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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäisches Gericht
Urteil verkündet am 27.11.2003
Aktenzeichen: T-190/00
Rechtsgebiete: Verordnung (EG) Nr. 40/94 vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke


Vorschriften:

Verordnung (EG) Nr. 40/94 vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke Art. 7 Abs. 1 Buchst. c
Verordnung (EG) Nr. 40/94 vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke Art. 7 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

Urteil des Gerichts Erster Instanz (Fünfte erweiterte Kammer) vom 27. November 2003. - Regione Siciliana gegen Kommission der Europäischen Gemeinschaften. - Staatliche Beihilfen - Betriebskredite - Zulässigkeit - Klagefrist - Bestätigende Maßnahme - Nichtigkeitsklage - Bestehende Beihilfe oder neue Beihilfe - Grundsatz Tempus regit actum - Ausfuhrbeihilfe - Betriebsbeihilfe - Angemessene Frist. - Rechtssache T-190/00.

Parteien:

In der Rechtssache T-190/00

Regione Siciliana, vertreten durch F. Quadri, avvocato dello Stato, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Klägerin,

gegen

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch V. Di Bucci und D. Triantafyllou als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Beklagte,

wegen Nichtigerklärung der Entscheidung 2000/319/EG der Kommission vom 22. Dezember 1999 über eine staatliche Beihilfe Italiens zur Förderung der Erzeugung, Verarbeitung und Vermarktung von Erzeugnissen gemäß Anhang I EG-Vertrag (Gesetz Nr. 68 der Region Sizilien vom 27. September 1995) (ABl. 2000, L 110, S. 17), soweit darin die staatlichen Beihilfen gemäß Artikel 6 des Gesetzes Nr. 68 der Region Sizilien vom 27. September 1995 zugunsten von Betrieben des Agrar- und Fischereisektors für mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar erklärt werden und Italien aufgefordert wird, diese Beihilferegelungen nicht anzuwenden,

erlässt DAS GERICHT ERSTER INSTANZ

DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN

(Fünfte erweiterte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten R. García-Valdecasas, der Richterin P. Lindh sowie der Richter J. D. Cooke, A. W. H. Meij und H. Legal,

Kanzler: J. Palacio González, Hauptverwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 15. Mai 2003

folgendes

Urteil

Entscheidungsgründe:

Rechtlicher Rahmen

1 Artikel 93 Absatz 1 EG-Vertrag (jetzt Artikel 88 Absatz 1 EG) sieht vor, dass die Kommission den Mitgliedstaaten hinsichtlich der in diesen bestehenden Beihilferegelungen die zweckdienlichen Maßnahmen vorschlägt, welche die fortschreitende Entwicklung und das Funktionieren des Gemeinsamen Marktes erfordern. Auf dieser Grundlage hat die Kommission in einer am 16. Februar 1996 veröffentlichten Mitteilung betreffend staatliche Beihilfen für kurzfristige Kredite in der Landwirtschaft (ABl. C 44, S. 2, im Folgenden: Mitteilung Betriebskredite) die Kriterien für die Vereinbarkeit von Betriebskrediten mit den Vorschriften des EG-Vertrags über staatliche Beihilfen festgelegt.

2 Am 4. Juli 1997 teilte die Kommission den Mitgliedstaaten ihre Entscheidung mit, die Anwendung der Mitteilung Betriebskredite auszusetzen, da gewisse Auslegungsprobleme festgestellt worden seien. Mit Schreiben vom 19. Dezember 1997 informierte sie die Mitgliedstaaten, dass diese Aussetzung am 30. Juni 1998 ende; ab diesem Zeitpunkt werde sie die Mitteilung Betriebskredite entsprechend der in diesem Schreiben dargelegten Auslegung anwenden.

3 Die Praxis der Kommission vor Anwendung der Mitteilung Betriebskredite wird in einem Papier der Kommission "Wettbewerbspolitik in der Landwirtschaft" (Nr. 22, Grünes Europa - Mitteilungen zur Gemeinsamen Agrarpolitik, Amt für amtliche Veröffentlichungen der Europäischen Gemeinschaften, Luxemburg, 1987, S. 12) dargelegt:

"Ganz allgemein hat sich die Kommission bei den staatlichen Betriebsmittelbeihilfen das Recht vorbehalten, zu einem späteren Zeitpunkt Stellung zu nehmen. Beihilfen, die in Form von zinsverbilligten Betriebskrediten gewährt werden, gelten jedoch als nicht mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar, wenn sie:

- für mehr als ein Wirtschaftsjahr (12 Monate) oder

- für ein bestimmtes Erzeugnis oder eine bestimmte Operation (z. B. Lagerung von Wein, Kauf von Rindern, usw.)

gewährt wird.

Der Grund hierfür ist, dass die Agrarerzeugung wegen der Besonderheiten aufgrund der Produktionszyklen einen spezifischen Finanzierungsbedarf hat."

4 Hierzu heißt es im Siebzehnten Bericht über die Wettbewerbspolitik (Amt für amtliche Veröffentlichungen der Europäischen Gemeinschaften, Luxemburg, 1988, Nr. 259), dass die von der Kommission verfolgten Grundleitlinien bei der Anwendung der Wettbewerbsregeln in der Landwirtschaft in dem oben zitierten Text dargestellt seien.

5 Diese Praxis ist auch in der Mitteilung Betriebskredite erwähnt, in der - vor Darstellung der künftig anwendbaren neuen Regeln - darauf hingewiesen wird, dass die von der Kommission seit vielen Jahren verfolgte Politik staatliche Beihilfen in der Landwirtschaft in Form von zinsverbilligten kurzfristigen Krediten zulasse und dass die "einzigen von der Kommission geforderten Voraussetzungen eine Laufzeit von maximal einem Jahr und die Nichtbeschränkung der Verfügbarkeit dieser Beihilfen auf gleichzeitig ein Erzeugnis und eine Maßnahme seien"; ferner wird dort ausgeführt, dass es "weder eine Intensitätsgrenze für das Beihilfeelement noch eine Bestimmung [gibt], die einer jährlichen Verlängerung des zinsverbilligten Kredits für die Begünstigten entgegensteht" (fünfter Absatz der Mitteilung Betriebskredite).

6 Hinsichtlich der als "neu" qualifizierten Beihilfen sieht Artikel 93 Absatz 3 EG-Vertrag (jetzt Artikel 88 Absatz 3 EG) vor:

"Die Kommission wird von jeder beabsichtigten Einführung oder Umgestaltung von Beihilfen so rechtzeitig unterrichtet, dass sie sich dazu äußern kann. Ist sie der Auffassung, dass ein derartiges Vorhaben nach Artikel 92 [jetzt Artikel 87 EG] mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar ist, so leitet sie unverzüglich das in Absatz 2 vorgesehene Verfahren ein. Der betreffende Mitgliedstaat darf die beabsichtigte Maßnahme nicht durchführen, bevor die Kommission eine abschließende Entscheidung erlassen hat."

7 Der Inhalt von Artikel 93 ist durch die Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates vom 22. März 1999 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 93 des EG-Vertrags (ABl. L 83, S. 1), die am 16. April 1999 in Kraft getreten ist, näher bestimmt worden.

Sachverhalt

A - Die mit Artikel 48 des Regionalgesetzes Nr. 32 vom 23. Mai 1991 eingeführte Beihilferegelung und ihre Prüfung durch die Kommission

8 Mit Schreiben vom 10. Juni 1991 meldete die italienische Regierung bei der Kommission nach Artikel 93 Absatz 3 EG-Vertrag (jetzt Artikel 88 Absatz 3 EG) eine Beihilferegelung an, die die Region Sizilien im Rahmen des Regionalgesetzes Nr. 32 vom 23. Mai 1991 (im Folgenden: Regionalgesetz Nr. 32/91) im Hinblick auf Interventionen im Agrarsektor eingeführt hatte.

9 Artikel 48 des Regionalgesetzes Nr. 32/91 sah für den Zeitraum 1991-1993 die Gewährung eines Zuschusses zu den Zinsen vor, die Handelsunternehmen mit Sitz und Geschäftsbetrieb in Sizilien, die ihren Umsatz zu mindestens 70 % durch den Verkauf von Zitrusfrüchten sowie Obst und Gemüse außerhalb der Region erwirtschafteten, Kreditinstituten aus Darlehen mit höchstens einjähriger Laufzeit schuldeten. Artikel 48 lautet wie folgt:

"1. Der für die Land- und Forstwirtschaft zuständige Regionalassessor wird ermächtigt, in den drei Jahren 1991-1993 einen Zuschuss zu den Zinsen zu gewähren, die Handelsunternehmen mit Sitz und Geschäftsbetrieb in Sizilien, die ihren Umsatz zu mindestens 70 % durch den Verkauf von Zitrusfrüchten sowie Obst und Gemüse außerhalb der Region erwirtschaften, Kreditinstituten aus Betriebsdarlehen mit höchstens einjähriger Laufzeit schulden.

2. Der von den Handelsunternehmen zu tragende Restzinssatz entspricht dem nach Artikel 4 Absatz 2 Nummer 1 des Regionalgesetzes Nr. 13 vom 25. März 1986 festgesetzten Zinssatz.

3. Mit Ausnahme des Wirtschaftsjahres 1990-1991 wird das vergünstigte Darlehen unter der Voraussetzung gewährt, dass mindestens 51 % der verkauften Erzeugnisse gemäß den Vereinbarungen zwischen den Berufsgruppen bei Agrargenossenschaften und ihren Mitgliedern und bei anerkannten Agrarerzeugerassoziationen erworben werden.

4. Die Höhe des vergünstigten Darlehens - bemessen nach den einheitlichen Hoechstwerten, die jährlich gemäß Artikel 18 Absatz 4 des Regionalgesetzes Nr. 13 vom 25. März 1986 festgesetzt werden - darf in keinem Fall 50 % des sich aus den Mehrwertsteuererklärungen ergebenden durchschnittlichen Umsatzes der letzten drei Jahre übersteigen.

5. Die durch die Beihilfe begünstigten Unternehmen sind verpflichtet, die Arbeitsplätze zu erhalten und die Kollektivarbeitsverträge zu beachten. Wird ein Verstoß gegen diese Verpflichtung festgestellt, widerruft der Regionalassessor für Land- und Forstwirtschaft die gewährte Vergünstigung und verlangt den ausbezahlten Betrag zuzüglich gesetzlicher Zinsen zurück.

6. Zur Durchführung dieses Artikels werden für die drei Jahre 1991-1993 Ausgaben in Höhe von 30 000 Millionen Lire genehmigt, von denen 10 000 Millionen Lire zu Lasten des Haushaltsjahres 1991 gehen.

7. Die in diesem Artikel genehmigten Ausgaben sind zu mindestens 70 % für den Agrarsektor bestimmt."

10 Mit Schreiben vom 14. Dezember 1992 teilte die Kommission der italienischen Regierung in Bezug auf Artikel 48 des Regionalgesetzes Nr. 32/91 mit, dass "die Kommission gegen die Gewährung der Beihilfen in Form von zinsvergünstigten Betriebskrediten keine Einwände erhebt, sich aber vorbehält, ihren Standpunkt zu einem späteren Zeitpunkt gemäß Artikel 93 Absatz 1 EG-Vertrag zu ändern".

B - Die Refinanzierung der mit Artikel 48 des Regionalgesetzes Nr. 32/91 eingeführten Beihilferegelung durch Artikel 7 des Regionalgesetzes Nr. 81 vom 7. November 1995 und durch Artikel 20 des Regionalgesetzes Nr. 33 vom 18. Mai 1996 und ihre Prüfung durch die Kommission

11 Mit Schreiben vom 6. Dezember 1995 meldete die italienische Regierung bei der Kommission nach Artikel 93 Absatz 3 EG-Vertrag (jetzt Artikel 88 Absatz 3 EG) eine Beihilferegelung an, die die Region Sizilien im Rahmen des Regionalgesetzes Nr. 81 vom 7. November 1995 (im Folgenden: Regionalgesetz Nr. 81/95) im Hinblick auf mehrere Interventionen im Agrarsektor eingeführt hatte. Artikel 7 genehmigte für das Haushaltsjahr 1995 die Refinanzierung der Beihilferegelung, die durch Artikel 48 des Regionalgesetzes Nr. 32/91 für das (Landwirtschafts-)Jahr 1992/1993 eingeführt worden war:

"Zu den in Artikel 48 des Regionalgesetzes Nr. 32 vom 23. Mai 1991 genannten Zwecken wird für das Haushaltsjahr 1995 die Ausgabe von 2 000 Millionen Lire für das [Landwirtschafts-]Jahr 1992-1993 genehmigt".

12 Mit Schreiben vom 2. Mai 1996 übermittelte die italienische Regierung der Kommission den Text von Artikel 20 des Regionalgesetzes Nr. 33 vom 18. Mai 1996 (im Folgenden: Regionalgesetz Nr. 33/96), der auf Artikel 7 des Regionalgesetzes Nr. 81/95 verweist und für das Haushaltsjahr 1996 die Refinanzierung der Beihilferegelung genehmigt, die durch Artikel 48 des Regionalgesetzes Nr. 32/91 für das Erntejahr 1992/1993 eingeführt worden war:

"Zu den in Artikel 48 des Regionalgesetzes Nr. 32 vom 23. Mai 1991 genannten Zwecken wird für das Haushaltsjahr 1996 zusätzlich zu dem in Artikel 7 des Regionalgesetzes Nr. 81 vom 7. November 1995 genannten Betrag die Ausgabe von 2 000 Millionen Lire für das [Landwirtschafts-]Jahr 1992-1993 genehmigt".

