinschaftsorgane hätten deshalb die Maßnahmen zur Einführung der Zölle so anpassen müssen, daß ihre Geschäfte nicht unter diese Maßnahmen gefallen wären.

109 Der Rat entgegnet in seiner Gegenerwiderung, die Untersuchung sei nicht gegen die Klägerin, sondern gegen die Einfuhren von Kaliumchlorid aus der früheren Sowjetunion gerichtet gewesen und die Gemeinschaftsorgane könnten zwar in bestimmten Fällen bestimmte Ausführer gesondert behandeln, es könne aber nicht jeder Einführer gesondert behandelt werden.

Würdigung durch das Gericht

110 Die Klägerin macht mit ihren ersten beiden Rügen im wesentlichen geltend, die von den Gemeinschaftsherstellern, hauptsächlich den Unternehmen Kali und SCPA, eingeführten Mengen an Kaliumchlorid hätten die Gemeinschaftsorgane zu der Auffassung veranlassen müssen, daß es angebracht sei, sie von dem Wirtschaftszweig der Gemeinschaft im Sinne des Artikels 4 Absatz 5 der Grundverordnung auszuschließen, und daß die Gemeinschaftshersteller selbst zu der eingetretenen Schädigung beigetragen hätten. Ferner meint sie, die Gemeinschaftsorgane hätten das Phänomen der Einfuhren zumindest erwähnen müssen, um nachzuweisen, daß sie diesen Umstand berücksichtigt hätten; ausserdem hätten sie ihre Entscheidung dazu begründen müssen.

111 Aus dem genannten Artikel 4 Absatz 5 ergibt sich, daß es Sache der Gemeinschaftsorgane ist, bei der Ausübung ihres Ermessens zu prüfen, ob sie Hersteller, die selbst Einführer der gedumpten Ware sind, von dem Wirtschaftszweig der Gemeinschaft ausschließen sollen. Dieses Ermessen ist von Fall zu Fall nach Maßgabe aller relevanten Tatsachen auszuüben (Urteil des Gerichtshofes vom 14. März 1990 in der Rechtssache C-156/87, Gestetner/Rat und Kommission, Slg. 1990, I-781, Randnr. 43).

112 Nach Auffassung der Gemeinschaftsorgane waren die Unternehmen SCPA und Kali vom Wirtschaftszweig der Gemeinschaft nicht auszuschließen, weil ihre Einfuhren im Untersuchungszeitraum nur 15 % der gesamten Einfuhren von Kaliumchlorid aus der früheren Sowjetunion und die Verkäufe der eingeführten Waren nur 2,3 % der gesamten Verkäufe des Wirtschaftszweigs der Gemeinschaft ausmachten.

113 Ausserdem hat sich die Klägerin, die sich in ihren Schriftsätzen vor dem Gericht darauf beschränkt hat, die von den fraglichen Herstellern eingeführten Mengen als erheblich zu bezeichnen, ohne insoweit irgendwelche Zahlen anzugeben, in der mündlichen Verhandlung mit den von den Gemeinschaftsorganen vorgetragenen Zahlen einverstanden erklärt.

114 Unter diesen Umständen hat der Rat mit seiner Entscheidung, die Einfuhren der Gemeinschaftshersteller nicht vom Wirtschaftszweig der Gemeinschaft auszuschließen, weil sie nur einen geringen Prozentsatz darstellten, das den Gemeinschaftsorganen durch Artikel 4 Absatz 5 der Grundverordnung eingeräumte Ermessen nicht überschritten.

115 Ausserdem haben die Gemeinschaftsorgane ohne Widerspruch seitens der Klägerin ausgeführt, daß die genannten Hersteller Einfuhren nur auf der Grundlage langfristiger Verträge vorgenommen und die Ware zu normalen Marktpreisen weiterverkauft hätten.

116 Daraus ergibt sich, daß die Gemeinschaftsorgane das ihnen zuerkannte Ermessen nicht überschritten haben, indem sie die Auffassung vertraten, daß die genannten Gemeinschaftshersteller durch ihre Einfuhren nicht zu der eingetretenen Schädigung des Wirtschaftszweigs der Gemeinschaft beigetragen hätten.

117 Zum Einwand der angeblich unterlassenen Überprüfung oder Begründung ist zunächst festzustellen, daß aus dem Umstand, daß in der streitigen Verordnung nicht angegeben ist, weshalb die Gemeinschaftsorgane die genannten Hersteller nicht vom Wirtschaftszweig der Gemeinschaft ausgeschlossen haben, entgegen dem Vorbringen der Klägerin nicht gefolgert werden kann, daß sie die Rolle dieser Hersteller als Einführer nicht berücksichtigt haben.

