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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäisches Gericht
Beschluss verkündet am 28.11.2003
Aktenzeichen: T-264/03 R
Rechtsgebiete: Entscheidung 2003/312/EG der Kommission vom 9. April 2003 über die Veröffentlichung der Fundstelle der Normen für Wärmedämmstoffe, Geotextilien, ortsfeste Löschanlagen und Gips-Wandbauplatten entsprechend der Richtlinie 89/106/EWG, Richtlinie 89/106/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über Bauprodukte in der durch die Richtlinie 93/68/EWG des Rates vom 22. Juli 1993 geänderten Fassung


Vorschriften:

Entscheidung 2003/312/EG der Kommission vom 9. April 2003 über die Veröffentlichung der Fundstelle der Normen für Wärmedämmstoffe, Geotextilien, ortsfeste Löschanlagen und Gips-Wandbauplatten entsprechend der Richtlinie 89/106/EWG Art. 1
Richtlinie 89/106/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über Bauprodukte in der durch die Richtlinie 93/68/EWG des Rates vom 22. Juli 1993 geänderten Fassung Art. 4
Richtlinie 89/106/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über Bauprodukte in der durch die Richtlinie 93/68/EWG des Rates vom 22. Juli 1993 geänderten Fassung Art. 5 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

Beschluss des Präsidenten des Gerichts Erster Instanz vom 28. November 2003. - Jürgen Schmoldt und andere gegen Kommission der Europäischen Gemeinschaften. - Vorläufiger Rechtsschutz - Zulässigkeit - Dringlichkeit. - Rechtssache T-264/03 R.

Parteien:

In der Rechtssache T-264/03 R

Jürgen Schmoldt, wohnhaft in Dallgow-Döberitz (Deutschland),

Kaefer Isoliertechnik GmbH & Co. KG mit Sitz in Bremen (Deutschland),

Hauptverband der Deutschen Bauindustrie eV mit Sitz in Berlin (Deutschland),

vertreten durch Professor H.-P. Schneider,

Antragsteller,

gegen

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch K. Wiedner als Bevollmächtigten im Beistand von Rechtsanwalt Alexander Böhlke, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Antragsgegnerin,

wegen - im Wege einstweiliger Anordnung gemäß Artikel 243 EG - Verlängerung der in der Mitteilung der Kommission vom 22. Mai 2003 im Rahmen der Durchführung der Richtlinie 89/106/EWG des Rates (ABl. C 120, S. 17) vorgesehenen Koexistenzperiode für nationale und europäische Normen gemäß EN 13162:2001 bis 13171:2001

erlässt

DER PRÄSIDENT DES GERICHTS ERSTER INSTANZ

DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN

folgenden

Beschluss

Entscheidungsgründe:

Rechtlicher Rahmen

1 Die Richtlinie 89/106/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über Bauprodukte (ABl. L 40, S. 12) in der durch die Richtlinie 93/68/EWG des Rates vom 22. Juli 1993 zur Änderung der Richtlinien 87/404/EWG (einfache Druckbehälter), 88/378/EWG (Sicherheit von Spielzeug), 89/106/EWG (Bauprodukte), 89/336/EWG (elektromagnetische Verträglichkeit), 89/392/EWG (Maschinen), 89/686/EWG (persönliche Schutzausrüstungen), 90/384/EWG (nichtselbsttätige Waagen), 90/385/EWG (aktive implantierbare medizinische Geräte), 90/396/EWG (Gasverbrauchseinrichtungen), 91/263/EWG (Telekommunikationsendeinrichtungen), 92/42/EWG (mit fluessigen oder gasförmigen Brennstoffen beschickte neue Warmwasserheizkessel) und 73/23/EWG (elektrische Betriebsmittel zur Verwendung innerhalb bestimmter Spannungsgrenzen) (ABl. L 220, S. 1) geänderten Fassung soll insbesondere Hemmnisse des freien Verkehrs von Bauprodukten beseitigen.

2 Gemäß Artikel 1 Absatz 2 der Richtlinie 89/106 ist unter Bauprodukt" im Sinne dieser Richtlinie jedes Produkt zu verstehen, das hergestellt wird, um dauerhaft in Bauwerke des Hoch- oder Tiefbaus eingebaut zu werden.".

3 Artikel 2 Absatz 1 der Richtlinie 89/106 sieht vor, dass Bauprodukte nur in den Verkehr gebracht werden dürfen, wenn sie brauchbar sind, d. h. solche Merkmale aufweisen, dass das Bauwerk, für das sie durch Einbau, Zusammenfügung, Anbringung oder Installierung verwendet werden sollen, bei ordnungsgemäßer Planung und Bauausführung bestimmte wesentliche Anforderungen (nachstehend: wesentliche Anforderungen) erfuellen kann, wenn und wo für bestimmte Bauwerke Regelungen gelten, die entsprechende Anforderungen enthalten.

4 Diese wesentlichen Anforderungen sind in Form von einzelnen Vorgaben in Anhang I aufgeführt und betreffen bestimmte Merkmale von Bauwerken im Bereich der mechanischen Festigkeit und Standsicherheit, des Brandschutzes, der Hygiene, der Gesundheit und des Umweltschutzes, der Nutzungssicherheit, des Schallschutzes, der Energieeinsparung und des Wärmeschutzes.

5 Im Übrigen sieht die Richtlinie 89/106 die Erstellung gemeinschaftlicher technischer Spezifikationen" vor. So können nach Artikel 4 Absatz 1 Unterabsatz 2 der Richtlinie 89/106 das Europäische Komitee für Normung (nachstehend: CEN) und das Europäische Komitee für elektrische Normung für Bauprodukte geltende Normen" und technische Zulassungen" festlegen. Diese Normen und technischen Vorschriften werden gemeinsam als harmonisierte Normen" bezeichnet.

6 Das CEN/TC 88 ist der Zweig des CEN, der für den Bereich der Wärmeschutzprodukte zuständig ist.

7 Die harmonisierten Normen werden auf der Grundlage von Mandaten der Kommission gemäß der Richtlinie 98/34/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Juni 1998 über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der Normen und technischen Vorschriften (ABl. L 204, S. 37) und Stellungnahmen des Ständigen Ausschusses für das Bauwesen erstellt.

8 Nach Erstellung der harmonisierten Normen durch die europäischen Normenorganisationen gemäß Artikel 7 Absatz 3 der Richtlinie 89/106 veröffentlicht die Kommission die Normen durch Angabe der Fundstellen im Amtsblatt der Europäischen Union.