13 Mit Schreiben vom 23. Januar 1997 teilte die Kommission der italienischen Regierung mit, dass sie keine Einwände gegen die vorgenannten Vorschriften zur Refinanzierung von Artikel 48 des Regionalgesetzes Nr. 32/91 für das Erntejahr 1992/1993 habe. In diesem Schreiben heißt es u. a.:

"Die Kommission hat beschlossen, keine Einwände gegen die in Artikel 7 des Regionalgesetzes Nr. 81/95 und in Artikel 20 des Regionalgesetzes Nr. 33/96 vorgesehenen Beihilfen zu erheben. Bei Erlass dieser Entscheidung hat die Kommission zur Kenntnis genommen, dass die für eine solche Maßnahme bestimmten Beträge diejenigen betreffend das Erntejahr 1992/93 sind und dass es sich um verspätete Auszahlungen im Zusammenhang mit einer bestehenden Beihilfemaßnahme handelt (Beihilfe Nr. 377/91).

Folglich gilt die Beurteilung der Kommission, mit der sie Artikel 48 des Regionalgesetzes Nr. 32/91 gebilligt hat, auch für die in Artikel 7 des Regionalgesetzes Nr. 81/95 und in Artikel 20 des Regionalgesetzes Nr. 33/96 vorgesehene Finanzierung."

C - Die mit Artikel 6 des Regionalgesetzes Nr. 68 vom 27. September 1995 eingeführte Beihilferegelung und ihre Prüfung durch die Kommission

14 Mit Schreiben vom 8. August 1995 meldete die italienische Regierung bei der Kommission nach Artikel 93 Absatz 3 EG-Vertrag (jetzt Artikel 88 Absatz 3 EG) eine Beihilferegelung an, die die Region Sizilien im Rahmen eines geplanten Regionalgesetzes, das dann als Regionalgesetz Nr. 68 vom 27. September 1995 (im Folgenden: Regionalgesetz Nr. 68/95) erging, einzuführen beabsichtigte.

15 Artikel 6 des Regionalgesetzes Nr. 68/95 sah eine Beihilferegelung zugunsten von Unternehmen des Agrar- oder Fischereisektors vor, die im Wesentlichen Folgendes bestimmt:

"1. Der für Zusammenarbeit, Handel, Handwerk und Fischerei zuständige Regionalassessor wird ermächtigt, in den drei Jahren 1995-1997 für die Wirtschaftsjahre 1993-1994, 1994-1995 und 1995-1996 einen Zuschuss zu den Zinsen zu gewähren, die in Sizilien tätige Handelsunternehmen, die ihren Umsatz zu mindestens 70 % durch den Verkauf von Zitrusfrüchten sowie Obst und Gemüse außerhalb der Region erwirtschaften, Kreditinstituten aus Betriebsdarlehen mit höchstens einjähriger Laufzeit schulden.

2. Der von den Handelsunternehmen zu tragende Restzinssatz entspricht dem nach Artikel 4 Absatz 2 Nummer 1 des Regionalgesetzes Nr. 13 vom 25. März 1986 festgesetzten Zinssatz.

3. Die Höhe des vergünstigten Darlehens - bemessen nach den einheitlichen Hoechstwerten, die jährlich gemäß Artikel 18 Absatz 1 Nummern 1 und 2 des Regionalgesetzes Nr. 13 vom 25. März 1986 festgesetzt werden - darf in keinem Fall 50 % des sich aus den Mehrwertsteuererklärungen ergebenden durchschnittlichen Umsatzes der letzten drei Jahre übersteigen.

4. Die durch die Beihilfe begünstigten Unternehmen sind verpflichtet, die Arbeitsplätze zu erhalten. Wird ein Verstoß gegen diese Verpflichtung festgestellt, widerruft der Regionalassessor für Zusammenarbeit, Handel, Handwerk und Fischerei die gewährte Vergünstigung und verlangt den ausbezahlten Betrag zuzüglich gesetzlicher Zinsen zurück.

5. Die in diesem Artikel genehmigten Ausgaben sind zu mindestens 70 % für den Zitrusfruchtsektor bestimmt.

6. Zur Durchführung dieses Artikels werden für die drei Jahre 1995-1997 Ausgaben in Höhe von 15 000 Millionen Lire genehmigt, davon 2 000 Millionen Lire im Haushaltsjahr 1995, 7 000 Millionen Lire im Haushaltsjahr 1996 und 6 000 Millionen Lire im Haushaltsjahr 1997.

7. Die auf das Haushaltsjahr 1995 entfallende Verbindlichkeit von 2 000 Millionen Lire wird durch einem Teil der verfügbaren Mittel des Kapitels 21257 des Haushaltsplans der Region für dieses Haushaltsjahr abgedeckt. Für die auf die Haushaltsjahre 1996 und 1997 entfallende Restverbindlichkeit von 13 000 Millionen Lire werden im mehrjährigen Haushaltsplan der Region - Kode 2001 - Mittel bereitgestellt."

16 Mit Schreiben vom 13. Februar 1998 teilte die Kommission Italien ihren Beschluss mit, dass sie wegen der Anwendung der im Regionalgesetz Nr. 68/95 vorgesehenen Beihilferegelung auf die Sektoren Landwirtschaft, Fischerei und Aquakultur das Verfahren nach Artikel 93 Absatz 2 EG-Vertrag (jetzt Artikel 88 Absatz 2 EG) einleiten werde. Dieser Beschluss wurde am 21. März 1998 im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften (ABl. C 86, S. 3) veröffentlicht. Die Kommission forderte die Betroffenen auf, sich zu den fraglichen Beihilfen zu äußern.

17 Die Kommission begründete die Einleitung des vorgenannten Verfahrens - in dem Abschnitt zu Artikel 6 - damit, dass sie Zweifel daran habe, ob die Beihilfen als echte Betriebskredite (im Sinne von "Erntejahrkrediten") angesehen werden könnten, denn diese Kredite schienen eher der Definition für Ausfuhrbeihilfen zu entsprechen, da sie für exportorientierte Unternehmen bestimmt gewesen und unter Zugrundelegung der Höhe (50 %) des Unternehmensumsatzes berechnet worden seien, der sich größtenteils aus Ausfuhrerlösen ergebe (siehe Begründungserwägung 2.7 des Beschlusses zur Einleitung des Verfahrens nach Artikel 88 Absatz 2 EG).

18 Mit Schreiben vom 30. Juni 1998 übermittelte Italien der Kommission eine Stellungnahme. Von den übrigen Betroffenen gingen keine Stellungnahmen ein. Die Kommission forderte mit Fernschreiben vom 10. November 1998 ergänzende Auskünfte zu Artikel 6 des Regionalgesetzes Nr. 68/95 an. Mit Schreiben vom 19. November 1998 übermittelte Italien der Kommission diese Auskünfte.

19 Am 22. Dezember 1999 erließ die Kommission die Entscheidung 2000/319/EG, mit der sie u. a. die staatlichen Beihilfen gemäß Artikel 6 des Regionalgesetzes Nr. 68/95 zugunsten von Betrieben des Agrar- und Fischereisektors für mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar erklärte und Italien aufforderte, diese Beihilferegelungen aufzuheben (im Folgenden: angefochtene Entscheidung). Diese Entscheidung wurde am 6. Mai 2000 im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften veröffentlicht (ABl. L 110, S. 17).

Verfahren und Anträge der Parteien

20 Die Klägerin hat mit Klageschrift, die am 20. Juli 2000 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, die vorliegende Klage erhoben.

21 Die Klägerin beantragt,

- die angefochtene Entscheidung für nichtig zu erklären, soweit darin die staatlichen Beihilfen gemäß Artikel 6 des Regionalgesetzes Nr. 68/95 zugunsten von Betrieben des Agrar- und Fischereisektors für mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar erklärt werden und Italien aufgefordert wird, diese Beihilferegelungen aufzuheben;

- der Kommission die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

22 Die Kommission beantragt,

- die Klage als unzulässig, andernfalls als unbegründet, abzuweisen;

- der Klägerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

23 Das Gericht (Fünfte erweiterte Kammer) hat auf Bericht des Berichterstatters beschlossen, die mündliche Verhandlung zu eröffnen.

24 Die Parteien sind zu der mündlichen Verhandlung vom 15. Mai 2003, zu der die Klägerin nicht erschienen ist, ordnungsgemäß geladen worden. Die Kommission hat in der Sitzung mündlich verhandelt und mündliche Fragen des Gerichts beantwortet.

Zur Zulässigkeit

Vorbringen der Parteien

25 Die Kommission erinnert daran, dass nach Artikel 230 Absatz 5 EG Klagen auf Nichtigerklärung einer Handlung der Gemeinschaftsorgane binnen zwei Monaten zu erheben seien, wobei diese Frist je nach Lage des Falles von der Bekanntgabe der betreffenden Handlung, ihrer Mitteilung an den Kläger oder in Ermangelung dessen von dem Zeitpunkt an laufe, zu dem der Kläger von dieser Handlung Kenntnis erlangt habe, und weist das Gericht - ohne jedoch eine förmliche Einrede der Unzulässigkeit zu erheben - darauf hin, dass im vorliegenden Fall die Klage binnen zwei Monaten ab der Bekanntgabe der Handlung erhoben worden sei, obwohl die Klägerin offenbar seit mehreren Monaten den Text der Entscheidung in ihren Händen gehalten habe.

26 Nach der Rechtsprechung beginne die Klagefrist, wenn die Handlungen wie im vorliegenden Fall entsprechend ständiger Praxis im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften veröffentlicht würden, ab dem Zeitpunkt der Bekanntgabe zu laufen (Urteil des Gerichtshofes vom 10. März 1998 in der Rechtssache C-122/95, Deutschland/Rat, Slg. 1998, I-973, Randnrn. 34 bis 39). Jedoch sei bei den Klagen von Regionen, über die das Gericht bisher entschieden habe, die Klageschrift binnen zwei Monaten ab dem Zeitpunkt der Mitteilung der Entscheidung (Urteil des Gerichts vom 30. April 1998 in der Rechtssache T-214/95, Vlaams Gewest/Kommission, Slg. 1998, II-717, Randnrn. 17 und 19) oder ab dem Zeitpunkt, zu dem der Kläger davon Kenntnis erlangt habe (Urteil des Gerichts vom 15. Juni 1999 in der Rechtssache T-288/97, Regione autonoma Friuli-Venezia Giulia/Kommission, Slg. 1999, II-1871, Randnrn. 5 und 7), eingereicht worden.

27 Daher könne die Stellung der Regionen derjenigen von Mitgliedstaaten, die Beihilfen gewährten, gleichgestellt werden, da die Regionen nach ständiger Praxis von dem fraglichen Mitgliedstaat zügig über die sie betreffenden Entscheidungen informiert würden. Zwar seien die Regionen genau genommen nicht Adressaten der Entscheidung, und der Zeitpunkt der Mitteilung scheine nicht maßgeblich zu sein, dennoch sei im Fall der Regionen für die Bestimmung des Dies a quo der Klagefrist der Zeitpunkt zu berücksichtigen, zu dem sie von der Entscheidung tatsächlich Kenntnis erlangt hätten.

28 Die Klägerin widerspricht diesem Vorbringen. Aus Artikel 230 Absatz 5 EG ergebe sich, dass der Zeitpunkt, zu dem der Kläger von der angefochtenen Handlung Kenntnis erlangt habe, als Beginn der Klagefrist nur subsidiär neben dem Zeitpunkt der Bekanntgabe oder der Mitteilung in Betracht komme. Da die in Rede stehende Entscheidung der Klägerin nicht mitgeteilt worden sei, sei als Zeitpunkt, ab dem die Klagefrist zu laufen beginne, ausschließlich der der Bekanntgabe der angefochtenen Entscheidung im Amtsblatt zu berücksichtigen.

Würdigung durch das Gericht

29 Nach Artikel 230 Absatz 5 EG muss eine Nichtigkeitsklage binnen zwei Monaten erhoben werden, wobei diese Frist je nach Lage des Falles von der Bekanntgabe der betreffenden Handlung, ihrer Mitteilung an den Kläger oder in Ermangelung dessen von dem Zeitpunkt an läuft, zu dem der Kläger von dieser Handlung Kenntnis erlangt hat.

30 Bereits aus dem Wortlaut dieser Vorschrift ergibt sich, dass der Zeitpunkt, zu dem der Kläger von der angefochtenen Handlung Kenntnis erlangt hat, als Beginn der Klagefrist nur subsidiär neben dem Zeitpunkt der Bekanntgabe oder der Mitteilung in Betracht kommt (Urteil Deutschland/Rat, Randnr. 35, Urteile des Gerichts vom 15. September 1998 in der Rechtssache T-11/95, BP Chemicals/Kommission, Slg. 1998, II-3235, Randnr. 47, vom 6. Oktober 1999 in der Rechtssache T-123/97, Salomon/Kommission, Slg. 1999, II-2925, Randnr. 42, und vom 12. Dezember 2000 in der Rechtssache T-296/97, Alitalia/Kommission, Slg. 2000, II-3871, Randnr. 61).

31 Im vorliegenden Fall hat die Kommission die angefochtene Entscheidung nicht der Klägerin, sondern allein der Italienischen Republik mitgeteilt. Da die angefochtene Entscheidung im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften vom 6. Mai 2000 veröffentlicht worden ist, beginnt für die Klägerin die Klagefrist von diesem Zeitpunkt, nicht von dem Zeitpunkt an zu laufen, ab dem sie von ihr Kenntnis haben konnte.

