Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäisches Gericht
Beschluss verkündet am 07.07.2006
Aktenzeichen: T-319/05
Rechtsgebiete: Entscheidung 2004/12/EG, Verordnung (EWG) Nr. 2408/92


Vorschriften:

Entscheidung 2004/12/EG
Verordnung (EWG) Nr. 2408/92
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Quelle: Gericht Erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

BESCHLUSS DES GERICHTS (Erste Kammer)

7. Juli 2006

"Streithilfe - Auswärtige Beziehungen - Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über den Luftverkehr - Nichtigkeitsklage eines Drittstaats"

Parteien:

In der Rechtssache T-319/05

Schweizerische Eidgenossenschaft, vertreten durch die Rechtsanwälte S. Hirsbrunner und U. Soltész,

Klägerin,

gegen

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch F. Benyon, M. Huttunen und M. Niejahr als Bevollmächtigte,

Beklagte,

unterstützt durch

Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch C.-D. Quassowski und A. Tiemann als Bevollmächtigte im dBeistand von Rechtsanwalt T. Masing,

Streithelferin,

betreffend eine Klage auf Nichtigerklärung der Entscheidung 2004/12/EG der Kommission vom 5. Dezember 2003 zu einem Verfahren bezüglich der Anwendung von Artikel 18 (2), erster Satz, des Abkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über den Luftverkehr und der Verordnung (EWG) Nr. 2408/92 des Rates (Sache TREN/AMA/11/03 - Deutsche Maßnahmen bezüglich An-/Abflügen zum/vom Flughafen Zürich) (ABl. 2004, L 4, S. 13) nach Artikel 230 EG in Verbindung mit Artikel 20 des Abkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über den Luftverkehr

erlässt

DAS GERICHT ERSTER INSTANZ DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN (Erste Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten R. García-Valdecasas sowie des Richters J. D. Cooke und der Richterin V. Trstenjak,

Kanzler: E. Coulon,

folgenden

Beschluss

Entscheidungsgründe:

Rechtlicher Rahmen

1 Artikel 40 Absätze 1 und 2 der Satzung des Gerichtshofes, der nach Artikel 53 Absatz 1 der Satzung auch auf das Verfahren vor dem Gericht anwendbar ist, lautet:

"Die Mitgliedstaaten und die Gemeinschaftsorgane können einem bei dem Gerichtshof anhängigen Rechtsstreit beitreten.

Dasselbe gilt für alle anderen Personen, die ein berechtigtes Interesse am Ausgang eines bei dem Gerichtshof anhängigen Rechtsstreits glaubhaft machen; ausgenommen davon sind Rechtsstreitigkeiten zwischen Mitgliedstaaten, zwischen Gemeinschaftsorganen oder zwischen Mitgliedstaaten und Gemeinschaftsorganen."

Verfahren vor dem Gerichtshof und dem Gericht (Rechtssache C-70/04, nunmehr, nach Verweisung durch den Gerichtshof an das Gericht, Rechtssache T-319/05)

2 Mit Klageschrift, die am 13. Februar 2004 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen und unter dem Aktenzeichen C-70/04 in das Register eingetragen worden ist, hat die Schweizerische Eidgenossenschaft die Nichtigerklärung der Entscheidung 2004/12/EG der Kommission vom 5. Dezember 2003 zu einem Verfahren bezüglich der Anwendung von Artikel 18 (2), erster Satz, des Abkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über den Luftverkehr und der Verordnung (EWG) Nr. 2408/92 des Rates (Sache TREN/AMA/11/03 - Deutsche Maßnahmen bezüglich An-/Abflügen zum/vom Flughafen Zürich) (ABl. 2004, L 4, S. 13, im Folgenden: angefochtene Entscheidung) beantragt.

3 Der angefochtenen Entscheidung liegt eine Beschwerde der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 10. Juni 2003 gegen die am 15. Januar 2003 vom deutschen Luftfahrtbundesamt erlassene 213. Durchführungsverordnung zur deutschen Luftverkehrs-Ordnung zugrunde. In dieser Verordnung werden neue Anflugverfahren zum Flughafen Zürich für Flugzeuge festgelegt, die das deutsche Hoheitsgebiet überfliegen. Mit diesen Maßnahmen soll die Lärmbelastung verringert werden, der die nördlich der Grenze zwischen Deutschland und der Schweiz gelegenen Gemeinden durch den Überflug ausgesetzt sind.

