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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäisches Gericht
Urteil verkündet am 18.12.2003
Aktenzeichen: T-326/99
Rechtsgebiete: Verordnung (EWG) Nr. 2309/93 des Rates vom 22. Juli 1993 zur Festlegung von Gemeinschaftsverfahren für die Genehmigung und Überwachung von Human- und Tierarzneimitteln und zur Schaffung einer Europäischen Agentur für die Beurteilung von Arznei, Richtlinie 91/507/EWG der Kommission vom 19. Juli 1991


Vorschriften:

Verordnung (EWG) Nr. 2309/93 des Rates vom 22. Juli 1993 zur Festlegung von Gemeinschaftsverfahren für die Genehmigung und Überwachung von Human- und Tierarzneimitteln und zur Schaffung einer Europäischen Agentur für die Beurteilung von Arznei Art. 11
Verordnung (EWG) Nr. 2309/93 des Rates vom 22. Juli 1993 zur Festlegung von Gemeinschaftsverfahren für die Genehmigung und Überwachung von Human- und Tierarzneimitteln und zur Schaffung einer Europäischen Agentur für die Beurteilung von Arznei Art. 6 Abs. 1
Verordnung (EWG) Nr. 2309/93 des Rates vom 22. Juli 1993 zur Festlegung von Gemeinschaftsverfahren für die Genehmigung und Überwachung von Human- und Tierarzneimitteln und zur Schaffung einer Europäischen Agentur für die Beurteilung von Arznei Art. 7 Buchst. a
Verordnung (EWG) Nr. 2309/93 des Rates vom 22. Juli 1993 zur Festlegung von Gemeinschaftsverfahren für die Genehmigung und Überwachung von Human- und Tierarzneimitteln und zur Schaffung einer Europäischen Agentur für die Beurteilung von Arznei Art. 13 Abs. 2
Richtlinie 91/507/EWG der Kommission vom 19. Juli 1991 Anhang Teil 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

Urteil des Gerichts erster Instanz (Fünfte Kammer) vom 18. Dezember 2003. - Nancy Fern Olivieri gegen Kommission der Europäischen Gemeinschaften und Europäische Agentur für die Beurteilung von Arzneimitteln. - Arzneimittel - Genehmigung des Inverkehrbringens - Gutachten der Europäischen Agentur für die Beurteilung von Arzneimitteln - Zulässigkeit - Rechtsschutzbedürfnis - Öffentliche Gesundheit - Prüfung der mitgeteilten Angaben - Überwachung der wissenschaftlichen Beurteilungen - Berufliches Ansehen. - Rechtssache T-326/99.

Parteien:

In der Rechtssache T-326/99

Nancy Fern Olivieri, Toronto (Kanada), Prozessbevollmächtigte: N. Green, QC, und J. Marks, Barrister, sowie R. Stein, Solicitor, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Klägerin,

gegen

Kommission der Europäischen Gemeinschaften

und

Europäische Agentur für die Beurteilung von Arzneimitteln,

vertreten durch R. Wainwright und H. Støvlbæk als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Beklagte,

unterstützt durch

Apotex Europe Ltd mit Sitz in Leeds (Vereinigtes Königreich), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte P. Bogaert und G. Berrisch sowie G. Castle, Solicitor, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Streithelferin,

wegen Nichtigerklärung der Entscheidung der Kommission vom 25. August 1999 über die Zulassung des Humanarzneimittels Ferriprox-Deferipron (C[1999] 2820) und des geänderten Gutachtens der Europäischen Agentur für die Beurteilung von Arzneimitteln vom 23. Juni 1999

erlässt DAS GERICHT ERSTER INSTANZ

DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN

(Fünfte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten R. García-Valdecasas, der Richterin P. Lindh und des Richters J. D. Cooke,

Kanzler: J. Plingers, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und der mündlichen Verhandlung vom 10. April 2003

folgendes

Urteil

Entscheidungsgründe:

Rechtlicher Rahmen

A - Einschlägige Bestimmungen der Verordnung (EWG) Nr. 2309/93

1 Artikel 11 der Verordnung (EWG) Nr. 2309/93 des Rates vom 22. Juli 1993 zur Festlegung von Gemeinschaftsverfahren für die Genehmigung und Überwachung von Human- und Tierarzneimitteln und zur Schaffung einer Europäischen Agentur für die Beurteilung von Arzneimitteln (ABl. L 214, S. 1) bestimmt:

"Unbeschadet der Anwendung anderer Vorschriften des Gemeinschaftsrechts wird die Genehmigung nach Artikel 3 versagt, wenn sich nach Prüfung der gemäß Artikel 6 vorgelegten Angaben und Unterlagen ergibt, dass die Qualität, die Sicherheit oder die Wirksamkeit des Arzneimittels vom Antragsteller nicht angemessen oder ausreichend nachgewiesen werden konnte.

Die Genehmigung wird auch dann versagt, wenn die vom Antragsteller gemäß Artikel 6 vorgelegten Angaben und Unterlagen unrichtig sind..."

2 Artikel 6 Absatz 1 dieser Verordnung lautet:

"Einem Antrag auf Genehmigung eines Humanarzneimittels sind die in den Artikeln 4 und 4a der Richtlinie 65/65/EWG, im Anhang der Richtlinie 75/318/EWG und in Artikel 2 der Richtlinie 75/319/EWG genannten Angaben und Unterlagen beizufügen."

3 Nach Artikel 7 Buchstabe a der Verordnung Nr. 2309/93 muss der Ausschuss für Arzneispezialitäten, der u. a. - gemäß Artikel 5 dieser Verordnung - für die Formulierung des Gutachtens der Europäischen Agentur für die Beurteilung von Arzneimitteln zu allen Fragen betreffend die Genehmigung für das Inverkehrbringen eines Humanarzneimittels im Sinne dieser Verordnung zuständig ist, zur Erstellung seines Gutachtens zum einen prüfen, "ob die gemäß Artikel 6 vorgelegten Angaben und Unterlagen den Anforderungen der Richtlinien 65/65/EWG, 75/318/EWG und 75/319/EWG entsprechen", und zum anderen, "ob die in dieser Verordnung genannten Bedingungen für die Erteilung einer Genehmigung für das Arzneimittel erfuellt sind".

4 Artikel 13 Absatz 2 der Verordnung Nr. 2309/93 sieht vor:

"In Ausnahmefällen und nach Konsultation des Antragstellers kann eine Genehmigung vorbehaltlich besonderer Bedingungen erteilt werden, die jährlich von der Agentur neu beurteilt werden.

Solche Ausnahmeentscheidungen können nur aufgrund objektiver und nachweisbarer Argumente getroffen werden und müssen sich auf einen der in Teil 4 Abschnitt G des Anhangs der Richtlinie 75/318/EWG genannten Gründe stützen."

B - Einschlägige Bestimmungen des Anhangs der Richtlinie 75/318/EWG

5 Der Text des Anhangs der Richtlinie 75/318/EWG des Rates vom 20. Mai 1975 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die analytischen, toxikologisch-pharmakologischen und ärztlichen oder klinischen Vorschriften und Nachweise über Versuche mit Arzneimittelspezialitäten (ABl. L 147, S. 1), auf den mehrere Bestimmungen der Verordnung Nr. 2309/93 verweisen, wurde ersetzt durch den Anhang der Richtlinie 91/507/EWG der Kommission vom 19. Juli 1991 (ABl. L 270, S. 32, im Folgenden: Anhang der Richtlinie).

6 Im dritten Absatz der Einleitung des Anhangs der Richtlinie heißt es:

"Alle für die Bewertung des betreffenden Arzneimittels zweckdienlichen Angaben, ob günstig oder ungünstig für das Erzeugnis, sind dem Antrag beizufügen. Insbesondere sind alle zweckdienlichen Einzelheiten über jegliche unvollständige oder abgebrochene toxikologische und pharmakologische Versuche bzw. klinische Prüfungen zu dem Arzneimittel vorzulegen..."

7 Teil 4 dieses Anhangs stellt die Vorschriften auf, denen die dem Antrag auf Genehmigung für das Inverkehrbringen eines Arzneimittels beizufügenden Angaben und Unterlagen entsprechen müssen.

8 Hierzu heißt es im dritten Absatz von Teil 4 des Anhangs der Richtlinie in Bezug auf die klinischen Unterlagen:

"Die Beurteilung der Anträge auf Genehmigung für das Inverkehrbringen stützt sich auf die ärztlichen bzw. klinischen Prüfungen, einschließlich klinischer pharmakologischer Prüfungen, zur Feststellung der Wirksamkeit und Unbedenklichkeit des Erzeugnisses bei bestimmungsgemäßer Anwendung, wobei seine therapeutischen Indikationen für den Menschen berücksichtigt werden. Die therapeutischen Vorteile müssen die potenziellen Risiken überwiegen."

9 In Teil 4 Abschnitt A dieses Anhangs ist ferner vorgesehen:

"Die gemäß Artikel 4 Absatz 2 Nummer 8 der Richtlinie 65/65/EWG [oder gemäß Artikel 6 Absatz 1 der Verordnung Nr. 2309/93, der auf Artikel 4 der Richtlinie 65/65 verweist] vorzulegenden ärztlichen oder klinischen Angaben müssen es ermöglichen, sich ein wissenschaftlich ausreichend fundiertes Urteil darüber zu bilden, ob das Arzneimittel den Kriterien für die Erteilung der Genehmigung für das Inverkehrbringen genügt. Aus diesem Grund müssen die Ergebnisse aller ärztlichen und klinischen Prüfungen, und zwar sowohl die günstigen als auch die ungünstigen Ergebnisse, vorgelegt werden."