118 Auch ist es nach ständiger Rechtsprechung nicht erforderlich, daß in der Begründung alle relevanten tatsächlichen oder rechtlichen Gesichtspunkte genannt werden, da die Anforderungen an die Begründung insbesondere nach dem Zusammenhang der Handlung und sämtlichen Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet zu beurteilen sind (Urteil des Gerichtshofes vom 26. Juni 1986 in der Rechtssache 203/85, Nicolet, Slg. 1986, 2049, Randnr. 10). Aus den oben dargelegten Gründen war aber ein Ausschluß der beiden genannten Unternehmen vom Wirtschaftszweig der Gemeinschaft eindeutig nicht angebracht; überdies stellte die Klägerin ° abgesehen von den in ihrem Schreiben vom 21. September 1992 enthaltenen Bemerkungen, die aber, wie noch darzulegen sein wird (unten, Randnrn. 160 bis 163), wegen ihrer Verspätung nicht beachtet werden können ° während des ganzen Verwaltungsverfahrens keinen dahin gehenden Antrag, obwohl sie die Lage genau kannte, da sie die fragliche Ware selbst an die genannten Hersteller verkauft hatte. Folglich kann die Klägerin den Gemeinschaftsorganen nicht vorwerfen, dadurch gegen Artikel 190 des Vertrages verstossen zu haben, daß sie ihre Auffassung zu diesem Punkt in der Verordnung nicht im einzelnen dargelegt haben.

119 Ferner ist ° aus denselben Gründen ° festzustellen, daß die Gemeinschaftsorgane nicht verpflichtet waren, in der Verordnung im einzelnen darzulegen, warum die Einfuhren der Gemeinschaftshersteller, die nur 15 % der Einfuhren aus der früheren Sowjetunion ausmachten und zu normalen Marktpreisen weiterverkauft wurden, nicht zur Schädigung des Wirtschaftszweigs der Gemeinschaft hatten beitragen können. Überdies enthält die streitige Verordnung in der 17. Begründungserwägung eine zwar knappe, aber angesichts der Umstände der vorliegenden Rechtssache doch ausreichende Begründung, da es dort heisst: Die Kommission konnte... im Verlauf der Untersuchung nichts feststellen, was darauf hindeutet oder darauf hindeuten könnte, daß das Geschäftsgebaren der Gemeinschaftshersteller zu der bedeutenden Schädigung beigetragen hatte ; mit Geschäftsgebaren der Gemeinschaftshersteller war dabei, wie die Gemeinschaftsorgane ausgeführt haben, insbesondere die Einfuhr von Kaliumchlorid aus der früheren Sowjetunion gemeint. Folglich weist die Verordnung bezueglich der Frage der angeblichen Selbstschädigung keinen Begründungsmangel im Sinne des Artikel 190 des Vertrages auf.

120 Zur dritten Rüge, mit der die mangelnde Unterscheidung zwischen den "offiziellen" und den "inoffiziellen" oder "Perestroika-Einfuhren" beanstandet wird, genügt der Hinweis, daß das Antidumpingverfahren alle Einfuhren von Kaliumchlorid aus der früheren Sowjetunion betraf, die zwischen 1986 und dem Untersuchungszeitraum um 109 % zunahmen und deren Marktanteil von 5,1 auf 10,8 % anstieg. Es ist zwar allgemeine Praxis, zwischen den verschiedenen Herstellern eines Landes zu unterscheiden und für jeden einzelnen von ihnen zu ermitteln, ob seine Waren gedumpt sind oder nicht; doch es ist unmöglich, zwischen den Waren ein und desselben Herstellers danach zu unterscheiden, auf welchen Vertriebswegen sie in die Gemeinschaft eingeführt werden. Jedenfalls wurde in der vorliegenden Rechtssache das Vorliegen von Dumping gerade auf der Grundlage der Wiederverkaufspreise der Klägerin festgestellt, die offizieller Einführer der betreffenden Ware war. Sie kann daher nicht geltend machen, die offiziellen Einfuhren hätten nicht zu der Schädigung des Wirtschaftszweigs der Gemeinschaft beigetragen.

121 Zur vierten Rüge, mit der die unterbliebene Aktualisierung der Daten beanstandet wird, auf die die Feststellungen zur Schädigung gestützt wurden, genügt es, festzustellen, daß die Klägerin keinerlei konkreten Nachweis dafür erbracht hat, daß die Lage sich etwa so sehr verändert hatte, daß die Feststellungen der Untersuchung unangemessen geworden wären.

122 Nach alledem ist der zweite Klagegrund insgesamt nicht stichhaltig.

Dritter Klagegrund: Nichtberücksichtigung der Einfuhren aus anderen Ländern

Vorbringen der Parteien

123 Die Klägerin macht geltend, die Kommission habe gegen Artikel 4 der Grundverordnung verstossen, indem sie ihre Untersuchung hinsichtlich der Schädigung auf die Einfuhren mit Ursprung in der Sowjetunion beschränkt habe. Im Untersuchungszeitraum seien erhebliche Mengen von Kaliumchlorid aus anderen Ländern wie Israel, Jordanien, Kanada und der Deutschen Demokratischen Republik (nachstehend: DDR) eingeführt worden. Es sei verwunderlich, daß die Kommission die möglichen Auswirkungen dieser Einfuhren einseitig und ohne Begründung ausgeklammert habe, obwohl es in der 35. Begründungserwägung der Verordnung Nr. 1031/92 heisse, daß Einfuhren aus anderen Ländern die Lage des Industriezweigs der Gemeinschaft beeinträchtigt haben. Noch erstaunlicher sei, daß der Rat in der 17. Begründungserwägung der streitigen Verordnung erkläre, diese Einfuhren aus anderen Ländern seien nicht berücksichtigt worden, weil es sich um relativ geringe Mengen gehandelt habe. Die Einfuhren von Kaliumchlorid mit Ursprung in Israel, Jordanien, Kanada und der DDR überstiegen jedoch zusammengerechnet bei weitem die aus der früheren Sowjetunion stammenden Einfuhren, wie aus der Tabelle in Anlage 13 zur Klageschrift hervorgehe.