9 Für Produkte, die mit den nationalen, die harmonisierten Normen umsetzenden Normen übereinstimmen, gilt eine Vermutung der Konformität mit den wesentlichen Anforderungen. So ist gemäß Artikel 4 Absatz 2 der Richtlinie Nr. 89/106 von der Brauchbarkeit von Bauprodukten auszugehen, wenn sie so beschaffen sind, dass die Bauwerke, für die sie verwendet werden, bei ordnungsgemäßer Planung und Bauausführung den wesentlichen Anforderungen entsprechen, und die CE-Kennzeichnung tragen. Die CE-Kennzeichnung besagt insbesondere, dass sie mit den entsprechenden nationalen Normen übereinstimmen, in die die harmonisierten Normen umgesetzt worden sind und deren Fundstellen im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht worden sind.

10 Schließlich kann gemäß Artikel 5 Absatz 1 der Richtlinie 89/106 ein Mitgliedstaat gegen harmonisierte Normen Einspruch erheben, wenn er der Auffassung ist, dass sie den wesentlichen Anforderungen nicht genügen. In einem solchen Fall befasst der betreffende Mitgliedstaat unter Angabe der Gründe für seinen Einspruch den Ständigen Ausschuss für das Bauwesen. Dieser Ausschuss nimmt hierzu umgehend Stellung; unter Berücksichtigung dieser Stellungnahme und nach Anhörung des mit der Richtlinie 98/34 eingesetzten Ausschusses (nachstehend: Ausschuss 98/34) teilt die Kommission den Mitgliedstaaten mit, ob die betreffenden Normen aus dem Amtsblatt der Europäischen Union gestrichen werden müssen.

Sachverhalt und Verfahren

11 Am 23. Mai 2001 legte das CEN 10 Normen für Wärmeschutzprodukte mit den Nummern EN 13162:2001 à EN 13171:2001 fest (nachstehend: beanstandete Normen).

12 Am 15. Dezember 2001 wurden die beanstandeten Normen durch eine Mitteilung der Kommission im Rahmen der Durchführung der Richtlinie 89/106 (ABl. C 358, S. 9) im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften veröffentlicht. Diese Mitteilung sah für die beanstandeten Normen vor, dass sie vom 1. März 2002 an als harmonisierte Norm anwendbar sein sollten. Daneben sah sie jedoch eine Periode der Koexistenz der harmonisierten Normen und der nationalen technischen Spezifikationen" vor.

13 Ferner heißt es in Fußnote 2 dieser Mitteilung, dass zum einen nach der Koexistenzperiode die Konformitätsvermutung auf die harmonisierten Normen gegründet werden müsse und dass zum anderen das Datum des Endes dieser Periode dasselbe wie das Datum der Aufhebung der entgegenstehenden nationalen technischen Spezifikationen sei.

14 Mit Schreiben vom 9. August 2002 erhob die Bundesrepublik Deutschland gemäß Artikel 5 Absatz 1 der Richtlinie 89/106 u. a. gegen die angefochtenen Normen Einspruch. Darin machte sie insbesondere geltend, die beanstandeten Normen ermöglichten nicht die Annahme, dass die Bauwerke, in die die Produkte eingebaut würden, den wesentlichen Anforderungen vollauf genügten.

15 In einem Bericht vom 22. November 2002 wies eine Ad-hoc-Gruppe des Ständigen Ausschusses für das Bauwesen darauf hin, dass sie u. a. die beanstandeten Normen geprüft und Empfehlungen ausgesprochen habe. Die Ad-hoc-Gruppe des Ständigen Ausschusses für das Bauwesen führte aus, dass die beanstandeten Normen wahrscheinlich verbesserungsfähig seien, dass es aber keinen Grund gebe, ihre Anwendung für Zwecke der CE-Kennzeichnung auszusetzen.

16 Am 28. und 29. Januar 2003 trat der Ausschuss 98/34 zusammen und gab zu dem Entwurf für eine Entscheidung der Kommission, mit der der Einspruch der Bundesrepublik Deutschland zurückgewiesen wird, eine positive Stellungnahme ab.

17 Am 9. April 2003 erließ die Kommission die Entscheidung 2003/312/EG über die Veröffentlichung der Fundstelle der Normen für Wärmedämmstoffe, Geotextilien, ortsfeste Löschanlagen und Gips-Wandbauplatten entsprechend der Richtlinie 89/106/EWG des Rates (ABI. L 114, S. 50), mit der sie den gemäß Artikel 5 Absatz 1 der Richtlinie 89/106 eingelegten Einspruch der Bundesrepublik Deutschland zurückwies (nachstehend: streitige Entscheidung).

18 In der streitigen Entscheidung stellte die Kommission u. a. fest, die Informationen, die im Zuge der Konsultation mit CEN und den nationalen Behörden innerhalb des Ständigen Ausschusses für das Bauwesen und des Ausschusses 98/34 gewonnen worden seien, hätten keine Belege für das von der Bundesrepublik Deutschland behauptete Risiko erbracht. In Artikel 1 der streitigen Entscheidung verfügte die Kommission daher, dass die beanstandeten Normen nicht aus dem im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlichten Verzeichnis der Normen gestrichen werden.

19 Am 8. Mai 2003 wurde die streitige Entscheidung im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht.

20 An einem in den Akten nicht genannten Datum beantragte die Bundesrepublik Deutschland beim Ständigen Ausschuss für das Bauwesen eine Verlängerung der Koexistenzperiode für die beanstandeten und die nationalen Normen bis zum 31. Dezember 2003.

21 Am 13. und 14. Mai 2003 wurde in der 57. Sitzung des Ständigen Ausschusses für das Bauwesen der Antrag der Bundesrepublik Deutschland auf Verlängerung der Koexistenzperiode bis zum 31. Dezember 2003 abgelehnt. In dieser Sitzung wurde jedoch eine rückwirkende Verlängerung der Koexistenzperiode für die beanstandeten und die nationalen Normen bis zum 13. Mai 2003 beschlossen.

22 Am 22. Mai 2003 wurden die beanstandeten Normen durch eine Mitteilung der Kommission im Rahmen der Durchführung der Richtlinie 89/106 (ABl. C 120, S. 17) mit einem neuen Datum des Endes der Koexistenzperiode für die beanstandeten und die nationalen Normen erneut im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht.

23 Am 28. Juli 2003 haben Herr J. Schmoldt, die Kaefer Isoliertechnik GmbH & Co. KG und der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie eV (nachstehend: Antragsteller) eine Klage auf Nichtigerklärung der streitigen Entscheidung erhoben.

24 Mit besonderem Schriftsatz, der am selben Tag bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, haben sie beantragt, der Beklagten im Wege einer einstweiligen Anordnung nach Artikel 243 EG aufzugeben, die Koexistenzperiode für die beanstandeten und die nationalen Normen bis zur Entscheidung des Gerichts zu verlängern.

