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Gericht: Europäisches Gericht
Urteil verkündet am 29.06.1995
Aktenzeichen: T-31/91
Rechtsgebiete: EWG-Vertrag


Vorschriften:

EWG-Vertrag Art. 85
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

1. Artikel 48 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichts sieht weder eine Frist noch eine besondere Form für das ° zulässige ° Vorbringen eines neuen Angriffsmittels vor. Insbesondere muß nach dieser Bestimmung das Vorbringen zur Vermeidung des Ausschlusses nicht unverzueglich oder innerhalb einer bestimmten Frist nach dem Zutagetreten der dort genannten rechtlichen oder tatsächlichen Gründe erfolgen. Das Vorbringen eines Angriffsmittels kann grundsätzlich nur dann ausgeschlossen werden, wenn der Ausschluß ausdrücklich und eindeutig geregelt ist, da er die Möglichkeit der betroffenen Partei einschränkt, alles vorzutragen, was erforderlich ist, um ihren Ansprüchen zum Erfolg zu verhelfen.

2. Die Feststellung der Rechtsakte gemäß Artikel 12 Absatz 1 der Geschäftsordnung der Kommission, die vor der Annahme der Rechtsakte durch das Kollegium der Kommissionsmitglieder und vor deren Zustellung oder Veröffentlichung erfolgen muß, soll die Rechtssicherheit gewährleisten, indem sie den vom Kollegium angenommenen Wortlaut in allen verbindlichen Sprachen feststellt. Damit kann im Streitfall die vollkommene Übereinstimmung der zugestellten oder veröffentlichten Texte mit dem angenommenen Text und damit zugleich mit dem Willen der sie erlassenden Stelle geprüft werden. Infolgedessen ist die Feststellung eine wesentliche Formvorschrift im Sinne des Artikels 173 EWG-Vertrag, und eine vor ihrer Feststellung zugestellte Entscheidung ist unabhängig davon, ob zwischen dem angenommenen und dem veröffentlichten oder zugestellten Text Abweichungen bestehen, mit einem wesentlichen Formfehler behaftet.

3. Nach Erhebung einer Klage gegen einen Rechtsakt, der aufgrund eines Verstosses gegen wesentliche Formvorschriften fehlerhaft ist, kann das Organ, das diesen Rechtsakt erlassen hat, diesen Fehler nicht durch eine einfache rückwirkende Berichtigung heilen, indem es z. B. einen vor seiner Feststellung zugestellten Rechtsakt feststellt.

Dies gilt vor allem dann, wenn dem Kläger durch die Entscheidung eine Geldbusse auferlegt worden ist, da durch eine Berichtigung nach Erhebung der Klage dem auf diesen Fehler gestützten Angriffsmittel die Grundlage entzogen würde. Eine solche Lösung verstieße gegen die Rechtssicherheit und die Interessen des einzelnen, der von einer Bußgeldentscheidung betroffen ist.


URTEIL DES GERICHTS ERSTER INSTANZ (ERSTE ERWEITERTE KAMMER) VOM 29. JUNI 1995. - SOLVAY SA GEGEN KOMMISSION DER EUROPAEISCHEN GEMEINSCHAFTEN. - WETTBEWERB - MARKTAUFTEILUNGSABSPRACHE - GESCHAEFTSORDNUNG DER KOMMISSION - FESTSTELLUNG EINER VOM KOLLEGIUM DER KOMMISSIONSMITGLIEDER ANGENOMMENEN ENTSCHEIDUNG. - RECHTSSACHE T-31/91.

Tenor:

für Recht erkannt und entschieden:

1) Die Entscheidung 91/298/EWG der Kommission vom 19. Dezember 1990 in einem Verfahren nach Artikel 85 EWG-Vertrag (IV/33.133-B: Soda ° Solvay, CFK) wird für nichtig erklärt.

2) Die Kommission trägt die Kosten des Verfahrens.

Ende der Entscheidung

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