124 Ausserdem hätten die Gemeinschaftsorgane nach Auffassung der Klägerin unter diesen Umständen ihre Feststellungen zu diesem Punkt entsprechend der früheren Praxis (Verordnung [EWG] Nr. 2907/83 des Rates vom 17. Oktober 1983 zur Einstellung des Antidumpingverfahrens betreffend Einfuhren von Rohnickel, nicht legiert, in Form von elektrolytisch hergestellten Kathoden, auch quadratisch zugeschnitten, mit Ursprung in der Sowjetunion, ABl. 1983, L 286, S. 29) näher begründen müssen.

125 Der Rat entgegnet, daß die Frage, ob Einfuhren aus anderen Ländern zur Schädigung hätten beitragen können, die Beurteilung komplexer wirtschaftlicher Fragen voraussetze, bezueglich deren die Gemeinschaftsorgane über ein weites Ermessen verfügten. Ausserdem sei in der Verordnung erwähnt, daß die etwaigen Auswirkungen dieser Einfuhren ausgeklammert worden seien.

126 Der Rat macht zunächst geltend, er habe sehr wohl das Volumen und die Preise der Einfuhren aus anderen Ländern herangezogen, und er weist darauf hin, daß das Volumen dieser Einfuhren zwar das der Einfuhren aus der früheren Sowjetunion überstiegen habe, daß aber das Volumen der Einfuhren aus jedem einzelnen dieser Länder in derselben Zeit, in der die Einfuhren aus der früheren Sowjetunion erheblich zugenommen hätten, zurückgegangen sei.

127 Sodann macht der Rat geltend, der Hauptgrund, warum er die etwaigen Auswirkungen der Einfuhren aus anderen Ländern ausgeklammert habe, sei der, daß es anders als in der von der Klägerin erwähnten Nickel-Sache keinen Beweis für eine Preisunterbietung durch diese Einfuhren gegeben habe; sie seien zu normalen Marktpreisen verkauft worden.

128 Die APEP macht geltend, die Gemeinschaftsorgane seien durch keine gesetzliche Vorschrift verpflichtet, Antidumpingverfahren gegen andere als in der Beschwerde genannte Länder einzuleiten. Da die Einfuhren von Kaliumchlorid mit Ursprung in der Sowjetunion die einzigen gewesen seien, die stark zugenommen hätten und zu sehr niedrigen Preisen erfolgt seien, könne von einer Diskriminierung keine Rede sein.

129 Die Klägerin macht in ihrer Erwiderung geltend, die Fachpresse für den Handel mit Düngemitteln habe zu der Zeit, als die Kommission in der vorliegenden Sache Maßnahmen getroffen habe, Berichte über eine Antidumpingbeschwerde der Beschwerdeführer gegen Kanada veröffentlicht. Folglich seien die Gemeinschaftsorgane im Besitz von Informationen gewesen, aus denen sich ergeben habe, daß die Einfuhren von Kaliumchlorid aus einem anderen Land gedumpt gewesen seien und eine Schädigung der Beschwerdeführer verursacht hätten. Dies sei in der streitigen Verordnung jedoch nicht erwähnt.

130 Der Rat entgegnet in seiner Gegenerwiderung, die genannte Beschwerde sei schließlich zurückgenommen worden, so daß man annehmen könne, daß sie keine Beweise enthalten habe, die den Anschein eines Vorliegens von Dumping oder einer Schädigung begründet hätten.

Würdigung durch das Gericht

131 Zunächst ist darauf hinzuweisen, daß die Frage, ob andere Einfuhren als diejenigen, die Gegenstand des vorliegenden Antidumpingverfahrens sind, zu der Schädigung des Wirtschaftszweigs der Gemeinschaft beigetragen haben, die Beurteilung komplexer wirtschaftlicher Fragen voraussetzt, bezueglich deren die Gemeinschaftsorgane über ein weites Ermessen verfügen.

132 Sodann geht aus der 35. und der 17. Begründungserwägung der Verordnungen der Kommission und des Rates hervor, daß die Gemeinschaftsorgane, nachdem der ursächliche Zusammenhang zwischen der Zunahme der Einfuhren aus der früheren Sowjetunion und dem Anstieg der Verluste des Wirtschaftszweigs der Gemeinschaft nachgewiesen war, dargelegten, daß die Kommission die etwaigen Auswirkungen der Einfuhren aus anderen Ländern ausgeklammert habe, weil nur relativ geringe Mengen eingeführt worden seien und bei diesen keine Preisunterbietungen festgestellt worden sei.

133 Bezueglich des Volumens der Einfuhren aus anderen Ländern ergibt sich aus der von der Klägerin vorgelegten Tabelle (S. 31 der Klageschrift), daß die Einfuhren aus jedem der vier genannten Länder im betreffenden Zeitraum erheblich zurückgingen, während sich die aus der früheren Sowjetunion nahezu verdoppelten. Ausserdem lag das Volumen der Einfuhren aus der früheren Sowjetunion im Untersuchungszeitraum offensichtlich weit über dem jeweiligen Einfuhrvolumen der anderen vier Länder.

