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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäisches Gericht
Urteil verkündet am 24.01.1991
Aktenzeichen: T-27/90
Rechtsgebiete: EWG/EAG BeamtStat, Leitfaden für die Beamtenbeurteilung


Vorschriften:

EWG/EAG BeamtStat Art. 90 Abs. 1
EWG/EAG BeamtStat Art. 43 Abs. 1
Leitfaden für die Beamtenbeurteilung Art. 6 Abs. 1
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

1. Vorbereitende Maßnahmen wie die Stellungnahme eines Beratenden Ausschusses für Ernennungen, der nur über eine blosse Beratungszuständigkeit verfügt, sind, selbst wenn es sich angeblich um die einzigen Maßnahmen handelt, von denen der Kläger Kenntnis hatte, nicht im Klagewege anfechtbar. Der Kläger kann nur mit einer Klage, die gegen die dieses Verfahren abschließende Verfügung gerichtet ist, die Rechtswidrigkeit der dieser Verfügung vorausgehenden und mit ihr in einem engen Zusammenhang stehenden Maßnahmen geltend machen.

2. Die Umstände der Mitteilung von Verwaltungsentscheidungen sind grundsätzlich nicht geeignet, deren Rechtmässigkeit zu beeinträchtigen.

3. Erhebt ein Beamter eine Klage, die auf Anfechtung einer Handlung eines Organs und auf Zuerkennung einer Entschädigung als Ersatz eines Schadens abzielt, der durch andere Handlungen als die angefochtene Handlung verursacht wurde, so stehen die Anträge nicht in engem Zusammenhang miteinander, so daß die Unzulässigkeit des Anfechtungsantrags nicht die Unzulässigkeit des Schadensersatzantrags nach sich zieht.

4. Eine etwa siebzehnmonatige Verspätung bei der Erstellung einer Beurteilung verstösst gegen den Grundsatz der ordnungsgemässen Verwaltung. Ist diese Verspätung nicht durch das Vorliegen besonderer Umstände gerechtfertigt, so stellt sie einen Amtsfehler dar, durch den ein immaterieller Schaden verursacht wird, der darauf beruht, daß der Beamte wegen seiner nicht ordnungsgemässen und unvollständigen Charakters seiner Personalakte verunsichert und beunruhigt ist.

Der Beamte hat keinen Anspruch auf Ersatz des behaupteten immateriellen Schadens, wenn er selbst erheblich zu der von ihm beanstandeten Verspätung beigetragen hat.


URTEIL DES GERICHTS ERSTER INSTANZ (FUENFTE KAMMER) VOM 24. JANUAR 1991. - EDWARD PATRICK LATHAM GEGEN KOMMISSION DER EUROPAEISCHEN GEMEINSCHAFTEN. - BEAMTER - ZULAESSIGKEIT - EINSTELLUNGSVERFAHREN DES ARTIKELS 29 ABSATZ 1 BUCHSTABE A) DES STATUTS - BEURTEILUNG - VERSPAETUNG - SCHADENSERSATZ. - RECHTSSACHE T-27/90.

Entscheidungsgründe:

Sachverhalt

1 Der 1926 geborene Kläger wurde 1971 von der Kommission eingestellt. Er arbeitete bis 1973 im Übersetzungsdienst und danach bis 1983 in der für den Binnenmarkt und die gewerbliche Wirtschaft zuständigen Generaldirektion; seit 1983 arbeitet er in der für den Verbraucherschutz und die Stärkung der Verbraucherinteressen zuständigen Direktion. Diese Dienststelle gehörte zur Generaldirektion (GD) XI und wurde im Jahre 1989 als Dienst "Verbraucherpolitik" aus dieser herausgelöst. Der Kläger ist gegenwärtig in die letzte Dienstaltersstufe der Besoldungsgruppe A 4 eingestuft und hatte bereits mehrmals vergeblich seinen Wunsch kundgetan, in eine höhere Besoldungsgruppe aufzusteigen.

2 Am 19. Juli 1988 erließ die Kommission eine in den Verwaltungsmitteilungen Nr. 578 vom 5. Dezember 1988 veröffentlichte Entscheidung über das Verfahren zur Besetzung von Planstellen für mittlere Führungskräfte, nach der die Mitwirkung des durch Entscheidung der Kommission von 1980 geschaffenen Beratenden Ausschusses für Ernennungen (im folgenden: BÄ) insbesondere bei dieser Verfahrensart erweitert werden sollte.

3 Mit Schreiben vom 4. Januar 1989 wies der Kläger den Assistenten des Generaldirektors der GD XI, Herrn Jankowski, auf die Verspätung bei der Abfassung seiner Beurteilung für den Zeitraum von 1985 bis 1987 hin. Auf Wunsch von Herrn Prendergast, seines Direktors und Beurteilenden, übermittelte der Kläger diesem am 15. Februar 1989 einen Textentwurf zu Abschnitt 6 Buchstabe b seiner Beurteilung, der die Überschrift "Ausführliche Beschreibung der während des Beurteilungszeitraums erledigten Aufgaben" trägt. Am 28. März 1989 richtete der Kläger ein weiteres Schreiben an Herrn Jankowski, in dem er die Einreichung einer Klage beim Gerichtshof für den Fall in Aussicht stellte, daß seine Beurteilung ihm nicht mitgeteilt werde.

4 Der Kläger erhielt seine vorläufige Beurteilung für den Zeitraum von 1985 bis 1987 am 27. April 1989 und besprach sie mit seinem Beurteilenden am 12. und 16. Mai 1989. Am letztgenannten Tag richtete der Kläger an seinen Direktor einen Vermerk, in dem er diesen an die von ihm bei diesem Gespräch vorgeschlagenen Änderungen erinnerte.

