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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäisches Gericht
Urteil verkündet am 01.07.2008
Aktenzeichen: T-266/02 (1)
Rechtsgebiete: EG


Vorschriften:

EG Art. 87 Abs. 1
EG Art. 86 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Quelle: Gericht Erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

URTEIL DES GERICHTS (Dritte erweiterte Kammer)

1. Juli 2008

"Staatliche Beihilfen - Maßnahmen der deutschen Behörden zugunsten der Deutschen Post AG - Entscheidung, mit der die Beihilfe für mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar erklärt und deren Rückforderung angeordnet wird - Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse - Ausgleich von Mehrkosten aufgrund einer Politik des nicht kostendeckenden Verkaufs im Haus-zu-Haus-Paketdienst - Kein Vorteil"

Parteien:

In der Rechtssache T-266/02

Deutsche Post AG mit Sitz in Bonn (Deutschland), vertreten durch die Rechtsanwälte J. Sedemund und T. Lübbig,

Klägerin,

unterstützt durch

Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch W.-D. Plessing und M. Lumma als Bevollmächtigte,

Streithelferin,

gegen

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch V. Kreuschitz und J. Flett als Bevollmächtigte,

Beklagte,

unterstützt durch

Bundesverband Internationaler Express- und Kurierdienste e. V. (BIEK) mit Sitz in Frankfurt am Main (Deutschland), vertreten durch die Rechtsanwälte F. Mitzkus, T. Wambach und R. Wojtek,

und

UPS Europe NV/SA mit Sitz in Brüssel (Belgien), zunächst vertreten durch die Rechtsanwälte T. Ottervanger und A. Bijleveld, dann durch Rechtsanwalt Ottervanger,

Streithelferinnen,

wegen Nichtigerklärung der Entscheidung 2002/753/EG der Kommission vom 19. Juni 2002 über Maßnahmen der Bundesrepublik Deutschland zugunsten der Deutschen Post AG (ABl. L 247, S. 27)

erlässt

DAS GERICHT ERSTER INSTANZ DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN (Dritte erweiterte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten M. Jaeger sowie der Richterin V. Tiili und des Richters J. Azizi,

Kanzler: K. Andová, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 13. Juni 2007

folgendes

Urteil

Entscheidungsgründe:

Deutsches Recht

1 Im Folgenden werden die wichtigsten Bestimmungen der fünf deutschen Gesetze bzw. Verordnungen über die Postbeförderung wiedergegeben, die von 1989 bis 1998 erlassen wurden und im Rahmen des vorliegenden Rechtsstreits von Bedeutung sind.

2 Erstens wurde am 8. Juni 1989 das Postverfassungsgesetz (PostVerfG, BGBl. 1989 I S. 1026) erlassen. Gemäß § 1 Abs. 2 PostVerfG wurde die deutsche Postverwaltung, die Deutsche Bundespost, in drei verschiedene rechtliche Einheiten (Teilsondervermögen) aufgespalten: die Deutsche Bundespost Postdienst (im Folgenden: DB-Postdienst), die Deutsche Bundespost Telekom (im Folgenden: DB-Telekom) und die Deutsche Bundespost Postbank (im Folgenden: DB-Postbank). Nach § 65 Abs. 2 PostVerfG waren die als Unternehmen geführten Einheiten verpflichtet, die von der Deutschen Bundespost angebotenen Dienstleistungen weiterzuführen. Während die DB-Telekom die Nachfolge der Deutschen Bundespost in Bezug auf deren Telekommunikationstätigkeiten antrat, übernahm die DB-Postdienst die Tätigkeiten der Deutschen Bundespost im Postsektor.

3 Gemäß § 37 Abs. 3 PostVerfG war ferner zwischen den drei durch die Aufspaltung der Deutschen Bundespost entstandenen Unternehmen ein Finanzausgleich vorzunehmen, wenn eines der Unternehmen nicht in der Lage war, seine Aufwendungen aus eigenen Erträgen zu decken. Zudem blieb die Deutsche Bundespost nach § 63 Abs. 1 PostVerfG trotz ihrer Aufspaltung verpflichtet, dem Staat bis zum Jahr 1995 eine Ablieferung in Höhe eines bestimmten Prozentsatzes ihrer Betriebseinnahmen zu zahlen.

4 Was schließlich insbesondere die gemeinwirtschaftliche Verpflichtung der DB-Postdienst angeht, so war die Bundesregierung aufgrund von § 25 Abs. 2 PostVerfG ermächtigt, durch Rechtsverordnung "diejenigen Infrastrukturdienstleistungen zu bestimmen, die die Unternehmen im besonderen öffentlichen Interesse, vor allem aus Gründen der Daseinsvorsorge, erbringen müssen (Pflichtleistungen)", und "die wesentlichen Strukturen der Pflichtleistungen und der Entgeltregelungen fest[zu]legen".

5 Zweitens wurde am 8. Juli 1989 das Gesetz über das Postwesen (BGBl. 1989 I S. 1449) erlassen. Gemäß § 2 Abs. 1 dieses Gesetzes genoss die DB-Postdienst ein Monopol auf dem Gebiet der Briefbeförderung.

6 Drittens wurde am 12. Januar 1994 die Postdienst-Pflichtleistungsverordnung (PPflLV, BGBl. 1994 I S. 86) erlassen. Gemäß § 1 Abs. 1 PPflLV hatte die DB-Postdienst ihre "Pflichtleistungen" in der Fläche nach dem Grundsatz der Tarifeinheit im Raum zu erbringen. Was insbesondere die Beförderung von Paketen betrifft, musste die DB-Postdienst nach § 2 Abs. 1 PPflLV die flächendeckende Annahme, Weiterleitung und Zustellung von Paketen bis zu einem Gewicht von 20 kg und bis zu bestimmten Höchstmaßen gewährleisten. Ferner ermächtigte § 2 Abs. 2 Nr. 3 PPflLV die DB-Postdienst, Preisnachlässe gegenüber dem einheitlichen Leistungsentgelt zu gewähren, wenn der Kunde selbst Sortierleistungen vornahm oder eine Mindestmenge an Paketen aufgab.

7 Viertens wurde am 14. September 1994 das Postumwandlungsgesetz (BGBl. 1994 I S. 2339) erlassen. Nach §§ 1 und 2 des Gesetzes wurden die drei in Randnr. 2 des vorliegenden Urteils genannten Unternehmen zum 1. Januar 1995 in Aktiengesellschaften umgewandelt und ihre jeweiligen Tätigkeiten von der Deutschen Post AG (im Folgenden: DPAG oder Klägerin), der Deutschen Telekom AG bzw. der Deutschen Postbank AG übernommen.

8 Fünftens wurde am 22. Dezember 1997 das Postgesetz (BGBl. 1997 I S. 3294) erlassen. Nach seinem § 4 Abs. 1 stellt die Beförderung von Paketen, deren Gewicht 20 kg nicht übersteigt, einen Universaldienst dar.

Dem Rechtsstreit zugrunde liegender Sachverhalt

9 Außer im Bereich der Briefbeförderung, in dem sie ein Monopol genießt (im Folgenden: reservierter Bereich), ist die DPAG auch in zwei anderen Postsektoren tätig, nämlich im Bereich der Beförderung von Paketen (im Folgenden: Paketdienst) und im Bereich der Beförderung von Zeitschriften und Zeitungen, die beide dem Wettbewerb offenstehen (im Folgenden: Wettbewerbsdienste).

10 Im Paketdienst bietet die Klägerin zum einen die Beförderung von Paketen, die unmittelbar an den Postschaltern eingeliefert werden, und zum anderen die Beförderung von Großmengen an Paketen an, die nicht unmittelbar an den Postschaltern abgegeben werden (im Folgenden: Haus-zu-Haus-Paketdienst).

11 Beim Haus-zu-Haus-Paketdienst, der Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist, bietet die Klägerin hauptsächlich zwei Dienstleistungen an: zum einen die Paketbeförderung für Geschäftskunden, die die Pakete vorsortieren oder eine Mindestmenge an Paketen aufgeben (im Folgenden: Geschäftskundensegment), und zum anderen den Paketdienst im Auftrag von Versandhandelsunternehmen, die per Katalog oder auf elektronischem Weg bestellte Waren verschicken (im Folgenden: Versandhandelssegment).

12 Das Geschäftskundensegment unterscheidet sich vom Versandhandelssegment insbesondere im Hinblick auf die erforderlichen logistischen Operationen der Abholung, der stationären Bearbeitung und der Zustellung sowie die damit verbundenen Kosten.

13 Am 7. Juli 1994 reichte das private Paketdienstunternehmen UPS Europe NV/SA (im Folgenden: UPS) bei der Kommission eine auf Art. 86 EG-Vertrag (jetzt Art. 82 EG) und Art. 92 EG-Vertrag (jetzt Art. 87 EG) gestützte Beschwerde gegen die DB-Postdienst ein. Dieser Beschwerde folgte eine weitere Beschwerde des Bundesverbands Internationaler Express- und Kurierdienste e. V. (im Folgenden: BIEK). UPS und BIEK warfen der DB-Postdienst im Wesentlichen vor, zum einen eine Politik des nicht kostendeckenden Verkaufs im Bereich des Haus-zu-Haus-Paketdienstes zu betreiben, die einen Missbrauch einer beherrschenden Stellung im Sinne von Art. 82 EG darstelle, und zum anderen ihre Verluste in diesem Bereich mit den im reservierten Bereich erzielten Einnahmen zu decken, d. h. mit öffentlichen Mitteln, die ihr unter Verstoß gegen Art. 87 EG gewährt worden seien.

14 Mit Schreiben vom 17. August 1999, veröffentlicht im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften vom 23. Oktober 1999 (ABl. C 306, S. 25), teilte die Kommission der Bundesrepublik Deutschland ihre Absicht mit, das in Art. 88 Abs. 2 EG vorgesehene Verfahren einzuleiten (im Folgenden: Entscheidung über die Einleitung des Verfahrens). Außerdem erließ die Kommission am 7. Juli 2000 eine Entscheidung über die Eröffnung eines Verfahrens nach Art. 82 EG.

