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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäisches Gericht
Urteil verkündet am 27.11.1997
Aktenzeichen: T-224/95
Rechtsgebiete: Verordnung Nr. 17, Verordnung Nr. 99/63/EWG, EGV


Vorschriften:

Verordnung Nr. 17
Verordnung Nr. 99/63/EWG
EGV Art. 85
EGV Art. 86
EGV Art. 176
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

7 Ein im Rahmen einer Nichtigkeitsklage gestellter Antrag, der Kommission aufzugeben, die zur Erbringung des Nachweises für ein in einer Beschwerde gerügtes Kartell erforderlichen Ermittlungen anzustellen, ist unzulässig. Der Gemeinschaftsrichter ist nämlich nicht befugt, im Rahmen der von ihm ausgeuebten Rechtmässigkeitskontrolle den Organen Anordnungen zu erteilen, und es ist Sache des betreffenden Organs, gemäß Artikel 176 des Vertrages die Maßnahmen zu ergreifen, die sich aus einem auf eine Nichtigkeitsklage ergangenen Urteil ergeben.

8 Eine Entscheidung, durch die eine frühere Entscheidung lediglich bestätigt wird, ist kein Rechtsakt, gegen den eine Nichtigkeitsklage erhoben werden kann. Ein Rechtsakt, mit dem lediglich ein früherer Rechtsakt bestätigt wird, kann den Beteiligten nämlich nicht die Möglichkeit eröffnen, die Rechtmässigkeit des bestätigten Aktes erneut in Frage zu stellen.

Folglich kann sich ein Kläger im Rahmen einer Klage gegen eine Entscheidung, die eine frühere, vom Gemeinschaftsrichter nur teilweise für nichtig erklärte Entscheidung ersetzen soll, nicht gegen den Teil der Entscheidung wenden, in dem bereits in der vorangegangenen Entscheidung enthaltene Gründe, die im Nichtigkeitsurteil nicht in Frage gestellt wurden, wörtlich wiederholt werden.

9 Die nach Artikel 190 des Vertrages erforderliche Begründung muß die Überlegungen des Organs, das den Rechtsakt erlassen hat, so klar und unzweideutig wiedergeben, daß die Betroffenen zur Wahrnehmung ihrer Rechte die tragenden Gründe für die Maßnahme erkennen und der Gemeinschaftsrichter seine Kontrolle ausüben kann. Insoweit braucht die Kommission in der Begründung von Entscheidungen, die sie erlässt, um die Anwendung der Wettbewerbsregeln sicherzustellen, nicht auf alle Argumente einzugehen, die die Betroffenen für ihren Antrag vorbringen, sondern es reicht aus, daß sie die Tatsachen und rechtlichen Erwägungen anführt, denen nach dem Aufbau der Entscheidung eine wesentliche Bedeutung zukommt.

10 Wird die Kommission gemäß Artikel 3 der Verordnung Nr. 17 angerufen, so ist sie nicht zur Durchführung einer Untersuchung verpflichtet, sondern zur aufmerksamen Prüfung der ihr vom Beschwerdeführer mitgeteilten tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte, um zu ermitteln, ob diese eine Verhaltensweise erkennen lassen, die geeignet ist, den Wettbewerb innerhalb des Gemeinsamen Marktes zu verfälschen und den Handel zwischen den Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen.

11 Erklärt der Gemeinschaftsrichter eine Handlung eines Organs für nichtig, so hat das Organ gemäß Artikel 176 des Vertrages die sich aus dem Urteil ergebenden Maßnahmen zu ergreifen. Insoweit hat das Organ, um dem Urteil nachzukommen und es vollständig durchzuführen, nicht nur den Tenor des Urteils zu beachten, sondern auch die Begründung, die zu dem Tenor geführt hat und die dessen notwendige Stütze in dem Sinne darstellt, daß sie unerläßlich ist, um die genaue Bedeutung dessen, was im Tenor entschieden worden ist, zu bestimmen. Es ist nämlich diese Begründung, aus der sich zum einen genau ergibt, welche Vorschrift als rechtswidrig angesehen wird, und die zum anderen die genauen Gründe für die im Tenor festgestellte Rechtswidrigkeit erkennen lässt, die das betreffende Organ bei der Ersetzung der für nichtig erklärten Handlung zu beachten hat.

Gemäß Artikel 176 muß das betreffende Organ zwar dafür sorgen, daß der Rechtsakt, der den für nichtig erklärten Akt ersetzen soll, nicht ebenfalls mit den im Nichtigkeitsurteil festgestellten Rechtsverstössen behaftet ist; von ihm kann jedoch nicht verlangt werden, daß es sich erneut zu Aspekten seiner Entscheidung äussert, die im Nichtigkeitsurteil nicht in Frage gestellt wurden.

12 Die Klageschrift muß eine kurze Darstellung der Klagegründe enthalten. Diese Angaben müssen so klar und genau sein, daß dem Beklagten die Vorbereitung seiner Verteidigung und dem Gericht die Entscheidung über die Klage, gegebenenfalls auch ohne weitere Informationen, ermöglicht wird. In der Klageschrift ist deshalb darzulegen, worin der Klagegrund besteht, auf den die Klage gestützt wird, so daß seine bloß abstrakte Nennung den Erfordernissen der Satzung des Gerichtshofes und der Verfahrensordnung des Gerichts nicht entspricht.


Urteil des Gerichts erster Instanz (Zweite Kammer) vom 27. November 1997. - Roger Tremblay, Harry Kestenberg und Syndicat des exploitants de lieux de loisirs (SELL) gegen Kommission der Europäischen Gemeinschaften. - Wettbewerb - Urheberrechte - Zurückweisung einer Beschwerde - Durchführung eines Nichtigkeitsurteils - Abschottung des Marktes - Begründung - Ermessensmißbrauch. - Rechtssache T-224/95.

Entscheidungsgründe:

Sachverhalt und Verfahren

Sachverhalt

1 Am 4. Februar 1986 wurde die Kommission gemäß Artikel 3 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 des Rates vom 6. Februar 1962, Erste Durchführungsverordnung zu den Artikeln 85 und 86 des Vertrages (ABl. 1962, 13, S. 204), mit einem Antrag einer Vereinigung von Diskothekenbetreibern namens BEMIM (Bureau européen des médias de l'industrie musicale), der Herr Tremblay und Herr Kestenberg, die beide eine Diskothek betreiben, damals angehörten, auf Feststellung von Zuwiderhandlungen gegen die Artikel 85 und 86 EWG-Vertrag befasst. Dieser Antrag richtete sich gegen die Société des auteurs, compositeurs et éditeurs de musique (SACEM), die französische Gesellschaft zur Wahrnehmung von Urheberrechten an Musikwerken. Die Kommission wurde darüber hinaus zwischen 1979 und 1988 mit ähnlichen Beschwerden anderer Beschwerdeführer befasst.

2 In der oben genannten Beschwerde vom 4. Februar 1986 wurden im wesentlichen folgende Rügen vorgebracht. Mit der ersten, auf eine Verletzung von Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages gestützten Rüge wurde geltend gemacht, daß die Gesellschaften zur Wahrnehmung von Urheberrechten der verschiedenen Mitgliedstaaten durch den Abschluß von Verträgen über die gegenseitige Vertretung, nach denen es diesen Gesellschaften untersagt sei, mit den in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Benutzern unmittelbar Geschäfte zu tätigen, den Markt untereinander aufgeteilt und ihn damit völlig abgeschottet hätten. Die beiden anderen Rügen, die aus einer Verletzung von Artikel 86 des Vertrages abgeleitet wurden, betrafen den überhöhten und diskriminierenden Charakter des von der SACEM angewandten Gebührensatzes und deren Weigerung, den französischen Diskotheken die Nutzung nur ihres ausländischen Bestandes zu gestatten.

3 Im Anschluß an die bei ihr eingelegten Beschwerden begann die Kommission mit Ermittlungen in Form von Auskunftsersuchen gemäß Artikel 11 der Verordnung Nr. 17.