10 Teil 4 Abschnitt C des Anhangs der Richtlinie führt die Angaben und Unterlagen in Bezug auf die Vorlage der Ergebnisse der klinischen Versuche und die Vorschriften auf, die auf sie anwendbar sind. In Abschnitt C Nummer 1 heißt es:

"1. Die Angaben über ärztliche oder klinische Versuche müssen so ausführlich sein, dass sie eine objektive Beurteilung gestatten:

...

- vom Prüfer unterzeichneter Abschlussbericht. Für Multicenterstudien unterzeichnen alle Prüfer oder der koordinierende Prüfer."

11 Teil 4 Abschnitt G dieses Anhangs behandelt die Dokumentation, die für Anträge unter außergewöhnlichen Umständen vorzulegen ist. Dort heißt es:

"Sofern ein Antragsteller nachweisen kann, dass er aus folgenden Gründen in Bezug auf bestimmte Heilanzeigen keine vollständigen Auskünfte über die Qualität, Wirksamkeit bzw. Unbedenklichkeit bei bestimmungsgemäßem Gebrauch erteilen kann, weil

- die Indikation, für die das Arzneimittel bestimmt ist, so selten vorkommt, dass dem Antragsteller billigerweise nicht zugemutet werden kann, die vollständigen Angaben vorzulegen,

- beim jeweiligen Stand der Wissenschaft es nicht möglich ist, vollständige Auskünfte zu erteilen, oder

- die allgemein anerkannten Grundsätze des ärztlichen Berufsethos es nicht gestatten, diese Angaben zu beschaffen,

kann die Genehmigung für das Inverkehrbringen mit folgenden Auflagen erteilt werden:

a) Der Antragsteller führt innerhalb eines von der zuständigen Behörde festgelegten Zeitraums ein bestimmtes Versuchsprogramm durch, dessen Ergebnisse die Grundlage einer Neubeurteilung des Nutzen/Risikoprofils bilden;

b) das Arzneimittel darf nur auf ärztliche Verschreibung abgegeben werden; gegebenenfalls darf es nur unter strenger ärztlicher Kontrolle, möglicherweise in Krankenhäusern, verabreicht werden...;

c) in der Packungsbeilage und in der für Ärzte bestimmten Information müssen diese darauf aufmerksam gemacht werden, dass für bestimmte namentlich bezeichnete Gebiete noch keine ausreichenden Angaben über das betreffende Arzneimittel vorliegen."

Sachverhalt

A - Thalassaemia major und Behandlung durch Deferoxamin oder Deferipron

12 Thalassaemia major (auch als Cooley-Anämie bezeichnet) ist eine genetisch bedingte Krankheit, die sich in einer schweren Anämie äußert und an der schätzungsweise 10 000 bis 20 000 Personen in der Europäischen Union erkrankt sind. Zur Behandlung dieser Krankheit sind häufige Bluttransfusionen unerlässlich. Diese führen indessen zu einer erhöhten Eisenkonzentration in den Organen des Patienten. Da der Körper über keine natürliche Möglichkeit verfügt, den erhöhten Eisenspiegel abzubauen, kommt es durch den Anstieg des Eisengehalts im Organismus zu Schäden, insbesondere an Herz und Leber, die die Lebenserwartung des Patienten verkürzen.

13 Als hauptsächliche pharmakologische Behandlung zur Bekämpfung des erhöhten Eisenspiegels ist gegenwärtig Deferoxamin verfügbar, das es seit mehr als 30 Jahren gibt. Diese Behandlung ist unangenehm, da sie durch subkutane Infusionen erfolgt, die mehrmals wöchentlich vorgenommen werden müssen und bis zu zwölf Stunden täglich dauern können. Sie kann außerdem eine Überempfindlichkeit gegenüber dem Mittel hervorrufen.

14 Später wurde eine andere pharmakologische Behandlung zur Bekämpfung des überhöhten Eisenspiegels entwickelt. Es handelt sich um Deferipron, ein Erzeugnis, das oral verabreicht wird.

B - Arbeiten der Klägerin über Deferipron

15 Die Klägerin, Dr. Nancy Fern Olivieri, ist eine weltweit anerkannte Spezialistin für Thalassaemia major und genießt einen bedeutenden Ruf im Bereich der Behandlung dieser Krankheit durch Deferipron.

16 Zum Zweck der Beurteilung der Wirksamkeit und Sicherheit von Deferipron nahm die Klägerin 1989 eine Pilotstudie an 27 Patienten vor, die die Standardbehandlung mit Deferoxamin nicht wünschten oder bei denen diese nicht vorgenommen werden konnte. Auf der Grundlage der Ergebnisse dieser Studie wollte die Klägerin die Zulassung des Erzeugnisses in den Vereinigten Staaten erwirken; zu diesem Zweck wandte sie sich an die Food and Drug Administration (amerikanische Überwachungsbehörde für Nahrungs- und Arzneimittel, im Folgenden: FDA) und fragte bei ihr an, wie sie vorgehen solle. Die FDA antwortete, dass drei klinische Versuche durchgeführt werden müssten, um unterschiedliche Aspekte von Deferipron zu evaluieren, und dass für die Finanzierung dieser Forschungen ein privater Sponsor gefunden werden müsse.

17 Dementsprechend beteiligte sich die Klägerin an der Erstellung der Protokolle über die drei von der FDA verlangten Versuche, nämlich einen Versuch zum Vergleich der Wirksamkeit und der Sicherheit von Deferipron und Deferoxamin (Versuch LA-01), einen kurzfristigen Versuch zur Beurteilung der unerwünschten Wirkungen von Deferipron, wie sie damals absehbar waren, nämlich Funktionsstörungen des Knochenmarks und der Gelenke (Versuch LA-02), und einen Versuch über die langfristige Wirksamkeit und Sicherheit von Deferipron, der die Fortsetzung der Pilotstudie darstellte (Versuch LA-03). Die Klägerin war bei den Versuchen LA-01 und LA-03 koordinierende Prüferin und beim Versuch LA-02 eine der Vorsitzenden des Lenkungsausschusses.

18 Alle drei klinischen Versuche wurden von dem Unternehmen Apotex Research Inc. mit Sitz in Weston (Kanada) finanziert, das sich ab April 1993 an der Finanzierung der von der Klägerin durchgeführten Arbeiten über Deferipron beteiligte.

19 Im Rahmen dieser Versuche gelangte die Klägerin zu dem ersten Ergebnis, dass Deferipron bei beinahe der Hälfte der behandelten Patienten nicht wirksam sei. Sie teilte ihre Befürchtungen dem Kontrollausschuss des Kinderkrankenhauses Toronto mit, an dem sie tätig ist, und dieser riet ihr, die zuständigen Einrichtungen zu unterrichten. Dieser Ausschuss gelangte auch zu dem Ergebnis, dass ein neues klinisches Protokoll für die Beurteilung der Dauerwirksamkeit von Deferipron notwendig sei, und empfahl ihr insbesondere, die den an den Versuchen beteiligten Patienten ausgehändigten Merkblätter zu ändern, um Unsicherheiten in Bezug auf die langfristige Wirkung von Deferipron zu berücksichtigen.

20 Am 24. Mai 1996 beschloss Apotex Research, die Beteiligung der Klägerin an den Versuchen LA-01, LA-02 und LA-03 zu beenden und die Versuche LA-01 sowie LA-03 vorzeitig abzubrechen, wozu sie die Protokolle über diese klinischen Versuche ermächtigten. Nach dem Bericht, den der von der kanadischen Vereinigung der Universitätsprofessoren eingesetzte unabhängige Untersuchungsausschuss erstellte (J. Thompson, P. Baird und J. Downie, The Olivieri Report, James Lorimer & Company Ltd, Toronto, 2001), traf Apotex Research diese Entscheidung, weil die Klägerin sich angeschickt habe, ihre Patienten - entsprechend ihren ärztlichen Pflichten - über das mit der geringen Wirksamkeit von Deferipron verbundene Risiko aufzuklären, das sie im Rahmen des Versuchs LA-01 entdeckt hatte. Ferner ergibt sich aus den Untersuchungen des Beschwerdeausschusses des College of Physicians and Surgeons of Ontario (Kollegium der Ärzte und Chirurgen der Provinz Ontario) und des Dekans der Medizinischen Fakultät der Universität Toronto, dass die Klägerin dadurch, dass sie ihre Patienten unterrichtete, nicht gegen ihre ärztlichen Pflichten verstoßen hat.

21 Im Rahmen einer später, ohne die finanzielle Unterstützung von Apotex Research durchgeführten Untersuchung gelangte die Klägerin zu dem Ergebnis, dass über die aus den Versuchen LA-01 und LA-03 entstandenen Zweifel an der Wirksamkeit von Deferipron hinaus zusätzliche Beweise dafür vorlägen, dass dieses Erzeugnis Herz und Leber schädige und dass seine Verwendung beträchtliche Risiken für Herzerkrankungen und den Eintritt einer Leberfibrose berge und damit die Patienten einem erhöhten Risiko vorzeitigen Ablebens aussetze. Daraufhin brach die Klägerin die Versuche mit dem Mittel an Menschen ab. Diese Ergebnisse wurden in einem Aufsatz (Olivieri u. a., "Long-Term Safety and Effectiveness of Iron-Chelation Therapy with Deferiprone for Thalassemia Major", New England Journal of Medicine, Band 339, Nr. 7, S. 417 bis 423) vorgestellt, der am 13. August 1998 veröffentlicht wurde.

