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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäisches Gericht
Urteil verkündet am 11.01.2002
Aktenzeichen: T-174/00
Rechtsgebiete: EGV, Richtlinie 81/602/EWG, Richtlinie 88/146/EWG, WTO-Übereinkommen über die Anwendung gesundheitspolizeilicher und pflanzenschutzrechtlicher Maßnahmen


Vorschriften:

EGV Art. 178 (jetzt EGV Art. 235)
EGV Art. 215 Abs. 2 (jetzt Art. 288 Abs. 2 EGV)
Richtlinie 81/602/EWG
Richtlinie 88/146/EWG
WTO-Übereinkommen über die Anwendung gesundheitspolizeilicher und pflanzenschutzrechtlicher Maßnahmen
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

1. Nach Artikel 19 der Satzung des Gerichtshofes, der gemäß Artikel 46 dieser Satzung auf das Verfahren vor dem Gericht anwendbar ist, und Artikel 44 § 1 Buchstabe c der Verfahrensordnung des Gerichts muss die Klageschrift den Streitgegenstand angeben und eine kurze Darstellung der Klagegründe enthalten. Diese Angaben müssen so klar und genau sein, dass dem Beklagten die Vorbereitung seiner Verteidigung und dem Gericht die Entscheidung über die Klage, gegebenenfalls auch ohne weitere Informationen, ermöglicht wird. Um die Rechtssicherheit und eine ordnungsgemäße Rechtspflege zu gewährleisten, ist es für die Zulässigkeit einer Klage erforderlich, dass die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Umstände, auf denen die Klage beruht, zumindest in gedrängter Form, jedenfalls aber zusammenhängend und verständlich, aus dem Wortlaut der Klageschrift selbst hervorgehen. Eine Klage auf Ersatz der von einem Gemeinschaftsorgan verursachten Schäden genügt diesen Erfordernissen nur, wenn sie Tatsachen anführt, anhand deren sich das dem Organ vom Kläger vorgeworfene Verhalten bestimmen lässt, die Gründe angibt, aus denen nach Auffassung des Klägers ein Kausalzusammenhang zwischen diesem Verhalten und dem angeblich erlittenen Schaden besteht, sowie Art und Umfang dieses Schadens bezeichnet.

( vgl. Randnr. 31 )

2. Geht der im Rahmen einer Schadensersatzklage geltend gemachte Rechtsverstoß nicht von einer nationalen Stelle, sondern von einem Gemeinschaftsorgan aus, so ist der Schaden, den die Durchführung der Gemeinschaftsregelung durch die nationalen Behörden, die über keinerlei Ermessen verfügten, nach sich ziehen könnte, der Gemeinschaft anzulasten. Da der Gemeinschaftsrichter gemäß Artikel 215 EG-Vertrag (jetzt Artikel 288 EG) für die Entscheidung über Klagen auf Ersatz eines solchen Schadens ausschließlich zuständig ist, könnte Bürgern, die sich durch Handlungen der Gemeinschaftsorgane verletzt glauben, im nationalen Rechtsweg nicht ohne weiteres ein wirksamer Schutz ihrer Rechte gewährt werden.

( vgl. Randnrn. 33-34 )

3. Die Verjährungsfrist des Artikels 43 der Satzung des Gerichtshofes, der gemäß Artikel 46 dieser Satzung auf das Verfahren vor dem Gericht anwendbar ist, für Ansprüche gegen die Gemeinschaft im Bereich der außervertraglichen Haftung läuft nicht, bevor alle Voraussetzungen, von denen die Ersatzpflicht abhängt, erfuellt sind, und insbesondere - in Fällen, in denen die Haftung auf einen Rechtsetzungsakt zurückgeht - nicht vor Eintritt der Schadensfolgen dieses Aktes.

Ist der Schaden nicht schlagartig verursacht worden, sondern hat sich sein Eintritt aufgrund der Beibehaltung eines rechtswidrigen Rechtsakts über eine gewisse Zeit täglich fortgesetzt, so erfasst die Verjährung des Artikels 43 der Satzung des Gerichtshofes nach Maßgabe des Zeitpunkts der Unterbrechungshandlung den mehr als fünf Jahre vor diesem Zeitpunkt liegenden Zeitraum, ohne die später entstandenen Ansprüche zu beeinflussen.

( vgl. Randnrn. 38, 41 )

4. Die Richtlinie 88/146 zum Verbot des Gebrauchs von bestimmten Stoffen mit hormonaler Wirkung im Tierbereich hat nicht das berechtigte Vertrauen der von dem Verbot des Gebrauchs der Hormone betroffenen Wirtschaftsteilnehmer verletzt. Unter Berücksichtigung der zutage getretenen unterschiedlichen Beurteilungen durften die Wirtschaftsteilnehmer nämlich nicht erwarten, dass ein Verbot der Verabfolgung der fraglichen Stoffe an Tiere nur auf wissenschaftliche Daten gestützt werden konnte.

Eine etwaige Nichtanwendung der Richtlinie 88/146 durch die Mitgliedstaaten könnte nicht einem Verhalten des Rates gleichgestellt werden, das schutzwürdiges Vertrauen bei den Wirtschaftsteilnehmern hätte begründen können. Außerdem hätte eine solche Nichtanwendung offensichtlich gegen die Verpflichtungen der Mitgliedstaaten aus dem Vertrag und insbesondere gegen die Verpflichtungen verstoßen, die ihnen durch die genannte Richtlinie auferlegt wurden. Es darf aber niemand auf die Aufrechterhaltung einer rechtswidrigen Situation und folglich auf eine eventuelle Untätigkeit der Mitgliedstaaten bei der Umsetzung und tatsächlichen Durchführung einer Richtlinie des Rates vertrauen.

Schließlich können sich die Wirtschaftsteilnehmer nicht darauf verlassen, dass eine bestehende Lage, die nach Ermessen der Gemeinschaftsorgane geändert werden kann, beibehalten wird. Folglich dürfen die Wirtschaftsteilnehmer erst recht nicht auf eine künftige und hypothetische Änderung der Rechtsvorschriften vertrauen, insbesondere in einem Bereich wie der gemeinsamen Agrarpolitik, in dem jede Änderung der Rechtsvorschriften aufgrund ihrer möglichen Auswirkungen auf die öffentliche Gesundheit von den unvorhersehbaren Entwicklungen der wissenschaftlichen Erkenntnisse und den komplexen Bewertungen abhängt, die von der rechtsetzenden Gewalt vorzunehmen sind.

( vgl. Randnrn. 50, 54-55 )

5. Das WTO-Übereinkommen und seine Anhänge gehören ebenso wie die Vorschriften des GATT 1947 wegen ihrer Natur und ihrer Systematik grundsätzlich nicht zu den Vorschriften, an denen der Gerichtshof und das Gericht die Handlungen der Gemeinschaftsorgane gemäß Artikel 173 Absatz 1 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 230 Absatz 1 EG) messen, sie begründen für den Einzelnen keine Rechte, auf die er sich vor Gericht berufen kann, und ihre etwaige Verletzung kann daher nicht die außervertragliche Haftung der Gemeinschaft auslösen. Nur wenn die Gemeinschaft eine bestimmte, im Rahmen der WTO übernommene Verpflichtung umsetzt oder wenn die Gemeinschaftshandlung ausdrücklich auf spezielle Bestimmungen der WTO-Übereinkünfte verweist, ist es Sache des Gemeinschaftsrichters, die Rechtmäßigkeit der fraglichen Gemeinschaftshandlung anhand der Vorschriften der WTO zu prüfen. Da die Richtlinien 81/602 und 88/146 zum Verbot des Gebrauchs von bestimmten Stoffen mit hormonaler Wirkung im Tierbereich mehrere Jahre vor dem Inkrafttreten des zu den WTO-Übereinkünften gehörenden Übereinkommens über die Anwendung gesundheitspolizeilicher und pflanzenschutzrechtlicher Maßnahmen erlassen worden sind, können sie logischerweise weder eine bestimmte, im Rahmen dieses Übereinkommens übernommene Verpflichtung umsetzen noch ausdrücklich auf einzelne Bestimmungen dieses Übereinkommens verweisen.

