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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäisches Gericht
Urteil verkündet am 14.07.2005
Aktenzeichen: T-312/03
Rechtsgebiete: Verordnung (EG) Nr. 40/94 vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke in ihrer geänderten Fassung


Vorschriften:

Verordnung (EG) Nr. 40/94 vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke in ihrer geänderten Fassung Art. 8 Abs. 1 Buchst. b
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

URTEIL DES GERICHTS (Dritte Kammer)

14. Juli 2005(*)

"Gemeinschaftsmarke - Widerspruchsverfahren - Ältere nationale Bildmarke mit dem Wortbestandteil 'Selenium Spezial A-C-E' - Anmeldung der Gemeinschaftswortmarke SELENIUM-ACE - Relatives Eintragungshindernis - Verwechslungsgefahr - Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung (EG) Nr. 40/94"

Parteien:

In der Rechtssache T-312/03

Wassen International Ltd mit Sitz in Leatherhead (Vereinigtes Königreich), Prozessbevollmächtigte: M. Edenborough, Barrister, und S. Mayer, Solicitor,

Klägerin,

gegen

Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM), vertreten durch S. Laitinen und M. Capostagno als Bevollmächtigte,

Beklagter,

andere Beteiligte am Verfahren vor der Beschwerdekammer des HABM:

Stroschein Gesundkost GmbH mit Sitz in Hamburg (Deutschland),

betreffend eine Klage gegen die Entscheidung der Vierten Beschwerdekammer des HABM vom 18. Juni 2003 (Sache R 121/2002-4) in einem Widerspruchsverfahren zwischen der Wassen International Ltd und der Stroschein Gesundkost GmbH

erlässt

DAS GERICHT ERSTER INSTANZ

DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten M. Jaeger sowie der Richterin V. Tiili und des Richters O. Czúcz,

Kanzler: B. Pastor, Hilfskanzlerin,

aufgrund der am 12. September 2003 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klageschrift,

aufgrund der am 18. Dezember 2003 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung,

auf die mündliche Verhandlung vom 14. März 2005

folgendes

Urteil

Entscheidungsgründe:

Vorgeschichte des Rechtsstreits

1 Die Wassen International Ltd meldete am 16. Februar 1999 gemäß der Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. 1994, L 11, S. 1) in ihrer geänderten Fassung beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM) eine Gemeinschaftsmarke an.

2 Bei der angemeldeten Marke handelt es sich um das Wortzeichen SELENIUM-ACE.

3 Die Waren und Dienstleistungen, für die die Eintragung der Marke beantragt wurde, gehören zu den Klassen 3 ("Kosmetika; Gesichtscreme; Seifen; Cremes und Lotionen gegen den Alterungsprozess"), 5 ("Nahrungsergänzungsstoffe; Vitamine und Mineralien") und 42 ("Schönheitsbehandlung und -salons") im Sinne des Abkommens von Nizza vom 15. Juni 1957 über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken in seiner revidierten und geänderten Fassung.

4 Die Anmeldung wurde im Blatt für Gemeinschaftsmarken Nr. 81/99 vom 11. Oktober 1999 veröffentlicht.

5 Am 16. Dezember 1999 legte die Stroschein Gesundkost GmbH (nachstehend: Widersprechende) nach Artikel 42 der Verordnung Nr. 40/94 gegen die Eintragung der angemeldeten Marke Widerspruch ein, der auf die deutsche Eintragung Nr. 39 519 649 vom 27. September 1995 der folgenden Bildmarke gestützt war:

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6 Diese Marke ist für folgende Waren der Klasse 5 und der Klasse 30 eingetragen:

"Nichtmedizinische und nichtpharmazeutische Präparate auf der Basis von Stärke, Calziumsalzen, Magnesiumstearat und Hefe, oder Kombinationen daraus, als Nahrungsergänzung".

7 Der Widerspruch war auf alle von der älteren Marke erfassten Waren gestützt und gegen die Waren der Klassen 3 und 5 gerichtet, für die die Gemeinschaftsmarke angemeldet worden war. Als Grund für den Widerspruch wurde Verwechslungsgefahr im Sinne von Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung Nr. 40/94 geltend gemacht.