25 Am 25. August 2003 hat die Kommission ihre Stellungnahme zu dem Antrag auf einstweilige Anordnung eingereicht. Sie macht darin insbesondere geltend, die Klage der Antragsteller sei offensichtlich unzulässig.

26 Mit besonderem Schriftsatz, der am 27. August 2003 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Kommission nach Artikel 114 der Verfahrensordnung des Gerichts eine Einrede der Unzulässigkeit erhoben.

27 Am 9. September 2003 haben die Antragsteller eine Antwort auf die Stellungnahme der Kommission vom 25. August 2003 eingereicht. Auf Verfügung des Präsidenten des Gerichts ist diese Antwort zu den Akten genommen worden, und die Kommission hat darauf am 23. September 2003 erwidert.

28 Die Antragsteller und die Kommission sind in der Sitzung vom 14. Oktober 2003 angehört worden.

Anträge der Parteien

29 Die Antragsteller beantragen,

- die Kommission zu verpflichten, die Koexistenzperiode für die nationalen und die beanstandeten Normen zu verlängern;

- der Kommission die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

30 Die Kommission beantragt,

- den Antrag auf einstweilige Anordnung zurückzuweisen,

- die Kostenentscheidung vorzubehalten.

Entscheidungsgründe

31 Nach Artikel 104 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichts müssen Anträge auf einstweilige Anordnung die Umstände anführen, aus denen sich die Dringlichkeit ergibt; ferner ist die Notwendigkeit der beantragten Anordnung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht glaubhaft zu machen (Fumus boni iuris). Diese Voraussetzungen bestehen kumulativ, so dass ein Antrag auf Aussetzung des Vollzugs zurückgewiesen werden muss, wenn eine davon nicht erfuellt ist (Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofes vom 14. Oktober 1996 in der Rechtssache C-268/96 P[R], SCK und FNK/Kommission, Slg. 1996, I-4971, Randnr. 30). Gegebenenfalls erfolgt auch eine Abwägung der bestehenden Interessen (Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofes vom 23. Februar 2001 in der Rechtssache C-445/00 R, Österreich/Rat, Slg. 2001, I-1461, Randnr. 73).

Vorbringen der Parteien

Zur Zulässigkeit des Antrags

32 Die Kommission hält die Klage in zweierlei Hinsicht für offensichtlich unzulässig.

33 Erstens sei die Klage verspätet eingereicht worden.

34 So komme nach der Rechtsprechung der Zeitpunkt, zu dem der Kläger von der Handlung Kenntnis erlangt habe, als Beginn der Klagefrist nur subsidiär neben dem Zeitpunkt der Bekanntgabe bzw. der Mitteilung in Betracht (Urteil des Gerichtshofes vom 10. März 1998 in der Rechtssache C-122/95, Deutschland/Rat, Slg. 1998, I-973, Randnr. 35). Dies gelte insbesondere dann, wenn die Veröffentlichung einer Handlung auf ständiger Übung beruhe, da der Kläger dann davon ausgehen dürfe, dass es zur Veröffentlichung kommen werde (Urteil Deutschland/Rat, Randnr. 37).

35 In der vorliegenden Rechtssache habe der Zeitpunkt der Kenntniserlangung von der streitigen Entscheidung keine solche subsidiäre Bedeutung, da deren Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union nicht vorgeschrieben gewesen sei. Der förmliche Beginn der Frist für die Erhebung der Klage gegen diese Entscheidung falle also auf den Tag, an dem die Antragsteller von ihr Kenntnis erlangt hätten, und nicht auf den Tag ihrer Veröffentlichung. Infolge dieses Umstands sei eine Anwendung von Artikel 102 § 1 der Verfahrensordnung ausgeschlossen, wonach eine Frist für die Erhebung einer Klage gegen eine Handlung eines Organs vom Ablauf des vierzehnten Tages nach der Veröffentlichung der Handlung im Amtsblatt der Europäischen Union an zu berechnen sei, wenn sie mit der Veröffentlichung der Handlung beginne.

36 Da die vom 9. April 2003 datierende streitige Entscheidung am 8. Mai 2003 im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht worden sei, hätten die Antragsteller spätestens an diesem Tag von ihr Kenntnis erlangt. Folglich sei die am 28. Juli 2003 eingereichte Klage auch unter Berücksichtigung der Entfernungsfrist gemäß der Verfahrensordnung um zehn Tage zu spät eingereicht worden.

37 Zweitens seien die Antragsteller von der streitigen Entscheidung nicht individuell betroffen. Zunächst habe Herr Schmoldt seine Klage nicht als offizieller Repräsentant des CEN/TC 88, sondern allein in seinem eigenen Namen eingereicht. Sodann sei die Kaefer Isoliertechnik zwar zweifellos in erheblichem Maße, aber keineswegs individuell betroffen. Der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie schließlich könne seine Klagebefugnis weder von der Klagebefugnis der Kaefer Isoliertechnik, die selbst nicht von der streitigen Entscheidung individuell betroffen sei, noch daraus ableiten, dass er an der Vorbereitung des Antrags der Bundesrepublik Deutschland nach Artikel 5 Absatz 1 der Richtlinie 89/106 beteiligt gewesen sei.

38 Die Antragsteller tragen erstens vor, ihre Klage sei nicht verspätet. Die Kommission bestreite nicht, dass ihnen die streitige Entscheidung nicht mitgeteilt worden sei. Zudem hätten sie von der streitigen Entscheidung erst erfahren, als sie im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht worden sei. Ihre Klage sei daher sehr wohl fristgerecht erhoben worden.

39 Zweitens sind die Antragsteller der Auffassung, sie seien von der streitigen Entscheidung unmittelbar und individuell betroffen.

40 So trägt der Antragsteller Schmoldt vor, er sei zum einen als Vorsitzender des CEN/TC 88 nicht an den die beanstandeten Normen betreffenden Entscheidungen der Kommission und des Ständigen Ausschusses für das Bauwesen beteiligt worden und zum anderen sei seine Beteiligung an dem Bericht der Ad-hoc-Gruppe des Ständigen Ausschusses für das Bauwesen vorgetäuscht worden. Er sei daher hinsichtlich der streitigen Entscheidung klagebefugt, da die Inanspruchnahme des CEN/TC 88 und die angebliche Konsultation des CEN offensichtlich ihm zugerechnet würden. Außerdem sei er Geschäftsführer des Antragstellers Hauptverband der Deutschen Bauindustrie. In der Sitzung hat er schließlich vorgetragen, er sei im Rahmen der Tätigkeiten der Kaefer Isoliertechnik aktiv".