15 Am 20. März 2001 erließ die Kommission die Entscheidung 2001/354/EG in einem Verfahren nach Art. 82 EG (Sache COMP/35.141 - Deutsche Post AG) (ABl. L 125, S. 27). Darin stellte sie im Wesentlichen fest, dass die DPAG gegen Art. 82 EG verstoßen habe, weil sie ihre nur im Versandhandelssegment bestehende beherrschende Stellung missbraucht habe, indem sie erstens von 1974 bis 2000 die Gewährung von Treuerabatten an ihre Kunden davon abhängig gemacht habe, dass diese sich verpflichteten, den gesamten oder überwiegenden Bedarf ihrer Pakete oder Kataloge mit einem bestimmten Gewicht über die DPAG abzuwickeln, und zweitens von 1990 bis 1995 eine Politik des nicht kostendeckenden Verkaufs betrieben habe, indem sie Preise unterhalb der leistungsspezifischen Zusatzkosten angeboten habe. Wegen der Praxis der Treuerabatte setzte die Kommission eine Geldbuße in Höhe von 24 Mio. Euro gegen die DPAG fest. Wegen der Praxis des nicht kostendeckenden Verkaufs verhängte sie keine Geldbuße gegen die DPAG, was sie damit begründete, dass das Kriterium, das sie für deren Nachweis herangezogen habe, zuvor nicht angewandt worden sei.

16 Am 19. Juni 2002 erließ die Kommission die Entscheidung 2002/753/EG über Maßnahmen der Bundesrepublik Deutschland zugunsten der Deutschen Post AG (ABl. L 247, S. 27, im Folgenden: angefochtene Entscheidung). Die angefochtene Entscheidung wird in vier Schritten begründet.

17 In einem ersten Schritt führt die Kommission in Randnr. 2 der angefochtenen Entscheidung aus: "In ihrem Beschluss über die Einleitung des Verfahrens äußerte die Kommission die Vermutung, dass die staatlichen Transferzahlungen, die [die] DB-Postdienst und in der Folge die DPAG für die Erbringung von Dienstleistungen im allgemeine[n] Interesse erhalten haben, möglicherweise über die spezifischen Nettomehrkosten hinausgehen, die der DB-Postdienst und der DPAG durch die Erfüllung dieser Leistungen entstehen. Konkret kündigte die Kommission die Untersuchung ... mutmaßlicher Beihilfemaßnahmen an." Diese werden in den Randnrn. 3 bis 7 der angefochtenen Entscheidung angeführt. Bei den betreffenden Maßnahmen handelt es sich erstens um die Finanzierung des Erwerbs der Deutschen Postbank im Jahr 1998, zweitens die Finanzierung der Post-Unterstützungskasse, drittens die mögliche Gewährung staatlicher Bürgschaften zur Deckung der Verbindlichkeiten der Deutschen Bundespost, viertens die Umstände der Umwandlung der DB-Postdienst und fünftens die finanzielle oder administrative Unterstützung des Staates für die Klägerin.

18 Nachdem die Kommission in den Randnrn. 12 bis 15 der angefochtenen Entscheidung beschrieben hat, welcher Art die ersten vier oben genannten Maßnahmen waren, führt sie in den Randnrn. 16 bis 20 der angefochtenen Entscheidung zur fünften Maßnahme aus, die Klägerin habe ihr mitgeteilt, dass sie gemäß § 37 Abs. 3 PostVerfG von der DB-Telekom Transferzahlungen zum Ausgleich der Verluste erhalten habe, die sie zwischen 1990 und 1995 erlitten habe (im Folgenden: Transferzahlungen der DB-Telekom). Hierzu bemerkt die Kommission insbesondere in Randnr. 20 der angefochtenen Entscheidung, dass, wie von Deutschland in weiteren Ausführungen vom 25. April 2000 und 31. Januar 2002 bestätigt, die DB-Telekom bzw. die Deutsche Telekom zwischen 1990 und 1995 an die DB-Postdienst bzw. die DPAG Transferzahlungen in Höhe von insgesamt 11 081 Mio. DM geleistet habe, und die deutschen Behörden nicht bestritten, dass dieser Finanzausgleich zwischen zwei verschiedenen Unternehmen dem Staat zuzuschreiben sei, da er gemäß § 37 Abs. 3 PostVerfG gesetzlich vorgeschrieben gewesen sei. Die deutsche Regierung mache jedoch geltend, dass die von der DB-Telekom geleisteten Transferzahlungen für die Erfüllung ihres öffentlichen Versorgungsauftrags unter wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen unerlässlich gewesen seien.

19 Die Kommission legt sodann in den Randnrn. 21 bis 39 der angefochtenen Entscheidung die Höhe der den Haus-zu-Haus-Paketdiensten zurechenbaren Infrastrukturkosten dar. In den Randnrn. 40 bis 45 der angefochtenen Entscheidung weist sie darauf hin, dass die Bundesrepublik Deutschland sie über den Umfang des öffentlichen Versorgungsauftrags der DPAG im Paketdienst und die Nettomehrkosten für die gemeinwirtschaftlichen Leistungen im Zusammenhang mit 15 Altlasten informiert habe, die die Klägerin als ehemalige Verwaltung habe tragen müssen. Schließlich erwähnt die Kommission in den Randnrn. 46 bis 63 der angefochtenen Entscheidung die Stellungnahmen, die sie im Rahmen des Verwaltungsverfahrens von Dritten und insbesondere von BIEK und UPS erhalten hat, wonach die DPAG im Haus-zu-Haus-Paketdienst Verluste verzeichne, die nicht mit der Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Pflichten im Zusammenhang stünden, sondern die Folge einer Politik des nicht kostendeckenden Verkaufs seien, die mit Hilfe öffentlicher Mittel finanziert werde.

20 In einem zweiten Schritt trägt die Kommission in den Randnrn. 66 bis 69 und in Fußnote 107 der angefochtenen Entscheidung vor, die Bundesrepublik Deutschland habe ihr auf Nachfrage mitgeteilt, dass die DPAG im Zeitraum von 1990 bis 1998 im reservierten Bereich Gewinne und in den Wettbewerbsbereichen Verluste erzielt habe, so dass sie, alle Tätigkeitsbereiche zusammengenommen, ein Gesamtdefizit von 2 289 Mio. DM in dem betreffenden Zeitraum verzeichnet habe.

21 Die Kommission stellt hierzu in Randnr. 68 der angefochtenen Entscheidung fest: "Auf entsprechende Nachfrage der Kommission vom 10. März 2000 nach etwaigen Gewinnen der DPAG im Zeitraum 1990 bis 1998 im Bereich der [Wettbewerbsdienste] gibt die [deutsche Regierung] in ihrer Mitteilung vom 24. März 2000 (S. 10) an, die DPAG habe mit ... Wettbewerbsdiensten im Jahre 1998 einen Überschuss von [vertraulich] Mio. DM erzielt. Andererseits unterbreiteten die deutschen Behörden Zahlen, wonach der Gesamtbereich Paketdienste im Zeitraum 1990 bis einschließlich 1998 ein Defizit in Höhe von [vertraulich] Mio. DM und der Bereich der Zeitungs- und Pressezustellungen ein Defizit in Höhe von [vertraulich] Mio. DM ausweist. Danach lag für beide Bereiche das Gesamtdefizit bei [vertraulich] Mio. DM. Einnahmen aus Wettbewerbsbereichen waren somit unzureichend, um das Defizit im Bereich der Paketdienste auszugleichen."

22 Anschließend führt die Kommission in Fußnote 107 der angefochtenen Entscheidung aus: "Laut den mit Schreiben vom 2. Juni 2000 seitens [der Bundesrepublik Deutschland] eingereichten Daten (Korrekturversion vom 12.1.2000) wies der reservierte Bereich im Zeitraum 1990 bis 1998 Gewinne von insgesamt [vertraulich] Mio. DM auf. Daneben wurden im relevanten Zeitraum im Wettbewerb Erlöse von [vertraulich] Mio. DM erzielt. Daraus ergibt sich zwangsläufig, dass zumindest ein Teilbetrag in Höhe von 2 289 Mio. DM des vorgenannten Gesamtdefizits in Höhe von [vertraulich] Mio. DM nicht aus den Gewinnen des [reservierten Bereichs] und den Einnahmen aus Wettbewerbsdiensten ausgeglichen werden konnte."

23 In einem dritten Schritt trägt die Kommission in Randnr. 72 der angefochtenen Entscheidung vor, angesichts der Verluste der DPAG in Höhe von [vertraulich] Mio. DM allein im Paketdienst im Zeitraum von 1990 bis 1998 sei zu prüfen, ob die "Nettomehrkosten, die seitens des Staates ausgeglichen wurden[,] in direktem Zusammenhang mit dem präzise definierten gesetzlichen Auftrag der DPAG stehen. Sollte der staatliche Mittelzufluss es dem [Paketdienst] letztlich erlauben, auch solche Nettomehrkosten abzudecken, die in keinem ursächlichen Zusammenhang mit der Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Pflichten stehen, so verbleibt der DPAG ein Vorteil im Sinne des Artikel[s] 87 Absatz 1 EG-Vertrag."

24 Hierzu stellt die Kommission in den Randnrn. 75 bis 79 der angefochtenen Entscheidung zunächst fest, dass die DPAG seit dem 1. Februar 1994 gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 3 PPflLV die Möglichkeit, nicht jedoch die Verpflichtung gehabt habe, ihren Kunden im Haus-zu-Haus-Paketdienst Rabatte einzuräumen, die zu Preisen unterhalb des in § 1 Abs. 1 PPflLV festgesetzten einheitlichen Leistungsentgelts für die Paketbeförderung geführt hätten.

25 Sodann führt die Kommission in Randnr. 88 der angefochtenen Entscheidung aus, dass unter Berücksichtigung der Kosten, die der DPAG im Zusammenhang mit dem Haus-zu-Haus-Paketdienst und den von ihr angebotenen Preisen unterhalb des einheitlichen Leistungsentgelts entstanden seien (Randnrn. 21 bis 39 und Tabelle in Randnr. 88 der angefochtenen Entscheidung), die Erlöse im Bereich des Haus-zu-Haus-Paketdienstes von 1994 bis 1999 durchgehend unzureichend gewesen seien, um die Kosten aus dem Betrieb allein dieses Dienstes zu decken. Diese Unterdeckung der Kosten der DPAG habe 1999 geendet.

26 Schließlich bemerkt die Kommission in den Randnrn. 82 und 86 der angefochtenen Entscheidung, dass zwischen den Mehrkosten, die durch die betreffende Politik des nicht kostendeckenden Verkaufs entstanden seien, und dem öffentlichen Versorgungsauftrag der DPAG aus drei Gründen kein ursächlicher Zusammenhang bestehe. Erstens sei die DPAG gesetzlich nicht verpflichtet gewesen, den gesetzlichen Einheitstarif zugunsten von Haus-zu-Haus-Paketkunden zu unterschreiten. Zweitens sei die in der Unterschreitung des Einheitstarifs bestehende Tarifpolitik der DPAG ausschließlich auf deren Bestreben zurückzuführen gewesen, in dem dem Wettbewerb unterliegenden Haus-zu-Haus-Paketdienst Marktanteile zu erhalten oder zu erobern. Drittens sei die Unterschreitung des Einheitstarifs kausal für deutlich identifizierbare Nettomehrkosten, die nicht auf gemeinwirtschaftlichen Pflichten beruhten.