8 Mit Entscheidung vom 30. November 2001 gab die Widerspruchsabteilung dem Widerspruch statt und lehnte folglich die Eintragung der angemeldeten Marke ab. Sie war im Wesentlichen der Auffassung, dass die streitigen Marken sehr ähnlich aussähen und ähnlich oder gar gleich klängen. Da die von der Gemeinschaftsmarkenanmeldung und die von der älteren Marke erfassten Waren der Klasse 5 identisch seien und zwischen den von ihnen erfassten Waren der Klasse 3 bestimmte Ähnlichkeiten bestünden, sei Verwechslungsgefahr gegeben.

9 Am 30. Januar 2002 legte die Klägerin beim HABM gegen diese Entscheidung der Widerspruchsabteilung Beschwerde ein.

10 Mit Entscheidung vom 18. Juni 2003 (nachstehend: angefochtene Entscheidung) wies die Vierte Beschwerdekammer die Beschwerde zurück. Sie war im Wesentlichen der Auffassung, dass die Wortelemente die dominierenden Bestandteile der älteren Marke seien und insbesondere der Ausdruck "Selenium" das kennzeichnungskräftigste Element sei, dass die Trennung der Buchstaben "a", "c" und "e" durch Bindestriche ihre Wahrnehmung nicht beeinträchtige und dass der Ausdruck "Spezial" von den Verbrauchern als Hinweis auf eine besondere Produktlinie aufgefasst werde. Sie befand, die Widerspruchsabteilung habe zutreffend angenommen, dass die Zeichen ähnlich und die Waren identisch oder ähnlich seien, und sei zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass für alle erfassten Waren Verwechslungsgefahr bestehe.

Anträge der Parteien

11 Die Klägerin beantragt,

- der Klage stattzugeben;

- die Anmeldung der Gemeinschaftsmarke an das HABM zurückzuverweisen, um ihre Eintragung zu ermöglichen;

- die Entscheidung der Widerspruchsabteilung aufzuheben;

- die angefochtene Entscheidung aufzuheben;

- der Widersprechenden die der Klägerin im Verfahren vor dem Gericht, im Verfahren vor der Beschwerdekammer und im Verfahren vor der Widerspruchskammer entstandenen Kosten aufzuerlegen.

12 Das HABM beantragt,

- die Klage abzuweisen;

- der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

Zur Zulässigkeit des Antrags auf Rückverweisung der Sache an das HABM, um die Eintragung zu ermöglichen

13 Die Klägerin beantragt, die Sache an das HABM zurückzuverweisen und ihm die Anordnung zu erteilen, die streitige Gemeinschaftsmarke einzutragen.

14 Nach Artikel 63 Absatz 6 der Verordnung Nr. 40/94 hat das HABM die Maßnahmen zu ergreifen, die sich aus dem Urteil des Gemeinschaftsrichters ergeben. Das Gericht kann somit dem HABM keine Anordnung erteilen. Dieses hat nämlich die Konsequenzen aus dem Tenor und den Gründen des vorliegenden Urteils zu ziehen (Urteil vom 27. Februar 2002 in der Rechtssache T-106/00, Streamserve/HABM [STREAMSERVE], Slg. 2002, II-723, Randnr. 18). Der Antrag der Klägerin ist daher unzulässig.

Zur Begründetheit

15 Die Klägerin macht als einzigen Klagegrund einen Verstoß gegen Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung Nr. 40/94 geltend.

Vorbringen der Parteien

16 Die Klägerin trägt vor, sowohl der Widerspruchsabteilung als auch der Beschwerdekammer seien bei der Beurteilung der beiden streitigen Marken Fehler unterlaufen. Die ältere Marke und die Gemeinschaftsmarke seien umfassend zu beurteilen, wobei die Marken in ihrer Gesamtheit einschließlich ihrer etwaigen Bildelemente zu betrachten seien. Die Untersuchung dürfe nicht auf bestimmte Markenelemente beschränkt werden, vor allem, wenn keine Beweise beigebracht worden seien, dass das angesprochene Publikum auf bestimmte Elemente abstelle und dass die in Rede stehenden Marken aus bestimmten Elementen zusammengesetzt seien, die für sich allein nur wenig Kennzeichnungskraft hätten, so dass sich die Kennzeichnungskraft der Marken nur aus ihrer umfassenden Beurteilung ergeben könne.