4 Die Klage der Schweizerischen Eidgenossenschaft stützt sich auf Artikel 230 EG in Verbindung mit Artikel 20 des Abkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über den Luftverkehr (ABl. 2002, L 114, S. 73, im Folgenden: Luftverkehrsabkommen), der lautet:

"Für alle Fragen betreffend die Gültigkeit von Entscheidungen und Beschlüssen der Organe der Gemeinschaft, die diese aufgrund ihrer Zuständigkeiten nach diesem Abkommen treffen, ist ausschließlich der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften zuständig."

5 Mit Telefax, das am 27. Mai 2004 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, hat der Landkreis Waldshut beantragt, als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge der Beklagten in der Rechtssache C-70/04, nach deren Verweisung an das Gericht durch den Gerichtshof nunmehr Rechtssache T-319/05, zugelassen zu werden. Der Landkreis Waldshut ist die nahe der Schweizer Grenze gelegene deutsche Region, die von Flugzeugen im Anflug an den Flughafen Zürich überflogen wird und die durch die deutschen Maßnahmen, die Gegenstand der angefochtenen Entscheidung sind, vor Lärmbelastungen geschützt werden soll.

6 Dieser Streithilfeantrag ist den Parteien gemäß Artikel 93 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichtshofes zugestellt worden. Mit Schreiben vom 18. und 23. Juni 2004 haben die Kommission und die Schweizerische Eidgenossenschaft zu dem Antrag Stellung genommen.

7 Durch Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofes vom 21. Juli 2004 ist die Bundesrepublik Deutschland als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge der Kommission zugelassen worden.

8 Durch Beschluss vom 14. Juli 2005 in der Rechtssache C-70/04 (Schweizerische Eidgenossenschaft/Kommission, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht) hat der Gerichtshof diese Rechtssache an das Gericht verwiesen. In seinem Beschluss führt der Gerichtshof zum einen in Randnummer 21 aus, dass für den Fall, dass die Schweizerische Eidgenossenschaft den Mitgliedstaaten gleichzustellen wäre, festzustellen ist, dass für Klagen, die von den Mitgliedstaaten gegen eine Entscheidung der Kommission gerichtet werden, nunmehr in erster Instanz das Gericht zuständig ist, da es sich um Klagen nach Artikel 230 EG handelt, die nicht im Sinne von Artikel 225 EG einer gerichtlichen Kammer übertragen werden und auch nicht nach Artikel 51 der Satzung des Gerichtshofes in der Fassung des Beschlusses 2004/407/EG, Euratom des Rates vom 26. April 2004 zur Änderung der Artikel 51 und 54 des Protokolls über die Satzung des Gerichtshofes (ABl. L 132, S. 5, berichtigt im ABl. L 194, S. 3) dem Gerichtshof vorbehalten sind.

9 Zum anderen fügt der Gerichtshof in Randnummer 22 hinzu, falls die Schweizerische Eidgenossenschaft - insbesondere im Hinblick auf den besonderen Kontext des Luftverkehrsabkommens - nicht einem Mitgliedstaat mit der Folge der Anwendung von Artikel 230 Absatz 2 EG, sondern einer juristischen Person im Sinne von Absatz 4 dieses Artikels gleichzustellen sein sollte, wäre für die Klage unter den in dieser Vertragsbestimmung vorgesehenen Voraussetzungen ebenfalls in erster Instanz das Gericht zuständig, so dass der Rechtsstreit nach Artikel 54 Absatz 2 der Satzung des Gerichtshofes an das Gericht verwiesen werden müsste.

10 Unter diesen Umständen entschied der Gerichtshof, dass die Klage auf jeden Fall, entweder gemäß der Entscheidung 2004/407 oder gemäß Artikel 54 Absatz 2 der Satzung des Gerichtshofes, in erster Instanz vor dem Gericht zu erheben war.

11 Am 30. März 2006 hat der Präsident der Ersten Kammer gemäß Artikel 116 § 1 Absatz 3 der Verfahrensordnung des Gerichts die Entscheidung über den Streithilfeantrag des Landkreises Waldshut dem Gericht übertragen.

