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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäisches Gericht
Beschluss verkündet am 17.01.2001
Aktenzeichen: T-342/00 R
Rechtsgebiete: EGV, Beschluss 88/591/EGKS, EWG, Euratom Verfahrensordnung, Verordnung (EWG) Nr. 4064/89


Vorschriften:

EGV Art. 242
EGV Art. 243
Beschluss 88/591/EGKS, EWG, Euratom Art. 4
Verfahrensordnung Art. 104 § 2
Verordnung (EWG) Nr. 4064/89 Art. 8 Abs. 2
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

Im Rahmen eines Antrags auf Aussetzung der Durchführung einer Entscheidung der Kommission, mit der diese es ablehnt, dass Unternehmen bestimmte Vermögenswerte erwerben, die in einem Übernahmeverfahren abgegeben wurden, das gemäß den Verpflichtungen durchgeführt wurde, die die an dem Zusammenschluss Beteiligten eingegangen sind, liegt der Schaden, der sich aus dem Ausschluss aus diesem Übernahmeverfahren ergibt, in dem Verdienstausfall, verursacht durch den Umstand, dass diese Unternehmen zu einem bestimmten Markt keinen Zugang haben.

Ein solcher rein finanzieller Schaden ist grundsätzlich nicht als ein nicht oder auch nur schwer wieder gutzumachender Schaden anzusehen, da er Gegenstand eines späteren finanziellen Ausgleichs sein kann.

Der beantragte vorläufige Rechtsschutz wäre unter diesen Umständen nur dann gerechtfertigt, wenn sich ergäbe, dass sich die betroffenen Unternehmen ohne den Erlass einer solchen Maßnahme in einer Situation befänden, die für sie existenzgefährdend sein könnte oder in der sich ihre Marktanteile unwiederbringlich verändern könnten.

Selbst wenn in den Schäden, die hauptsächlich in dem endgültigen Ausschluss vom fraglichen Übernahmeverfahren und darin lägen, dass die Unternehmen keinen Anteil an dem bestimmten Markt erlangen könnten, ein schwerer und nicht wieder gutzumachender Schaden zu sehen wäre, so würde jedenfalls die Abwägung der Interessen der betroffenen Unternehmen am Erlass der beantragten einstweiligen Maßnahmen auf der einen und des öffentlichen Interesses an der Ausführung der im Rahmen der Verordnung Nr. 4064/89 getroffenen Entscheidungen sowie der Interessen Dritter, die von einer etwaigen Aussetzung der angefochtenen Entscheidung unmittelbar betroffen wären, auf der anderen Seite zu einer Ablehnung des vorliegenden Antrags führen.

( vgl. Randnrn. 48 bis 48, 51 )


Beschluss des Präsidenten des Gerichts Erster Instanz vom 17. Januar 2001. - Petrolessence und Société de gestion de restauration routière (SG2R) gegen Kommission der Europäischen Gemeinschaften. - Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes - Wettbewerb - Zusammenschluss - Zulässigkeit - Dringlichkeit - Interessenabwägung. - Rechtssache T-342/00 R.

Parteien:

In der Rechtssache T-342/00 R

Petrolessence,

Société de gestion de restauration routière (SG2R),

beide mit Sitz in Nancy (Frankreich), Prozeßbevollmächtigte: Rechtsanwälte F. Puel, Hauts-de-Seine und Brüssel, und M. Troncoso Ferrer, Pamplona und Brüssel, Zustellungsanschrift: Kanzlei des Rechtsanwalts C. Kaufhold, 24, avenue Marie-Thérèse, Luxemburg

Antragstellerinnen,

gegen

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch W. Mölls, Juristischer Dienst, als Bevollmächtigten, und F. Siredey-Garnier, im Rahmen des Austauschs mit nationalen Beamten zur Kommission abgeordnete Beamtin; Zustellungsbevollmächtigter: C. Goméz de la Cruz, Juristischer Dienst, Centre Wagner, Luxemburg-Kirchberg,

