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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäisches Gericht
Urteil verkündet am 14.12.2004
Aktenzeichen: T-332/02
Rechtsgebiete: Verordnung (EWG) Nr. 1031/88 des Rates vom 18. April 1988 über die zur Erfüllung einer Zollschuld verpflichteten Personen, Verordnung (EWG) Nr. 1430/79 des Rates vom 2. Juli 1979 über die Erstattung oder den Erlass von Eingangs- oder Ausfuhrabgaben in der Fassung der Verordnung (EWG) Nr. 3069/86 des Rates vom 7. Oktober 1986


Vorschriften:

Verordnung (EWG) Nr. 1031/88 des Rates vom 18. April 1988 über die zur Erfüllung einer Zollschuld verpflichteten Personen Art. 4
Verordnung (EWG) Nr. 1430/79 des Rates vom 2. Juli 1979 über die Erstattung oder den Erlass von Eingangs- oder Ausfuhrabgaben in der Fassung der Verordnung (EWG) Nr. 3069/86 des Rates vom 7. Oktober 1986 Art. 13 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

Urteil des Gerichts erster Instanz (Fünfte Kammer) vom 14. Dezember 2004. - Nordspedizionieri di Danielis Livio & C. Snc, Livio Danielis und Domenico D'Alessandro gegen Kommission der Europäischen Gemeinschaften. - Zollunion - Gemeinschaftliches Versandverfahren - Betrug - Zigarettenschmuggel - Erlass von Eingangsabgaben - Verordnung (EWG) Nr. 1430/79 - Artikel 13: Billigkeitsklausel - Begriff 'besondere Umstände'. - Rechtssache T-332/02.

Parteien:

In der Rechtssache T-332/02

Nordspedizionieri di Danielis Livio & C. Snc mit Sitz in Triest (Italien),

Livio Danielis, wohnhaft in Triest,

Domenico D'Alessandro, wohnhaft in Triest,

Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt G. Leone,

Kläger,

gegen

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, zunächst vertreten durch X. Lewis und R. Amorosi als Bevollmächtigte, dann durch M. Lewis im Beistand von Rechtsanwalt G. Bambara, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Beklagte,

wegen Nichtigerklärung der Entscheidung REM 14/01 der Kommission vom 28. Juni 2002, mit der ein zugunsten der Kläger gestellter Antrag der Italienischen Republik auf Erlass von Eingangsabgaben abgelehnt wurde, und, hilfsweise, wegen Feststellung, dass die diesen Abgaben entsprechende Zollschuld teilweise zu erlassen ist,

erlässt

DAS GERICHT ERSTER INSTANZ DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN (Fünfte Kammer)

unter Mitwirkung der Präsidentin P. Lindh sowie der Richter R. García-Valdecasas und J. D. Cooke,

Kanzler: J. Palacio González, Hauptverwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom

29. Juni 2004,

folgendes

Urteil

Entscheidungsgründe:

Rechtlicher Rahmen

1. Das gemeinschaftliche Versandverfahren ist ein Zollverfahren, das die Beförderung von Waren innerhalb der Gemeinschaft erleichtern soll. Dieses Verfahren, das ein externes gemeinschaftliches Versandverfahren und ein internes gemeinschaftliches Versandverfahren umfasst, erlaubt es u. a., dass die in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbrachten Waren vom Einfuhrort bis zum Bestimmungsort befördert werden, ohne dass beim Übergang von einem Mitgliedstaat in einen anderen erneut Zollförmlichkeiten zu erfüllen sind. Nach Artikel 1 Absatz 2 der auf den hier in Rede stehenden Sachverhalt anwendbaren Verordnung (EWG) Nr. 222/77 des Rates vom 13. Dezember 1976 über das gemeinschaftliche Versandverfahren (ABl. 1977, L 38, S. 1) werden im externen gemeinschaftlichen Versandverfahren im Wesentlichen die Waren befördert, die sich in den Mitgliedstaaten der Gemeinschaft nicht im freien Verkehr im Sinne der Artikel 9 und 10 EG-Vertrag (jetzt Artikel 23 EG und 24 EG) befinden.

2. Nach Artikel 12 dieser Verordnung sind Waren, die im externen gemeinschaftlichen Versandverfahren befördert werden sollen, mit einer Versandanmeldung T 1 zum Versand anzumelden. Die Versandanmeldung ist von demjenigen, der die Abfertigung beantragt, oder von seinem befugten Vertreter zu unterzeichnen und der Abgangszollstelle zusammen mit dem Beförderungspapier und anderen ergänzenden Unterlagen in mindestens drei Exemplaren vorzulegen. Die dem Hauptverpflichteten oder seinem Vertreter von der Abgangszollstelle ausgehändigten Exemplare des Versandscheins T 1 müssen die Waren bei der Beförderung begleiten (Artikel 19 Absatz 1).

3. Nach Artikel 11 Buchstabe a der Verordnung Nr. 222/77 ist der Hauptverpflichtete die Person, die selbst oder durch einen befugten Vertreter durch eine zollamtlich geprüfte Anmeldung die Abfertigung zum gemeinschaftlichen Versandverfahren beantragt und damit gegenüber den zuständigen Behörden die Haftung für die ordnungsgemäße Durchführung dieses Verfahrens übernimmt. Der Hauptverpflichtete hat die Waren innerhalb der vorgeschriebenen Frist unter Beachtung der von den zuständigen Behörden zur Nämlichkeitssicherung getroffenen Maßnahmen unverändert der Bestimmungszollstelle zu gestellen und die Vorschriften über das gemeinschaftliche Versandverfahren und über den Versand in den bei der Beförderung berührten Mitgliedstaaten einzuhalten (Artikel 13 Buchstaben a und b).

4. Wird festgestellt, dass im Verlauf eines gemeinschaftlichen Versandverfahrens in einem bestimmten Mitgliedstaat Zuwiderhandlungen begangen worden sind, so sieht Artikel 36 Absatz 1 der Verordnung Nr. 222/77 vor, dass hierdurch fällig gewordene Zölle und andere Abgaben - unbeschadet der Strafverfolgung - von diesem Mitgliedstaat nach dessen Rechts- und Verwaltungsvorschriften erhoben werden.

5. Die Verordnung (EWG) Nr. 2144/87 des Rates vom 13. Juli 1987 über die Zollschuld (ABl. L 201, S. 15) bestimmt, dass eine Einfuhrzollschuld u. a. dann entsteht, wenn eingangsabgabenpflichtige Waren der zollamtlichen Überwachung im Rahmen einer vorübergehenden Verwahrung oder eines Zollverfahrens, das eine zollamtliche Überwachung einschließt, entzogen werden (Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe c).

6. Artikel 4 der Verordnung (EWG) Nr. 1031/88 des Rates vom 18. April 1988 über die zur Erfüllung einer Zollschuld verpflichteten Personen (ABl. L 102, S. 5) lautet:

(1) Ist eine Zollschuld gemäß Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe c) der Verordnung... Nr. 2144/87 entstanden, so ist zur Erfüllung dieser Schuld die Person verpflichtet, die die Ware der zollamtlichen Überwachung entzogen hat.

Ferner sind nach den geltenden Vorschriften der Mitgliedstaaten zur Erfüllung dieser Zollschuld gesamtschuldnerisch verpflichtet:

a) Personen, die an der Entziehung aus zollamtlicher Überwachung beteiligt waren, sowie Personen, die die betreffende Ware erworben haben oder im Besitz hatten;

b) alle weiteren Personen, die für diese Entziehung verantwortlich sind.

(2) Ferner ist die Person gesamtschuldnerisch zur Erfüllung dieser Zollschuld verpflichtet, die die Verpflichtungen einzuhalten hat, die sich aus der vorübergehenden Verwahrung einer eingangsabgabenpflichtigen Ware oder aus der Inanspruchnahme des Zollverfahrens, in das diese Ware überführt worden ist, ergeben.

7. Das gemeinschaftliche Zollrecht sieht vor, dass entrichtete Eingangs- oder Ausfuhrabgaben ganz oder teilweise erstattet werden können oder dass eine Zollschuld erlassen werden kann. Die für den vorliegenden Fall geltenden Voraussetzungen für den Erlass von Abgaben wurden in Artikel 13 der Verordnung (EWG) Nr. 1430/79 des Rates vom 2. Juli 1979 über die Erstattung oder den Erlass von Eingangs- oder Ausfuhrabgaben (ABl. L 175, S. 1) in der Fassung der Verordnung (EWG) Nr. 3069/86 des Rates vom 7. Oktober 1986 zur Änderung der Verordnung Nr. 1430/79 (ABl. L 286, S. 1) festgelegt. Diese Bestimmung sah vor:

(1) Die Eingangsabgaben können... bei Vorliegen besonderer Umstände erstattet oder erlassen werden, sofern der Beteiligte nicht in betrügerischer Absicht oder offensichtlich fahrlässig gehandelt hat.

...

8. Nach Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung Nr. 2144/87 erlischt die Zollschuld, abgesehen von hier nicht einschlägigen Ausnahmen, durch Einziehung der Ware.

Sachverhalt

9. Bei den Klägern handelt es sich um eine von Zollspediteuren errichtete offene Handelsgesellschaft in Liquidation, die Nordspedizionieri di Danielis Livio & C. (im Folgenden: Nordspedizionieri) mit Sitz in Triest (Italien), und zwei ihrer gesamtschuldnerisch unbegrenzt haftenden Gesellschafter, L. Danielis und D. D'Alessandro.

10. Am 30. Oktober 1991 gab Nordspedizionieri auf Ersuchen der Cumberland Ltd bei der Zollstelle Fernetti (Italien) eine Anmeldung zum externen gemeinschaftlichen Versandverfahren ab. Diese Anmeldung bezog sich auf die Ausfuhr von 1 400 bei der slowenischen Gesellschaft Proexim Export-Import gekauften Verpackungskartons mit einem Gewicht von 12 620 kg nach Spanien. Am 5. November 1991 gab Nordspedizionieri eine weitere Anmeldung zum externen gemeinschaftlichen Versandverfahren ab, die mit Ausnahme der Menge beförderter Verpackungskartons, die diesmal 1 210 betrug, und ihres Gewichts von 12 510 kg mit der Anmeldung vom 30. Oktober übereinstimmte. Am 16. November 1991 gab sie eine dritte Versandanmeldung ab, die 1 500 Verpackungskartons mit einem Gewicht von 12 842 kg betraf. In allen drei Fällen erfolgte der Transport durch einen slowenischen Lastkraftwagen mit dem gleichen Kennzeichen.