41 Die Antragstellerin Kaefer Isoliertechnik trägt vor, sie sei maßgeblicher Verwender von Wärmedämmstoffen und befinde sich in einem Normenkonflikt zwischen dem deutschen und dem Gemeinschaftsrecht, was für sie eine unzumutbare wirtschaftliche Belastung darstelle und sie im Verhältnis zu Anbietern aus anderen Mitgliedstaaten erheblich diskriminiere. Zudem sei sie als Mitglied der Bundesfachabteilung Wärme-, Kälte-, Schall- und Brandschutz des Hauptverbands der Deutschen Bauindustrie maßgeblich am Beschluss des deutschen Vorbereitenden Ausschusses EG-Harmonisierung beteiligt gewesen, gegen die beanstandeten Normen Einspruch nach Artikel 5 Absatz 1 der Richtlinie 89/106 zu erheben.

42 Der Antragsteller Hauptverband der Deutschen Bauindustrie trägt schließlich vor, er verliere durch die streitige Entscheidung die Möglichkeit, im Interesse der von ihm vertretenen Unternehmen für eine Neukonzeption oder zumindest Nachbesserung der unklaren, lückenhaften und unzureichenden Gemeinschaftsnormen für Wärmedämmstoffe einzutreten.

Zum Fumus boni iuris

43 Nach Auffassung der Antragsteller sind die beanstandeten Normen unklar, unbestimmt und in wesentlichen Punkten unvollständig. Sie seien daher ungeeignet, um die Brauchbarkeit der betroffenen Produkte und ihre Konformität mit den wesentlichen Anforderungen nachzuprüfen.

44 Diese Normen verstießen daher gegen die Artikel 2 und 3 der Richtlinie 89/106 sowie gegen die Grundsätze der Rechtssicherheit und der Verhältnismäßigkeit.

45 Außerdem verstoße die streitige Entscheidung gegen den Grundsatz, bei der Rechtsangleichung ein hohes Schutzniveau zugunsten des Umwelt- und Verbraucherschutzes anzustreben, wie er sich aus Artikel 95 Absatz 3 EG ergebe.

46 Schließlich leide die streitige Entscheidung unter formalen Mängeln, denn sie verstoße gegen die Begründungspflicht des Artikels 253 EG und sei unter Verletzung wesentlicher Formvorschriften zustande gekommen, da eine formale Stellungnahme des Ständigen Ausschusses für das Bauwesen gemäß Artikel 5 Absatz 1 der Richtlinie 89/106 fehle. Zudem sei das CEN/TC 88 am Verfahren des Erlasses der streitigen Entscheidung nicht tatsächlich beteiligt gewesen, obwohl sich die Ad-hoc-Gruppe des Ständigen Ausschusses für das Bauwesen in ihrem Bericht mehrfach darauf beziehe.

47 Nach Auffassung der Kommission greifen diese Klagegründe nicht durch.

Zur Dringlichkeit

48 Die Antragsteller tragen in ihrer Antragsschrift vor, die Dringlichkeit der einstweiligen Anordnung ergebe sich daraus, dass die streitige Entscheidung für sie bedeutende Änderungen des Rahmens, in dem sich ihre Tätigkeit vollziehe, mit sich bringe und die daraus resultierende Marktentwicklung später, falls der Klage stattgegeben werde, nur sehr schwer rückgängig zu machen wäre (Beschlüsse des Präsidenten des Gerichtshofes vom 11. Mai 1989 in den Rechtssachen 76/89, 77/89 und 91/89 R, RTE u. a./Kommission, Slg. 1989, 1141, Randnrn. 15 und 18, und vom 13. Juni 1989 in der Rechtssache C-56/89 R, Publishers Association/Kommission, Slg. 1989, 1693, Randnrn. 34 und 35). Das Außerkrafttreten der aufgehobenen deutschen Normen für Wärmedämmstoffe (nachstehend: aufgehobene deutsche Normen) führe nämlich zu einer grundlegenden und dauerhaften Änderung des Marktes für Bauprodukte.

49 Die Antragsteller haben in der Sitzung auf Nachfrage zu ihrem Vorbringen zur Frage der Dringlichkeit erläutert, sie machten in Bezug auf Herrn Schmoldt und den Hauptverband der Deutschen Bauindustrie selbst nicht geltend, dass ein schwerer und nicht wieder gutzumachender Schaden drohe, vielmehr bestehe eine Dringlichkeit nur in Bezug auf die Kaefer Isoliertechnik und die Mitglieder des Hauptverbands der Deutschen Bauindustrie.

50 Insbesondere hat die Kaefer Isoliertechnik vorgetragen, sie könne ohne Verlängerung der Koexistenzperiode bis zur Nichtigerklärung der streitigen Entscheidung auf dem Markt keine Produkte finden , die den aufgehobenen deutschen Normen, die mehr Sicherheit als die beanstandeten Normen böten, genügten. Daher stuenden die Verwender von Bauprodukten, falls die streitige Entscheidung für nichtig erklärt und die aufgehobenen deutschen Normen wieder in Kraft gesetzt würden, vor erheblichen Problemen, weil die mit Produkten, die den beanstandeten Normen entsprächen, errichteten Bauwerke geändert bzw. abgerissen werden müssten.

51 Im Übrigen hat die Kaefer Isoliertechnik in der Sitzung vorgetragen, die Dringlichkeit der einstweiligen Anordnung sei noch offenkundiger, sollten die deutschen Normen nach der Nichtigerklärung nicht wieder in Kraft gesetzt werden oder werden können.

52 Die Kommission ist der Auffassung, die Antragsteller hätten die Dringlichkeit der beantragten einstweiligen Anordnung nicht dargetan.

Zur Interessenabwägung

53 Zur Interessenabwägung tragen die Antragsteller vor, durch die beantragte einstweilige Anordnung, nämlich die Verlängerung der Koexistenzperiode für die beanstandeten und die nationalen Normen, würden die Interessen der Gemeinschaft gewahrt, da die beanstandeten Normen weiter neben den nationalen Normen gälten. So bestuende für Mitgliedstaaten, die meinten, die beanstandeten Normen unverändert übernehmen und anwenden zu können, keinerlei Zwang, die aufgehobenen nationalen Normen wieder einzuführen.

54 Nach Auffassung der Kommission können die von den Antragstellern geltend gemachten Interessen dem Interesse der Gemeinschaft an einem gemeinschaftsweiten Vollzug der Harmonisierung der Normen für Wärmedämmstoffe nicht vorgehen. Selbst wenn die beantragte Anordnung auf die Bundesrepublik Deutschland beschränkt werden sollte, schüfe sie doch Wettbewerbsverzerrungen und es bestuende die Gefahr, dass andere als deutsche Produkte vom Markt ausgesperrt würden.