5 Der Kläger erhielt am 7. Juli 1989 eine geänderte Fassung seiner vorläufigen Beurteilung und unterzeichnete diese am 27. Juli 1989, was er jedoch bestreitet. Der Kläger hatte der Beurteilung als Anhang Bemerkungen beigefügt, in denen er zum einen ausführte, daß der von ihm zur Aufnahme in Abschnitt 6 Buchstabe b vorgeschlagene Hinweis, daß er das Kommissionsmitglied Varfis bei einer Tagung des Rates vertreten habe, vom Beurteilenden nicht übernommen worden sei, und zum anderen auf sein schlechtes Verhältnis zu seinen Vorgesetzten, auf seine beruflichen Erfolge und darauf verwies, daß bedeutende aussenstehende Organisationen seine Kompetenz als Fachmann für Verbraucherrecht anerkannt hätten.

6 Zwischenzeitlich war am 9. Juni 1989 die Stellenausschreibung Nr. 19 COM/63/89-A 3/A 4/A 5 betreffend die Planstelle des Leiters der Abteilung "Information und Aufklärung der Verbraucher" im Dienst "Verbraucherpolitik" veröffentlicht worden. Am 22. Juni 1989 reichte der Kläger seine Bewerbung um diese Planstelle ein; sechzehn weitere Beamte bewarben sich ebenfalls.

7 In seiner Mitteilung Nr. 95/89 vom 20. Juli 1989 vertrat der BÄ nach Anhörung des Generaldirektors des Dienstes "Verbraucherpolitik", Herrn Barlebo-Larsen, die Auffassung, daß nur vier Bewerbungen für die Planstelle des Leiters der Abteilung "Information und Aufklärung der Verbraucher" berücksichtigt werden sollten; die Bewerbung des Klägers befand sich nicht darunter. Mit Schreiben vom 28. Juli 1989 unterrichtete die Sekretärin des BÄ, Frau Filippone, den Kläger davon, daß die Beratung vom 20. Juli 1989 ergeben habe, daß, "was die Einstufung der Planstelle des Leiters der Abteilung 4 - 'Information und Aufklärung der Verbraucher' - des Dienstes 'Verbraucherpolitik' angeht, diese mit einem Beamten der Laufbahn A 5/A 4 besetzt werden sollte" und daß "nach Prüfung der eingereichten Bewerbungen Ihre Bewerbung hierfür nicht berücksichtigt werden dürfte".

8 Am 21. August 1989 wurde Kenneth Roberts, ein Beamter der Besoldungsgruppe A 4, bei gleichbleibender Besoldungsgruppe, d. h. A 4, von der Generaldirektion "Auswärtige Beziehungen" auf die fragliche Stelle des Leiters der Abteilung "Information und Aufklärung der Verbraucher" versetzt. Diese Ernennung wurde in der Nr. 31/89 der internen Verwaltungsmitteilungen der Kommission, Infor rapide, vom 26. September 1989 veröffentlicht.

9 Am 22. August 1989 richtete der Kläger einen Vermerk an Frau Filippone, in dem er erstens darauf hinwies, daß seine Personalakte bei der Prüfung seiner Bewerbung durch den BÄ nicht vollständig gewesen sei, da seine endgültige Beurteilung für den Zeitraum vom 1. Juli 1985 bis zum 30. Juni 1987 darin nicht enthalten gewesen sei, und zweitens die Auffassung vertrat, daß die Beratung des BÄ deshalb nicht gültig gewesen sei.

10 Am 14. September 1989 antwortete Frau Filippone dem Kläger wie folgt: Erstens liege dem BÄ die vorläufige Beurteilung vom 21. April 1989 vor, die somit als Verwaltungsdokument existiere; zweitens könnten die durch den Ablauf des internen Einstellungsverfahrens verursachten Verzögerungen bei der Aufnahme der Beurteilungen in die Personalakten der Beamten nicht die übrigen Verwaltungsverfahren blockieren; drittens habe der Generaldirektor, dem der Kläger unterstellt sei, an den Arbeiten des BÄ teilgenommen und diesem somit alle den Kläger betreffenden Auskünfte erteilen können.

11 Am 27. September 1989 richtete der Kläger ein weiteres Schreiben an Frau Filippone, in dem er geltend machte, das Fehlen seiner endgültigen Beurteilung bei den Beratungen des BÄ habe das interne Einstellungsverfahren fehlerhaft gemacht und ihn geschädigt. Er behalte sich vor, Klage zu erheben, falls diese Unregelmässigkeit nicht behoben werde.

12 Am 25. Oktober 1989 reichte der Kläger eine Beschwerde ein, in der er zunächst auf seinen Wechsel von der GD III zur GD XI, seine Laufbahnerwartungen, die durch seine eigenen Vorgesetzten erweckt worden seien, seine Enttäuschungen und sein schlechtes Verhältnis zu diesen Vorgesetzten hinwies; weiter führte er aus, der Umstand, daß seine endgültige Beurteilung bei der Beratung des BÄ vom 20. Juli 1989 nicht vorgelegen habe, habe diese unregelmässig gemacht, das Schreiben von Frau Filippone vom 28. Juli 1989 sei nicht hinreichend mit Gründen versehen gewesen, und die Kommission müsse den ihm entstandenen Schaden ersetzen.

13 Nach der Einreichung dieser Beschwerde führte der Kläger am 14. Dezember 1989 im Rahmen einer dienststellenübergreifenden Sitzung Gespräche mit den Assistenten des Generaldirektors des Dienstes "Verbraucherpolitik", den Herren Jankowski und Denuit, und mit Herrn Pincherlé, einem Referatsleiter in der GD IX. Am 3., 8. und 10. Januar 1990 richtete der Kläger an die Herren Jankowski, Denuit und Pincherlé Vermerke, in denen er seine Vorwürfe gegenüber seinen Vorgesetzten darlegte. Am 14. März 1990 richtete er ausserdem einen Vermerk an Herrn Friedman, in dem er seinen Wunsch zum Ausdruck brachte, in die Besoldungsgruppe A 3 zu gelangen.