27 Dementsprechend stellt die Kommission in Randnr. 88 der angefochtenen Entscheidung fest, dass die Klägerin aufgrund ihrer Politik des nicht kostendeckenden Verkaufs von 1994 bis 1999 Nettomehrkosten von insgesamt 1 118,7 Mio. DM verzeichnet habe.

28 In einem vierten Schritt führt die Kommission in Randnr. 87 der angefochtenen Entscheidung aus: "... mittelfristig [ist] eine ... [Politik des nicht kostendeckenden Verkaufs] mit dem wirtschaftlichen Eigeninteresse unvereinbar. Kein Privatunternehmen, das den Gesetzen des Marktes unterworfen ist, würde unter diesen Bedingungen die Haus-zu-Haus-Paketdienste beibehalten, denn die verfolgte Rabattpolitik kumuliert jährliche Fehlbeträge und führt mittelfristig, ohne entsprechenden Finanzausgleich, zur Überschuldung." Sie folgert daraus in Randnr. 107 der angefochtenen Entscheidung: "Soweit der staatliche Ausgleich für Nettomehrkosten einer [Politik des nicht kostendeckenden Verkaufs] dazu führt, die normalerweise mit der Erbringung dem Wettbewerb offenstehender Haus-zu-Haus-Paketdienste verbundenen Kosten zu verringern, stellt dies einen Vorteil im Sinne von Artikel 87 Absatz 1 [EG] dar. ... Die Zuführung staatlicher Mittel, zum Ausgleich dieses Teils der Kostenunterdeckung im Wettbewerb stellt einen im Wettbewerb relevanten Vorteil für die DPAG dar. ... Dieser Vorteil und die mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbare Beihilfe betragen 1 118,7 Mio. DM."

29 Der verfügende Teil der angefochtenen Entscheidung lautet:

"Artikel 1

"Die staatliche Unterstützung, die [die Bundesrepublik Deutschland] zugunsten der Deutschen Post AG in Höhe von 572 Millionen Euro (1 118,7 Mio. DM) gewährt hat, ist mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar.

Artikel 2

(1) [Die Bundesrepublik Deutschland] ergreift alle notwendigen Maßnahmen, um die in Artikel 1 genannte, rechtswidrig gewährte Beihilfe abzuschaffen und [von der DPAG] zurückzufordern.

..."

Verfahren und Anträge der Beteiligten

30 Die Klägerin hat mit Klageschrift, die am 4. September 2002 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, die vorliegende Klage erhoben.

31 Mit Schriftsätzen, die am 17. und 19. Dezember 2002 in das Register der Kanzlei des Gerichts eingetragen worden sind, haben BIEK und UPS beantragt, als Streithelferinnen zur Unterstützung der Anträge der Kommission zugelassen zu werden.

32 Mit Schriftsatz, der am 9. Mai 2003 in das Register der Kanzlei des Gerichts eingetragen worden ist, hat die Bundesrepublik Deutschland beantragt, als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge der Klägerin zugelassen zu werden.

33 Mit Schriftsätzen, die am 11. März, 14. April und 26. September 2003 sowie am 26. Februar 2004 in das Register der Kanzlei des Gerichts eingetragen worden sind, hat die Klägerin gemäß Art. 116 § 2 Satz 2 der Verfahrensordnung des Gerichts beantragt, bestimmte Teile der Verfahrensakte BIEK und UPS nicht zu übermitteln.

34 Mit Beschluss vom 2. Juni 2003 hat der Präsident der Vierten erweiterten Kammer des Gerichts den Anträgen von BIEK und UPS auf Zulassung als Streithelferinnen stattgegeben und die Entscheidung über den Antrag auf vertrauliche Behandlung vorbehalten.

35 Mit Beschluss vom 5. Juni 2003 hat der Präsident der Vierten erweiterten Kammer dem Antrag der Bundesrepublik Deutschland auf Zulassung als Streithelferin stattgegeben. Da dieser Streithilfeantrag nach Ablauf der in Art. 115 § 1 der Verfahrensordnung vorgesehenen Frist von sechs Wochen gestellt worden war, hat die Bundesrepublik Deutschland die in Art. 116 § 6 der Verfahrensordnung vorgesehenen Rechte.

36 Mit gesonderten Schriftsätzen, die am 25. Juni und 17. November 2003 sowie am 23. April 2004 in das Register der Kanzlei des Gerichts eingetragen worden sind, hat BIEK Einwände gegen die vertrauliche Behandlung bestimmter Teile der ihr übermittelten Verfahrensakten geltend gemacht.

37 Mit gesonderten Schriftsätzen, die am 17. November 2003 und am 23. April 2004 in das Register der Kanzlei des Gerichts eingetragen worden sind, hat UPS Einwände gegen die vertrauliche Behandlung bestimmter Teile der ihr übermittelten Verfahrensakten geltend gemacht.

38 Mit Schriftsatz vom 5. Januar 2004 hat die Klägerin dem Gericht ihre Stellungnahme zu den Einwänden der Streithelferinnen BIEK und UPS gegen die vertrauliche Behandlung bestimmter Teile der Verfahrensakten übermittelt.

39 Durch Änderungen in der Besetzung der Kammern des Gerichts ist der Berichterstatter der Dritten erweiterten Kammer zugewiesen worden, an die die vorliegende Rechtssache deshalb verwiesen worden ist.

40 Mit Beschluss vom 13. Januar 2005 hat der Präsident der Dritten erweiterten Kammer dem Antrag auf vertrauliche Behandlung bestimmter Angaben und Dokumente gegenüber BIEK und UPS stattgegeben und den Antrag auf vertrauliche Behandlung im Übrigen zurückgewiesen.

41 Das Gericht (Dritte erweiterte Kammer) hat auf Bericht des Berichterstatters beschlossen, die mündliche Verhandlung zu eröffnen, und im Rahmen verfahrensleitender Maßnahmen gemäß Art. 64 der Verfahrensordnung mit Schreiben vom 15. März 2007 die Klägerin, die Kommission und die Bundesrepublik Deutschland aufgefordert, bestimmte Dokumente vorzulegen und einige Fragen schriftlich zu beantworten. Die Beteiligten sind dieser Aufforderung fristgemäß nachgekommen.

42 Mit Schriftsätzen, die am 13. April und 3. Mai 2007 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen sind, hat die Klägerin beantragt, bestimmte Zahlenangaben und Dokumente, die von ihr, der Kommission und der Bundesrepublik Deutschland im Rahmen der prozessleitenden Maßnahmen vorgelegt worden waren, gemäß Art. 116 § 2 Satz 2 der Verfahrensordnung nicht an BIEK und UPS zu übermitteln.

43 Mit Schriftsatz vom 24. Mai 2007 hat BIEK innerhalb der gesetzten Frist Einwände gegen den Antrag der Klägerin auf vertrauliche Behandlung betreffend die Antworten der Kommission und der Bundesrepublik Deutschland geltend gemacht.

44 Mit Beschluss vom 11. Juni 2007 hat der Präsident der Dritten erweiterten Kammer des Gerichts dem Antrag auf vertrauliche Behandlung bestimmter Zahlenangaben und Dokumente gegenüber BIEK und UPS stattgegeben und den Antrag auf vertrauliche Behandlung im Übrigen zurückgewiesen.

45 In der Sitzung vom 13. Juni 2007 haben die Parteien mündlich verhandelt und mündliche Fragen des Gerichts beantwortet.

46 Die mündliche Verhandlung ist am Ende der Sitzung vom 13. Juni 2007 geschlossen worden. Da ein Mitglied der Kammer verhindert war, an der Beratung teilzunehmen, hat gemäß Art. 32 der Verfahrensordnung der in der Rangordnung im Sinne von Art. 6 der Verfahrensordnung niedrigste Richter an der Beratung nicht teilgenommen, und die Beratungen des Gerichts sind von den drei Richtern fortgesetzt worden, die das vorliegende Urteil unterzeichnet haben.

47 Die Klägerin beantragt,

- die angefochtene Entscheidung für nichtig zu erklären;

- der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

48 Die Kommission beantragt,

- die Klage abzuweisen;

- der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

49 BIEK und UPS beantragen, die Klage als unbegründet abzuweisen.

Entscheidungsgründe

1. Zu den Nichtigkeitsgründen

50 Die Klägerin stützt ihre Klage auf neun Gründe, die in folgenden Gruppen zusammengefasst werden können.

51 Im Rahmen der ersten Gruppe von Klagegründen wirft die Klägerin der Kommission im Wesentlichen vor, sie habe gegen Art. 87 Abs. 1 EG und Art. 86 Abs. 2 EG verstoßen, da sie nicht nachgewiesen habe, dass die Klägerin begünstigt worden sei. Erstens hätten drei der in der angefochtenen Entscheidung erwähnten Zuweisungen öffentlicher Mittel der Klägerin keinen Vorteil verschafft. Zweitens habe die Kommission gegen ihre Verpflichtung verstoßen, zu prüfen, ob der Gesamtbetrag der Transferzahlungen der DB-Telekom den Gesamtbetrag der Nettomehrkosten überstiegen habe, die der Klägerin im Zusammenhang mit der Erfüllung ihres öffentlichen Versorgungsauftrags entstanden seien. Drittens behaupte die Kommission zu Unrecht, dass die Transferzahlungen der DB-Telekom der Klägerin einen Vorteil verschafft hätten, der es ihr ermöglicht habe, die Mehrkosten aufgrund ihrer Politik des nicht kostendeckenden Verkaufs zu decken.

52 Im Rahmen der zweiten Gruppe von Klagegründen wirft sie der Kommission vor, mehrere offensichtliche Beurteilungsfehler begangen zu haben. Erstens habe die Kommission eine falsche Methode zur Berechnung ihrer dem Haus-zu-Haus-Paketdienst zuzurechnenden Kosten angewandt und deshalb zu Unrecht gefolgert, dass die Klägerin eine Politik des nicht kostendeckenden Verkaufs betrieben habe. Zweitens habe die Kommission fälschlicherweise angenommen, dass die Preispolitik der Klägerin im Haus-zu-Haus-Paketdienst, die darin bestanden habe, Preise unterhalb des gesetzlich vorgesehenen einheitlichen Leistungsentgelts anzubieten, für die Verluste, die sie im Bereich des Paketdienstes erlitten habe, ursächlich sei und dass diese Praxis mit der Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Pflichten nichts zu tun habe. Drittens behaupte die Kommission zu Unrecht, dass die Klägerin nicht über eigene Mittel verfügt habe, die es ihr ermöglicht hätten, ihre Politik des nicht kostendeckenden Verkaufs zu finanzieren.