C - Gemeinschaftliches Verfahren für die Erteilung der Genehmigung für das Inverkehrbringen von Deferipron

22 Am 6. Februar 1998 reichte die Apotex Europe Ltd (im Folgenden: Apotex) bei der Europäischen Agentur für die Beurteilung von Arzneimitteln (im Folgenden: EMEA) gemäß Artikel 4 Absatz 1 der Verordnung Nr. 2309/93 einen Antrag auf Genehmigung für das Inverkehrbringen (im Folgenden: Verkehrsgenehmigung) des schließlich als "Ferriprox" bezeichneten Arzneimittels ein, dessen Wirkstoff Deferipron ist. Bei diesem Arzneimittel wurde das zentralisierte Genehmigungsverfahren nach der Verordnung Nr. 2309/93 angewandt.

23 Die drei Berichte über die Versuche LA-01, LA-02 und LA-03 wurden von Apotex zusammen mit dem Antrag auf die Verkehrsgenehmigung vorgelegt, trugen aber nicht die Unterschrift der Klägerin.

24 Im Beurteilungsverfahren gab Apotex schriftliche und mündliche Erklärungen ab. Der Ausschuss für Arzneispezialitäten (im Folgenden: Ausschuss), der gemäß Artikel 5 der Verordnung Nr. 2309/93 für die Formulierung des Gutachtens der EMEA zuständig ist, gab am 27. Januar 1999 ein positives Gutachten für die Erteilung der Verkehrsgenehmigung über das Arzneimittel ab, wobei er vom Vorliegen außergewöhnlicher Umstände im Sinne von Artikel 13 Absatz 2 der Verordnung Nr. 2309/93 und Teil 4 Abschnitt G des Anhangs der Richtlinie (im Folgenden: ursprüngliches Gutachten) ausging.

25 Diesem Gutachten war ein Beurteilungsbericht vom 27. Januar 1999 (im Folgenden: erster Beurteilungsbericht) beigefügt, den der Ausschuss erstellt hatte, um die verschiedenen Umstände darzulegen, die im Rahmen des Beurteilungsverfahrens berücksichtigt worden waren.

26 Da Apotex nicht widersprach, wurde das ursprüngliche Gutachten als endgültig betrachtet und der Kommission von der EMEA am 4. März 1999 gemäß Artikel 9 Absatz 2 der Verordnung Nr. 2309/93 übermittelt. Diese Information wurde im April 1999 veröffentlicht. Die Kommission leitete das in den Artikeln 10 und 73 der Verordnung Nr. 2309/93 vorgesehene Verfahren ein, und der Ständige Ausschuss für Humanarzneimittel gab am 9. Mai 1999 einstimmig eine positive Stellungnahme zu dem von der Kommission vorgelegten Entscheidungsentwurf ab.

27 Nachdem die Klägerin davon Kenntnis erhalten hatte, dass sich der Ausschuss am 27. Januar 1999 zum Antrag auf Verkehrsgenehmigung für Deferipron positiv ausgesprochen hatte, richtete sie, unterstützt von ihren Rechtsanwälten, mehrere Schreiben an die EMEA und an die Mitglieder des Ausschusses, um diesen ihre Beobachtungen über die geringe Wirksamkeit dieses Erzeugnisses und die mit ihm verbundenen Risiken für Herz und Leber mitzuteilen. Insbesondere das Schreiben der Klägerin vom 28. April 1999 an die EMEA und an die Mitglieder des Ausschusses gab die wissenschaftlichen Gründe an, aus denen ihrer Ansicht nach die Zulassung von Deferipron das Risiko vorzeitigen Ablebens der behandelten Personen insbesondere wegen fortschreitender Leberfibrose und der Entwicklung und dem Fortschreiten von Herzkrankheiten erhöhen werde. Ferner enthielt das Schreiben des Rechtsanwalts der Klägerin vom 16. Mai 1999 an Professor Garattini, Mitglied des Ausschusses, ergänzende Informationen zur Schädlichkeit von Deferipron für Herz und Leber. Im Rahmen dieses Schriftwechsels, dem mehrere Unterlagen zur wissenschaftlichen Beurteilung von Deferipron beilagen, die Apotex im Rahmen des ursprünglichen Beurteilungsverfahrens nicht vorgelegt hatte, hatte die Klägerin auch Gelegenheit, ihre Sicht des Rechtsstreits zwischen ihr und Apotex über u. a. die Durchführung und die vorzeitige Beendigung des Versuchs LA-01, bei dem sie koordinierende Prüferin war, darzulegen.

28 Daraufhin teilte der Präsident des Ausschusses der Kommission mit Schreiben vom 20. Mai 1999 mit, er habe neue, möglicherweise wichtige Informationen über die Sicherheit von Deferipron erhalten, wobei es sich im Wesentlichen um das "Risiko einer fortschreitenden Leberfibrose, schon nach kurzer Zeit", handele. Im Schreiben hieß es weiter, dass diese Informationen sofort im Licht der früheren Angaben untersucht würden, um festzustellen, ob sie das Nutzen-Risiko-Profil beeinflussten. Die Kommission wurde befragt, in welchem Verfahren Ergebnisse dieser Untersuchung berücksichtigt werden könnten. Mit Schreiben vom selben Tag forderte der Ausschuss Apotex auf, ihren Antrag auf Verkehrsgenehmigung um alle zusätzlich verfügbaren Informationen zu ergänzen oder zu bestätigen, dass der EMEA sämtliche gegenwärtig verfügbaren Angaben zur Gefahr von Leberfibrose übermittelt worden seien.

29 Apotex legte mit Schreiben vom 26. Mai und vom 1. Juni 1999 Bemerkungen zu den Unterlagen vor, die die Klägerin dem Ausschuss zugesandt hatte, übermittelte drei Unterlagen, die beim neunten internationalen Kongress über die orale Chelattherapie bei Eisen im Hamburg vom 25. bis 28. März 1999 vorgelegt worden waren, nämlich das von Galanello u. a. erstellte Papier "Sequential Liver Fibrosis Grading During Deferiprone Treatment in Patients with Thalassemia Major", das von Piga u. a. erstellte Papier "The Assessment of Liver Fibrosis in Thalassemia Major During Chelation Therapy" und das von Cappellini u. a. erstellte Papier "Liver Iron Overload in Adult Thalassemia Major Patients under Regular Chelation Therapy with Desferrioxamine") sowie weitere ergänzende Unterlagen, und erklärte, sie habe dem Ausschuss alle einschlägigen Informationen zugeleitet.

30 Mit Schreiben vom 15. Juni 1999 teilte die Kommission dem Ausschuss mit, dass das Verfahren über die Verkehrsgenehmigung ausgesetzt worden sei, bis zusätzliche wissenschaftliche Erläuterungen zu den Informationen vorlägen, die die Klägerin dem Ausschuss mitgeteilt habe; diese könnten die Sicherheit des Arzneimittels in Frage stellen und bedürften einer ergänzenden Prüfung. In diesem Schreiben hieß es insbesondere, dass es nicht angebracht sei und gegen Ziel und Zweck der Verordnung (EWG) Nr. 2309/93 verstieße, eine Genehmigung für das Inverkehrbringen unter derartigen Umständen ohne ergänzende wissenschaftliche Erläuterungen zu erteilen.

31 Am 21. Juni 1999 trat eine auf Antrag des Ausschusses gebildete Ad-hoc-Arbeitsgruppe von Sachverständigen (im Folgenden: Ad-hoc-Gruppe) zusammen, um die neuen Informationen zur Sicherheit des Erzeugnisses zu untersuchen, die die Klägerin und Apotex übermittelt hatten.

32 Im Protokoll dieser Sitzung, das am 23. Juni 1999 erstellt wurde (im Folgenden: Schlussfolgerungen der Ad-hoc-Gruppe), gelangte die Ad-hoc-Gruppe zu dem Ergebnis, dass die neuen Angaben den Zusammenhang zwischen Deferipron und der Leberfibrose nicht sicher belegten. Auf dieser Grundlage äußerte die Ad-hoc-Gruppe die Auffassung, dass das positive Gutachten, das die Erteilung einer Verkehrsgenehmigung unter außergewöhnlichen Umständen empfehle, nicht geändert zu werden brauche. Sie schlug daher vor, die Beschränkungen der Indikationen beizubehalten, den behandelnden Arzt vom Fehlen sicherer Belege für den Zusammenhang zwischen Leberfibrose und Deferipron zu informieren und die Überwachung einer besonderen Teilgesamtheit, die an Hepatitis C erkrankt sei, zu empfehlen; ferner sollte Apotex aufgegeben werden, sich schriftlich zu verpflichten, die Verkaufszahlen in allen Mitgliedstaaten vorzulegen, um zu gewährleisten, dass Deferipron nicht außerhalb der genehmigten Indikationen verschrieben werde; schließlich sollten von Apotex und aus anderen Quellen umfangreichere Informationen gewonnen werden, sobald diese vorlägen.

33 Mit Schreiben vom 23. Juni 1999 ging Apotex die geforderten zusätzlichen Verpflichtungen ein, insbesondere die Verpflichtung zur Vorlage der Verkaufsziffern von Ferriprox in allen Mitgliedstaaten.

34 Aufgrund der Empfehlungen der Ad-hoc-Gruppe beschloss der Ausschuss, sein positives Gutachten für die Erteilung der Verkehrsgenehmigung für Ferriprox in Anbetracht außergewöhnlicher Umstände aufrechtzuerhalten. Er sprach sich aber für eine Überarbeitung der Entwürfe für die Darstellung der Merkmale des Arzneimittels und der Packungsbeilage aus, um die Angaben zum Risiko der Leberfibrose zu erweitern. Am 23. Juni 1999 verabschiedete der Ausschuss ein geändertes Gutachten, über das die EMEA am 7. Juli 1999 die Kommission informierte.

35 Diesem Gutachten wurde ein Zusatz zum Beurteilungsbericht, ebenfalls vom 23. Juni 1999 (im Folgenden: ergänzender Beurteilungsbericht), beigefügt, der vom Ausschuss erstellt worden war, um die verschiedenen im Rahmen des Beurteilungsverfahrens berücksichtigten Einzelheiten darzulegen.