Streithilfeantrag des Landkreises Waldshut und Stellungnahmen der Parteien

12 Zur Stützung seines Streithilfeantrags führt der Landkreis Waldshut aus, seine Streithilfe könne nicht nach Artikel 40 Absatz 2 der Satzung des Gerichtshofes ausgeschlossen sein, da die Schweizerische Eidgenossenschaft kein Mitgliedstaat im Sinne dieser Bestimmung sei. Artikel 20 des Luftverkehrsabkommens, der nur für bestimmte Rechtssachen eine Zuweisung zum Gerichtshof enthalte, mache aus der Schweizerischen Eidgenossenschaft keinen Mitgliedstaat im Sinne von Artikel 40 Absatz 2 der Satzung des Gerichtshofes. Das Gleiche gelte, wenn ein Staat ein völkerrechtliches Abkommen mit der Gemeinschaft geschlossen habe (Beschluss des Gerichtshofes vom 23. Februar 1983 in den Rechtssachen 91/82 R und 200/82 R, Chris International Foods/Kommission, Slg. 1983, 417; Beschluss des Präsidenten des Gerichts vom 14. August 1998 in der Rechtssache T-44/98 R, Emesa Sugar/Kommission, Slg. 1998, II-3079, Randnrn. 26 ff.).

13 Im Übrigen ergebe sich das Interesse des Landkreises Waldshut am Ausgang des Rechtsstreits daraus, dass er als Gebietskörperschaft des öffentlichen Rechts das Wohl seiner Einwohner fördern und sein Gebiet verwalten müsse. Er sei somit räumlich und sachlich betroffen, da die Lärmbelästigungen, die mit der angefochtenen Entscheidung abgestellt würden, über seinem Hoheitsgebiet stattfänden und seine Bevölkerung träfen. Er habe überdies zum Erlass der streitigen Flugverkehrsbeschränkungen (durch die 213. Durchführungsverordnung zur deutschen Luftverkehrs-Ordnung) beigetragen und außerdem die Kommission während des Verwaltungsverfahrens informiert.

14 Die Kommission erkennt an, dass der Landkreis Waldshut ein Interesse am Ausgang des Rechtsstreits glaubhaft macht, fragt sich allerdings, ob seine Streithilfe nicht durch Artikel 40 Absatz 2 der Satzung des Gerichtshofes ausgeschlossen wird. Hierzu führt sie aus, zwar sei die Schweizerische Eidgenossenschaft kein Mitgliedstaat im Sinne dieser Bestimmung, doch müsse berücksichtigt werden, dass dieser Staat hinsichtlich der Anwendung der im Anhang des Luftverkehrsabkommens aufgeführten Verordnungen und Richtlinien den Mitgliedstaaten der Gemeinschaft gleichgestellt sei.

15 Zum einen werde jedoch die Satzung des Gerichtshofes im Anhang dieses Abkommens nicht genannt, so dass sich die Gleichstellung der Schweizerischen Eidgenossenschaft mit einem Mitgliedstaat nicht auf die Anwendung der Satzung erstrecke, und zum anderen stelle der in Artikel 40 Absatz 2 der Satzung des Gerichtshofes vorgesehene Ausschluss eine Ausnahme von dem ebenfalls dort verankerten Streithilferecht dar, die grundsätzlich eng auszulegen sei; gleichwohl sei er im vorliegenden Fall entsprechend anzuwenden. Der Ausschluss sei deshalb gerechtfertigt, weil sich Streitigkeiten zwischen den Mitgliedstaaten oder den Gemeinschaftsorganen darin von anderen Rechtsstreitigkeiten unterschieden, dass die Parteien im Allgemeinen keine Partikularinteressen verfolgten, sondern das Gemeinwohl der ihrer Hoheitsgewalt unterworfenen Bevölkerung oder ihre "institutionellen Interessen". Es wäre daher widersprüchlich, wenn Partikularinteressen durch die Streithilfe anderer Parteien in diese Rechtsstreitigkeiten eingeführt werden könnten. Der in Artikel 40 Absatz 2 der Satzung des Gerichtshofes vorgesehene Ausschluss solle einen solchen Widerspruch gerade verhindern. Der Landkreis Waldshut könne nicht anders behandelt werden als z. B. ein Privatunternehmen, dessen Streithilfe in derartigen Fällen ausgeschlossen sei, da Artikel 40 der Satzung des Gerichtshofes nur zwischen Mitgliedstaaten und Gemeinschaftsorganen einerseits und "allen anderen Personen" andererseits unterscheide.