14 Am 23. Mai 1990 wies Herr Hay die Beschwerde des Klägers mit folgender Begründung zurück: Erstens sei der BÄ bei seiner Beratung vom 20. Juli 1989 imstande gewesen, die Bewerbung des Klägers zu beurteilen; zweitens liege ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz hinsichtlich der Ladungen der Bewerber zu Gesprächen nicht vor, da der Generaldirektor des Klägers nur die Bewerber geladen habe, die er nicht persönlich gekannt habe; drittens könne sich nach dem Urteil des Gerichtshofes vom 22. Juni 1989 in der Rechtssache 104/88 (Brus/Kommission, Slg. 1989, 1873) im Fall einer Beförderung die fehlende Begründung einer die Beförderung eines Bewerbers ablehnenden Entscheidung nicht auf die Gültigkeit der letztlich getroffenen Beförderungsentscheidung auswirken; diese Auslegung gelte erst recht, wenn die Besetzung der fraglichen Stelle, wie im vorliegenden Fall, nicht mit einer Beförderung verbunden sei.

15 Der Kläger hat mit Klageschrift, die am 25. Mai 1990 in das Register der Kanzlei des Gerichts eingetragen worden ist, die vorliegende Klage gegen die Kommission erhoben.

16 Die mündliche Verhandlung hat am 29. November 1990 stattgefunden und ist am Ende dieser Sitzung vom Präsidenten für geschlossen erklärt worden.

17 Der Kläger beantragt,

1) die vorliegende Klage für zulässig und begründet zu erklären;

2) demgemäß die Entscheidung vom 20. Juli 1989, mit der seine Bewerbung um die unter dem Aktenzeichen COM/63/89 bekanntgegebene Planstelle der Besoldungsgruppen A 3/A 4/A 5 zurückgewiesen wurde, aufzuheben;

3) ihm Ersatz des erlittenen materiellen und immateriellen Schadens durch Zuerkennung einer angemessenen Entschädigung in Höhe von 600 000 BFR zuzusprechen;

4) der Beklagten sämtliche Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

18 Die Kommission beantragt,

1) die Klage für unzulässig, zumindest aber für unbegründet zu erklären;

2) über die Kosten nach Rechtslage zu entscheiden.

Zum Antrag auf Aufhebung der "Entscheidung" des BÄ vom 20. Juli 1989

19 Die Beklagte macht zwei Unzulässigkeitsgründe geltend. Erstens sei die angefochtene Handlung nur eine vorbereitende, den Kläger nicht beschwerende Maßnahme, und zweitens fehle das Rechtsschutzinteresse. Als erstes ist der auf das Fehlen einer beschwerenden Maßnahme gestützte Unzulässigkeitsgrund zu prüfen.

20 Die Beklagte weist zunächst darauf hin, daß der Aufgabenbereich des 1980 von der Kommission eingesetzten BÄ im Anschluß an die Entscheidung der Kommission vom 19. Juli 1988 geändert worden sei; diese habe, ohne den beratenden Status des BÄ zu ändern, dessen Zuständigkeitsbereich auf die Besetzung von Planstellen für mittlere Führungskräfte der Besoldungsgruppen A 3, A 4 und A 5 erweitert. Ausserdem sei der BÄ nunmehr für die Beratung nicht nur in Fragen der Beurteilung der Eignung der Bewerber, sondern auch in der Frage zuständig, welches Besoldungsgruppenniveau der freien Stelle unter Berücksichtigung insbesondere der Bedeutung der Verwaltungseinheit zuzuweisen sei. Diese Entscheidung sei in den Verwaltungsmitteilungen Nr. 578 vom 5. Dezember 1988 veröffentlicht worden; ausserdem seien die Beamten durch einen Vermerk von Herrn Hay vom 5. Dezember 1988 informiert worden, daß sie vom 15. November 1988 an über die Ergebnisse der sie betreffenden Beratungen des BÄ unterrichtet würden. Daher hätten dem Kläger die Einzelheiten der von der Kommission eingeführten neuen Verfahren nicht unbekannt sein können.

21 Aus diesen Texten gehe eindeutig hervor, daß der BÄ ein beratendes Organ sei und daß nicht er, sondern allein die Anstellungsbehörde für die Entscheidung über die Besetzung einer freien Stelle zuständig sei. Bei der Stellungnahme des BÄ vom 20. Juli 1989, die dem Kläger mit Schreiben des Generalsekretärs des BÄ vom 28. Juli 1989 mitgeteilt worden sei, handele es sich nur um eine vorbereitende Maßnahme, die nicht geeignet sei, den Kläger im Sinne der Artikel 90 und 91 des Statuts der Beamten der Europäischen Gemeinschaften (im folgenden: Statut) zu beschweren. Hierzu beruft sie sich auf die Urteile des Gerichtshofes und des Gerichts vom 7. April 1965 in der Rechtssache 11/64 (Weighardt/Kommission, Slg. 1965, 385), vom 14. Dezember 1966 in der Rechtssache 3/66 (Alfieri/Parlament, Slg. 1966, 653), vom 1. Februar 1979 in der Rechtssache 17/78 (Deshormes/Kommission, Slg. 1979, 189), vom 23. Oktober 1986 in der Rechtssache 26/85 (Vaysse/Kommission, Slg. 1986, 3131), vom 4. Februar 1987 in der Rechtssache 324/85 (Bouteiller/Kommission, Slg. 1987, 529), vom 14. Februar 1989 in der Rechtssache 346/87 (Bossi/Kommission, Slg. 1989, 303), vom 3. April 1990 in der Rechtssache T-135/89 (Pflöschner/Kommission, Slg. 1990, II-153) sowie auf die Beschlüsse des Gerichtshofes vom 9. Juni 1980 in der Rechtssache 123/80 (B./Parlament, Slg. 1980, 1789), vom 18. November 1980 in der Rechtssache 141/80 (Macevicius/Parlament, Slg. 1980, 3509) und vom 24. Mai 1988 in den verbundenen Rechtssachen 78/87 und 220/87 (Santarelli/Kommission, Slg. 1988, 2699).