( vgl. Randnrn. 61, 63-64 )


Urteil des Gerichts erster Instanz (Erste Kammer) vom 11. Januar 2002. - Biret International SA gegen Rat der Europäischen Union. - Stoffe mit hormonaler Wirkung - Richtlinie 88/146/EWG - Schadensersatzklage - Verjährung. - Rechtssache T-174/00.

Parteien:

In der Rechtssache T-174/00

Biret International SA, in gerichtlicher Liquidation, mit Sitz in Paris (Frankreich), Prozessbevollmächtigte im vorliegenden Verfahren: M. de Thoré, Liquidationsbevollmächtigte, und Rechtsanwalt S. Rodrigues, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Klägerin,

gegen

Rat der Europäischen Union, vertreten durch J. Carbery und F. P. Ruggeri Laderchi als Bevollmächtigte,

Beklagter,

unterstützt durch

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch T. Christoforou und A. Bordes als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Streithelferin,

wegen Ersatzes des Schadens gemäß den Artikeln 178 EG-Vertrag (jetzt Artikel 235 EG) und 215 Absatz 2 EG-Vertrag (jetzt Artikel 288 Absatz 2 EG), den die Klägerin durch das Verbot der Einfuhr von mit bestimmten Hormonen behandeltem Rindfleisch in die Gemeinschaft angeblich erlitten hat,

erlässt

DAS GERICHT ERSTER INSTANZ DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN

(Erste Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten B. Vesterdorf sowie der Richter N. J. Forwood und H. Legal,

Kanzler: J. Palacio González, Verwaltungsrat

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 7. November 2001,

folgendes

Urteil

Entscheidungsgründe:

Rechtlicher Rahmen

1 Die Richtlinie 81/602/EWG des Rates vom 31. Juli 1981 über ein Verbot von bestimmten Stoffen mit hormonaler Wirkung und von Stoffen mit thyreostatischer Wirkung (ABl. L 222, S. 32) bestimmt in Artikel 2, dass die Mitgliedstaaten untersagen, Nutztieren Stoffe mit thyreostatischer Wirkung und Stoffe mit östrogener, androgener oder gestagener Wirkung zu verabfolgen und Nutztiere, denen diese Stoffe verabfolgt worden sind, und Fleisch von solchen Tieren in Verkehr zu bringen. Abweichend von diesem Verbot sieht Artikel 5 dieser Richtlinie vor, dass bis zu einem Beschluss des Rates über die Verabfolgung von 17 ß-Östradiol, Progesteron, Testosteron, Trenbolon und Zeranol zu Mastzwecken an Nutztiere die geltenden einzelstaatlichen Regelungen sowie die von den Mitgliedstaaten geschlossenen Vereinbarungen über diese Stoffe weiterhin Anwendung finden, und zwar unter Einhaltung der allgemeinen Vorschriften des Vertrages. Diese Abweichung wurde in der vierten Begründungserwägung der Richtlinie damit gerechtfertigt, dass die Verwendung dieser fünf Stoffe noch eingehend im Hinblick auf ihre Unschädlichkeit bzw. Schädlichkeit untersucht werden müsse.

2 Am 31. Dezember 1985 erließ der Rat die Richtlinie 85/649/EWG zum Verbot des Gebrauchs von bestimmten Stoffen mit hormonaler Wirkung im Tierbereich (ABl. L 382, S. 228). Nachdem diese Richtlinie wegen Verletzung wesentlicher Formvorschriften durch das Urteil des Gerichtshofes vom 23. Februar 1988 in der Rechtssache 68/86 (Vereinigtes Königreich/Rat, Slg. 1988, 855) für nichtig erklärt worden war, wurde sie durch die Richtlinie 88/146/EWG des Rates vom 7. März 1988 zum Verbot des Gebrauchs von bestimmten Stoffen mit hormonaler Wirkung im Tierbereich (ABl. L 70, S. 16) ersetzt. Unbeschadet der Verwendung von 17 ß-Östradiol, Testosteron und Progesteron zur therapeutischen Behandlung, die weiterhin zugelassen werden kann, schafft diese Richtlinie die in Artikel 5 der Richtlinie 81/602 vorgesehene Möglichkeit einer Abweichung zugunsten der oben in Randnummer 1 genannten fünf Stoffe ab. Nach Artikel 6 untersagen die Mitgliedstaaten die Einfuhr aus Drittländern bei Nutztieren, denen, gleich auf welche Art, Stoffe mit thyreostatischer, östrogener, androgener oder gestagener Wirkung verabreicht worden sind, und bei Fleisch von solchen Tieren.

3 Die Richtlinie 88/146 musste spätestens zum 1. Januar 1988 umgesetzt werden, aber ihr Inkrafttreten wurde auf den 1. Januar 1989 verschoben. Daraus ergab sich ab diesem Zeitpunkt ein Verbot der Einfuhr von Fleisch und Fleischerzeugnissen aus Drittländern in die Gemeinschaft, die mit bestimmten Hormonen behandelt worden sind, auf der Grundlage der Richtlinie 72/462/EWG des Rates vom 12. Dezember 1972 zur Regelung viehseuchenrechtlicher und gesundheitlicher Fragen bei der Einfuhr von Rindern und Schweinen und von frischem Fleisch aus Drittländern (ABl. L 302, S. 28).

4 Am 15. April 1994 unterzeichneten der Präsident des Rates und das für Außenbeziehungen zuständige Kommissionsmitglied in Marrakesch (Marokko) im Namen der Europäischen Union unter dem Vorbehalt nachträglicher Genehmigung die Schlussakte über die Ergebnisse der multilateralen Handelsverhandlungen der Uruguay-Runde, das Übereinkommen zur Errichtung der Welthandelsorganisation (im Folgenden: WTO) sowie sämtliche Übereinkünfte und Vereinbarungen der Anhänge 1 bis 4 des Übereinkommens zur Errichtung der WTO (im Folgenden: WTO-Übereinkünfte).

5 Nach der Unterzeichnung erließ der Rat den Beschluss 94/800/EG vom 22. Dezember 1994 über den Abschluss der Übereinkünfte im Rahmen der multilateralen Verhandlungen der Uruguay-Runde (1986-1994) im Namen der Europäischen Gemeinschaft in Bezug auf die in ihre Zuständigkeiten fallenden Bereiche (ABl. L 336, S. 1).

6 Die WTO-Übereinkünfte, zu denen das Übereinkommen über die Anwendung gesundheitspolizeilicher und pflanzenschutzrechtlicher Maßnahmen (ABl. 1994, L 336, S. 40, im Folgenden: SPS-Übereinkommen) in Anhang 1A gehört, sind am 1. Januar 1995 in Kraft getreten.

7 Nach Artikel 3 Absatz 3 des SPS-Übereinkommens können "[d]ie Mitglieder... gesundheitspolizeiliche oder pflanzenschutzrechtliche Maßnahmen einführen oder beibehalten, die ein höheres gesundheitspolizeiliches oder pflanzenschutzrechtliches Schutzniveau bewirken als das, welches durch Maßnahmen auf der Grundlage der einschlägigen internationalen Normen, Richtlinien oder Empfehlungen erreicht würde, wenn eine wissenschaftliche Begründung vorliegt oder sich dieses höhere Niveau als Folge des von einem Mitglied gemäß den einschlägigen Bestimmungen des Artikels 5 Absätze 1 bis 8 als angemessen festgelegten gesundheitspolizeilichen oder pflanzenschutzrechtlichen Schutzes ergibt".