32 Hiergegen kann sich die Kommission nicht auf die Urteile Vlaams Gewest/Kommission und Regione autonoma Friuli-Venezia Giulia/Kommission berufen. Zum einen war in der ersten dieser beiden Rechtssachen die Klage der Flämischen Region binnen zwei Monaten (27. November 1995) ab der Bekanntgabe der angefochtenen Entscheidung im Amtsblatt (9. November 1995) erhoben worden. Zum anderen ist in keiner dieser Rechtssachen entschieden worden, dass für eine Region, die von einer Entscheidung vor ihrer Bekanntgabe Kenntnis erlangt haben sollte, die Klagefrist von zwei Monaten ab dieser Bekanntgabe nicht mehr gelte.

33 Folglich ist die Klage innerhalb der vorgeschriebenen Frist erhoben worden und somit zulässig.

Begründetheit

34 Die Klägerin stützt ihre Klage auf vier Gründe. Erstens liege ein Verstoß gegen Artikel 88 Absatz 1 EG, gegen die Grundsätze des berechtigten Vertrauens und der Rechtssicherheit, gegen wesentliche Formvorschriften und gegen Artikel 253 EG vor. Zweitens macht die Klägerin einen Verstoß gegen den Grundsatz Tempus regit actum und Ermessensmissbrauch geltend. Drittens rügt sie einen Verstoß gegen Artikel 87 EG, Ermessensmissbrauch und einen Verstoß gegen Artikel 253 EG wegen fehlender Begründung. Viertens beanstandet sie den Verstoß gegen wesentliche Formvorschriften und einen unangemessen späten Abschluss der Verfahren nach Artikel 87 EG.

Zum ersten Klagegrund: Verstoß gegen Artikel 88 Absatz 1 EG, gegen die Grundsätze des berechtigten Vertrauens und der Rechtssicherheit, gegen wesentliche Formvorschriften und gegen Artikel 253 EG wegen fehlender Begründung

Zur Zulässigkeit

- Vorbringen der Parteien

35 Die Kommission hält die Rügen, die die Klägerin im Rahmen ihres ersten Klagegrundes geltend mache, der die Qualifikation der Maßnahme als bestehende Beihilfe und nicht als neue Beihilfe betreffe, für unzulässig, da sich die Qualifikation aus dem Beschluss zur Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens nach Artikel 88 Absatz 2 EG ergebe, den die Klägerin nicht beanstandet habe und der damit bestandskräftig geworden sei; die angefochtene Entscheidung, in der die Beihilfe als neu qualifiziert werde, stelle lediglich einen Rechtsakt dar, der den Beschluss zur Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens bestätige. Folglich hätte diese Qualifikation durch eine Klage gegen den Beschluss zur Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens angefochten werden können und müssen und könne nicht mehr Gegenstand der Klage gegen die abschließende Entscheidung sein.

36 Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes erzeuge der Beschluss zur Einleitung eines förmlichen Prüfverfahrens endgültige Rechtswirkungen, da eine abschließende Entscheidung der Kommission, mit der die in Rede stehenden Beihilfen für mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar erklärt würden, nicht die Heilung der unter Verstoß gegen das Verbot des Artikels 88 Absatz 3 letzter Satz EG ergangenen Durchführungsmaßnahmen zur Folge hätte (Urteile des Gerichtshofes vom 30. Juni 1992 in der Rechtssache C-312/90, Spanien/Kommission, Slg. 1992, I-4117, Randnrn. 20 und 23, im Folgenden: Urteil Cenemesa, und vom 30. Juni 1992 in der Rechtssache C-47/91, Italien/Kommission, Slg. 1992, I-4145, Randnrn. 26 und 29, im Folgenden: Urteil Italgrani vom 30. Juni 1992).

37 Insbesondere bestimme die Vorfrage der Qualifikation der Beihilfen das anwendbare Verfahren sowie die Tragweite und die Wirkungen der abschließenden Entscheidung. Nach Artikel 88 Absatz 3 Satz 2 EG sowie nach den Artikeln 4, 6 und 13 der Verordnung Nr. 659/1999 müsse die Kommission bei neuen Beihilfen, wenn sie der Auffassung sei, dass ein Vorhaben, mit dem Beihilferegelungen eingeführt oder umgestaltet werden sollten, nicht mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar sei, unverzüglich das förmliche Prüfverfahren nach Artikel 88 Absatz 2 EG einleiten. Wenn es sich um unzulässige Beihilfen handele, die unter Verstoß gegen das Verbot des Artikels 88 Absatz 3 letzter Satz EG bereits ausgezahlt worden seien, sei die Kommission nach Artikel 14 der Verordnung Nr. 659/1999 verpflichtet, ihre Rückforderung anzuordnen. Sofern es sich um bestehende Beihilfen handele, könne die Kommission gegebenenfalls nach Artikel 88 Absatz 1 EG und den Artikeln 17 bis 19 der Verordnung Nr. 659/1999 dem betreffenden Mitgliedstaat geeignete Maßnahmen vorschlagen; nur wenn der Mitgliedstaat diese Maßnahmen ablehne, könne die Kommission das förmliche Prüfverfahren nach Artikel 88 Absatz 2 EG einleiten, ohne jedoch die Rückforderung der Beihilfen verlangen zu können.

38 In Anbetracht dieser Unterschiede liege es im Interesse aller, zügig die Rechtsstreitigkeiten zu definieren, die sich hinsichtlich der Qualifikation der Maßnahme als neue oder bestehende Beihilfen ergeben könnten.

39 Zu den Bezugnahmen der Klägerin auf die Urteile Cenemesa und Italgrani vom 30. Juni 1992 führt die Kommission aus, aus dieser Rechtsprechung ergebe sich, dass der Beschluss zur Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens für den betreffenden Mitgliedstaat das Verbot enthalte, die geplanten Beihilfen auszuzahlen, bevor in dem genannten Verfahren eine abschließende Entscheidung ergangen sei, und dass selbst dann, wenn die von der Kommission als neue Beihilfen qualifizierten Maßnahmen durchgeführt worden seien, die an diese Qualifikation geknüpften Rechtswirkungen endgültig seien (Urteile Cenemesa, Randnrn. 12 und 23, und Italgrani vom 30. Juni 1992, Randnrn. 20 und 29).

40 Ferner weist die Kommission darauf hin, dass sich die in der vorliegenden Rechtssache vertretene Ansicht grundlegend von der unterscheide, die sie in den Rechtssachen Preussag Stahl und Moccia Irme vertreten habe und die das Gericht zurückgewiesen habe (Urteile des Gerichts vom 31. März 1998 in der Rechtssache T-129/96, Preussag Stahl/Kommission, Slg. 1998, II-609, Randnr. 31, und vom 12. Mai 1999 in den Rechtssachen T-164/96 bis T-167/96, T-122/97 und T-130/97, Moccia Irme u. a./Kommission, Slg. 1999, II-1477, Randnr. 65). Insbesondere habe sie in der Rechtssache Preussag Stahl/Kommission gegen die Klage eine Einrede der Unzulässigkeit mit der Begründung erhoben, die Klägerin habe keine Klage gegen den Beschluss zur Einleitung des Verfahrens erhoben; das Gericht habe festgestellt, dass die abschließende Entscheidung eigene rechtliche Wirkungen erzeuge, darunter die Verpflichtung, die gezahlte Beihilfe zurückzuzahlen, und dass das betroffene Unternehmen deshalb eine Klagemöglichkeit gegen diese Entscheidung haben müsse, und zwar unabhängig davon, ob es den Beschluss zur Einleitung des förmlichen Verfahrens zwecks Prüfung der streitigen Beihilfe angefochten habe. Die von der Kommission erhobene Einrede der Unzulässigkeit sei daher zurückgewiesen worden, denn sie habe sich auf die Klage insgesamt und u. a. auf die Abschnitte bezogen, in denen die Klägerin die Feststellungen beanstandet habe, die die Kommission erst im Stadium der abschließenden Entscheidung getroffen habe; in der vorliegenden Rechtssache, in der die Kommission die Zulässigkeit der Rügen beanstande, die die Klägerin hinsichtlich der Qualifikation als neue Beihilfe in dem Beschluss zur Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens geltend mache, sei dies nicht der Fall.

41 Die Klägerin hält diesem Vorbringen entgegen, dass es dem Grundsatz der Verfahrensökonomie widerspreche und dass der Beschluss zur Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens nur dann selbständig angefochten werden könne, wenn er für den Adressaten nachteilige Wirkungen erzeuge (Urteile Cenemesa und Italgrani vom 30. Juni 1992); dies sei nur dann der Fall, wenn ein solcher Beschluss den Adressaten zu einem bestimmten Tun oder Unterlassen verpflichte oder letztlich jedenfalls irreversible Wirkungen erzeuge. Dies sei in der vorliegenden Rechtssache, in der nur die abschließende Entscheidung Rechtswirkungen gegenüber der Klägerin erzeuge, nicht der Fall. Zumindest erzeuge die abschließende Entscheidung, in der die Beihilfen für mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar erklärt würden, gegenüber dem Beschluss zur Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens neue und völlig selbständige Rechtswirkungen, was es ihr ermögliche, deren Rechtmäßigkeit anzufechten. Dies habe zur Folge, dass eine solche Nichtigkeitsklage auf Gründe gestützt werden könne, die sowohl die abschließende Entscheidung als auch die Handlung, mit der das in Rede stehende Verfahren eingeleitet worden sei, beträfen, sofern diese Handlung nicht Gegenstand einer gesonderten Klage gewesen sei, und zwar unabhängig von der Frage, ob diese nach Artikel 88 Absatz 2 EG vorgenommene Handlung angefochten worden sei (Urteile Preussag Stahl/Kommission und Moccia Irme u. a./Kommission).

- Würdigung durch das Gericht

42 Die Kommission ist im Wesentlichen der Ansicht, dass die Klägerin die abschließende Entscheidung, soweit darin die fragliche Maßnahme als neue Beihilfe qualifiziert werde, was Gegenstand des ersten Klagegrundes ist, nicht mehr beanstanden könne, da sich diese Qualifikation aus dem Beschluss zur Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens ergebe, den die Klägerin nicht fristgerecht angefochten habe und der somit bestandskräftig geworden sei.

43 Nach ständiger Rechtsprechung können solche Handlungen oder Entscheidungen Gegenstand einer Nichtigkeitsklage im Sinne des Artikels 230 EG sein, die bindende, die Interessen des Klägers beeinträchtigende Rechtswirkungen hervorbringen, indem sie dessen Rechtsstellung erheblich verändern (Urteil des Gerichtshofes vom 11. November 1981 in der Rechtssache 60/81, IBM/Kommission, Slg. 1981, 2639, Randnr. 9, und Urteil des Gerichts vom 18. Dezember 1992 in den Rechtssachen T-10/92 bis T-12/92 und T-15/92, Cimenteries CBR u. a./Kommission, Slg. 1992, II-2667, Randnr. 28).

44 Bei Handlungen oder Entscheidungen, die in mehreren Phasen, u. a. am Ende eines internen Verfahrens, erarbeitet werden, sind grundsätzlich nur die Handlungen anfechtbar, die den Standpunkt des Organs bei Beendigung dieses Verfahrens endgültig festlegen, nicht hingegen Zwischenmaßnahmen, die nur der Vorbereitung der abschließenden Entscheidung dienen (Urteil IBM/Kommission, Randnr. 10, und Urteil Cimenteries CBR u. a./Kommission, Randnr. 28).

45 Nach dieser Rechtsprechung stellt die abschließende Entscheidung, die die Kommission zur Beendigung des förmlichen Prüfverfahrens nach Artikel 88 Absatz 2 EG erlassen hat, eine nach Artikel 230 EG anfechtbare Handlung dar. Eine solche Entscheidung erzeugt nämlich bindende Rechtswirkungen, die die Interessen der Betroffenen beeinträchtigen können, da sie das in Rede stehende Verfahren beendet und eine abschließende Äußerung zur Vereinbarkeit der geprüften Maßnahme mit den für staatliche Beihilfen geltenden Regeln enthält. Folglich haben die Betroffenen immer die Möglichkeit, die abschließende Entscheidung, die das förmliche Prüfverfahren beendet, anzufechten, und sie müssen in diesem Rahmen die verschiedenen Gesichtspunkte, die dem endgültigen Standpunkt der Kommission zugrunde liegen, angreifen können.

46 Diese Befugnis besteht unabhängig von der Frage, ob der Beschluss zur Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens Rechtswirkungen hervorbringt, die Gegenstand einer Nichtigkeitsklage sein können. Die Rechtsprechung des Gerichtshofes und des Gerichts hat zwar anerkannt, dass eine Klage gegen den Einleitungsbeschluss zulässig ist, wenn dieser endgültige Rechtswirkungen hervorbringt, die durch die abschließende Entscheidung nicht geheilt werden können. Das ist der Fall, wenn die Kommission das förmliche Prüfverfahren in Bezug auf eine Maßnahme einleitet, die sie vorläufig als neue Beihilfe qualifiziert, da dieser Einleitungsbeschluss gegenüber der abschließenden Entscheidung selbständige Rechtswirkungen hervorbringt. Die Aussetzung der Durchführung der betreffenden Maßnahme, die nach Artikel 88 Absatz 3 EG aus der vorläufigen Qualifikation dieser Maßnahme als neue Beihilfe folgt, besitzt nämlich, zeitlich beschränkt bis zum Abschluss des förmlichen Verfahrens, selbständigen Charakter gegenüber der abschließenden Entscheidung (u. a. Urteile Cenemesa, Randnrn. 12 bis 24, und Italgrani vom 30. Juni 1992, Randnrn. 29 und 30, Urteil des Gerichtshofes vom 9. Oktober 2001 in der Rechtssache C-400/99, Italien/Kommission, Slg. 2001, I-7303, Randnrn. 56 bis 62 und 69, und Urteil des Gerichts vom 30. April 2002 in den Rechtssachen T-195/01 und T-207/01, Government of Gibraltar/Kommission, Slg. 2002, II-2309, Randnrn. 80 bis 86).