4 Die Untersuchung der Kommission wurde ausgesetzt, als dem Gerichtshof zwischen Dezember 1987 und August 1988 Vorabentscheidungsersuchen der Cours d'appel Aix-en-Provence und Poitiers und des Tribunal de grande instance Poitiers vorgelegt wurden, die insbesondere die Frage aufwarfen, wie die Höhe der von der SACEM erhobenen Gebühren, der Abschluß von Verträgen über die gegenseitige Vertretung zwischen nationalen Gesellschaften zur Wahrnehmung von Urheberrechten und der umfassende, die gesamten Bestände einschließende Charakter der Aufführungsverträge der SACEM im Hinblick auf die Artikel 85 und 86 des Vertrages zu beurteilen seien. In seinen Urteilen vom 13. Juli 1989 in der Rechtssache 395/87 (Tournier, Slg. 1989, 2521, 2580) und in den Rechtssachen 110/88, 241/88 und 242/88 (Lucazeau u. a., Slg. 1989, 2811, 2834) stellte der Gerichtshof u. a. folgendes fest: "Artikel 85 EWG-Vertrag ist dahin auszulegen, daß er jegliche zwischen nationalen Gesellschaften zur Wahrnehmung von Urheberrechten abgestimmte Verhaltensweise untersagt, die bezweckt oder bewirkt, daß jede Gesellschaft den in anderen Mitgliedstaaten ansässigen Benutzern den unmittelbaren Zugang zu ihren Beständen verweigert. Es ist Sache der innerstaatlichen Gerichte, festzustellen, ob eine derartige Abstimmung zwischen den Verwertungsgesellschaften tatsächlich stattgefunden hat."

5 Im Anschluß an diese Urteile nahm die Kommission ihre Ermittlungen insbesondere bezueglich der Unterschiede bei der Höhe der von den verschiedenen Gesellschaften zur Wahrnehmung von Urheberrechten in der Gemeinschaft erhobenen Gebühren wieder auf. Die Ergebnisse der Untersuchung der Kommission wurden in einem Bericht vom 7. November 1991 festgehalten.

6 Am 18. Dezember 1991 wurde u. a. im Namen von Herrn Tremblay und Herrn Kestenberg sowie des BEMIM ein Mahnschreiben gemäß Artikel 175 EWG-Vertrag an die Kommission gerichtet, in dem sie aufgefordert wurde, zu den Beschwerden Stellung zu nehmen.

7 Am 20. Januar 1992 richtete die Kommission eine Mitteilung gemäß Artikel 6 der Verordnung Nr. 99/63/EWG der Kommission vom 25. Juli 1963 über die Anhörung nach Artikel 19 Absätze (1) und (2) der Verordnung Nr. 17 des Rats (ABl. 1963, 127, S. 2268) an das BEMIM. In diesem Schreiben teilte die Kommission mit, daß sie in Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und der Dezentralisation angesichts des fehlenden Gemeinschaftsinteresses aufgrund der im wesentlichen nationalen Auswirkungen der gerügten Praktiken und der Tatsache, daß bereits mehrere französische Gerichte mit ihnen befasst seien, die Auffassung vertreten wolle, daß die in den Beschwerden angeführten Umstände ihr nicht erlaubten, ihnen stattzugeben.

8 Am 20. März 1992 nahm der Anwalt der Kläger zu der Mitteilung vom 20. Januar 1992 Stellung und beantragte die Fortführung der Untersuchung durch die Kommission und die Absendung einer Mitteilung der Beschwerdepunkte.

9 Mit Schreiben des für Wettbewerbsfragen zuständigen Mitglieds der Kommission vom 12. November 1992 wurden die Beschwerdeführer über die endgültige Zurückweisung ihres Antrags auf Feststellung von Zuwiderhandlungen gegen die Artikel 85 und 86 des Vertrages informiert.

10 Die Entscheidung vom 12. November 1992 war Gegenstand einer beim Gericht am 11. Januar 1993 erhobenen Nichtigkeitsklage.

11 Mit Urteil vom 24. Januar 1995 in der Rechtssache T-5/93 (Tremblay u. a./Kommission, Slg. 1995, II-188; im folgenden: Urteil Tremblay I) erklärte das Gericht (Zweite Kammer) die Entscheidung vom 12. November 1992 wegen Verletzung von Artikel 190 des Vertrages insoweit für nichtig, als mit ihr die Rüge einer Abschottung des Marktes infolge eines angeblichen Kartells zwischen der SACEM und den Gesellschaften zur Wahrnehmung von Urheberrechten der anderen Mitgliedstaaten zurückgewiesen wurde, und wies die Klage im übrigen ab.

12 Mit Schriftsatz, der am 24. März 1995 bei der Kanzlei des Gerichtshofes einging, legten Herr Tremblay und Herr Kestenberg sowie das Syndicat des exploitants des lieux de loisirs (SELL) ein Rechtsmittel ein, mit dem sie die Aufhebung des genannten Urteils des Gerichts begehrten, soweit darin die Klage gegen den Teil der Entscheidung der Kommission vom 12. November 1992 abgewiesen wurde, der die Zurückweisung der Rügen einer Verletzung von Artikel 86 des Vertrages betraf.

13 Im Anschluß an das Urteil Tremblay I richtete die Kommission am 23. Juni 1995 an den Anwalt der Kläger eine Mitteilung gemäß Artikel 6 der Verordnung Nr. 99/63 (im folgenden: Schreiben gemäß Artikel 6).

14 In ihrem Schreiben wies die Kommission vorab darauf hin, daß das Gericht im vorgenannten Urteil die Ansicht vertreten habe, daß die Kläger der Begründung der Entscheidung vom 12. November 1992 nicht die Gründe für die Zurückweisung ihrer Beschwerde hätten entnehmen können, soweit sich diese auf eine Abschottung des Marktes infolge von Verträgen über die gegenseitige Vertretung zwischen den Gesellschaften zur Wahrnehmung von Urheberrechten der verschiedenen Mitgliedstaaten bezogen habe.

15 Im Abschnitt "Rechtliche Würdigung" ihres Schreibens gemäß Artikel 6 gab die Kommission zunächst die vom Gerichtshof in seinen oben genannten Urteilen Tournier und Lucazeau u. a. gegebenen Antworten auf die Fragen nach dem von den nationalen Gesellschaften zur Wahrnehmung von Urheberrechten aufgebauten Netz von Verträgen über die gegenseitige Vertretung und der Praxis dieser Gesellschaften wieder, gemeinsam den in anderen Mitgliedstaaten ansässigen Benutzern von aufgezeichneter Musik jeden unmittelbaren Zugang zu ihren Beständen zu verweigern.

16 Die Kommission wies in diesem Zusammenhang darauf hin, daß der Gerichtshof in seinen Urteilen entschieden habe, daß Verträge über die gegenseitige Vertretung, die eine Ausschließlichkeitsregelung in dem Sinne schüfen, daß die Verwertungsgesellschaften verpflichtet wären, den im Ausland ansässigen Benutzern von aufgezeichneter Musik den unmittelbaren Zugang zu ihren Beständen zu verwehren, unter das Verbot in Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages fallen könnten. Sie fügte jedoch hinzu, da die Ausschließlichkeitsklauseln in den Verträgen über die gegenseitige Vertretung abgeschafft worden seien, ohne daß sich das in der Weigerung, einer anderen als der im betreffenden Gebiet ansässigen Gesellschaft ihren Bestand zu überlassen, bestehende Verhalten der Verwertungsgesellschaften geändert hätte, habe der Gerichtshof anschließend geprüft, ob diese Gesellschaften ihre Ausschließlichkeitsregelung nicht faktisch durch eine abgestimmte Verhaltensweise aufrechterhalten hätten. Der Gerichtshof habe insoweit zwar die Ansicht vertreten, daß eine Abstimmung zwischen nationalen Gesellschaften zur Wahrnehmung von Urheberrechten, die bewirken würde, daß ausländischen Benutzern systematisch der unmittelbare Zugang zu den Beständen dieser Gesellschaften verweigert würde, als eine den Wettbewerb einschränkende abgestimmte Verhaltensweise anzusehen wäre, die geeignet sei, den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen; er habe jedoch auch festgestellt, daß eine derartige Abstimmung nicht vermutet werden könne, wenn sich das Parallelverhalten durch andere Gründe als das Vorliegen einer Abstimmung erklären lasse. Dies könnte nach Ansicht des Gerichtshofes "der Fall sein, wenn die Verwertungsgesellschaften der anderen Mitgliedstaaten im Fall eines unmittelbaren Zugangs zu ihren Beständen genötigt wären, in einem anderen Land ein eigenes Verwertungs- und Kontrollsystem aufzubauen".