17 Es sei ein Fehler, die Wirkungen des Ausdrucks "Spezial", die Bindestriche zwischen den Buchstaben "a", "c" und "e" und das Bildelement der älteren Marke außer Acht zu lassen, denn selbst wenn jedes dieser Elemente für sich allein betrachtet möglicherweise nur eine geringe Wirkung habe, sei ihre Wirkung insgesamt im Rahmen einer umfassenden Beurteilung nicht vernachlässigbar.

18 Die Beschwerdekammer habe den Ausdruck "Selenium" zu Unrecht als das Element der älteren Marke mit der stärksten Kennzeichnungskraft angesehen. Sowohl die Widerspruchsabteilung als auch die Beschwerdekammer hätten den Umstand außer Acht gelassen oder nicht ausreichend berücksichtigt, dass die fraglichen Waren nicht einfach bei Gelegenheit gekauft würden, sondern erst nach einer sorgfältigen Prüfung der Zutaten, aus denen die verschiedenen Waren, die mit den in Rede stehenden Marken versehen seien, bestünden. Im Übrigen interessiere sich das durch diese Waren angesprochene Publikum nur für Produkte, die Selen enthielten, und achte nicht darauf oder wisse nicht einmal, dass der Ausdruck "Selenium" der Name des gewünschten Produkts in einer anderen Sprache oder sein wissenschaftlicher Name sein könne. Daher könne der Ausdruck "Selenium" vom angesprochenen Publikum nicht als "hinreichend kennzeichnungskräftig" angesehen werden.

19 Ohne Abstände oder Bindestriche zwischen den Buchstaben "a", "c" und "e" sei es natürlich, dass der Verbraucher sie als ein Wort ausspreche, selbst wenn der so gebildete Ausdruck der Muttersprache des Verbrauchers fremd sei. Folglich bestehe die ältere Marke aus der Buchstabengruppe "ace", bei der jeder Buchstabe getrennt ausgesprochen werde, während die angemeldete Marke den als ein Wort ausgesprochenen Ausdruck "ace" enthalte.

20 Die kollidierenden Marken seien daher auf folgende Weise miteinander zu vergleichen: SELENIUM-ACE für die angemeldete Marke und der Wortbestandteil "Selenium Spezial A-C-E" verbunden mit einem Bildelement für die ältere Marke. Auch wenn ihre Kennzeichnungskraft nur schwach sein sollte, wären der Ausdruck "Spezial" und das Bildelement zu berücksichtigen. Überdies habe für einen Verbraucher, der ein selenhaltiges Produkt kaufen wolle, auch der Ausdruck "Selenium" schwache Kennzeichnungskraft. Zum Ausdruck "ace" und zur Buchstabengruppe "ace" mit den trennenden Bindestrichen meint die Klägerin, der erste sei ein Phantasieausdruck, der für den deutschen Durchschnittsverbraucher wahrscheinlich nichts bedeute, und die zweite bestehe eindeutig nur aus Buchstaben des Alphabets.

21 Die Klägerin folgert daraus, dass sich die Wortbestandteile der streitigen Marken klanglich unterschieden, da die angemeldete Marke einen durch einen Bindestrich getrennten Ausdruck umfasse, und die ältere Marke aus zwei Ausdrücken und drei getrennten Buchstaben bestehe. Die Marken unterschieden sich auch in bildlicher Hinsicht, da die ältere Marke statt des Ausdrucks "ace", der zu einer fremden Sprache gehöre oder ein Phantasieausdruck sei, ein Bildelement und getrennte Buchstaben aufweise. Begrifflich bedeute die angemeldete Marke nichts anderes als der Ausdruck "Selenium", also die von den angesprochenen Verkehrskreisen gewünschte Zutat, während die ältere Marke eine zusätzliche Bedeutung habe, nämlich die der Buchstabengruppe "ace".

22 Die Klägerin weist darauf hin, dass das Deutsche Patent- und Markenamt in seiner Entscheidung vom 21. August 2002 zum selben Ergebnis gelangt sei. Die Widerspruchsabteilung und die Beschwerdekammer hätten dieser Entscheidung, nach der die Marken selbst bei identischen Waren unterscheidbar seien, folgen müssen.