134 Zu den Einfuhrpreisen ist festzustellen, daß die Klägerin keinerlei Beweis dafür vorgelegt hat, daß bei den Einfuhren aus anderen Ländern ebenfalls die Preise unterboten wurden. Überdies kann die Antidumpingbeschwerde gegen die kanadischen Einfuhren, die die Gemeinschaftsorgane mit ihrer Antwort auf die schriftlichen Fragen des Gerichts vorgelegt haben, nicht berücksichtigt werden, weil sie zurückgenommen wurde, weil die darin enthaltenen Angaben nicht überprüft wurden und vor allem weil der Preisrückgang bei den Einfuhren aus Kanada, auf dem sie beruhte, erst vom August 1991 an, also über ein Jahr nach dem Untersuchungszeitraum, einsetzte.

135 Unter diesen Umständen ist das Gericht der Auffassung, daß die Gemeinschaftsorgane das ihnen eingeräumte Ermessen nicht überschritten haben, indem sie zu der Ansicht gelangten, die Einfuhren aus anderen Ländern als der früheren Sowjetunion hätten nicht zur Schädigung des Wirtschaftszweigs der Gemeinschaft beigetragen.

136 Folglich ist der dritte Klagegrund nicht stichhaltig.

Vierter Klagegrund: Einführung des Zolls in Form eines Mindestpreises

Vorbringen der Parteien

137 Die Klägerin macht geltend, die Einführung eines Zolls in Form eines Mindestpreises verstosse gegen den Geist des Artikels 13 Absatz 3 der Grundverordnung und stehe mit der Behauptung der Gemeinschaftsorgane in der 46. Begründungserwägung der Verordnung der Kommission in Widerspruch, es sei nicht davon auszugehen, daß die Einführung von Antidumpingmaßnahmen die Waren aus den betroffenen Ländern vom Gemeinschaftsmarkt verdrängen werde. Seit der Einführung des vorläufigen Zolls im April 1992 sei ihr Absatz auf allen Gemeinschaftsmärkten um ungefähr 60 % zurückgegangen (Tabelle in Anlage 11 zur Klageschrift). Sie habe in ihrer Stellungnahme vom 21. September 1992 klar die widersinnigen Auswirkungen aufgezeigt, die ein Zoll in Form eines Mindestpreises auf einem unbeständigen Markt wie dem für Kaliumchlorid habe. Auch sei die Kommission kurz nach Einführung des Mindestpreises gezwungen gewesen, wegen der Preisschwankungen eine Anpassung vorzunehmen.

138 Der Rat verweist zunächst auf das Urteil Neotype/Kommission und Rat (a. a. O.), in dem der Gerichtshof entschieden habe, daß es rechtmässig sei, den Zoll in Form eines Mindestpreises einzuführen. Sowohl die 39. Begründungserwägung der Verordnung der Kommission als auch die 19. Begründungserwägung der Verordnung des Rates gäben eine ausreichende Begründung ihrer Entscheidung für eine solche Zollart. Überdies seien Zölle dieser Art im allgemeinen für die Ausführer günstiger, weil sie es ihnen ermöglichten, überhaupt keinen Zoll zu zahlen, sofern sie ihre Preise entsprechend erhöhten.

139 Sodann wende sich die Klägerin in Wirklichkeit nicht gegen die Form des Zolls, sondern nur gegen seine Höhe. Wenn sich der Zoll infolge geänderter Umstände als zu hoch erweise, habe die Klägerin jederzeit die Möglichkeit, eine Überprüfung gemäß Artikel 14 der Grundverordnung zu beantragen.

140 Schließlich meint der Rat, der Grund für die beiden Anpassungen des Mindestpreises, die die Gemeinschaftsorgane vor der endgültigen Festsetzung vorgenommen hätten, liege nicht in einer Entwicklung des Kaliumchloridpreises begründet, sie seien vielmehr erfolgt, um den Stellungnahmen der Ausführer hinsichtlich der Reagibilität der Verbraucher Rechnung zu tragen und den falschen Wechselkurs zu berichtigen, der zuvor verwendet worden sei.

Würdigung durch das Gericht

141 Schon aus dem Wortlaut des Artikels 13 Absatz 2 der Grundverordnung ergibt sich, daß die Organe innerhalb der Grenzen ihres Ermessens frei zwischen den verschiedenen Arten von Zöllen wählen können; auch ist die Rechtmässigkeit eines in Form eines Mindestpreises eingeführten Antidumpingzolls in der Rechtsprechung anerkannt (Urteil Neotype/Kommission und Rat, a. a. O., Randnr. 58).

142 Wie in der 19. Begründungserwägung der streitigen Verordnung hervorgehoben wird, waren die Gemeinschaftsorgane in Anbetracht des Handlungsspielraums der Ausführer in den ° noch nicht marktwirtschaftlich organisierten ° Republiken der früheren Sowjetunion sowie der negativen Auswirkungen einer ° selbst nur leichten ° Preisunterbietung der Ansicht, die schädlichen Auswirkungen des Dumpings könnten mit einem festen Zoll oder einem Wertzoll nicht beseitigt werden.

143 Der Rat hat mit diesem Vorgehen die Grenzen seines Ermessens nicht überschritten, insbesondere weil ein variabler Zoll im allgemeinen für die betroffenen Wirtschaftsteilnehmer günstiger ist, da er es ihnen ermöglicht, die Erhebung von Antidumpingzöllen zu vermeiden.