11. Nach Erfüllung der Zollförmlichkeiten für den dritten Transport wurde dem Lastkraftwagen gestattet, seine Fahrt fortzusetzen. Kurz darauf forderte der Leiter der Zollstelle Fernetti die dort stationierte Guardia di Finanza auf, die Ladung des Lastkraftwagens zu untersuchen. Das Fahrzeug, das die Zollzone bereits verlassen hatte, wurde von der Guardia di Finanza verfolgt und einige Kilometer hinter der Grenze angehalten. Es wurde zur Zollstelle Fernetti zurückgebracht und dort untersucht. Dabei stellte sich heraus, dass die Verpackungskartons nicht - wie in der Versandanmeldung angegeben - leer, sondern mit Zigaretten gefüllt waren. Insbesondere wurden in 819 Kartons 8 190 kg Zigaretten mit Ursprung außerhalb der Gemeinschaft entdeckt. C., der Fahrer des Lastkraftwagens, wurde festgenommen, und das Fahrzeug, die Ladung sowie die beim Fahrer gefundenen Unterlagen wurden eingezogen.

12. Die von den italienischen Zollbehörden unter Mitwirkung der slowenischen Behörden durchgeführten Ermittlungen ergaben, dass C. auch an drei ähnlichen Fällen von Zigarettenschmuggel beteiligt war, bei denen die von Nordspedizionieri am 30. Oktober und am 5. November 1991 ausgestellten Versandanmeldungen sowie eine am 16. September 1991 von der Centralsped Srl eingereichte Anmeldung verwendet wurden. In Bezug auf die Transporte vom 30. Oktober und vom 5. November 1991 ergaben die Ermittlungen, dass bei den slowenischen Zollbehörden Ladungen angemeldet worden waren, die hauptsächlich aus Tabakwaren bestanden, während sie sodann als Verpackungskartons nach Italien eingeführt wurden. Nach Erledigung der Zollförmlichkeiten an der Zollstelle Fernetti setzte das Fahrzeug seine Fahrt zu einem anderen als dem auf den Zollanmeldungen angegebenen Bestimmungsort fort und wurde heimlich in Italien entladen.

13. Im Rahmen ihrer Ermittlungen zu den fraglichen Schmuggelfällen entdeckten die italienischen Behörden ein Lager in Bareggio (Mailand, Italien), in dem sich Tabakwaren befanden. Am 8. April 1992 fand die Polizei bei einer Durchsuchung dieses Lagers 801 Kartons mit 8 010 kg Zigaretten, die eingezogen wurden.

14. Am 16. Oktober 1992 erhielten die Kläger in ihrer Eigenschaft als Hauptverpflichtete des gemeinschaftlichen Versandverfahrens für die Verfahren vom 30. Oktober und vom 5. November 1991 von der Finanzkasse der Hauptzollstelle Triest einen Zahlungsbescheid über 2 951 462 300 ITL, davon 2 501 239 200 ITL an Zoll und 450 223 100 ITL an Zinsen, wegen der rechtswidrigen Einfuhr und des Inverkehrbringens im Zollgebiet der Gemeinschaft von 1 700 Kartons mit 17 000 kg ausländischen Tabakwaren. Da die Ladung vom 16. November 1991 vor ihrem Inverkehrbringen von den italienischen Zollbehörden beschlagnahmt worden war, wurde von den Klägern insoweit kein Zoll erhoben.

15. Am 28. Oktober 1992 legten die Kläger gegen den Bescheid der Zollbehörden der italienischen Finanzverwaltung vom 16. Oktober 1992 Einspruch ein. Mit Urteil vom 12. September 1994 erklärte das Tribunale civile e penale Triest (Italien) den angefochtenen Bescheid für nichtig. Mit Urteil vom 5. September 1996 hob die Corte d'appello Triest dieses Urteil auf und verurteilte Nordspedizionieri und deren Gesellschafter - Letztere hilfsweise, aber untereinander gesamtschuldnerisch - zur Zahlung des im streitigen Bescheid angegebenen Betrages von 2 951 462 300 ITL. Mit Urteil vom 26. Januar 1999 wies die Corte suprema di cassazione das Rechtsmittel der Kläger gegen das Urteil der Corte d'appello zurück.

16. Am 14. Januar 1994 beschloss der Ermittlungsrichter am Tribunale civile e penale Triest, die Strafverfolgung von G. Baldi - dem Gesellschafter von Nordspedizionieri, von dem die drei bei den fraglichen Schmuggeldelikten verwendeten Versandanmeldungen von Nordspedizionieri stammten - wegen Zigarettenschmuggels einzustellen.

17. Am 14. November 2000 beantragten die Kläger bei den Dienststellen der Kommission den Erlass des von den italienischen Zollbehörden geforderten Zolls. Am 4. Juni 2001 beantragten die italienischen Behörden bei der Kommission den Erlass von Zoll in Höhe von 497 589 687 ITL oder 256 983,63 Euro.

18. Mit Schreiben vom 18. Dezember 2001 ersuchte die Kommission die italienischen Behörden um zusätzliche Angaben. Mit Schreiben vom 11. Februar 2002 bestätigten die italienischen Zollbehörden, dass sich die Abgaben, deren Erlass beantragt worden war, auf 497 589 687 ITL beliefen.

19. Am 28. Juni 2002 erließ die Kommission eine Entscheidung, mit der sie den Antrag der Italienischen Republik vom 4. Juni 2001 auf Erlass der Zollschuld der Kläger ablehnte (im Folgenden: angefochtene Entscheidung). Sie kam zu dem Ergebnis, dass im vorliegenden Fall keine besonderen Umstände, unter denen die Kläger nicht in betrügerischer Absicht oder offensichtlich fahrlässig gehandelt hätten, im Sinne von Artikel 13 der Verordnung Nr. 1430/79 vorlägen, so dass der Erlass der Einfuhrabgaben in Höhe von 256 983,63 Euro oder 497 589 687 ITL nicht gerechtfertigt sei.

Verfahren und Anträge der Parteien

20. Mit Klageschrift, die am 30. Oktober 2002 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, haben die Kläger die vorliegende Klage erhoben.

21. Auf Bericht des Berichterstatters hat das Gericht (Fünfte Kammer) beschlossen, die mündliche Verhandlung zu eröffnen. Im Rahmen prozessleitender Maßnahmen hat es die Kommission zur Vorlage bestimmter Dokumente aufgefordert. Die Kommission ist dieser Aufforderung fristgerecht nachgekommen.

22. Die Parteien haben in der öffentlichen Sitzung vom 29. Juni 2004 mündlich verhandelt und Fragen des Gerichts beantwortet.

23. Die Kläger beantragen,

- die angefochtene Entscheidung für nichtig zu erklären und festzustellen, dass der beantragte Erlass der Einfuhrabgaben im vorliegenden Fall zulässig ist;

- hilfsweise, festzustellen, dass die Abgaben in Bezug auf die Zollschuld für 8 010 kg ausländischer Tabakwaren, die von den italienischen Behörden am 8. April 1992 in dem geheimen Lager in Bareggio eingezogen wurden, zu erlassen sind;

- der Kommission die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

24. Die Kommission beantragt,

- den Antrag der Kläger für unzulässig zu erklären, soweit sie sich gegen den genauen Betrag der Zollschuld wenden und das Gericht ersuchen, ihren Anspruch auf den Erlass der Zölle für die eingezogenen 8 010 kg Tabakwaren anzuerkennen;

- die Klage im Übrigen als unbegründet abzuweisen;

- den Klägern die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

Rechtliche Würdigung

I - Zum Antrag auf Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung

25. Die Kläger stützen ihren Antrag auf Nichtigerklärung erstens auf einen Klagegrund, mit dem sie mehrere materielle Fehler in der angefochtenen Entscheidung rügen, und zweitens auf einen Klagegrund, mit dem sie geltend machen, dass besondere Umstände und keine betrügerische Absicht oder offensichtliche Fahrlässigkeit im Sinne von Artikel 13 der Verordnung Nr. 1430/79 vorgelegen hätten.

A - Zum ersten Klagegrund, mit dem mehrere materielle Fehler in der angefochtenen Entscheidung gerügt werden

26. Die Kläger tragen vor, die angefochtene Entscheidung enthalte mehrere Fehler. Unzutreffend seien erstens die Schilderung der Überprüfung der Ladung, die Gegenstand der Zollanmeldung vom 16. November 1991 gewesen sei, und zweitens die Behauptung, dass die Kläger nur den Erlass von Zöllen in Höhe von 497 589 687 ITL beantragt hätten.

1. Zur Überprüfung des Vorgangs vom 16. November 1991

Vorbringen der Parteien

27. Die Kläger führen aus, in der vierten Begründungserwägung der angefochtenen Entscheidung heiße es, dass die Zollstelle Fernetti durch die Guardia di Finanza eine Überprüfung der Ladung habe vornehmen lassen, die Gegenstand der Anmeldung vom 16. November 1991 gewesen sei. Tatsächlich hätten die Zollbehörden keine Überprüfung der Ware in der Zollzone bei Vorlage der Versandanmeldung vorgenommen, sondern beschlossen, diese nach der Abfahrt des Lastkraftwagens, d. h. nach Abschluss der Zollförmlichkeiten, zu kontrollieren.

28. Die Kommission trägt vor, der Lastkraftwagen, der die Waren transportiert habe, die Gegenstand der Zollanmeldung vom 16. November 1991 gewesen seien, sei von der italienischen Polizei nicht unmittelbar nach Abschluss der Zollförmlichkeiten verfolgt worden, sondern die Verfolgung habe erst begonnen, als die Polizei bemerkt habe, dass der Lastkraftwagen abgefahren sei.