36 Das geänderte Gutachten des Ausschusses wurde in einen geänderten Entscheidungsentwurf eingearbeitet. Nachdem der in Artikel 73 der Verordnung Nr. 2309/93 vorgesehene Ständige Ausschuss für Humanarzneimittel am 13. August 1999 eine befürwortende Stellungnahme zum geänderten Entscheidungsentwurf abgegeben hatte, erließ die Kommission am 25. August 1999 die Entscheidung über die Zulassung des Humanarzneimittels Ferriprox (im Folgenden: angefochtene Entscheidung), die Apotex am 2. September 1999 mitgeteilt wurde. Sie wurde gemäß Artikel 12 Absatz 3 der Verordnung Nr. 2309/93 am 24. September 1999 im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften veröffentlicht (ABl. C 270, S. 2).

37 Gemäß Artikel 12 Absatz 4 der Verordnung Nr. 2309/93 machte die EMEA ebenfalls am 25. August 1999 den Europäischen Öffentlichen Beurteilungsbericht (European Public Assessment Report oder EPAR, im Folgenden: Öffentlicher Beurteilungsbericht) bekannt, in dem sie die Gründe für ihr positives Gutachten zur Erteilung der Verkehrsgenehmigung darlegt. Dieser Bericht ist die veröffentlichte Version der zuvor vom Ausschuss im Rahmen der wissenschaftlichen Beurteilung des Antrags auf Verkehrsgenehmigung erstellten Berichte, nämlich des ersten Beurteilungsberichts und des ergänzenden Beurteilungsberichts.

Verfahren und Anträge der Beteiligten

38 Die Klägerin hat mit Klageschrift, die am 19. November 1999 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, die vorliegende Klage auf Nichtigerklärung des geänderten Gutachtens und der angefochtenen Entscheidung erhoben.

39 Mit besonderem Schriftsatz, der am gleichen Tag eingegangen ist, hat die Klägerin die Aussetzung des Vollzugs der angefochtenen Entscheidung beantragt.

40 Der Präsident des Gerichts hat den Antrag auf Aussetzung des Vollzugs der angefochtenen Entscheidung mit Beschluss vom 7. April 2000 in der Rechtssache T-326/99 R (Fern Olivieri/Kommission, Slg. 2000, II-1985) zurückgewiesen (im Folgenden: Beschluss im Verfahren der einstweiligen Anordnung).

41 Apotex hat am 8. Februar 2000 ihre Zulassung als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge der Kommission und der EMEA in der Hauptsache beantragt. Dieser Streithilfeantrag ist den Parteien zugestellt worden, die innerhalb der gesetzten Fristen Stellung genommen haben. Das Gericht (Fünfte Kammer) hat mit Beschluss vom 14. März 2000 Apotex als Streithelferin zugelassen.

42 Die Kommission und die EMEA haben mit Schriftsatz, der am 22. März 2000 eingegangen ist, eine Einrede der Unzulässigkeit gemäß Artikel 114 § 1 der Verfahrensordnung des Gerichts erhoben. Die Klägerin und Apotex haben am 10. Mai 2000 zu dieser Einrede der Unzulässigkeit Stellung genommen. Das Gericht (Fünfte Kammer) hat mit Beschluss vom 15. Juni 2000 die Entscheidung über die Einrede der Unzulässigkeit dem Endurteil vorbehalten.

43 Das Gericht hat auf Bericht des Berichterstatters beschlossen, die mündliche Verhandlung zu eröffnen, und die Verfahrensbeteiligten im Rahmen prozessleitender Maßnahmen am 26. November 2002 aufgefordert, mehrere Unterlagen vorzulegen und/oder schriftlich eine Reihe von Fragen zu beantworten.

44 Die Verfahrensbeteiligten sind mit Schriftsatz der Klägerin vom 3. Februar 2003, der Kommission vom 31. Januar 2003 und von Apotex vom 3. Februar 2003 den prozessleitenden Maßnahmen des Gerichts nachgekommen.

45 Die Verfahrensbeteiligten haben in der Sitzung vom 10. April 2003 mündlich verhandelt und die Fragen des Gerichts beantwortet.

46 Die Klägerin beantragt,

- die Entscheidung [C(1999) 2820] vom 25. August 1999 für nichtig zu erklären;

- das geänderte Gutachten des Ausschusses vom 23. Juni 1999 für nichtig zu erklären;

- der Kommission die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

47 Die Kommission und die EMEA beantragen,

- die Klage als unzulässig, hilfsweise als unbegründet abzuweisen;

- der Klägerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

48 Apotex beantragt,

- die Klage als unzulässig, hilfsweise als unbegründet abzuweisen;

- der Klägerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. Entscheidungsgründe

A - Zur Zulässigkeit des Klageantrags auf Nichtigerklärung des geänderten Gutachtens

Vorbringen der Beteiligten

49 Die Klägerin macht geltend, Artikel 230 EG enthalte keine erschöpfende Aufzählung der Organe, deren Handlungen mit einer Klage angefochten werden könnten (Urteil des Gerichtshofes vom 23. April 1986 in der Rechtssache 294/83, Les Verts/Parlament, Slg. 1986, 1339, Randnrn. 21 und 23), und die EMEA sei eine "mit besonderen Verwaltungsbefugnissen ausgestattete Hilfseinrichtung", deren Handlungen mit einer Nichtigkeitsklage angefochten werden könnten (Urteil des Gerichts vom 11. Mai 1989 in den Rechtssachen 193/87 und 194/87, Maurissen und Gewerkschaftsbund/Rechnungshof, Slg. 1989, 1045, und Schlussanträge von Generalanwalt Darmon in dieser Rechtssache, Slg. 1989, 1055, Nr. 54). Auch sei es notwendig, die Wirkungen des Gutachtens des Ausschusses zu untersuchen, um zu wissen, ob seine Rechtmäßigkeit nachgeprüft werden könne (Urteil des Gerichtshofes vom 31. März 1971 in der Rechtssache 22/70, Kommission/Rat, Slg. 1971, 263). Das Gutachten des Ausschusses stelle den Abschluss eines besonderen Verfahrens dar (Urteil des Gerichtshofes vom 15. März 1967 in den Rechtssachen 8/66 bis 11/66, Cimenteries u. a./Kommission, Slg. 1967, 100); selbst wenn die Kommission gemäß Artikel 10 Absatz 1 der Verordnung Nr. 2309/93 an dieses Gutachten nicht gebunden sei, sei sie selten in der Lage, dem Ausschuss zu widersprechen, und folge meist seinem Gutachten.

50 Die Kommission und die EMEA, unterstützt durch Apotex, machen geltend, dass das geänderte Gutachten keine anfechtbare Handlung im Sinne von Artikel 230 EG sei; nach dieser Bestimmung könnten Gutachten nicht mit einer Nichtigkeitsklage angefochten werden, und die EMEA sei nicht als Organ aufgeführt, dessen Handlungen mit einer Klage anfechtbar seien. Das geänderte Gutachten sei nur eine Handlung zur Vorbereitung der Entscheidung der Kommission über den Antrag auf eine Verkehrsgenehmigung, der einem Abschnitt des Entscheidungsverfahrens entspreche, und für die Klägerin, die davon nicht unmittelbar und individuell betroffen sei, keine Rechte oder Pflichten schaffe.

Würdigung durch das Gericht

51 Ob der Antrag der Klägerin auf Nichtigerklärung des geänderten Gutachtens zulässig ist, richtet sich danach, ob es sich bei diesem Gutachten um eine Vorbereitungshandlung, d. h. eine "Zwischenmaßnahme, die der Vorbereitung der endgültigen Entscheidung dient", handelt, die keine anfechtbare Handlung im Rahmen von Artikel 230 EG darstellt (Urteil des Gerichtshofes vom 11. November 1981 in der Rechtssache 60/81, IBM/Kommission, Slg. 1981, 2639, Randnr. 10).

52 Artikel 10 Absatz 1 Unterabsatz 1 der Verordnung Nr. 2309/93 bestimmt: "Innerhalb von dreißig Tagen nach Erhalt des Gutachtens erstellt die Kommission unter Berücksichtigung der gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften einen Entwurf einer Entscheidung über den Antrag." Nach Artikel 10 Absatz 1 Unterabsatz 3 kann der Entscheidungsentwurf vom Inhalt des Gutachtens abweichen, doch hat die Kommission dafür eine eingehende Begründung zu geben.

53 Somit stellt das geänderte Gutachten eine Stufe im Entscheidungsprozess dar, deren Zweck darin besteht, die Entscheidung über die Verkehrsgenehmigung vorzubereiten. Es handelt sich um eine Vorbereitungsmaßnahme, die den Standpunkt der Kommission nicht endgültig festlegt und die somit keine anfechtbare Handlung im Sinne der angeführten Rechtsprechung ist.

54 Daher ist der Antrag auf Nichtigerklärung des geänderten Gutachtens unzulässig.

55 Soweit die angefochtene Entscheidung im vorliegenden Verfahren das geänderte Gutachten, auf das sie in ihrer vierten Begründungserwägung Bezug nimmt, lediglich bestätigt, stellt der Inhalt dieses Gutachtens ebenso wie derjenige der Beurteilungsberichte, auf die es sich stützt, einen Bestandteil der Gründe der angefochtenen Entscheidung dar, insbesondere soweit es um die wissenschaftliche Beurteilung von Deferipron durch den Ausschuss und seine Berichterstatter geht. Der Inhalt des geänderten Gutachtens ist daher im Rahmen des Antrags auf Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung zu prüfen.