17 Ausgehend von diesen Grundsätzen teilte die Kommission sodann in ihrem Schreiben mit, sie sei weiterhin der Ansicht, daß die gewisse Parallelität, die bei der Weigerung der einzelnen Verwertungsgesellschaften in der Gemeinschaft festzustellen sei, den in anderen Mitgliedstaaten ansässigen Diskotheken unmittelbaren Zugang zu ihren Beständen zu gewähren, nur darauf zurückzuführen sei, daß sich diese verschiedenen Gesellschaften zur Wahrnehmung von Urheberrechten in einer ähnlichen Lage befänden. Die Kommission nahm insoweit auf die Schlussanträge von Generalanwalt Jacobs zu den vorgenannten Urteilen Tournier und Lucazeau u. a. (Slg. 1989, 2536) Bezug, in denen er den Ausnahmecharakter des Marktes für Urheberrechte hervorgehoben habe, deren wirksamer Schutz eine ständige Überwachung und Verwaltung innerhalb der nationalen Hoheitsgebiete erfordere. Sie wies in diesem Zusammenhang darauf hin, daß jede Gesellschaft zur Wahrnehmung von Urheberrechten, die in einem fremden Hoheitsgebiet tätig werden wolle, Verwaltungsstrukturen aufbauen müsste, die es ihr gestatten würden, mit Kunden zu verhandeln, die Faktoren für die Bemessung der Gebühren zu prüfen, die Nutzung ihrer Bestände zu überwachen und die notwendigen Maßnahmen gegen Mißbräuche zu ergreifen, während sie die Verwertung ihrer Bestände auf weniger aufwendige und wirksamere Weise dadurch sicherstellen könne, daß sie diese der dort ansässigen Gesellschaft anvertraue.

18 Die Kommission führte ferner unter Bezugnahme auf das "Zellstoff-Urteil" des Gerichtshofes vom 31. März 1993 in den Rechtssachen C-89/85, C-104/85, C-114/85, C-116/85, C-117/85 und C-125/85 bis C-129/85 (Ahlström Osakeythiö u. a./Kommission, Slg. 1993, I-1307) aus, daß die Annahme einer abgestimmten Verhaltensweise nicht die einzige einleuchtende Erklärung für das Verhalten der besagten Verwertungsgesellschaften darstelle, da diese Gesellschaften kein Interesse an der Verwendung einer anderen Methode als der Betrauung der im betreffenden Gebiet ansässigen Gesellschaft hätten.

19 Sie kam daher zu folgendem Ergebnis:

"Da die Kommission weder von den anderen Beschwerdeführern noch von Ihnen selbst konkrete Beweise oder Anhaltspunkte für das Vorliegen einer solchen abgestimmten Verhaltensweise erhalten hat und ihrerseits keine finden konnte, kann sie dieses Parallelverhalten nicht auf das Vorliegen eines Kartells oder einer abgestimmten Verhaltensweise der Gesellschaften zur Wahrnehmung von Urheberrechten zurückführen."

20 Im Abschnitt "Schlußfolgerungen" des Schreibens vom 23. Juni 1995 heisst es:

"Unter diesen Umständen ist die Kommission der Ansicht, daß der Teil der Beschwerden von Roger Tremblay, François Lucazeau und Harry Kestenberg, der das Vorliegen einer Abschottung der nationalen Märkte im Bereich der Urheberrechte an Musikwerken betrifft, die sich aus einem Kartell oder einer abgestimmten Verhaltensweise der Gesellschaften zur Wahrnehmung von Urheberrechten der verschiedenen Mitgliedstaaten ergeben soll, nicht begründet ist.

Sie teilt Ihnen daher gemäß Artikel 6 der Verordnung Nr. 99/63/EWG der Kommission vom 25. Juli 1963 mit, daß sie beabsichtigt, diesen Teil der Beschwerden von Roger Tremblay, François Lucazeau und Harry Kestenberg offiziell zurückzuweisen."

21 Am 24. Juli 1995 nahm der Anwalt der Kläger im Namen von Herrn Tremblay und Herrn Kestenberg zu der Mitteilung vom 23. Juni 1995 Stellung und trug insbesondere vor, die Kommission habe sich in ihrem Schreiben gemäß Artikel 6 "auf den Hinweis beschränkt, daß sie keinen konkreten Anhaltspunkt für das Vorliegen einer abgestimmten Verhaltensweise finden konnte, ohne den Nachweis für die Suche nach solchen Anhaltspunkten zu erbringen", und habe nicht belegt, "daß sie die Untersuchung wiederaufgenommen hat, wie sie es nach dem Urteil des Gerichts erster Instanz hätte tun müssen". Er fügte hinzu, es gebe eine Absprache zwischen nationalen Gesellschaften zur Wahrnehmung von Urheberrechten über die Abschottung des Marktes durch den Abschluß von Verträgen über die gegenseitige Vertretung sowie ein Kartell dieser Gesellschaften zur Festschreibung der Preise auf hohem Niveau; die von der Kommission genannten Gründe für die Zurückweisung des Teils der Beschwerde, der das Vorliegen eines Kartells betreffe, seien daher nicht stichhaltig, und die Kommission müsse entweder die Untersuchung fortsetzen oder das Verfahren bis zum Urteil des Gerichtshofes über das Rechtsmittel gegen das Urteil Tremblay I aussetzen.

22 Mit Schreiben vom 13. Oktober 1995, das von dem für Wettbewerbsfragen zuständigen Mitglied der Kommission unterzeichnet ist, wurden Herr Tremblay und Herr Kestenberg über die endgültige Zurückweisung ihrer am 4. Februar 1986 eingelegten Beschwerden unterrichtet.

23 In ihrem Schreiben vom 13. Oktober 1995 teilt die Kommission mit, aus den bereits im Schreiben gemäß Artikel 6 vom 23. Juni 1995 dargelegten Erwägungen gebe es keine hinreichenden Gründe, den Beschwerden stattzugeben; die Ausführungen der Kläger im Schreiben vom 24. Juli 1995 enthielten keine neuen tatsächlichen oder rechtlichen Gesichtspunkte, die an diesem Ergebnis etwas ändern könnten. Insbesondere sei von ihr in diesem Schreiben die Erbringung des Nachweises für nicht nur ein Kartell verlangt worden, das in einer Marktaufteilung zwischen den Gesellschaften zur Wahrnehmung von Urheberrechten der verschiedenen Mitgliedstaaten durch den Abschluß von Verträgen über die gegenseitige Vertretung bestehen solle, sondern auch für ein zweites Kartell derselben Gesellschaften zur Festschreibung der Musikpreise auf hohem Niveau.

24 Hinsichtlich des ersten angeblichen Kartells verweist die Kommission auf die bereits in ihrem Schreiben gemäß Artikel 6 dargelegten Gründe. In bezug auf das zweite angebliche Kartell trägt die Kommission zunächst unter Hinweis auf das Urteil Tremblay I vor, daß diese Rüge nicht in der Beschwerde formuliert worden sei, sondern erst in der Stellungnahme der Beschwerdeführer vom 20. März 1992 zum vorangegangenen Schreiben gemäß Artikel 6 vom 20. Januar 1992. Sie leitet daraus ab, daß sie nicht verpflichtet gewesen sei, auf diese Rüge zu antworten, und vertritt die Ansicht, daß das Gericht diesen Teil der Entscheidung in seinem Urteil nicht geprüft habe. Die von ihr bereits in Punkt 12 ihrer Entscheidung vom 12. November 1992 gegebene Begründung treffe jedoch nach wie vor zu; sie laute, daß zwar das Vorliegen eines Kartells oder einer abgestimmten Verhaltensweise der im Groupement européen des sociétes d'auteurs et de compositeurs (GESAC) vertretenen Gesellschaften zur Wahrnehmung von Urheberrechten nicht ausgeschlossen werden könne, auch wenn ein Nachweis dafür fehle, daß ihm aber jedenfalls offenbar keine konkreten Auswirkungen auf die Tarife beigemessen werden könnten, die seit dem Erlaß der vorgenannten Urteile Tournier und Lucazeau u. a. zum Teil gesunken und zum Teil gestiegen seien und vor allem nach wie vor untereinander erhebliche Abweichungen aufwiesen.

Verfahren

25 Mit Schriftsatz, der am 13. Dezember 1995 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, haben die Kläger die vorliegende Klage erhoben.

26 Mit Schreiben, das am 28. Mai 1996 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Französische Republik beantragt, als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge der Beklagten zugelassen zu werden. Der Präsident der Zweiten erweiterten Kammer des Gerichts hat diesem Antrag mit Beschluß vom 2. Juli 1996 stattgegeben. Im Anschluß an den Streithilfeschriftsatz der Französischen Republik haben die Kläger innerhalb der ihnen gesetzten Frist keine Stellungnahme abgegeben.

27 Mit Schreiben, das am 30. Mai 1996 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat der Verband Music User's Council of Europe (MUCE) beantragt, als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge der Kläger zugelassen zu werden. Mit Schreiben, das am 3. Juni 1996 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat auch die Associazione italiana impreditori locali da ballo (SILB) beantragt, als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge der Kläger zugelassen zu werden. Mit Beschlüssen vom 9. Oktober 1996 hat der Präsident der Zweiten erweiterten Kammer des Gerichts diesen Streithilfeanträgen stattgegeben.

28 Mit Urteil vom 24. Oktober 1996 hat der Gerichtshof das von Herrn Tremblay und Herrn Kestenberg sowie dem SELL eingelegte Rechtsmittel gegen das Urteil Tremblay I als unbegründet zurückgewiesen (Urteil in der Rechtssache C-91/95 P, Tremblay u. a./Kommission, Slg. 1996, I-5547).