144 Wie vom Rat vorgetragen, wendet sich die Klägerin in Wirklichkeit nicht gegen die Form des Zolls als solche, sondern vielmehr gegen seine Höhe, die sie daran hindere, weiter auf dem Gemeinschaftsmarkt zu verkaufen. Insoweit ist festzustellen, daß die Klägerin weder nachgewiesen hat, daß der Zoll über der Dumpingspanne lag, noch daß er bei seiner Einführung höher als zur Beseitigung der Schädigung erforderlich war. Selbst wenn die Kaliumchloridverkäufe der Klägerin in der Gemeinschaft tatsächlich zurückgegangen sind, folgt daraus nicht etwa, daß der Zollsatz überzogen ist und den Ausführern den Zugang zum Gemeinschaftsmarkt abschneidet. Überdies ergibt sich aus den Eurostat-Statistiken im Gegenteil, daß die Kaliumchlorideinfuhren aus der früheren Sowjetunion insgesamt während der zwei Jahre nach dem Erlaß der streitigen Verordnung mehr oder weniger gleich geblieben sind.

145 Jedenfalls gibt Artikel 14 der Grundverordnung den betroffenen Wirtschaftsteilnehmern die Möglichkeit, bei der Kommission eine Überprüfung der Verordnungen zur Einführung der Zölle zu beantragen, und stellt damit der Klägerin geeignete Rechtsbehelfe zur Verfügung, um gegen Zölle, die etwa ungerechtfertigt geworden sind, vorzugehen.

146 Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich, daß der vierte Klagegrund zurückzuweisen ist.

Fünfter Klagegrund: Verwendung überholter Angaben

Vorbringen der Parteien

147 Die Klägerin macht geltend, die Kommission und der Rat hätten sich ausschließlich auf Informationen gestützt, die aufgrund der Entwicklung der Wechselkurse und anderer Marktfaktoren überholt gewesen seien; dadurch hätten sie einen schwerwiegenden Verfahrensfehler begangen und gegen den Grundsatz der ordnungsgemässen Verwaltung verstossen. Insbesondere sei der Mindestpreis auf der Grundlage eines Normalwerts ermittelt worden, der für einen 28 Monate vor der Einführung der Schutzmaßnahmen endenden Zeitraum berechnet worden sei. Dies habe zur Einführung eines so hohen Zolls geführt, daß sie angesichts des sehr preisreagiblen Kaliumchloridmarktes keinen normalen Handel mehr habe treiben können.

148 Der Rat weist darauf hin, daß die Gemeinschaftsorgane ihre Feststellungen hinsichtlich des Vorliegens von Dumping und einer Schädigung nur auf Informationen über Ereignisse gestützt hätten, die im Untersuchungszeitraum eingetreten seien, und daß sie ihre Feststellungen nicht ständig aktualisieren könnten. Überdies ergebe sich aus den von der Kommission eingeholten Informationen, daß der Mindestpreis dem Marktpreis entspreche, und es sei nicht erwiesen, daß der behauptete Rückgang des Absatzes der Klägerin nicht durch andere Faktoren verursacht gewesen sei.

149 Aus der Prüfung des vierten Klagegrundes und den Erwägungen in Randnummer 121 ergibt sich, daß der fünfte Klagegrund ebenfalls zurückzuweisen ist.

Sechster Klagegrund: fehlende Unterrichtung der russischen, ukrainischen und weißrussischen Behörden

Vorbringen der Parteien

150 Die Klägerin macht geltend, die Kommission habe gegen Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b und Absatz 4 Buchstabe a der Grundverordnung verstossen, indem sie die Vertreter Rußlands, Weißrußlands, und der Ukraine nicht über das Verfahren unterrichtet habe. Dadurch sei es diesen unmöglich gemacht worden, alle der Kommission von einer an der Untersuchung beteiligten Partei zur Verfügung gestellten Unterlagen einzusehen und ihre Interessen zu vertreten (Urteil des Gerichtshofes vom 27. Juni 1991 in der Rechtssache C-49/88, Al-Jubail Fertilizer/Rat, Slg. 1991, I-3187). Die am 31. Oktober 1990 eingeleitete Untersuchung habe die Einfuhren von Kaliumchlorid mit Ursprung in der Sowjetunion betroffen. Deren Nachfolgestaaten Rußland, Ukraine und Weißrußland seien von der Gemeinschaft im Dezember 1991 als unabhängige Staaten anerkannt worden. Da die vorläufigen Antidumpingzölle am 23. April 1992 eingeführt worden seien, habe für die Gemeinschaftsorgane die Verpflichtung bestanden, diese neuen unabhängigen Staaten zu unterrichten.

151 Der Rat macht zunächst geltend, dieser Klagegrund sei zurückzuweisen, weil sich die Klägerin nicht auf eine Verletzung ihrer eigenen Verteidigungsrechte berufe, sondern nur auf eine Verletzung der Verteidigungsrechte Dritter.

152 Sodann ergebe sich aus der Grundverordnung für die Kommission keine Verpflichtung, die Behörden der neuen unabhängigen Staaten offiziell über das bereits laufende Verfahren zu unterrichten. Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b der Grundverordnung schreibe nämlich nur eine Unterrichtung der Vertreter des Ausfuhrlandes über die Einleitung eines Verfahrens vor, nicht aber eine erneute Unterrichtung der Nachfolgestaaten. Ferner stehe das Recht bestimmter Beteiligter, darunter der Vertreter des Ausfuhrlandes , Unterlagen, die der Kommission zur Verfügung gestellt worden seien, nach Artikel 7 Absatz 4 Buchstabe a einzusehen, selbstverständlich auch diesen neuen Staaten zu; es sei aber deren Sache, sich über die gegen ihren Vorgängerstaat eingeleiteten Antidumpinguntersuchungen zu informieren.