22 Schließlich kommt die Beklagte zu dem Ergebnis, daß erstens der Kläger die Rechtmässigkeit des vorliegenden internen Einstellungsverfahrens nur durch Erhebung einer gegen die endgültige Entscheidung der Anstellungsbehörde über die Ernennung des erfolgreichen Bewerbers gerichteten Anfechtungsklage hätte in Frage stellen können und daß zweitens in der an das gesamte Personal verteilten Nr. 31/89 der Infor rapide auf die Einweisung von Herrn Roberts in die zu besetzende Planstelle hingewiesen worden sei. Der Kläger hätte daraus herleiten müssen, daß seine Bewerbung um diese Stelle von der Anstellungsbehörde zurückgewiesen worden sei, und die endgültige Ernennung der Entscheidung fristgemäß anfechten müssen.

23 Der Kläger macht zunächst folgendes geltend: Erstens habe der Vermerk von Herrn Hay vom 5. Dezember 1988 nicht den Charakter eines dienstlichen Vermerks der Kommission und könne infolgedessen den Beamten nicht entgegengehalten werden; zweitens erhielten die Beamten zahlreiche Vermerke dieser Art, und es sei nicht möglich, sich des Inhalts jedes einzelnen Vermerks zu vergewissern; drittens heisse es in diesem Vermerk, daß der vollständige Wortlaut der Entscheidung der Kommission vom 19. Juli 1988 in den nächsten Tagen verteilt werde, dieser Text sei ihm aber niemals mitgeteilt worden. Daher sei es völlig erklärlich, daß er diese neuen Bestimmungen nicht gekannt habe; ausserdem stelle sich die Frage, ob "derartige Änderungen des Besetzungsverfahrens nicht einer offiziellen Änderung des Statuts bedürfen".

24 Der Kläger erkennt zwar den beratenden Charakter des BÄ an, behauptet jedoch, im vorliegenden Fall seien die einzigen ihm zugegangenen Mitteilungen die obengenannten Vermerke von Frau Filippone vom 28. Juli und 14. September 1989 gewesen; andere Informationen über die endgültige Entscheidung der Anstellungsbehörde habe er nicht erhalten. Unter Berücksichtigung des Wortlauts des erstgenannten Vermerks sowie des Umstands, daß keine spätere Entscheidung der Anstellungsbehörde zur Bestätigung oder Aufhebung der Schlußfolgerungen des BÄ ergangen sei, habe er seine Klage nur gegen diesen Vermerk richten können. In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger sein Vorbringen wie folgt ergänzt: Erstens ergebe sich aus Nr. 3.2 in Verbindung mit Nr. 3.3 der Entscheidung vom 19. Juli 1988, daß das Ermessen der Anstellungsbehörde bei der Wahl des Besoldungsgruppenniveaus für die zu besetzende Stelle eingeschränkt sei, da die Anstellungsbehörde durch die Stellungnahme des BÄ gebunden sei und die Ernennung insoweit nur eine Folgemaßnahme sei; zweitens stelle die Entscheidung des BÄ vom 20. Juli 1989 sehr wohl eine beschwerende Maßnahme dar, da es sich dabei um einen Rechtsakt handele, in dem ein klarer und endgültiger Wille zum Ausdruck komme; drittens sei das Verfahren zur Anhörung des BÄ nicht "transparent"; es werde auch im Leitfaden für die Beförderungen vom November 1988 nicht erwähnt.

25 Nr. 3.2 der insbesondere die Erweiterung der Befugnisse des BÄ betreffenden Entscheidung vom 19. Juli 1988 lautet wie folgt: "Der Beratende Ausschuß für Ernennungen gibt nach Anhörung des zuständigen Generaldirektors eine Stellungnahme ab über die Qualifikationen der Bewerber und ihre Eignung zur Wahrnehmung der Aufgaben des Leiters einer Verwaltungseinheit sowie über die mögliche Einstufung der zu besetzenden Stelle unter Berücksichtigung der besonderen Bedeutung der Einheit aufgrund ihres Aufgabenbereichs und/oder ihrer Grösse." Nr. 3.3 dieser Entscheidung bestimmt: "Auf der Grundlage der Stellungnahme des Beratenden Ausschusses für Ernennungen und des Vorschlags des zuständigen Generaldirektors trifft das für Personalangelegenheiten zuständige Kommissionsmitglied in Abstimmung mit dem für die betreffende Generaldirektion zuständigen Kommissionsmitglied im Namen der Kommission die Entscheidung über die Besetzung der fraglichen Stelle nach dem 'Sechs-Tage-Verfahren'."

26 Im Urteil vom 14. Juli 1976 hat der Gerichtshof folgendes ausgeführt: "Die in den Artikeln 90 und 91 des Statuts eröffneten Klagemöglichkeiten sollen sicherstellen, daß Handlungen..., die die im Statut geregelte Rechtsstellung der Beamten und Bediensteten der Gemeinschaft beeinträchtigen könnten, der Überprüfung durch den Gerichtshof unterliegen" (Rechtssache 129/75, Hirschberg/Kommission, Slg. 1976, 1259). In diesem Zusammenhang hat der Gerichtshof in seinem Beschluß vom 24. Mai 1988 (Santarelli/Kommission, a. a. O.) folgendes dargelegt: "Vorbereitende Maßnahmen sind... nicht im Klagewege anfechtbar... Der Kläger kann nur mit einer Klage, die gegen die dieses Verfahren abschließende Verfügung gerichtet ist, die Rechtswidrigkeit der dieser Verfügung vorausgehenden und mit ihr in einem engen Zusammenhang stehenden Maßnahmen geltend machen."