8 Nach Artikel 5 Absatz 1 des SPS-Übereinkommens stellen "[d]ie Mitglieder... sicher, dass ihre gesundheitspolizeilichen oder pflanzenschutzrechtlichen Maßnahmen auf einer den Umständen angepassten Bewertung der Gefahren für das Leben oder die Gesundheit von Menschen, Tieren oder Pflanzen beruhen, wobei die von den zuständigen internationalen Organisationen entwickelten Risikobewertungsmethoden zugrunde gelegt werden".

9 Am 29. April 1996 erließ der Rat die Richtlinie 96/22/EG über das Verbot der Verwendung bestimmter Stoffe mit hormonaler bzw. thyreostatischer Wirkung und von ß-Agonisten in der tierischen Erzeugung und zur Aufhebung der Richtlinien 81/602/EWG, 88/146/EWG und 88/299/EWG (ABl. L 125, S. 3). Diese Richtlinie bestätigt die Verbotsregelung, die sich aus der kombinierten Anwendung der Richtlinien 81/602 und 88/146 ergab, und fügt den oben in den Randnummern 1 und 2 genannten fünf verbotenen Stoffen Melengestrolacetat hinzu.

10 Da die Vereinigten Staaten von Amerika und Kanada der Ansicht waren, dass die Gemeinschaftsvorschriften ihre Ausfuhren von mit bestimmten Hormonen behandeltem Rindfleisch in die Gemeinschaft unter Verstoß gegen die von dieser im Rahmen der WTO eingegangenen Verpflichtungen beschränkten, leiteten sie im Mai und November 1996 jeweils ein Streitbeilegungsverfahren vor den zuständigen Gremien der WTO ein.

11 Jedes der beiden im Rahmen dieser Verfahren gebildeten Panels legte am 18. August 1997 einen Bericht (WT/DS26/R/USA bzw. WT/DS48/R/CAN) vor, in dem ein Verstoß der Gemeinschaft gegen verschiedene Bestimmungen des SPS-Übereinkommens festgestellt wurde.

12 Auf die Berufung der Gemeinschaft hin legte das Berufungsgremium am 16. Januar 1998 einen Bericht (WT/DS26/AB/R WT/DS48/AB/R) vor, in dem die Berichte der beiden Panels in einigen Punkten abgeändert wurden, aber dennoch ein Verstoß der Gemeinschaft gegen die Artikel 3 Absatz 3 und 5 Absatz 1 des SPS-Übereinkommens festgestellt wurde, der im Wesentlichen damit begründet wurde, dass es keine hinreichend spezifische wissenschaftliche Untersuchung der Krebsrisiken gebe, die mit der Verwendung bestimmter Hormone als Wachstumsförderer in Verbindung gebracht würden. Das Berufungsgremium empfahl, dass "das Streitbeilegungsgremium die Europäische Gemeinschaft auffordert, die Maßnahmen, die sich... als mit dem [SPS-Übereinkommen] unvereinbar erwiesen haben, mit den von ihr im Rahmen dieses Übereinkommens eingegangenen Verpflichtungen in Einklang zu bringen".

13 Am 13. Februar 1998 nahm das Streitbeilegungsgremium der WTO (im Folgenden: DSB) den Bericht des Berufungsgremiums und die Berichte der Panels in der vom Berufungsgremium geänderten Fassung an.

14 Nachdem die Gemeinschaft mitgeteilt hatte, dass sie ihre Verpflichtungen im Rahmen der WTO erfuellen wolle, dafür aber gemäß Artikel 21 Absatz 3 der Vereinbarung über Regeln und Verfahren zur Beilegung von Streitigkeiten (ABl. 1994, L 336, S. 234), die Anhang 2 des Übereinkommens zur Errichtung der WTO bildet, über einen angemessenen Zeitraum verfügen müsse, wurde ihr zu diesem Zweck eine Frist von fünfzehn Monaten bis zum 13. Mai 1999 eingeräumt.

15 Auf der Grundlage der Ergebnisse einer neuen Untersuchung der mit der Verwendung der fraglichen Stoffe in Verbindung gebrachten Risiken verabschiedete die Kommission am 24. Mai 2000 den Vorschlag für eine Richtlinie 2000/C 337 E/25 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 96/22 (ABl. C 337 E, S. 163), der u. a. darauf gerichtet war, das Verbot der Verwendung von 17 ß-Östradiol endgültig und das Verbot der Verwendung der übrigen fünf durch die Richtlinie 96/22 verbotenen Stoffe vorläufig in der Erwartung neuer wissenschaftlicher Gutachten beizubehalten, und unterbreitete diesen Vorschlag am 3. Juli 2000 dem Parlament und dem Rat.

Sachverhalt, Verfahren und Anträge der Parteien

16 Die klagende Gesellschaft wurde am 26. Juli 1990 gegründet und am 9. August 1990 in das Handels- und Unternehmensregister des Tribunal de commerce Paris (Frankreich) eingetragen, wobei ihr satzungsmäßiger Zweck der Handel mit verschiedenen Lebensmitteln, insbesondere Fleisch, ist.

17 Mit Urteil vom 7. Dezember 1995 eröffnete das Tribunal de commerce Paris ein Verfahren der gerichtlichen Liquidation in Bezug auf die Klägerin und legte den Zeitpunkt der Zahlungseinstellung vorläufig auf den 28. Februar 1995 fest.

18 Die Klägerin hat mit Klageschrift, die am 28. Juni 2000 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, die vorliegende Klage erhoben, mit der sie beantragt,

- die Haftung der Europäischen Gemeinschaft für ihre gerichtliche Liquidation festzustellen;

- den Beklagten zu verurteilen, ihr Schadensersatz in Höhe von 87 006 000 FRF zu zahlen;

- dem Beklagten die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

19 Ohne förmlich eine Einrede der Unzulässigkeit nach Artikel 114 § 1 der Verfahrensordnung des Gerichts zu erheben, beantragt der Rat in seiner Klagebeantwortung,

- die Klage - gegebenenfalls durch mit Gründen versehenen Beschluss - für unzulässig und, hilfsweise, für offensichtlich unbegründet zu erklären;

- der Klägerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

20 Die Kommission ist mit Beschluss des Präsidenten der Ersten Kammer des Gerichts vom 15. Januar 2001 als Streithelferin zugelassen worden und beantragt, den Anträgen des Beklagten stattzugeben.

21 Das Gericht (Erste Kammer) hat auf Bericht des Berichterstatters beschlossen, die mündliche Verhandlung zu eröffnen, und die Klägerin im Rahmen prozessleitender Maßnahmen aufgefordert, einige schriftliche Fragen zu beantworten. Die Klägerin ist dieser Aufforderung fristgerecht nachgekommen.

22 Die Parteien haben in der Sitzung vom 7. November 2001 mündlich verhandelt und Fragen des Gerichts beantwortet.

Zur Zulässigkeit

Vorbringen der Beteiligten

23 Die Klägerin beantragt den Ersatz des Schadens, den sie angeblich aufgrund des Verbotes der Einfuhr von Rindfleisch, insbesondere amerikanischen Ursprungs, in die Gemeinschaft erlitten hat, das vom Rat auf der Grundlage der Richtlinien 81/602 und 88/146 beschlossen und durchgeführt und beim Erlass der Richtlinie 96/22 bestätigt worden ist (im Folgenden: Embargo).