29 Am 6. November 1996 hat das Plenum des Gerichts gemäß den Artikeln 14 und 51 der Verfahrensordnung beschlossen, die zunächst der Zweiten erweiterten Kammer zugewiesene Rechtssache an die Zweite Kammer zu verweisen.

30 Da die Streithelfer MUCE und SILB innerhalb der ihnen gesetzten Fristen keinen Streithilfeschriftsatz eingereicht haben, hat das schriftliche Verfahren am 21. November 1996 geendet.

31 Das Gericht (Zweite Kammer) hat auf Bericht des Berichterstatters beschlossen, die mündliche Verhandlung ohne vorherige Beweisaufnahme zu eröffnen. Die Parteien haben in der öffentlichen Sitzung vom 29. Mai 1997 mündlich verhandelt und mündliche Fragen beantwortet.

Anträge der Parteien

32 Die Kläger beantragen,

- die Entscheidung der Kommission vom 13. Oktober 1995 für nichtig zu erklären, soweit darin die Beschwerde zurückgewiesen wird;

- der Kommission infolgedessen aufzugeben, die zur Erbringung des Nachweises für das Kartell erforderlichen Ermittlungen anzustellen;

- der Kommission die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

33 Die Kommission beantragt,

- die Klage als in allen Punkten unbegründet abzuweisen;

- den Klägern die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

34 Die Französische Republik beantragt,

- die von Herrn Tremblay und Herrn Kestenberg sowie dem SELL erhobene Klage abzuweisen.

Zum Antrag auf Erteilung einer Anordnung an die Kommission

35 Die Kläger ersuchen das Gericht in ihren Anträgen, der Kommission aufzugeben, die zur Erbringung des Nachweises für das angebliche Kartell erforderlichen Ermittlungen anzustellen.

36 Nach ständiger Rechtsprechung ist der Gemeinschaftsrichter nicht befugt, im Rahmen der von ihm ausgeuebten Rechtmässigkeitskontrolle den Organen Anordnungen zu erteilen. Gemäß Artikel 176 des Vertrages ist es nämlich Sache des Organs, dem das für nichtig erklärte Handeln zur Last fällt, die Maßnahmen zu ergreifen, die sich aus einem auf eine Nichtigkeitsklage ergangenen Urteil ergeben (vgl. Urteil des Gerichtshofes vom 24. Juni 1986 in der Rechtssache 53/85, Akzo Chemie/Kommission, Slg. 1986, 1965, Randnr. 23, und Urteil des Gerichts vom 13. Dezember 1995 in der Rechtssache T-109/94, Windpark Groothusen/Kommission, Slg. 1995, II-3007, Randnr. 61).

37 Deshalb ist der Antrag der Kläger, der Kommission eine Anordnung zu erteilen, als unzulässig zurückzuweisen.

Zum Antrag auf Nichtigerklärung

38 Die Kläger berufen sich zur Stützung ihrer Klage auf drei Gründe. Der erste Klagegrund beruht auf einer Verletzung von Artikel 176 des Vertrages, der zweite auf einer unzureichenden Begründung der angefochtenen Entscheidung und der dritte auf einer Verletzung des Vertrages und einem Ermessensmißbrauch.

39 Nach Ansicht des Gerichts ist zunächst der zweite, eine unzureichende Begründung betreffende Klagegrund zu prüfen, bevor die Prüfung des ersten und des dritten Klagegrundes erfolgt.

Zum Klagegrund einer unzureichenden Begründung der angefochtenen Entscheidung

Vorbringen der Parteien

40 Die Kläger machen zunächst geltend, die Begründung der Entscheidung sei unzureichend, da sie nicht auf einer Untersuchung beruhe, die die Kommission hätte vornehmen müssen. Die Kommission habe sich in der angefochtenen Entscheidung mit dem Versuch einer allgemeinen juristischen Rechtfertigung des Verhaltens der Gesellschaften zur Wahrnehmung von Urheberrechten begnügt, der zum einen auf der Unterscheidung zwischen Parallelverhalten und Kartell und zum anderen auf einer Verweisung der Beurteilung der Absprache an die nationalen Gerichte beruhe. Die Kommission habe sich hinter der fehlenden Mitteilung von Beweisen für das Vorliegen einer abgestimmten Verhaltensweise verschanzt und damit den Beschwerdeführern die Sammlung dieser Informationen aufgebürdet, obwohl sie über wirksamere Mittel hierfür verfüge und die Pflicht habe, Beschwerden sorgfältig, ernsthaft und umsichtig zu prüfen.

41 Ferner sind die Kläger der Ansicht, daß die Begründung der Entscheidung insofern unzureichend sei, als sich die Prüfung der Kommission auf die blosse Beurteilung der die Ausschließlichkeit des Zugangs der Gesellschaften zur Wahrnehmung von Urheberrechten zu ausländischen Beständen betreffenden Klauseln der Verträge über die gegenseitige Vertretung beschränkt habe.

42 Schließlich werfen die Kläger der Kommission in bezug auf die Rüge des Vorliegens eines Kartells zur Festschreibung der Gebühren auf hohem Niveau vor, die bereits in Punkt 12 ihrer ursprünglichen Entscheidung vom 12. November 1992 gegebene Begründung trotz der Nichtigerklärung durch das Gericht im Urteil Tremblay I in ihrer neuen Entscheidung wörtlich wiederholt zu haben. Diese Begründung sei deshalb besonders unzureichend, weil sie keine vergleichende Untersuchung der von den verschiedenen Gesellschaften zur Wahrnehmung von Urheberrechten angewandten Tarife enthalte. Dem Vorbringen der Kommission, daß die Einwände gegen diesen Teil der angefochtenen Entscheidung unzulässig seien, da die ursprüngliche Entscheidung der Kommission im Urteil Tremblay I nur hinsichtlich des Begründungsmangels bei der Zurückweisung der Rüge des Vorliegens eines Kartells zur Marktabschottung für nichtig erklärt worden sei, sei entgegenzuhalten, daß sich das fragliche Urteil auf die gesamte gerügte Absprache beziehe, ohne daß zwischen dieser Rüge und der Rüge des Vorliegens eines Kartells über die Höhe der Gebühren zu unterscheiden sei.

43 Die Kommission trägt erstens vor, der Klagegrund sei unzulässig, soweit er den Teil der Entscheidung betreffe, der sich mit der Zurückweisung der Rüge des Vorliegens eines Kartells der Verwertungsgesellschaften über die Höhe der Gebühren befasse. Das Gericht habe ihre ursprüngliche Entscheidung nur hinsichtlich der Zurückweisung der Rüge des Vorliegens eines Kartells zur Aufteilung und Abschottung des Marktes für nichtig erklärt, da nur sie in der ursprünglichen Beschwerde enthalten gewesen sei, während die Behauptung eines zweiten Kartells über die Preise erstmals in der Stellungnahme der Beschwerdeführer zu ihrem Schreiben gemäß Artikel 6 vom 20. Januar 1992 erwähnt worden sei. Folglich habe sie auf diese Rüge nicht antworten müssen, so daß es mangels einer Beschwerde keine Entscheidung über diesen Punkt gegeben habe.

44 Zweitens führt die Kommission zur Zurückweisung der die Marktabschottung betreffenden Rüge aus, in der angefochtenen Entscheidung habe sie die Beschwerde als unbegründet zurückgewiesen, weil sie den Nachweis für das angebliche Kartell als nicht erbracht angesehen habe, und nicht auch - wie die Kläger behaupteten - mit der Begründung, daß die Beurteilung der Absprache den nationalen Gerichten obliege. Unter Hinweis auf alle in ihrem Schreiben gemäß Artikel 6 sowie in ihrer Entscheidung angeführten Gesichtspunkte trägt die Kommission sodann vor, die Entscheidung sei rechtlich hinreichend begründet, und mangels ernsthafter Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Kartells sei sie nicht verpflichtet gewesen, Ermittlungen anzustellen. Die Kläger hätten insoweit insbesondere in ihrer Stellungnahme vom 24. Juli 1995 zum Schreiben gemäß Artikel 6 keinen neuen Gesichtspunkt genannt, und im übrigen deckten sich die Ergebnisse der Kommission mit denen des französischen Conseil de la concurrence.

45 Auf das Vorbringen der Kläger, daß sich die streitige Entscheidung auf die Beurteilung der Ausschließlichkeitsklauseln in den Verträgen über die gegenseitige Vertretung beschränke, erwidert die Kommission, sie habe im Gegenteil die Funktionsweise des gesamten Systems gegenseitiger Vertretung untersucht.

