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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäisches Gericht
Beschluss verkündet am 25.02.1992
Aktenzeichen: T-18/89 (1)
Rechtsgebiete:


Vorschriften:

Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

Der Gemeinschaftsrichter hat nicht die von den Parteien ihren eigenen Anwälten geschuldeten Vergütungen festzusetzen, sondern den Betrag zu bestimmen, bis zu dem die Erstattung dieser Vergütungen von der zur Tragung der Kosten verurteilten Partei verlangt werden kann. Daraus folgt, daß das Gericht weder eine nationale Gebührenordnung für Anwälte noch eine eventuell getroffene Gebührenvereinbarung zu berücksichtigen braucht.

Da das Gemeinschaftsrecht keine Gebührenordnung kennt, hat der Gemeinschaftsrichter die Gegebenheiten des Einzelfalls frei zu würdigen und dabei den Gegenstand und die Art des Rechtsstreits, seine Bedeutung aus gemeinschaftsrechtlicher Sicht sowie seinen Schwierigkeitsgrad, den Arbeitsaufwand des Anwalts im Zusammenhang mit dem Verfahren und das wirtschaftliche Interesse zu berücksichtigen, das die Parteien am Ausgang des Rechtsstreits hatten.


BESCHLUSS DES GERICHTS ERSTER INSTANZ (VIERTE KAMMER) VOM 25. FEBRUAR 1992. - HARISSIOS TAGARAS GEGEN GERICHTSHOF DER EUROPAEISCHEN GEMEINSCHAFTEN. - KOSTENFESTSETZUNG. - VERBUNDENE RECHTSSACHEN T-18/89 UND T-24/89 DEPE.

Entscheidungsgründe:

1 Der Antragsteller hat mit Klageschrift, die am 2. Juni 1987 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, eine unter der Nummer 162/87 eingetragene Klage erhoben, die zum einen die Aufhebung der Entscheidung des Gerichtshofes vom 23. September 1986 über seine Ernennung zum Beamten auf Probe, soweit er mit ihr in die erste Dienstaltersstufe der Besoldungsgruppe A 7 eingestuft worden ist, und zum anderen die Aufhebung der stillschweigenden Zurückweisung seiner Beschwerde vom 7. November 1986 zum Gegenstand hat. Am 26. August 1987 hat der Antragsgegner eine Einrede der Unzulässigkeit gegenüber dieser Klage erhoben. Am 24. September 1987 hat der Antragsteller zu dieser Einrede der Unzulässigkeit Stellung genommen.

2 Der Antragsteller hat mit Klageschrift, die am 18. November 1987 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, für den Fall, daß die Klage vom 2. Juni 1987 als unzulässig abgewiesen wird, eine zweite Klage erhoben, die auf die Aufhebung der Entscheidung des Gerichtshofes vom 23. September 1986 über seine Ernennung zum Beamten auf Probe, soweit er mit ihr in die erste Dienstaltersstufe der Besoldungsgruppe A 7 eingestuft worden ist, der stillschweigenden Ablehnung seines Antrags vom 7. November 1986 und der stillschweigenden Zurückweisung seiner Beschwerde vom 12. Mai 1987 gerichtet ist. Diese Klage wurde unter der Nummer 351/87 eingetragen. Auch gegenüber dieser zweiten Klage hat der Antragsgegner am 8. Januar 1988 eine Einrede der Unzulässigkeit erhoben. Der Antragsteller hat am 13. Januar 1988 zu dieser zweiten Einrede der Unzulässigkeit Stellung genommen.

3 Mit Beschluß vom 10. Februar 1988 hat der Gerichtshof (Dritte Kammer) die Rechtssachen 162/87 und 351/87 zu gemeinsamem schriftlichen und mündlichen Verfahren sowie gemeinsamer Entscheidung verbunden und beschlossen, die Entscheidung über die Einreden der Unzulässigkeit dem Endurteil vorzubehalten.

4 Am 8. April 1988 hat der Antragsgegner Rechtsanwalt Loukopoulos, Athen, als Beistand seines Bevollmächtigten benannt.

5 Gemäß Artikel 14 des Beschlusses des Rates vom 24. Oktober 1988 zur Errichtung eines Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften hat der Gerichtshof (Dritte Kammer) die genannten Rechtssachen mit Beschluß vom 15. November 1989 an das Gericht verwiesen. Bei der Kanzlei des Gerichts ist die Rechtssache 162/87 unter der Nummer T-18/89 und die Rechtssache 351/87 unter der Nummer T-24/89 eingetragen worden.

6 In diesen Rechtssachen ist der Antragsteller im schriftlichen Verfahren von Rechtsanwalt E. Sachpekidou, Thessaloniki, und in der mündlichen Verhandlung von Rechtsanwalt A. Kalogeropoulos, Athen, vertreten worden.