153 Ausserdem hätten während der Untersuchung zahlreiche Besprechungen stattgefunden, an denen insbesondere Vertreter der zentralen Ausfuhrorganisation Agrochimexport und der Hersteller Rußlands und Weißrußlands teilgenommen hätten. Alle diese Unternehmen seien aber staatliche Unternehmen, und ihre Vertreter hätten während der Besprechungen die Behörden ihrer Heimatländer konsultiert. Zudem hätten die Mitglieder der Vertretung der Sowjetunion bei den Gemeinschaften und die Handelsvertretung der Sowjetunion in Belgien die Interessen der Hersteller nach dem Auseinanderfallen der Sowjetunion weiter vertreten.

154 Folglich seien die betroffenen staatlichen Hersteller und Ausführer nicht nur in der Lage gewesen, ihre Interessen uneingeschränkt zu vertreten, sondern sie hätten dies auch tatsächlich getan.

Würdigung durch das Gericht

155 Wie der Rat zu Recht geltend gemacht hat, hat die Kommission zwar nach Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b der Grundverordnung die Vertreter des Ausfuhrlandes über die Einleitung eines Antidumpingverfahrens zu unterrichten, jedoch verpflichten weder die Grundverordnung noch ein allgemeiner Grundsatz die Kommission, etwaige Nachfolgestaaten erneut zu unterrichten. Da diese in die Rechte und Pflichten des Vorgängerstaates eintreten, müssen sie das Antidumpingverfahren in der Lage annehmen, in der es sich befindet; insbesondere haben sie gemäß Artikel 7 Absätze 4 und 5 der Grundverordnung Anspruch darauf, die der Kommission zur Verfügung gestellten Unterlagen einzusehen und angehört zu werden.

156 Überdies ergibt sich aus den verschiedenen Besprechungen, die während des Verwaltungsverfahrens stattfanden, daß die Vertreter der Ausfuhrländer die Möglichkeit hatten, ihre Interesse zu vertreten.

157 Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich, daß der sechste Klagegrund zurückzuweisen ist.

Siebter Klagegrund: Verletzung der Verteidigungsrechte

Vorbringen der Parteien

158 Die Klägerin macht geltend, es sei unrichtig, wenn in der 21. Begründungserwägung der Verordnung des Rates ausgeführt werde: Keine der Parteien legte der Kommission neue Fakten oder Argumente zum Interesse der Gemeinschaft vor. Sie habe die Kommission in ihrem Schreiben vom 21. September 1992 (Anlage 8 zur Klageschrift) auf die meisten der Fragen aufmerksam gemacht, die Gegenstand der vorliegenden Klage seien. Diese Stellungnahme, die auf Ersuchen der Kommission verfasst worden sei, sei der Kommission so rechtzeitig übermittelt worden, daß die aufgeworfenen Fragen vollständig hätten untersucht werden können. Die Gemeinschaftsorgane hätten gegen die Billigkeit und gegen Artikel 190 des Vertrages verstossen, indem sie die Gründe für ihre Nichtberücksichtigung nicht dargelegt hätten.

159 Der Rat trägt vor, daß das Schreiben vom 21. September 1992 zu spät übermittelt worden sei. Die Kommission habe mit Schreiben vom 10. August 1992 alle Beteiligten über die wesentlichen Tatsachen und Überlegungen, aufgrund deren sie beabsichtigt habe, die Auferlegung endgültiger Antidumpingzölle zu empfehlen, unterrichtet, und sie habe die Beteiligten aufgefordert, innerhalb von drei Wochen schriftlich zu antworten. Die Anwälte der Klägerin hätten in einer Besprechung mit der Kommission am 7. September 1992 zugesagt, vor dem 9. September 1992 einen Schriftsatz einzureichen. Wegen des bevorstehenden Ablaufs der Geltungsdauer der vorläufigen Verordnung habe die Kommission dem Rat ihren Vorschlag spätestens am 25. September 1992 vorlegen müssen. Unter diesen Umständen sei sie nicht mehr verpflichtet und auch nicht in der Lage gewesen, alle in dem fraglichen Schreiben enthaltenen Argumente zu berücksichtigen. Im übrigen hätten die Gemeinschaftsorgane die meisten dieser Argumente behandelt.

Würdigung durch das Gericht

160 Artikel 7 Absatz 4 Buchstabe c Ziffer iii der Grundverordnung bestimmt: Bemerkungen nach erfolgter Unterrichtung werden nur berücksichtigt, wenn sie innerhalb einer von der Kommission im Einzelfall festgesetzten Frist eingehen, die mindestens zehn Tage beträgt, wobei der Dringlichkeit der Angelegenheit gebührend Rechnung getragen wird.

161 Im vorliegenden Fall war in dem Unterrichtungsschreiben der Kommission vom 10. August 1992 an die betroffenen Parteien, darunter die Klägerin, eine Antwortfrist von drei Wochen gewährt worden, die später bis zum 9. September 1992 verlängert wurde. Die so gewährte Frist entsprach nicht nur der Grundverordnung, sondern war auch durch den Umstand gerechtfertigt, daß die Kommission dem Rat vor dem 25. September 1992 einen Vorschlag für eine endgültige Maßnahme zu übermitteln hatte.