16 Da der Gerichtshof aber noch nicht über diese Frage entschieden hat und da es sich um eine von Amts wegen zu prüfende Frage handelt, sieht die Kommission insoweit von einem Antrag ab und stellt die Entscheidung dem Gericht anheim.

17 Die Schweizerische Eidgenossenschaft beantragt, den Streithilfeantrag des Landkreises Waldshut zurückzuweisen, und macht geltend, eine solche Streithilfe sei nach Artikel 40 Absatz 2 der Satzung des Gerichtshofes und dem Grundsatz der Gleichbehandlung ausgeschlossen. Sie könnte nämlich nicht erfolgen, wenn die vorliegende Klage von einem Mitgliedstaat erhoben worden wäre, da Artikel 40 Absatz 2 der Satzung des Gerichtshofes nur den Mitgliedstaaten und den Gemeinschaftsorganen gestatte, Rechtsstreitigkeiten zwischen Mitgliedstaaten und Gemeinschaftsorganen beizutreten, während andere Personen diese Möglichkeit nicht hätten. Im Rahmen eines Rechtsstreits über das Luftverkehrsabkommen müsse sich auch die Schweizerische Eidgenossenschaft nach dem Grundsatz der Gleichbehandlung auf diese Vorschrift berufen können.

18 Überdies müsse die Streithilfe des Landkreises Waldshut wegen der Streithilfe der Bundesrepublik Deutschland ausgeschlossen werden. Dabei sei der vom Gerichtshof aufgestellte Grundsatz anzuwenden (Urteil des Gerichtshofes vom 10. Juli 1986 in der Rechtssache 282/85, DEFI/Kommission, Slg. 1986, 2469), wonach eine Körperschaft kein Recht auf die Ergreifung eines Rechtsbehelfs habe, wenn eine ihr übergeordnete Körperschaft bereits einen solchen Rechtsbehelf ergriffen habe und wenn die Interessen, die von der fraglichen Körperschaft vertreten würden, in den Interessen der übergeordneten Körperschaft enthalten seien oder in ihnen aufgingen.

Würdigung durch das Gericht

19 Erstens ist festzustellen, dass der Streithilfeantrag in Einklang mit den Formvorschriften und innerhalb der in Artikel 93 § 1 der Verfahrensordnung des Gerichtshofes genannten Fristen gestellt wurde.

20 Zweitens ist festzustellen, dass der Landkreis Waldshut sein Interesse am Ausgang des vorliegenden Rechtsstreits glaubhaft macht. Dieses Interesse beruht darauf, dass die deutschen Maßnahmen, die Gegenstand der angefochtenen Entscheidung sind, auf ihn zurückgehen und dass Flugzeuge, die den Flughafen Zürich anfliegen oder verlassen, sein Gebiet und dessen Bewohner überfliegen. Außerdem darf entgegen dem Vorbringen der Schweizerischen Eidgenossenschaft das Interesse des Landkreises Waldshut an einer Streithilfe nicht mit dem Interesse der Bundesrepublik Deutschland an einer Streithilfe vermengt werden. Die Bundesrepublik Deutschland tritt dem vorliegenden Rechtsstreit nach Artikel 40 Absatz 1 der Satzung des Gerichtshofes bei, der bestimmt, dass "[d]ie Mitgliedstaaten und die Gemeinschaftsorgane ... einem bei dem Gerichtshof anhängigen Rechtsstreit beitreten [können]", und sie braucht kein Interesse am Ausgang des Rechtsstreits darzutun. Die Streithilfe der Bundesrepublik Deutschland gemäß Artikel 40 Absatz 1 der Satzung des Gerichtshofes erlaubt es daher nicht, die Streithilfe des Landkreises Waldshut oder "alle[r] anderen Personen, die ein berechtigtes Interesse am Ausgang eines ... Rechtsstreits glaubhaft machen", nach Absatz 2 dieser Bestimmung auszuschließen.