23 Schließlich trägt die Klägerin vor, die Widerspruchsabteilung und die Beschwerdekammer hätten ihr zu Unrecht die Beweislast für das Fehlen einer Verwechslungsgefahr aufgebürdet. Die Behauptungs- und die Beweislast für das Bestehen einer solchen Gefahr liege bei der Widersprechenden. Diese habe in der vorliegenden Rechtssache nichts vorgetragen, was ihre Behauptung, dass auf dem deutschen Markt tatsächlich Verwechslungsgefahr bestehe, stützen könne. Folglich hätte die Frage bei offener Beweislage im Wege eines hypothetischen Vergleichs zwischen den einander gegenüberstehenden Marken gelöst werden müssen.

24 Das HABM trägt vor, die Beschwerdekammer habe zu Recht das Bestehen von Verwechslungsgefahr bejaht, weil die beiden Zeichen bei umfassender Beurteilung ähnlich und die erfassten Waren identisch oder ähnlich seien.

Würdigung durch das Gericht

25 Nach Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung Nr. 40/94 ist auf Widerspruch des Inhabers einer älteren Marke die angemeldete Marke von der Eintragung ausgeschlossen, wenn wegen ihrer Identität oder Ähnlichkeit mit der älteren Marke und der Identität oder Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen in dem Gebiet besteht, in dem die ältere Marke Schutz genießt. Ältere Marken sind nach Artikel 8 Absatz 2 Buchstabe a Ziffer ii der Verordnung Nr. 40/94 die in einem Mitgliedstaat eingetragenen Marken mit einem früheren Anmeldetag als dem Tag der Anmeldung der Gemeinschaftsmarke.

26 Nach ständiger Rechtsprechung liegt Verwechslungsgefahr dann vor, wenn das Publikum glauben könnte, dass die betreffenden Waren oder Dienstleistungen aus demselben Unternehmen oder gegebenenfalls aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen.

27 Nach dieser Rechtsprechung ist das Vorliegen von Verwechslungsgefahr umfassend zu beurteilen, und zwar entsprechend der Wahrnehmung der betreffenden Zeichen und der betreffenden Waren oder Dienstleistungen durch das maßgebliche Publikum sowie unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Wechselbeziehung zwischen Zeichenähnlichkeit und Produktähnlichkeit (vgl. Urteil des Gerichts vom 9. Juli 2003 in der Rechtssache T-162/01, Laboratorios RTB/HABM - Giorgio Beverly Hills [GIORGIO BEVERLY HILLS], Slg. 2003, II-2821, Randnrn. 31 bis 33 und die dort zitierte Rechtsprechung).

28 Im vorliegenden Fall ist die ältere Marke, auf die der Widerspruch gestützt wurde, in Deutschland eingetragen. Bei den erfassten Waren handelt es sich um gängige Verbrauchswaren. Das angesprochene Publikum, auf das bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr abzustellen ist, sind daher die Durchschnittsverbraucher in Deutschland.

29 Auch wenn Artikel 8 der Verordnung Nr. 40/94 keine Bestimmung enthält, der mit Artikel 7 Absatz 2 - der eine Marke schon dann von der Eintragung ausschließt, wenn ein absolutes Eintragungshindernis nur in einem Teil der Gemeinschaft vorliegt - vergleichbar ist, muss das Gleiche auch im vorliegenden Fall gelten. Die Eintragung ist somit auch dann ausgeschlossen, wenn das relative Eintragungshindernis nur in einem Teil der Gemeinschaft vorliegt (vgl. Urteil des Gerichts vom 3. März 2004 in der Rechtssache T-355/02, Mühlens/HABM - Zirh International [ZIRH], Slg. 2004, II-0000, Randnr. 36).

30 Im Licht dieser Erwägungen ist der Vergleich, den die Beschwerdekammer hinsichtlich der betroffenen Waren und hinsichtlich der einander gegenüberstehenden Zeichen angestellt hat, zu prüfen.