53 Im Rahmen der dritten Gruppe von Klagegründen wirft sie der Kommission vor, sie habe erstens die Voraussetzungen verkannt, unter denen Mittel dem Staat zurechenbar seien, zweitens ihre Begründungspflicht verletzt, indem sie nicht klargestellt habe, durch welche öffentlichen Mittel sie einen Vorteil erlangt habe, drittens ihre Befugnisse überschritten, indem sie die Effizienz des Haus-zu-Haus-Paketdienstes der Klägerin geprüft habe, viertens gegen das "Private Investor Principle" verstoßen und fünftens das Recht der Klägerin auf rechtliches Gehör verletzt.

2. Zur ersten Gruppe von Nichtigkeitsgründen: Begünstigung der DPAG

Vorbringen der Parteien

54 Die Klägerin macht an erster Stelle in der Klageschrift geltend, dass ihr die in der angefochtenen Entscheidung erwähnten Maßnahmen - die zur Finanzierung der Post-Unterstützungskasse verwendeten Haushaltsmittel, die Garantien der Deutschen Bundespost und die Umwandlung der DB-Postdienst in eine Aktiengesellschaft - keinen Vorteil verschafft hätten. Hierzu hat die Klägerin in der Erwiderung und in ihrer Antwort auf die Fragen des Gerichts in der mündlichen Verhandlung angegeben, dass sie die Erklärung der Kommission zur Kenntnis genommen habe, sie, die Kommission, sei im Rahmen der angefochtenen Entscheidung davon ausgegangen, dass allein die Transferzahlungen der DB-Telekom der Klägerin einen Vorteil verschafft hätten.

55 An zweiter Stelle trägt die Klägerin in Bezug auf die Zahlungen der DB-Telekom erstens vor, die Kommission habe, da sie nicht den Betrag der Nettomehrkosten berechnet habe, die der DPAG im Zusammenhang mit der Erfüllung eines öffentlichen Versorgungsauftrags entstanden seien, sowohl gegen Art. 87 Abs. 1 EG und Art. 86 Abs. 2 EG verstoßen als sich auch in Widerspruch zur Rechtsprechung gesetzt, wie sie sich aus dem Urteil des Gerichtshofs vom 22. November 2001, Ferring (C-53/00, Slg. 2001, I-9067, Randnr. 33), und den Urteilen des Gerichts vom 27. Februar 1997, FFSA u. a./Kommission (T-106/95, Slg. 1997, II-229, Randnr. 101), vom 27. Januar 1998, Ladbroke Racing/Kommission (T-67/94, Slg. 1998, II-1, Randnr. 52), und vom 10. Mai 2000, SIC/Kommission (T-46/97, Slg. 2000, II-2125, Randnr. 84), ergebe, nach denen die Kommission nur dann zu Recht eine staatliche Beihilfe annehmen könne, wenn sie zuvor festgestellt habe, dass der Betrag der öffentlichen Mittel, die an ein Unternehmen mit einem öffentlichen Versorgungsauftrag geflossen seien, den Betrag der Nettomehrkosten übersteige, die mit der Erfüllung dieses Auftrags im Zusammenhang stünden. Hierzu bemerkt die Klägerin, der sich die Bundesrepublik Deutschland anschließt, dass die Kommission, wenn sie im vorliegenden Fall eine solche Analyse vorgenommen hätte, festgestellt hätte, dass - wie sich aus der ihr auf Nachfrage erteilten Auskunft ergebe - der Gesamtbetrag der Nettomehrkosten, die im Zusammenhang mit der Erfüllung des öffentlichen Versorgungsauftrags der DPAG entstanden seien, den Betrag der öffentlichen Mittel, die die Klägerin erhalten habe, bei Weitem überschritten habe.

56 Anders als die Kommission behaupte, verfüge diese im Rahmen der Anwendung von Art. 87 Abs. 1 EG und Art. 86 Abs. 2 EG über keinerlei Ermessen bei der Feststellung, ob eine staatliche Beihilfe vorliege - im Gegensatz zu dem weiten Ermessen, das sie im Rahmen der Anwendung von Art. 87 Abs. 3 EG beanspruchen könne, wenn zu beurteilen sei, ob eine staatliche Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar sei.

57 Außerdem beriefen sich BIEK und UPS zu Unrecht darauf, dass die in den Urteilen des Gerichtshofs Ferring (oben in Randnr. 55 angeführt) und vom 24. Juli 2003, Altmark Trans und Regierungspräsidium Magdeburg (C-280/00, Slg. 2003, I-7747, im Folgenden: Urteil Altmark), aufgestellten Voraussetzungen hier nicht erfüllt seien, obwohl die Transferzahlungen der DB-Telekom der Klägerin keinen Vorteil verschafft hätten, da sie diese Beträge schon vor 1995 in vollem Umfang dem Staat zurückerstattet habe, indem sie den Betrag von 11 481 Mio. DM abgeliefert habe, den die Deutsche Bundespost dem Staat gemäß § 63 Abs. 1 PostVerfG geschuldet habe.

58 Zweitens bemerkt die Klägerin, dass die Kommission dadurch, dass sie in der angefochtenen Entscheidung zu den Nettomehrkosten, die der Klägerin im Zusammenhang mit der Erfüllung ihres öffentlichen Versorgungsauftrags entstanden seien, keinerlei Feststellungen getroffen habe, obwohl ihr deren Höhe mitgeteilt worden sei, und keine Berechnung durchgeführt habe, die es ermöglicht hätte, festzustellen, ob der Gesamtbetrag der Transferzahlungen der DB-Telekom den Gesamtbetrag dieser Mehrkosten überstiegen habe, es dem Gericht unmöglich gemacht habe, die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung zu überprüfen. Die Kommission habe insoweit keine befriedigende Erklärung gegeben, warum sie außerstande gewesen sei, die der Klägerin im Zusammenhang mit der Erfüllung ihres öffentlichen Versorgungsauftrags enstandenen Nettomehrkosten festzustellen, obwohl ihr die Bundesrepublik Deutschland alle hierzu erforderlichen Angaben zur Verfügung gestellt habe.

59 Drittens rügt die Klägerin einen Verstoß gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit, der sich daraus ergebe, dass die Kommission, indem sie nicht berechnet habe, ob der Betrag der öffentlichen Mittel, die der Klägerin gewährt worden seien, den Betrag der Nettomehrkosten überstiegen habe, die ihr im Zusammenhang mit der Erfüllung ihres öffentlichen Versorgungsauftrags entstanden seien, von ihrer eigenen Entscheidungspraxis abgewichen sei.

60 An dritter Stelle macht die Klägerin, unterstützt von der Bundesrepublik Deutschland, geltend, selbst dann, wenn ihr die Transferzahlungen der DB-Telekom einen Vorteil verschafft hätten, hätte die Kommission einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen, als sie die Ansicht vertreten habe, dass diese Zahlungen es der Klägerin zwangsläufig ermöglicht hätten, die Mehrkosten zu decken, die ihr durch ihre Politik des nicht kostendeckenden Verkaufs von 1995 bis 1999 entstanden seien. Da die betreffenden Zahlungen der DB-Telekom in vollem Umfang zum Ausgleich der Verluste gedient hätten, die die Klägerin von 1990 bis 1995 erlitten habe, sei es "rechnerisch" unmöglich, dass sie die ihr durch ihre Politik des nicht kostendeckenden Verkaufs von 1994 bis 1999 entstandenen Mehrkosten mit Hilfe dieser Zahlungen hätte ausgleichen können.

61 An erster Stelle entgegnet die Kommission, dass sie nur den Transferzahlungen der DB-Telekom Bedeutung für die angefochtene Entscheidung beigemessen habe. Daher sei das Vorbringen der Klägerin, wonach ihr die anderen in der angefochtenen Entscheidung erwähnten Zuweisungen öffentlicher Mittel keinen Vorteil verschafft hätten, unverständlich.

62 An zweiter Stelle macht die Kommission im Wesentlichen geltend, dass sie nicht verpflichtet gewesen sei, zu berechnen, ob der Betrag der Transferzahlungen der DB-Telekom den Betrag sämtlicher Mehrkosten überstiegen habe, die der DPAG im Zusammenhang mit der Erfüllung ihres öffentlichen Versorgungsauftrags entstanden seien. Erstens sei diese Berechnung zwar sinnvoll, um festzustellen, ob die Kosten eines Unternehmens mit öffentlichem Versorgungsauftrag überkompensiert worden seien, doch wäre sie hier zum einen unangebracht gewesen, da BIEK und UPS Beschwerden wegen einer Verfälschung des Wettbewerbs erhoben hätten und die Kommission aufgrund dieser Beschwerden den Verdacht gehabt habe, dass die DPAG die Nettomehrkosten, die ihr im Zusammenhang mit der Erfüllung ihres öffentlichen Versorgungsauftrags entstanden seien, möglicherweise zu hoch angesetzt habe. Zum anderen hätte die betreffende Berechnung der Kommission weder die Feststellung ermöglicht, ob es einen ursächlichen Zusammenhang zwischen der Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Pflichten und den Nettomehrkosten gegeben habe, die der DPAG durch ihre Politik des nicht kostendeckenden Verkaufs entstanden seien, noch, ob der Staat die Klägerin von der mit diesen Mehrkosten verbundenen Belastung befreit und dadurch eine Wettbewerbsverfälschung bewirkt habe.

63 Im Rahmen der angefochtenen Entscheidung sei es allein auf die Frage angekommen, ob die Klägerin die Mehrkosten, die ihr durch ihre Politik des nicht kostendeckenden Verkaufs im spezifischen Bereich des Haus-zu-Haus-Paketdienstes entstanden seien, aus eigenen Mitteln gedeckt habe oder ob sie öffentliche Mittel habe beanspruchen müssen. Da die Klägerin nicht bestritten habe, dass sie sämtliche Defizite, die sie von 1994 bis 1998 im Paketdienst verzeichnet habe, mit Hilfe öffentlicher Mittel ausgeglichen habe, und die Kommission nachgewiesen habe, dass die Klägerin nicht über hinreichende eigene Mittel verfügt habe, um ihre durch ihre Politik des nicht kostendeckenden Verkaufs verursachten Nettomehrkosten zu decken, stehe fest, dass die Transferzahlungen der DB-Telekom dazu gedient hätten, die betreffenden Nettomehrkosten auszugleichen, die die DPAG von 1994 bis 1999 verzeichnet habe und die nicht im Zusammenhang mit der Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Pflichten stünden.