46 Die Französische Republik trägt erstens vor, es sei nicht zulässig, daß die Kläger gegen den Teil der angefochtenen Entscheidung vorgingen, der sich auf die Zurückweisung der Rüge eines die Höhe der Gebühren betreffenden Kartells der Gesellschaften zur Wahrnehmung von Urheberrechten beziehe. Da das Gericht die ursprüngliche Entscheidung der Kommission in diesem Punkt nicht für nichtig erklärt habe, habe sie den Beschwerdeführern nur vorsorglich geantwortet; diese machten die Rüge in ihrer Stellungnahme zum Schreiben gemäß Artikel 6 allein deshalb erneut geltend, um eine Bestätigung der Gründe zu erhalten, aus denen diese Rüge erfolglos geblieben sei. Die Kläger wendeten sich jedenfalls nicht gegen die sachliche Beurteilung der Kommission, sondern beschränkten sich darauf, zu Unrecht das Fehlen einer vergleichenden Untersuchung der Höhe der von den Verwertungsgesellschaften angewandten Gebühren geltend zu machen.

47 Zweitens vertritt die Französische Republik zur Zurückweisung der die Marktabschottung betreffenden Rüge die Ansicht, daß die Kommission ihre Entscheidung ordnungsgemäß begründet habe. Das Schreiben gemäß Artikel 6 und die endgültige Entscheidung über die Zurückweisung seien hinreichend ausführlich und beruhten auf einer eindeutigen Rechtsprechung des Gerichtshofes. Das Ergebnis, zu dem die Kommission gelangt sei, hätten im übrigen auch der französische Conseil de la concurrence sowie die Cour de cassation in einem Urteil vom 14. Mai 1991 bestätigt. Unter diesen Umständen und in Anbetracht dessen, daß es weder einen Anfangsbeweis noch ein konkretes Indiz zur Entkräftung des Standpunkts der Kommission gebe, habe diese keine zusätzlichen Ermittlungen anstellen müssen.

Würdigung durch das Gericht

48 Im Rahmen dieses Klagegrundes machen die Kläger geltend, die angefochtene Entscheidung sei zum einen hinsichtlich der Zurückweisung der Rüge einer Abschottung des Marktes aufgrund der Verträge über die gegenseitige Vertretung zwischen den Gesellschaften zur Wahrnehmung von Urheberrechten und zum anderen hinsichtlich der Zurückweisung der Rüge des Vorliegens eines Kartells dieser Gesellschaften zur Festschreibung der Gebührensätze auf hohem Niveau unzureichend begründet. Da sowohl die Kommission als auch die Französische Republik die Zulässigkeit des Klagegrundes bezweifeln, soweit er sich gegen den Teil der Entscheidung richtet, in dem die letztgenannte Rüge zurückgewiesen wurde, ist als erstes zu prüfen, ob es zulässig ist, daß sich die Kläger in diesem Punkt gegen die angefochtene Entscheidung wenden.

49 Insoweit ist vorab darauf hinzuweisen, daß Entscheidungen, durch die frühere Entscheidungen lediglich bestätigt werden, nach ständiger Rechtsprechung nicht anfechtbar sind (Urteile des Gerichtshofes vom 15. Dezember 1988 in den Rechtssachen 166/86 und 220/86, Irish Cement/Kommission, Slg. 1988, 6473, Randnr. 16, und vom 11. Januar 1996 in der Rechtssache C-480/93 P, Zunis Holding u. a./Kommission, Slg. 1996, I-1, Randnr. 14). Ein Rechtsakt, mit dem lediglich ein früherer Rechtsakt bestätigt wird, kann den Beteiligten nämlich nicht die Möglichkeit eröffnen, die Rechtmässigkeit des bestätigten Aktes erneut in Frage zu stellen (Urteil vom 22. März 1961 in den Rechtssachen 42/59 und 49/59, Snupat/Hohe Behörde, Slg. 1961, 111, 158).

50 Im vorliegenden Fall ist zunächst festzustellen, daß die Kommission die fraglichen Beschwerden bereits durch eine Entscheidung vom 12. November 1992 zurückgewiesen hatte (siehe oben, Randnr. 9). In seinem Urteil Tremblay I hat das Gericht im Rahmen der Beurteilung der Frage, ob die Kommission diese Entscheidung insoweit unzureichend begründet hatte, als darin die Rüge eines gegen Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages verstossenden abgestimmten Verhaltens der Gesellschaften zur Wahrnehmung von Urheberrechten der verschiedenen Mitgliedstaaten zurückgewiesen wurde, folgendes ausgeführt: "Nach Auffassung des Gerichts enthalten die Punkte 12 und 13 der streitigen Entscheidung die Gründe der Zurückweisung zweier anderer Rügen, die die Kläger in ihren Bemerkungen zum Schreiben nach Artikel 6 erhoben haben. Diese Rügen bezogen sich auf das Vorliegen eines angeblichen Kartells zwischen den nationalen Gesellschaften zur Wahrnehmung von Urheberrechten, die im Rahmen des GESAC vertreten sind, um ihre Gebühren auf dem höchstmöglichen Niveau zu vereinheitlichen, und eines solchen zwischen der SACEM und bestimmten französischen Verbänden von Diskothekenbetreibern" (Randnr. 39 des Urteils).

51 Das Gericht hat dagegen festgestellt, daß die Kläger der Begründung der streitigen Entscheidung nicht die Gründe für die Zurückweisung ihrer Beschwerden entnehmen konnten, soweit sich diese auf eine Abschottung des Marktes infolge von Verträgen über die gegenseitige Vertretung zwischen den Gesellschaften zur Wahrnehmung von Urheberrechten der verschiedenen Mitgliedstaaten bezogen, und daraus geschlossen, daß die Kommission "folglich in diesem Punkt die ihr nach Artikel 190 EWG-Vertrag obliegende Pflicht, ihre Entscheidungen mit Gründen zu versehen, nicht erfuellt" hatte (Randnr. 40). Das Gericht hat die Entscheidung deshalb nur insoweit für nichtig erklärt, als mit ihr die Rüge einer Abschottung des Marktes infolge des Vorliegens eines angeblichen Kartells zwischen den Gesellschaften zur Wahrnehmung von Urheberrechten, das die französischen Diskotheken am unmittelbaren Zugang zu den Beständen dieser Gesellschaften hindert, zurückgewiesen wurde (Randnr. 49 des Urteils). Im übrigen wurde die Klage abgewiesen.

52 Im Anschluß an die teilweise Nichtigerklärung der Entscheidung vom 12. November 1992 durch das Gericht haben sich die Beschwerdeführer in ihrer Stellungnahme vom 24. Juli 1995 zum Schreiben gemäß Artikel 6 der Kommission vom 23. Juni 1995 nicht nur gegen die Absicht der Kommission gewandt, die Rüge einer Abschottung des Marktes infolge von Verträgen über die gegenseitige Vertretung zurückzuweisen, sondern auch ihre Behauptung wiederholt, daß es ein zweites Kartell der Gesellschaften zur Wahrnehmung von Urheberrechten "zur Festschreibung des Musikpreises auf hohem Niveau" gebe. In der angefochtenen Entscheidung hat die Kommission geltend gemacht, daß sie auf diese von den Beschwerdeführern erneut erhobene Rüge nicht zu antworten brauche, sodann ausdrücklich auf die in Punkt 12 ihrer Entscheidung vom 12. November 1992 genannten Gründe Bezug genommen und dabei darauf hingewiesen, daß sie diese jedenfalls immer noch für gültig halte. Hierzu ist festzustellen, daß in der angefochtenen Entscheidung - wie die Kläger im übrigen einräumen - die bereits in der vorangegangenen Entscheidung enthaltenen Gründe wörtlich wiederholt werden.

53 In Anbetracht dieser Gesichtspunkte war die Kommission, da das Gericht in seinem Urteil Tremblay I ihre ursprüngliche Entscheidung nur insoweit wegen unzureichender Begründung aufgehoben hat, als die Rüge einer Abschottung des Marktes infolge von Verträgen über die gegenseitige Vertretung zurückgewiesen wurde, zugleich aber die Auffassung vertreten hat, daß die Entscheidung die Gründe für die Zurückweisung der Rüge des Vorliegens eines Kartells über die Gebührensätze enthielt, nicht verpflichtet, in ihrer neuen Entscheidung die Gründe zu überprüfen, aus denen sie der Ansicht war, daß der letztgenannten Rüge nicht gefolgt werden könne. Gemäß Artikel 176 des Vertrages muß die Kommission zwar dafür sorgen, daß der Rechtsakt, der den für nichtig erklärten Akt ersetzen soll, nicht ebenfalls mit den im Nichtigkeitsurteil festgestellten Rechtsverstössen behaftet ist (Urteil des Gerichts vom 2. Februar 1995 in der Rechtssache T-106/92, Frederiksen/Parlament, Slg. ÖD 1995, II-99, Randnr. 32); von ihr kann jedoch nicht verlangt werden, daß sie sich erneut zu Aspekten ihrer Entscheidung äussert, die im Nichtigkeitsurteil nicht in Frage gestellt wurden.