27 Im vorliegenden Fall ergibt sich bereits deutlich aus dem Wortlaut der angeführten Bestimmungen der Entscheidung der Kommission vom 19. Juli 1988, der - soweit es dessen überhaupt bedarf - durch den Wortlaut des Schreibens der Sekretärin des BÄ vom 28. Juli 1989 bestätigt wird, daß der BÄ sowohl bei der Bewertung der Fähigkeiten der Bewerber als auch bei den Fragen, die mit der Einstufung der zu besetzenden Stelle zusammenhängen, nur über eine blosse Beratungszuständigkeit verfügt. Daher stellt die Entscheidung des BÄ vom 20. Juli 1989 eine vorbereitende Maßnahme dar, die als solche die im Statut geregelte Rechtsstellung des Klägers nicht beeinträchtigen und ihn mithin auch nicht beschweren kann.

28 Es ist jedoch auch auf das Vorbringen des Klägers einzugehen, daß das Gericht deshalb, weil er keine ihn beschwerende Entscheidung erhalten habe, den Antrag auf Aufhebung der Entscheidung des BÄ als zulässig ansehen müsse, die die einzige ihm mitgeteilte Handlung sei.

29 Hierzu ist zunächst zu sagen, daß die Umstände der Mitteilung von Verwaltungsentscheidungen grundsätzlich nicht geeignet sind, deren Rechtmässigkeit zu beeinträchtigen. Daher ist festzustellen, daß selbst dann, wenn der Kläger, wie er behauptet, von keiner ihn beschwerenden Entscheidung Kenntnis hatte, ein solcher Umstand nicht geeignet wäre, eine Klage zulässig zu machen, mit der die Aufhebung einer rein beratenden Stellungnahme begehrt wird. Im übrigen brauchte der Kläger, selbst wenn man davon ausgeht, daß er, wie er behauptet, von der Entscheidung der Anstellungsbehörde über seine Bewerbung überhaupt nichts wusste, nur von dem im Statut hierfür vorgesehenen Verfahren nach Artikel 90 Absatz 1 Gebrauch zu machen, wonach der Beamte einen Antrag auf Erlaß einer ihn betreffenden Entscheidung an die Anstellungsbehörde richten kann. Dieses Recht nach dem Statut hat der Kläger aber nicht in Anspruch genommen.

30 Sodann ist festzustellen, daß der Kläger zwar kein Schreiben erhalten hat, das ihn persönlich von der Einweisung von Herrn Roberts in die streitige Planstelle in Kenntnis gesetzt hätte, da die Kommission zu einer solchen Mitteilung nicht verpflichtet war. Jedoch wird eine Versetzungs- oder Ernennungsentscheidung dieser Art grundsätzlich sowohl durch Anschlag als auch im Personalkurier bekanntgemacht, was die Beamten in die Lage versetzt, hiervon Kenntnis zu erhalten. Im vorliegenden Fall wird die Einweisung von Herrn Roberts in die Planstelle des Leiters der Abteilung 4 des Dienstes "Verbraucherpolitik" in der Nr. 31/89 der Verwaltungsmitteilungen Infor rapide vom 26. September 1989 mitgeteilt. Der Kläger hätte sich daher unter Aufwendung der gebotenen Sorgfalt und der üblichen Umsicht die Möglichkeit verschaffen müssen, Klage gegen diese Ernennungsentscheidung zu erheben, die ihn seiner Ansicht nach beschwert hat.

31 Der Gerichtshof hat zwar in seinem Urteil vom 24. Februar 1981 in den verbundenen Rechtssachen 161/80 und 162/80 (Carbognani und Coda Zabetta/Kommission, Slg. 1981, 543) ausgeführt, daß gegen die Zulässigkeit einer Klage, die sich gegen eine Mitteilung der Verwaltung richtet, nicht eingewendet werden kann, daß sie lediglich eine vorbereitende Maßnahme für eine der Anstellungsbehörde vorbehaltene spätere Entscheidung darstelle, wenn sie aufgrund ihres Wortlauts und der Rechtsstellung ihres Verfassers objektiv als endgültige Entscheidung der zuständigen Verwaltungsbehörde angesehen werden konnte; diese Lösung kann aber auf den vorliegenden Fall nicht übertragen werden. Denn der Wortlaut der Entscheidung des BÄ vom 28. Juli 1989 und die Rechtsstellung ihres Verfassers konnten keine Ungewißheit schaffen, so daß diese Entscheidung nicht als endgültige Entscheidung der zuständigen Verwaltungsbehörde angesehen werden konnte.

32 Infolgedessen ist der Klageantrag, mit dem die Aufhebung der Entscheidung des BÄ vom 20. Juli 1989 begehrt wird, als unzulässig abzuweisen, ohne daß über den zweiten, auf ein Fehlen des Rechtsschutzinteresses gestützten Unzulässigkeitsgrund entschieden zu werden braucht.

Zum Schadensersatzantrag

33 Der Kläger macht geltend, die Tatsache, daß seine vollständige Beurteilung in dem Beförderungsverfahren, an dem er teilgenommen habe, nicht vorgelegen habe, stelle "einen Amtsfehler dar, der geeignet ist,... den Ersatz des erlittenen immateriellen und materiellen Schadens zu rechtfertigen... Unter Berücksichtigung des dem vorliegenden Fall zugrunde liegenden Sachverhalts und der von der Kommission gegenüber dem Kläger begangenen Versäumnisse und zahlreichen schweren - zum Teil absichtlichen - Rechtsverstösse ist dem Kläger der Ersatz der erlittenen Schäden zuzusprechen, die nach billigem Ermessen auf 600 000 BFR zu bemessen sind".