Richterliche Würdigung

55 Nach ständiger Rechtsprechung ist im Verfahren der einstweiligen Anordnung die Zulässigkeit der Klage grundsätzlich nicht zu prüfen, um der Entscheidung in der Hauptsache nicht vorzugreifen. Wenn jedoch, wie im vorliegenden Fall, die offensichtliche Unzulässigkeit der Klage, mit der der Antrag auf einstweilige Anordnung zusammenhängt, geltend gemacht wird, ist zu prüfen, ob die Klage dem ersten Anschein nach zulässig ist (vgl. Beschlüsse des Präsidenten des Gerichts vom 15. Februar 2000 in der Rechtssache T-1/00 R, Hölzl u. a./Kommission, Slg. 2000, II-251, Randnr. 21, und vom 8. August 2002 in der Rechtssache T-155/02 R, VVG International u. a./Kommission, Slg. 2002, II-3239, Randnr. 18).

56 Die Kommission trägt in der vorliegenden Rechtssache vor, die Klage sei offensichtlich unzulässig, da sie verspätet eingereicht worden sei und die Antragsteller von der streitigen Entscheidung nicht individuell betroffen seien.

57 Daher ist zu prüfen, ob ausreichende Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass ihre Klage dem ersten Anschein nach zulässig ist, und insbesondere dass die Antragsteller dem ersten Anschein nach von der streitigen Entscheidung individuell betroffen sind.

58 Nach Artikel 230 Absatz 4 EG kann [j]ede natürliche oder juristische Person... gegen die an sie ergangenen Entscheidungen sowie gegen diejenigen Entscheidungen Klage erheben, die, obwohl sie als Verordnung oder als eine an eine andere Person gerichtete Entscheidung ergangen sind, sie unmittelbar und individuell betreffen".

59 Nach ständiger Rechtsprechung liegt das Kriterium für die Unterscheidung zwischen einer Verordnung und einer Entscheidung darin, ob die betreffende Handlung allgemeine Geltung hat (Beschlüsse des Gerichtshofes vom 23. November 1995 in der Rechtssache C-10/95 P, Asocarne/Rat, Slg. 1995, I-4149, Randnr. 28, und vom 24. April 1996 in der Rechtssache C-87/95 P, CNPAAP/Rat, Slg. 1996, I-2003, Randnr. 33; Beschlüsse des Gerichts vom 26. März 1999 in der Rechtssache T-114/96, Biscuiterie-confiserie LOR und Confiserie du Tech/Kommission, Slg. 1999, II-913, Randnr. 26, und vom 6. Mai 2003 in der Rechtssache T-45/02, DOW AgroSciences und DOW AgroSciences/Parlament und Rat, Slg. 2003, II-0000, Randnr. 31).

60 Eine Handlung hat allgemeine Geltung, wenn sie für objektiv bestimmte Situationen gilt und Rechtswirkungen gegenüber allgemein und abstrakt umschriebenen Personengruppen erzeugt (vgl. Urteil des Gerichts vom 10. Juli 1996 in der Rechtssache T-482/93, Weber/Kommission, Slg. 1996, II-609, Randnr. 55, und die dort angeführte Rechtsprechung).

61 Vorliegend ist die streitige Entscheidung an die Mitgliedstaaten gerichtet, und mit ihr wird ein Antrag abgelehnt, bestimmte gemäß der Richtlinie 89/106 festgelegte harmonisierte Normen aus dem im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlichten Verzeichnis der Normen zu streichen.

62 Gemäß Artikel 4 Absatz 2 der Richtlinie 89/106 bilden jedoch insbesondere die nationalen Normen, in die die harmonisierten Normen umgesetzt worden sind und deren Fundstellen im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht worden sind, die Grundlage dafür, dass Bauprodukte als brauchbar anzusehen sind und damit in der Europäischen Union in Verkehr gebracht werden können.

63 Die gemäß der Richtlinie 89/106 festgelegten harmonisierten Normen dienen also zur Definition der Merkmale der Produkte, die die Wirtschaftsteilnehmer vermarkten bzw. kaufen können. Sie erzeugen daher Wirkungen insbesondere gegenüber allen Herstellern und Verwendern von Bauprodukten in der Europäischen Union.

64 Folglich gilt die streitige Entscheidung selbst, durch die die Aufhebung von harmonisierten Normen abgelehnt wird, für objektiv bestimmte Situationen und erzeugt Rechtswirkungen gegenüber allgemein und abstrakt umschriebenen Personengruppen, nämlich allen Herstellern und Verwendern von Bauprodukten in der Europäischen Union. Daher hat die streitige Entscheidung dem ersten Anschein nach aufgrund ihrer Rechtsnatur und ihrer Tragweite allgemeinen Charakter.

65 Es ist jedoch nicht ausgeschlossen, dass eine Bestimmung, die ihrer Natur und Tragweite nach allgemeinen Charakter hat, eine natürliche oder juristische Person individuell betrifft, nämlich dann, wenn diese aufgrund ihrer besonderen Merkmale oder tatsächlicher Umstände durch die Bestimmung so berührt wird, dass sie aus dem Kreis aller übrigen Personen herausgehoben und in ähnlicher Weise individualisiert wird wie der Adressat einer Entscheidung (Urteile des Gerichtshofes vom 16. Mai 1991 in der Rechtssache C-358/89, Extramet, Slg. 1991, I-2501, Randnr. 13, vom 18. Mai 1994 in der Rechtssache C-309/89, Codorniu/Rat, Slg. 1994, I-1853, Randnr. 19, und vom 22. November 2001 in der Rechtssache C-451/98, Antillean Rice Mills/Rat, Slg. 2001, I-8949, Randnr. 49).

66 Daher ist zu prüfen, ob sich im vorliegenden Fall den Akten entnehmen lässt, dass nicht ausgeschlossen ist, dass die Antragsteller aufgrund ihrer besonderen Merkmale von der streitigen Entscheidung betroffen sind, oder ob tatsächliche Umstände vorliegen, die die Antragsteller in Bezug auf die streitige Entscheidung aus dem Kreis aller übrigen Personen herausheben.

Zur Frage, ob die Klage von Herrn Schmoldt dem ersten Anschein nach zulässig ist

67 Um darzutun, dass er von der streitigen Entscheidung individuell betroffen ist, verweist Herr Schmoldt auf seine Funktion als Vorsitzender des CEN/TC 88 sowie darauf, dass er den Vorsitz der Ad-hoc-Gruppe des Ständigen Ausschusses für das Bauwesen habe führen sollen.

68 Hierzu ist vorab festzustellen, dass der Generalsekretär des CEN der Kommission in einem Schreiben vom 11. August 2003 mitteilte, dass Herr Schmoldt nicht befugt sei, dieses Gremium im Rahmen der Klage zu vertreten; dies hat Herr Schmoldt nicht bestritten. Ohne dass es der von Herr Schmoldt beantragten Anordnung der Vorlage des Schreibens, auf das mit dem Schreiben vom 11. August 2003 geantwortet wird, bedürfte, zeigt sich somit, dass Herr Schmoldt diese Klage allein als Person erhoben hat und dass allein anhand der in seiner Person liegenden Eigenschaften zu prüfen ist, ob er tatsächlich dem ersten Anschein nach hinsichtlich der streitigen Entscheidung klagebefugt ist.