47 Jedoch kann die Befugnis, einen Einleitungsbeschluss anzufechten, nicht zu einer Schmälerung der Verfahrensrechte der Betroffenen führen und sie daran hindern, die abschließende Entscheidung anzufechten und zur Begründung der Klage Mängel geltend zu machen, die alle Abschnitte des Verfahrens, das zu dieser Entscheidung geführt hat, betreffen.

48 Es steht außer Frage, dass der Beschluss zur Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens, selbst wenn er eigene und selbständige Rechtswirkungen hervorbringt, die abschließende Entscheidung vorbereitet, die den Standpunkt der Kommission endgültig festlegt. So heißt es in Artikel 6 der Verordnung Nr. 659/1999, dass die Entscheidung über die Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens eine Zusammenfassung der wesentlichen Sach- und Rechtsfragen, eine vorläufige Würdigung des Beihilfecharakters der geplanten Maßnahme und Ausführungen über Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt enthält, um den betreffenden Mitgliedstaat und die Beteiligten zu einer Stellungnahme innerhalb einer bestimmten Frist aufzufordern. Der notwendig vorläufige Charakter der in der Entscheidung über die Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens enthaltenen Beurteilungen wird durch Artikel 7 der Verordnung Nr. 659/1999 bestätigt, wonach die Kommission in der abschließenden Entscheidung entscheiden kann, dass die angemeldete Maßnahme keine Beihilfe darstellt, dass die angemeldete Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar ist, dass die angemeldete Beihilfe als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar angesehen werden kann, wenn bestimmte Bedingungen und Auflagen erfuellt sind, oder dass die angemeldete Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar ist. Die Kommission ist jedoch nicht daran gehindert, nachdem sie zunächst in dem Beschluss zur Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens die Ansicht vertreten hatte, dass die betreffende Maßnahme eine neue Beihilfe darstelle, in der das Verfahren abschließenden Entscheidung zu dem Ergebnis zu gelangen, dass diese Maßnahme eine bestehende Beihilfe darstelle.

49 Im vorliegenden Fall ist die angefochtene Entscheidung die abschließende Entscheidung, die das Verfahren beendet und bindende und endgültige Rechtswirkungen für die Betroffenen auch insoweit erzeugt, als darin die Beihilfe als neue Beihilfe qualifiziert wird, die mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar ist, und Italien verpflichtet wird, diese Beihilferegelungen aufzuheben. Die Klägerin muss daher über eine Klagebefugnis gegen die Entscheidung insgesamt verfügen, einschließlich der Qualifikation der Beihilfe als neue Beihilfe, und zwar unabhängig davon, ob sie diesen Aspekt des Beschlusses zur Einleitung des förmlichen Verfahrens zwecks Prüfung der in Rede stehenden Beihilfe angefochten hat (Urteile Preussag Stahl/Kommission, Randnr. 31, und Moccia Irme u. a./Kommission, Randnr. 65). Entgegen der Ansicht der Kommission liegen den Urteilen des Gerichts in den Rechtssachen Preussag Stahl und Moccia Irme dieselben Grundsätze zugrunde, die auch dem vorliegenden Urteil zugrunde liegen, nämlich dass die angefochtene Entscheidung eine abschließende Entscheidung ist, die eigene Rechtswirkungen erzeugt und folglich von den Betroffenen angefochten werden kann. Dass die Kommission in der Rechtssache Preussag Stahl eine Einrede der Unzulässigkeit in Bezug auf die Klage insgesamt erhoben hatte und sich diese Einrede in der vorliegenden Rechtssache auf den in Rede stehenden Klagegrund beschränkt, ändert nichts an der Art der aufgeworfenen Frage.

50 Zu dem Vorbringen, es liege im Allgemeininteresse, zügig die Rechtsstreitigkeiten zu definieren, die hinsichtlich der Qualifikation der fraglichen Maßnahme auftreten könnten, ist zu sagen, dass diese Überlegung jedenfalls die Befugnis der Betroffenen nicht beschränken kann, eine Klage gegen eine Entscheidung zu erheben, die ihre Rechtsstellung verändert.

51 Letztlich würde die These der Kommission eine Situation schaffen, die den von der Rechtsprechung im Bereich der anfechtbaren Handlungen aufgestellten Grundsätzen zuwiderliefe. Nach dieser These würde der Umstand, dass die Gemeinschaftsgerichte in einem vorbereitenden Stadium des Verfahrens über vorbereitende Handlungen wie die Entscheidung über die Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens und insbesondere über die Qualifikation der Beihilfe als neue Beihilfe entscheiden, die Betroffenen daran hindern, die abschließende Entscheidung anzufechten, in der die Kommission die im Einleitungsbeschluss vorgenommenen Beurteilungen ändern kann. Würde man dieser These folgen, hätte das zur Konsequenz, dass die Erörterung in der Sache vorweggenommen würde und die verschiedenen Phasen der Verwaltungs- und Gerichtsverfahren vermengt würden, wodurch der Hauptzweck des von der Kommission eingeleiteten förmlichen Prüfverfahrens, es den Betroffenen zu ermöglichen, zu allen kontroversen Aspekten des Vorgangs Stellung zu nehmen, und es der Kommission zu ermöglichen, die abschließende Entscheidung unter Berücksichtigung dieser Stellungnahmen zu treffen, seines Sinnes entleert würde.

52 Nach alledem kann dem Vorbringen, dass die Klägerin die Qualifikation der in Rede stehenden Maßnahme als neue Beihilfe nicht mehr im Rahmen einer Klage gegen die abschließende Entscheidung beanstanden könne, da sie nicht fristgerecht eine Klage gegen den Beschluss zur Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens erhoben habe, nicht gefolgt werden.

53 Der erste Klagegrund ist somit zulässig.

Zur Begründetheit

- Vorbringen der Parteien

54 Die Klägerin erinnert zunächst daran, dass die Kommission in ihrer Entscheidung vom 14. Dezember 1992 die Ansicht vertreten habe, dass Artikel 48 des Regionalgesetzes Nr. 32/91 mit den Vorschriften des EG-Vertrags über staatliche Beihilfen vereinbar sei, und sich lediglich vorbehalten habe, ihren Standpunkt zu einem späteren Zeitpunkt nach Artikel 93 Absatz 1 EG-Vertrag (jetzt Artikel 88 Absatz 1 EG) zu ändern. Ferner habe die Kommission von diesem Vorbehalt keinen Gebrauch gemacht, da sie die nachfolgenden Refinanzierungen des Artikels 48 des Regionalgesetzes Nr. 32/91 durch Artikel 7 des Regionalgesetzes Nr. 81/95 und Artikel 20 des Regionalgesetzes Nr. 33/96 für mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar gehalten habe.

55 In diesem Zusammenhang vertritt die Klägerin die Auffassung, dass Artikel 6 des Regionalgesetzes Nr. 68/95 als bloße Refinanzierung des Artikels 48 des Regionalgesetzes Nr. 32/91 anzusehen sei. Ein Vergleich dieser beiden Vorschriften zeige nämlich, dass sie sich hinsichtlich der Begünstigten, der Vergünstigungen und der Zielsetzungen entsprächen; die Unterschiede bestuenden darin, dass ausdrücklich auf Erntejahre Bezug genommen werde, der Kreis der Begünstigten ausdrücklich erweitert werde und selbstverständlich die Haushaltsjahre, auf die sich die Finanzierung beziehe, andere seien.

56 Die Klägerin ist daher der Ansicht, dass die Kommission dadurch gegen Artikel 88 Absatz 1 EG und wesentliche Formvorschriften verstoßen habe, dass sie die Vereinbarkeit der in Artikel 6 des Regionalgesetzes Nr. 68/95 vorgesehenen Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt so geprüft habe, als handele es sich um eine neue Beihilfe im Sinne des Artikels 87 EG, statt sie, wozu sie sich verpflichtet habe, so zu behandeln, als handele es sich um die Refinanzierung einer bestehenden, zuvor nach Artikel 88 Absatz 1 EG genehmigten Beihilfe.

57 Die Klägerin hält daher die in Begründungserwägung 52 Buchstabe c der angefochtenen Entscheidung geäußerte Ansicht, dass Artikel 6 des Regionalgesetzes Nr. 68/95 eine neue Beihilferegelung einführe, für unvertretbar. Artikel 48 des Regionalgesetzes Nr. 32/91 sehe hinsichtlich der Wirtschaftsjahre, für die das zinsvergünstigte Darlehen ausgezahlt werden könne, keinerlei zeitliche Begrenzung vor. Die Bezugnahme im Regionalgesetz Nr. 32/91 auf die drei Jahre, die der Zeitraum 1991-1993 umfasse, sei ausschließlich haushaltsrechtlich in dem Sinne zu verstehen, dass die vorgesehenen Kredite während dieser drei Jahre verwendet werden könnten, aber die Wirtschaftsjahre, für die die Handelsunternehmen diese Kredite in Anspruch nehmen könnten, zeitlich nicht begrenzt seien. Dagegen habe Artikel 6 des Regionalgesetzes Nr. 68/95 die Wirtschaftsjahre, auf die die Beihilferegelung anzuwenden sei, stärker beschränken sollen, nämlich auf die Wirtschaftsjahre 1993/1994, 1994/1995 und 1995/1996.

58 Außerdem weise die Refinanzierung nach Artikel 6 des Regionalgesetzes Nr. 68/95 gegenüber der - von der Kommission genehmigten - Refinanzierung nach Artikel 7 des Regionalgesetzes Nr. 81/95 und Artikel 20 des Regionalgesetzes Nr. 33/96 keine besonderen Unterschiede auf, da diese Artikel alle bezweckten, die Beträge umzuschichten, die ursprünglich Artikel 48 des Regionalgesetzes Nr. 32/91 vorgesehen habe.

59 Sodann macht die Klägerin geltend, die Rechtsprechung habe den Grundsatz aufgestellt, dass die Kommission, wenn sie eine allgemeine Beihilferegelung genehmigt habe, diese Beihilfen nicht einzeln prüfen dürfe (Urteil des Gerichtshofes vom 5. Oktober 1994 in der Rechtssache C-47/91, Italien/Kommission, Slg. 1994, I-4635, im Folgenden: Urteil Italgrani vom 5. Oktober 1994). Ließe man die Möglichkeit einer neuen Beurteilung der Vereinbarkeit dieser Beihilfen zu, bestuende die Gefahr eines Verstoßes gegen die Grundsätze des berechtigten Vertrauens und der Rechtssicherheit. Diese Grundsätze seien auch in einem Fall anwendbar, in dem eine - bereits genehmigte - Beihilferegelung mittels einer bloßen Refinanzierung der nicht verwendeten Beträge bestätigt werden müsse. Wenn (wie hier) nicht vorgesehen sei, im Rahmen einer ständigen Überprüfung der Beihilferegelung die im Zusammenhang mit der fortschreitenden Entwicklung und dem Funktionieren des Gemeinsamen Marktes angemessenen Maßnahmen vorzuschlagen, sei eine erneute Prüfung einer solchen Beihilferegelung nicht zulässig. Im vorliegenden Fall sei diese erneute Überprüfung nicht unter Berücksichtigung der vorangegangenen Genehmigungsentscheidung, sondern in Anwendung des EG-Vertrags und somit unter Verstoß gegen die Grundsätze des berechtigten Vertrauens und der Rechtssicherheit erfolgt.

60 Schließlich ist die Klägerin der Meinung, die Kommission habe bei der Darlegung der Gründe, derentwegen Artikel 6 des Regionalgesetzes Nr. 68/95 als neue Beihilferegelung anzusehen sei, nicht die tatsächliche Tragweite dieser Vorschrift berücksichtigt, da sie sie anders als in der früheren Entscheidung, mit der sie die fragliche Beihilfe genehmigt habe, und in Widerspruch zu dieser qualifiziert habe und nicht auf die Stellungnahme Italiens eingegangen sei.

61 Nach Ansicht der Kommission fehlt den Rügen, die die Klägerin hinsichtlich der Qualifikation der Beihilfen geltend mache, jede Grundlage, da die in Artikel 6 des Regionalgesetzes Nr. 68/95 genannten Maßnahmen keine bestehenden Beihilfen beträfen und nicht unter eine angeblich unbefristete Regelung fielen, die durch Artikel 48 des Regionalgesetzes Nr. 32/91, der mit der Entscheidung der Kommission vom 14. Dezember 1992 genehmigt worden sei, eingeführt worden sei.