Zum Schadensersatzantrag, soweit mit ihm Ersatz des materiellen Schadens begehrt wird

A - Zulässigkeit

34 Nach Ansicht der Beklagten ist der Antrag auf Ersatz des materiellen Schadens aus zwei Gründen unzulässig. Erstens habe der Kläger die endgültige Ernennungsentscheidung nicht angefochten; nach dem Urteil des Gerichtshofes vom 14. Februar 1989 in der Rechtssache 346/87 (Bossi/Kommission, a. a. O) könne aber "ein Beamter durch eine Schadensersatzklage nicht die Unzulässigkeit einer gegen dieselbe rechtswidrige Maßnahme gerichteten und auf die gleichen finanziellen Folgen abzielenden Klage umgehen"; hierzu führt die Beklagte auch das Urteil des Gerichtshofes vom 7. Oktober 1987 in der Rechtssache 401/85 (Schina/Kommission, Slg. 1987, 3911) an. Zweitens ziehe, wie der Gerichtshof in seinem Urteil vom 12. Dezember 1967 in der Rechtssache 4/67 (Collignon/Kommission, Slg. 1967, 487) ausgeführt habe, die Unzulässigkeit einer Nichtigkeitsklage die einer eng mit dieser verbundenen Schadensersatzklage nach sich.

35 Der Kläger hat sich zu dieser Einrede in seinen Schriftsätzen nicht ausdrücklich geäussert. In der mündlichen Verhandlung hat er jedoch ausgeführt, daß im vorliegenden Fall zwischen dem Aufhebungsantrag und dem Schadensersatzantrag eine "gewisse Unabhängigkeit" bestehe.

36 Zunächst ist auf die ständige Rechtsprechung des Gerichtshofes zum Grundsatz der Selbständigkeit der einzelnen Klagearten hinzuweisen, insbesondere auf das Urteil vom 22. Oktober 1975 in der Rechtssache 9/75 (Meyer-Burckhardt/Kommission, Slg. 1975, 1171), in dem er ausgeführt hat, daß es, da die Artikel 90 und 91 des Statuts zwischen Anfechtungsklage und Schadensersatzklage hinsichtlich des Verwaltungsvorverfahrens und des gerichtlichen Verfahrens nicht unterscheiden, dem Betroffenen wegen der Selbständigkeit der verschiedenen Klagearten freisteht, eine von beiden oder beide gemeinsam zu wählen; er muß jedoch innerhalb von drei Monaten nach der Ablehnung seiner Beschwerde den Gerichtshof anrufen.

37 Eine Ausnahme vom Grundsatz der Selbständigkeit der Klagearten gilt jedoch nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes für den Fall, daß zwischen der Schadensersatzklage und der - für unzulässig erklärten - Anfechtungsklage ein enger Zusammenhang besteht (Rechtssache 4/67, Collignon/Kommission, a. a. O.). Ausserdem hat der Gerichtshof in seinem Urteil vom 15. Dezember 1966 in der Rechtssache 59/65 (Schreckenberg/Kommission, Slg. 1966, 815) entschieden, daß eine Partei eine Schadensersatzklage erheben kann, ohne durch irgendeine Vorschrift gezwungen zu sein, die Aufhebung der rechtswidrigen Maßnahme zu betreiben, die den Schaden verursacht hat. Sie kann aber auf diesem Wege nicht die Unzulässigkeit einer gegen dieselbe rechtswidrige Maßnahme gerichteten und auf die gleichen finanziellen Folgen abzielenden Klage umgehen.

38 Eine Prüfung der einschlägigen Rechtsprechung des Gerichtshofes, insbesondere der Urteile, in denen er Schadensersatzanträge mit der Begründung für unzulässig erklärt hat, sie stuenden in engem Zusammenhang mit den - ihrerseits für unzulässig erklärten - Anfechtungsanträgen, ergibt, daß Schadensersatzanträge in den folgenden beiden Fällen unzulässig sind: wenn die Schadensersatzklage ausschließlich auf die Wiedergutmachung der Folgen der Handlung abzielt, auf die die - ihrerseits für unzulässig erklärte - Anfechtungsklage gerichtet war, und dann, wenn die Schadensersatzklage nur den "Gehaltsverlust" ausgleichen soll, der nicht eingetreten wäre, wenn die Anfechtungsklage erfolgreich gewesen wäre (siehe hierzu die Urteile vom 24. Juni 1971 in der Rechtssache 53/70, Vinck/Kommission, Slg. 1971, 601; vom 21. Februar 1974 in den verbundenen Rechtssachen 15/73 bis 33/73, 52/73, 53/73, 57/73 bis 109/73, 116/73, 117/73, 123/73, 132/73 und 135/73 bis 137/73, Kortner-Schots u. a./Rat, Kommission und Parlament, Slg. 1974, 177; vom 14. Juli 1976 in der Rechtssache 129/75, Hirschberg/Kommission, a. a. O.; vom 16. Juli 1981 in der Rechtssache 33/80, Albini/Rat und Kommission, Slg. 1981, 2141; vom 12. November 1981 in der Rechtssache 543/79, Birke/Kommission, Slg. 1981, 2669, und vom 14. Februar 1989 in der Rechtssache 346/87, Bossi/Kommission, a. a. O.). Wenn dagegen die beiden Klagen auf unterschiedliche Handlungen oder Verhaltensweisen der Verwaltung gestützt werden, kann die Schadensersatzklage nicht der Anfechtungsklage gleichgestellt werden, auch wenn beide Klageanträge für den Kläger zum gleichen finanziellen Ergebnis führen (Urteil vom 13. Juli 1972 in der Rechtssache 79/71, Heinemann/Kommission, Slg. 1972, 579).