Antragsgegnerin,

wegen Aussetzung zum einen der Durchführung der Entscheidung der Kommission vom 13. September 2000, mit der diese den Vorschlag von TotalFina Elf, die Übernahme von sechs Autobahntankstellen durch die Antragstellerinnen zu genehmigen, abgelehnt hat, und zum anderen der Durchführung der Verpflichtung, die in Nummer 36 des Anhangs Von TotalFina vorgeschlagene Verpflichtungen" der Entscheidung der Kommission vom 9. Februar 2000 aufgeführt ist, mit der der Erwerb des Unternehmens Elf Aquitaine durch TotalFina genehmigt wurde, im Hinblick auf die sechs Tankstellen, deren Übernahme durch die Antragstellerinnen der Kommission am 12. August 2000 von TotalFina Elf vorgeschlagen worden war,

erlässt

DER PRÄSIDENT DES

GERICHTS ERSTER INSTANZ

DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN

folgenden

Beschluss

Entscheidungsgründe:

Sachverhalt

1 Die Kommission erließ am 9. Februar 2000 gemäß Artikel 8 Absatz 2 der Verordnung (EWG) Nr. 4064/89 des Rates vom 21. Dezember 1989 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen (ABl. 1990, L 257, S. 13) eine Entscheidung, mit der sie die Übernahme von Elf Aquitaine durch TotalFina für mit dem Gemeinsamen Markt und dem Funktionieren des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum unter der Voraussetzung vereinbar erklärte, dass mehrere im Anhang der Entscheidung aufgeführte Verpflichtungen vollständig eingehalten würden.

2 Die Anmelderin, TotalFina, sollte gemäß Nummer 1 der von ihr eingegangenen Verpflichtungen Vermögenswerte veräußern, um auf den betroffenen Märkten einen wirksamen Wettbewerb zu erhalten. Insbesondere sollte sie innerhalb einer bestimmten Frist 70 Autobahntankstellen der Marken Elf, Total und Fina abgeben.

3 Die Erwerber der Tankstellen bedurften der Zustimmung durch die Kommission; sie mussten die in Nummer 1 der genannten Verpflichtungen aufgeführten Bedingungen erfuellen. Diese lauten:

a) Die Konzerne TotalFina und Elf dürfen nicht unmittelbar oder mittelbar materiell an dem Erwerber oder den Erwerbern beteiligt sein.

Diese Bestimmung ist jedoch kein Hindernis dafür, dass die Gesellschaften, an denen TotalFina oder Elf Beteiligungen halten, zu deren vollständiger Aufgabe sich der Anmelder aufgrund der vorliegenden Veräußerungsverpflichtungen verpflichtet hat, sich um den Erwerb der gesamten Vermögenswerte oder eines Teils derselben bewerben.

Der Anmelder verpflichtet sich in diesem Zusammenhang, nicht direkt oder indirekt dagegen vorzugehen, wenn eine dieser Gesellschaften ihre Bewerbung geltend macht und die entsprechenden Maßnahmen zu ihrer Verwirklichung trifft.

b) Der oder die Erwerber müssen existenzfähige Marktteilnehmer sein, die auf den betreffenden Märkten präsent sind oder potenziell präsent sein werden und die in der Lage sind, einen wirksamen Wettbewerb zu erhalten oder in Gang zu setzen.

c) Dem oder den Erwerbern müssen alle zum Erwerb und zum Betrieb der Vermögenswerte erforderlichen Genehmigungen vorliegen bzw. es muss die begründete Annahme bestehen, dass sie diese erhalten werden."