64 Zweitens macht die Kommission geltend, sie verfüge ebenso wie bei der Anwendung von Art. 87 Abs. 3 EG und Art. 86 Abs. 2 EG im Rahmen der Anwendung von Art. 87 Abs. 1 EG über ein weites Ermessen bei der Feststellung, ob eine staatliche Beihilfe vorliege, wenn sie es mit einem wirtschaftlich komplexen Sachverhalt zu tun habe. Der Gemeinschaftsrichter könne daher lediglich feststellen, ob die angefochtene Entscheidung mit einem der in Art. 230 EG genannten Rechtsfehler behaftet sei, sei aber nicht befugt, seine Würdigung an die Stelle derjenigen des Urhebers der Entscheidung zu setzen. Hier begnüge sich die Klägerin mit der Behauptung, dass der Sachverhalt anders bewertet werden könne, ohne jedoch den Nachweis zu erbringen, dass die Kommission die Grenzen ihres Ermessen überschritten habe.

65 Drittens bemerkt die Kommission, der sich BIEK und UPS anschließen, dass die Berechnung, mit der festgestellt werden solle, ob der Gesamtbetrag der öffentlichen Mittel den Gesamtbetrag der Nettomehrkosten im Zusammenhang mit der Erfüllung gemeinwirtschatlicher Pflichten übersteige, u. a. eine bestimmungsgemäße Verwendung dieser Mittel voraussetzten. Im vorliegenden Fall sei jedoch keine der Voraussetzungen erfüllt, die der Gerichtshof in seinen Urteilen Ferring (oben in Randnr. 55 angeführt) und Altmark (oben in Randnr. 57 angeführt) aufgestellt habe. Außerdem sei dem Urteil FFSA u. a./Kommission (oben in Randnr. 55 angeführt, Randnrn. 185 bis 189) zu entnehmen, dass das Gericht die betreffende Berechnung nicht für zwingend, sondern für unter Umständen ausreichend gehalten habe.

66 Viertens entgegnet die Kommission auf das Vorbringen der Klägerin, wonach sie von ihrer eigenen Entscheidungspraxis abgewichen sei, dass die von ihr verwendete Methode ihrer Mitteilung 2001/C 320/04 über die Anwendung der Vorschriften über Staatliche Beihilfen auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk (ABl. 2001, C 320, S. 5, Randnr. 58) und Randnr. 80 ihres "Non-Paper über die Leistungen der Daseinsvorsorge in Europa" vom 12. November 2002 entspreche, nach denen sie sich die Möglichkeit vorbehalten habe, den ursächlichen Zusammenhang zwischen der Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Pflichten und bestimmten Wettbewerbsverfälschungen zu untersuchen, wenn die Preispolitik eines Anbieters, der öffentliche Mittel erhalte, auf einem dem Wettbewerb geöffneten Markt den Wettbewerb zu verfälschen drohe.

67 An dritter Stelle wendet sich die Kommission gegen das Vorbringen der Klägerin, wonach die Kommission nicht nachgewiesen habe, dass die Transferzahlungen der DB-Telekom unter Berücksichtigung der Verluste, die die Klägerin von 1990 bis 1995 erlitten habe, ausgereicht hätten, um deren Politik des nicht kostendeckenden Verkaufs von 1994 bis 1999 zu finanzieren. So macht die Kommission, unterstützt von BIEK und UPS, geltend, dass abgesehen davon, dass aus buchhalterischer Sicht unmöglich festgestellt werden könne, aus welchen Mitteln Kosten gedeckt worden seien, es sich bei der Ablieferung, die die Klägerin habe entrichten müssen, nicht um Nettomehrkosten zur Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Pflichten gehandelt habe. Da die Klägerin nicht den Nachweis erbracht habe, dass sie die Nettomehrkosten, die ihr durch ihre Politik des nicht kostendeckenden Verkaufs entstanden seien, aus eigenen Mitteln gedeckt habe, habe die Kommission zu Recht davon ausgehen können, dass die betreffenden Mehrkosten aus öffentlichen Mitteln gedeckt worden seien.

Würdigung durch das Gericht

68 Art. 87 Abs. 1 EG lautet: "Soweit in diesem Vertrag nicht etwas anderes bestimmt ist, sind staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar, soweit sie den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen."

69 Ferner gelten gemäß Art. 86 Abs. 2 EG für Unternehmen, die mit Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse betraut sind, die Vorschriften des Vertrags, insbesondere die Wettbewerbsregeln, soweit die Anwendung dieser Vorschriften nicht die Erfüllung der ihnen übertragenen besonderen Aufgabe rechtlich oder tatsächlich verhindert.

70 Nach ständiger Rechtsprechung verlangt die Qualifizierung als staatliche Beihilfe, dass alle in Art. 87 Abs. 1 EG genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Erstens muss es sich um eine staatliche Maßnahme oder eine Maßnahme unter Inanspruchnahme staatlicher Mittel handeln. Zweitens muss sie geeignet sein, den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen. Drittens muss dem Begünstigten durch sie ein Vorteil gewährt werden. Viertens muss sie den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen (vgl. Urteil Altmark, oben in Randnr. 57 angeführt, Randnrn. 74 und 75 und die dort angeführte Rechtsprechung).

71 Was die dritte in der vorangehenden Randnummer erwähnte Voraussetzung angeht, so ergibt sich aus der Rechtsprechung, dass der Begriff der staatlichen Beihilfe ein objektiver Begriff ist, bei dem es nur um die Frage geht, ob eine staatliche Maßnahme einem oder bestimmten Unternehmen einen Vorteil verschafft oder nicht (Urteil Ladbroke Racing/Kommission, oben in Randnr. 55 angeführt, Randnr. 52).

72 Hierzu ist festzustellen, dass nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs eine staatliche Maßnahme nicht unter Art. 87 Abs. 1 EG fällt, soweit sie als Ausgleich anzusehen ist, der die Gegenleistung für Leistungen bildet, die von den Unternehmen, denen sie zugutekommt, zur Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen erbracht werden, so dass diese Unternehmen in Wirklichkeit keinen finanziellen Vorteil erhalten und die genannte Maßnahme sie somit nicht gegenüber den mit ihnen im Wettbewerb stehenden Unternehmen in eine günstigere Wettbewerbsposition versetzt (Urteile des Gerichtshofs Altmark, oben in Randnr. 57 angeführt, Randnr. 87, und vom 27. November 2003, Enirisorse, C-34/01 bis C-38/01, Slg. 2003, I-14243, Randnr. 31).

73 Ein derartiger Ausgleich ist im konkreten Fall jedoch nur dann nicht als staatliche Beihilfe zu qualifizieren, wenn eine Reihe von Voraussetzungen erfüllt sind (Urteile Altmark, oben in Randnr. 57 angeführt, Randnr. 88, und Enirisorse, oben in Randnr. 72 angeführt, Randnr. 31). Erstens muss das begünstigte Unternehmen tatsächlich mit der Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen betraut sein, und diese Verpflichtungen müssen klar definiert sein. Zweitens sind die Parameter, anhand deren der Ausgleich berechnet wird, zuvor objektiv und transparent aufzustellen, um zu verhindern, dass der Ausgleich einen wirtschaftlichen Vorteil mit sich bringt, der das Unternehmen, dem er gewährt wird, gegenüber konkurrierenden Unternehmen begünstigen kann. Drittens darf der Ausgleich nicht über das hinausgehen, was erforderlich ist, um die Kosten der Erfüllung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen unter Berücksichtigung der dabei erzielten Einnahmen und eines angemessenen Gewinns aus der Erfüllung dieser Verpflichtungen ganz oder teilweise zu decken. Viertens ist, wenn die Wahl des Unternehmens, das mit der Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen betraut werden soll, im konkreten Fall nicht im Rahmen eines Verfahrens zur Vergabe öffentlicher Aufträge erfolgt, die Höhe des erforderlichen Ausgleichs auf der Grundlage einer Analyse der Kosten zu bestimmen, die ein durchschnittliches, gut geführtes Unternehmen, das so angemessen ausgestattet ist, dass es den gestellten gemeinwirtschaftlichen Anforderungen genügen kann, bei der Erfüllung der betreffenden Verpflichtungen hätte, wobei die dabei erzielten Einnahmen und ein angemessener Gewinn aus der Erfüllung dieser Verpflichtungen zu berücksichtigen sind (Urteil Altmark, oben in Randnr. 57 angeführt, Randnrn. 89 bis 93).

74 Sind die staatlichen Mittel zum Ausgleich von Mehrkosten im Zusammenhang mit der Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Pflichten unter den oben in den Randnrn. 72 und 73 genannten Voraussetzungen gewährt worden, kann die Kommission folglich, da Art. 86 Abs. 2 EG andernfalls jede praktische Wirksamkeit genommen würde, die gewährten öffentlichen Mittel nicht ganz oder teilweise als staatliche Beihilfe qualifizieren, wenn der Gesamtbetrag dieser Mittel hinter den Mehrkosten zurückbleibt, die durch die Erfüllung der betreffenden gemeinwirtschaftlichen Pflichten entstehen (vgl. in diesem Sinne Urteil FFSA u. a./Kommission, oben in Randnr. 55 angeführt, Randnr. 188).

75 Schließlich darf die Kommission nach ständiger Rechtsprechung eine Entscheidung auf der Grundlage der verfügbaren Informationen erlassen, wenn sie sich einem Mitgliedstaat gegenübersieht, der seiner Mitwirkungspflicht nicht genügt und ihr die Informationen, die sie von ihm verlangt hat, um die Vereinbarkeit einer Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt zu prüfen, nicht vorlegt (Urteile des Gerichtshofs vom 14. Februar 1990, Frankreich/Kommission, C-301/87, Slg. 1990, I-307, Randnr. 22, und vom 13. April 1994, Deutschland und Pleuger Worthington/Kommission, C-324/90 und C-342/90, Slg. 1994, I-1173, Randnr. 26). Bevor die Kommission eine solche Entscheidung trifft, muss sie jedoch bestimmte Verfahrenserfordernisse beachten. Insbesondere muss sie dem Mitgliedstaat aufgeben, ihr innerhalb der von ihr gesetzten Frist alle Unterlagen, Informationen und Daten vorzulegen, die notwendig sind, um die Vereinbarkeit der Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt zu prüfen. Nur wenn der Mitgliedstaat trotz der Anordnung der Kommission die verlangten Auskünfte nicht erteilt, ist die Kommission befugt, das Verfahren abzuschließen und die Entscheidung, mit der die Vereinbarkeit oder Unvereinbarkeit der Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt festgestellt wird, auf der Grundlage der ihr vorliegenden Informationen zu erlassen (Urteil Frankreich/Kommission, Randnrn. 19 und 22). Diese Erfordernisse sind in die Art. 5 Abs. 2, 10 Abs. 3 und 13 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates vom 22. März 1999 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel [88 EG] (ABl. L 83, S. 1) übernommen worden (Urteil des Gerichts vom 19. Oktober 2005, Freistaat Thüringen/Kommission, T-318/00, Slg. 2005, II-4179, Randnr. 73).