39 Im vorliegenden Fall ist festzustellen, daß der Kläger in seiner Klageschrift sehr allgemein gehaltene Formulierungen gebraucht, wenn er sich auf die "von der Kommission ((ihm)) gegenüber... begangenen Versäumnisse und zahlreichen schweren - zum Teil absichtlichen - Rechtsverstösse" bezieht, und daß es ihm bei seinem Schadensersatzantrag nicht nur um die Wiedergutmachung der Folgen der angefochtenen Handlung, d. h. nach seiner Vorstellung der Zurückweisung seiner Bewerbung um die streitige Planstelle, geht. Im übrigen hat er auch den Ersatzbetrag für den von ihm behaupteten Schaden nicht nach den Bezuegen bemessen, die er erhalten hätte, wenn er in dem Einstellungsverfahren erfolgreich gewesen wäre, auf das sich der Anfechtungsantrag bezieht. Daraus ist herzuleiten, daß die Schadensersatzklage unter den Umständen des vorliegenden Falls nicht in engem Zusammenhang mit der Anfechtungsklage steht.

40 Infolgedessen ist der Schadensersatzantrag, soweit mit ihm der Ersatz des materiellen Schadens begehrt wird, als zulässig anzusehen.

B - Begründetheit

41 Der Kläger behauptet, einen durch die Rechtsverstösse im Verfahren verursachten materiellen Schaden erlitten zu haben. Denn seine Bewerbung sei nicht berücksichtigt worden, obwohl seine Qualifikationen der zu besetzenden Stelle entsprochen hätten, seine endgültige Beurteilung habe sich nicht in der dem BÄ vorgelegten Personalakte befunden, und sein Generaldirektor habe, wie er in der mündlichen Verhandlung dargelegt hat, vor dem BÄ eine Beurteilung über ihn abgegeben, ohne daß er deren Richtigkeit habe überprüfen und sich gegebenenfalls habe verteidigen können.

42 Die Beklagte macht geltend, der vom Kläger behauptete Schaden sei weder hinreichend unmittelbar noch hinreichend gewiß, um einen Ersatzanspruch zu begründen. Insoweit verweist sie auf die Schlussanträge des Generalanwalts Darmon in der Rechtssache 346/87 (Bossi/Kommission, a. a. O.). Der Kläger habe nämlich nicht dargetan, inwieweit die Unvollständigkeit seiner Beurteilung die beratende Stellungnahme des BÄ und die endgültige Entscheidung der Anstellungsbehörde habe beeinflussen können. In der mündlichen Verhandlung hat die Beklagte ausgeführt, die Anwesenheit des Generaldirektors bei der Beratung des BÄ habe die Unparteilichkeit der Stellungnahme dieses Ausschusses nicht in Frage stellen können und könne keinen Verfahrensfehler darstellen.

43 Es ist festzustellen, daß der Kläger in seinen Schriftsätzen keinen Umstand anführt, der die Feststellung und Charakterisierung irgendeines materiellen Schadens ermöglicht. Er veranschlagt nämlich seinen Anspruch auf Ersatz der ihm angeblich entstandenen Schäden nur pauschal, ohne anzugeben, welcher Teil jeweils auf den Ersatz der einzelnen Schäden entfallen soll. Überdies hat er nicht dargetan, inwieweit ihm die Verspätung bei der Erstellung seiner Beurteilung einen materiellen Schaden verursacht haben soll, hat seine Beurteilung dem BÄ doch in einem fast endgültigen Zustand vorgelegen. Schließlich kann der Kläger als Beamter in der letzten Dienstaltersstufe der Besoldungsgruppe A 4 ohnehin keinen materiellen Schaden aufgrund der Nichteinweisung in eine andere Planstelle der Besoldungsgruppe A 4 geltend machen.

44 Ohne daß geprüft zu werden braucht, ob ein Kausalzusammenhang zwischen etwaigen Rechtsverstössen der Verwaltung und dem behaupteten Schaden vorliegt, ist sonach festzustellen, daß der Kläger jedenfalls das Vorliegen irgendeines materiellen Schadens nicht hat nachweisen können. Daher ist sein Schadensersatzantrag, soweit mit ihm Ersatz des materiellen Schadens begehrt wird, abzuweisen.

Zum Schadensersatzantrag, soweit mit ihm Ersatz des immateriellen Schadens begehrt wird

45 Der Kläger behauptet, wegen der Verspätung bei der Erstellung seiner Beurteilung einen immateriellen Schaden erlitten zu haben, der gewiß sei. Er beruft sich auf das Urteil des Gerichtshofes vom 6. Februar 1986 in den verbundenen Rechtssachen 173/82, 157/83 und 186/84 (Castille/Kommission, Slg. 1986, 497), wonach die Verspätung bei der Abgabe der Beurteilungen für sich allein schon deshalb geeignet sei, dem Beamten zu schaden, weil der Ablauf seiner Laufbahn beeinträchtigt werden könne, wenn zu einem Zeitpunkt, zu dem Entscheidungen, die ihn angingen, getroffen werden müssten, eine solche Beurteilung fehle. Als zweiten Grund für seinen Antrag auf Ersatz des immateriellen Schadens führt er aus, die "Täuschungen" seiner Kollegen hätten ihn seelisch gekränkt und sein berechtigtes Vertrauen in eine Beförderung sei getäuscht worden.

46 Nach Ansicht der Beklagten hat der Kläger die Natur des behaupteten immateriellen Schadens nicht genau dargelegt; diese Voraussetzung müsse jedoch nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes (Urteile vom 14. Februar 1989 in der Rechtssache 346/87, Bossi/Kommission, a. a. O., und vom 9. Februar 1988 in der Rechtssache 1/87, Picciolo/Kommission, Slg. 1988, 711) erfuellt sein. Ausserdem habe er nicht bewiesen, inwiefern er die Aussicht gehabt habe, auf die fragliche Stelle eines Leiters einer Verwaltungseinheit versetzt oder zumindest in die Liste der vom BÄ vorgeschlagenen Beamten aufgenommen zu werden, wenn seine Personalakte die fragliche Beurteilung in ihrer endgültigen Fassung enthalten hätte.