69 Die Tatsache, dass eine Person sich in irgendeiner Weise an dem Verfahren beteiligt, das zum Erlass einer Gemeinschaftshandlung führt, ist aber nur dann geeignet, diese Person hinsichtlich der fraglichen Handlung zu individualisieren, wenn die anwendbare Gemeinschaftsregelung gewisse Verfahrensgarantien für sie vorsieht (vgl. Beschlüsse des Gerichts vom 3. Juni 1997 in der Rechtssache T-60/96, Merck u. a./Kommission, Slg. 1997, II-849, Randnr. 73, vom 15. September 1998 in der Rechtssache T-109/97, Molkerei Großbraunshain und Bene Nahrungsmittel/Kommission, Slg. 1998, II-3533, Randnrn. 67 und 68, und vom 29. April 2002 in der Rechtssache T-339/00, Bactria/Kommission, Slg. 2002, II-2287, Randnr. 51).

70 Im vorliegenden Fall bestehen die in Artikel 5 Absatz 1 der Richtlinie 89/106 vorgesehenen Garantien zugunsten des CEN und des Ständigen Ausschusses für das Bauwesen und nicht zugunsten bestimmter Mitglieder oder der Vorsitzenden dieser Gremien persönlich. Herr Schmoldt scheint sich daher als Person weder auf eine Verfahrensgarantie noch auf irgendeine Bestimmung der Richtlinie 89/106 stützen zu können, deren Missachtung dem ersten Anschein nach geeignet wäre, ihn in seiner Eigenschaft zum einen als Vorsitzender des CEN/TC 88 im Zeitpunkt des Erlasses der streitigen Entscheidung und zum anderen als Mitglied der Ad-hoc-Gruppe des Ständigen Ausschusses für das Bauwesen zu individualisieren.

71 Dem ersten Anschein nach zeigt sich daher nicht, dass Herr Schmoldt von der streitigen Entscheidung individuell betroffen sein könnte.

72 Sodann beruft sich Herr Schmoldt für seine Klagebefugnis zum einen auf seine Funktion als Geschäftsführer des Hauptverbands der Deutschen Bauindustrie und zum anderen darauf, dass er im Rahmen der Tätigkeiten der Kaefer Isoliertechnik aktiv" sei.

73 Da sich eine solche Klagebefugnis dem ersten Anschein nach von der Klagebefugnis des Hauptverbands der Deutschen Bauindustrie und der Kaefer Isoliertechnik ableiten würde, könnte Herr Schmoldt nur dann, wenn diese beiden Antragsteller von der streitigen Entscheidung individuell betroffen wären, geltend machen, die streitige Entscheidung betreffe auch ihn individuell. Das Vorbringen von Herr Schmoldt ist daher im Rahmen der Prüfung der Klagebefugnis der Kaefer Isoliertechnik und des Hauptverbands der Deutschen Bauindustrie zu prüfen.

74 Daher ergeben sich, vorbehaltlich der Prüfung der Klagebefugnis der Kaefer Isoliertechnik und des Hauptverbands der Deutschen Bauindustrie, in diesem Stadium keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür, dass die Klage von Herrn Schmoldt dem ersten Anschein nach zulässig ist.

Zur Frage, ob die Klage der Kaefer Isoliertechnik dem ersten Anschein nach zulässig ist

75 Die Kaefer Isoliertechnik trägt erstens vor, sie sei wegen ihrer Stellung als maßgeblicher Verwender von Bauprodukten und als europaweit zweitgrößtes Unternehmen auf dem Gebiet der Isolierungsarbeiten von der streitigen Entscheidung individuell betroffen.

76 Hierzu ist zunächst festzustellen, dass der Umstand, dass sich eine Handlung allgemeiner Geltung auf die verschiedenen Normadressaten im konkreten Fall unterschiedlich auswirken kann, diese nicht aus dem Kreis aller übrigen betroffenen Wirtschaftsteilnehmer herauszuheben vermag, sofern ihre Anwendung nach einem objektiv bestimmten Tatbestand erfolgt (vgl. insbesondere Urteil des Gerichts vom 22. Februar 2000 in der Rechtssache T-138/98, ACAV u. a./Rat, Slg. 2000, II-341, Randnr. 66 sowie die dort angeführte Rechtsprechung). Im vorliegenden Fall ist die Kaefer Isoliertechnik zweifellos aufgrund ihrer objektiven Stellung als Verwender von Bauprodukten von der streitigen Entscheidung betroffen.

77 Aus den Akten ergeben sich daher keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür, dass die Kaefer Isoliertechnik dem ersten Anschein nach wegen ihrer Stellung als maßgeblicher Verwender von Bauprodukten von der streitigen Entscheidung individuell betroffen ist.

78 Zweitens trägt die Kaefer Isoliertechnik vor, sie sei von der streitigen Entscheidung individuell betroffen aufgrund der maßgeblichen Rolle, die sie über den Hauptverband der Deutschen Bauindustrie beim Zustandekommen des Beschlusses der Bundesrepublik Deutschland, gegen die beanstandeten Normen Einspruch nach Artikel 5 Absatz 1 der Richtlinie 89/106 zu erheben, gespielt habe.

79 In diesem Zusammenhang ist, wie bereits oben in Randnummer 69 ausgeführt, die Tatsache, dass sich eine Person in irgendeiner Weise an dem Verfahren beteiligt, das zum Erlass einer Gemeinschaftshandlung führt, nur dann geeignet, diese Person hinsichtlich der fraglichen Handlung zu individualisieren, wenn die anwendbare Gemeinschaftsregelung gewisse Verfahrensgarantien für sie vorsieht (vgl. Beschluss Merck u. a./Kommission, oben in Randnr. 69 angeführt, Randnr. 73).

80 Im vorliegenden Fall schreibt die Richtlinie 89/106 keineswegs vor, dass die Kommission vor Erlass einer Entscheidung nach Artikel 5 Absatz 1 der Richtlinie 89/106 ein Verfahren einzuhalten hätte, in dem Unternehmen wie die Kaefer Isoliertechnik etwaige Rechte oder gar einen Anspruch auf rechtliches Gehör geltend machen könnten.

81 Dem ersten Anschein nach ist das Vorbringen der Kaefer Isoliertechnik daher zurückzuweisen.

82 Nach alledem ergeben sich aus dem Akteninhalt keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür, dass die Klage der Kaefer Isoliertechnik dem ersten Anschein nach zulässig ist.