76 An erster Stelle ist festzustellen, dass der von der Klägerin in der Klageschrift erhobene Vorwurf, die Kommission sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass die öffentlichen Maßnahmen, die nicht in Transferzahlungen der DB-Telekom bestünden, der Klägerin einen Vorteil verschafft hätten, ins Leere läuft, da die Kommission in ihrer Klagebeantwortung ausdrücklich erklärt hat, nur die Transferzahlungen der DB-Telekom für ihre Schlussfolgerung berücksichtigt zu haben, dass die DPAG mit Hilfe öffentlicher Mittel einen Vorteil erlangt habe.

77 Diese Rüge ist somit zurückzuweisen.

78 An zweiter Stelle ist zur Rüge der Klägerin, die Kommission habe nicht nachgewiesen, dass die Klägerin durch die Transferzahlungen der DB-Telekom auch dann einen Vorteil erlangt habe, wenn man ihre Nettomehrkosten im Zusammenhang mit der Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Pflichten berücksichtige, zunächst zu bemerken, dass die Kommission, wie sich auch aus der Wiedergabe der angefochtenen Entscheidung oben in den Randnrn. 16 bis 29 ergibt, ihre Annahme einer Begünstigung der DPAG auf folgende Feststellungen gestützt hat. Erstens habe die Klägerin von 1990 bis 1995 von der DB Telekom Transferzahlungen von insgesamt 11 081 Mio. DM erhalten, die die einzigen öffentlichen Mittel seien, auf die es für die vorliegende Entscheidung ankomme. Zweitens habe die Klägerin infolge ihrer Politik des nicht kostendeckenden Verkaufs, die sie von 1994 bis 1999 betrieben habe, Nettomehrkosten in Höhe von 1 118,7 Mio. DM verzeichnet, die nicht mit der Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Pflichten in Zusammenhang gestanden hätten. Drittens habe die Klägerin die betreffenden Nettomehrkosten von 1 118,7 Mio. DM nicht aus eigenen Mitteln decken können, da sie von 1990 bis 1998, alle Tätigkeitsbereiche zusammengenommen, ein Gesamtdefizit von 2 289 Mio. DM verzeichnet habe. Die Kommission hat aus diesen drei Feststellungen den Schluss gezogen, dass die Nettomehrkosten, die der DPAG infolge ihrer im Zeitraum von 1994 bis 1999 verfolgten Politik des nicht kostendeckenden Verkaufs entstanden seien, mit Hilfe der Transferzahlungen, die die DB-Telekom im Zeitraum von 1990 bis 1995 geleistet habe, zwangsläufig ausgeglichen worden seien, so dass ihr eine staatliche Beihilfe in Höhe von 1 118,7 Mio. DM zugeflossen sei. Auf die Fragen, die das Gericht in der mündlichen Verhandlung dazu gestellt hat, hat die Kommission geantwortet, sie habe sich, da die Klägerin nicht den Nachweis erbracht habe, dass sie die angeblichen Nettomehrkosten, die ihr durch ihre Politik des nicht kostendeckenden Verkaufs entstanden seien, mit Hilfe anderer Mittel als der Transferzahlungen der DB-Telekom gedeckt habe, zu der Annahme berechtigt gesehen, dass die DPAG eine staatliche Beihilfe in Höhe von 1 118,7 Mio. DM erhalten habe.

79 Deshalb ist zu prüfen, ob die Kommission durch ihre Vorgehensweise in der angefochtenen Entscheidung rechtlich hinreichend nachgewiesen hat, dass die Klägerin durch die Transferzahlungen der DB-Telekom einen Vorteil erlangt hat.

80 Hierzu ist erstens zu bemerken, dass sich die Kommission trotz der Informationen, die die Bundesrepublik Deutschland ihr zur Verfügung gestellt hat und die diese in Randnr. 41 der angefochtenen Entscheidung zu der Feststellung veranlasst haben, dass nach den Angaben der Bundesrepublik Deutschland Geschäftskunden nicht vom Universaldienst ausgeschlossen seien, in der angefochtenen Entscheidung nicht zu der Frage geäußert hat, ob es sich beim Haus-zu-Haus-Paketdienst um eine gemeinwirtschaftliche Aufgabe handelt. Tatsächlich hat die Kommission, wie sich aus Randnr. 26 des vorliegenden Urteils ergibt, in der angefochtenen Entscheidung insoweit lediglich festgestellt, dass die in der Unterschreitung des Einheitstarifs bestehende Tarifpolitik der DPAG zu Nettomehrkosten geführt habe, die nicht mit der Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Pflichten in Zusammenhang gestanden hätten.

81 Zudem hat die Kommission zum einen in Randnr. 74 der angefochtenen Entscheidung ausgeführt, dass "kein Kausalzusammenhang zwischen diesen Nettomehrkosten [im Zusammenhang mit der Politik des nicht kostendeckenden Verkaufs] und den gemeinwirtschaftlichen Pflichten der DPAG" bestehe, und zum anderen in Randnr. 73 der angefochtenen Entscheidung erklärt, dass "ein Mindestbestand von Nettomehrkosten der DPAG [bestehe], der in keinem Zusammenhang [mit der] Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Pflichten" stehe.

82 Damit hat die Kommission, wie sie auch in ihren Schriftsätzen bekräftigt hat, zum einen in der angefochtenen Entscheidung nicht festgestellt, dass die Auskunft der Bundesrepublik Deutschland, der zufolge es sich beim Haus-zu-Haus-Paketdienst um eine gemeinwirtschaftliche Aufgabe handele, unzutreffend sei, und zum anderen zumindest stillschweigend eingeräumt, dass die DPAG, abgesehen von den Nettomehrkosten, die ihr durch ihre Politik des nicht kostendeckenden Verkaufs entstanden seien, auch Nettomehrkosten gehabt habe, die sehr wohl mit der Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Pflichten zusammengehangen hätten (im Folgenden: unstreitige Nettomehrkosten).

83 Zweitens trägt die Kommission zum einen in Randnr. 43 der angefochtenen Entscheidung vor, die Bundesrepublik Deutschland habe ihr mitgeteilt, dass sie 15 Altlasten habe tragen müssen, die Nettomehrkosten zur Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Pflichten darstellten, und führt zum anderen in Fußnote 95 der angefochtenen Entscheidung aus: "Mit 'Altlasten' bezeichnet die Bundesregierung in ihrem Schreiben vom 16. September 1999 (S. 18) die besonderen Kosten der DPAG im Vergleich zu den unter normalen Marktbedingungen üblichen Kosten privater Unternehmen. Nach Angaben der Bundesregierung führt gerade diese Sonderbelastung zu dem im Beschluss über die Einleitung des Verfahrens ausgewiesenen Defizit im Frachtbereich." In Randnr. 43 der angefochtenen Entscheidung zählt die Kommission die 15 von der Bundesrepublik Deutschland erwähnten Altlasten auf. Hierzu bemerkt die Kommission in Randnr. 45 insbesondere: "Selbst wenn sich die Kommission auf den Standpunkt stellen würde, dass nach heutigem Stand längst nicht mehr alle mittels dieser Infrastruktur erbrachten Paketleistungen [Paketdienst] als im öffentlichen Interesse erbrachte Leistungen gelten können, so müssten, so die abschließende Argumentation der Bundesregierung, die Altlasten dennoch als 'verlorene Investitionskosten' für Leistungen angesehen werden, die zum Zeitpunkt der Planung der jetzigen Infrastruktur im Jahr 1990 eindeutig im öffentlichen Interesse erbracht worden waren [Schreiben der Bundesregierung vom 21. Juni 2000, Anlage 1]."

84 Hierzu ist festzustellen, dass die Bundesrepublik Deutschland, wie aus den Randnrn. 41 bis 52 des Beschlusses über die Einleitung des Verfahrens hervorgeht, der Kommission auf deren Ersuchen eine genaue Aufstellung ihrer 15 Altlasten zur Verfügung gestellt hat, zu denen sie zum einen die Gründe, weshalb die betreffenden Lasten Nettomehrkosten im Zusammenhang mit der Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Pflichten seien, angegeben und eine Schätzung des Betrags abgegeben hat, der für diese Lasten von 1990 bis 1996 aufgewandt worden sei, und zum anderen ausgeführt hat, dass sich der Gesamtbetrag der Altlasten, die mit der Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Pflichten im Zusammenhang stünden, auf 20 426 Mio. DM belaufe, also deutlich über dem Betrag von 11 081 Mio. DM liege, der für die Transferzahlungen der DB-Telekom anzusetzen sei. Die Kommission hielt es zwar, wie es in Randnr. 72 des Beschlusses über die Einleitung des Verfahrens heißt, für "zweifelhaft, ob alle diesbezüglich angeführten Kostenelemente tatsächlich als ... Dienstleistungen [von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse] angesehen werden können", war aber der Meinung, "dass einige Lieferungen (z. B. Lieferungen am Samstag), sofern sie angemessen definiert und zugewiesen werden, grundsätzlich Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse darstellen können".

85 Drittens ist zu beachten, dass die Kommission in der angefochtenen Entscheidung die Auskunft der Bundesrepublik Deutschland, dass die unstreitigen Nettomehrkosten mit der Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Pflichten im Zusammenhang gestanden hätten, weder geprüft noch sich dazu geäußert hat und auch keine Berechnung durchgeführt hat, um festzustellen, ob diese Mehrkosten die Transferzahlungen der DB-Telekom überstiegen. Infolgedessen hat sie nicht geprüft, ob der Gesamtbetrag der Transferzahlungen der DB-Telekom unter dem Gesamtbetrag der Nettomehrkosten für die Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Pflichten lag, so dass die betreffenden Transferzahlungen der Klägerin keinen Vorteil verschafft hätten.