Würdigung durch das Gericht

29. In der vierten Begründungserwägung der angefochtenen Entscheidung heißt es lediglich: Die Zollstelle [Fernetti] hat durch die Guardia di Finanza eine Überprüfung der Ladung vornehmen lassen, die Gegenstand der Anmeldung [vom 16. November 1991] war; dabei stellte sich heraus, dass sie ausschließlich aus Zigaretten bestand. Die Waren wurden eingezogen, und der Fahrer des Lastkraftwagens wurde festgenommen. Aus diesen kurzen Ausführungen geht nicht hervor, dass die Überprüfung der Ladung zum Zeitpunkt der Vorlage der Anmeldung, in der Zollzone und vor Abschluss der Zollförmlichkeiten stattfand. Da feststeht, dass die Überprüfung von der Guardia di Finanza auf Ersuchen des Leiters der Zollstelle Fernetti durchgeführt wurde, ist die vierte Begründungserwägung der angefochtenen Entscheidung mit keinem sachlichen Fehler behaftet.

30. Daher ist diese Rüge zurückzuweisen.

2. Zur Höhe des beantragten Abgabenerlasses

Vorbringen der Parteien

31. Die Kläger machen geltend, in der angefochtenen Entscheidung werde fälschlich angegeben, dass sie nur den Erlass von Zöllen in Höhe von 497 589 687 ITL beantragt hätten. Aus ihrem an die Kommission gerichteten Antrag vom 14. November 2000 ergebe sich, dass sie den Erlass des gesamten mit Bescheid der italienischen Zollbehörden vom 16. Oktober 1992 von ihnen verlangten Betrages in Höhe von 2 951 462 300 ITL beantragt hätten. Der von der Kommission insoweit begangene materielle Fehler könne sich auf den Umfang des Rechtsstreits auswirken, da einer der Gründe, die den beantragten Erlass rechtfertigten, gerade in der Höhe der fraglichen Abgabenschuld und der ihnen damit auferlegten wirtschaftlichen Belastung bestehe. Dieser Fehler beeinflusse somit die Begründung der Entscheidung selbst. Außerdem könne der genaue Gegenstand eines Rechtsstreits nicht durch Ermessensentscheidungen ermittelt werden, und der genaue wirtschaftliche Streitwert müsse in allen Verfahrensstadien zutreffend bestimmt werden.

32. Die Kommission trägt vor, die Rüge des angeblichen Fehlers bei der Berechnung der Zollschuld sei unzulässig, da sich die Kläger damit gegen den von den italienischen Behörden ermittelten Betrag der Zollschuld wendeten.

Würdigung durch das Gericht

33. Nach ständiger Rechtsprechung bietet Artikel 13 Absatz 1 der Verordnung Nr. 1430/79 lediglich die Möglichkeit, bei Vorliegen bestimmter besonderer Umstände und unter der Voraussetzung, dass nicht fahrlässig oder in betrügerischer Absicht gehandelt wurde, Wirtschaftsteilnehmer von der Zahlung der geschuldeten Abgaben freizustellen; er erlaubt es nicht, das Bestehen der Zollschuld dem Grunde nach in Zweifel zu ziehen (Urteile des Gerichtshofes vom 12. März 1987 in den Rechtssachen 244/85 und 245/85, Cerealmangimi und Italgrani/Kommission, Slg. 1987, 1303, Randnr. 11, und vom 6. Juli 1993 in den Rechtssachen C121/91 und C122/91, CT Control [Rotterdam] und JCT Benelux/Kommission, Slg. 1993, I3873, Randnr. 43; Urteil des Gerichts vom 11. Juli 2002 in der Rechtssache T205/99, Hyper/Kommission, Slg. 2002, II3141, Randnr. 98).

34. Die Ermittlung des Vorliegens und der genauen Höhe der Schuld fällt nämlich in die Zuständigkeit der nationalen Behörden. Bei den nach Artikel 13 der Verordnung Nr. 1430/79 an die Kommission gerichteten Anträgen geht es aber nicht um die Frage, ob Vorschriften des materiellen Zollrechts von den nationalen Zollbehörden richtig angewandt worden sind. Deren Entscheidungen können vor den nationalen Gerichten angefochten werden, die ihrerseits den Gerichtshof aufgrund von Artikel 234 EG anrufen können (Urteil des Gerichts vom 16. Juli 1998 in der Rechtssache T195/97, Kia Motors und Broekman Motorships/Kommission, Slg. 1998, II2907, Randnr. 36, und Urteil Hyper/Kommission, Randnr. 98).

35. Die vorstehenden Erwägungen werden nicht durch das Vorbringen der Kläger entkräftet, das im Wesentlichen dahin geht, dass die genaue Bestimmung der streitgegenständlichen wirtschaftlichen Forderung in allen Verfahrensstadien Gegenstand einer Erörterung sein können müsse. Diese These lässt sowohl die Zuständigkeitsverteilung im Zollbereich zwischen den nationalen Behörden und der Kommission als auch die Besonderheit und die Grenzen des in Artikel 13 Absatz 1 der Verordnung Nr. 1430/79 vorgesehenen Verfahrens zum Erlass oder zur Erstattung von Zöllen außer Acht.

36. Nach alledem ist die Rüge unzulässig, die sich auf den angeblich in der angefochtenen Entscheidung enthaltenen Fehler hinsichtlich des Betrages, dessen Erlass die Kläger beantragt haben, stützt, da sich die Kläger mit ihr gegen die Berechnung der genauen Höhe der Zollschuld wenden.

37. Die angefochtene Entscheidung enthält jedenfalls keinen materiellen Fehler, wenn es darin heißt, dass die Kläger den Erlass des Betrages von 497 589 687 ITL beantragt hätten, bei dem es sich um die Zölle handele, die die italienischen Behörden von ihnen verlangt hätten. Der fragliche Betrag ist nämlich im Antrag der Italienischen Republik vom 4. Juni 2001 zu finden und wurde anschließend auf Ersuchen der Kommission mit Schreiben der italienischen Behörden vom 11. Februar 2002 bestätigt. Entgegen dem Vorbringen der Kläger kann die Tatsache, dass in der angefochtenen Entscheidung nicht festgestellt wird, dass sie den Erlass aller von den italienischen Behörden von ihnen verlangten Abgaben beantragt hatten, keinen Einfluss auf die Beurteilung des Vorliegens besonderer Umstände oder die Begründung der angefochtenen Entscheidung haben. Erstens gehörten zu diesen Abgaben neben den Zöllen die Mehrwertsteuer und die Verbrauchsteuer, die nicht Gegenstand des Erlassverfahrens nach Artikel 13 der Verordnung Nr. 1430/79 sind. Zweitens war die Kommission mit einem Antrag der nationalen Behörden befasst, und angesichts der ausschließlichen Zuständigkeit dieser Behörden für die Festsetzung der Zollschuld war insoweit der Betrag heranzuziehen, dessen Erlass nach ihren Angaben beantragt worden war.

38. Daher ist diese Rüge zurückzuweisen.

39. Folglich ist der erste Klagegrund zurückzuweisen.

B - Zum zweiten Klagegrund, mit dem das Vorliegen besonderer Umstände und das Fehlen betrügerischer Absicht und offensichtlicher Fahrlässigkeit im Sinne von Artikel 13 der Verordnung Nr. 1430/79 geltend gemacht werden

1. Vorbemerkungen

40. Nach ständiger Rechtsprechung ist Artikel 13 Absatz 1 der Verordnung Nr. 1430/79 eine auf Billigkeitserwägungen beruhende Generalklausel, die andere als die in der Praxis am häufigsten vorkommenden Fälle, für die bei Erlass der Verordnung eine besondere Regelung geschaffen werden konnte, erfassen soll (Urteil des Gerichtshofes vom 15. Dezember 1983 in der Rechtssache 283/82, Schoellershammer/Kommission, Slg. 1983, 4219, Randnr. 7, Urteil Cerealmangimi und Italgrani/Kommission, Randnr. 10, Urteile vom 26. März 1987 in der Rechtssache 58/86, Coopérative agricole d'approvisionnement des Avirons, Slg. 1987, 1525, Randnr. 22, und vom 18. Januar 1996 in der Rechtssache C446/93, SEIM, Slg. 1996, I73, Randnr. 41; Urteil des Gerichts vom 4. Juli 2002 in der Rechtssache T239/00, SCI UK/Kommission, Slg. 2002, II2957, Randnr. 44). Diese Bestimmung soll dann Anwendung finden, wenn es angesichts des Verhältnisses zwischen Wirtschaftsteilnehmer und Verwaltung unbillig wäre, den Wirtschaftsteilnehmer einen Schaden tragen zu lassen, den er bei rechtem Gang der Dinge nicht erlitten hätte (Urteile Coopérative agricole d'approvisionnement des Avirons, Randnr. 22, und SCI UK/Kommission, Randnr. 50).

41. Artikel 13 der Verordnung Nr. 1430/79 macht den Erlass von Eingangsabgaben von der Erfüllung zweier kumulativer Voraussetzungen abhängig, nämlich vom Vorliegen besonderer Umstände und vom Fehlen betrügerischer Absicht oder offensichtlicher Fahrlässigkeit des Wirtschaftsteilnehmers (Urteile des Gerichtshofes vom 26. November 1998 in der Rechtssache C370/96, Covita, Slg. 1998, I7711, Randnr. 29, und vom 7. September 1999 in der Rechtssache C61/98, De Haan, Slg. 1999, I5003, Randnr. 42; Urteil SCI UK/Kommission, Randnr. 45).

42. Zudem verfügt die Kommission nach ständiger Rechtsprechung über ein Ermessen, wenn sie in Anwendung der auf Billigkeitserwägungen beruhenden Generalklausel des Artikels 13 der Verordnung Nr. 1430/79 eine Entscheidung erlässt (Urteile des Gerichts vom 9. November 1995 in der Rechtssache T346/94, France-aviation/Kommission, Slg. 1995, II2841, Randnr. 34, vom 17. September 1998 in der Rechtssache T50/96, Primex Produkte Import-Export u. a./Kommission, Slg. 1998, II3773, Randnr. 60, und vom 18. Januar 2000 in der Rechtssache T290/97, Mehibas Dordtselaan/Kommission, Slg. 2000, II15, Randnrn. 46 und 78). Ferner stellt die Erstattung oder der Erlass von Einfuhrabgaben, die nur unter bestimmten Voraussetzungen und in den eigens dafür vorgesehenen Fällen gewährt werden können, eine Ausnahme vom gewöhnlichen Einfuhr- und Ausfuhrsystem dar, so dass die Vorschriften, die eine solche Erstattung oder einen solchen Erlass vorsehen, eng auszulegen sind (Urteil des Gerichtshofes vom 11. November 1999 in der Rechtssache C48/98, Söhl & Söhlke, Slg. 1999, I7877, Randnr. 52, und Urteil des Gerichts vom 12. Februar 2004 in der Rechtssache T282/01, Aslantrans/Kommission, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 55).