Zur Frage, ob die Klage des Hauptverbands der Deutschen Bauindustrie dem ersten Anschein nach zulässig ist

83 Der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie hat vorgetragen, er repräsentiere die Bauindustrie in Deutschland; seine Klagebefugnis hinsichtlich der streitigen Entscheidung ergebe sich zum einen aus der Klagebefugnis der Kaefer Isoliertechnik, die eines seiner Mitglieder sei, und zum anderen aus seiner Beteiligung an dem Verfahren, das zum Erlass der streitigen Entscheidung geführt habe.

84 Was erstens die Klagebefugnis des Hauptverbands der Deutschen Bauindustrie aufgrund der Klagebefugnis seiner Mitglieder angeht, so ist daran zu erinnern, dass eine Vereinigung als von einer Entscheidung individuell betroffen anzusehen ist, wenn sie die Interessen von Unternehmen vertritt, die selbst hinsichtlich dieser Entscheidung klagebefugt wären (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 6. Juli 1995 in den Rechtssachen T-447/93 bis T-449/93, AITEC u. a./Kommission, Slg. 1995, II-1971, Randnr. 62).

85 Hierzu ist zunächst festzustellen, dass in diesem Stadium dem ersten Anschein nach keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Klage der Kaefer Isoliertechnik zulässig ist.

86 Sodann hat der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie auch keine Anhaltspunkte dafür angeführt, dass andere seiner Mitglieder von der streitigen Entscheidung individuell betroffen seien.

87 Daher ist zu folgern, dass der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie dem ersten Anschein nach nicht mit Erfolg geltend machen kann, er sei von der streitigen Entscheidung individuell betroffen, da seine Mitglieder selbst auf Nichtigerklärung dieser Entscheidung klagen könnten.

88 Was zweitens die Beteiligung des Hauptverbands der Deutschen Bauindustrie an der Ausarbeitung der streitigen Entscheidung angeht, so kann allerdings das Vorliegen besonderer Umstände, wie die Rolle, die ein Verband in einem Verfahren gespielt hat, das zum Erlass einer Maßnahme im Sinne des Artikels 230 EG geführt hat, die Zulässigkeit einer von einem Verband erhobenen Klage begründen, dessen Mitglieder von der streitigen Maßnahme nicht unmittelbar und individuell betroffen sind, insbesondere dann, wenn seine Stellung als Verhandlungsführer durch diese Maßnahme berührt ist (Urteile des Gerichtshofes vom 2. Februar 1988 in den Rechtssachen 67/85, 68/85 und 70/85, Van der Kooy u. a./Kommission, Slg. 1988, 219, Randnrn. 21 bis 24, und vom 24. März 1993 in der Rechtssache C-313/90, CIRFS u. a./Kommission, Slg. 1993, I-1125, Randnrn. 28 bis 30).

89 Daher ist zu prüfen, ob die Beteiligung des Hauptverbands der Deutschen Bauindustrie an der Vorbereitung des von der Bundesrepublik Deutschland erhobenen Einspruchs dem ersten Anschein nach einen besonderen Umstand darstellt, der ihm als die Interessen seiner Mitglieder vertretendem Unternehmensverband eine Klagebefugnis im Sinne der angeführten Rechtsprechung verleihen kann.

90 Insoweit ist, wie bereits oben in Randnummer 80 ausgeführt, festzustellen, dass die Richtlinie 89/106 keineswegs vorschreibt, dass die Kommission vor Erlass einer Entscheidung nach Artikel 5 Absatz 1 der Richtlinie 89/106 ein Verfahren einzuhalten hätte, in dem Verbände wie der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie etwaige Rechte oder gar einen Anspruch auf rechtliches Gehör geltend machen könnten.

91 In diesem Stadium lässt der Akteninhalt nicht den Schluss zu, dass die Klage des Hauptverbands der Deutschen Bauindustrie dem ersten Anschein nach zulässig ist.

92 Nach alledem lässt der Akteninhalt nicht den Schluss zu, dass die Antragsteller dem ersten Anschein nach von der streitigen Entscheidung individuell betroffen sind. Folglich lässt, ohne dass zu prüfen wäre, ob sie ihre Klage dem ersten Anschein nach verspätet eingereicht haben, der Akteninhalt in diesem Stadium nicht den Schluss zu, dass ihre Klage dem ersten Anschein nach zulässig ist.

93 Zudem ist festzustellen, dass die Antragsteller die Dringlichkeit der beantragten einstweiligen Anordnung nicht dargetan haben.

94 Nach ständiger Rechtsprechung ist die Dringlichkeit des Erlasses einer einstweiligen Anordnung danach zu beurteilen, ob die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes erforderlich ist, um zu verhindern, dass dem Antragsteller ein schwerer und nicht wieder gutzumachender Schaden entsteht (Beschluss des Präsidenten des Gerichts vom 19. Dezember 2001 in den Rechtssachen T-195/01 R und T-207/01 R, Government of Gibraltar/Kommission, Slg. 2001, II-3915, Randnr. 95, und die dort angeführte Rechtsprechung).

95 Es ist Sache der Partei, die sich auf einen schweren und nicht wieder gutzumachenden Schaden beruft, dessen Vorliegen zu beweisen (Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofes vom 12. Oktober 2000 in der Rechtssache C-278/00 R, Griechenland/Kommission, Slg. 2000, I-8787, Randnr. 14). Das unmittelbare Bevorstehen des Schadens braucht nicht mit absoluter Sicherheit nachgewiesen zu werden; vielmehr genügt es, insbesondere dann, wenn die Entstehung des Schadens vom Eintritt einer Reihe von Faktoren abhängt, dass er mit einem hinreichenden Grad von Wahrscheinlichkeit vorhersehbar ist (Beschlüsse des Präsidenten des Gerichtshofes vom 19. Juli 1995 in der Rechtssache C-149/95 P[R], Kommission/Atlantic Container Line u. a., Slg. 1995, I-2165, Randnr. 38, und des Präsidenten des Gerichts vom 15. Juli 1998 in der Rechtssache T-73/98 R, Prayon-Rupel/Kommission, Slg. 1998, II-2769, Randnr. 38).

96 In der vorliegenden Rechtssache machen die Antragsteller das Bestehen von Dringlichkeit in Bezug auf die Kaefer Isoliertechnik und die Mitglieder des Hauptverbands der Deutschen Bauindustrie geltend. Es ist jedoch zu beachten, dass der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie nur Angaben gemacht hat, mit denen dargetan werden soll, dass unter seinen Mitgliedern den Verwendern von Bauprodukten ein schwerer und nicht wieder gutzumachender Schaden drohe. Daher ist die Frage außer Betracht zu lassen, ob die Entstehung eines solchen Schadens für seine übrigen Mitglieder, insbesondere die Hersteller von Bauprodukten, wahrscheinlich ist.