24 Der Rat und die Kommission stellen die Zulässigkeit dieser Klage in Frage.

25 Der Rat trägt erstens vor, dass die Klageschrift den Erfordernissen des Artikels 19 der EG-Satzung des Gerichtshofes und des Artikels 44 § 1 Buchstabe c der Verfahrensordnung des Gerichts nicht genüge.

26 Zweitens ist der Rat der Ansicht, dass die Klägerin es versäumt habe, die Klagemöglichkeiten zu nutzen, die ihr vor den nationalen Gerichten zur Verfügung gestanden hätten und die geeignet gewesen seien, ihr einen umfassenden und effektiven gerichtlichen Rechtsschutz zu gewähren (Urteil des Gerichtshofes vom 12. April 1984 in der Rechtssache 281/82, Unifrex/Kommission und Rat, Slg. 1984, 1969, Randnr. 11). Im Gegensatz zu einer Verordnung oder einer Entscheidung könne eine Richtlinie nicht die unmittelbare Ursache für einen Schaden darstellen, da sie an die Mitgliedstaaten gerichtet sei und keinesfalls Verpflichtungen für den Bürger begründen könne (Urteil des Gerichtshofes vom 14. Juli 1994 in der Rechtssache C-91/92, Faccini Dori, Slg. 1994, I-3325). Nach Ansicht des Rates hätte die Klägerin somit die Rechtsakte der französischen Stellen zur Umsetzung der streitigen Richtlinien anfechten müssen und dabei die Rechtswidrigkeit dieser Richtlinien geltend machen und gegebenenfalls den Gerichtshof dazu veranlassen müssen, sich gemäß Artikel 177 EG-Vertrag (jetzt Artikel 234 EG) zu äußern. Sie hätte auf diese Weise möglicherweise eine Feststellung der Ungültigkeit der fraglichen Richtlinien sowie der nationalen Umsetzungsmaßnahmen erreichen und dadurch den Eintritt des behaupteten Schadens verhindern können.

27 Der Rat, unterstützt durch die Kommission, macht drittens geltend, dass der Anspruch verjährt sei, da die Klage nach Ablauf der in Artikel 43 der Satzung des Gerichtshofes vorgesehenen Frist von fünf Jahren, die ab dem Eintritt des behaupteten Schadens berechnet werde, erhoben worden sei. Nach Auffassung der Organe ist nämlich der angebliche Schaden für die Wirtschaftsteilnehmer bereits mit der Umsetzung der streitigen Richtlinien in nationales Recht und im Fall der Klägerin spätestens am 28. Februar 1995, dem vom Tribunal de commerce Paris in dem erwähnten Urteil festgelegten Zeitpunkt der Zahlungseinstellung, eingetreten. Denn ab diesem Zeitpunkt sei der zahlungsunfähig gewordenen Klägerin die Einfuhr von Fleisch nicht mehr möglich gewesen, so dass ihr Schaden nicht mehr größer habe werden können.

28 Auf dieses Vorbringen erwidert die Klägerin erstens, dass eine Schadensersatzklage nach der Rechtsprechung zulässig sei, sobald die Schadensursache feststehe, auch wenn der Schaden noch nicht bewertet werden könne (Urteile des Gerichtshofes vom 29. Januar 1985 in der Rechtssache 147/83, Binderer/Kommission, Slg. 1985, 257, und vom 14. Januar 1987 in der Rechtssache 281/84, Zuckerfabrik Bedburg u. a./Rat und Kommission, Slg. 1987, 49). Dies sei hier der Fall.

29 Zweitens trägt die Klägerin vor, dass die innerstaatlichen Klagemöglichkeiten, die ihr zur Verfügung stuenden, um die Rechtmäßigkeit der von den nationalen Stellen aufgrund des Embargos getroffenen Maßnahmen anzugreifen, nicht zum Ersatz des geltend gemachten Schadens führen könnten (Urteile des Gerichtshofes Unifrex/Kommission und Rat, Randnr. 12, und vom 26. Februar 1986 in der Rechtssache 175/84, Krohn/Kommission, Slg. 1986, 753, Randnr. 27).

30 Drittens macht die Klägerin geltend, dass die in Artikel 43 der Satzung des Gerichtshofes vorgesehene fünfjährige Verjährungsfrist im vorliegenden Fall am Tag der Einstellung der Tätigkeiten infolge des Urteils des Tribunal de commerce Paris vom 7. Dezember 1995 begonnen habe, da dieses Urteil "eine neue Lage begründet, die jedermann entgegengehalten werden kann". Hinsichtlich des in diesem Urteil auf den 28. Februar 1995 festgelegten Zeitpunkts der Zahlungseinstellung entgegnet die Klägerin dem Rat, dass er zum alleinigen Ziel habe, den Verdachtszeitraum vor dem Konkurs zu bestimmen, während dessen die vorgenommenen Handlungen unter bestimmten Voraussetzungen für nichtig erklärt werden könnten. Im vorliegenden Fall habe die Klägerin ihre Tätigkeiten während der Monate März bis Dezember 1995 fortgeführt.

Würdigung durch das Gericht

31 Nach Artikel 19 der Satzung des Gerichtshofes, der gemäß Artikel 46 dieser Satzung auf das Verfahren vor dem Gericht anwendbar ist, und Artikel 44 § 1 Buchstabe c der Verfahrensordnung des Gerichts muss die Klageschrift den Streitgegenstand angeben und eine kurze Darstellung der Klagegründe enthalten. Nach ständiger Rechtsprechung müssen diese Angaben so klar und genau sein, dass dem Beklagten die Vorbereitung seiner Verteidigung und dem Gericht die Entscheidung über die Klage, gegebenenfalls auch ohne weitere Informationen, ermöglicht wird. Um die Rechtssicherheit und eine ordnungsgemäße Rechtspflege zu gewährleisten, ist es für die Zulässigkeit einer Klage erforderlich, dass die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Umstände, auf denen die Klage beruht, zumindest in gedrängter Form, jedenfalls aber zusammenhängend und verständlich, aus dem Wortlaut der Klageschrift selbst hervorgehen. Eine Klage auf Ersatz der von einem Gemeinschaftsorgan verursachten Schäden genügt diesen Erfordernissen nur, wenn sie Tatsachen anführt, anhand deren sich das dem Organ vom Kläger vorgeworfene Verhalten bestimmen lässt, die Gründe angibt, aus denen nach Auffassung des Klägers ein Kausalzusammenhang zwischen dem Verhalten und dem angeblich erlittenen Schaden besteht, sowie Art und Umfang dieses Schadens bezeichnet (Urteile des Gerichts vom 18. September 1996 in der Rechtssache T-387/94, Asia Motor France u. a./Kommission, Slg. 1996, II-961, Randnrn. 106 und 107, und vom 6. Mai 1997 in der Rechtssache T-195/95, Guérin automobiles/Kommission, Slg. 1997, II-679, Randnrn. 20 und 21).

32 Im vorliegenden Fall genügt die Klageschrift diesen Erfordernissen, da sie sowohl dem beklagten Organ als auch dem Gericht ermöglicht hat, das dem Rat vorgeworfene Verhalten, den angeblich erlittenen Schaden und den behaupteten Kausalzusammenhang zwischen diesem Verhalten und diesem Schaden zu bestimmen (siehe insbesondere oben, Randnrn. 18 und 23, und unten, Randnr. 46). Das Argument eines formellen Mangels der Klage ist daher zurückzuweisen.