Zum Vergleich der Waren

31 Zunächst ist festzustellen, dass die Klägerin zur Beurteilung der Beschwerdekammer in diesem Punkt nichts vorträgt. Im Übrigen hat sie in der Sitzung auf Frage des Gerichts klargestellt, dass sie keinen Antrag auf Einschränkung ihrer Markenanmeldung gestellt hat. Sodann ist daran zu erinnern, dass der Widerspruch auf alle Waren gestützt war, für die die ältere Marke eingetragen war, und dass er gegen die in der Markenanmeldung beanspruchten Waren der Klassen 3 und 5 gerichtet war. Die Beschwerdekammer befand, dass die von der angemeldeten Marke erfassten Waren mit den durch die ältere Marke gekennzeichneten Waren teilweise identisch und diesen teilweise ähnlich seien. Unter diesen Umständen ist im Ergebnis festzustellen, dass die in der Markenanmeldung beanspruchten Waren mit den durch die älteren Marke gekennzeichneten Waren teilweise identisch und diesen teilweise ähnlich sind.

Zum Vergleich der Zeichen

32 Nach ständiger Rechtsprechung ist bei der umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr hinsichtlich der Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Marken in Bild, Klang oder Bedeutung auf den Gesamteindruck abzustellen, den die Zeichen hervorrufen, wobei insbesondere die unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind (vgl. Urteil des Gerichts vom 14. Oktober 2003 in der Rechtssache T-292/01, Phillips-Van Heusen/HABM - Pash Textilvertrieb und Einzelhandel [BASS], Slg. 2003, II-4335, Randnr. 47 und die dort zitierte Rechtsprechung).

33 Zur Behauptung der Klägerin, die in Rede stehenden Marken seien von der Beschwerdekammer nicht umfassend beurteilt worden, ist festzustellen, dass die Beschwerdekammer jedes spezifische Element der streitigen Zeichen untersucht und bewertet und die Ergebnisse gestützt auf eine Zusammenfassung aller dieser Daten mittels einer umfassenden Beurteilung zutreffend ausgelegt hat.

34 Erstens hat die Beschwerdekammer insoweit, anders als von der Klägerin behauptet, weder die Wirkungen des Ausdrucks "Spezial" noch die Trennung der Buchstaben "a", "c" und "e" durch Bindestriche, noch das Bildelement der älteren Marke außer Acht gelassen.

35 Es ist nämlich zunächst festzustellen, dass die Beschwerdekammer zu Recht angenommen hat, dass der Ausdruck "Spezial" dem deutschen Adjektiv mit eben dieser Bedeutung entspricht und von den Verbrauchern im Referenzgebiet als Hinweis auf eine besondere Produktlinie aufgefasst werden kann.

36 Sodann hat die Beschwerdekammer auch den Einfluss der Buchstabengruppe "ace" geprüft. Sie hielt es für wahrscheinlich, dass das angesprochene Publikum diese Buchstaben als Hinweis auf weitere gewöhnlich in Nahrungsergänzungspräparaten enthaltene Stoffe, wie z. B. Vitamine, auffasse. Es mache im Übrigen im Ergebnis keinen Unterschied, ob diese Buchstaben mit oder ohne Bindestrich abgebildet seien, da unter den Umständen des vorliegenden Falles ein Fehlen der Bindestriche nicht geeignet sei, die Wahrnehmung, die der Verbraucher etwa von diesen Buchstaben bei gleicher Reihenfolge hätte, wesentlich zu verändern.

37 Was schließlich das Bildelement angeht, hat die Beschwerdekammer in der angefochtenen Entscheidung ausgeführt, dass bei Marken, die aus Wort- und Bildelementen bestehen, grundsätzlich davon auszugehen sei, dass die Kennzeichnungskraft der Wortelemente die der Bildelemente übertreffe, weil ein Durchschnittsverbraucher zur Bezugnahme auf die fragliche Ware eher den Namen der Marke nennen werde, als ihr Bildelement zu beschreiben. Zu Recht hat die Beschwerdekammer die Anwendbarkeit dieser allgemeinen Erwägung im vorliegenden Fall für sachgerecht gehalten. Nach ihrer Auffassung ist es sachgerecht, anzunehmen, dass der Durchschnittsverbraucher das Wortelement als die Marke und das Bildelement als Dekoration wahrnehmen werde. Außerdem befindet sich die Dekoration unterhalb der Wortelemente, ist also weniger sichtbar.

38 Folglich ist das Vorbringen der Klägerin, die Beschwerdekammer habe die anderen Elemente neben dem Ausdruck "Selenium" nicht berücksichtigt, zurückzuweisen.

39 Zweitens hat die Beschwerdekammer in der angefochtenen Entscheidung zu Recht angenommen, dass der Ausdruck "Selenium" das dominierende Element der älteren Marke sei.