97 Zur Erläuterung der behaupteten Dringlichkeit tragen die Antragsteller vor, falls die streitige Entscheidung für nichtig erklärt und die aufgehobenen deutschen Normen wieder in Kraft gesetzt würden, stuenden die Verwender von Bauprodukten vor erheblichen Problemen, weil Bauwerke, die mit den beanstandeten Normen entsprechenden Produkten errichtet worden seien, geändert bzw. abgerissen werden müssten.

98 Hier ist zunächst darauf hinzuweisen, dass ein solcher Schaden voraussetzt, dass nach einer etwaigen Nichtigerklärung der streitigen Entscheidung die aufgehobenen deutschen Normen von der Bundesrepublik Deutschland wieder in Kraft gesetzt werden. Denn nur im Falle einer Wiederinkraftsetzung der Normen für Wärmedämmstoffe müssten die Antragsteller die vor der Nichtigerklärung der streitigen Entscheidung errichteten Gebäude ändern oder abreißen. Die Antragsteller haben jedoch keine Angaben gemacht, anhand deren die Wahrscheinlichkeit beurteilt werden könnte, dass diese Normen im Fall der Nichtigerklärung der streitigen Entscheidung von der Bundesrepublik Deutschland tatsächlich wieder in Kraft gesetzt werden.

99 Im Übrigen bleibt, selbst wenn unterstellt wird, dass die Bundesrepublik Deutschland die aufgehobenen deutschen Normen tatsächlich wieder in Kraft setzt, noch zu prüfen, ob die Verpflichtung, Bauwerke, die mit den beanstandeten Normen entsprechenden Produkten errichtet wurden, zu ändern bzw. abzureißen, für die Kaefer Isoliertechnik und die übrigen Verwender von Bauprodukten, die Mitglieder des Hauptverbands der Deutschen Bauindustrie sind, entsprechend ihrer Behauptung zu einem schweren und nicht wieder gutzumachenden Schaden führen kann.

100 Insoweit scheint ihnen ein Schaden nur dann entstehen zu können, wenn es den Unternehmen, die Bauprodukte verwenden, unmöglich wäre, von ihren Lieferanten zu verlangen, weiter Produkte zu liefern, die dem Anforderungsniveau nach den aufgehobenen deutschen Normen entsprechen. In diesem Stadium geht aus den Akten nicht hervor, dass die Verwender von Bauprodukten nach der Aufhebung dieser Normen rechtlich daran gehindert wären, von ihren Lieferanten zu verlangen, weiter Produkte zu liefern, die neben den wesentlichen Anforderungen nach der Richtlinie 89/106 auch dem Anforderungsniveau nach den aufgehobenen deutschen Normen entsprechen.

101 In der Sitzung hat die Kaefer Isoliertechnik zwar darauf hingewiesen, dass eine solche Möglichkeit, selbst wenn sie aus rechtlicher Sicht bestuende, sehr theoretisch wäre, da die Hersteller von Bauprodukten sich sehr wahrscheinlich dafür entscheiden würden, nur den beanstandeten Normen entsprechende Produkte zu liefern.

102 Selbst wenn jedoch die Verwender von Bauprodukten aufgrund bestimmter Marktzwänge gegenüber ihren Lieferanten tatsächlich nicht durchsetzen könnten, dass diese weiter den aufgehobenen deutschen Normen entsprechende Produkte herstellen, würde sich der geltend gemachte Schaden daraus ergeben, dass Gebäude, die nach den beanstandeten Normen errichtet wurden, geändert werden müssten, so dass es sich um einen rein finanziellen Schaden handeln würde.

103 Nach ständiger Rechtsprechung kann jedoch ein rein finanzieller Schaden nur unter außergewöhnlichen Umständen als ein nicht oder auch nur schwer wieder gutzumachender Schaden angesehen werden, da er Gegenstand eines späteren finanziellen Ausgleichs sein kann. Ein finanzieller Schaden, der durch die Durchführung des Urteils im Klageverfahren nicht beseitigt wird, stellt nämlich einen wirtschaftlichen Verlust dar, der mittels der im Vertrag, insbesondere in den Artikeln 235 EG und 288 EG, vorgesehenen Klagen ausgeglichen werden kann (vgl. Beschluss des Präsidenten des Gerichts vom 26. Oktober 2001, IMS Health/Kommission, T-184/01 R, Slg. 2001, II-3193, Randnr. 119, und die dort angeführte Rechtsprechung).

104 In einem solchen Fall wäre der Erlass der einstweiligen Anordnung nur dann gerechtfertigt, wenn andernfalls die Antragstellerin in eine Lage gebracht würde, in der möglicherweise ihre Existenz gefährdet wäre oder ihre Marktanteile irreversibel geändert würden (Beschlüsse des Präsidenten des Gerichts vom 30. Juni 1999 in der Rechtssache T-13/99 R, Pfizer Animal Health/Rat, Slg. 1999, II-1961, Randnr. 138, und vom 11. April 2003 in der Rechtssache T-392/02 R, Solvay Pharmaceuticals/Rat, Slg. 2003, I-0000, Randnr. 107).

105 In der vorliegenden Rechtssache hat die Kaefer Isoliertechnik nichts vorgetragen, um darzutun, dass im Falle des Unterbleibens der einstweiligen Anordnung ihre Existenz gefährdet wäre oder dass durch die streitige Entscheidung ihre Marktanteile irreversibel geändert würden.

106 Folglich hat die Kaefer Isoliertechnik nicht dargetan, dass die beantragte einstweilige Anordnung im Hinblick auf den Fall dringlich ist, dass die Bundesrepublik Deutschland nach einer etwaigen Nichtigerklärung der streitigen Entscheidung die aufgehobenen deutschen Normen wieder in Kraft setzt.

107 Im Übrigen ist für den Fall, dass die aufgehobenen deutschen Normen nach einer etwaigen Nichtigerklärung der streitigen Entscheidung von der Bundesrepublik Deutschland nicht wieder in Kraft gesetzt werden, hervorzuheben, dass diese Möglichkeit nur sehr allgemein und hypothetisch in der Sitzung erwähnt worden ist, ohne Angabe, inwiefern daraus für die Kaefer Isoliertechnik ein schwerer und nicht wieder gutzumachender Schaden entstehen würde.

108 Folglich ist die Dringlichkeit der beantragten einstweiligen Anordnung nicht dargetan.

109 In Anbetracht der vorstehenden Erwägungen ist der Antrag auf einstweilige Anordnung zurückzuweisen.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER PRÄSIDENT DES GERICHTS

beschlossen:

1. Der Antrag auf einstweilige Anordnung wird zurückgewiesen.

2. Die Kostenentscheidung bleibt vorbehalten.

Ende der Entscheidung

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