33 Zu dem auf die Nichterschöpfung des innerstaatlichen Rechtswegs gestützten Vorbringen des Rates ist festzustellen, dass der im vorliegenden Fall geltend gemachte Rechtsverstoß nicht von einer nationalen Stelle, sondern von einem Gemeinschaftsorgan ausgeht. Der Schaden, den die Durchführung der Gemeinschaftsregelung durch die französischen Stellen, die im Hinblick auf das Embargo als solches über keinerlei Ermessen verfügten, nach sich ziehen könnte, wäre somit der Gemeinschaft anzulasten (vgl. z. B. Urteile des Gerichtshofes vom 15. Dezember 1977 in der Rechtssache 126/76, Dietz/Kommission, Slg. 1977, 2431, Randnr. 5, und vom 19. Mai 1992 in den Rechtssachen C-104/89 und C-37/90, Mulder u. a./Rat und Kommission, Slg. 1992, I-3061, Randnr. 9; Urteile des Gerichts vom 13. Dezember 1995 in den Rechtssachen T-481/93 und T-484/93, Exporteurs in Levende Varkens u. a./Kommission, Slg. 1995, II-2941, Randnr. 71, und vom 20. März 2001 in der Rechtssache T-30/99, Bocchi Food Trade International/Kommission, Slg. 2001, II-943, Randnr. 31).

34 Da der Gemeinschaftsrichter gemäß Artikel 215 EG-Vertrag (jetzt Artikel 288 EG) für die Entscheidung über Klagen auf Ersatz eines der Gemeinschaft anzulastenden Schadens ausschließlich zuständig ist (Urteile des Gerichtshofes vom 27. September 1988 in den Rechtssachen 106/87 bis 120/87, Asteris u. a./Griechenland und EWG, Slg. 1988, 5515, Randnr. 14, und vom 13. März 1992 in der Rechtssache C-282/90, Vreugdenhil/Kommission, Slg. 1992, I-1937, Randnr. 14), könnte der Klägerin im nationalen Rechtsweg nicht ohne weiteres ein wirksamer Schutz ihrer Rechte gewährt werden (Urteile Exporteurs in Levende Varkens u. a./Kommission, Randnr. 72, und Bocchi Food Trade International/Kommission, Randnr. 32).

35 Selbst wenn der Gerichtshof in einem Vorabentscheidungsverfahren der Auffassung wäre, dass die einschlägige Regelung einen Schaden habe verursachen können, könnte das nationale Gericht insoweit die für den Ersatz des gesamten hier von der Klägerin behaupteten Schadens erforderlichen Maßnahmen nicht selbst erlassen, so dass auch in einem solchen Fall eine direkte Klage beim Gericht nach Artikel 215 EG-Vertrag erforderlich wäre (vgl. in diesem Sinne Urteil Dietz/Kommission, Randnr. 5).

36 Daher ist das auf die Nichterschöpfung des innerstaatlichen Rechtswegs gestützte Vorbringen zurückzuweisen.

37 Was schließlich das Argument der Verjährung des Anspruchs angeht, so ist darauf hinzuweisen, dass nach Artikel 43 der Satzung des Gerichtshofes, der gemäß Artikel 46 dieser Satzung auf das Verfahren vor dem Gericht anwendbar ist, die aus außervertraglicher Haftung der Gemeinschaft hergeleiteten Ansprüche in fünf Jahren nach Eintritt des Ereignisses verjähren, das ihnen zugrunde liegt.

38 Nach ständiger Rechtsprechung läuft die Verjährungsfrist des Anspruchs aus außervertraglicher Haftung der Gemeinschaft jedoch nicht, bevor alle Voraussetzungen, von denen die Ersatzpflicht abhängt, erfuellt sind, und insbesondere - in Fällen, in denen die Haftung wie im vorliegenden Fall auf einen Rechtsetzungsakt zurückgeht, - nicht vor Eintritt der Schadensfolgen dieses Aktes (Urteil des Gerichtshofes vom 27. Januar 1982 in den Rechtssachen 256/80, 257/80, 265/80, 267/80 und 5/81, Birra Wührer u. a./Rat und Kommission, Slg. 1982, 85, Randnr. 10, und Urteil des Gerichts vom 16. April 1997 in der Rechtssache T-20/94, Hartmann/Rat und Kommission, Slg. 1997, II-595, Randnr. 107).

39 Im vorliegenden Fall sind die der Klägerin durch den Erlass und die Beibehaltung des Embargos angeblich entstandenen Schadensfolgen bereits seit Beginn ihrer Geschäftstätigkeit und somit unverzüglich nach ihrer Gründung als Gesellschaft am 26. Juli 1990 eingetreten, da sie von Anfang an aufgrund dieses Embargos von Rechts wegen an der Ausübung einer der Tätigkeiten gehindert war, für die sie gegründet worden sein soll, nämlich die Einfuhr von mit bestimmten Hormonen behandeltem Rindfleisch amerikanischen Ursprungs.

40 Sollte die Klägerin der Ansicht gewesen sein, dass dieses Embargo rechtswidrig ist, war sie somit in der Lage, die außervertragliche Haftung der Gemeinschaft bereits zu Beginn ihrer Tätigkeit 1990 geltend zu machen. Zu diesem Zeitpunkt waren daher die Voraussetzungen für eine Schadensersatzklage gegen die Gemeinschaft erfuellt und begann folglich die fünfjährige Verjährungsfrist.

41 In den "Milchquoten-Rechtssachen" hat das Gericht jedoch ausgeführt, dass, wenn der Schaden nicht schlagartig verursacht worden ist, sondern sein Eintritt sich aufgrund der Beibehaltung eines rechtswidrigen Rechtsakts über eine gewisse Zeit täglich fortgesetzt hat, die Verjährung des Artikels 43 der Satzung des Gerichtshofes nach Maßgabe des Zeitpunkts der Unterbrechungshandlung den mehr als fünf Jahre vor diesem Zeitpunkt liegenden Zeitraum erfasst, ohne die später entstandenen Ansprüche zu beeinflussen (vgl. z. B. Urteil Hartmann/Rat und Kommission, Randnr. 132; vgl. ebenfalls in diesem Sinne Schlussanträge des Generalanwalts Capotorti in der Rechtssache Birra Wührer u. a./Rat und Kommission, Slg. 1982, 108, Nr. 6).

42 Nach dieser Rechtsprechung, zu der die Klägerin in ihrer Erwiderung selbst vorgetragen hat, dass sie auf den vorliegenden Fall Anwendung finden müsse, ist der Haftungsanspruch als verjährt anzusehen, soweit er auf den Ersatz des Schadens gerichtet ist, der in dem Zeitraum vor den fünf Jahren, die der Erhebung der Klage vorausgegangen sind, also vor dem 28. Juni 1995, entstanden sein soll.

43 Da die Verjährung die Voraussetzungen der Zulässigkeit der Klage betrifft (vgl. in diesem Sinne Beschluss des Gerichts vom 4. August 1999 in der Rechtssache T-106/98, Fratelli Murri/Kommission, Slg. 1999, II-2553), ist diese insoweit als unzulässig abzuweisen.

44 Darüber hinaus lässt sich in diesem Stadium der Beurteilung der Zulässigkeit der Klage nicht ausschließen, dass die Klägerin in dem Zeitraum vom 28. Juni 1995 bis zum 7. Dezember 1995 einen mit der Beibehaltung des Embargos in Zusammenhang stehenden Schaden erlitten hat. Dass das Tribunal de commerce Paris den Zeitpunkt der Zahlungseinstellung in seinem Urteil vom 7. Dezember 1995 vorläufig auf den 28. Februar 1995 festgelegt hat, bedeutet nämlich nicht zwingend, dass die Klägerin nicht mehr in der Lage war, irgendeine Geschäftstätigkeit in dem genannten Zeitraum auszuüben. Die Klage kann daher nicht ohne weiteres insgesamt wegen Verjährung als unzulässig abgewiesen werden.