B - Zur Zulässigkeit des Antrags auf Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung

Vorbringen der Beteiligten

56 Die Klägerin macht geltend, sie sei von der angefochtenen Entscheidung unmittelbar und individuell betroffen im Sinne von Artikel 230 Absatz 4 EG. Sie sei legitim in das Verwaltungsverfahren einbezogen worden, da sie die EMEA auf das Bestehen erheblicher Bedenken gegen die wissenschaftliche Beurteilung von Deferipron hingewiesen habe und die einzige Person sei, die die Echtheit bestimmter Berichte über klinische Versuche habe gewährleisten können, auf die sich die angefochtene Entscheidung stütze und die von Apotex unrichtig dargestellt worden seien.

57 Ihr Rechtsschutzinteresse beruhe darauf, dass sie die öffentliche Gesundheit sowie die Gesundheit der an Thalassaemia Erkrankten schützen wolle und wegen ihrer Beteiligung an den Versuchen LA-01 und LA-03 diese Interessen als Einzige schützen könne. Keiner der drei Berichte über diese Versuche, die Apotex zusammen mit dem Antrag auf Verkehrsgenehmigung vorgelegt habe, trage ihre Unterschrift, obwohl es sich dabei um eine wesentliche Garantie für den Gesundheitsschutz handele (vgl. Beschluss im Verfahren der einstweiligen Anordnung, Randnrn. 65 und 66). Im Übrigen seien anders als im Urteil des Gerichts vom 17. Februar 2000 in der Rechtssache T-183/97 (Micheli u. a./Kommission, Slg. 2000, II-287) ihre klinischen Fähigkeiten berücksichtigt worden; ihre Interpretation der Ergebnisse der Versuche LA-01 und LA-03 sei in der angefochtenen Entscheidung unter Anführung angeblicher Verletzungen des Protokolls gerügt worden, so dass sie ein Rechtsschutzinteresse zum Schutz ihres beruflichen Ansehens habe.

58 Die Kommission und die EMEA, unterstützt durch Apotex, führen aus, dass die Klage wegen fehlenden Rechtsschutzinteresses unzulässig sei, da das berufliche Ansehen der Klägerin im Rahmen der vorliegenden Rechtssache kein echtes rechtliches Interesse darstelle (Urteil Micheli u. a./Kommission, Randnr. 40).

59 Zur Frage, ob die Klägerin von der angefochtenen Entscheidung individuell betroffen sei, führen die Kommission und die EMEA, unterstützt durch Apotex, aus, da die Klägerin nicht Adressatin dieser Entscheidung sei, könne sie nur dann geltend machen, individuell betroffen zu sein, wenn sie am Verfahren über den Erlass der Entscheidung beteiligt wäre, damit ihre Belange vom Organ berücksichtigt würden (vgl. Urteil des Gerichtshofes vom 28. Januar 1986 in der Rechtssache 169/84, Cofaz u. a./Kommission, Slg. 1986, 391, Randnrn. 23 bis 25). In Ermangelung eines Rechts auf Beteiligung verneine das Gericht das Rechtsschutzinteresse des Klägers (Beschluss des Gerichts vom 9. August 1995 in der Rechtssache T-585/93, Greenpeace u. a./Kommission, Slg. 1995, II-2205).

60 Die Verordnung Nr. 2309/93 lasse nur die Beteiligung des Antragstellers auf die Verkehrsgenehmigung, der EMEA und ihres wissenschaftlichen Gremiums, des Ausschusses sowie der Kommission und der Mitgliedstaaten zu und verleihe anderen Personen oder Einrichtungen kein Recht auf Teilnahme am Verfahren. Dass die Klägerin als Forscherin an bestimmten klinischen Versuchen über Deferipron teilgenommen habe und von sich aus ihre Meinung zur Wirksamkeit und Sicherheit dieses Produktes dem Ausschuss übermittelt habe, genüge daher in Ermangelung eines subjektiven Rechts auf Anhörung oder Berücksichtigung ihrer Interessen nicht, um ihr individuelles Interesse zu begründen (Beschluss des Gerichts vom 3. Juni 1997 in der Rechtssache T-60/96, Merck u. a./Kommission, Slg. 1997, II-849).

61 So sei die Verpflichtung des Forschers, den von ihm erstellten Bericht über einen klinischen Versuch zu unterzeichnen, gemäß Teil 4 Abschnitt C Nummer 1 des Anhangs der Richtlinie keine "Verfahrensgarantie", die die Klägerin im Sinne des Urteils Cofaz u. a./Kommission individualisieren könnte. Diese Unterschrift diene nämlich nicht der Berücksichtigung der Interessen des Forschers, sondern solle nur die Echtheit des Berichtes gewährleisten.

62 Die Kommission und die EMEA räumen zwar ein, dass der Ausschuss die von der Klägerin übermittelten Informationen über die Sicherheit des Arzneimittels für potenziell erheblich erachtet habe (insbesondere die im Schreiben des Ausschusses an die Kommission vom 20. Mai 1999 enthaltenen), was der Anlass zur Einsetzung der Ad-hoc-Gruppe gewesen sei, doch enthalte der Schriftwechsel mit Apotex nach der Übermittlung dieser Angaben (insbesondere das Schreiben des Ausschusses an Apotex vom 20. Mai 1999 und die Antworten von Apotex vom 26. Mai und 1. Juni 1999) keinen Anhaltspunkt dafür, dass die Klägerin über eine Verfahrensgarantie nach der Verordnung Nr. 2309/93 verfüge, die sie gegenüber der angefochtenen Entscheidung individualisieren könne.

63 Die Kommission und die EMEA, unterstützt durch Apotex, machen ferner geltend, selbst wenn aufgrund negativer Beurteilungen der Qualität der Arbeiten der Klägerin, die sich im Rahmen der angefochtenen Entscheidung fänden, ein Risiko für deren Ansehen bestuende, verleihe ihr dies doch nicht die Befugnis zur Anfechtung dieser Entscheidung, da Artikel 68 der Verordnung Nr. 2309/93 es der Kommission nicht erlaube, Umstände dieser Art in den Entscheidungen über Verkehrsgenehmigungen zu berücksichtigen (Urteile des Gerichtshofes vom 26. Januar 1984 in der Rechtssache 301/82, Clin-Midy u. a., Slg. 1984, 251, Randnrn. 10 und 11, vom 7. Dezember 1993 in der Rechtssache C-83/92, Pierrel u. a., Slg. 1993, I-6419, Randnr. 21, und vom 2. April 1998 in der Rechtssache C-127/95, Norbrook Laboratories, Slg. 1998, I-1531, Randnr. 108). Die hypothetischen Risiken für das Ansehen oder die berufliche Stellung der Klägerin könnten die Klage daher nicht zulässig machen (Urteil Micheli u. a./Kommission).

64 Zur Frage, ob die Klägerin von der angefochtenen Entscheidung unmittelbar betroffen ist, erinnern die Kommission und die EMEA daran, dass nach der Rechtsprechung eine Person von einer Entscheidung nur dann unmittelbar betroffen sei, wenn deren Anwendung nicht von der Ausübung eines Ermessens durch einen Dritten abhänge (Urteil des Gerichtshofes vom 14. Januar 1988 in der Rechtssache 55/86, Arposol/Rat, Slg. 1988, 13, Randnr. 13). Grundsätzlich müsse ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen dem Akt der Gemeinschaft und der Person bestehen, die ihn anfechte. Es sei jedoch nicht dargetan, dass die Arbeiten der Klägerin als Grundlage für den Antrag auf Verkehrsgenehmigung gedient hätten oder dass die angefochtene Entscheidung einen unmittelbaren Einfluss auf die Beurteilung der Qualität ihrer Arbeiten und gegebenenfalls auf die Finanzierung ihrer Forschungen gehabt habe. Selbst wenn solche Beweise erbracht worden wären, wäre mit ihnen nicht dargetan, dass die Klägerin unmittelbar betroffen sei, da die Auswirkungen auf ihr Ansehen nur auf einer Auslegung durch die übrigen Mitglieder der wissenschaftlichen Gemeinschaft beruhten, die den Sachverhalt persönlich unter Berücksichtigung einer Vielzahl von Faktoren beurteilten.

65 Apotex führt aus, dass sich die Klägerin für eine Nichtigkeitsklage nicht auf die Interessen der an Thalassaemia major Erkrankten berufen könne, da sie nicht die Vertreterin dieser Patienten oder einer Vereinigung von Patienten, sondern Ärztin sei und da sie sich nur auf ihre ärztlichen Tätigkeiten in Kanada berufe, ohne anzugeben, wodurch die Zulassung von Ferriprox in der Gemeinschaft irgendeine Auswirkung auf ihre Patienten haben könne. Auch könnten die unmittelbaren Belange in Bezug auf die Gesundheit der Patienten von einer Verkehrsgenehmigung nicht unmittelbar betroffen sein, denn Ferriprox sei rezeptpflichtig. Daher müsse Apotex das Erzeugnis zunächst in den Verkehr bringen, und sodann müssten die Ärzte es den Patienten verschreiben.

Würdigung durch das Gericht

66 Zunächst ist zu prüfen, ob die Klägerin ein Rechtsschutzinteresse hat, denn wenn das Rechtsschutzinteresse fehlt, kommt es nicht darauf an, ob sie von der angefochtenen Entscheidung im Sinne von Artikel 230 Absatz 4 EG unmittelbar und individuell betroffen ist (Urteil Micheli u. a./Kommission, Randnr. 34).

67 Die Klägerin macht ein Rechtsschutzinteresse unter zwei Gesichtspunkten geltend: unter dem Gesichtspunkt des Schutzes der Gesundheit und unter dem des Schutzes ihres beruflichen Ansehens.