54 Unter diesen Umständen stellt, wie die Französische Republik zu Recht geltend macht, die im Schreiben der Kommission vom 13. Oktober 1995 enthaltene Antwort, soweit sie die Zurückweisung der Rüge des Vorliegens eines Kartells der Gesellschaften zur Wahrnehmung von Urheberrechten hinsichtlich der Gebührensätze betrifft, eine blosse Bestätigung ihrer vorangegangenen Entscheidung vom 12. November 1992 dar. In diesem Schreiben beschränkt sie sich nämlich darauf, die Beschwerdeführer auf die schon in ihrer ersten Entscheidung, deren Rechtmässigkeit in diesem Punkt im Urteil Tremblay I nicht in Frage gestellt worden war, gegebene Begründung hinzuweisen und an ihr unmißverständlich festzuhalten.

55 Diese Beurteilung wird im übrigen dadurch bestätigt, daß die Umstände und Bedingungen, unter denen die Kommission die Rüge des Vorliegens eines Kartells über die Gebührensätze zurückgewiesen hat, mit denen übereinstimmen, die für den Erlaß der Entscheidung vom 12. November 1992 ausschlaggebend waren. Der einzige von den Beschwerdeführern zur Stützung dieser Rüge in ihrem Schreiben an die Kommission vom 24. Juli 1995 angeführte konkrete Gesichtspunkt beruhte nämlich auf Auszuegen aus Erklärungen des Präsidenten der SACEM und des GESAC auf einer Urheberrechtskonferenz am 16. und 17. März 1992, an der ein der Generaldirektion Industrie (GD III) angehörender Kommissionsbeamter teilnahm. Wie die Kläger in Beantwortung einer Frage des Gerichts in der Sitzung eingeräumt haben, waren der Kommission diese Erklärungen, die in Randnummer 92 des Urteils Tremblay I erwähnt werden, aber bereits bekannt, als sie ihre Entscheidung vom 12. November 1992 traf, so daß es sich jedenfalls nicht um eine neue Tatsache handelte, die der Kommission beim Erlaß ihrer ursprünglichen Entscheidung noch nicht bekannt war (vgl. hierzu das vorgenannte Urteil Zunis Holding u. a./Kommission, Randnr. 12).

56 Da eine Entscheidung, durch die eine vorangegangene Entscheidung lediglich bestätigt wird, kein anfechtbarer Rechtsakt ist, ist es folglich nicht zulässig, daß sich die Kläger im Rahmen der vorliegenden Klage gegen den Teil der angefochtenen Entscheidung wenden, der die Zurückweisung der Rüge des Vorliegens eines Kartells der Gesellschaften zur Wahrnehmung von Urheberrechten über die Gebührensätze betrifft, und insoweit eine Verletzung von Artikel 190 des Vertrages geltend machen.

57 Zweitens ist hinsichtlich der Begründung der streitigen Entscheidung, soweit darin die Rüge einer Marktabschottung zurückgewiesen wird, darauf hinzuweisen, daß die Begründung nach ständiger Rechtsprechung die Überlegungen der Gemeinschaftsbehörde, die den angefochtenen Rechtsakt erlassen hat, so klar und unzweideutig wiedergeben muß, daß der Kläger zur Wahrnehmung seiner Rechte die tragenden Gründe für die Maßnahme erkennen und der Gemeinschaftsrichter seine Kontrolle ausüben kann (Urteil des Gerichtshofes vom 17. Januar 1995 in der Rechtssache C-360/92 P, Publishers Association/Kommission, Slg. 1995, I-23, Randnr. 39, Urteile des Gerichts vom 29. Juni 1993 in der Rechtssache T-7/92, Asia Motor France u. a./Kommission, Slg. 1993, II-669, Randnr. 30, und vom 9. Januar 1996 in der Rechtssache T-575/93, Kölman/Kommission, Slg. 1996, II-1, Randnr. 83). Insoweit braucht die Kommission in der Begründung von Entscheidungen, die sie erlässt, um die Anwendung der Wettbewerbsregeln sicherzustellen, nicht auf alle Argumente einzugehen, die die Betroffenen für ihren Antrag vorbringen, sondern es reicht aus, daß sie die Tatsachen und rechtlichen Erwägungen anführt, denen nach dem Aufbau der Entscheidung eine wesentliche Bedeutung zukommt (vgl. u. a. das vorgenannte Urteil Asia Motor France u. a./Kommission, Randnr. 31).

58 Im vorliegenden Fall stellen die Kläger die angefochtene Entscheidung unzutreffend dar, wenn sie insbesondere geltend machen, daß die Kommission ihre Prüfung allein auf die Ausschließlichkeitsklauseln in den Verträgen über die gegenseitige Vertretung zwischen den Gesellschaften zur Wahrnehmung von Urheberrechten der verschiedenen Mitgliedstaaten beschränkt habe.

59 Die Kommission hat nämlich, vor allem in ihrem Schreiben gemäß Artikel 6, auf das in der angefochtenen Entscheidung ausdrücklich Bezug genommen wird, die Antworten des Gerichtshofes in seinen vorgenannten Urteilen Tournier und Lucazeau u. a. zur Beurteilung der Verträge über die gegenseitige Vertretung zwischen den Gesellschaften zur Wahrnehmung von Urheberrechten im Hinblick auf Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages ausführlich wiedergegeben. Wie die Kommission in diesem Schreiben ausgeführt hat (siehe oben, Randnr. 16), hat der Gerichtshof bei seiner Beurteilung aber der Tatsache Rechnung getragen, daß die Ausschließlichkeitsklauseln in den Verträgen über die gegenseitige Vertretung abgeschafft worden waren, ohne daß sich jedoch das in der Weigerung, ausländischen Benutzern unmittelbaren Zugang zu ihrem Bestand zu gewähren, und der ausschließlichen Überlassung ihres Bestandes an die im betreffenden Gebiet ansässige Gesellschaft bestehende Verhalten der Gesellschaften zur Wahrnehmung von Urheberrechten geändert hätte.

60 Die Kommission hat sodann klar darauf hingewiesen, daß in diesem Zusammenhang nach der vorgenannten Rechtsprechung des Gerichtshofes das blosse Parallelverhalten der Gesellschaften zur Wahrnehmung von Urheberrechten, das die Beschwerdeführer angesprochen hätten, mangels entsprechender Nachweise nicht den Schluß auf das Vorliegen eines Kartells oder einer abgestimmten Verhaltensweise dieser Gesellschaften zulasse, da es eine plausible Erklärung für ihr Verhalten gebe, die darin bestehe, daß es beim gegenwärtigen Stand des Systems zur Wahrnehmung von Urheberrechten nicht im Interesse dieser Gesellschaften liege, den in anderen Staaten ansässigen Benutzern einen unmittelbaren Zugang zu ihrem Bestand zu gewähren, weil mit einem solchen Zugang erhebliche Verwaltungs- und Prüfungskosten verbunden seien.

61 Schließlich hat die Kommission in ihrer Entscheidung festgestellt, daß die Beschwerdeführer in ihrer Stellungnahme vom 24. Juli 1995 keine neuen tatsächlichen oder rechtlichen Gesichtspunkte vorgetragen hätten, die geeignet wären, die in ihrem Schreiben gemäß Artikel 6 angestellten Erwägungen zu ändern, und daraus geschlossen, daß die von den Beschwerdeführern geltend gemachten Verhaltensweisen der Gesellschaften zur Wahrnehmung von Urheberrechten nicht das Vorliegen einer gegen Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages verstossenden Vereinbarung oder abgestimmten Verhaltensweise dieser Gesellschaften voraussetzten. Entgegen dem weiteren Vorbringen der Kläger hat die Kommission die Prüfung der Angelegenheit somit nicht den nationalen Gerichten zugewiesen, sondern das Fehlen eines gegen Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages verstossenden Kartells festgestellt, und zwar mangels entsprechender Beweismittel.

62 Die Kläger versuchen darüber hinaus, sich zum Beleg einer unzureichenden Begründung der angefochtenen Entscheidung auf den angeblich unzulänglichen Charakter der Untersuchung der Kommission zu berufen. Sie werfen der Kommission insbesondere vor, die ihr für ihre eigene Untersuchung der gerügten Verhaltensweisen zur Verfügung stehenden Mittel allein deshalb nicht genutzt zu haben, weil die Beschwerdeführer ihr keine Beweismittel oder konkreten Indizien für das Vorliegen eines Kartells geliefert hätten.