2. Zum Vorliegen besonderer Umstände

43. Die Kläger tragen vor, in ihrem Fall lägen besondere Umstände im Sinne von Artikel 13 der Verordnung Nr. 1430/79 vor. Erstens seien die fraglichen Schmuggeldelikte von den italienischen Behörden bewusst zugelassen worden, um das Schmugglernetz zu zerschlagen, zweitens seien sie einem Betrug zum Opfer gefallen, der über die mit ihrer gewerblichen Tätigkeit verbundenen Geschäftsrisiken hinausgehe, drittens hätten die Zollbehörden ihre Verpflichtungen zur Kontrolle der Zollverfahren verletzt, viertens sei es für die Kläger unmöglich gewesen, die Transporte zu kontrollieren, und fünftens schließlich habe die Kommission in der angefochtenen Entscheidung keine Abwägung der widerstreitenden Interessen vorgenommen.

a) Zur angeblichen vorherigen Kenntnis der italienischen Behörden von den Schmuggeldelikten

Vorbringen der Parteien

44. Die Kläger führen aus, die fragliche Verpflichtung beruhe auf einer Untersuchung der Zollbehörden, die den Sachverhalt vermutlich gekannt hätten.

45. Am 16. September 1991 habe C. mittels eines von Centralsped ausgestellten gemeinschaftlichen Versandscheins einen ersten Transport mit Bestimmungsort Irun (Spanien) durchgeführt. Dieser Versandschein sei nach Erhalt des fünften Exemplars des Dokuments T 1 von der Zollstelle Fernetti am 20. September 1991 als erledigt behandelt und am 5. Dezember 1991 dem Zollbezirk Triest übermittelt worden. Diese erste Erledigung sei eindeutig falsch.

46. Außerdem sei der Transport vom 16. November 1991 auf Ersuchen des Zolls von Fernetti kontrolliert worden, nachdem der Lastkraftwagen die Zollzone verlassen habe, so dass er zuvor habe verfolgt und angehalten werden müssen. Transporte würden nach Verlassen der Zollzone nie angehalten, es sei denn, dass die Guardia di Finanza bereits von Schmuggelhandlungen wisse. Dies lasse vermuten, dass die Zigaretten nicht zufällig im Rahmen einer gelegentlichen Kontrolle der Waren durch den Zoll entdeckt worden seien, sondern dass die Guardia di Finanza über die wirkliche Ladung informiert gewesen sei.

47. Ferner sei festzustellen, dass sich die Guardia di Finanza am Sonntag, dem 17. November 1991, also weniger als 24 Stunden nach der Untersuchung des Lastkraftwagens und bevor C. befragt worden sei, nach Brescia (Italien) begeben und dort ein von einer Person, die später wegen Beteiligung am Zigarettenschmuggel angeklagt worden sei, bewohntes Gebäude durchsucht habe.

48. Überdies seien die mit den Transporten vom 30. Oktober und vom 5. November 1991 beförderten Ladungen bei den slowenischen Zollbehörden ordnungsgemäß als Kartons mit ausländischen Tabakwaren angemeldet worden. Die slowenischen Behörden hätten die italienischen Behörden im Rahmen des damals geltenden Abkommens zwischen Italien und Jugoslawien über gegenseitige Amtshilfe vom 10. November 1965 über die Existenz dieser sensiblen Waren in den von C. transportierten Ladungen informiert.

49. Aus diesen Umständen sei zu schließen, dass die italienischen Behörden gewusst hätten, dass C. Schmuggel betreibe, und dass sie, um alle Teilnehmer an diesem Schmugglernetz zu entdecken und zu fassen, die Zuwiderhandlungen bewusst hätten geschehen lassen, indem sie die Durchführung von zwei Transporten zugelassen hätten, für die die Kläger in Unkenntnis der Sachlage und somit gutgläubig gemeinschaftliche Versandbescheinigungen ausgestellt hätten. Das Gericht habe insoweit anerkannt, dass der Erlass von Einfuhrabgaben gerechtfertigt sei, wenn die Zollverwaltung im Fall eines Betrugs im Rahmen eines externen gemeinschaftlichen Versandverfahrens von der fraglichen rechtswidrigen Handlung gewusst habe (Urteil des Gerichts vom 7. Juni 2001 in der Rechtssache T330/99, Spedition Wilhelm Rotermund/Kommission, Slg. 2001, II1619). Desgleichen habe der Gerichtshof entschieden, dass die Erfordernisse einer Untersuchung der Zoll- oder Polizeibehörden, wenn dem Abgabenschuldner keine betrügerische Absicht oder Fahrlässigkeit zur Last gelegt werden könne und wenn er über den Verlauf der Untersuchung nicht unterrichtet worden sei, einen besonderen Umstand im Sinne von Artikel 13 Absatz 1 der Verordnung Nr. 1430/79 begründen könnten (Urteil De Haan, Randnr. 53).

50. Die Kommission ist der Ansicht, dass die Situation der Kläger nicht mit der der Klägerin in der Rechtssache, die zum Urteil De Haan geführt habe, vergleichbar sei. In dieser Rechtssache hätten die Zollbehörden vom Schmuggel gewusst und bewusst eine überwachte Lieferung zugelassen, während der Schmuggel im vorliegenden Fall im Rahmen einer regelmäßigen Zollkontrolle bei der Vorlage der Versandanmeldungen entdeckt worden sei.

Würdigung durch das Gericht

51. Die Erfordernisse einer Untersuchung zur Ermittlung und Ergreifung der Täter oder Teilnehmer eines bereits begangenen oder in Vorbereitung befindlichen Betruges können es rechtfertigen, eine vollständige oder teilweise Unterrichtung des Hauptverpflichteten über die Einzelheiten der Untersuchung selbst dann bewusst zu unterlassen, wenn er in keiner Weise in die Begehung der betrügerischen Handlungen verwickelt ist (Urteil De Haan, Randnr. 32). Die nationalen Behörden sind somit berechtigt, die Begehung von Zuwiderhandlungen oder Ordnungswidrigkeiten absichtlich nicht zu verhindern, um besser ein Netz zerschlagen, Betrüger ermitteln und Beweise finden oder untermauern zu können. Dagegen widerspricht es dem Ziel der Billigkeitsklausel, dem Abgabenschuldner eine Zollschuld aufzubürden, die sich aus diesen Entscheidungen im Zusammenhang mit der Verfolgung von Zuwiderhandlungen ergibt, und ihn dadurch in eine Lage zu bringen, die gegenüber derjenigen anderer Wirtschaftsteilnehmer, die die gleiche Tätigkeit ausüben, außergewöhnlich ist. Wird der Abgabenschuldner aufgrund der Erfordernisse einer Untersuchung der Zoll- oder Polizeibehörden nicht über deren Verlauf unterrichtet, so begründet dies daher, wenn dem Abgabenschuldner keine betrügerische Absicht oder Fahrlässigkeit zur Last gelegt werden kann, einen besonderen Umstand im Sinne von Artikel 13 Absatz 1 der Verordnung Nr. 1430/79 (vgl. Urteil De Haan, Randnr. 53).

52. Somit ist zu prüfen, ob es Gesichtspunkte gibt, die - wie die Kläger geltend machen - belegen, dass die italienischen Behörden von dem fraglichen Zigarettenschmuggel wussten und gleichwohl die Durchführung der Transporte vom 30. Oktober und vom 5. November 1991 zuließen.

53. Zunächst ist davon auszugehen, dass die Tatsache, dass der Leiter der Zollstelle Fernetti die Guardia di Finanza nach Abschluss der Zollförmlichkeiten für den Transport vom 16. November 1991 ersuchte, den Lastkraftwagen zu untersuchen, so dass dieser verfolgt und angehalten werden musste, als solche nicht zum Beweis dafür ausreicht, dass die Behörden über die wirkliche Ladung informiert waren. Wie das vom Zoll in Fernetti am 16. November 1991 erstellte Festnahmeprotokoll zeigt, ordnete der Leiter der Zollstelle die Untersuchung des Fahrzeugs an, weil er den Verdacht hatte, dass es eine andere als die angemeldete Ladung transportierte. Dass diese Untersuchung stattfand, nachdem der Lastkraftwagen die Zollzone bereits verlassen hatte, lässt nicht den Schluss zu, dass es sich nicht um eine gelegentliche Kontrolle handelte.

54. Sodann ist das Gericht der Ansicht, dass auch die von der italienischen Polizei in Brescia durchgeführten Ermittlungen und Durchsuchungen nicht beweisen, dass die italienischen Behörden vorab über den Schmuggel informiert waren. Wie sich aus dem Durchsuchungsprotokoll der Guardia di Finanza Triest vom 17. November 1991 ergibt, fanden die fraglichen polizeil ichen Maßnahmen im Anschluss an den Fund der Zigaretten in dem in Fernetti untersuchten Lastkraftwagen sowie an Vorermittlungen der Polizei und die Prüfung der bei dem Fahrer des Lastkraftwagens gefundenen Unterlagen statt. Ferner ist darauf hinzuweisen, dass der Fahrer des Lastkraftwagens entgegen dem Vorbringen der Kläger bereits am 16. November nach seiner Festnahme kurz vernommen worden war.

55. Zudem beziehen sich die Abgaben, deren Erlass beantragt wurde, nicht auf dieses Zollverfahren vom 16. November 1991, sondern auf die früheren Verfahren vom 30. Oktober und vom 5. November 1991. Um das Urteil De Haan heranziehen zu können, hätte die angebliche Kenntnis der Behörden vom Schmuggel somit vor diesen beiden Daten bestehen müssen.

56. Hierzu ist festzustellen, dass die fälschliche Erledigung der Anmeldung vom 16. September 1991 nicht beweist, dass die Behörden von den Schmuggeldelikten vom 30. Oktober und vom 5. November 1991 wussten. Die Akten lassen nämlich nicht den Schluss zu, dass die italienischen Zollbehörden von dieser angeblichen Verfälschung vor dem 16. November 1991 wussten. Dagegen zeigt das vom Zoll in Fernetti am 16. Dezember 1991 erstellte Protokoll, dass der Schmuggel vom 16. September 1991 nach den Aussagen von C. am 16. November 1991 und der anschließenden Überprüfung des Zollregisters von Fernetti entdeckt wurde.