62 Die Entscheidung vom 14. Dezember 1992 zu Artikel 48 des Regionalgesetzes Nr. 32/91 genehmige lediglich eine auf den Dreijahreszeitraum 1991-1993 beschränkte Regelung; dieser Zeitraum entspreche den Wirtschaftsjahren 1990/1991, 1991/1992 und 1992/1993. Artikel 6 des Regionalgesetzes Nr. 68/95 könne somit nicht als bloße Refinanzierung von Artikel 48 des Regionalgesetzes Nr. 32/91 angesehen werden, da die neue Vorschrift den Dreijahreszeitraum 1995-1997 und die Wirtschaftsjahre 1993/1994, 1994/1995 und 1995/1996 betreffe, also Zeiträume, die nach denen lägen, auf die sich die frühere Vorschrift beziehe.

63 Folglich stelle Artikel 6 des Regionalgesetzes Nr. 68/95 sehr wohl eine neue Beihilfe, genauer gesagt eine neue Beihilfe mit Rückwirkung, und keine neue Finanzierung einer Beihilferegelung dar. Die Kommission ist daher der Meinung, dass die Bezugnahme auf das Urteil Italgrani vom 5. Oktober 1994 fehl gehe und ihr kein Verstoß gegen die Grundsätze des berechtigten Vertrauens und der Rechtssicherheit vorgeworfen werden könne. Außerdem hebt die Kommission hervor, dass die Begründungserwägung 52 der angefochtenen Entscheidung abschließend und überzeugend die Gründe darlege, weshalb die geprüften Maßnahmen als neue Beihilfen anzusehen seien.

- Würdigung durch das Gericht

64 Einleitend ist darauf hinzuweisen, dass die streitige Beihilfe von Italien nicht im Rahmen der ständigen Zusammenarbeit der Kommission mit den Mitgliedstaaten, wie sie Artikel 88 Absatz 1 EG, der für bestehende Beihilfen gilt, vorsieht, angemeldet wurde, sondern nach Artikel 88 Absatz 3 EG, der neue Beihilfen betrifft. So erwähnt das Schreiben vom 8. August 1995, mit dem Italien den Entwurf des Regionalgesetzes, der anschließend zum Regionalgesetz Nr. 68/95 wurde, bei der Kommission anmeldete, ausdrücklich Artikel 88 Absatz 3 EG, enthält aber keine Bezugnahme auf Artikel 48 des Regionalgesetzes Nr. 32/91 oder auf die Entscheidung der Kommission vom 14. Dezember 1992, mit der die in dieser Vorschrift vorgesehene Beihilfe genehmigt worden war.

65 Daher war die Kommission zunächst berechtigt, das förmliche Prüfverfahren im Rahmen der Regelung für neue Beihilfen einzuleiten.

66 Die Qualifikation einer Beihilfe ergibt sich jedoch aus einer objektiven Sachlage, die nicht von der Beurteilung bei der Anmeldung der Beihilfe oder im Zeitpunkt der Einleitung des Verfahrens nach Artikel 88 Absatz 2 EG abhängt, so dass die verschiedenen Rügen, die die Klägerin im Rahmen dieses Klagegrundes geltend macht, zu prüfen sind.

67 Die Klägerin ist, erstens, der Ansicht, dass die Prüfung des Artikels 6 des Regionalgesetzes Nr. 68/95 als neue Beihilfe und nicht als Refinanzierung der Beihilfe, die Artikel 48 des Regionalgesetzes Nr. 32/91, der seinerzeit von der Kommission genehmigt worden sei, vorgesehen habe, einen Verstoß gegen Artikel 88 Absatz 1 EG darstelle.

68 Einleitend ist festzustellen, dass Artikel 7 des Regionalgesetzes Nr. 81/95 und Artikel 20 des Regionalgesetzes Nr. 33/96 ausdrücklich auf Artikel 48 des Regionalgesetzes Nr. 32/91 Bezug nehmen, indem sie auf die in diesem Artikel genannten Zielsetzungen verweisen. Artikel 6 des Regionalgesetzes Nr. 68/95 enthält dagegen keine Bezugnahme auf Artikel 48.

69 Außerdem betrifft Artikel 6 des Regionalgesetzes Nr. 68/95 einen anderen Zeitraum als den im Rahmen von Artikel 48 des Regionalgesetzes Nr. 32/91 untersuchten. So betrifft nach Artikel 6 Absätze 1 und 6 des Regionalgesetzes Nr. 68/95 die vorgesehene Beihilfe die "drei Jahre 1995-1997", während nach Artikel 48 Absätze 1 und 6 des Regionalgesetzes Nr. 32/91 die durch die Entscheidung vom 14. Dezember 1992 genehmigte Beihilfe die "drei Jahre 1991-1993" betrifft.

70 Folglich durfte die Kommission annehmen, dass die Prüfung einer Beihilferegelung für die Jahre 1995-1997 nicht im Rahmen einer Entscheidung zu erfolgen habe, mit der eine Beihilferegelung hinsichtlich eines anderen Zeitraums, nämlich der Jahre 1991-1993, genehmigt worden war.

71 Das gegenteilige Vorbringen der Klägerin überzeugt nicht.

72 Das Vorbringen, die Erwähnung der "drei Jahre 1991-1993" in Artikel 48 des Regionalgesetzes Nr. 32/91 solle lediglich klarstellen, dass die nach diesem Artikel vorgesehenen Kredite während der Jahre 1991, 1992 und 1993 verwendet werden könnten, und könne daher nicht als Bezugnahme auf die Wirtschaftsjahre verstanden werden, die jedem dieser drei Jahre entsprächen, hat auf die oben vorgenommene Erörterung keinen Einfluss. Selbst wenn sich der in Artikel 48 des Regionalgesetzes Nr. 32/91 genannte Dreijahreszeitraum 1991-1993 nicht auf die diesen Jahren entsprechenden Wirtschaftsjahre beziehen sollte, würde dadurch allein aus Artikel 6 des Regionalgesetzes Nr. 68/95 keine bloße Maßnahme zur Refinanzierung der zuvor genehmigten Vorschriften, da sich der in Artikel 48 genannte Zeitraum von dem in Artikel 6 genannten und in der angefochtenen Entscheidung untersuchen Dreijahreszeitraum 1995-1997 unterscheidet.

73 Ebenso geht das Vorbringen der Klägerin fehl, da Artikel 48 des Regionalgesetzes Nr. 32/91 die Wirtschaftsjahre, für die das zinsvergünstigte Darlehen ausgezahlt werden könne, zeitlich nicht begrenze, seien die Wirtschaftsjahre, für die die betreffenden Unternehmen die im Rahmen dieser Regelung vorgesehenen Kredite (d. h. 30 Millionen italienische Lire [ITL]) in Anspruch nehmen könnten, zeitlich nicht beschränkt, und Artikel 6 des Regionalgesetzes Nr. 68/95 sei demnach nur die Refinanzierung dieser Regelung für die Wirtschaftsjahre 1993/1994, 1994/1995 und 1995/1996 (für einen Betrag von 15 Millionen ITL). Zwischen diesen beiden Vorschriften besteht nämlich ein grundlegender Unterschied; die erste bewilligt Beihilfen nur für "die drei Jahre 1991-1993" (Artikel 48 Absatz 1 des Regionalgesetzes Nr. 32/91), während die zweite dies nur für "die drei Jahre 1995-1997" tut (Artikel 6 Absatz 1 des Regionalgesetzes Nr. 68/95). Jede Verlängerung des Zeitraums 1991-1993 musste Gegenstand einer neuen Anmeldung im Sinne des Artikels 88 Absatz 3 EG sein, wie sie Italien vorgenommen hat, die somit eine neue Prüfung der Beihilfe einschließt.

74 Auch das Vorbringen, die angeblich durch Artikel 6 des Regionalgesetzes Nr. 68/95 erfolgte Refinanzierung weise keinen Unterschied gegenüber den Refinanzierungen auf, die durch Artikel 7 des Regionalgesetzes Nr. 81/95 und Artikel 20 des Regionalgesetzes Nr. 33/96 erfolgt seien, die von der Kommission genehmigt worden seien, geht fehl. In der angefochtenen Entscheidung werden die Gründe dafür dargelegt, warum diese Maßnahmen zu unterscheiden seien; Artikel 7 des Regionalgesetzes Nr. 81/95 und Artikel 20 des Regionalgesetzes Nr. 33/96 nähmen auf Artikel 48 des Regionalgesetzes Nr. 32/91 Bezug und sollten für das "Wirtschaftsjahr" 1992/1993 vorgesehene Maßnahmen während der Haushaltsjahre 1995 und 1996 finanzieren (Begründungserwägung 52 Buchstabe b der angefochtenen Entscheidung), während Artikel 6 des Regionalgesetzes Nr. 68/95 Artikel 48 des Regionalgesetzes Nr. 32/91 nicht erwähne und für die Wirtschaftsjahre 1993/1994, 1994/1995 und 1995/1996 vorgesehene Maßnahmen finanzieren solle (Begründungserwägung 52 Buchstabe d und in fine der angefochtenen Entscheidung).

75 Nach alledem ist die Rüge eines Verstoßes gegen Artikel 88 Absatz 1 EG zurückzuweisen.

76 Zweitens macht die Klägerin geltend, die Kommission habe gegen die Grundsätze des berechtigten Vertrauens und der Rechtssicherheit verstoßen, indem sie entschieden habe, dass Artikel 6 des Regionalgesetzes Nr. 68/95 eine neue Beihilfe sei.

77 Sie beruft sich hierfür auf das Urteil Italgrani vom 5. Oktober 1994, das das Verfahren festlege, das anzuwenden sei, wenn behauptet werde, dass die geprüfte Beihilfe unter eine zuvor genehmigte Beihilferegelung falle. In Randnummer 24 dieses Urteils führe der Gerichtshof nämlich aus:

"[D]ie Kommission [kann], wenn sie es mit einer bestimmten Beihilfe zu tun hat, von der behauptet wird, sie sei aufgrund einer zuvor genehmigten Regelung gewährt worden, diese Gewährung nicht ohne weiteres unmittelbar am EWG-Vertrag messen. Sie darf zunächst - bevor sie ein Verfahren eröffnet - nur prüfen, ob die Beihilfe durch die allgemeine Regelung gedeckt ist und die in der Entscheidung über die Genehmigung dieser Regelung gestellten Bedingungen erfuellt. Andernfalls könnte die Kommission bei der Überprüfung jeder individuellen Beihilfe ihre Entscheidung über die Genehmigung der Beihilferegelung, die bereits eine Prüfung anhand von Artikel 92 EWG-Vertrag [jetzt Artikel 87 EG] voraussetzt, rückgängig machen. Dann wäre aber die Einhaltung der Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit sowohl gegenüber den Mitgliedstaaten als auch gegenüber den Wirtschaftsteilnehmern gefährdet, da die individuellen Beihilfen, die der Entscheidung über die Genehmigung der Beihilferegelung in vollem Umfang entsprechen, von der Kommission jederzeit wieder in Frage gestellt werden könnten."

78 Diese Rechtsprechung kann jedoch in der vorliegenden Rechtssache nicht mit Erfolg angeführt werden, da Italien erstmals in Reaktion auf den Beschluss der Kommission vom 13. Februar 1998, das Verfahren nach Artikel 88 Absatz 2 EG einzuleiten, geltend gemacht hatte, die in Rede stehende Beihilfe stelle die Refinanzierung einer zuvor genehmigten Beihilfe dar (italienische Schreiben an die Kommission vom 30. Juni und vom 19. November 1998). Vor dem Beschluss zur Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens hatte Italien selbst die Angelegenheit der für neue Beihilfen geltenden Regelung zugeordnet, indem es die in Rede stehende Maßnahme bei der Kommission nach Artikel 88 Absatz 3 EG anmeldete.

79 Außerdem hat die Kommission, als sie in dem Schreiben vom 23. Januar 1997 die Refinanzierung von Artikel 48 des Regionalgesetzes Nr. 32/91 für das Wirtschaftsjahr 1992/1993 im Rahmen der in Artikel 7 des Regionalgesetzes Nr. 81/95 und in Artikel 20 des Regionalgesetzes Nr. 33/96 vorgesehenen Maßnahmen genehmigte, Italien darauf hingewiesen, dass die Genehmigung dieser Refinanzierung der noch laufenden Prüfung des Artikels 6 des Regionalgesetzes Nr. 68/95 nicht vorgreife (Begründungserwägung 52 Buchstabe c der angefochtenen Entscheidung).

80 Nach alledem ist die Rüge eines Verstoßes gegen die Grundsätze des berechtigten Vertrauens und der Rechtssicherheit zurückzuweisen.

81 Drittens macht die Klägerin geltend, die Kommission habe gegen wesentliche Formvorschriften verstoßen und sei ihrer Begründungspflicht nach Artikel 253 EG nicht nachgekommen, indem sie entschieden habe, dass Artikel 6 des Regionalgesetzes Nr. 68/95 eine neue Beihilfe sei.

82 Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission dadurch, dass sie die angefochtene Entscheidung aufgrund einer Anmeldung, die Italien nach Artikel 88 Absatz 3 EG vornahm, nach Artikel 88 Absatz 2 EG erließ, in der vorliegenden Rechtssache nicht gegen wesentliche Formvorschriften verstoßen hat, denn in der Begründungserwägung 52 der angefochtenen Entscheidung sind rechtlich hinreichend die Gründe dargelegt, weshalb die Kommission der Ansicht ist, dass Artikel 6 des Regionalgesetzes Nr. 68/95 nicht als Refinanzierung von Artikel 48 des Regionalgesetzes Nr. 32/91 in dem von Italien im Rahmen des förmlichen Prüfverfahrens vertretenen Sinne angesehen werden könne.