63 Die mangelnde Beweiskraft der von den Beschwerdeführern der Kommission übermittelten Anhaltspunkte wird jedoch von den Klägern nicht in Abrede gestellt; diese machen insoweit keinen Rechts- oder Ermessensfehler geltend und haben im übrigen in der Sitzung eingeräumt, daß die gelieferten Anhaltspunkte weder ausreichend noch entscheidend gewesen seien. Da die Beschwerdeführer keine Beweismittel oder ausreichenden ernsthaften Indizien zum Nachweis des Vorliegens eines gegen Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages verstossenden Kartells geliefert haben, kann der Kommission aber nicht allein deshalb mangelnde Sorgfalt bei der Prüfung der Beschwerde vorgeworfen werden, weil sie keine zusätzlichen Ermittlungen angeordnet hat. Nach ständiger Rechtsprechung ist die Kommission, wenn sie gemäß Artikel 3 der Verordnung Nr. 17 angerufen wird, nicht zur Durchführung einer Untersuchung verpflichtet, sondern zur aufmerksamen Prüfung der ihr vom Beschwerdeführer mitgeteilten tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte, um zu ermitteln, ob diese eine Verhaltensweise erkennen lassen, die geeignet ist, den Wettbewerb innerhalb des Gemeinsamen Marktes zu verfälschen und den Handel zwischen den Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen (Urteil des Gerichtshofes vom 19. Oktober 1995 in der Rechtssache C-19/93 P, Rendo u. a./Kommission, Slg. 1995, I-3319, Randnr. 27, und Urteil des Gerichts vom 18. September 1992 in der Rechtssache T-24/90, Automec/Kommission, "Automec II", Slg. 1992, II-2223, Randnr. 79).

64 In Anbetracht all dieser Gesichtspunkte ist das Gericht der Ansicht, daß die Kommission der ihr obliegenden Verpflichtung nachgekommen ist, im Fall der Zurückweisung einer Beschwerde klar anzugeben, weshalb die aufmerksame Prüfung der ihr von den Beschwerdeführern vorgetragenen tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte sie nicht veranlasst hat, ein Verfahren zur Feststellung eines Verstosses gegen Artikel 85 des Vertrages einzuleiten (vgl. Beschluß des Gerichtshofes vom 16. September 1997 in der Rechtssache C-59/96 P, Kölman/Kommission, Slg. 1997, I-0000, Randnr. 42, und Urteil Kölman/Kommission des Gerichts, a. a. O., Randnr. 40).

65 Nach alledem ist der Klagegrund einer unzureichenden Begründung der angefochtenen Entscheidung zurückzuweisen.

Zum Klagegrund einer Verletzung von Artikel 176 des Vertrages

Zusammenfassung des Vorbringens der Parteien

66 Die Kläger tragen vor, die Kommission habe durch den Erlaß der streitigen Entscheidung gegen die ihr gemäß Artikel 176 des Vertrages obliegenden Verpflichtungen verstossen.

67 Erstens sei die angefochtene Entscheidung unter Verstoß gegen das Urteil Tremblay I getroffen worden, da die Kommission im Anschluß an dieses Urteil nicht die vom Gericht geforderte Untersuchung durchgeführt habe. Das Gericht habe nämlich in seinem Urteil sowohl die Unzulänglichkeit der dem Erlaß der Entscheidung vorangegangenen Untersuchung als auch die Unzulänglichkeit der Begründung der Entscheidung beanstandet. Um dieser - zumindest stillschweigenden - Aufforderung des Gerichts zum Tätigwerden nachzukommen, habe die Kommission folglich die ihr zur Verfügung stehenden Mittel nutzen müssen, um Ermittlungen anzustellen.

68 Zweitens werfen die Kläger der Kommission vor, die streitige Entscheidung erlassen zu haben, ohne das Urteil des Gerichtshofes über das Rechtsmittel gegen das Urteil Tremblay I abzuwarten, obwohl die Verfahren im Rahmen des Rechtsmittels und der vorliegenden Klage voneinander abhingen.

69 Die Kommission erwidert, das Vorbringen, daß sie durch die Unterlassung der nach dem Urteil Tremblay I gebotenen aktiven Ermittlungen den Forderungen des Gerichts nicht nachgekommen sei, beruhe auf unzutreffenden Prämissen, da das Gericht den die Rüge einer Marktabschottung betreffenden Teil der streitigen Entscheidung wegen Verletzung von Artikel 190 des Vertrages und nicht wegen eines Rechtsfehlers für nichtig erklärt habe. Die angefochtene Entscheidung, die im Ergebnis der am 12. November 1992 getroffenen Entscheidung entspreche, diesmal aber gemäß den Anforderungen von Artikel 190 des Vertrages begründet sei, sei in keiner Weise zu beanstanden.

70 Dem Vorbringen der Kläger, daß die Kommission hätte warten müssen, bis der Gerichtshof über das Rechtsmittel gegen das Urteil Tremblay I entschieden habe, hält die Kommission entgegen, daß das Verfahren vor dem Gerichtshof und die vorliegende Rechtssache einen unterschiedlichen Gegenstand hätten, da das Rechtsmittel der Kläger nur auf die teilweise Nichtigerklärung des Urteils Tremblay I gerichtet sei, und zwar nur insoweit, als der Teil der Entscheidung, in dem die nicht das Vorliegen eines Kartells betreffenden Rügen zurückgewiesen worden seien, nicht für nichtig erklärt worden sei. Sie sei daher verpflichtet gewesen, die Prüfung des Artikel 85 des Vertrages betreffenden Teils der Beschwerde wiederaufzunehmen, ohne das Urteil des Gerichtshofes abzuwarten.

71 Die Französische Republik als Streithelferin macht geltend, der Teil des Urteils Tremblay I, in dem die ursprüngliche Entscheidung der Kommission für nichtig erklärt worden sei, habe Rechtskraft erlangt, da gegen ihn kein Rechtsmittel eingelegt worden sei, und die Kommission sei deshalb gemäß Artikel 176 des Vertrages verpflichtet gewesen, in diesem Punkt auf die Beschwerde zu antworten. Im übrigen wäre die Kommission nach Ansicht der Französischen Republik selbst dann, wenn gegen das gesamte Urteil Tremblay I Rechtsmittel eingelegt worden wäre, berechtigt gewesen, eine neue Entscheidung zu erlassen, wenn sie geglaubt hätte, hierfür über ausreichende Angaben zu verfügen, denn ein Rechtsmittel habe ausser in hier nicht einschlägigen Sonderfällen keine aufschiebende Wirkung.

Würdigung durch das Gericht

72 Erklärt das Gericht eine Handlung eines Organs für nichtig, so hat das Organ gemäß Artikel 176 die sich aus dem Urteil ergebenden Maßnahmen zu ergreifen. Hierzu haben der Gerichtshof und das Gericht entschieden, daß das Organ, um dem Urteil nachzukommen und es vollständig durchzuführen, nicht nur den Tenor des Urteils zu beachten hat, sondern auch die Begründung, die zu dem Tenor geführt hat und die dessen notwendige Stütze in dem Sinne darstellt, daß sie unerläßlich ist, um die genaue Bedeutung dessen, was im Tenor entschieden worden ist, zu bestimmen. Es ist nämlich diese Begründung, aus der sich zum einen genau ergibt, welche Vorschrift als rechtswidrig angesehen wird, und die zum anderen die genauen Gründe für die im Tenor festgestellte Rechtswidrigkeit erkennen lässt, die das betreffende Organ bei der Ersetzung der für nichtig erklärten Handlung zu beachten hat (Urteil des Gerichtshofes vom 26. April 1988 in den Rechtssachen 97/86, 99/86, 193/86 und 215/86, Asteris u. a./Kommission, Slg. 1988, 2181, Randnr. 27, und Urteil Frederiksen/Parlament des Gerichts, a. a. O., Randnr. 31).

73 Im vorliegenden Fall berufen sich die Kläger zunächst auf einen Verstoß gegen das Urteil Tremblay I, in dem von der Kommission die Durchführung einer Untersuchung verlangt worden sei. Sowohl aus dem Tenor als auch aus den Gründen dieses Urteils geht jedoch hervor, daß das Gericht die vorangegangene Entscheidung der Kommission vom 12. November 1992 wegen Verletzung von Artikel 190 des Vertrages mit der Begründung teilweise für nichtig erklärt hat, daß die Kläger ihr nicht die Gründe für die Zurückweisung ihrer Beschwerden entnehmen konnten, soweit sich diese auf eine Abschottung des Marktes bezogen. Mit diesem Ergebnis war somit keine Aufforderung des Gerichts an die Kommission zur Durchführung von Ermittlungen verbunden, und das Gericht hat ihr erst recht nicht aufgegeben, insoweit tätig zu werden, zumal es dazu im Rahmen seiner Rechtmässigkeitskontrolle nicht befugt ist (siehe oben, Randnr. 36). Da das Gericht im übrigen im Rahmen der vorliegenden Klage festgestellt hat (siehe oben, Randnr. 64), daß die Kommission die ihr gemäß Artikel 190 des Vertrages obliegende Verpflichtung, ihre Entscheidung hinsichtlich der Rüge einer Marktabschottung zu begründen, nunmehr erfuellt hat, greift das Vorbringen eines Verstosses gegen das Urteil Tremblay I und damit einer Verletzung von Artikel 176 des Vertrages somit nicht durch.