57. Für das Argument, dass die slowenischen Behörden ihre italienischen Amtskollegen vorab darüber informiert hätten, dass es sich bei den Transporten, die Gegenstand der Anmeldungen vom 30. Oktober und vom 5. November 1991 waren, um Zigaretten handelte, haben die Kläger, abgesehen von der Existenz eines Abkommens zwischen Italien und Jugoslawien über gegenseitige Amtshilfe zur Verhinderung und Verfolgung von Zollbetrug vom 10. November 1965, keinen Beweis erbracht. Nach diesem Abkommen waren die slowenischen Behörden aber nicht verpflichtet, die italienischen Behörden jedes Mal unverzüglich zu informieren, wenn ein Tabaktransport ihr Hoheitsgebiet verließ (siehe unten, Randnr. 79). Überdies heißt es in dem vom Zoll in Fernetti am 16. Dezember 1991 erstellten Protokoll, dass die italienischen Behörden am 7. Dezember 1991 die slowenischen Behörden um Auskünfte ersucht hätten und dass diese im Anschluss an das Ersuchen am 13. Dezember 1991 bestätigt hätten, wann die fraglichen Transporte den slowenischen Zoll verlassen hätten, und die italienischen Behörden darüber informiert hätten, dass es sich bei den angemeldeten Waren hauptsächlich um ausländische Tabakwaren gehandelt habe.

58. Schließlich geht die Bezugnahme der Kläger auf das Urteil Spedition Wilhelm Rotermund/Kommission im vorliegenden Fall fehl. In dieser Rechtssache bestand der besondere Umstand darin, dass es betrügerische Machenschaften gab, die sich vernünftigerweise nur durch die aktive Beteiligung eines Bediensteten der Bestimmungszollstelle erklären ließen, so dass das Gericht zu dem Ergebnis kam, dass die Kommission sich nicht darauf beschränken durfte, von der Klägerin den förmlichen und abschließenden Beweis für eine solche Beteiligung zu verlangen (Urteil Spedition Wilhelm Rotermund/Kommission, Randnrn. 56 bis 58). Es handelt sich folglich um einen anderen als den vorliegenden Sachverhalt.

59. Im Ergebnis haben die Kläger somit nicht dargetan, dass die italienischen Behörden im Voraus von dem Zigarettenschmuggel wussten und die Durchführung der Betrugshandlungen bei den Versandverfahren vom 30. Oktober und vom 5. November 1991 bewusst zuließen.

b) Zum Argument der Kläger, dass der Schmuggel, dem sie zum Opfer gefallen seien, über die mit ihrer gewerblichen Tätigkeit verbundenen Geschäftsrisiken hinausgehe

Vorbringen der Parteien

60. Die Kläger tragen vor, sie seien Opfer eines raffiniert und unter Einsatz erheblicher wirtschaftlicher Mittel von einer internationalen Verbrecherbande begangenen Schmuggels geworden. Der Ausnahmecharakter der Situation ergebe sich auch aus der Schwere des Sachverhalts, der wirtschaftlichen Bedeutung des Gesetzesverstoßes und der Existenz von mindestens vier nacheinander verübten Delikten der Schmuggler. Die vom Fahrer des Lastkraftwagens zur Erlangung der Versanddokumente T 1 vorgelegten Beförderungspapiere und Rechnungen hätten keine Unregelmäßigkeiten oder Fehler aufgewiesen. Es handele sich um den ersten und einzigen Fall, in dem ihr guter Glaube bei der Ausstellung von Versandbescheinigungen enttäuscht worden sei, obwohl sie während ihrer jahrzehntelangen Tätigkeit als Zollanmelder bereits Hunderte von Dokumenten T 1 ausgestellt hätten.

61. In der angefochtenen Entscheidung werde ihre Tätigkeit fälschlich als Transportunternehmer oder Zollagenten eingestuft. Der Transport gehöre nicht zur Tätigkeit von Nordspedizionieri, und sie könnten nicht als Zollagenten oder agenti in dogana im Sinne des italienischen Agenturvertragsrechts eingestuft werden. Sie seien nur als Zollspediteure oder Spedizionieri doganali gemäß den Bestimmungen des italienischen Zollgesetzes, insbesondere der Artikel 40 und 47 ff. des Dekrets des Präsidenten der Republik Nr. 43 vom 23. Januar 1973, tätig geworden.

62. Die Eigenschaft als Zollspediteur sei im Zollrecht der Gemeinschaft anerkannt worden, wie die sechste Begründungserwägung und Artikel 3 Absatz 3 der Verordnung (EWG) Nr. 3632/85 des Rates vom 12. Dezember 1985 zur Festlegung der Voraussetzungen, unter denen eine Person eine Zollanmeldung abgeben kann (ABl. L 350, S. 1), sowie Artikel 5 des Zollkodex zeigten. Diese Bestimmungen erlaubten es, Zollanmeldungen durch einen Vertreter abgeben zu lassen, der entweder in eigenem Namen, aber für fremde Rechnung, oder in fremdem Namen und für fremde Rechnung tätig werde und der nach Artikel 3 des italienischen Gesetzes Nr. 1612 vom 22. Dezember 1960 über die Anerkennung des Berufs des Zollspediteurs seine Dienste nicht ohne Rechtfertigung verweigern könne.

63. Das Argument in der angefochtenen Entscheidung, dass Betrugshandlungen Dritter zu den üblichen Geschäftsrisiken gehörten, denen sich der Zollspediteur aussetze, und keinen besonderen Umstand im Sinne von Artikel 13 der Verordnung Nr. 1430/79 darstellen könnten, sei falsch. Artikel 4 Absatz 1 der Verordnung Nr. 1031/88, wonach zur Erfüllung der Zollschuld die Personen verpflichtet seien, die die Ware der zollamtlichen Überwachung entzogen hätten oder an der Entziehung beteiligt gewesen seien, sehe eine deliktsrechtliche Verantwortung vor, die die Kläger nicht treffe, da sie strafrechtlich völlig entlastet worden seien. Im vorliegenden Fall sei nur Artikel 4 Absatz 1 der Verordnung Nr. 1031/88 anwendbar, nicht aber Absatz 2 dieses Artikels, der nur die Fälle der zivilrechtlichen Nichterfüllung durch den Eigentümer der Ware, wie z. B. bei dessen Konkurs, betreffe.

64. Da ein gewerblicher Zollanmelder keine Geschäftsrisiken übernehme, sei die Behauptung, dass Betrugshandlungen Dritter zu den üblichen Geschäftsrisiken gehörten, denen sich der Zollanmelder aussetze, juristisch unsinnig. Nach der Rechtsprechung des Gerichts, insbesondere seit dem Urteil vom 19. Februar 1998 in der Rechtssache T42/96 (Eyckeler & Malt/Kommission, Slg. 1998, II401), sei es ausgeschlossen, dass die unwissentliche Verwendung falscher Dokumente gegenüber dem Zoll ein übliches Geschäftsrisiko darstellen könne. In diesem Urteil habe das Gericht entschieden, dass in Fällen, in denen die Kommission ihrer Überwachungs- und Kontrollpflicht nicht nachgekommen sei, sehr professionell vorgenommene Fälschungen das übliche vom Wirtschaftsteilnehmer zu tragende Geschäftsrisiko überschritten (Urteil Eyckeler & Malt/Kommission, Randnrn. 188 und 189).

65. Das Urteil Eyckeler & Malt/Kommission stelle einen Bruch mit der früheren Rechtsprechung und den Beginn einer neuen, den Erfordernissen des Schutzes des internationalen Handelsverkehrs besser entsprechenden Rechtsprechung dar. Dies ergebe sich aus dem Urteil Primex Produkte Import-Export u. a./Kommission (Randnrn. 163 und 164) und dem Urteil des Gerichts vom 10. Mai 2001 in den Rechtssachen T186/97, T187/97, T190/97 bis T192/97, T210/97, T211/97, T216/97 bis T218/97, T279/97, T280/97, T293/97 und T147/99 (Kaufring u. a./Kommission, Slg. 2001, II1337). Insbesondere im Urteil Kaufring u. a./Kommission werde der tragende Grundsatz des berechtigten Vertrauens in die von ausländischen Behörden stammenden Dokumente hervorgehoben (Randnrn. 216, 218 und 219).

66. Auch bei Gutgläubigkeit könne die Verwendung falscher Dokumente als solche keinen besonderen Umstand darstellen und gehöre zu den üblichen mit der Tätigkeit des Wirtschaftsteilnehmers verbundenen Geschäftsrisiken. Daher entbinde die Tatsache, dass die Kläger nicht für die Durchführung des Schmuggels verantwortlich seien, sie nicht von der Zahlung der Zollschuld.

Würdigung durch das Gericht

67. Vorab ist festzustellen, dass sich die Kläger als Spedizionieri doganali (Zollspediteure) bezeichnen, während Nordspedizionieri in der dritten Begründungserwägung der angefochtenen Entscheidung als società di transporti, agente in dogana (Transportunternehmen, Zollagent) eingestuft wird. In ihrem Schreiben vom 6. Mai 2002, mit dem sie auf die vorläufigen Einwände der Kommission gegen den beantragten Zollerlass antworteten, wiesen sie darauf hin, dass sich die Zollspediteure ausschließlich mit Geschäftspapieren befassten und dass sie im Unterschied zu Zollagenten nicht den Transport der Waren übernähmen und nicht zur Prüfung der Ladung befugt seien. Auch wenn die angefochtene Entscheidung mit einem Fehler hinsichtlich der beruflichen Einstufung der Kläger behaftet ist, ändert dies jedoch nichts daran, dass die Kommission bei ihren Erwägungen kein Argument herangezogen hat, das an die Erbringung von Dienstleistungen für den Warentransport anknüpft. Die in der Entscheidung enthaltene Ungenauigkeit konnte daher keine praktischen Auswirkungen auf das Verfahren zum Erlass der Zollschuld haben.