86 Die Kommission stellt in der angefochtenen Entscheidung weder fest noch belegt sie dort, dass die Bundesrepublik Deutschland oder die Klägerin ihr nicht die Angaben zur Verfügung gestellt hätten, die erforderlich waren, um sich zu vergewissern, dass die Höhe der Transferzahlungen der DB-Telekom nicht die unstreitigen Nettomehrkosten überstieg, oder dass sie unter Berücksichtigung der ihr zur Verfügung stehenden Informationen zu der Annahme gezwungen gewesen sei, dass die Transferzahlungen der DB-Telekom diese unstreitigen Mehrkosten überstiegen und der Klägerin damit einen Vorteil verschafft hatten.

87 Zudem hat die Kommission weder in ihren Schriftsätzen noch in der mündlichen Verhandlung einen objektiven Grund angeführt, um darzutun, dass es ihr anhand der Angaben der Bundesrepublik Deutschland unmöglich gewesen sei, eine solche Prüfung vorzunehmen. Die Kommission begnügt sich mit dem Hinweis, dass die Reichweite der von der Klägerin geltend gemachten Sonderkosten diese Prüfung schwierig mache, behauptet aber nicht, dass die Bundesrepublik Deutschland ihr die hierfür erforderlichen Informationen nicht zur Verfügung gestellt habe und sie deswegen zu einer solchen Analyse nicht in der Lage gewesen sei.

88 Aufgrund der vorstehenden Ausführungen ist festzustellen, dass die Kommission mangels einer Prüfung, ob die Transferzahlungen der DB-Telekom die unstreitigen Nettomehrkosten der DPAG überstiegen, nicht rechtlich hinreichend nachgewiesen hat, dass die betreffenden Zahlungen der DB-Telekom der Klägerin einen Vorteil im Sinne von Art. 87 Abs. 1 EG verschafften.

89 Die Einwände der Kommission, dass sie zum einen nicht zu dem Nachweis verpflichtet gewesen sei, dass die unstreitigen Nettomehrkosten die Transferzahlungen der DB-Telekom nicht überstiegen hätten, und zum anderen die von ihr verwendete Methode für den Nachweis, dass im vorliegenden Fall eine staatliche Beihilfe vorgelegen habe, geeigneter gewesen sei als die Prüfung, ob die DPAG eine Überkompensierung erhalten habe, können die vorstehend getroffene Feststellung nicht erschüttern.

90 Soweit die Kommission vorträgt, dass sie bei der Wahl der geeignetsten Methode für die Feststellung einer staatlichen Beihilfe über ein weites Ermessen verfüge, ist daran zu erinnern, dass es im Rahmen der Qualifizierung einer Maßnahme als staatliche Beihilfe, die nach dem EG-Vertrag sowohl der Kommission als auch den nationalen Gerichten obliegt, grundsätzlich nicht gerechtfertigt ist, der Kommission einen weiten Spielraum einzuräumen, wenn keine besonderen Umstände vorliegen, die insbesondere mit der komplexen Natur der betreffenden staatlichen Maßnahme zusammenhängen. Die Erheblichkeit der Gründe und Ziele staatlicher Maßnahmen ist nämlich nur im Rahmen der Prüfung nach Art. 87 Abs. 3 EG, ob diese Maßnahmen gegebenenfalls mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar sind, zu beurteilen (Urteil Ladbroke Racing/Kommission, oben in Randnr. 55 angeführt, Randnr. 52).

91 Zu beachten ist insoweit aber auch, dass das Gericht der Kommission zwar einen gewissen Spielraum hinsichtlich der Wahl der geeignetsten Methode für die Feststellung, dass keine Quersubvention zugunsten der Tätigkeiten im Wettbewerbsbereich vorliegt, zuerkannt hat (Urteil FFSA u. a./Kommission, oben in Randnr. 55 angeführt, Randnr. 187), dies aber nichts daran ändert, dass die Kommission nach dem Urteil Altmark (oben in Randnr. 57 angeführt, Randnr. 87) staatliche Mittel, die zum Ausgleich von Mehrkosten im Zusammenhang mit der Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Pflichten gewährt werden, nicht als staatliche Beihilfe qualifizieren kann. Da die Kommission im vorliegenden Fall nicht geprüft hat, ob der Gesamtbetrag der Transferzahlungen der DB-Telekom den Gesamtbetrag der unstreitigen Mehrkosten überstieg, konnte sie, wie aus der Analyse der angefochtenen Entscheidung in Randnr. 78 des vorliegenden Urteils hervorgeht, nicht annehmen, dass die betreffenden Zahlungen der Klägerin einen Vorteil verschafft hatten, da die Bundesrepublik Deutschland der Kommission Informationen hatte zukommen lassen, die es plausibel erscheinen ließen, dass der Gesamtbetrag der Transferzahlungen den Gesamtbetrag der unstreitigen Nettomehrkosten nicht überstieg.

92 Zu dem Argument der Kommission, sie sei lediglich zur Prüfung verpflichtet gewesen, ob die Beschwerden von BIEK und UPS, wonach die DPAG eine Politik des nicht kostendeckenden Verkaufs mit öffentlichen Mitteln finanziere, begründet seien, ist festzustellen, dass die Kommission nach der Rechtsprechung im Interesse einer ordnungsgemäßen Anwendung der grundlegenden Vorschriften des Vertrags auf dem Gebiet der Beihilfen eine Beschwerde sorgfältig und unvoreingenommen zu prüfen hat, was eine Prüfung von Gesichtspunkten erforderlich machen kann, die der Beschwerdeführer nicht ausdrücklich erwähnt hat (Urteil des Gerichtshofs vom 2. April 1998, Kommission/Sytraval und Brink's France, C-367/95 P, Slg. 1998, I-1719, Randnr. 62). Außerdem muss die Kommission prüfen, ob der Empfänger einer Beihilfe tatsächlich einen Vorteil erlangt hat. Auch wenn die Kommission zu einer sorgfältigen und unvoreingenommenen Prüfung der Beschwerden von BIEK und UPS verpflichtet war, bedeutete dies im vorliegenden Fall also nicht, dass sie die Informationen außer Acht lassen konnte, die die Bundesrepublik Deutschland ihr als Nachweis dafür übermittelt hatte, dass die Klägerin keinen Vorteil aus öffentlichen Mitteln erlangt habe, oder dass sie zu Recht das Vorliegen einer staatlichen Beihilfe annehmen konnte, ohne zuvor geprüft zu haben, ob die öffentlichen Mittel, die die DPAG erhalten hatte, dieser einen Vorteil verschafft hatten.

93 Schließlich ist der Kommission sowie BIEK und UPS auch nicht darin zu folgen, dass sich die Kommission nicht mit der Frage habe befassen müssen, ob der Gesamtbetrag der Transferzahlungen der DB-Telekom den Gesamtbetrag der Nettomehrkosten der Klägerin im Zusammenhang mit der Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Pflichten überstiegen habe, weil die Voraussetzungen, die der Gerichtshof in den Urteilen Ferring (oben in Randnr. 55 angeführt) und Altmark (oben in Randnr. 57 angeführt) vorgesehen habe, hier nicht erfüllt seien.

94 Wie sich aus den Ausführungen in Randnr. 81 des vorliegenden Urteils ergibt, hat sich die Kommission in der angefochtenen Entscheidung mit der Feststellung begnügt, dass die Nettomehrkosten, die der DPAG durch ihre Politik des nicht kostendeckenden Verkaufs entstanden seien, nicht Gegenstand eines Ausgleichs sein könnten, und somit weder geprüft noch nachgewiesen, dass die Klägerin keine anderen Nettomehrkosten im Zusammenhang mit der Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Pflichten verzeichnet hat, für die sie einen Ausgleich mit Hilfe sämtlicher Transferzahlungen der DB-Telekom unter den im Urteil Altmark (oben in Randnr. 57 angeführt, Randnrn. 89 bis 95) vorgesehenen Voraussetzungen hätte beanspruchen können.

95 Die Kommission hat diesen Punkt weder geprüft noch in irgendeiner Weise gewürdigt, und es ist nun nicht Sache des Gemeinschaftsrichters, anstelle der Kommission eine von ihr nie durchgeführte Prüfung vorzunehmen und zu mutmaßen, welche Schlussfolgerungen sie daraus gezogen hätte (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 16. September 2004, Valmont/Kommission, T-274/01, Slg. 2004, II-3145, Randnr. 136).

96 Nach alledem greift die Rüge der Klägerin durch, dass die Kommission durch die Behauptung, dass die Transferzahlungen der DB-Telekom der DPAG einen Vorteil verschafft hätten, Art. 87 Abs. 1 EG verletzt habe.

97 Das Gericht hält es jedoch für angezeigt, darüber hinaus auch die Rüge der Klägerin zu prüfen, dass die Kommission unabhängig davon, ob der Gesamtbetrag der Transferzahlungen der DB-Telekom den Gesamtbetrag der unstreitigen Nettomehrkosten der Klägerin überstiegen habe, jedenfalls zu Unrecht behauptete, dass die Transferzahlungen der DB-Telekom in Höhe von 11 081 Mio. DM es der Klägerin unter Berücksichtigung der Verluste, die sie von 1990 bis 1995 verzeichnet habe, ermöglicht hätten, die angeblichen Nettomehrkosten in Höhe von 1 118,7 Mio. DM zu decken, die dieser durch ihre Politik des nicht kostendeckenden Verkaufs von 1994 bis 1999 entstanden seien.

98 Hierzu ist zunächst festzustellen, dass die Deutsche Bundespost nach § 63 Abs. 1 PostVerfG verpflichtet war, von 1990 bis 1995 eine Ablieferung in Höhe eines abnehmenden Prozentsatzes ihrer Betriebseinnahmen an den deutschen Staat zu zahlen. Die Parteien sind zwar uneins darüber, ob es sich bei diesen Ablieferungen um Nettomehrkosten zur Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Pflichten handelte, doch bestreitet die Kommission nicht, dass sie von den Unternehmen, die aus der Aufspaltung der Deutschen Bundespost hervorgegangen sind, gezahlt worden sind und dass die Klägerin in diesem Zusammenhang von 1990 bis 1995 einen Betrag von 11 418 Mio. DM entrichten musste.

99 Im vorliegenden Fall behauptet die Klägerin, dass die Kommission einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen habe, indem sie davon ausgegangen sei, dass die Transferzahlungen der DB-Telekom von 1990 bis 1995 in Höhe von 11 418 Mio. DM es der Klägerin ermöglicht hätten, die Nettomehrkosten in Höhe von 1 118,7 Mio. DM zu decken, die durch ihre Politik des nicht kostendeckenden Verkaufs von 1994 bis 1999 bedingt gewesen seien. In Wirklichkeit hätten die betreffenden Transferzahlungen in vollem Umfang dem Ausgleich der Verluste von 1990 bis 1995 gedient, die die Klägerin insbesondere aufgrund ihrer Verpflichtung zur Zahlung der Ablieferungen erlitten habe.