Zur Begründetheit

45 Im Hinblick auf die Begründetheit der Klage betreffend den Zeitraum vom 28. Juni 1995 bis zum 7. Dezember 1995 und darüber hinaus ist festzustellen, dass gemäß Artikel 215 EG-Vertrag und nach ständiger Rechtsprechung die außervertragliche Haftung der Gemeinschaft voraussetzt, dass ein Tatbestand erfuellt ist, dessen Merkmale die Rechtswidrigkeit des den Organen zur Last gelegten Verhaltens, das Vorliegen eines Schadens und das Bestehen eines Kausalzusammenhangs zwischen diesem Verhalten und dem geltend gemachten Schaden sind. In Bezug auf die erste dieser Voraussetzungen verlangt die Rechtsprechung, dass ein hinreichend qualifizierter Verstoß gegen eine Rechtsnorm nachgewiesen wird, die bezweckt, dem Einzelnen Rechte zu verleihen (Urteil des Gerichtshofes vom 4. Juli 2000 in der Rechtssache C-352/98 P, Bergaderm und Goupil/Kommission, Slg. 2000, I-5291, Randnr. 42).

46 Zur Voraussetzung der Rechtswidrigkeit des dem Rat zur Last gelegten Verhaltens macht die Klägerin in ihrer Klageschrift geltend, dass dieses Organ durch den Erlass und die Beibehaltung der Richtlinien 81/602, 88/146 und 96/22 gegen zwei Rechtsnormen verstoßen habe, die bezweckten, dem Einzelnen Rechte zu verleihen, nämlich zum einen den Grundsatz des Vertrauensschutzes und zum anderen das SPS-Übereinkommen.

Zum Verstoß gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes

Vorbringen der Klägerin

47 Die Klägerin trägt vor, dass ihr schutzwürdiges Vertrauen verletzt worden sei. Sie habe nämlich zu Recht erwarten können, dass einerseits das Verbot der fraglichen Hormone nur vorübergehender Natur sei, bis eine geeignete wissenschaftliche Bewertung ihrer Gefahr für die menschliche Gesundheit vorliege, und dass andererseits der Bereich der in Artikel 7 der Richtlinie 88/146 vorgesehenen Abweichungen zunehmend erweitert und die Kategorien von Tieren aus den Vereinigten Staaten einschließen werde, die die Klägerin in die Gemeinschaft habe einführen wollen.

48 Auf das Vorbringen, dass 1981 bzw. 1988 erlassene Richtlinien das schutzwürdige Vertrauen einer 1990 gegründeten Gesellschaft nicht hätten verletzen können, entgegnet die Klägerin in ihrer Erwiderung, dass das Embargo erst ab 1991 von den nationalen Stellen tatsächlich angewandt worden sei, was gegen Ende dieses Jahres zu einer gravierenden Abnahme des Einfuhrstroms von amerikanischem Rindfleisch geführt habe, nachdem dieser 1989 und 1990 eine starke Zunahme erfahren habe. So habe die Klägerin bei ihrer Gründung 1990 in gutem Glauben darauf vertrauen können, dass sich die Einfuhr von amerikanischem Rindfleisch, eine Tätigkeit, die bis dahin von ihren Gründern ausgeübt und die auf sie übertragen worden sei, sich im Einklang mit der Gemeinschaftsregelung weiterentwickeln werde.

49 Außerdem hätten die im Rahmen des Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens (GATT) in den Jahren 1991 bis 1994 geführten Verhandlungen zur Schaffung der WTO erkennen lassen, dass sich eine Auslegung der Gemeinschaftsregelung im Einklang mit den in der Ausarbeitung befindlichen neuen internationalen Vorschriften durchsetzen werde.

Würdigung durch das Gericht

50 Im Urteil des Gerichtshofes vom 13. November 1990 in der Rechtssache C-331/88 (Fedesa u. a., Slg. 1990, I-4023, Randnr. 10) ist entschieden worden, dass die Richtlinie 88/146 nicht das berechtigte Vertrauen der von dem Verbot des Gebrauchs der in Rede stehenden Hormone betroffenen Wirtschaftsteilnehmer verletzt hat. Der Gerichtshof hat u. a. festgestellt, dass unter Berücksichtigung der zutage getretenen unterschiedlichen Beurteilungen die Wirtschaftsteilnehmer nicht erwarten durften, dass ein Verbot der Verabfolgung der fraglichen Stoffe an Tiere nur auf wissenschaftliche Daten gestützt werden konnte.

51 Diese Erwägungen gelten erst recht für die Wirtschaftsteilnehmer, die wie die Klägerin ihre Tätigkeit erst nach dem Erlass und dem Inkrafttreten der Richtlinie 88/146 aufgenommen haben. Im vorliegenden Fall durfte die Klägerin um so weniger mit einer Aufhebung oder Lockerung des Embargos rechnen, als die Richtlinie 88/146 zwei Jahre vor ihrer Gründung als Gesellschaft die Wirkungen der Richtlinie 81/602 erst verstärkt hatte (siehe oben, Randnr. 2) und als der Gerichtshof am 13. November 1990 die Rechtmäßigkeit des Embargos durch das Urteil Fedesa u. a. bestätigt hatte.

52 Die in Artikel 7 der Richtlinie 88/146 vorgesehene Abweichung zugunsten des Handels mit Zuchttieren und ausgedienten Zuchttieren, die im Laufe ihres Lebens im Rahmen der in Artikel 4 der Richtlinie 81/602 getroffenen Bestimmungen behandelt worden sind, und mit dem Fleisch dieser Tiere erweist sich außerdem in ihrem sachlichen und zeitlichen Geltungsbereich als zu eng, um die Klägerin veranlasst zu haben, irgendeine spätere Ausweitung zu erwarten.

53 Zu dem neuen Vorbringen in der Erwiderung, dass das Embargo erst ab 1991 tatsächlich angewandt worden sei, ist festzustellen, dass es im Widerspruch zu der Behauptung in Punkt 18 der Klageschrift steht, dass das Embargo "ab 1. Januar 1989 wirksam und anwendbar geworden [ist]". Für dieses Vorbringen, das die Organe energisch bestreiten, wird keinerlei Beweismittel vorgelegt, das seine Richtigkeit belegen könnte. Vielmehr ergibt sich aus den Unterlagen, die der schriftlichen Antwort der Klägerin auf die Fragen des Gerichts beigefügt sind, dass das Embargo, das nach 1981 von den Mitgliedstaaten nach und nach angewandt wurde, spätestens durch ein Gesetz vom 16. Juli 1984 in Frankreich, durch ein Gesetz vom 11. März 1988 in Deutschland, durch ein Königliches Dekret vom 22. November 1987 in Spanien, durch eine Verordnung von 1988 im Vereinigten Königreich, durch eine Königliche Verordnung vom 10. Januar 1990 in Belgien und durch eine Verordnung vom 13. April 1989 in Luxemburg durchgeführt wurde. Daher ist dieses Vorbringen der Klägerin zurückzuweisen.

54 Davon abgesehen könnte eine etwaige Nichtanwendung der Richtlinie 88/146 durch die Mitgliedstaaten zwischen 1989 und 1991 nicht einem Verhalten des Rates gleichgestellt werden, das schutzwürdiges Vertrauen bei den Wirtschaftsteilnehmern hätte begründen können. Außerdem hätte eine solche Nichtanwendung offensichtlich gegen die Verpflichtungen der Mitgliedstaaten aus dem Vertrag und insbesondere gegen die Verpflichtungen verstoßen, die ihnen durch die genannte Richtlinie auferlegt wurden. Nach ständiger Rechtsprechung (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichtshofes vom 12. Dezember 1985 in der Rechtssache 67/84, Sideradria/Kommission, Slg. 1985, 3983, Randnr. 21, und vom 16. Mai 1991 in der Rechtssache C-96/89, Kommission/Niederlande, Slg. 1991, I-2461, Randnr. 30) darf aber niemand auf die Aufrechterhaltung einer rechtswidrigen Situation und folglich auf eine eventuelle Untätigkeit der Mitgliedstaaten bei der Umsetzung und tatsächlichen Durchführung einer Richtlinie des Rates vertrauen.