47 Zunächst ist festzustellen, daß die "Täuschungen" durch Kollegen und Vorgesetzte sowie die "seelischen Kränkungen", die der Kläger anführt, nicht hinreichend substantiiert worden sind und daß der Kläger keinen gesicherten und genauen Anhaltspunkt für die Feststellung geliefert hat, inwiefern diese Verhaltensweisen der Verwaltung Rechtsverstösse darstellen, die geeignet gewesen wären, ihm einen immateriellen Schaden zu verursachen.

48 Was dagegen die Verspätung bei der Abfassung des Beurteilungsentwurfs angeht, so ist auf folgendes hinzuweisen: Erstens ist nach Artikel 43 Absatz 1 des Statuts "über Befähigung, Leistung und dienstliche Führung aller Beamten... regelmässig, mindestens aber alle zwei Jahre, unter den von den einzelnen Organen festgelegten Bedingungen (Artikel 110) eine Beurteilung" zu erstellen; zweitens hat nach Artikel 6 Absatz 1 des von der Kommission verwendeten Leitfadens für die Beurteilung (Durchführungsbestimmungen zu Artikel 43 des Statuts) "der Beurteilende... die Beurteilung ((zu erstellen)) und... sie dem Beurteilten bis spätestens zu dem auf den Beurteilungszeitraum folgenden 30. November ((mitzuteilen))"; drittens ist nach dem Urteil des Gerichtshofes vom 6. Februar 1986 in den verbundenen Rechtssachen 173/82, 157/83 und 186/84 (Castille/Kommission, a. a. O.) "die Verspätung bei der Abgabe der Beurteilungen... für sich allein schon deshalb geeignet, dem Beamten zu schaden, weil der Ablauf seiner Laufbahn beeinträchtigt werden kann, wenn zu einem Zeitpunkt, zu dem Entscheidungen, die ihn angehen, getroffen werden müssen, eine solche Beurteilung fehlt".

49 Wie das Gericht im Urteil vom 8. November 1990 in der Rechtssache T-73/89 (Barbi/Kommission, Slg. 1990, II-619) ausgeführt hat, erleidet nämlich "ein Beamter, dessen Personalakte nicht ordnungsgemäß und unvollständig ist, hierdurch einen immateriellen Schaden, der darauf beruht, daß er über seine berufliche Zukunft verunsichert und beunruhigt ist" (siehe hierzu die Urteile des Gerichtshofes vom 14. Juli 1977 in der Rechtssache 61/76, Geist/Kommission, Slg. 1977, 1419, und vom 15. März 1989 in der Rechtssache 140/87, Bevan/Kommission, Slg. 1989, 701). Dagegen hat der Beamte keinen Anspruch auf Ersatz des behaupteten immateriellen Schadens, wenn er selbst erheblich zu der von ihm beanstandeten Verspätung beigetragen hat oder wenn die Verwaltung eine angemessene Frist für die Mitteilung des ihn betreffenden Beurteilungsentwurfs nicht überschreitet; die Überschreitung einer solchen Frist ist nur bei Vorliegen besonderer Umstände zulässig (Urteil des Gerichtshofes vom 5. Mai 1983 in der Rechtssache 207/81, Ditterich/Kommission, Slg. 1983, 1359).

50 Im vorliegenden Fall erhielt der Kläger einen Beurteilungsentwurf für den Beurteilungszeitraum 1985-1987, der ihm spätestens am 30. November 1987 hätte vorgelegt werden müssen, erst am 27. April 1989. Somit beträgt die Verspätung der Kommission bei der Erstellung der vorläufigen Beurteilung nach Artikel 6 Absatz 1 des Leitfadens für die Beurteilung im vorliegenden Fall ein Jahr, vier Monate und 27 Tage. Die Kommission hat auch keinen besonderen Umstand angeführt, der diese Verspätung rechtfertigen könnte, zu der der Kläger in keiner Weise beigetragen hat. Vielmehr betrug die Verspätung bei der Erstellung der Beurteilung für den noch weiter zurückliegenden Beurteilungszeitraum 1981-1983 insoweit bereits mehr als drei Jahre, so daß die Verwaltung alles hätte daransetzen müssen, um diesen Zustand abzustellen.

51 Infolgedessen ist festzustellen, daß das Verhalten der Kommission einen Amtsfehler darstellt, der einen Anspruch des Klägers auf Ersatz des ihm entstandenen immateriellen Schadens begründet. Unter den Umständen des vorliegenden Falls hält das Gericht eine Entschädigung von 50 000 BFR für angemessen.

Kostenentscheidung:

Kosten

52 Nach Artikel 69 § 3 Absatz 1 der Verfahrensordnung des Gerichtshofes, die nach Artikel 11 Absatz 3 des Beschlusses des Rates vom 24. Oktober 1988 zur Errichtung eines Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften für das Gericht entsprechend gilt, kann das Gericht die Kosten ganz oder teilweise gegeneinander aufheben, wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt oder wenn ein aussergewöhnlicher Grund gegeben ist. Ferner kann das Gericht nach Artikel 69 § 3 Absatz 2 auch der obsiegenden Partei die Kosten auferlegen, die sie der Gegenpartei durch ihr eigenes Verhalten verursacht hat (Urteil des Gerichtshofes vom 30. Mai 1984 in der Rechtssache 111/83, Picciolo/Parlament, Slg. 1984, 2323).

53 Im vorliegenden Fall ist festzustellen, daß der Kläger zwar in mehreren Punkten seiner Klage unterlegen ist. Aus dem Vorstehenden ergibt sich jedoch insgesamt, daß die Einreichung der Klage weitgehend durch einen der Kommission zurechenbaren Amtsfehler verursacht wurde. Unter diesen Umständen sind der Kommission gemäß den vorgenannten Bestimmungen der Verfahrensordnung des Gerichtshofes sämtliche Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DAS GERICHT (Fünfte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1) Die Kommission wird verurteilt, an den Kläger 50 000 BFR als Schadensersatz zu zahlen.

2) Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

3) Die Kommission trägt sämtliche Kosten des Verfahrens.

Ende der Entscheidung

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