4 Um dieser Verpflichtung nachzukommen, stellte TotalFina Elf am 12. August 2000 bei der Kommission einen Antrag auf Zustimmung zu den Erwerbern aller 70 betroffenen Tankstellen. Zu den vorgeschlagenen Erwerbern gehörten die unter dem Handelsnamen Le Mirabellier handelnden Gesellschaften Petrolessence und Société de gestion de restauration routière (SG2R). Le Mirabellier sollte sechs Tankstellen übernehmen.

5 Mit Entscheidung vom 13. September 2000 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) teilte die Kommission TotalFina Elf mit, dass Mirabellier ihrer Ansicht nach insbesondere eine der in Nummer 1 Buchstabe b der Verpflichtungen genannten Bedingungen für den Erhalt der erforderlichen Genehmigung nicht erfuelle, denn im Rahmen der vorgeschlagenen Gruppe von Übernehmern könne mit ihrer Bewerbung kein wirksamer Wettbewerb aufrechterhalten und entfaltet werden, vor allem nicht im Hinblick auf TotalFina Elf (Nummer 32 der angefochtenen Entscheidung).

6 Am 20. Oktober 2000 schlug TotalFina Elf der Kommission eine neue Gruppe potentieller Übernehmer vor, zu der die Antragstellerinnen nicht gehörten. Die Kommission erteilte diesen Übernehmern am 7. November 2000 ihre Genehmigung.

Verfahren

7 Die Antragstellerinnen haben mit Schriftsatz, der am 13. November 2000 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, Klage gemäß Artikel 230 Absatz 4 EG auf Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung erhoben.

8 Die Antragstellerinnen haben mit besonderem Schriftsatz, der am selben Tag bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, den vorliegenden Antrag gestellt, mit dem zum einen die Aussetzung der Ausführung der angefochtenen Entscheidung insofern begehrt wird, als mit ihr der Vorschlag von TotalFina Elf abgelehnt wird, dem Erwerb von sechs Autobahntankstellen durch die Antragstellerinnen zuzustimmen, und zum anderen die Anordnung an die Kommission, TotalFina Elf aufzugeben, die Durchführung der Verpflichtung, die in Nummer 36 des Anhangs Von TotalFina vorgeschlagene Verpflichtungen" der Entscheidung der Kommission vom 9. Februar 2000 aufgeführt ist, im Hinblick auf die sechs fraglichen Tankstellen auszusetzen.

9 Am 24. November 2000 hat sich die Kommission zu dem vorliegenden Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz geäußert.

10 Die Parteien haben in der Sitzung vom 30. November 2000 mündlich verhandelt. Am Ende der Sitzung hat der Richter der einstweiligen Anordnung die Kommission aufgefordert, ihm die Erwerber der sechs Autobahntankstellen zu nennen und zu erläutern, ob die mit ihnen geschlossenen Übernahmevereinbarungen unwiderruflich seien.

11 Am 7. Dezember 2000 hat die Kommission die gewünschten Auskünfte gegeben. Demnach hatte TotalFina Elf die Verträge über die sechs fraglichen Tankstellen allein unter der aufschiebenden Bedingung geschlossen, dass die Autobahnbetreibergesellschaften oder der Staat den Erwerbern zustimmen würden. Die sechs Tankstellen seien fünf verschiedenen Erwerbern zugeschlagen worden.

12 Am 13. Dezember 2000 haben sich die Antragstellerinnen zu diesen Auskünften geäußert; die Kommission hat darauf am 21. Dezember 2000 geantwortet. Aus ihrer Antwort ergibt sich, dass das Zustimmungsverfahren für eine der sechs von den Antragstellerinnen beanspruchten Tankstellen abgeschlossen ist.

13 Am 22. Dezember 2000 haben die Antragstellerinnen zu diesen letzten Angaben der Kommission schriftliche Erklärungen abgegeben.