21 Drittens kann die Tatsache, dass die Schweizerische Eidgenossenschaft im Rahmen der Anwendung der im Anhang des Luftverkehrsabkommens aufgeführten Verordnungen und Richtlinien einem "Mitgliedstaat" der Gemeinschaft gleichgestellt werden könnte, nicht dazu führen, dass dem Einzelnen die ihm nach der Satzung des Gerichtshofes zustehenden Verfahrensrechte entzogen werden. In Artikel 40 Absatz 2 der Satzung des Gerichtshofes ist das Recht aller Personen, die ein berechtigtes Interesse am Ausgang eines beim Gerichtshof anhängigen Rechtsstreits glaubhaft machen, verankert, diesem Rechtsstreit beizutreten. Die Ausnahmen von diesem Verfahrensrecht der Streithilfe, das eine Ausprägung des Anspruchs auf rechtliches Gehör ist, sind zwangsläufig eng auszulegen. Daher kann sich die Schweizerische Eidgenossenschaft, die kein Mitgliedstaat der Gemeinschaft ist, nicht mit Erfolg auf die Bestimmungen von Artikel 40 Absatz 2 der Satzung des Gerichtshofes berufen, der in Rechtsstreitigkeiten zwischen Mitgliedstaaten, zwischen Gemeinschaftsorganen oder zwischen Mitgliedstaaten und Gemeinschaftsorganen die Streithilfe anderer als der Mitgliedstaaten und der Gemeinschaftsorgane ausschließt. Dieser Ausschluss in Artikel 40 Absatz 2 der Satzung des Gerichtshofes, der nach Artikel 53 Absatz 1 der Satzung auch auf das Verfahren vor dem Gericht anwendbar ist, gilt nämlich nur für Rechtsstreitigkeiten zwischen Mitgliedstaaten oder Gemeinschaftsorganen.

22 Aus dem gleichen Grund kann die Schweizerische Eidgenossenschaft diesen Ausschluss auch nicht mit der Begründung fordern, dass sie das Gemeinwohl der ihrer Hoheitsgewalt unterworfenen Bevölkerung oder ihre institutionellen Interessen vertrete und dass der vorliegende Rechtsstreit zwischen ihr und der Kommission deshalb einem Rechtsstreit zwischen einem Mitgliedstaat und einem Gemeinschaftsorgan gleichzustellen sei, dem die ein ähnliches Interesse verfolgenden Stellen, d. h. die übrigen Mitgliedstaaten und die Gemeinschaftsorgane, beitreten könnten. Diese Ähnlichkeit der Interessen kann angesichts des oben genannten Grundsatzes der restriktiven Auslegung nicht ausreichen, um das Verfahrensrecht zu beseitigen, über das der Landkreis Waldshut nach Artikel 40 Absatz 2 der Satzung des Gerichtshofes verfügt, wenn er ein Interesse am Ausgang des Rechtsstreits glaubhaft macht. Ein Staat, der nicht Mitglied der Gemeinschaft ist, kann sich nicht auf die den Mitgliedstaaten und den Gemeinschaftsorganen durch die Satzung des Gerichtshofes eingeräumten Vorrechte berufen, um ein Verfahrensrecht einzuschränken, das in der Satzung "alle[n] anderen Personen, die ein berechtigtes Interesse am Ausgang eines ... Rechtsstreits glaubhaft machen", ausdrücklich zuerkannt wird.

23 Aus dem Vorstehenden folgt, dass der Landkreis Waldshut ein berechtigtes Interesse am Ausgang des Rechtsstreits glaubhaft gemacht hat, so dass er nach Artikel 40 Absatz 2 der Satzung des Gerichtshofes, der nach Artikel 53 Absatz 1 der Satzung auch auf das Verfahren vor dem Gericht anwendbar ist, als Streithelfer zuzulassen ist. Die Rechte des Landkreises Waldshut ergeben sich aus Artikel 116 §§ 2 und 4 der Verfahrensordnung.

Tenor:

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Erste Kammer)

beschlossen:

1. Der Landkreis Waldshut wird in der Rechtssache T-319/05 als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge der Beklagten zugelassen.

2. Der Kanzler übermittelt dem Landkreis Waldshut eine Abschrift aller Verfahrensunterlagen.

3. Dem Landkreis Waldshut wird eine Frist zur schriftlichen Begründung seiner Anträge gesetzt.

4. Die Kostenentscheidung bleibt vorbehalten.

Luxemburg, den 7. Juli 2006



Ende der Entscheidung

Zurück