162 Somit war die Stellungnahme der Klägerin im Schreiben vom 21. September 1992 verspätet und musste von der Kommission nicht mehr berücksichtigt werden.

163 Der siebte Klagegrund ist daher zurückzuweisen.

Achter Klagegrund: Nichteinhaltung der Fristen für die Untersuchung

Vorbringen der Parteien

164 Die Klägerin trägt vor, die nahezu zweijährige Dauer von der Einleitung der Untersuchung am 31. Oktober 1990 bis zur Einführung des endgültigen Antidumpingzolls sei unangemessen lang und verstosse gegen Artikel 7 Absatz 9 Buchstabe a der Grundverordnung. Die Aussicht auf eine endgültige Bereinigung der wirtschaftlichen Lage, die durch die anomalen Einfuhren von Perestroika-Kaliumchlorid entstanden sei und zu der Beschwerde geführt habe, sei mit zunehmender Dauer der Untersuchung in immer weitere Ferne gerückt. Angesichts der Angaben der beiden Hauptbeschwerdeführer über den Gemeinschaftsmarkt und des Umfangs der von diesen Unternehmen ausgeuebten Kontrolle über den Gemeinschaftsmarkt könnten sich die Kommission und der Rat nicht auf die Menge und die Vielschichtigkeit der eingeholten Angaben berufen.

165 Der Rat und die Kommission machen geltend, die Frist des Artikels 7 Absatz 9 Buchstabe a der Grundverordnung sei nicht zwingend, da in dieser Bestimmung nur vorgesehen sei, daß eine Untersuchung in der Regel innerhalb eines Jahres abgeschlossen sein müsse. Überdies habe die Marktkenntnis der beiden Beschwerdeführer die Kommission nicht von ihrer Verpflichtung entbunden, die von ihnen übermittelten Informationen nachzuprüfen. Schließlich räumt der Rat ein, daß die Schwierigkeit, einen kooperationswilligen kanadischen Hersteller zu finden, zu gewissen Verzögerungen geführt habe; doch habe es keine vernünftige Alternative gegeben, die es ihm gestattet hätte, den Normalwert schneller zu ermitteln.

Würdigung durch das Gericht

166 Die Frist des Artikel 7 Absatz 9 Buchstabe a der Grundverordnung stellt einen Richtwert dar und ist nicht zwingend (Urteil des Gerichtshofes vom 12. Mai 1989 in der Rechtssache C-246/87, Continentale Produkten-Gesellschaft/Hauptzollamt München-West, Slg. 1989, 1151, Randnr. 8). Allerdings folgt aus dieser Bestimmung, daß das Antidumpingverfahren nicht über eine angemessene Frist hinaus ausgedehnt werden darf, die sich nach den besonderen Umständen des Einzelfalls bemisst.

167 Im vorliegenden Fall erscheint die Dauer von nahezu zwei Jahren insbesondere im Hinblick auf die Schwierigkeiten der Kommission, im Vergleichsland kooperationswillige Unternehmen zu finden, nicht unangemessen lang. Ausserdem sind diese Umstände in den Begründungserwägungen der Verordnung der Kommission und der streitigen Verordnung ausreichend dargelegt.

168 Der Vollständigkeit halber stellt das Gericht fest, daß die Klägerin jedenfalls ihre Behauptung, die Umstände hätten sich so sehr verändert, daß die Erhebung eines Antidumpingzolls nicht mehr gerechtfertigt gewesen sei, nicht bewiesen hat.

169 Der achte Klagegrund ist daher zurückzuweisen.

Neunter Klagegrund: unbillige und willkürliche Wahl des Untersuchungszeitraums

Vorbringen der Parteien

170 Die Klägerin macht geltend, die Gemeinschaftsorgane hätten durch die Wahl eines Untersuchungszeitraums, der drei Monate vor Einleitung des Verfahrens geendet habe, gegen Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe c der Grundverordnung verstossen. Die Gemeinschaftsorgane könnten zwar von Rechts wegen einen anderen Untersuchungszeitraum als die der Einleitung des Verfahrens unmittelbar vorangehenden sechs Monate wählen; doch dürfe dies nur unter aussergewöhnlichen Umständen und nur dann, wenn eine solche Wahl gerechtfertigt ist , geschehen. Im vorliegenden Fall stehe das Fehlen einer Begründung im Widerspruch mit der vorherigen Praxis (z. B. Verordnung [EWG] Nr. 3798/90 der Kommission vom 21. Dezember 1990 zur Einführung eines vorläufigen Antidumpingzolls auf die Einfuhren von Espadrilles mit Ursprung in der Volksrepublik China, ABl. 1990, L 365, S. 25) und verstosse gegen Artikel 190 des Vertrages. Die Kommission habe einen Untersuchungszeitraum gewählt, der für die Ausführer besonders ungünstig gewesen sei, weil er genau mit dem Zeitraum zusammengetroffen sei, in dem die wirtschaftlichen Turbulenzen in der Sowjetunion ihren Höhepunkt erreicht hätten. Diese Entwicklung sei jedoch im Juni 1990 zu Ende gegangen, so daß der grösste Teil der inoffiziellen Ausfuhren unberücksichtigt geblieben und das Ergebnis der Untersuchung anders ausgefallen wäre, wenn die Kommission den der Einleitung des Verfahrens unmittelbar vorangehenden Sechsmonatszeitraum gewählt hätte. Ausserdem habe die Kommission durch die Wahl eines Untersuchungszeitraums, der am 30. Juni 1990 geendet habe, verhindert, daß die Auswirkungen der Einfuhrbeschränkungen berücksichtigt worden seien, die Frankreich aufgrund seiner Entscheidung nach Artikel 115 des Vertrages vom 1. Juli 1990 an angewendet habe.