14 Zu diesen Erklärungen hat sich die Kommission am 10. Januar 2001 geäußert.

Rechtliche Würdigung

15 Das Gericht kann gemäß den Artikeln 242 EG und 243 EG in Verbindung mit Artikel 4 des Beschlusses 88/591/EGKS, EWG, Euratom des Rates vom 24. Oktober 1988 zur Errichtung eines Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften (ABl. L 319, S. 1) in der Fassung des Beschlusses 93/350/EGKS, EWG, Euratom des Rates vom 8. Juni 1993 (ABl. L 144, S. 21), wenn es dies den Umständen nach für erforderlich hält, die Durchführung der angefochtenen Handlung aussetzen und die erforderlichen einstweiligen Anordnungen treffen.

16 Ein Antrag auf Aussetzung des Vollzugs einer Maßnahme ist gemäß Artikel 104 § 1 Absatz 1 der Verfahrensordnung des Gerichts nur zulässig, wenn der Antragsteller die betreffende Maßnahme durch Klage beim Gericht angefochten hat. Diese Vorschrift ist keine bloße Formalität, sondern setzt voraus, dass die Klage, auf die sich der Aussetzungsantrag bezieht, vom Gericht geprüft werden kann.

17 Nach ständiger Rechtsprechung würde es jedoch der Entscheidung des Gerichts über die Hauptsache vorgreifen, im Stadium des vorläufigen Rechtsschutzes über die Zulässigkeit zu entscheiden, wenn diese nicht dem ersten Anschein nach völlig ausgeschlossen ist (Beschluss des Präsidenten des Gerichts vom 4. Februar 1999 in der Rechtssache T-196/98 R, Peña Abizanda u. a./Kommission, Slg. ÖD 1999, I-A-5 und II-15, Randnr. 10).

18 Artikel 104 § 2 der Verfahrensordnung bestimmt, dass Anträge auf Aussetzung des Vollzugs die Umstände anführen müssen, aus denen sich die Dringlichkeit ergibt; ferner ist die Notwendigkeit der beantragten Anordnung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht glaubhaft zu machen (fumus boni juris). Diese Voraussetzungen sind kumulativ, so dass der Antrag auf einstweilige Anordnungen zurückzuweisen ist, wenn eine von ihnen nicht erfuellt ist (Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofes vom 14. Oktober 1996 in der Rechtssache C-268/96 P [R], Slg. 1996, I-4971, Randnr. 30). Der Richter der einstweiligen Anordnung nimmt gegebenenfalls auch eine Abwägung der bestehenden Interessen vor (Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofes vom 29. Juni 1999 in der Rechtssache C-107/99 R, Italien/Kommission, Slg. 1999, I-4011, Randnr. 59).

Vorbringen der Parteien

Zur Zulässigkeit

19 Erstens macht die Kommission geltend, dass der Antrag der Antragstellerinnen, das Gericht solle sie verurteilen, TotalFina Elf aufzugeben, die Durchführung der Verpflichtung im Hinblick auf die sechs fraglichen Tankstellen auszusetzen, unzulässig sei.

20 Würde diesem Antrag stattgegeben, so müsste die Kommission die in ihrer Entscheidung vom 9. Februar 2000 vorgesehenen Fristen für die Einhaltung der Verpflichtungen verlängern. Damit liege dieser Antrag nicht im Rahmen der endgültigen Entscheidung über die Klage (Beschluss des Präsidenten des Gerichts vom 27. Februar 1996 in der Rechtssache T-235/95 R, Goldstein/Kommission, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 38), denn diese ziele auf die Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung ab.

21 Selbst wenn die Kommission befugt sein sollte, der anmeldenden Partei aufzugeben, die Durchführung von Verpflichtungen auszusetzen, ergebe sich aus dem Beschluss des Präsidenten des Gerichts vom 2. Dezember 1994 in der Rechtssache T-322/94 R, Union Carbide/Kommission, Slg. 1994, II-1159, Randnr. 27), dass der Antrag der Antragstellerinnen auf jeden Fall unzulässig sei, denn er gehe über den Rahmen der gerichtlichen Kontrolle, die das Gericht ausüben könne, hinaus.