68. Die im vorliegenden Fall von den Klägern übernommenen Verpflichtungen trafen sie nicht aufgrund ihrer Stellung als Zollspediteure, sondern in ihrer Eigenschaft als Hauptverpflichteter für die beiden fraglichen externen Versandverfahren. Nach Artikel 11 Buchstabe a der Verordnung Nr. 222/77 übernimmt der Hauptverpflichtete gegenüber den zuständigen Behörden die Haftung für die ordnungsgemäße Durchführung des gemeinschaftlichen Versandverfahrens, und nach Artikel 13 Buchstaben a und b dieser Verordnung hat er die Waren innerhalb der vorgeschriebenen Frist unter Beachtung der von den zuständigen Behörden zur Nämlichkeitssicherung getroffenen Maßnahmen unverändert der Bestimmungszollstelle zu gestellen und die Vorschriften über das gemeinschaftliche Versandverfahren einzuhalten. In diesem Sinne haben die Kläger aufgrund der durch ihre Zollanmeldungen vom 30. Oktober und vom 5. November 1991 erworbenen Stellung als Hauptverpflichteter eine besondere Verantwortung gemäß dem Zollrecht der Gemeinschaft übernommen.

69. Soweit sich die Kläger hinsichtlich der Bestimmung der Personen, die zur Zahlung einer Zollschuld verpflichtet sind, auf ihre eigene Auslegung von Artikel 4 Absatz 1 der Verordnung Nr. 1031/88 berufen, kann ihnen nicht gefolgt werden. Sie machen im Wesentlichen geltend, da sie nicht an der Entziehung der Ware beteiligt gewesen seien, hafteten sie nicht gesamtschuldnerisch für die Zahlung der fraglichen Zölle. Insoweit genügt der Hinweis, dass die Bestimmungen von Artikel 13 der Verordnung Nr. 1430/79 es nicht erlauben, das Bestehen einer Zollschuld in Zweifel zu ziehen (Urteile Cerealmangimi und Italgrani/Kommission, Randnr. 11, CT Control [Rotterdam] und JCT Benelux/Kommission, Randnr. 43, und Hyper/Kommission, Randnr. 98), da für die Feststellung des Bestehens der Schuld die nationalen Behörden zuständig sind. Bei Anträgen an die Kommission nach Artikel 13 der Verordnung Nr. 1430/79 geht es nämlich nicht um die Frage, ob Vorschriften des materiellen Zollrechts von den nationalen Zollbehörden richtig angewandt worden sind (Urteil Kia Motors und Broekman Motorships/Kommission, Randnr. 36).

70. Zum Vorbringen der Kläger, dass die unbewusste und nicht vorsätzliche Teilnahme an Betrugshandlungen Dritter einen besonderen Umstand im Sinne von Artikel 13 der Verordnung Nr. 1430/79 darstelle, ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung auch die gutgläubige Vorlage von Dokumenten, die sich später als gefälscht erweisen, als solche keinen besonderen Umstand darstellt, der einen Erlass der Einfuhrabgaben rechtfertigt (in diesem Sinne auch Urteile Eyckeler & Malt/Kommission, Randnr. 162, Primex Produkte Import-Export u. a./Kommission, Randnr. 140, und SCI UK/Kommission, Randnr. 58). Insbesondere hat das Gericht entschieden, dass der betrügerische Charakter der einem Zollspediteur übergebenen Rechnungen keinen besonderen Umstand im Sinne von Artikel 13 der Verordnung Nr. 1430/79 darstellt, da dies zu den Berufsrisiken gehört, denen sich ein Zollspediteur aussetzt, der dem Wesen seiner Tätigkeit entsprechend für die Ordnungsmäßigkeit der Dokumente haftet, die er den Zollbehörden vorlegt, so dass für die abträglichen Folgen des Fehlverhaltens seiner Kunden nicht die Gemeinschaft einstehen kann (Urteil Mehibas Dordtselaan/Kommission, Randnrn. 82 und 83).

71. Die konkreten von den Klägern angeführten Umstände und Merkmale des Delikts, wie der Organisationsgrad der Täter, die Schwere des Sachverhalts, die wirtschaftliche Bedeutung des Verstoßes oder die Existenz von mindestens vier nacheinander verübten Delikten, können daran nichts ändern (in diesem Sinne auch Urteil des Gerichtshofes vom 5. Oktober 1983 in den Rechtssachen 186/82 und 187/82, Magazzini Generali, Slg. 1983, 2951, Randnrn. 14 und 15; vgl. auch Urteil Aslantrans/Kommission, Randnr. 58). Auch bei dem Vorbringen der Kläger, dass die italienischen Zollspediteure weder ihr Entgelt anhand ihrer Einschätzung des Betrugsrisikos variieren noch die von ihnen verlangten Dienste ohne Rechtfertigung verweigern könnten, handelt es sich nicht um Gesichtspunkte, aufgrund deren sich der Antragsteller in einer Lage befinden kann, die gegenüber derjenigen anderer Wirtschaftsteilnehmer außergewöhnlich ist, da diese Umstände eine unbestimmte Zahl von Wirtschaftsteilnehmern, und zwar alle italienischen Zollspediteure, betreffen (in diesem Sinne auch Urteile des Gerichtshofes vom 25. Februar 1999 in der Rechtssache C86/97, Trans-Ex-Import, Slg. 1999, I1041, Randnr. 22, und vom 27. September 2001 in der Rechtssache C253/99, Bacardi, Slg. 2001, I6493, Randnr. 56, sowie Urteil De Haan, Randnr. 52). Schließlich reicht auch die Tatsache, dass es sich hier um den ersten Betrugsfall handelte, von dem die Kläger betroffen waren, nicht aus, um außergewöhnliche Umstände im Sinne von Artikel 13 der Verordnung Nr. 1430/79 zu schaffen.

72. Zu einem anderen Ergebnis, nämlich dem Vorliegen besonderer Umstände, käme man jedoch dann, wenn schwerwiegendes Fehlverhalten der Kommission oder der nationalen Zollbehörden die missbräuchliche Verwendung der Dokumente erleichtert hätte (Urteil SCI UK/Kommission, Randnr. 59; in diesem Sinne auch Urteile Eyckeler & Malt/Kommission, Randnrn. 189 und 190, Primex Produkte Import-Export u. a./Kommission, Randnr. 163, und Kaufring u. a./Kommission, Randnrn. 235 und 302). Da Artikel 13 der Verordnung Nr. 1430/79 nämlich dann Anwendung finden soll, wenn es angesichts des Verhältnisses zwischen Wirtschaftsteilnehmer und Verwaltung unbillig wäre, den Wirtschaftsteilnehmer einen Schaden tragen zu lassen, den er bei rechtem Gang der Dinge nicht erlitten hätte (Urteil Coopérative agricole d'approvisionnement des Avirons, Randnr. 22), ist davon auszugehen, dass solche Umstände eine besondere Situation im Sinne der genannten Bestimmung schaffen und einen Erlass der Einfuhrabgaben rechtfertigen würden (in diesem Sinne auch Urteil Primex Produkte Import-Export u. a./Kommission, Randnrn. 163 und 164).

73. Daher ist zu prüfen, ob die Kläger im vorliegenden Fall ein solches Fehlverhalten der Kommission oder der nationalen Zollbehörden dargetan haben.

c) Zur fehlenden Kontrolle durch die Zollbehörden

Vorbringen der Parteien

74. Die Kläger führen aus, die Zollbehörden hätten die Ladungen vom 30. Oktober und vom 5. November 1991 nicht kontrolliert und ihren Konformitätsvermerk auf den Versandbescheinigungen angebracht, ohne die Lastkraftwagen zu untersuchen; damit hätten sie auf die Richtigkeit der vom Fahrer vorgelegten Dokumente vertraut. Insbesondere hätten die Zollbehörden, wenn sie bei den Transporten vom 30. Oktober und vom 5. November 1991 - wie beim Transport vom 16. November 1991 - Unregelmäßigkeiten vermutet hätten, die Waren überprüfen müssen. Außerdem sei bei Ausstellung der beiden Bescheinigungen als Sicherheit für die Zahlung der für die angemeldete Ladung von Verpackungskartons geschuldeten Zölle eine angemessene Bürgschaft in Höhe von 100 000 000 ITL hinterlegt worden, deren Angemessenheit von den Zollbehörden, die das Fahrzeug zum Zeitpunkt der Ausstellung der beiden Versandbescheinigungen hätten untersuchen können, gegebenenfalls hätte geprüft werden müssen. Selbst wenn sich herausstellen sollte, dass die Zollbehörden und die Guardia di Finanza nichts von dem Schmuggel gewusst hätten, hafteten sie somit auch wegen des Fehlens einer physischen Kontrolle der Waren.

75. Die Kläger berufen sich ferner auf einen Grundsatz des Vertrauens der Wirtschaftsteilnehmer auf die ordnungsgemäße Anwendung des Gemeinschaftsrechts. Sie machen geltend, nach dem Abkommen zwischen Italien und Jugoslawien über gegenseitige Amtshilfe seien die slowenischen Zollbehörden verpflichtet gewesen, die italienischen Behörden darauf hinzuweisen, dass die fraglichen Ladungen aus sensiblen, da einem Monopol von hohem wirtschaftlichem Wert unterliegenden Waren bestünden; die Folgen etwaiger Mängel dieses Systems zur Information und zur Verhinderung von Schmuggel könnten nicht vom Zollanmelder getragen werden. Selbst wenn das Urteil De Haan auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar sein sollte, sei der in den Urteilen Eyckeler & Malt/Kommission und Hewlett Packard France (Urteil des Gerichtshofes vom 1. April 1993 in der Rechtssache C250/91, Slg. 1993, I1819) aufgestellte Grundsatz anzuwenden, wonach die Kläger berechtigt seien, auf die vorbeugenden Kontrollen sensibler Waren durch die Gemeinschaftsorgane zu vertrauen.

76. Die Kommission trägt vor, auch wenn es zutreffe, dass ein durch die gutgläubige Vorlage falscher Dokumente begangener Betrug in bestimmten Situationen, insbesondere wenn schwerwiegendes Fehlverhalten der Kommission oder der Zollbehörden die missbräuchliche Verwendung dieser Dokumente erleichtert habe, einen Erlass der Schuld rechtfertigen könne, ändere dies nichts daran, dass die Kläger im vorliegenden Fall keinen Beweis für ein Fehlverhalten der italienischen Verwaltung erbracht hätten.

