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Gericht: Europäisches Gericht
Beschluss verkündet am 14.05.1996
Aktenzeichen: T-194/95 Int. II
Rechtsgebiete: VerfO


Vorschriften:

VerfO Art. 115 § 1
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

Die Frist für Anträge auf Zulassung als Streithelfer, die nach Artikel 115 § 1 der Verfahrensordnung des Gerichts innerhalb von drei Monaten nach der Veröffentlichung der Mitteilung über die Einreichung der Klage zu stellen sind, ist unabdingbar, und ihre Einhaltung ist ebenso wie die der Verfahrensfristen im allgemeinen eine Frage zwingenden Rechts, die vom Gericht von Amts wegen zu prüfen ist.

Ein den Ausschluß verhindernder Zufall oder Fall höherer Gewalt im Sinne des Artikels 42 Absatz 2 der EG-Satzung des Gerichtshofes setzt voraus, daß ungewöhnliche, vom Willen des Klägers unabhängige Schwierigkeiten vorliegen, die selbst bei Beachtung aller erforderlichen Sorgfalt unvermeidbar erscheinen. Weder die Kompliziertheit der Verfahren noch die Langsamkeit des internen Kommunikationsablaufs innerhalb eines Organs stellen solche Umstände dar. Insbesondere kann sich eine Partei insoweit nicht auf das schlechte Funktionieren ihrer Dienststellen berufen.


Beschluss des Gerichts Erster Instanz (Fünfte Kammer) vom 14. Mai 1996. - Area Cova SA und andere gegen Rat der Europäischen Union. - Streithilfe. - Rechtssache T-194/95 Int. II.

Entscheidungsgründe:

1 Mit Schriftsatz, der am 27. Februar 1996 durch Telefax bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch Rechtsberater Thomas van Rijn und Blanca Vilá Costa, zur Kommission abgeordnete nationale Beamtin, als Bevollmächtigte, Zustellungsbevollmächtigter: Carlos Gómez de la Cruz, Juristischer Dienst, Centre Wagner, Luxemburg, beantragt, in der vorliegenden Rechtssache als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge des Beklagten zugelassen zu werden. Die unterzeichnete Urschrift des Antrags ist am 28. Februar 1996 bei der Kanzlei eingegangen.

2 Nach Artikel 115 § 1 der Verfahrensordnung können "Anträge auf Zulassung als Streithelfer... nur innerhalb von drei Monaten nach der in Artikel 24 § 6 bezeichneten Veröffentlichung gestellt werden". Diese Frist ist unabdingbar, und ihre Einhaltung ist ebenso wie die der Verfahrensfristen im allgemeinen eine Frage zwingenden Rechts, die vom Gericht von Amts wegen zu prüfen ist.

3 Im vorliegenden Fall ist die Mitteilung über die Einreichung der Klage gemäß Artikel 24 § 6 am 25. November 1995 veröffentlicht worden (ABl. C 315, S. 23). Die dreimonatige Frist, der wegen der Entfernung nach Artikel 102 § 2 der Verfahrensordnung eine Frist von zwei Tagen hinzuzurechnen ist, lief am 27. Februar 1996 ab. Die unterzeichnete Urschrift des Streithilfeantrags ging somit bei der Kanzlei nach Ablauf der in Artikel 115 § 1 vorgesehenen Frist ein.

4 Zu dem durch Telefax übermittelten Streithilfeantrag, der bei der Kanzlei vor Ablauf der Frist eingegangen ist, ist festzustellen, daß nach Artikel 43 § 1 der Verfahrensordnung die Urschrift dieses Schriftsatzes vom Bevollmächtigten oder vom Anwalt der Partei zu unterzeichnen ist. Somit ist dieses Erfordernis nur erfuellt, wenn diese unterzeichnete Urschrift tatsächlich bei der Kanzlei eingegangen ist; der Eingang einer blossen Kopie oder eines Telefax bei der Kanzlei genügt hierfür nicht. Aus diesem Grunde darf der Kanzler nach Artikel 6 Absatz 3 der Dienstanweisung für den Kanzler vom 3. März 1994 (ABl. L 78, S. 32) nur Schriftstücke annehmen, die die Originalunterschrift des Anwalts oder des Bevollmächtigten der Partei tragen. Nach Artikel 10 Absatz 3 der Dienstanweisung nimmt er die Einreichung eines durch Telefax eingegangenen Schriftstücks als fristgerecht erfolgt an, sofern es sich um eine Frist handelt, die verlängert werden konnte und die Urschrift dieses Schriftstücks sodann unverzueglich eingereicht wird. Da eine Verlängerung der in der Verfahrensordnung festgelegten Frist für die Zulassung als Streithelfer weder nach Artikel 115 noch nach Artikel 103 der Verfahrensordnung möglich ist, bestimmt Artikel 10 Absatz 3 Unterabsatz 2 der Dienstanweisung für den Kanzler ausdrücklich, daß die Einreichung von Streithilfeanträgen durch Telefax nicht zulässig ist.

5 Auf die Aufforderung, die Gründe mitzuteilen, die die verspätete Einreichung ihres Antrags rechtfertigen könnten, hat die Kommission die Verzögerung angeführt, mit der dem Juristischen Dienst aufgrund der Kompliziertheit der kommissionsinternen Verfahren und der Langsamkeit des internen Kommunikationsablaufs die Genehmigung zur Streithilfe erteilt worden sei. Die Kommission hat ihren Antrag auf Zulassung als Streithelferin mit ihrer Beklagtenrolle in der verwandten Rechtssache T-12/96 (Area Cova u. a./Rat und Kommission), mit ihrer Betroffenheit in tatsächlicher Hinsicht und mit ihren Verwaltungszuständigkeiten im Bereich der gemeinsamen Fischereipolitik begründet.

6 Ein Zufall oder ein Fall höherer Gewalt im Sinne des Artikels 42 Absatz 2 der EG-Satzung des Gerichtshofes setzt voraus, daß ungewöhnliche, vom Willen des Klägers unabhängige Schwierigkeiten vorliegen, die selbst bei Beachtung aller erforderlichen Sorgfalt unvermeidbar erscheinen. Weder die Kompliziertheit der Verfahren noch die Langsamkeit des internen Kommunikationsablaufs stellen solche Umstände dar. Insbesondere kann sich eine Partei insoweit nicht auf das schlechte Funktionieren ihrer Dienststellen berufen (vgl. Urteil des Gerichtshofes vom 15. Dezember 1994 in der Rechtssache C-195/91 P, Bayer/Kommission, Slg. 1994, I-5629, Randnrn. 30 bis 34).

7 Die übrigen Umstände, die die Kommission angeführt hat, machen zwar ihr Interesse an einer Beteiligung an der vorliegenden Rechtssache verständlich, können aber weder die Nichteinhaltung der Frist entschuldigen noch eine Ausnahme von der Anwendung des Artikels 115 § 1 der Verfahrensordnung rechtfertigen.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER PRÄSIDENT DER FÜNFTEN KAMMER DES GERICHTS

beschlossen:

1. Der Antrag der Kommission der Europäischen Gemeinschaften auf Zulassung als Streithelferin in der Rechtssache T-194/95 zur Unterstützung der Anträge des Beklagten wird zurückgewiesen.

2. Die Kommission trägt ihre eigenen Kosten.

Luxemburg, den 14. Mai 1996

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