83 Nach alledem sind die Rügen eines Verstoßes gegen wesentliche Formvorschriften und eines Begründungsmangels zurückzuweisen.

84 Folglich ist der erste Klagegrund insgesamt zurückzuweisen.

Zum zweiten Klagegrund: Verstoß gegen den Grundsatz Tempus regit actum und Ermessensmissbrauch

Vorbringen der Parteien

85 Die Klägerin rügt, dass die in Artikel 6 des Regionalgesetzes Nr. 68/95 vorgesehene Beihilferegelung in der angefochtenen Entscheidung nicht für mit den Regeln für Betriebskredite in der Landwirtschaft vereinbar erklärt worden sei.

86 Erstens habe die Kommission gegen den Grundsatz Tempus regit actum und gegen den Grundsatz der Nichtrückwirkung von Verwaltungshandlungen (Urteile des Gerichtshofes vom 16. Juni 1993 in der Rechtssache C-325/91, Frankreich/Kommission, Slg. 1993, I-3283, und vom 24. März 1993 in der Rechtssache C-313/90, CIRFS u. a./Kommission, Slg. 1993, I-1125) verstoßen, indem sie die - während des förmlichen Prüfverfahrens erlassene - Mitteilung Betriebskredite auf die Beihilferegelung des Artikels 6 des Regionalgesetzes Nr. 68/95, die vor dieser Mitteilung ergangen sei, angewandt habe. Die Kommission habe nämlich während des Verwaltungsverfahrens mehrfach in Erwägung gezogen, die neuen Vorschriften für Betriebskredite anzuwenden. So habe die Kommission in dem Schreiben vom 2. Oktober 1995 an die ständige Vertretung Italiens, in dem sie um nähere Auskünfte zu dem Wirtschaftsjahr 1995/1996 gebeten habe, Italien aufgefordert, zu bestätigen, dass die in dem beigefügten Entwurf einer Mitteilung Betriebskredite genannten Voraussetzungen erfuellt seien. Außerdem habe die Kommission in ihrem Schreiben an den italienischen Außenminister vom 23. Januar 1997 die Ansicht vertreten, dass die Mitteilung Betriebskredite anwendbar sei, "da es sich um eine neue Regelung handelt, die nach dem 1. Januar 1996 in Kraft bleibt".

87 Zweitens sei Italien durch die Angaben, die die Kommission im Verwaltungsverfahren gemacht habe, irregeführt worden; es sei überzeugt gewesen, dass es sich nicht auf die Art der Beihilfe konzentrieren müsse (da es den Anschein gehabt habe, dass feststehe, dass es sich um Betriebskredite handele), sondern vielmehr auf die Frage, ob die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Beihilfe erfuellt seien, nämlich die vor der Mitteilung Betriebskredite angewandten Voraussetzungen (was der Fall gewesen sei) oder die in der Mitteilung genannten strengeren Voraussetzungen (was ebenfalls der Fall gewesen sei). Diese Vorgehensweise sei ermessensmissbräuchlich.

88 Zur Untermauerung macht die Klägerin geltend, die Kommission habe, wie sich aus der Erwähnung des "saisonalen" Charakters der Darlehen in der Begründungserwägung 54 Buchstabe c der angefochtenen Entscheidung ergebe, bei der Beurteilung der streitigen Maßnahmen die in der Mitteilung Betriebskredite aufgestellten Kriterien berücksichtigt. Insbesondere tritt die Klägerin der Behauptung der Kommission, der saisonale Charakter der Beihilfe sei eine Voraussetzung, die nach ihrer Praxis bereits vor dem Inkrafttreten der in der Mitteilung Betriebskredite festgelegten neuen Regeln bestanden habe, entgegen, indem sie auf den Wortlaut dieser Mitteilung verweist, in deren fünftem Absatz klar darauf hingewiesen werde, dass die beiden vor ihrem Inkrafttreten geltenden Voraussetzungen zum einen die Begrenzung der maximalen Laufzeit des Darlehens auf ein Jahr und zum anderen die Nichtbeschränkbarkeit der Verfügbarkeit der Beihilfe auf gleichzeitig ein Erzeugnis und eine Maßnahme gewesen seien, ohne dass der saisonale Charakter erwähnt werde. Erst die Mitteilung Betriebskredite führe in ihrem siebten Absatz die Voraussetzung des saisonalen Charakters des Darlehens nach den künftig geltenden Regeln ein, um dem Landwirt die Möglichkeit zu geben, die mit dem Produktionszyklus verbundenen Kosten zu decken, bevor er über die Einnahmen aus dem Verkauf verfüge.

89 Nach Ansicht der Klägerin waren die beiden nach der früheren Praxis der Kommission verlangten Voraussetzungen erfuellt (die Laufzeit der Darlehen habe ein Jahr nicht überschritten, und die Beihilfe habe für alle Zitrusfrüchte sowie alles Obst und Gemüse gegolten); dies erkenne die Kommission in der Begründungserwägung 54 Buchstabe c der angefochtenen Entscheidung im Übrigen auch an ("selbst wenn das zinsvergünstigte Darlehen nicht für ein bestimmtes Erzeugnis [sondern für zwei Produktgruppen] gewährt worden oder nicht an eine bestimmte Tätigkeit gebunden wäre [sondern im Wesentlichen an einen Vorgang, nämlich die Ausfuhr] und die Laufzeit des Darlehens höchstens zwölf Monate betragen würde").

90 Die Kommission macht zunächst geltend, die Klägerin werfe ihr im Wesentlichen vor, zu Unrecht die in der Mitteilung Betriebskredite genannten Regeln angewandt zu haben. Dieses Vorbringen sei sachlich unzutreffend, da in der Begründungserwägung 53 Absatz 5 der angefochtenen Entscheidung darauf hingewiesen werde, dass die im vorliegenden Fall einschlägigen Regeln diejenigen seien, die vor dem Inkrafttreten der Mitteilung Betriebskredite gegolten hätten.

91 Ferner sei Italien nicht irregeführt worden, denn in den Begründungserwägungen 2.4 ff. des Beschlusses zur Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens werde darauf hingewiesen, dass die Kommission den Standpunkt Italiens zur Bestimmung der anwendbaren Regeln teile, und dort werde ausdrücklich auf die Praxis vor der Mitteilung Betriebskredite Bezug genommen.

92 Schließlich vertritt die Kommission anders als die Klägerin die Ansicht, der saisonale Charakter stelle keine Voraussetzung dar, die durch die Mitteilung Betriebskredite neu eingeführt worden sei, sondern sei untrennbar mit dem Begriff des Betriebskredits oder Erntejahrkredits selbst verbunden und stelle sogar einen wesentlichen Bestandteil dieses Begriffs dar.

Würdigung durch das Gericht

93 Zunächst sind die Regeln zu bestimmen, die auf die angemeldete Maßnahme Ratione temporis anwendbar sind; anschließend sind der Inhalt dieser Regeln und ihre Anwendung auf den vorliegenden Fall zu prüfen.

1. Bestimmung der Ratione temporis anwendbaren Regeln

94 Ausweislich der angefochtenen Entscheidung zog die Kommission eine Zeit lang in Erwägung, die in der Mitteilung Betriebskredite genannten neuen Regeln anzuwenden (Begründungserwägung 53 Absatz 3), nahm schließlich aber Abstand davon und beschränkte sich darauf, die sich aus ihrer früheren Praxis ergebenden Regeln anzuwenden (Begründungserwägung 53 Absätze 4 und 5).

95 Insbesondere in der Begründungserwägung 53 Absatz 5 heißt es ausdrücklich, dass angesichts der Tatsache, dass die durch Artikel 6 des Regionalgesetzes Nr. 68/95 eingeführte Beihilferegelung auf die Wirtschaftsjahre 1993/1994, 1994/1995 und 1995/1996 angewandt werde und die später erfolgte Mitteilung Betriebskredite nur auf Beihilfen angewandt werde, die nach dem 30. Juni 1998 in Kraft träten oder in Kraft geblieben seien, Artikel 6 des Regionalgesetzes Nr. 68/95 "auf Grundlage der vor dem 30. Juni 1998 [für zinsvergünstigte kurzfristige Kredite] geltenden Kriterien geprüft werden" müsse und dass ab dem 30. Juni 1998 die neue Mitteilung Betriebskredite gelte. Damit gibt die Kommission nur die Stellungnahme Italiens im Schreiben vom 30. Juni 1997 inhaltlich wieder (Begründungserwägung 36 der angefochtenen Entscheidung).

96 Folglich wirft die Klägerin der Kommission zu Unrecht vor, die Stellungnahme Italiens unter Verstoß gegen die Ratione temporis anwendbaren Regeln für Betriebskredite analysiert zu haben, indem sie die in der Mitteilung Betriebskredite festgelegten neuen Regeln angewandt habe, oder im Rahmen dieser Analyse ihr Ermessen missbraucht zu haben.

2. Inhalt der Ratione temporis anwendbaren Regeln

97 Die Klägerin macht geltend, die angefochtene Entscheidung sei unter Verstoß gegen die Regeln erlassen worden, die vor dem Inkrafttreten der in der Mitteilung Betriebskredite festgelegten neuen Regeln gegolten hätten, da der saisonale Charakter der Beihilfe berücksichtigt worden sei; dieses Kriterium habe die frühere Praxis der Kommission nicht gekannt.

98 Hierzu ist zu sagen, dass in der Mitteilung Betriebskredite vor der Festlegung der ab dem 30. Juni 1998 geltenden neuen Regeln darauf hingewiesen wird, dass die von der Kommission seit vielen Jahren verfolgte Politik staatliche Beihilfen in der Landwirtschaft in Form von zinsverbilligten kurzfristigen Krediten zulasse. In dieser Mitteilung heißt es wie folgt: "Die einzigen von der Kommission geforderten Voraussetzungen sind eine Laufzeit von maximal einem Jahr und die Nichtbeschränkung der Verfügbarkeit dieser Beihilfen auf gleichzeitig ein Erzeugnis und eine Maßnahme." Ferner wird ausgeführt, dass es "weder eine Intensitätsgrenze für das Beihilfeelement noch eine Bestimmung [gibt], die einer jährlichen Verlängerung des zinsverbilligten Kredits für die Begünstigten entgegensteht" (Absatz 5 der Mitteilung Betriebskredite).

99 Trotzdem kann diese Definition entgegen dem Vorbringen der Klägerin den saisonalen Charakter der in Rede stehenden Beihilfe nicht unberücksichtigt lassen, da dieser Charakter der Definition des Betriebskredits selbst innewohnt, die notwendig auf den Begriff "Erntejahrkredite" Bezug nimmt, d. h. einen Kredit, der es den Begünstigten ermöglichen soll, die im Voraus anfallenden Produktionskosten zu decken, bis die Einnahmen aus dem Verkauf der betreffenden Erzeugnisse zur Verfügung stehen (Beschluss der Kommission vom 13. Februar 1998 zur Einleitung des Verfahrens nach Artikel 88 Absatz 2 EG, Begründungserwägung 2.8 in fine).

100 Der saisonale Charakter des Betriebskredits ergibt sich in diesem Sinne aus dem Papier der Kommission "Wettbewerbspolitik in der Landwirtschaft", zu dem im Siebzehnten Bericht über die Wettbewerbspolitik näher ausgeführt wird, dass darin die von der Kommission verfolgten Grundleitlinien bei der Anwendung der Wettbewerbsregeln in der Landwirtschaft dargestellt seien, was es zu einem Bezugsrahmen macht, der den Mitgliedstaaten, den öffentlichen Einrichtungen und den betroffenen Unternehmen bekannt war. Nach diesem Papier gelten Beihilfen, die in Form von zinsverbilligten Betriebskrediten gewährt werden, als nicht mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar, "wenn sie:

- für mehr als ein Wirtschaftsjahr (12 Monate) oder [sic]

- für ein bestimmtes Erzeugnis oder [sic] eine bestimmte Operation... gewährt [werden]" (im Umkehrschluss gelten Beihilfen, die diese beiden Kriterien erfuellen, als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar). Als Begründung für den Standpunkt der Kommission wird in diesem Papier angeführt, "dass die Agrarerzeugung wegen der Besonderheiten aufgrund der Produktionszyklen einen spezifischen Finanzierungsbedarf hat".

101 Der saisonale Charakter der in Rede stehenden Maßnahme wird auch im siebten Absatz der Mitteilung Betriebskredite erwähnt, und zwar in dem Teil, in dem die Ergebnisse dargelegt werden, zu denen die Kommission nach der Überprüfung dieser Praxis gelangt ist; dort heißt es: "Die Landwirtschaft [kann] in der Gemeinschaft aufgrund der Eigenart der landwirtschaftlichen Tätigkeit und der damit verbundenen Tätigkeiten, insbesondere aufgrund des saisonalen Charakters der Erzeugung und der Struktur der landwirtschaftlichen Betriebe, gegenüber Marktbeteiligten in anderen Bereichen der Wirtschaft verhältnismäßig benachteiligt sein..., sowohl was ihren Bedarf an kurzfristigen Krediten als auch was die Finanzierungsmöglichkeiten anbelangt".

102 Es ist somit die Notwendigkeit, den mit dem saisonalen Charakter der Agrarerzeugung verbundenen spezifischen Finanzierungsbedarf zu decken, die die beiden Kriterien für die Vereinbarkeit der Betriebskredite mit den Vorschriften des EG-Vertrags rechtfertigt; eine Beurteilung dieser Maßnahmen kann ohne Berücksichtigung dieses Charakters nicht vorgenommen werden.