Würdigung durch das Gericht

77. Die Kläger machen im Wesentlichen geltend, dass die italienischen Behörden eine physische Kontrolle der Waren, die Gegenstand der Versandverfahren vom 30. Oktober und vom 5. November 1991 gewesen seien, hätten vornehmen müssen und dass die slowenischen Zollbehörden ihre italienischen Amtskollegen auf die fraglichen Tabaktransporte hätten hinweisen müssen.

78. Erstens ist festzustellen, dass es nicht angebracht wäre, von den nationalen Zollbehörden eine physische Kontrolle aller Ladungen zu verlangen, die die Gemeinschaftsgrenzen passieren. Die tatsächlichen Gegebenheiten des internationalen Warenverkehrs machen eine physische Kontrolle aller grenzüberschreitenden Transporte unmöglich. Hinzu kommt, wie in der 36. Begründungserwägung der angefochtenen Entscheidung ausgeführt wird, dass die Annahme einer Versandanmeldung der zuständigen Zollverwaltung nicht die Möglichkeit nimmt, nachträgliche Kontrollen durchzuführen (in diesem Sinne auch Urteil des Gerichtshofes vom 13. November 1984 in den Rechtssachen 98/83 und 230/83, Van Gend & Loos/Kommission, Slg. 1984, 3763, Randnr. 20). Schließlich lassen die in den Akten enthaltenen Angaben entgegen dem Vorbringen der Kläger nicht den Schluss zu, dass die italienischen Behörden bei den Transporten vom 30. Oktober und vom 5. November 1991 Unregelmäßigkeiten vermuteten.

79. Zweitens verpflichtete das Abkommen zwischen Italien und Jugoslawien über gegenseitige Amtshilfe zur Verhinderung und Verfolgung von Zollbetrug vom 10. November 1965 die slowenischen Zollbehörden nicht dazu, die italienischen Zollbehörden unverzüglich über alle Tabaktransporte, die ihr Hoheitsgebiet nach Italien verließen, zu informieren. Das Abkommen sieht lediglich vor, dass sich beide Verwaltungen gegenseitig unterstützen und eng zusammenarbeiten (Artikel 1 und 3), dass soweit möglich eine besondere Überwachung des Warenverkehrs und der Transportmittel stattfindet, bei denen mitgeteilt wird, dass sie einen wichtigen rechtswidrigen Verkehr darstellen (Artikel 4), und dass Informationen u. a. über die Warenarten ausgetauscht werden, die Gegenstand von Verstößen gegen die Zollvorschriften sind (Artikel 5).

80. Angesichts dessen ist das Gericht der Ansicht, dass die Kläger nicht dargelegt haben, dass schwerwiegendes Fehlverhalten der nationalen Zollbehörden die missbräuchliche Verwendung der fraglichen Versandbescheinigungen erleichtert hat. Daher kann die Tatsache, dass die Kläger gutgläubig Dokumente vorgelegt haben, die sich später als gefälscht erwiesen, im vorliegenden Fall keinen besonderen Umstand darstellen, der einen Erlass der Zölle rechtfertigt.

d) Zur fehlenden Möglichkeit der Kläger, die Lastkraftwagen zu kontrollieren

Vorbringen der Parteien

81. Die Kläger führen aus, sie seien an der Grenze zwischen Italien und Slowenien tätig, hätten die gemeinschaftlichen Versandbescheinigungen nach der Abfahrt des Lastkraftwagens in Ljubljana ausgestellt und hätten deshalb keine Möglichkeit gehabt, die Ladung zu untersuchen. Die Zollanmelder könnten vor allem aufgrund der Schnelligkeit, mit der die Versandverfahren aus offenkundigen Gründen des grenzüberschreitenden Verkehrs abgewickelt werden müssten, nicht verlangen, die Transportmittel zu untersuchen.

82. Die Kommission trägt vor, die Voraussetzung des Vorliegens eines besonderen Umstands könne nicht in Abhängigkeit vom Ort beurteilt werden, bei dem es sich um eine objektive Gegebenheit handele, die aktuell oder potenziell eine Vielzahl von Wirtschaftsteilnehmern betreffen könne (Urteil Coopérative agricole d'approvisionnement des Avirons, Randnr. 22).

Würdigung durch das Gericht

83. Nach ständiger Rechtsprechung liegen besondere Umstände im Sinne von Artikel 13 der Verordnung Nr. 1430/79 vor, wenn im Licht des an der Billigkeit ausgerichteten Regelungszwecks dieser Bestimmung Gegebenheiten festgestellt werden, aufgrund deren sich der Antragsteller in einer Lage befinden kann, die gegenüber derjenigen anderer Wirtschaftsteilnehmer, die die gleiche Tätigkeit ausüben, außergewöhnlich ist (Urteile Trans-Ex-Import, Randnr. 22, Bacardi, Randnr. 56, und De Haan, Randnr. 52).

84. Weder die Tatsache, dass die Kläger an der Grenze und nicht am Abgangsort des Transports tätig waren, noch ihre angeblich fehlende Möglichkeit, den Lastkraftwagen zu untersuchen, stellen jedoch Gegebenheiten dar, aufgrund deren sie sich in einer Lage befinden können, die gegenüber derjenigen anderer Wirtschaftsteilnehmer außergewöhnlich ist, da diese Gegebenheiten eine unbestimmte Zahl von Wirtschaftsteilnehmern betreffen. Daher können sie keinen besonderen Umstand im Sinne von Artikel 13 der Verordnung Nr. 1430/79 darstellen. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass die Zollspediteure vor der Abgabe einer Zollanmeldung befugt sind, die Zolldienststellen um Prüfung der Waren zu ersuchen, auch wenn sie dies nur ausnahmsweise tun können.

e) Zur Abwägung der widerstreitenden Interessen

Vorbringen der Parteien

85. Die Kläger führen aus, der Gerichtshof habe das Vorliegen einer Lage, die gegenüber derjenigen anderer Wirtschaftsteilnehmer, die die gleiche Tätigkeit ausübten, außergewöhnlich sei, bejaht, wenn die Abgabenerhebung den fraglichen Wirtschaftsteilnehmer aufgrund der Höhe der geforderten Zölle finanziell ruinieren würde (Urteil Trans-Ex-Import). Ferner habe die Kommission bei der Entscheidung darüber, ob ein besonderer Umstand vorliege, den gesamten Sachverhalt zu würdigen sowie das Interesse der Gemeinschaft an der Beachtung der Zollvorschriften und das Interesse des gutgläubigen Wirtschaftsteilnehmers, keine Nachteile zu erleiden, die über das normale Geschäftsrisiko hinausgingen, gegeneinander abzuwägen (Urteil Spedition Wilhelm Rotermund/Kommission, Randnr. 53). In der angefochtenen Entscheidung sei aber kein Vergleich der widerstreitenden Interessen vorgenommen, sondern nur die Anwendbarkeit von Artikel 13 der Verordnung Nr. 1430/79 ausgeschlossen worden.

86. Die Kommission trägt vor, die Argumentation der Kläger bedeute, dass sie vor der Ablehnung eines Erlassantrags eine Art von Bilanz der Risiken für die Eigenmittel der Gemeinschaft und für die Wirtschaftsteilnehmer aufstellen müsse. Mit der nach der Rechtsprechung vorzunehmenden Analyse solle dagegen ermittelt werden, ob die Kommission oder die Zollbehörden einen Fehler begangen hätten, durch den der Wirtschaftsteilnehmer übermäßig belastet werde.

Würdigung durch das Gericht

87. Entgegen dem Vorbringen der Kläger ist der Gerichtshof in seinem Urteil Trans-Ex-Import nicht zu dem Ergebnis gekommen, dass es einen besonderen Umstand darstellen kann, wenn angesichts der Höhe der geforderten Zölle die Gefahr besteht, dass ihre Erhebung den Wirtschaftsteilnehmer finanziell ruinieren würde. Das vorlegende Gericht hatte dem Gerichtshof zwar eine Frage vorgelegt, die u. a. dahin ging, ob die Tatsache, dass die Zollerhebung die wirtschaftliche Existenz des Unternehmens des Wirtschaftsteilnehmers vernichten würde, einen besonderen Fall im Sinne von Artikel 905 Absatz 1 der Verordnung (EWG) Nr. 2454/93 der Kommission vom 2. Juli 1993 mit Durchführungsvorschriften zu der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (ABl. L 253, S. 1) darstellt (Urteil Trans-Ex-Import, Randnr. 13), doch der Gerichtshof beschränkte sich darauf, zu antworten, dass die Feststellung eines besonderen Falles das Vorliegen von Umständen voraussetzt, aufgrund deren sich der Antragsteller in einer Lage befinden kann, die gegenüber derjenigen anderer Wirtschaftsteilnehmer, die die gleiche Tätigkeit ausüben, außergewöhnlich ist (Urteil Trans-Ex-Import, Randnr. 22).

88. Auch dem Vorbringen der Kläger, dass die angefochtene Entscheidung nicht auf einem Vergleich der widerstreitenden Interessen beruhe, kann nicht gefolgt werden. Die Kommission verfügt bei der Anwendung von Artikel 13 der Verordnung Nr. 1430/79 über ein Ermessen, bei dessen Ausübung sie das Interesse der Gemeinschaft an der Beachtung der Zollbestimmungen und das Interesse des gutgläubigen Wirtschaftsteilnehmers, keine Nachteile zu erleiden, die über das normale Geschäftsrisiko hinausgehen, gegeneinander abzuwägen hat (Urteile Eyckeler & Malt/Kommission, Randnr. 133, und Mehibas Dordtselaan/Kommission, Randnr. 78). Entgegen dem Vorbringen der Kläger hat sich die Kommission in der angefochtenen Entscheidung nicht darauf beschränkt, die Anwendbarkeit von Artikel 13 der Verordnung Nr. 1430/79 auszuschließen, sondern hat geprüft, ob die Umstände des vorliegenden Falles zu dem von den Zollspediteuren üblicherweise zu tragenden Geschäftsrisiko gehörten, wobei sie zu dem Ergebnis kam, dass sie über das normale mit dieser Tätigkeit verbundene Geschäftsrisiko nicht hinausgingen (vgl. insbesondere die 30. Begründungserwägung der angefochtenen Entscheidung).