22 Zweitens sei die Aussetzung der Durchführung für die Klägerinnen insofern, als sie eine negative Handlung betreffe und insbesondere das betroffene Gemeinschaftsorgan nicht verpflichten würde, die von ihnen letztlich begehrten Maßnahmen zu erlassen, ohne Interesse und könne somit im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nicht angeordnet werden (vgl. Beschluss des Präsidenten des Gerichts vom 2. Oktober 1997 in der Rechtssache T-213/97 R, Eurocoton u. a./Rat, Slg. 1997, II-1609, Randnr. 41).

23 Drittens sei der Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz aus dem Grund unzulässig, dass die Klage offensichtlich unzulässig sei. Da die angefochtene Entscheidung nicht zur Folge habe, dass die Klägerinnen endgültig vom fraglichen Markt gedrängt würden, seien diese durch die Entscheidung nämlich nicht beschwert.

24 Die Antragstellerinnen machen demgegenüber geltend, dass der Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz zulässig sei.

Zur Dringlichkeit und zur Interessenabwägung

25 Die Antragstellerinnen tragen vor, die Durchführung des Übernahmeverfahrens sei für TotalFina Elf und die zugelassenen Unternehmen mit einem erheblichen Aufwand verbunden. Sie hätten aufgrund der angefochtenen Entscheidung, die sie daran gehindert habe, die sechs fraglichen Tankstellen zu übernehmen, keinen sofortigen Zugang zum Markt für den Verkauf von Kraftstoffen an der Autobahn. Dies sei ihnen auch in Zukunft verwehrt, da es sich um einen schwer zugänglichen Markt mit einem Erneuerungsgrad von weniger als 1,5 % handele. Die Beurteilung, die die Kommission in der angefochtenen Entscheidung vorgenommen habe, sei die unmittelbare Ursache für ihren Ausschluss.

26 Es ergebe sich insbesondere aus dem Beschluss des Präsidenten des Gerichts vom 16. Juni 1992 in den verbundenen Rechtssachen T-24/92 R und T-28/92 R (Langnese-Iglo und Schöller Lebensmittel/Kommission, Slg. 1992, II-1839), dass der endgültige Ausschluss von einem kaum zugänglichen Markt, wie in diesem Fall, einen schweren und nicht wieder gutzumachenden Schaden darstelle. Dabei spiele der Umstand, dass sie sich nicht in einer für sie existenzgefährdenden Situation befänden, keine Rolle.

27 Außerdem haben die Antragstellerinnen in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, dass sie dadurch einen finanziellen Schaden erlitten hätten, dass sie im Hinblick auf ihre Beteiligung an dem Übernahmeverfahren für die sechs fraglichen Tankstellen vergeblichen Verwaltungsaufwand gehabt hätten. Dieser Schaden belaufe sich für jede der sechs Tankstellen auf 150 000 bis 500 000 FRF.

28 Die Interessenabwägung spreche für den Erlass der beantragten Maßnahmen. Dadurch würden nämlich weder die Interessen der Gemeinschaft noch die von TotalFina Elf beeinträchtigt. Was die Interessen der Gemeinschaft angehe, beträfen die beantragten Maßnahmen nur sechs Tankstellen; dadurch würden die Wettbewerbsbedingungen auf dem fraglichen Markt aus gemeinschaftlicher Sicht nicht beeinflusst.

29 Auch die Interessen von TotalFina Elf würden nicht beeinträchtigt, da diese Gesellschaft den Erwerb dieser sechs Tankstellen durch die Antragstellerinnen vorgeschlagen habe.