74 Das Vorbringen, daß die Kommission mit dem Erlaß der angefochtenen Entscheidung hätte warten müssen, bis der Gerichtshof über das Rechtsmittel der Kläger gegen das Urteil Tremblay I entschieden habe, ist im vorliegenden Fall als unerheblich anzusehen. Dieses Rechtsmittel war nämlich nur auf die teilweise Nichtigerklärung des Urteils Tremblay I gerichtet, soweit darin die Klage gegen den die Rügen einer Verletzung von Artikel 86 des Vertrages betreffenden Teil der ursprünglichen Entscheidung der Kommission abgewiesen wurde (siehe oben, Randnr. 12, und Urteil Tremblay u. a./Kommission des Gerichtshofes vom 24. Oktober 1996, a. a. O.). Dagegen ist kein Rechtsmittel gegen das Urteil Tremblay I eingelegt worden, soweit darin der Teil der Entscheidung der Kommission für nichtig erklärt wurde, der die Zurückweisung der Rüge einer Marktabschottung infolge eines angeblichen Kartells der Gesellschaften zur Wahrnehmung von Urheberrechten unter Verletzung von Artikel 85 des Vertrages betraf. Da das Urteil des Gerichts somit im letztgenannten Punkt Rechtskraft erlangt hat, war die Kommission nicht verpflichtet, das Urteil des Gerichtshofes abzuwarten, bevor sie insoweit eine neue Entscheidung traf.

75 Aus diesen Erwägungen folgt, daß der Klagegrund zurückzuweisen ist.

Zum dritten Klagegrund einer Verletzung des Vertrages und eines Ermessensmißbrauchs

Vorbringen der Parteien

76 Nach Ansicht der Kläger stellt das Verhalten der Kommission eine Verletzung des Vertrages und einen Ermessensmißbrauch dar. Indem es die Kommission trotz ihrer Ersuchen bewusst unterlassen habe, die Angelegenheit zu untersuchen, oder sich zumindest auf "passive" Ermittlungen beschränkt habe, habe sie den Fortbestand des geltend gemachten Kartells begünstigt und damit andere Ziele verfolgt als die, zu denen ihr die im Vertrag vorgesehenen Befugnisse eingeräumt worden seien (Urteile des Gerichtshofes vom 8. Juli 1965 in den Rechtssachen 3/64 und 4/64, Chambre syndicale de la sidérurgie française u. a./Hohe Behörde, Slg. 1965, 596, vom 8. Juni 1988 in der Rechtssache 135/87, Vlachou/Rechnungshof, Slg. 1988, 2901, und vom 17. Januar 1992 in der Rechtssache C-107/90 P, Hochbaum/Kommission, Slg. 1992, I-157). Zur Stützung dises Klagegrundes verweisen die Kläger auf Auszuege aus Erklärungen des Präsidenten der SACEM und des GESAC auf einer Urheberrechtskonferenz in Madrid am 16. und 17. März 1992.

77 Die Kommission trägt vor, die Behauptung eines Ermessensmißbrauchs könne nur dann Berücksichtigung finden, wenn aufgrund objektiver, schlüssiger und übereinstimmender Indizien anzunehmen sei, daß die fragliche Handlung ausschließlich oder zumindest vorwiegend zu anderen als den angegebenen Zwecken oder mit dem Ziel vorgenommen worden sei, ein Verfahren zu umgehen, das der Vertrag speziell vorsehe, um die konkrete Sachlage zu bewältigen (Urteil des Gerichtshofes vom 5. Oktober 1994 in den Rechtssachen C-133/93, C-300/93 und C-362/93, Crispoltoni u. a., Slg. 1994, I-4863). Im übrigen könne der Umstand, daß den Argumenten, die die Beschwerdeführer im Lauf der Untersuchung vorgetragen hätten, in der streitigen Entscheidung nicht gefolgt worden sei, als solcher keinen Ermessensmißbrauch begründen (Urteil des Gerichtshofes vom 7. Mai 1991 in der Rechtssache C-69/89, Nakajima/Rat, Slg. 1991, I-2069). Im vorliegenden Fall hätten die Kläger keinen Nachweis für ihre Behauptung einer mangelnden Untersuchung oder passiver Ermittlungen mit dem Ziel, ein Preiskartell zugunsten der SACEM zu schützen, erbracht.

78 Die Französische Republik nimmt insoweit nicht gesondert Stellung.

Würdigung durch das Gericht

79 Zunächst ist in bezug auf die Rüge einer angeblichen Verletzung des Vertrages durch die Kommission darauf hinzuweisen, daß die Klageschrift gemäß Artikel 19 Absatz 1 des Protokolls über die EG-Satzung des Gerichtshofes, der gemäß Artikel 46 Absatz 1 dieser Satzung auf das Gericht anzuwenden ist, und Artikel 44 § 1 der Verfahrensordnung des Gerichts eine kurze Darstellung der Klagegründe enthalten muß. Diese Angaben müssen so klar und genau sein, daß dem Beklagten die Vorbereitung seiner Verteidigung und dem Gericht die Entscheidung über die Klage, gegebenenfalls auch ohne weitere Informationen, ermöglicht wird. In der Klageschrift ist deshalb darzulegen, worin der Klagegrund besteht, auf den die Klage gestützt wird, so daß seine bloß abstrakte Nennung den Erfordernissen der Satzung des Gerichtshofes und der Verfahrensordnung nicht entspricht (Urteil des Gerichts vom 12. Januar 1995 in der Rechtssache T-102/92, Viho/Kommission, Slg. 1995, II-17, Randnr. 68).

80 Im vorliegenden Fall ist festzustellen, daß die Kläger eine Verletzung des Vertrages durch die Kommission geltend machen, ohne genau anzugeben, welche Bestimmungen sie als verletzt ansehen. In ihrer Klageschrift machen sie nämlich folgende generelle Ausführungen: "Die unzureichende Begründung, die wie im vorliegenden Fall häufig dazu dient, die Verletzung des Vertrages zu verschleiern, kann... Ausdruck einer unzulänglichen Behandlung einer Angelegenheit sein... Das zur Verletzung des Vertrages hinzukommende Verhalten der Kommission stellt ebenfalls einen Ermessensmißbrauch dar."

81 In der von den Klägern aufgestellten Form erlauben es diese Behauptungen nicht, Art und Gegenstand der gegenüber der Kommission erhobenen Rüge hinreichend genau zu bestimmen oder gar die Vertragsvorschriften zu ermitteln, die die Kommission verletzt haben soll. Hinzu kommt, daß das Vorbringen der Kläger es der Kommission nicht ermöglicht hat, sich speziell zur angeblichen Verletzung des Vertrages zu äussern und ihre Interessen in diesem Punkt wirksam zu verteidigen.

82 Unter diesen Umständen ist die Rüge einer angeblichen Verletzung des Vertrages durch die Kommission als unzulässig zurückzuweisen.

83 Hinsichtlich der Rüge eines Ermessensmißbrauchs berufen sich die Kläger zur Stützung ihrer Behauptungen auf Auszuege aus dem Protokoll einer Urheberrechtskonferenz, die am 16. und 17. März 1992 in Madrid stattfand (siehe oben, Randnr. 55). Das Gericht hat jedoch bereits in seinem Urteil Tremblay I entschieden, daß es diesen Auszuegen nicht die notwendigen Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Ermessensmißbrauchs entnehmen kann (vgl. Randnr. 92 des Urteils). Folglich ist der Klagegrund zurückzuweisen.

84 Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich, daß die Klage in vollem Umfang abzuweisen ist.

Kostenentscheidung:

Kosten

85 Nach Artikel 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Kläger mit ihrem Vorbringen unterlegen sind und die Kommission einen entsprechenden Antrag gestellt hat, sind ihnen die Kosten aufzuerlegen.

86 Die Französische Republik, die dem Rechtsstreit als Streithelferin beigetreten ist, trägt jedoch gemäß Artikel 87 § 4 Absatz 1 der Verfahrensordnung ihre eigenen Kosten.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DAS GERICHT

(Zweite Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

3. Die Französische Republik trägt ihre eigenen Kosten.

Ende der Entscheidung

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