103 Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass die Definition der früheren Praxis der Kommission in der Begründungserwägung 53 Absatz 2 der angefochtenen Entscheidung, wonach es "[g]emäß den Regeln für kurzfristige zinsverbilligte Kredite in der Landwirtschaft... zum Zeitpunkt der Notifizierung verboten [war], Kredite selektiv für bestimmte Sektoren oder Betriebe zu gewähren", und "die Laufzeit solcher Darlehen auf zwölf Monate begrenzt" war, durch die Begründungserwägung 54 Absatz 1 ergänzt wird, die nicht nur die beiden vorgenannten Kriterien erwähnt, sondern auch den saisonalen Charakter der in Rede stehenden Maßnahme, indem es dort heißt, dass es sich bei den Kriterien, die auf eine Maßnahme anwendbar seien, die vor dem Inkrafttreten der in der Mitteilung Betriebskredite aufgestellten neuen Regeln angemeldet worden sei, um Folgende handele: "es muss sich um "saisonale" Beihilfen handeln, die zur Deckung allgemeiner Ausgaben (Kauf von Rohstoffen, Bezahlung von Löhnen usw.) dienen; das Darlehen darf nicht an ein bestimmtes Erzeugnis oder eine bestimmte Tätigkeit gebunden sein, und die Laufzeit darf höchstens zwölf Monate betragen".

104 Alles in allem kann die Anwendung des Kriteriums des saisonalen Charakters der Beihilfe die Klägerin nicht überraschen; sie ist in der Begründungserwägung 2.5 des Beschlusses zur Einleitung des Verfahrens nach Artikel 88 Absatz 2 EG ausdrücklich als eines der Kriterien erwähnt, "welche die Kommission vor der Verabschiedung entsprechender Rahmenvorschriften (ABl. C 44 vom 16.2.1996 [Mitteilung betreffend Betriebskredite]) nach gängiger Praxis für staatliche Beihilfen in Form von Betriebskrediten zugrunde gelegt hat", und in der Begründungserwägung 2.6 heißt es dazu, dass Zweifel bestuenden, "ob die Beihilfen als echte Betriebskredite (im Sinne von Erntejahrkrediten) angesehen werden könnten".

105 Folglich kann nicht beanstandet werden, dass die Kommission die Stellungnahme Italiens zur Qualifikation der angemeldeten Maßnahme als Betriebskredit unter Berücksichtigung ihres saisonalen Charakters analysiert hat.

3. Anwendung dieser Regeln auf den vorliegenden Fall

106 Was die Anwendung der für Betriebskredite geltenden Regeln in der angefochtenen Entscheidung der Kommission angeht, so bestreitet die Klägerin nicht, dass die in Rede stehende Beihilfe keinen saisonalen Charakter aufweist, sondern macht lediglich - unzutreffend - geltend, diese Voraussetzung sei erst mit dem Inkrafttreten der in der Mitteilung Betriebskredite enthaltenen neuen Regeln eingeführt worden.

107 Insbesondere ergibt sich aus der Klageschrift eindeutig, dass die Klägerin einräumt, dass die in Rede stehende Beihilfe keinen saisonalen Charakter aufweist ("Es besteht kein Zweifel, dass die in Artikel 6 [des Regionalgesetzes 68/1995]... vorgesehene Beihilfe zugunsten der Handelsunternehmen Anwendung findet und folglich zu einem Zeitpunkt nach Bestreiten der Produktionskosten durch den Landwirt gewährt wird").

108 Ferner bestreitet die Klägerin nicht, dass das Kriterium der Laufzeit des Darlehens (die auf höchstens zwölf Monate beschränkt sein muss, auch wenn der Kredit jährlich verlängert werden kann) im vorliegenden Fall nicht erfuellt ist, da die Frist für die Tilgung des Darlehens 36 Monate beträgt (oder genauer die "durchschnittliche Laufzeit weit unter 36 Monaten" liegt und nicht auszuschließen ist, dass sie "mehr als zwölf Monate beträgt") (Begründungserwägung 54 Buchstabe b der angefochtenen Entscheidung sowie deren Begründungserwägung 32, auf die dort verwiesen wird).

109 Somit kann die Ansicht der Kommission, dass die Betriebskredite im vorliegenden Fall keinen saisonalen Charakter aufwiesen, nicht beanstandet werden.

110 Nach alledem ist der zweite Klagegrund insgesamt zurückzuweisen.

Zum dritten Klagegrund: Verstoß gegen Artikel 87 EG, Ermessensmissbrauch und Verstoß gegen Artikel 253 EG wegen Begründungsmangel

111 Dieser Klagegrund umfasst drei Argumentationslinien: die Argumente betreffend den Begriff Ausfuhrbeihilfe, die Argumente zu den Begriffen Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfe und Beschäftigungsbeihilfe und die Argumente hinsichtlich des Begriffs Betriebsbeihilfe zur Begleichung früherer Schulden.

1. Zu den Rügen betreffend den Begriff der Ausfuhrbeihilfe

- Vorbringen der Parteien

112 Die Klägerin beanstandet, dass die in Rede stehende Beihilfe in der angefochtenen Entscheidung als "Ausfuhrbeihilfe" qualifiziert werde. Die Kommission gelange zu diesem Ergebnis nicht aufgrund einer Prüfung der in Rede stehenden Beihilfe unter Berücksichtigung der in Artikel 87 EG genannten Grundsätze, sondern durch Anwendung eines Ausschlusskriteriums, für das es in der für staatliche Beihilfen geltenden Regelung keine Grundlage gebe. Außerdem werde die Qualifikation als "Ausfuhrbeihilfe" in der angefochtenen Entscheidung damit gerechtfertigt, dass Italien keine Belege dazu vorgelegt habe, wie sich die Ausfuhren aus Italien auf die Ausfuhren außerhalb Siziliens auswirkten. Damit habe die Kommission gegen Artikel 87 EG verstoßen und ihr Ermessen missbraucht, da sie dartun müsse, dass die in Rede stehende Beihilfe zu einer Verzerrung des Wettbewerbs auf dem Gemeinsamen Markt führe.

113 Diese Vorgehensweise wirke sich auch unter dem Gesichtspunkt der Begründung aus. Die Rechtsprechung des Gerichtshofes habe nämlich den Grundsatz aufgestellt, dass die Begründung einer Entscheidung nicht den Mindestanforderungen entspreche, wenn die Entscheidung keine Angaben zur Lage auf dem fraglichen Markt, zu den Marktanteilen des beihilfebegünstigten Unternehmens, zu den Handelsfluessen betreffend die fraglichen Erzeugnisse zwischen den Mitgliedstaaten und zu den Ausfuhren der Beihilfebegünstigten enthalte (Urteile Frankreich/Kommission und CIRFS u. a./Kommission). Hierzu weist die Klägerin darauf hin, dass die Angaben in der Begründungserwägung 41 der angefochtenen Entscheidung zu den Ausfuhren von italienischen Zitrusfrüchten sowie italienischem Obst und Gemüse keinerlei Hinweis auf den Prozentsatz der aus der Region Sizilien stammenden Erzeugnisse enthielten, so dass die angebliche Auswirkung der staatlichen Beihilfe auf den innergemeinschaftlichen Handel bis zum Beweis des Gegenteils durch Italien auf der Grundlage fehlender Auskünfte festgestellt worden sei.

114 Die Kommission macht geltend, selbst wenn die Rügen der Klägerin begründet wären, könnten sie nicht zur Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung führen, da sie sich auf eine Passage in der Begründung bezögen, die nach dem ausdrücklichen Hinweis in der Entscheidung selbst keinen Einfluss auf den verfügenden Teil gehabt habe (Begründungserwägung 55 der angefochtenen Entscheidung).

- Würdigung durch das Gericht

115 Das Vorbringen der Klägerin, die Kommission sei in der angefochtenen Entscheidung zu dem Ergebnis gelangt, dass die in Rede stehende Beihilfe als Ausfuhrbeihilfe zu qualifizieren sei, ist unschlüssig, da aus der angefochtenen Entscheidung ausdrücklich hervorgeht, dass eine solche Qualifikation zwar anfangs in Erwägung gezogen, schließlich aber davon Abstand genommen worden sei.

116 In der Begründungserwägung 55 der angefochtenen Entscheidung heißt es nämlich zu der Stellungnahme Italiens, mit der bestritten wurde, dass es sich bei der angemeldeten Maßnahme um eine Ausfuhrbeihilfe handele, dass die Kommission zur Kenntnis genommen habe, dass "Erzeugnisse, die außerhalb der Region verkauft werden sollen, nicht unbedingt aus Italien ausgeführt werden müssen", und "daher dieser Frage im Rahmen der vorliegenden Entscheidung nicht weiter nach[gegangen]" werde.

117 Es ist zwar richtig, dass es in derselben Begründungserwägung 55, nachdem darin klargestellt wurde, dass von der Qualifikation als Ausfuhrbeihilfe Abstand genommen worden sei, weiter heißt: "Da aber das Verfahren zur Berechnung der Beihilfe - wie die Kommission bereits in ihrem Beschluss zur Einleitung des Verfahrens festgestellt hat - dem zur Berechnung von Ausfuhrbeihilfen entspricht (vgl. [Begründungserwägung] 23) und sich die italienischen Behörden bei ihren Bemerkungen ohne Beibringung der entsprechenden Belege (z. B. Ausfuhr aus der Region in andere italienische Gebiete bzw. aus Italien) auf die wörtliche Auslegung von Artikel 6 des Gesetzes Nr. 68/95 gestützt haben, kann die Kommission nicht ausschließen, dass die Beihilfe faktisch eine Beihilfe für die Ausfuhr darstellt". Aus dieser Bemerkung, die nur eine Selbstverständlichkeit enthält - dass die Kommission von einer weiteren Prüfung absieht, bedeutet nicht, dass die Beihilfe nicht eventuell als Ausfuhrbeihilfe qualifiziert werden könnte, wenn sich das erweisen sollte -, kann nicht der Schluss gezogen werden, wie es die Klägerin tut, dass die Kommission in der angefochtenen Entscheidung zu dem Ergebnis gelangt, dass die in Rede stehende Beihilfe als Ausfuhrbeihilfe zu qualifizieren sei.

118 Folglich sind die Rügen betreffend den Begriff der Ausfuhrbeihilfe ohne weitere Prüfung zurückzuweisen, da die Kommission in der angefochtenen Entscheidung ausdrücklich Abstand davon genommen hat, einer solchen Qualifikation weiter nachzugehen.

2. Zu den Rügen betreffend die Begriffe der Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfe und der Beschäftigungsbeihilfe

- Vorbringen der Parteien

119 Die Klägerin macht geltend, die Bezugnahmen in der angefochtenen Entscheidung auf die Begriffe der Rettungs- und Sanierungsbeihilfe und der Beschäftigungsbeihilfe seien irrelevant. Italien habe nie behauptet, dass die in Rede stehende Beihilfe anders denn als Beihilfe für kurzfristige zinsvergünstigte Darlehen für die Landwirtschaft ("Betriebskredit") qualifiziert werden könnte, und Italien brauche keine Anhaltspunkte dafür zu liefern, dass die Beihilfe anderer Art sei. Insbesondere der Umstand, dass in Artikel 6 des Regionalgesetzes Nr. 68/95 die Erhaltung der Arbeitsplätze erwähnt werde, diene nicht dazu, der in Rede stehenden Beihilfe den Charakter einer Beschäftigungsbeihilfe zu verleihen, sondern solle die soziale Bedeutung der Beihilfe verdeutlichen.

120 Nach Ansicht der Kommission enthält die angefochtene Entscheidung auch in dieser Hinsicht keinen Mangel, da darin die Vereinbarkeit der in Rede stehenden Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt nach den Regeln für Rettungs- und Sanierungsbeihilfen sowie für Beschäftigungsbeihilfen ausgeschlossen werde.

- Würdigung durch das Gericht

121 Dem Vorbringen der Klägerin zu diesem Punkt kann nicht gefolgt werden, da sie sich darauf beschränkt, zu behaupten, dass die Bezugnahmen auf die Begriffe der Rettungs- und Sanierungsbeihilfe und der Beschäftigungsbeihilfe irrelevant seien, was gerade das Ergebnis ist, zu dem die angefochtene Entscheidung gelangt.

122 Wenn etwa in der Begründungserwägung 56 der angefochtenen Entscheidung darauf hingewiesen wird, dass Italien nicht erwähnt habe, dass die Beihilfe nach Artikel 6 des Regionalgesetzes Nr. 68/95 die in den einschlägigen Leitlinien der Gemeinschaft für staatliche Rettungs- und Sanierungsbeihilfen (ABl. C 283 vom 19. September 1997, S. 2) vorgeschriebenen Voraussetzungen erfuellen könnte, und der Inhalt dieser Voraussetzungen wiedergegeben wird, dann nur, um zu dem Schluss zu gelangen, dass sich den "Auskünften [Italiens]... nicht entnehmen [lässt], ob die fraglichen Maßnahmen mit den genannten Kriterien vereinbar sind".