1. Zum Rechtsschutzinteresse der Klägerin unter dem Gesichtspunkt des Schutzes der Gesundheit

a) Allgemeine Erwägungen

68 Nach Artikel 152 EG (früher Artikel 129 Absatz 1 Unterabsatz 1 EG-Vertrag) wird bei der Festlegung und Durchführung aller Gemeinschaftspolitiken und -maßnahmen ein hohes Gesundheitsschutzniveau hergestellt. Diese Bestimmung verpflichtet die Gemeinschaftsorgane, zu gewährleisten, dass ihre Entscheidungen unter voller Berücksichtigung der besten verfügbaren wissenschaftlichen Daten getroffen und auf die neuesten internationalen Forschungsergebnisse gestützt werden (Urteile des Gerichts vom 11. September 2002 in der Rechtssache T-13/99, Pfizer Animal Health/Rat, Slg. 2002, II-3305, Randnr. 158, und in der Rechtssache T-70/99, Alpharma/Rat, Slg. 2002, II-3495, Randnr. 171).

69 In diesem Zusammenhang hat die Kommission nach Artikel 11 der Verordnung Nr. 2309/93 vor der Genehmigung des Inverkehrbringens eines Arzneimittels zu prüfen, ob die vom Antragsteller vorgelegten Angaben und Unterlagen richtig sind und die Qualität, die Sicherheit und die Wirksamkeit dieses Arzneimittels ausreichend nachweisen. Die Entscheidung der Kommission, eine Verkehrsgenehmigung zu erteilen, ist nach der dritten Begründungserwägung der Verordnung Nr. 2309/93 im Interesse der öffentlichen Gesundheit basierend auf den objektiven wissenschaftlichen Kriterien der Qualität, der Sicherheit und der Wirksamkeit des betreffenden Arzneimittels unter Ausschluss wirtschaftlicher oder sonstiger Überlegungen zu treffen.

70 Damit die Kommission diese Verpflichtungen erfuellen kann, stellen die Verordnung Nr. 2309/93 und die Rechtsakte, auf die sie verweist, genaue Regeln über die Gestaltung der Anträge auf Genehmigung des Inverkehrbringens, ihre Behandlung und die zu treffenden Entscheidungen auf. So sieht Artikel 6 Absatz 1 der Verordnung Nr. 2309/93 vor, dass "[e]inem Antrag auf Genehmigung eines Humanarzneimittels... die in den Artikeln 4 und 4a der Richtlinie 65/65/EWG, im Anhang der Richtlinie 75/318/EWG und in Artikel 2 der Richtlinie 75/319/EWG genannten Angaben und Unterlagen beizufügen" sind. In Durchführung dieser Bestimmung muss der Antragsteller seinem Antrag alle für die Bewertung des betreffenden Arzneimittels zweckdienlichen Angaben, insbesondere Angaben über die Ergebnisse der durchgeführten klinischen Versuche, ob günstig oder ungünstig für das Erzeugnis, beifügen (vgl. Teil 4 Absatz 3 der Einleitung und Abschnitt A des Anhangs der Richtlinie). Die Einhaltung der Vorschriften des Artikels 6 Absatz 1 der Verordnung ist wesentlich, um das grundlegende Ziel des Schutzes der öffentlichen Gesundheit zu erreichen (Beschluss im Verfahren der einstweiligen Anordnung, Randnr. 66, vgl. entsprechend Urteil Norbrook Laboratories, Randnrn. 40 und 41).

71 Was die Unterzeichnung der Berichte über die klinischen Versuche betrifft, so ist mit der Kommission auszuführen, dass Teil 4 Abschnitt C Nummer 1 des Anhangs der Richtlinie - wonach der Abschlussbericht vom Prüfer und bei Multicenterstudien von allen Prüfern oder dem koordinierenden Prüfer zu unterzeichnen ist - die Echtheit dieses Berichtes gewährleistet, dessen Übermittlung an die Kommission dem Antragsteller obliegt.

72 Die Anwendung dieser Bestimmungen muss es der Kommission grundsätzlich ermöglichen, ihre Verpflichtungen aus Artikel 11 der Verordnung Nr. 2309/93 zu erfuellen, ohne dass sie grundsätzlich Informationen über die wissenschaftliche Beurteilung des betroffenen Arzneimittels bei anderen Personen als dem Antragsteller einholen oder prüfen muss.

73 Doch untersagt es das einschlägige Gemeinschaftsrecht der Kommission nicht, vor der Erteilung der Verkehrsgenehmigung ein Verfahren zu befolgen, bei dem andere Personen als der Antragsteller Stellung nehmen können, um ihr die Erfuellung ihrer Pflicht zu ermöglichen, im Interesse der Gesundheit zu prüfen, ob ihr alle für die Bewertung des betreffenden Arzneimittels zweckdienlichen Angaben, ob günstig oder ungünstig für das Erzeugnis, tatsächlich mitgeteilt worden sind. Dass das Gemeinschaftsrecht keine entsprechende Bestimmung enthält, kann die Kommission nicht daran hindern, Informationen bei einem Dritten einzuholen, wenn dies für die Wahrung des Interesses der Gesundheit unerlässlich ist.

b) Zur Prüfung der Informationen, die die Klägerin dem Ausschuss und der Kommission übermittelt hat

74 Um das mögliche Rechtsschutzinteresse der Klägerin im Rahmen der vorliegenden Rechtssache bestimmen zu können, ist zunächst zu untersuchen, welche Rolle die Klägerin in den verschiedenen Abschnitten des Verfahrens der wissenschaftlichen Beurteilung von Deferipron gespielt hat.

75 In der ersten Phase, also bis zur Beteiligung der Klägerin am Verfahren der wissenschaftlichen Beurteilung besteht ihre Rolle hauptsächlich darin, dass ihre Arbeiten über Deferipron einen erheblichen Teil der Informationen über die Beurteilung dieses Erzeugnisses bilden (siehe oben, Randnrn. 15 bis 21).

76 Auf den Antrag hin beabsichtigte die Kommission, das Inverkehrbringen von Deferipron unter Berücksichtigung allein der von Apotex mitgeteilten und vom Ausschuss im Rahmen des ursprünglichen Beurteilungsverfahrens geprüften Informationen zu genehmigen.

77 Zu diesem Zeitpunkt übersandte die Klägerin dem Ausschuss Informationen, die zur Wiedereröffnung des Verfahrens der wissenschaftlichen Beurteilung führten (siehe oben, Randnrn. 27 bis 30).

78 Daraufhin hat die Kommission von sich aus das Verfahren über die Verkehrsgenehmigung ausgesetzt und vom Ausschuss zusätzliche wissenschaftliche Erläuterungen verlangt. Das war durch das Ziel des Schutzes der Gesundheit gerechtfertigt, das allen Arbeiten der Kommission zugrunde liegt. Wie bereits ausgeführt, gebietet die Gemeinschaftsregelung der Kommission nämlich, zu prüfen, ob die vom Antragsteller vorgelegten Angaben und Unterlagen richtig sind, so dass sie die Qualität, die Sicherheit und die Wirksamkeit des betreffenden Arzneimittels beurteilen und sein Inverkehrbringen genehmigen kann.

79 In dieser Phase des Beurteilungsverfahrens konnte sich die Klägerin somit für die Übermittlung von Informationen an den Ausschuss, die geeignet waren, die ursprüngliche Beurteilung in Frage zu stellen, auf das Interesse der Gesundheit berufen, da die Informationen, die Apotex im Antrag und im Beurteilungsverfahren übermittelt hatte, nicht vollständig waren. Die Klägerin konnte auch ihre eigene Analyse der Ergebnisse des klinischen Versuchs LA-01 übermitteln, da das Protokoll, das Apotex darüber ohne ihr Einverständnis erstellt hatte, ihrer Ansicht nach falsch war.

80 In Fällen wie dem vorliegenden, in dem die Informationen, die die Klägerin unmittelbar dem Ausschuss übermittelt hat, geeignet sind, die ursprüngliche wissenschaftliche Beurteilung des betreffenden Arzneimittels in Frage zu stellen, wie dies im Schreiben der Kommission vom 15. Juni 1999 ausdrücklich anerkannt wird, und in dem die für die Echtheit der Abschlussberichte über verschiedene klinische Versuche verantwortliche Person die Richtigkeit der vom Antragsteller ohne ihr Einverständnis übermittelten Informationen bestreitet, ist die Kommission daher verpflichtet, im Interesse der Gesundheit den Inhalt dieser Informationen zu prüfen. Andernfalls wäre sie nicht in der Lage, ihre Verpflichtungen aus der Verordnung Nr. 2309/93 zu erfuellen.

81 Die Klägerin hatte bei den Arbeiten über die Entwicklung von Deferipron eine wesentliche Rolle gespielt, und die Informationen, die sie dem Ausschuss übermittelte, haben es der Kommission erlaubt, im Interesse der Gesundheit zu prüfen, ob die Angaben und Unterlagen, auf deren Grundlage das Inverkehrbringen dieses Arzneimittels genehmigt wurde, vollständig und richtig waren. Unter diesen besonderen Umständen wäre die Klägerin von einer Entscheidung der Kommission, die an sie gerichtet worden wäre und mit der die Prüfung der Informationen, die sie im Rahmen des Verfahrens der wissenschaftlichen Beurteilung von Deferipron übermittelt hatte, abgelehnt worden wäre, oder von einer stillschweigenden ablehnenden Entscheidung, die ergangen wäre, wenn die Kommission die Entscheidung über die Verkehrsgenehmigung erlassen hätte, ohne diese Informationen zu prüfen, betroffen gewesen, und sie wäre berechtigt gewesen, eine solche Entscheidung beim Gericht anzufechten.