100 Die Kommission entgegnet im Wesentlichen, sie sei zu der Annahme berechtigt gewesen, dass die Transferzahlungen der DB-Telekom der Klägerin die Finanzierung der Nettomehrkosten im Zusammenhang mit ihrer Politik des nicht kostendeckenden Verkaufs ermöglicht hätten, da die Klägerin nicht den Nachweis erbracht habe, dass sie diese Mehrkosten aus eigenen Mitteln finanziert habe.

101 Hierzu ist festzustellen, dass die Parteien übereinstimmend erklären, dass aus buchhalterischer Sicht jede Einnahme jede Ausgabe finanzieren könne. Zwar obliegt der Kommission der Nachweis, dass öffentliche Mittel ihrem Empfänger einen Vorteil verschafft haben, wie sich aus dem Urteil Altmark (oben in Randnr. 57 angeführt, Randnr. 75) ergibt, doch braucht die Kommission insoweit nicht nachzuweisen, für welche Kosten die der Klägerin gewährten öffentlichen Mittel verwendet worden sind.

102 Da aber die Kommission, wie Randnr. 78 des vorliegenden Urteils zu entnehmen ist, im vorliegenden Fall ihren Nachweis, dass die DPAG durch öffentliche Mittel einen Vorteil erlangt hat, daran geknüpft hat, dass die angeblichen Nettomehrkosten der DPAG im Zusammenhang mit ihrer Politik des nicht kostendeckenden Verkaufs in Höhe von 1 118,7 Mio. DM zwangsläufig durch die Transferzahlungen der DB-Telekom gedeckt worden seien, ist zu prüfen, ob unter Berücksichtigung der Verluste, die die DPAG von 1990 bis 1994 und von 1990 bis 1995 erlitt, die in dem betreffenden Zeitraum geleisteten Transferzahlungen hinreichend waren, um auch die Nettomehrkosten im Zusammenhang mit ihrer Politik des nicht kostendeckenden Verkaufs zu decken, die sie von 1994 bis 1999 verzeichnete.

103 Die Kommission hat in Randnr. 88 der angefochtenen Entscheidung die Höhe der Nettomehrkosten der DPAG im Zusammenhang mit ihrer Politik des nicht kostendeckenden Verkaufs wie folgt geschätzt:

Jahre

1994

1995

1996

1997

1998

1999

Gesamt 1994-1999

Mehrkosten im Zusammenhang mit dem Verlustverkauf (in Mio. DM)

Ver-traul.

Ver-traul.

Ver-traul.

Ver-traul.

Ver-traul.

Ver-traul.

1 118,7

104 Den von der Kommission nicht bestrittenen Angaben der Bundesrepublik Deutschland zufolge hat die DPAG ferner in den Zeiträumen von 1990 bis 1994 und von 1990 bis 1995 folgende operative Ergebnisse (ohne Transferzahlungen der DB-Telekom und ohne Ablieferungen) und Gesamtergebnisse (einschließlich der Transferzahlungen der DB-Telekom und der Ablieferungen) erzielt (Mitteilung der Bundesrepublik Deutschland vom 31. Januar 2002 und Anhang 11 A der Mitteilung der Bundesrepublik Deutschland vom 10. März 2000):

Jahre

1990

1991

1992

1993

1994

Gesamt 1990-1994

1995

Gesamt 1990-1995

Reservierter Bereich

Ver-traul.

Ver-traul.

Ver-traul.

Ver-traul.

Ver-traul.

Vertraul.

Ver-traul.

Vertraul.

Bereich Pakete

Ver-traul.

Ver-traul.

Ver-traul.

Ver-traul.

Ver-traul.

Vertraul.

Ver-traul.

Vertraul.

Bereich Zeitungen

Ver-traul.

Ver-traul.

Ver-traul.

Ver-traul.

Ver-traul.

Vertraul.

Ver-traul.

Vertraul.

Operativer Saldo

Ver-traul.

Ver-traul.

Ver-traul.

Ver-traul.

Ver-traul.

-4 331

Ver-traul.

-4 945

Transfer-zahlungen der DB-Telekom

1 495

2 031

1 310

726

0

5 562

5 519

11 081

Ablieferung

-1 651

-1 982

-2 100

-2 182

-2 190

-10 104

-1 314

-11 418

Saldo Transfer-zahlungen/ Ablieferung

-4 552

-337

Gesamtergebnis (in Mio. DM)

-8 883

-5 282

105 Die Tabelle in Randnr. 104 des vorliegenden Urteils zeigt, dass die Klägerin zwar von 1990 bis 1994 einen Betrag von 5 562 Mio. DM als Transferzahlungen der DB-Telekom erhalten und 1994 Mehrkosten im Zusammenhang mit ihrer Politik des nicht kostendeckenden Verkaufs von [vertraulich] Mio. DM (Tabelle in Randnr. 103 des vorliegenden Urteils) verzeichnet hat, das Gesamtdefizit für die Jahre 1990 bis 1994, alle Tätigkeitsbereiche zusammengenommen, aber 8 883 Mio DM betrug. Dieses Gesamtdefizit für den Zeitraum von 1990 bis 1994 entspricht nämlich den operativen Verlusten der DPAG in Höhe von 4 331 Mio. DM zuzüglich der Ablieferung von 10 104 Mio. DM, die durch die Transferzahlungen der DB-Telekom in Höhe von 5 562 DM teilweise ausgeglichen wurden.

106 Die Transferzahlungen der DB-Telekom zwischen 1990 und 1994 in Höhe von 5 562 Mio. DM ermöglichten es der Klägerin unter Berücksichtigung ihrer operativen Verluste von 1990 bis 1994 in Höhe von 4 331 Mio. DM und der Ablieferung von 10 104 Mio. DM, die sie in diesem Zeitraum zahlen musste - was einem Gesamtverlust von 14 435 Mio. DM entspricht - also nicht, ihre Nettomehrkosten infolge ihrer Politik des nicht kostendeckenden Verkaufs von 1994 bis 1999 in Höhe von 1 118,7 Mio. DM zu decken.

107 Soweit die Klägerin die Transferzahlungen der DB-Telekom bis 1995 erhielt, ist ferner festzustellen, dass der Klägerin zwar von 1990 bis 1995 ein Betrag von 11 081 Mio. DM als Transferzahlungen der DB-Telekom zugeflossen ist, sie aber im selben Zeitraum, alle Tätigkeitsbereiche zusammengenommen, ein Gesamtdefizit von 5 282 Mio. DM verzeichnet hat. Dieses Gesamtdefizit für den Zeitraum von 1990 bis 1995 entspricht nämlich den operativen Verlusten der DPAG in Höhe von 4 945 Mio. DM zuzüglich der Ablieferung von 11 418 Mio. DM, die durch die Transferzahlungen der DB-Telekom in Höhe von 11 081 Mio. DM teilweise ausgeglichen wurden.

108 Die Transferzahlungen der DB-Telekom zwischen 1990 und 1995 in Höhe von 11 081 Mio. DM ermöglichten es der DPAG unter Berücksichtigung ihrer operativen Verluste von 1990 bis 1995 in Höhe von 4 945 Mio. DM und der zu zahlenden Ablieferung von 11 418 Mio. DM - was einem Gesamtverlust von 16 363 Mio. DM entspricht - folglich nicht, ihre Mehrkosten aufgrund ihrer Politik des nicht kostendeckenden Verkaufs von 1994 bis 1999 in Höhe von 1 118,7 Mio. DM zu decken.

109 Daher ist festzustellen, dass die Darlegung der Kommission, dass die Klägerin einen Vorteil in Höhe von 1 118,7 Mio. DM erlangt habe, weil die Transferzahlungen der DB-Telekom für sich allein genommen die Mehrkosten infolge ihrer Politik des nicht kostendeckenden Verkaufs hätten finanzieren können, durch das Ergebnis widerlegt wird, dass die Gesamtverluste der DPAG von 1990 bis 1994 oder von 1990 bis 1995 so hoch waren, dass sich die Transferzahlungen der DB-Telekom als unzureichend erwiesen, um die Mehrkosten aufgrund ihrer Politik des nicht kostendeckenden Verkaufs von 1994 bis 1999 zu decken.

110 Die Rüge der Klägerin ist deshalb begründet.

111 Nach alledem ist die angefochtene Entscheidung für nichtig zu erklären, ohne dass geprüft zu werden braucht, ob sich aus der vorliegenden Rüge zwangsläufig ergibt, dass die angefochtene Entscheidung auch im Sinne von Art. 253 EG unzureichend begründet ist (siehe oben in Randnr. 58), und ohne dass die anderen von der Klägerin erhobenen Rügen und Klagegründe untersucht werden müssen.

Kostenentscheidung:

Kosten

112 Nach Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Kommission unterlegen ist, sind ihr gemäß dem Antrag der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

113 Nach Art. 87 § 4 Abs. 1 der Verfahrensordnung tragen die Mitgliedstaaten und die Organe, die dem Rechtsstreit als Streithelfer beigetreten sind, ihre eigenen Kosten. Die Bundesrepublik Deutschland, die keinen Streithilfeschriftsatz abgegeben hat, trägt gemäß Art. 87 § 4 Abs. 1 der Verfahrensordnung ihre eigenen Kosten.

114 Nach Art. 87 § 4 Abs. 3 der Verfahrensordnung kann das Gericht entscheiden, dass andere Streithelfer als die Mitgliedstaaten, die Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR), die Organe und die Überwachungsbehörde der Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA) ihre eigenen Kosten tragen. Die Streithelferinnen BIEK und UPS tragen ihre eigenen Kosten.

Tenor:

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Dritte erweiterte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1. Die Entscheidung 2002/753/EG der Kommission vom 19. Juni 2002 über Maßnahmen der Bundesrepublik Deutschland zugunsten der Deutschen Post AG wird für nichtig erklärt.

2. Die Kommission trägt ihre eigenen Kosten und die Kosten der Deutschen Post AG.

3. Die Bundesrepublik Deutschland, der Bundesverband Internationaler Express- und Kurierdienste e. V. (BIEK) und UPS Europe NV/SA tragen ihre eigenen Kosten.

Jaeger

Tiili

Azizi

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 1. Juli 2008.



Ende der Entscheidung

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