40 Die Beschwerdekammer war nämlich, da die ältere Marke aus Wortelementen (den Ausdrücken "Selenium", "Spezial" und der Buchstabengruppe "ace") und einem Bildelement zusammengesetzt ist, zu Recht der Auffassung, dass der Wortbestandteil kennzeichnungskräftiger sei als der Bildbestandteil. Hinzu kommt, dass der Ausdruck "Selenium" die englische Bezeichnung für ein chemisches Element ist, der im Deutschen das Wort "Selen" entspricht. Hierzu ist festzustellen, dass diesem Ausdruck, sofern die Referenzverbraucher nicht in der Lage sind, zu erkennen, dass er eine Zutat der Ware bezeichnet, die sie kaufen möchten, besondere Kennzeichnungskraft zukommt, da er als Name der Ware und nicht als ihren Inhalt beschreibende Angabe aufgefasst wird. Im Übrigen spielt der Ausdruck "Selenium" auch in dem Fall, dass, wie die Beschwerdekammer ausführt, die Verbraucher dieses Element als Zutat der unter der älteren Marke vertriebenen Waren erkennen sollten, aufgrund seiner Stellung in der älteren Marke im Vergleich mit den anderen Elementen des älteren Zeichens eine herausragende Rolle, wenn die maßgeblichen Verkehrskreise das Zeichen erkennen und sich daran erinnern.

41 Der Ausdruck "Selenium" spielt nämlich bei der bildlichen und klanglichen Beurteilung der älteren Marke insofern eine wichtige Rolle, als er die Kopfstellung einnimmt, d. h. an der sichtbarsten Stelle steht. Er wird deshalb zuerst wahrgenommen. Ferner ist daran zu erinnern, dass der Ausdruck "Spezial" im Deutschen eben diese Bedeutung hat. Die Beschwerdekammer hat daher zu Recht angenommen, dass die angesprochenen Verkehrskreise ihn lediglich als beschreibende Anpreisung auffassten. Schließlich kann die Verbindung der Buchstaben "ace" von den Verbrauchern als Bezugnahme auf bestimmte, gewöhnlich in Nahrungsergänzungspräparaten enthaltene Stoffe, wie z. B. Vitamine, aufgefasst werden.

42 Folglich ist das Vorbringen der Klägerin, die Beschwerdekammer habe den Ausdruck "Selenium" fehlerhaft als das kennzeichnungskräftigste Element der älteren Marke angesehen, zurückzuweisen.

43 Drittens hat die Beschwerdekammer die umfassende Beurteilung auf eine Zusammenfassung aller Daten gestützt, die sich aus ihren Bewertungen ergaben. Sie konnte damit zutreffend berücksichtigen, dass zwischen den beiden Zeichen eine große Ähnlichkeit bestand, da der Wortbestandteil des älteren Zeichens im angemeldeten Zeichen beinahe vollständig enthalten ist.

44 Die Beschwerdekammer ist nämlich zu Recht davon ausgegangen, dass die einander gegenüberstehenden Zeichen insgesamt betrachtet ähnlich sind, da die Ähnlichkeiten gegenüber den Unterschieden überwiegen. Es ist festzustellen, dass das ältere Zeichen in der angemeldeten Gemeinschaftsmarke nahezu identisch enthalten ist, da sich die beiden Zeichen nur in den am wenigsten kennzeichnungskräftigen Elementen der älteren Marke unterscheiden, nämlich dem Ausdruck "Spezial", dem Bildelement und den beiden Bindestrichen zwischen den drei Buchstaben "a", "c" und "e", deren Reihenfolge in dem angemeldeten Zeichen jedoch die Gleiche ist. Im Übrigen kann der Anmelder die angemeldete Marke, da es sich um eine Wortmarke handelt, mit jeglichem Schrifttyp, auch dem der älteren Marke, verwenden. Die streitigen Zeichen erwecken somit in Bild, Klang und Bedeutung einen ähnlichen Gesamteindruck.

45 Folglich ist das Vorbringen, die Beschwerdekammer habe die streitigen Marken nicht umfassend beurteilt, ebenfalls zurückzuweisen.