82 Jedoch wurde aufgrund des Eingreifens der Klägerin und der Entscheidung der Kommission, das Verfahren über die Verkehrsgenehmigung auszusetzen und eine zusätzliche Prüfung zu verlangen, die ursprüngliche wissenschaftliche Beurteilung von Deferipron vom Ausschuss geändert und ergänzt. In Anbetracht der angefochtenen Entscheidung und der ihr zugrunde liegenden Gutachten und Berichte stützte das Vorbringen der Klägerin im Rahmen der vorliegenden Klage nicht die Behauptung, dass die Kommission die von der Klägerin im Rahmen des Beurteilungsverfahrens unmittelbar mitgeteilten Informationen nicht berücksichtigt hätte.

83 Aufgrund der wissenschaftlichen Beurteilung rechtfertigt der Ausschuss - insoweit wurde diese Begründung von der Kommission übernommen - die Verkehrsgenehmigung für Deferipron mit folgenden Gründen:

- Erstens sei die Indikation von Deferipron eng begrenzt auf die Behandlung der erhöhten Eisenkonzentration bei Patienten, die an Thalassaemia major erkrankt seien und bei denen eine Behandlung mit Deferoxamin kontraindiziert sei oder zu einer schweren Schädigung führe;

- zweitens sei Deferipron verhältnismäßig wirksam in dem Sinne, dass es den Abbau von Eisen fördere und dessen Ansammlung bei bestimmten mit diesem Erzeugnis behandelten Patienten verhindern könne, wie die Ergebnisse im Hinblick auf die Konzentration von Ferritin im Serum im Rahmen insbesondere der Versuche LA-01, LA-02 und LA-03 belegten;

- drittens sei die Verkehrsgenehmigung für Deferipron trotz der Informationen über die gegenüber Deferoxamin geringere Wirksamkeit von Deferipron und des Mangels an Informationen, die zeigten, dass die Eisenbilanz langfristig negativ sei, mit dem Fehlen einer anderen therapeutischen Lösung zu erklären, mit der das Leben der von der Indikation erfassten Patienten gerettet werden könne;

- viertens sei die Verkehrsgenehmigung zu dem Zweck, die für die Vervollständigung der Beurteilung von Deferipron für erforderlich gehaltenen Informationen zu gewinnen, mit zahlreichen besonderen Auflagen verbunden, die von Apotex zusätzliche Angaben verlangten.

84 Zu den Wirkungen von Deferipron auf das Herz übermittelte die Klägerin dem Ausschuss oder seinen Mitgliedern unmittelbar mehrere Informationen, insbesondere die Angabe, dass bei 32 % der im Rahmen des Versuchs LA-01 mit Deferipron behandelten Patienten der Eisenüberschuss erstmals festgestellt worden sei oder sich verschlimmert habe. Aus den Akten geht hervor, dass diese Informationen bei der Beurteilung von Deferipron berücksichtigt wurden. Denn die Zusammenfassung der Merkmale des Erzeugnisses in Anhang I der angefochtenen Entscheidung warnt den behandelnden Arzt mit der Angabe, dass die verfügbaren Daten in Bezug auf die Wirkung von Deferipron auf die Herztätigkeit begrenzt seien. Auch verlangt die angefochtene Entscheidung zu dem Zweck, solche Angaben zu erhalten, von Apotex im Rahmen der besonderen Auflagen, ergänzende vergleichende Angaben über das Überleben und die Herzschwächen sowie Angaben über die im Rahmen des Versuchs LA-01 gewonnenen Beurteilungen durch Kernspintomografie zu machen. Die Verpflichtung in Bezug auf die Kernspintomografie-Angaben soll dem - von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung anerkannten - Umstand abhelfen, dass die Klägerin diese Angaben dem Ausschuss nicht mitgeteilt hatte, obwohl sie über sie verfügte, und dass sie sich weigerte, sie Apotex zu übermitteln.

85 In Bezug auf die Wirkungen von Deferipron auf die Leber übermittelte die Klägerin dem Ausschuss unmittelbar mehrere Informationen insbesondere in Bezug auf das Risiko vorzeitigen Ablebens aufgrund der fortschreitenden Leberfibrose. Aus den Akten geht hervor, dass diese Informationen vom Ausschuss und der Ad-hoc-Gruppe im Rahmen des ergänzenden Beurteilungsverfahrens berücksichtigt wurden. Denn die Zusammenfassung der Merkmale des Erzeugnisses in Anhang I der angefochtenen Entscheidung wurde gegenüber dem ursprünglichen Entwurf geändert, um die Wirkungen von Deferipron auf die Leberfunktion besser berücksichtigen zu können und insbesondere den behandelnden Arzt von den Bedenken zu unterrichten, die noch in Bezug auf die Möglichkeit einer Verschlimmerung der Leberfibrose durch Deferipron und den Zusammenhang zwischen Leberfibrose und Hepatitis C bei Thalassaemia-Patienten bestanden. Ferner erlegt die angefochtene Entscheidung Apotex auf, ergänzende Angaben zur Leberfibrose bei etwa 30 Patienten zu übermitteln, die vier Jahre lang mit Deferipron behandelt wurden.

86 Zur Eisenkonzentration in der Leber teilte die Klägerin die im Rahmen des Versuchs LA-01 gewonnenen Ergebnisse dem Ausschuss unmittelbar mit. Aus den Akten geht hervor, dass diese Ergebnisse bei der vom Berichterstatter und dem Mitberichterstatter des Ausschusses durchgeführten ergänzenden Untersuchung beurteilt und von der Kommission in die angefochtene Entscheidung einbezogen worden sind. Zudem erlegt die angefochtene Entscheidung Apotex auf, nach vier Jahren der Behandlung von ungefähr 100 Thalassaemia-Patienten mit Deferipron ergänzende Angaben zur Wirksamkeit und zur Sicherheit zu machen. Somit hatten die von Apotex behaupteten Verletzungen des Protokolls und die Behauptung im Öffentlichen Beurteilungsbericht - auf der Grundlage einer Feststellung im Rahmen der ursprünglichen Beurteilung -, dass das Protokoll des Versuchs LA-01 nicht ausreichend berücksichtigt worden sei, keinen Einfluss auf die Beurteilung des Ausschusses, der in der Sachverhaltsdarstellung zu den von der Klägerin gelieferten Ergebnissen Stellung genommen hat.

87 Im Übrigen hat die Klägerin dem Ausschuss ihre Bedenken in Bezug auf das Risiko, dass Deferipron außerhalb der Indikationen verschrieben werden und somit das Leben der Patienten bedrohen könnte, unmittelbar mitgeteilt. Aus den Akten geht hervor, dass dieses Risiko im Rahmen des Beurteilungsverfahrens berücksichtigt worden ist. Denn die Ergebnisse der Ad-hoc-Gruppe und der ergänzende Beurteilungsbericht erlauben die Feststellung, dass die von der Klägerin in ihrem Schreiben vom 28. April 1999 geäußerten einschlägigen Bedenken im Rahmen der wissenschaftlichen Beurteilung geprüft worden sind und zum Erlass von Überwachungsmaßnahmen geführt haben. So erlegte der Ausschuss Apotex die Verpflichtung auf, die Gesamtverkaufszahlen in allen Mitgliedstaaten in dem auf die Entscheidung über die Verkehrsgenehmigung folgenden Jahr mitzuteilen, die Apotex mit Schreiben vom 23. Juni 1999 übernommen hat. Hierzu ist festzustellen, dass die Kommission in Beantwortung der im Rahmen der prozessleitenden Maßnahmen gestellten Fragen - von der Klägerin unwidersprochen - ausgeführt hat, dass die von Apotex getätigten Ferriprox-Verkäufe die Deckung des Bedarfs von etwa 1 400 Patienten erlaubten, wobei nach dem Vortrag der Kommission 2 000 Personen mit Deferipron behandelt werden könnten.

88 Nach allem sind somit die Informationen, die die Klägerin unmittelbar dem Ausschuss übermittelt hat, geprüft und im ergänzenden Beurteilungsverfahren berücksichtigt worden: Einige dieser Informationen haben zur Änderung dieser Beurteilung geführt, während andere bereits bei der Begrenzung der therapeutischen Indikationen von Deferipron berücksichtigt wurden oder Gegenstand einer der Apotex in der angefochtenen Entscheidung auferlegten besonderen Auflagen geworden sind.

89 In Bezug auf die Informationen, die Apotex gegeben hat, kann die Klägerin nicht behaupten, dass der Ausschuss und die Kommission die Richtigkeit und Vollständigkeit dieser Angaben nicht geprüft hätten. Dieses Vorbringen hat keine faktische Grundlage, da der Ausschuss gerade aufgrund des Tätigwerdens der Klägerin und des Ersuchens der Kommission, das Beurteilungsverfahren wiederzueröffnen, bei Apotex mit Schreiben vom 20. Mai 1999 die Vollständigkeit der im Antrag auf Verkehrsgenehmigung und im ursprünglichen Beurteilungsverfahren vorgelegten Angaben geprüft hat und die Ad-hoc-Gruppe nach Prüfung der von Apotex - in Beantwortung des Schreibens des Ausschusses vom 20. Mai 1999 - und der Klägerin gelieferten Informationen zu dem Ergebnis gelangt ist, dass das ursprüngliche, für die Erteilung der Verkehrsgenehmigung positive Gutachten nicht geändert zu werden brauche, außer in Bezug auf die Erwähnung des Risikos der Leberfibrose und die Berücksichtigung des Risikos einer Verschreibung von Deferipron außerhalb seiner Indikation.