7 In diesen Rechtssachen erging am 7. Februar 1991 ein Urteil des Gerichts, mit dem die erste Klage (T-18/89) für unzulässig, die zweite Klage (T-24/89) für zulässig erklärt wurde; die Entscheidung des Gerichtshofes vom 23. September 1986 wurde aufgehoben, soweit mit ihr die Einstufung des Antragstellers in die Dienstaltersstufe festgesetzt worden war, und der Antragsgegner wurde verurteilt, die gesamten Kosten der beiden Rechtssachen zu tragen. Das Gericht verurteilte den Antragsgegner, die Kosten der für unzulässig erklärten Klage zu tragen, weil es der Ansicht war, daß er durch sein Verhalten dem Antragsteller Anlaß gegeben hatte, zur Verteidigung seiner Rechte zwei Klagen zu erheben.

8 Am 30. April 1991 sandte Rechtsanwalt Kalogeropoulos dem Antragsgegner zwei detaillierte Aufstellungen über die in den Verfahren in den beiden Rechtssachen entstandenen Gebühren und Kosten, die sich auf 295 000 bzw. 50 280 BFR beliefen.

9 Mit Schreiben vom 10. Juni 1991 an den Rechtsanwalt des Antragstellers informierte der Bevollmächtigte des Antragsgegners diesen darüber, daß der Antragsgegner die geforderten Gebühren "unter anderem angesichts des relativen Schwierigkeitsgrades der Akten und der ihm zur Verfügung stehenden Vergleichsmöglichkeiten" für überhöht halte. Er ließ ihn wissen, daß der Antragsgegner bereit sei, einen Betrag von 150 000 BFR als Gebühren zu bezahlen.

10 Am 2. August 1991 sandte der Antragsteller ein Schreiben an den Bevollmächtigten des Antragsgegners, in dem er sich bereit erklärte, ungeachtet dessen, daß er seine anfängliche Forderung weiterhin für berechtigt und angemessen halte, deren Betrag herabzusetzen, um zu einer sofortigen und endgültigen Lösung der Streitigkeit zu kommen. Er war bereit, auf 35 % der Gebührenerstattungsforderung zu verzichten mit Ausnahme der die mündliche Verhandlung betreffenden Gebühren, so daß sich seine Forderung auf 219 000 BFR belief.

11 Mit Schreiben vom 18. September 1991 wurde der Rechtsanwalt des Antragstellers darüber informiert, daß der Antragsgegner seine Zustimmung dazu gegeben habe, ihm 175 000 BFR als Gebühren und 50 280 BFR als Kosten zu zahlen.

12 Unter diesen Umständen hat der Antragsteller mit Schriftsatz, der am 15. November 1991 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, Antrag auf Kostenfestsetzung gestellt.

13 Wie der Gerichtshof mehrfach entschieden hat, hat der Gemeinschaftsrichter "nicht die von den Parteien ihren eigenen Anwälten geschuldeten Vergütungen festzusetzen, sondern den Betrag zu bestimmen, bis zu dem die Erstattung dieser Vergütungen von der zur Tragung der Kosten verurteilten Partei verlangt werden kann". Daraus folgt, daß das Gericht "weder eine nationale Gebührenordnung für Anwälte noch eine eventuell zwischen der betroffenen Partei und ihren Bevollmächtigten oder Beiständen getroffene Gebührenvereinbarung zu berücksichtigen" braucht. Da das Gemeinschaftsrecht keine Gebührenordnung kennt, hat das Gericht "die Gegebenheiten des Einzelfalls frei zu würdigen und dabei den Gegenstand und die Art des Rechtsstreits, seine Bedeutung aus gemeinschaftsrechtlicher Sicht sowie seinen Schwierigkeitsgrad, den Arbeitsaufwand der tätig gewordenen Bevollmächtigten oder Beistände im Zusammenhang mit dem Verfahren und das wirtschaftliche Interesse zu berücksichtigen, das die Parteien am Ausgang des Rechtsstreits hatten" (Beschluß des Gerichtshofes vom 26. November 1985 in der Rechtssache 318/82, Leeuwarder Papierwarenfabriek/Kommission, Slg. 1985, 3727).

14 In Anbetracht der vorangehenden Ausführungen und unter Berücksichtigung des Schwierigkeitsgrades des Rechtsstreits, der Zahl der abgefassten Schriftsätze und des mit einer Reise nach Luxemburg zur Teilnahme an der mündlichen Verhandlung verbundenen Zeitaufwands ist der Gesamtbetrag der dem Antragsteller zu erstattenden Kosten wegen Zahlung von Anwaltsgebühren auf 220 000 BFR zuzueglich der auf diesen Betrag möglicherweise geschuldeten Mehrwertsteuer festzusetzen.

15 Da das Gericht bei der Festsetzung der erstattungsfähigen Kosten alle Umstände der Rechtssache bis zum Zeitpunkt der Festsetzung berücksichtigt hat, ist über die Kosten der Parteien in diesem Nachverfahren nicht gesondert zu entscheiden.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DAS GERICHT (Vierte Kammer)

beschlossen:

Der Gesamtbetrag der dem Antragsteller vom Antragsgegner zu erstattenden Kosten wegen Zahlung von Anwaltsgebühren wird auf 220 000 Belgische Franken zuzueglich der eventuell auf diesen Betrag geschuldeten Mehrwertsteuer festgesetzt.

Luxemburg, den 25. Februar 1992.

Ende der Entscheidung

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