46 Zum Vorbringen der Klägerin, die Beschwerdekammer habe die Entscheidung des Deutschen Patent- und Markenamts, die dieselben Marken und dieselben Waren betroffen habe, nicht berücksichtigt, obwohl die Bundesrepublik Deutschland das von dem Widerspruch betroffene Land sei, genügt der Hinweis, dass die Gemeinschaftsregelung für Marken nach der Rechtsprechung ein autonomes System ist, das aus einer Gesamtheit von ihm eigenen Zielsetzungen und Vorschriften besteht und dessen Anwendung von jedem nationalen System unabhängig ist (Urteil des Gerichts vom 5. Dezember 2000 in der Rechtssache T-32/00, Messe München/HABM [electronica], Slg. 2000, II-3829, Randnr. 47). Folglich wird die Beschwerdekammer, auch wenn sie Entscheidungen nationaler Stellen berücksichtigen kann, durch diese Befugnis nicht etwa von ihrer Verpflichtung entbunden, selbst eine Beurteilung auf der Grundlage der einschlägigen Gemeinschaftsregelung vorzunehmen. Daher sind das HABM und gegebenenfalls der Gemeinschaftsrichter nicht durch eine auf der Ebene eines Mitgliedstaats ergangene Entscheidung gebunden. Das Vorbringen der Klägerin hat daher keinen Erfolg.

47 Zum Vorbringen der Klägerin, die Beschwerdekammer habe ihr zu Unrecht die Beweislast für das Fehlen einer Verwechslungsgefahr aufgebürdet, ist daran zu erinnern, dass das HABM nach Artikel 74 Absatz 1 der Verordnung Nr. 40/94, soweit es sich um Verfahren bezüglich relativer Eintragungshindernisse handelt, bei der Ermittlung des Sachverhalts auf das Vorbringen und die Anträge der Beteiligten beschränkt ist. Aus dieser Bestimmung ergibt sich, dass die Widersprechende und die Klägerin dem HABM für ihre Anträge Gründe vortragen müssen. Insoweit geht aus der Entscheidung der Widerspruchsabteilung hervor, dass die Widersprechende geltend gemacht hat, zwischen den streitigen Marken bestehe Verwechslungsgefahr, weil ihre kennzeichnungskräftigen Elemente identisch seien und weil die von der angemeldeten und die von der älteren Marke erfassten Waren der Klasse 5 und 3 identisch oder ähnlich seien. Demnach hat die Widersprechende für ihren Widerspruch einen Grund - das Bestehen von Verwechslungsgefahr - vorgetragen, den sie auf mehrere Argumente gestützt hat; diese hat das HABM im Übrigen berücksichtigt, es hat sich also nicht nur auf den Vortrag der Klägerin gestützt. Folglich ist das Vorbringen der Klägerin zurückzuweisen.

48 Nach alledem ist festzustellen, dass die Beschwerdekammer keinen Beurteilungsfehler begangen hat, indem sie eine Verwechslungsgefahr im Sinne von Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung Nr. 40/94 bejahte, weil die streitigen Zeichen bei umfassender Beurteilung ähnlich und die von den betreffenden Marken erfassten Waren identisch oder ähnlich seien. Insoweit ist daran zu erinnern, dass ein geringer Grad der Ähnlichkeit zwischen den Marken durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit zwischen den von ihnen erfassten Waren oder Dienstleistungen ausgeglichen werden kann und umgekehrt (vgl. entsprechend Urteil des Gerichtshofes vom 22. Juni 1999 in der Rechtssache C-342/97, Lloyd Schuhfabrik Meyer, Slg. 1999, I-3819, Randnr. 19). Im vorliegenden Fall sind die Waren teils identisch und teils ähnlich. Aus dieser Identität und dieser Ähnlichkeit ergibt sich, dass die Unterschiede zwischen den fraglichen Zeichen bei der umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr weniger ins Gewicht fallen.

49 Daher ist der einzige von der Klägerin geltend gemachte Klagegrund zurückzuweisen und damit die Klage insgesamt abzuweisen, ohne dass über die Zulässigkeit des Antrags der Klägerin auf Aufhebung der Entscheidung der Widerspruchsabteilung zu entscheiden wäre.

Kostenentscheidung:

Kosten

50 Nach Artikel 87 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerin mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, sind ihr entsprechend dem Antrag des HABM dessen Kosten aufzuerlegen.

Tenor:

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Dritte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 14. Juli 2005.

Ende der Entscheidung

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