90 Auch kann die Klägerin keinen Formfehler nur wegen des Fehlens ihrer Unterschrift unter dem Bericht über den klinischen Versuch LA-01 (oder unter dem Bericht über den klinischen Versuch LA-03) rügen, der dem Antrag von Apotex beigefügt war. Die anwendbare Regelung bestimmt zwar, dass der Abschlussbericht über einen klinischen Versuch von den Prüfern oder dem koordinierenden Prüfer unterzeichnet werden muss (vgl. Teil 4 Abschnitt C Nr. 1 des Anhangs der Richtlinie), doch geht aus dieser Regelung ebenfalls hervor, dass bei einem unvollständigen oder abgebrochenen Versuch alle zweckdienlichen Einzelheiten über diesen Versuch dem Antrag beizufügen sind (Einleitung des Anhangs der Richtlinie). Da die Versuche LA-01 und LA-03 abgebrochen wurden, war die Unterschrift der Klägerin unter den Berichten über diese Versuche, denen Erläuterungen in Bezug auf die Gründe beigefügt waren, aus denen Apotex sie abgebrochen hatte, nach der anwendbaren Regelung formal nicht erforderlich. Zudem ergibt sich aus den Angaben, dass die Klägerin dem Ausschuss Informationen gegeben hat, die die Echtheit der im Rahmen des Versuchs LA-01 erhaltenen Ergebnisse gewährleisteten.

91 Daher war die Klägerin zwar berechtigt, sich zu vergewissern, dass der Ausschuss und die Kommission die Informationen prüften, die sie dem Ausschuss unmittelbar übermittelt hatte, um zur wissenschaftlichen Beurteilung von Deferipron beizutragen und die Echtheit der im Rahmen des Versuchs LA-01 erhaltenen Ergebnisse zu gewährleisten, doch ist dieses Recht zu dem Zeitpunkt erloschen, zu dem diese Informationen geprüft und im Rahmen des Beurteilungsverfahrens berücksichtigt wurden.

92 Daher hat die Klägerin kein Rechtsschutzinteresse an der Anfechtung der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung unter dem Gesichtspunkt der Prüfung der Richtigkeit und der Vollständigkeit der wissenschaftlichen Informationen für Deferipron.

c) Zur wissenschaftlichen Beurteilung durch den Ausschuss, die von der Kommission übernommen wurde

93 Anders als Apotex, Antragsteller und in dieser Eigenschaft Adressat der angefochtenen Entscheidung, kann die Klägerin die Beurteilung durch den Ausschuss, die die Kommission übernommen hat, nicht mit der Nichtigkeitsklage anfechten. Zwar war die Klägerin wegen ihrer Stellung als einer anerkannten Spezialistin für Thalassaemia major und ihres bedeutenden Beitrags zu den Forschungen, auf die sich der Antrag von Apotex stützt, besonders befähigt, dem Ausschuss wichtige und zweckdienliche Informationen zu liefern. Zudem war die Kommission im Interesse der öffentlichen Gesundheit verpflichtet, die wissenschaftlichen Angaben und die Ansichten, die ihr die Klägerin übermittelt hatte, zu berücksichtigen und sorgfältig zu würdigen. Im Rahmen der Regelung für die Verkehrsgenehmigungen kann die Rolle der Klägerin jedoch nicht derjenigen des Antragstellers gleichgesetzt werden, der am Verwaltungsverfahren kraft eines Rechts teilnimmt, das diese Regelung ihm verliehen hat. Die Beteiligung der Klägerin am Beurteilungsverfahren beschränkt sich daher auf die Vorlage von zweckdienlichen Informationen zu Deferipron und erstreckt sich nicht auf die wissenschaftliche Beurteilung dieser Angaben zum Zweck der Genehmigung des Inverkehrbringens dieses Erzeugnisses, die ausschließlich der Kommission im Rahmen der durch die Verordnung Nr. 2309/93 eingeführten Verfahren obliegt.

94 Denn im Unterschied zu anderen gemeinschaftlichen Verwaltungsverfahren, insbesondere im Bereich des Wettbewerbsrechts, in denen Dritte, also die von der Entscheidung eines Organs Betroffenen oder potenziell Betroffenen, vor dem Erlass der Entscheidung ein Recht auf Anhörung durch dieses Organ haben, führt die Verordnung Nr. 2309/93 ein rein zweiseitiges Verfahren ein. Es handelt sich um ein Verfahren zwischen dem Antragsteller und der Verwaltung, in dessen Rahmen die Verwaltung das Interesse des Antragstellers am Erhalt einer Verkehrsgenehmigung und das öffentliche Interesse am Schutz der menschlichen Gesundheit berücksichtigen muss. Die Klägerin kann in ihrer Eigenschaft als Dritte an diesem Verfahren nicht teilnehmen und sich nicht zum Gesprächspartner des Ausschusses und der Kommission aufschwingen, soweit es um die Beurteilung der wissenschaftlichen Angaben über das betreffende Arzneimittel geht.

95 Daher hat die Klägerin an der Anfechtung der angefochtenen Entscheidung unter dem Gesichtspunkt des Schutzes der Gesundheit in Bezug auf die Beurteilung von Deferipron kein Rechtsschutzbedürfnis.

2. Zum Rechtsschutzinteresse der Klägerin unter dem Gesichtspunkt des Schutzes ihres beruflichen Ansehens

96 Die Klägerin macht weiter geltend, sie habe ein Rechtsschutzinteresse unter dem Gesichtspunkt ihres beruflichen Ansehens, das in der angefochtenen Entscheidung in Zweifel gezogen worden sei, die bestimmte im Rahmen des Versuchs LA-01 gewonnene Ergebnisse mit der Begründung außer Betracht lasse, dass sie zu Verletzungen des Protokolls geführt hätten.

97 Aus den Akten geht jedoch hervor, dass das berufliche Ansehen der Klägerin entgegen ihrer Ansicht im Rahmen des Verfahrens der wissenschaftlichen Beurteilung durch den Ausschuss eine erhebliche Rolle gespielt hat, wie oben beschrieben (vgl. insbesondere Randnrn. 78 bis 81). Die Ausführungen, die die Klägerin unmittelbar dem Ausschuss übermittelte, führten daher unter Berücksichtigung der Rolle, die sie bei den Arbeiten an der Entwicklung dieses Erzeugnisses gespielt hatte, und ihres beruflichen Ansehens zur Wiedereröffnung des Verfahrens der wissenschaftlichen Beurteilung, der Einberufung einer Gruppe von Sachverständigen und der Änderung des Entscheidungsentwurfs. Der bloße Umstand, dass die Verkehrsgenehmigung Apotex nach Abschluss der Beurteilung unbeschadet der kritischen Stellungnahme der Klägerin erteilt wurde, bedeutet weder eine negative Beurteilung ihres beruflichen Ansehens noch die Ablehnung ihrer wissenschaftlichen Beurteilung. Die Entscheidung, die die Kommission zu treffen hatte, setzte keine Entscheidung über die Richtigkeit der von Apotex bzw. der Klägerin vorgelegten einander widersprechenden Vorschläge voraus. Der Ausschuss und die Kommission hatten das Interesse von Apotex an der Vermarktung des Erzeugnisses und die Vorteile, die daraus für an Thalassaemia major leidende Personen entstehen konnten, gegen die möglichen Risiken für die menschliche Gesundheit abzuwägen, die sich im Laufe des Verfahrens aus der wissenschaftlichen Beurteilung ergaben. Dass sich der Ausschuss und daraufhin die Kommission zugunsten von Apotex und damit zugunsten derjenigen Patienten ausgesprochen haben, denen das Arzneimittel möglicherweise hilft, bedeutet nicht, dass sie festgestellt hätten, dass die von der Klägerin ermittelten Risiken nicht bestuenden, und auch nicht, dass die von ihr geäußerten Vorbehalte außer Acht gelassen würden.

98 Selbst unterstellt, dass das berufliche Ansehen der Klägerin in der angefochtenen Entscheidung in Zweifel gezogen worden wäre, würde ihr dies zudem insoweit kein Rechtsschutzinteresse für die Anfechtung dieser Entscheidung verleihen, da Artikel 68 der Verordnung Nr. 2309/93 die Kommission nicht ermächtigt, diese Art Umstände bei Entscheidungen über eine Verkehrsgenehmigung zu berücksichtigen (vgl. entsprechend Urteil Norbrook Laboratories, Randnrn. 40 und 41).

99 Daher kann die Klägerin im vorliegenden Verfahren kein Rechtsschutzinteresse unter dem Gesichtspunkt des Schutzes ihres beruflichen Ansehens geltend machen.

3. Ergebnis

100 Nach allem kann die Klägerin weder unter dem Gesichtspunkt des Schutzes der Gesundheit noch unter dem des Schutzes ihres beruflichen Ansehens ein Rechtsschutzinteresse geltend machen. Somit ist die Klage in Ermangelung eines Rechtsschutzinteresses für unzulässig zu erklären.

Kostenentscheidung:

Kosten

101 Nach Artikel 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerin unterlegen ist, sind ihr ihre eigenen Kosten sowie die Kosten der Kommission und der EMEA einschließlich der Kosten des Verfahrens der einstweiligen Anordnung aufzuerlegen.

102 Nach Artikel 87 § 4 Absatz 3 seiner Verfahrensordnung kann das Gericht entscheiden, dass ein Streithelfer seine eigenen Kosten trägt. Daher hat Apotex sowohl im Hauptsacheverfahren als auch im Verfahren der einstweiligen Anordnung ihre eigenen Kosten zu tragen.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DAS GERICHT

(Fünfte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1. Die Klage wird als unzulässig abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt ihre eigenen Kosten sowie die Kosten der Kommission und der Europäischen Agentur für die Beurteilung von Arzneimitteln einschließlich der Kosten des Verfahrens der einstweiligen Anordnung.

3. Die Streithelferin trägt sowohl in der Hauptsache als auch im Verfahren der einstweiligen Anordnung ihre eigenen Kosten.

Ende der Entscheidung

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