123 Wenn in der Begründungserwägung 58 der angefochtenen Entscheidung ausgeführt wird, dass Italien in der Stellungnahme "angedeutet" habe, dass ein Zusammenhang zwischen der Maßnahme und dem Erhalt von Arbeitsplätzen bestehe, folgt ebenso unmittelbar der Hinweis, dass kein Nachweis in Bezug auf die Frage erbracht worden sei, ob die in Rede stehende Beihilfe den Leitlinien für Beschäftigungsbeihilfen (ABl. C 334 vom 12. Dezember 1995, S. 4) entspreche. Insbesondere wird in der Entscheidung hervorgehoben, dass Artikel 6 Absatz 4 des Regionalgesetzes Nr. 68/95 für den Fall, dass die Begünstigten die Verpflichtung zur Erhaltung der Arbeitsplätze nicht erfuellten, zwar den Widerruf und die Wiedereinziehung der Beihilfen vorsehe, diese Beihilfe aber nicht den in den Leitlinien der Gemeinschaft für Beschäftigungsbeihilfen vorgeschriebenen Voraussetzungen entspreche, da sie weder beim Entwurf noch bei der Annahme gezielt auf die Beschäftigungsförderung ausgerichtet worden sei, die Höhe der Beihilfe unabhängig von der Anzahl der Beschäftigten sei und sie formal in keinem Zusammenhang zu den Lohnkosten stehe. Die Kommission gelangt in der Entscheidung daher zu dem Schluss, dass die in Rede stehende Beihilfe, selbst wenn sie mittelbar zur Erhaltung von Arbeitsplätzen beitragen dürfte - was im Übrigen bei zahlreichen anderen Beihilfearten ebenfalls der Fall sei -, nicht als Beschäftigungsbeihilfe im Sinne der in diesem Bereich anwendbaren Leitlinien angesehen werden könne.

124 Folglich sind die Rügen betreffend die Begriffe der Rettungs- und Sanierungsbeihilfe und der Beschäftigungsbeihilfe zurückzuweisen.

3. Zur Rüge betreffend den Begriff der Betriebsbeihilfe zur Begleichung früherer Schulden

- Vorbringen der Parteien

125 Die Klägerin beanstandet, dass die in Rede stehende Beihilfe in der Begründungserwägung 59 der angefochtenen Entscheidung als "Betriebsbeihilfe..., die allein dazu dient, frühere Schulden zu begleichen", qualifiziert werde, ohne dass auf die von Italien geltend gemachte Rechtfertigung eingegangen werde, dass die von den Banken in Sizilien angewandten Zinssätze deutlich über denen lägen, die im übrigen Italien angewandt würden. Bei der Qualifizierung der in Rede stehenden Beihilfe als Betriebsbeihilfe, die mit den Regeln des Gemeinsamen Marktes unvereinbar sei, habe sich die Kommission nicht mit der Frage auseinander gesetzt, ob diese Beihilfe als "Ausfuhrbeihilfe" qualifiziert werden könne; eine solche Qualifizierung hätte, wenn Italien rechtzeitig von ihr Kenntnis gehabt hätte, auch dann, wenn sie sachlich unzutreffend sei, jedenfalls die Möglichkeit geboten, dass die in Rede stehende Beihilfe unter die Ausnahmen nach Artikel 87 Absatz 3 Buchstaben a und c EG fiele. Außerdem bemühe sich die Kommission nicht, die Qualifikation als Betriebsbeihilfe irgendwie zu rechtfertigen; die angefochtene Entscheidung sei deshalb mit einem Begründungsfehler behaftet.

126 Die Kommission tritt diesem Vorbringen mit Hinweis darauf entgegen, dass Italien selbst die in Rede stehende Beihilfe als Beihilfe qualifiziert habe, die zur Begleichung früherer Schulden gewährt worden sei. Außerdem sei nie in Zweifel gezogen worden, dass es sich der Art nach um eine Betriebsbeihilfe handele, was in der Begründungserwägung 59 der angefochtenen Entscheidung ordnungsgemäß begründet worden sei. Auch könne eine solche Maßnahme im vorliegenden Fall nicht von einer Genehmigung als Betriebskredit erfasst sein; dass sich die Zinssätze in Sizilien von denen im übrigen Italien unterschieden, sei insoweit irrelevant, da die für Betriebskredite geltenden Regeln diesen Parameter nicht vorsähen.

- Würdigung durch das Gericht

127 Nach der Begründungserwägung 59 der angefochtenen Entscheidung erfuellt die in Artikel 6 des Regionalgesetzes Nr. 68/95 vorgesehene Beihilfe, "die eindeutig keine Investitionshilfe darstellt, weder die Voraussetzungen für zinsvergünstigte kurzfristige Darlehen noch die Voraussetzungen für Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen, noch [die Voraussetzungen für Beschäftigungsbeihilfen oder] etwaige andere Voraussetzungen für eine Ausnahmeregelung" und dürfte somit "als reine Betriebsbeihilfe anzusehen sein, die allein dazu dient, frühere Schulden zu begleichen, und deren Auswirkungen mit Einstellung der Beihilfe enden".

128 In der Begründungserwägung 60 der angefochtenen Entscheidung wird darauf hingewiesen, dass es in der Landwirtschaft lange Jahre gängige Praxis der Kommission gewesen sei, Betriebsbeihilfen für alle Regionen, auch solche gemäß Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe a EG, zu verbieten, da diese Beihilfen naturgemäß die Mechanismen der gemeinsamen Marktorganisationen beeinträchtigten, die Vorrang vor den Wettbewerbsregeln des EG-Vertrags hätten.

129 Im Anschluss daran heißt es in der angefochtenen Entscheidung in der Begründungserwägung 61 weiter, da "die Stellungnahmen [Italiens] die Annahme bestätigen, dass mit der Maßnahme die Schuldenlast der Begünstigten verringert werden soll und diese keinerlei Gegenleistung erbringen, die zur Entwicklung bestimmter Wirtschaftszweige oder Wirtschaftsgebiete beitragen würden", komme für die Maßnahme keine der Ausnahmeregelungen von Artikel 87 Absatz 3 Buchstaben a und c EG in Frage, und sie sei daher mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar.

130 Hierzu ist zu sagen, dass nach ständiger Rechtsprechung Betriebsbeihilfen, also Beihilfen, mit denen ein Unternehmen von den Kosten befreit werden soll, die es normalerweise im Rahmen seiner laufenden Verwaltung oder seiner üblichen Tätigkeiten hätte tragen müssen, grundsätzlich nicht in den Anwendungsbereich des Artikels 87 Absatz 3 EG fallen. Nach der Rechtsprechung verfälschen solche Beihilfen nämlich grundsätzlich die Wettbewerbsbedingungen in den Sektoren, in denen sie gewährt werden, ohne insoweit ihrer Natur nach geeignet zu sein, einen der Zwecke zu erreichen, die in den Ausnahmebestimmungen, die der EG-Vertrag vorsieht, festgesetzt sind (Urteile des Gerichtshofes vom 6. November 1990 in der Rechtssache C-86/89, Italien/Kommission, Slg. 1990, I-3891, Randnr. 18, und vom 14. Februar 1990 in der Rechtssache C-301/87, Frankreich/Kommission, Slg. 1990, I-307, Randnr. 50, und Urteil des Gerichts vom 8. Juni 1995 in der Rechtssache T-459/93, Siemens/Kommission, Slg. 1995, II-1675, Randnr. 48).

131 Im vorliegenden Fall hat die Klägerin nichts vorgetragen, was dem Vorbringen der Kommission widersprechen würde, dass die Gewährung einer Beihilfe zur Begleichung früherer Schulden durch Verringerung der Schuldenlast der Begünstigten eine Betriebsbeihilfe darstelle, die mit den Vorschriften des EG-Vertrags über staatliche Beihilfen nicht vereinbar sei. Dabei stellt der Umstand, dass sich die Zinssätze in Sizilien von denen im übrigen Italien unterscheiden, keine Rechtfertigung dar, die eine solche Beihilfe mit den vorgenannten Vorschriften vereinbar machen könnte, da Artikel 87 Absatz 3 EG diese Art von Ausnahme nicht vorsieht.

132 Folglich ist die Rüge betreffend den Begriff der Betriebsbeihilfe zur Begleichung früherer Schulden zurückzuweisen.

133 Nach alledem ist der dritte Klagegrund insgesamt zurückzuweisen.

Zum vierten Klagegrund: Verstoß gegen wesentliche Formvorschriften und Nichteinhaltung angemessener Fristen, um die Verfahren nach Artikel 87 EG zum Abschluss zu bringen

Vorbringen der Parteien

134 Die Klägerin macht geltend, die Kommission habe das Verwaltungsverfahren nicht innerhalb einer angemessenen Frist beendet, da die im Regionalgesetz Nr. 68/95 vorgesehene Beihilferegelung am 8. August 1995 angemeldet worden sei und zwischen dem Beschluss vom 13. Februar 1998 zur Einleitung des Verfahrens nach Artikel 88 Absatz 2 EG und der abschließenden Entscheidung vom 22. Dezember 1999 praktisch zwei Jahre vergangen seien.

135 Die Kommission widerspricht diesem Vorbringen und weist zunächst darauf hin, dass die 30 Monate, die zwischen der Anmeldung der im Regionalgesetz Nr. 68/95 vorgesehenen Beihilferegelung und der Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens vergangen seien, und die 22-monatige Dauer dieses förmlichen Prüfverfahrens im Wesentlichen Italien anzulasten seien. Außerdem könne die 22-monatige Dauer in Anbetracht des Artikels 7 Absatz 6 der Verordnung Nr. 659/1999 nicht als übermäßig lang angesehen werden; daraus gehe nämlich hervor, dass die in dieser Vorschrift vorgesehene Dauer von 18 Monaten nicht zwingend und eine etwas längere Dauer nicht zu beanstanden sei.

Würdigung durch das Gericht

136 Es stellt einen Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung dar, dass die Kommission Entscheidungen, mit denen Verwaltungsverfahren auf dem Gebiet der Wettbewerbspolitik abgeschlossen werden, innerhalb eines angemessenen Zeitraums erlässt (siehe im Bereich der staatlichen Beihilfen Urteile des Gerichtshofes vom 11. Dezember 1973 in der Rechtssache 120/73, Lorenz, Slg. 1973, 1471, Randnr. 4, vom 24. November 1987 in der Rechtssache 223/85, RSV/Kommission, Slg. 1987, 4617, Randnrn. 12 bis 17, und im Bereich der Zurückweisung von Beschwerden Urteil des Gerichtshofes vom 18. März 1997 in der Rechtssache C-282/95 P, Guérin automobiles/Kommission, Slg. 1997, I-1503, Randnrn. 37 und 38). Die Angemessenheit der Dauer eines solchen Verwaltungsverfahrens ist anhand der Umstände des jeweiligen Einzelfalls und insbesondere von dessen Kontext, der verschiedenen Verfahrensabschnitte, die die Kommission abzuschließen hat, der Komplexität der Angelegenheit sowie ihrer Bedeutung für die verschiedenen Beteiligten zu beurteilen (siehe im Wettbewerbsbereich Urteil des Gerichts vom 22. Oktober 1997 in den Rechtssachen T-213/95 und T-18/96, SCK und FNK/Kommission, Slg. 1997, II-1739, Randnr. 57).

137 Im vorliegenden Fall hat die Klägerin jedoch lediglich vorgetragen, dass die im Regionalgesetz Nr. 68/95 vorgesehene Beihilferegelung am 8. August 1995 angemeldet worden sei, dass der Beschluss zur Einleitung des Prüfverfahrens nach Artikel 88 Absatz 2 EG am 13. Februar 1998 ergangen sei, dass die abschließende Entscheidung am 22. Dezember 1999 erlassen worden sei und dass diese Zeiträume unangemessen seien, ohne dies irgendwie zu begründen.

138 Dabei ist der zwischen der Anmeldung der Beihilferegelung und der Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens liegende Zeitraum von 30 Monaten im Wesentlichen Italien anzulasten, das, wie in der Begründungserwägung 3 der angefochtenen Entscheidung ausgeführt und von der Klägerin nicht bestritten, die Auskunftsersuchen der Kommission nur teilweise oder unvollständig beantwortet hat. Die Kommission kann für diesen Zeitraum nicht verantwortlich gemacht werden.

139 Was den zwischen der Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens und der abschließenden Entscheidung liegenden Zeitraum von 22 Monaten anbelangt, so ergibt sich aus Artikel 7 Absatz 6 der Verordnung Nr. 659/1999, die am 16. April 1999 in Kraft getreten ist, dass sich die "Kommission [darum] bemüht..., eine Entscheidung möglichst innerhalb von 18 Monaten nach Eröffnung des Prüfverfahrens zu erlassen". Ein Zeitraum von 22 Monaten ist demnach nicht schon deswegen unangemessen, weil er diesen Zeitraum von 18 Monaten überschreitet; dieser stellt zwar ein zu beachtendes Ziel dar, ist aber nicht zwingend. Zudem bestreitet die Klägerin nicht, dass der Zeitraum der relativen Untätigkeit in der Mitte des förmlichen Prüfverfahrens Italien anzulasten ist, das - vergeblich - um nähere Angaben u. a. hinsichtlich der möglichen Qualifikation als Ausfuhrbeihilfe gebeten worden war.

140 Der vierte Klagegrund ist somit zurückzuweisen.

141 Folglich ist die Klage insgesamt abzuweisen.

Kostenentscheidung:

Kosten

142 Nach Artikel 87 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerin mit ihrem Vorbringen unterlegen ist und die Kommission beantragt hat, ihr die Kosten aufzuerlegen, sind der Klägerin ihre eigenen Kosten und die Kosten der Kommission aufzuerlegen.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DAS GERICHT

(Fünfte erweiterte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt ihre eigenen Kosten sowie die Kosten der Kommission.

Ende der Entscheidung

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