55 Was schließlich die Auswirkungen der zwischen 1991 und 1994 im Rahmen des GATT geführten Verhandlungen angeht, so ist darauf hinzuweisen, dass niemand einen Verstoß gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes geltend machen kann, wenn die Verwaltung keine bestimmten Zusicherungen gemacht hat (Urteile des Gerichts vom 11. Dezember 1996 in der Rechtssache T-521/93, Atlanta u. a./EG, Slg. 1996, II-1707, Randnr. 57, und vom 17. Februar 1998 in der Rechtssache T-105/96, Pharos/Kommission, Slg. 1998, II-285, Randnr. 64). Die Klägerin trägt aber nicht einmal vor, dass sie von den Gemeinschaftsbehörden bestimmte Zusicherungen in Bezug auf den Ausgang dieser Verhandlungen erhalten habe. Im Übrigen können sich nach ständiger Rechtsprechung die Wirtschaftsteilnehmer nicht darauf verlassen, dass eine bestehende Lage, die nach Ermessen der Gemeinschaftsorgane geändert werden kann, beibehalten wird (vgl. z. B. Urteil des Gerichtshofes vom 15. Juli 1982 in der Rechtssache 245/81, Edeka Zentrale, Slg. 1982, 2745, Randnr. 27, und Urteil Exporteurs in Levende Varkens u. a./Kommission, Randnr. 148). Folglich dürfen die Wirtschaftsteilnehmer erst recht nicht auf eine künftige und hypothetische Änderung der Rechtsvorschriften vertrauen, insbesondere in einem Bereich wie der gemeinsamen Agrarpolitik, in dem jede Änderung der Rechtsvorschriften aufgrund ihrer möglichen Auswirkungen auf die öffentliche Gesundheit von den unvorhersehbaren Entwicklungen der wissenschaftlichen Erkenntnisse und den komplexen Bewertungen abhängt, die von der rechtsetzenden Gewalt vorzunehmen sind.

56 Der Klagegrund des Verstoßes gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes ist daher als nicht stichhaltig zurückzuweisen.

Zum Verstoß gegen das SPS-Übereinkommen

Vorbringen der Klägerin

57 Die Klägerin trägt vor, dass die fraglichen Richtlinien seit 1. Januar 1995 gegen die WTO-Übereinkünfte und insbesondere gegen das SPS-Übereinkommen verstießen, wie der DSB im Übrigen festgestellt habe. Im Rahmen einer Schadensersatzklage müsse der Gemeinschaftsrichter in der Lage sein, aus einem solchen Verstoß gegen die von der Gemeinschaft eingegangenen internationalen Verpflichtungen die Konsequenzen zu ziehen.

58 Der vorliegende Fall unterscheide sich in zweierlei Hinsicht von demjenigen, der dem Urteil des Gerichtshofes vom 23. November 1999 in der Rechtssache C-149/96 (Portugal/Rat, Slg. 1999, I-8395) zugrunde liege. Zum einen sei die hier fragliche Gemeinschaftsregelung vom DSB ausdrücklich verurteilt worden. Zum anderen sei der Verstoß der Gemeinschaft gegen ihre Verpflichtungen nicht vorübergehend und verhandelbar, sondern im Gegenteil dauerhafter Natur, da die Gemeinschaft ihre Absicht geäußert habe, das Embargo trotz des gegenwärtigen Stands der wissenschaftlichen Forschung beizubehalten (siehe oben, Randnr. 15), so dass das Argument der Elastizität des Streitbeilegungsmechanismus (Urteil Portugal/Rat, Randnr. 40) im vorliegenden Fall nicht durchgreife.

59 Noch grundsätzlicher trägt die Klägerin vor, dass das Urteil Portugal/Rat gegen den eindeutigen Wortlaut des Artikels 228 Absatz 7 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 300 Absatz 7 EG) verstoße und einer gefestigten Rechtsprechung widerspreche, nach der internationale Übereinkommen ab ihrem Inkrafttreten einen integrierenden Bestandteil der Gemeinschaftsrechtsordnung bildeten (Urteile des Gerichtshofes vom 30. April 1974 in der Rechtssache 181/73, Haegeman, Slg. 1994, 449, Randnr. 5, und vom 30. September 1987 in der Rechtssache 12/86, Demirel, Slg. 1987, 3719, Randnr. 7; vgl. auch Schlussanträge des Generalanwalts Saggio in der Rechtssache Portugal/Rat, Slg. 1999, I-8397). Da dieses Urteil auf einem "dualistischen" Verständnis der Beziehungen zwischen der Gemeinschaftsrechtsordnung und dem WTO-Recht beruhe, sei es auch mit dem Urteil des Gerichtshofes vom 16. Juni 1998 in der Rechtssache C-53/96 (Hermès, Slg. 1998, I-3603) unvereinbar, das die Frage der Auslegung dieses Rechts "monistisch" behandele.

Würdigung durch das Gericht

60 Auch wenn zwischen der Gemeinschaft und Drittstaaten geschlossene Abkommen nach Artikel 228 Absatz 7 EG-Vertrag für die Organe der Gemeinschaft und für die Mitgliedstaaten verbindlich sind und, wie der Gerichtshof u. a. in den Urteilen Haegeman und Demirel festgestellt hat, die Bestimmungen solcher Abkommen ab deren Inkrafttreten einen integrierenden Bestandteil der Gemeinschaftsrechtsordnung bilden, hat der Gerichtshof in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass die Wirkungen solcher Abkommen in der Gemeinschaftsrechtsordnung unter Berücksichtigung des Charakters und Zieles des betreffenden Abkommens zu bestimmen sind. So hat er im Urteil vom 26. Oktober 1982 in der Rechtssache 104/81 (Kupferberg, Slg. 1982, 3641, Randnr. 17) ausgeführt, dass bei der Entscheidung darüber, welche Wirkungen die Bestimmungen eines internationalen Abkommens innerhalb der Gemeinschaft entfalten, der völkerrechtliche Ursprung der fraglichen Bestimmungen nicht außer Acht gelassen werden darf und dass es nach den Grundsätzen des Völkerrechts den Vertragsparteien unbenommen bleibt, festzulegen, welche Wirkungen die Bestimmungen des Abkommens in ihrer internen Rechtsordnung haben sollen (vgl. auch Schlussanträge des Generalanwalts Gulmann in der Rechtssache C-280/93, Deutschland/Rat, Urteil des Gerichtshofes vom 5. Oktober 1994, Slg. 1994, I-4973, I-4980, Nr. 127). Insbesondere im Urteil Demirel (Randnr. 14) ist der Gerichtshof davon ausgegangen, dass eine Bestimmung eines von der Gemeinschaft mit Drittländern geschlossenen Abkommens als unmittelbar anwendbar anzusehen ist, wenn sie unter Berücksichtigung ihres Wortlauts und im Hinblick auf den Sinn und Zweck des Abkommens eine klare und eindeutige Verpflichtung enthält, deren Erfuellung oder deren Wirkungen nicht vom Erlass eines weiteren Aktes abhängen. Die Frage, ob eine derartige Bestimmung unbedingt und hinreichend klar gefasst ist, um unmittelbare Wirkung zu entfalten, muss im Rahmen des Abkommens geprüft werden, zu dem die Bestimmung gehört (Urteil Kupferberg, Randnr. 23).