171 Der Rat erklärt, die Gemeinschaftsorgane machten von der durch die genannte Bestimmung eingeräumten Möglichkeit, einen anderen Untersuchungszeitraum zu wählen, Gebrauch, wenn der unmittelbar vorangehende Zeitraum den Umständen nach kein hinreichend vollständiges Bild gebe, oder um der Buchführungspraxis Rechnung zu tragen. Da der Handel mit Kaliumchlorid saisonalen Charakter habe und es dabei zwei Spitzenzeiten ° eine vor Sommerbeginn und die andere Anfang Herbst ° gebe, wäre es im vorliegenden Fall kaum vernünftig gewesen, einen Untersuchungszeitraum zu wählen, der beide Spitzenzeiten umfasst hätte. Ein weiterer Grund sei die Entscheidung der Französischen Republik gewesen, vom 1. Juli 1990 an Einfuhrbeschränkungen einzuführen. Folglich wären die Ergebnisse nicht repräsentativ gewesen, wenn die Gemeinschaftsorgane die Monate Juli, August und September in den Untersuchungszeitraum einbezogen hätten, was um so weniger gerechtfertigt gewesen wäre, als es sich nur um vorübergehende Beschränkungen gehandelt habe.

172 Ferner hätten die Gemeinschaftsorgane bei Festlegung des Untersuchungszeitraums nicht mit Sicherheit wissen können, daß in diesen Zeitraum wirtschaftliche Turbulenzen fallen würden. Überdies treffe die Behauptung, Einfuhren von Perestroika-Kaliumchlorid habe es nur während der sechs Monate des Untersuchungszeitraums gegeben, nicht zu.

173 Schließlich sei der Rat nicht verpflichtet gewesen, die Wahl des Untersuchungszeitraums ausdrücklich zu begründen, weil die geringfügige Verschiebung um drei Monate der allgemeinen Praxis entspreche, im Unterschied zu der Sache Espadrilles mit Ursprung in China , in der der Zeitraum elf Monate vor der Einleitung der Untersuchung geendet habe. Im übrigen habe kein Beteiligter im Lauf des Verfahrens Einwände gegen den gewählten Zeitraum erhoben.

Würdigung durch das Gericht

174 Erstens ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des Artikels 7 Absatz 1 Buchstabe c der Grundverordnung, daß diese Bestimmung der Kommission nicht verbietet, einen anderen Untersuchungszeitraum als die der Einleitung des Verfahrens unmittelbar vorangehenden sechs Monate zu wählen.

175 Sodann ist festzustellen, daß die Klägerin die Richtigkeit oder Erheblichkeit der Erläuterungen, die der Rat in seiner Klagebeantwortung zur Rechtfertigung seiner Wahl eines geringfügig abweichenden Zeitraums vorgetragen hat, nicht bestritten hat. Ausserdem hat die Klägerin keine konkreten Beweise für ihre Behauptung, die Störung der Wirtschaft der früheren Sowjetunion habe im Juni 1990 geendet, vorgebracht.

176 Unter diesen Umständen ist nicht ersichtlich, daß die Kommission etwa durch ihre Entscheidung für eine geringfügige Verschiebung der Untersuchungszeitraums die Grenzen ihres Ermessens überschritten hätte.

177 Angesichts der Geringfügigkeit dieser Verschiebung und des Umstands, daß die Klägerin während des Verwaltungsverfahrens keinen Einwand erhoben hat, ist schließlich festzustellen, daß der Rat nicht dadurch, daß er in der streitigen Verordnung die Gründe für die Wahl des zugrunde gelegten Untersuchungszeitraums nicht genannt hat, gegen seine Verpflichtung gemäß Artikel 190 des Vertrages verstossen hat.

178 Folglich ist der neunte Klagegrund zurückzuweisen.

179 Nach alledem ist die Klage insgesamt abzuweisen.

Kostenentscheidung:

Kosten

180 Nach Artikel 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerin mit ihrem Vorbringen unterlegen ist und der Rat sowie die Streithelferin APEP beantragt haben, ihr die Kosten aufzuerlegen, sind ihr ausser ihren eigenen Kosten die Kosten des Rates und der APEP aufzuerlegen. Da gemäß Artikel 87 § 4 der Verfahrensordnung die Organe, die dem Rechtsstreit als Streithelfer beigetreten sind, ihre eigenen Kosten tragen, sind der Kommission ihre eigenen Kosten aufzuerlegen.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DAS GERICHT (Vierte erweiterte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1) Die Klage wird abgewiesen.

2) Die Klägerin trägt ihre eigenen Kosten sowie die Kosten des Rates und der Association des producteurs européens de chlorure de potassium.

3) Die Kommission trägt ihre eigenen Kosten.

Ende der Entscheidung

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