89. Nach dem Vorstehenden haben die Kläger - unabhängig davon, ob man ihre Argumente nacheinander oder in ihrer Gesamtheit betrachtet - nicht dargelegt, dass die Kommission einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen hat, als sie die Ansicht vertrat, dass im vorliegenden Fall kein besonderer Umstand im Sinne von Artikel 13 der Verordnung Nr. 1430/79 vorliege.

3. Zum Fehlen von Fahrlässigkeit und betrügerischer Absicht

Vorbringen der Parteien

90. Die Kläger machen zunächst geltend, der Beschluss des Ermittlungsrichters am Tribunale civile e penale Triest vom 14. Januar 1994 über die Einstellung der Strafverfolgung beweise, dass ihnen im vorliegenden Fall keine betrügerische Absicht oder Fahrlässigkeit im Sinne von Artikel 13 der Verordnung Nr. 1430/79 angelastet werden könne. Es handele sich um den ersten und einzigen Fall, in dem ihr guter Glaube bei der Ausstellung von Versandbescheinigungen enttäuscht worden sei, obwohl sie während ihrer jahrzehntelangen Tätigkeit als Zollanmelder bereits Hunderte von Dokumenten T 1 ausgestellt hätten. Die fraglichen Versandbescheinigungen seien nach einer üblichen, von den Zollbehörden in der Vergangenheit nie beanstandeten Handelspraxis ausgestellt worden, so dass die Kommission die Beweislast dafür getragen habe, dass sie offensichtlich fahrlässig gehandelt hätten (Urteil Primex Produkte Import-Export u. a./Kommission, Randnr. 136), und hätte darlegen müssen, dass sie im vorliegenden Fall die beiden fraglichen Bescheinigungen in unterschiedlicher Weise ausgestellt und erteilt hätten.

91. Das Argument in der angefochtenen Entscheidung, dass sie aufgrund ihrer Stellung als gewerbliche Zollanmelder verpflichtet gewesen seien, im Zusammenhang mit der Versandabfertigung alle geeigneten Vorsichtsmaßnahmen zu treffen und insbesondere vor der Anmeldung die Art der in den Lastkraftwagen befindlichen Waren zu überprüfen, gehe fehl. Die Abfertigung habe in der Grenzzollstelle und damit online stattgefunden, d. h. beim Grenzübertritt des jeweiligen Fahrzeugs, so dass das Entladen der Ware am Zoll den Fluss des Warenverkehrs behindert hätte. Im Übrigen könne der Zollanmelder nur dann die Untersuchung der Ware verlangen, wenn aufgrund von falschen oder widersprüchlichen Angaben in den vorgelegten Dokumenten konkrete Zweifel an der Art der Waren bestünden, und sie müsse vom Zoll genehmigt werden. Das Gewicht des Lastkraftwagens, der die Zigaretten befördert habe, habe mit dem Gewicht übereingestimmt, das er gehabt hätte, wenn er tatsächlich Verpackungskartons befördert hätte, und habe somit der Art der in den Transportdokumenten und den Begleitrechnungen angemeldeten Ladung entsprochen.

92. Sie seien im Rahmen ihrer Möglichkeiten, aufgrund ihrer beruflichen Erfahrung und nach besonders sorgfältiger Prüfung der ihnen vorgelegten Dokumente der Ansicht gewesen, dass die Lastkraftwagen wie schon oft zuvor Verpackungskartons transportierten, die in der Zollstelle Fernetti häufig Versandgegenstand seien. Die Dokumente, auf denen die Versandanmeldungen vorgenommen worden seien, hätten auch einen völlig ordnungsgemäßen Eindruck erweckt, wie dadurch bestätigt werde, dass die Zollbehörden sie mit ihrem Konformitätsvermerk versehen hätten.

93. Die Kommission trägt vor, das Vorbringen der Kläger laufe darauf hinaus, dass sie trotz ihrer Stellung als Anmelder keine Verantwortung treffen würde. Dies würde die dem Anmelder obliegende Sorgfaltspflicht negieren und stünde im Widerspruch zu den Billigkeitserfordernissen, auf denen die Erlassverfahren beruhten. Der Gemeinschaftsrichter habe auf die Bedeutung des Kriteriums der Sorgfalt des eine Zollanmeldung vornehmenden Wirtschaftsteilnehmers hingewiesen (Urteil Hewlett Packard France, Randnr. 27); dieses Kriterium sei von grundlegender Bedeutung für die Frage, ob der Wirtschaftsteilnehmer offensichtlich fahrlässig gehandelt habe (Urteil des Gerichts vom 5. Juni 1996 in der Rechtssache T75/95, Günzler Aluminium/Kommission, Slg. 1996, II497, Randnr. 43). Die Prüfung der angefochtenen Entscheidung zeige, dass die Kläger nicht die von einem erfahrenen Wirtschaftsteilnehmer zu erwartende Sorgfalt bewiesen hätten.

Würdigung durch das Gericht

94. Nach Artikel 13 der Verordnung Nr. 1430/79 ist die Erstattung von Eingangsabgaben von der Erfüllung zweier kumulativer Voraussetzungen abhängig, nämlich vom Vorliegen besonderer Umstände und vom Fehlen einer betrügerischen Absicht oder einer offensichtlichen Fahrlässigkeit des Wirtschaftsteilnehmers (Urteile Covita, Randnr. 29, De Haan, Randnr. 42, und SCI UK/Kommission, Randnr. 45). Folglich ist die Erstattung der Abgaben bereits dann zu versagen, wenn eine der beiden Voraussetzungen fehlt (Urteile Günzler Aluminium/Kommission, Randnr. 54, Mehibas Dordtselaan/Kommission, Randnr. 87, und Kaufring u. a./Kommission, Randnr. 220).

95. Im vorliegenden Fall hat das Gericht entschieden, dass die Kommission keinen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen hat, als sie die Ansicht vertrat, dass kein besonderer Umstand im Sinne von Artikel 13 der Verordnung Nr. 1430/79 vorliege. Somit braucht die Voraussetzung des Fehlens einer betrügerischen Absicht oder einer offensichtlichen Fahrlässigkeit nicht geprüft zu werden.

96. Nach alledem ist der zweite Klagegrund unbegründet.

97. Daher ist der Antrag der Kläger auf Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung zurückzuweisen.

II - Zum Hilfsantrag auf teilweisen Erlass der Zölle

Vorbringen der Parteien

98. Hilfsweise wenden sich die Kläger dagegen, dass in der angefochtenen Entscheidung ihr Antrag abgelehnt wurde, einen Teil der fraglichen Zollschuld nach der teilweisen Einziehung der zollpflichtigen Waren als erloschen anzusehen, wie es Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung Nr. 2144/87 für einen solchen Fall vorsieht. Sie führen aus, die Guardia di Finanza Triest habe am 8. April 1992 im Rahmen ihrer Ermittlungen 8 010 kg ausländischer Tabakwaren in einem Lager in Bareggio eingezogen, und es bestehe ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit dafür, dass es sich bei den eingezogenen Waren um diejenigen handele, die am 30. Oktober und am 5. November 1991 mit den von den Klägern ausgestellten Versandanmeldungen befördert worden seien. Die Feststellung des Betrages der Zollschuld stelle die historische Tatsache dar, auf die der Rechtsstreit zurückgehe, so dass der Antrag nicht für unzulässig erklärt werden könne, soweit er auf die objektive Voraussetzung der Rechtssache zurückgehe.

99. Die Kommission trägt vor, dieser Antrag sei unzulässig, da der Gemeinschaftsrichter einem Gemeinschaftsorgan nach ständiger Rechtsprechung im Rahmen einer Nichtigkeitsklage nicht aufgeben könne, die Maßnahmen zu treffen, die mit der Durchführung eines Urteils, mit dem eine Entscheidung für nichtig erklärt werde, verbunden seien.

Würdigung durch das Gericht

100. Mit der Rüge der angeblichen Verletzung von Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung Nr. 2144/87 beantragen die Kläger insbesondere, das Gericht möge jedenfalls feststellen, dass ihnen die Zölle für die in Bareggio eingezogenen 8 010 kg ausländischer Tabakwaren zu erlassen seien.

101. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass Artikel 13 Absatz 1 der Verordnung Nr. 1430/79 es nach ständiger Rechtsprechung nicht erlaubt, das Bestehen der Zollschuld dem Grunde nach in Zweifel zu ziehen (Urteile Cerealmangimi und Italgrani/Kommission, Randnr. 11, CT Control [Rotterdam] und JCT Benelux/Kommission, Randnr. 43, und Hyper/Kommission, Randnr. 98). Die Frage des völligen oder teilweisen Erlöschens der Zollschuld durch Einziehung der zollpflichtigen Ware im Sinne von Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung Nr. 2144/87 hängt aber zwangsläufig entweder mit der Frage der Existenz der Zollschuld oder mit der Ermittlung ihrer Höhe zusammen. Ebenso ist darauf hinzuweisen, dass es bei Anträgen an die Kommission nach Artikel 13 der Verordnung Nr. 1430/79 nicht um die Frage geht, ob Vorschriften des materiellen Zollrechts von den nationalen Zollbehörden richtig angewandt worden sind (Urteil Kia Motors und Broekman Motorships/Kommission, Randnr. 36). Somit fällt die Frage des Erlöschens der Zollschuld durch Einziehung eines Teils der zollpflichtigen Ware nicht unter diese Vorschrift.

102. Daran ändert auch das Vorbringen der Kläger nichts, dass das Bestreiten der Höhe der Zollschuld die historische Tatsache darstelle, auf die der Rechtsstreit zurückgehe. Diese These lässt die Grenzen und die Besonderheit des in Artikel 13 Absatz 1 der Verordnung Nr. 1430/79 vorgesehenen Verfahrens zum Erlass oder zur Erstattung von Zöllen außer Acht.

103. Nach alledem ist der Antrag der Kläger auf Feststellung, dass die Zollschuld in Bezug auf die eingezogenen 8 010 kg Tabakwaren zu erlassen sei, für unzulässig zu erklären.

104. Folglich ist die Klage in vollem Umfang abzuweisen.

Kostenentscheidung:

Kosten

105. Nach Artikel 87 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Kläger unterlegen sind, haben sie ihre eigenen Kosten sowie gemäß dem Antrag der Kommission deren Kosten zu tragen.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DAS GERICHT (Fünfte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kläger tragen ihre eigenen Kosten und die Kosten der Kommission.

Ende der Entscheidung

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