61 Aus einer inzwischen gefestigten Rechtsprechung geht hervor, dass das WTO-Übereinkommen und seine Anhänge ebenso wie die Vorschriften des GATT 1947 wegen ihrer Natur und ihrer Systematik grundsätzlich nicht zu den Vorschriften gehören, an denen der Gerichtshof und das Gericht die Handlungen der Gemeinschaftsorgane gemäß Artikel 173 Absatz 1 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 230 Absatz 1 EG) messen, dass sie für den Einzelnen keine Rechte begründen, auf die er sich vor Gericht berufen könnte, und dass ihre etwaige Verletzung daher nicht die außervertragliche Haftung der Gemeinschaft auslösen kann (Urteile des Gerichtshofes in der Rechtssache Portugal/Rat, vom 14. Dezember 2000 in den Rechtssachen C-300/98 und C-392/98, Dior u. a., Slg. 2000, I-11307, und vom 9. Oktober 2001 in der Rechtssache C-377/98, Niederlande/Parlament und Rat, Slg. 2001, I-7079; Beschluss des Gerichtshofes vom 2. Mai 2001 in der Rechtssache C-307/99, OGT Fruchthandelsgesellschaft, Slg. 2001, I-3159; Urteile des Gerichts vom 20. März 2001 in der Rechtssache T-18/99, Cordis/Kommission, Slg. 2001, II-913, in der Rechtssache Bocchi Food Trade International/Kommission, in der Rechtssache T-52/99, T. Port/Kommission, Slg. 2001, II-981, und vom 12. Juli 2001 in der Rechtssache T-2/99, T. Port/Rat, Slg. 2001, II-2093, und in der Rechtssache T-3/99, Bananatrading/Rat, Slg. 2001, II-2123).

62 Die WTO-Übereinkünfte haben nämlich die Regelung und Abwicklung der Beziehungen zwischen Staaten oder Organisationen der regionalen Wirtschaftsintegration und nicht den Schutz des Einzelnen zum Gegenstand. Wie der Gerichtshof im Urteil Portugal/Rat ausgeführt hat, bauen diese Übereinkünfte auf dem Prinzip von Verhandlungen auf der Grundlage der Gegenseitigkeit und zum gemeinsamen Nutzen auf und unterscheiden sich daher von den Abkommen der Gemeinschaft mit Drittländern, die eine gewisse Asymmetrie in den Verpflichtungen begründen. Hätte der Gemeinschaftsrichter unmittelbar die Aufgabe, die Vereinbarkeit des Gemeinschaftsrechts mit diesen Regelungen zu gewährleisten, so würde den Legislativ- und Exekutivorganen der Gemeinschaft der Spielraum genommen, über den die entsprechenden Organe der Handelspartner der Gemeinschaft verfügen.

63 Nach dieser Rechtsprechung (Urteil Portugal/Rat, Randnr. 49) ist es nur dann Sache des Gemeinschaftsrichters, die Rechtmäßigkeit der fraglichen Gemeinschaftshandlung anhand der Vorschriften der WTO zu prüfen, wenn die Gemeinschaft eine bestimmte, im Rahmen der WTO übernommene Verpflichtung umsetzt oder wenn die Gemeinschaftshandlung ausdrücklich auf spezielle Bestimmungen der WTO-Übereinkünfte verweist (vgl. für das GATT 1947 Urteile des Gerichtshofes vom 22. Juni 1989 in der Rechtssache 70/87, Fediol/Kommission, Slg. 1989, 1781, Randnrn. 19 bis 22, und vom 7. Mai 1991 in der Rechtssache C-69/89, Nakajima/Rat, Slg. 1991, I-2069, Randnr. 31).

64 Die vorliegenden Umstände entsprechen offenkundig keinem der beiden in der vorstehenden Randnummer erwähnten Fälle. Da die Richtlinien 81/602 und 88/146 nämlich mehrere Jahre vor dem Inkrafttreten des SPS-Übereinkommens am 1. Januar 1995 erlassen worden sind, können sie logischerweise weder eine bestimmte, im Rahmen dieses Übereinkommens übernommene Verpflichtung umsetzen noch ausdrücklich auf einzelne Bestimmungen dieses Übereinkommens verweisen.

65 Im vorliegenden Fall kann sich die Klägerin daher nicht mit Erfolg auf einen Verstoß gegen das SPS-Übereinkommen berufen.

66 Durch die erwähnte Entscheidung des DSB vom 13. Februar 1998 wird diese Würdigung nicht in Frage gestellt.

67 Denn diese Entscheidung steht notwendig und unmittelbar mit dem Klagegrund des Verstoßes gegen das SPS-Übereinkommen im Zusammenhang und könnte daher nur berücksichtigt werden, wenn die unmittelbare Wirkung dieses Übereinkommens im Rahmen eines auf die Rechtsunwirksamkeit der fraglichen Richtlinien gerichteten Klagegrundes vom Gemeinschaftsrichter bestätigt worden wäre (vgl. in Bezug auf eine Entscheidung des DSB, mit der die Unvereinbarkeit einiger Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts mit dem GATT 1994 festgestellt wurde, Urteil des Gerichtshofes vom 14. Oktober 1999 in der Rechtssache C-104/97 P, Atlanta/Europäische Gemeinschaft, Slg. 1999, I-6983, Randnrn. 19 und 20).

68 Der Klagegrund des Verstoßes gegen das SPS-Übereinkommen ist daher als nicht stichhaltig zurückzuweisen.

69 Da es der Klägerin somit nicht gelungen ist, die Rechtswidrigkeit des dem beklagten Organ vorgeworfenen Verhaltens nachzuweisen, ist die Klage in jedem Fall als unbegründet abzuweisen, ohne dass die übrigen Voraussetzungen für die außervertragliche Haftung der Gemeinschaft geprüft werden müssten (vgl. z. B. Urteil Atlanta/Europäische Gemeinschaft, Randnr. 65).

70 In ihrer Erwiderung fordert die Klägerin das Gericht jedoch hilfsweise auf, "seine Rechtsprechung weiterzuentwickeln" in Richtung eines Systems der Haftung der Gemeinschaft für rechtmäßiges Handeln bei Rechtsnormen. Dafür verweist sie u. a. auf die "Verteidigung des Rechtsstaats", die Selbständigkeit der Schadensersatzklage, die allgemeinen Rechtsgrundsätze, die den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten gemeinsam sind, und Billigkeitserwägungen im Zusammenhang mit der Anwendung des "Vorsorgeprinzips".

71 Diese Argumentation, die die Grundlage der Haftung der Gemeinschaft verändert, ist ein neues Angriffsmittel, das nach Artikel 48 der Verfahrensordnung des Gerichts im Laufe des Verfahrens nicht mehr vorgebracht werden kann (Urteil Atlanta/Europäische Gemeinschaft, Randnrn. 27 bis 29).

72 Nach alledem ist die Klage, soweit sie nicht unzulässig ist, jedenfalls unbegründet.

Kostenentscheidung:

Kosten

73 Gemäß Artikel 87 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerin unterlegen ist, sind ihr entsprechend dem Antrag des Rates die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. Gemäß Artikel 87 § 4 der Verfahrensordnung, wonach die Organe, die dem Rechtsstreit als Streithelfer beigetreten sind, ihre eigenen Kosten tragen, trägt jedoch die Kommission ihre eigenen Kosten.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DAS GERICHT

(Erste Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1. Die Klage wird als zum Teil unzulässig und im Übrigen unbegründet abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt neben ihren eigenen Kosten die Kosten des Rates. Die Kommission trägt ihre eigenen Kosten.

Ende der Entscheidung

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