30 Demgegenüber erhielten die Antragstellerinnen mit dem Besitz von sechs Tankstellen Zugang zum Markt. Dadurch könnten sie, wenn im Jahr 2005 die Konzessionen neu ausgeschrieben würden, einige weitere Tankstellen übernehmen. Das würde zu einem verstärkten Wettbewerb in Europa beitragen. Ohne vorläufigen Rechtsschutz könnten sie die sechs fraglichen Tankstellen jedoch nicht erwerben. Außerdem würden die Restaurantgesellschaften, die keine Tankstelle in Verbindung mit einem Autobahnrestaurant hätten, vom Markt verschwinden.

31 Schließlich lasse die Beschränkung der Tragweite der beantragten Maßnahmen auf das, was unbedingt erforderlich sei, damit die Antragstellerinnen keinen schweren und nicht wieder gutzumachenden Schaden erlitten, die Interessenabwägung zu ihren Gunsten ausfallen.

32 Die Kommission erklärt, selbst wenn der Erneuerungsgrad der Konzessionen für Autobahntankstellen gering sei, sei die Behauptung der Antragstellerinnen falsch, dass sie endgültig vom Markt für den Verkauf von Kraftstoffen an der Autobahn ausgeschlosen würden. Schlimmstenfalls werde der Marktzugang verzögert. Der sich in einem solchen Fall unter Umständen in Form eines Verdienstausfalls ergebende finanzielle Schaden könne ersetzt werden.

33 Außerdem könne im vorliegenden Fall der unerlässliche Nachweis eines ursächlichen Zusammenhangs zwischen der angefochtenen Entscheidung und dem geltend gemachten Schaden nicht geführt werden. Die angefochtene Entscheidung bedeute keinen endgültigen Ausschluss der Antragstellerinnen. Sie hätten - genauso wie Agip, der andere Erwerber, dessen Zulassung mit der angefochtenen Entscheidung abgelehnt worden sei - von TotalFina Elf im Rahmen der neuen der Kommission vorgestellten Erwerbergruppe erneut vorgeschlagen werden können.

34 Die Bewerbung der Antragstellerinnen könne nur im Rahmen der von TotalFina Elf vorgeschlagenen Erwerbergruppe beurteilt werden. Eine individuelle Prüfung der Bewerbungen der von TotalFina Elf vorgeschlagenen Erwerber komme für die Kommission also nicht in Betracht, wohl aber eine Prüfung im Rahmen der Gruppe unter Berücksichtigung der anderen vorgeschlagenen Erwerber, um zu ermitteln, ob die Bewerbung der Antragstellerinnen dem grundlegenden Erfordernis entspreche, zumindest die Wettbewerbslage wiederherzustellen, wie sie vor dem Konzentrationsvorgang bestanden habe.

35 Die Voraussetzung der Dringlichkeit sei also nicht erfuellt.

36 Was die Interessenabwägung angehe, sei das Interesse der Antragstellerinnen offensichtlich nicht vom gleichen Gewicht wie das der Kommission, der an dem Zusammenschluss Beteiligten und der als Erwerber zugelassenen Dritten (Beschluss des Präsidenten des Gerichts vom 15. Dezember 1992 in der Rechtssache T-96/92 R, CCE de la Société générale des Grandes sources u. a./Kommission, Slg. 1992, II-2579, Randnrn. 38 bis 40).

37 Für die Kommission gehe es darum, für die Wiederherstellung eines wirksamen Wettbewerbs zu sorgen. Für TotalFina Elf könnten die beantragten einstweiligen Anordnungen ernste Folgen haben. Dieses Unternehmen könnte nicht einmal mehr seinen Verpflichtungen gegenüber den jetzigen Erwerbern der sechs fraglichen Tankstellen nachkommen, mit denen es Vereinbarungen allein unter der aufschiebenden Bedingung geschlossen habe, dass die Vertragshändlerfirmen oder der Staat ihnen zustimmten. Damit wären die Voraussetzungen für eine Genehmigung des Zusammenschlusses also nicht erfuellt. TotalFina Elf liefe daher Gefahr, dass der Zusammenschluss scheitere.

Würdigung des Gerichts

38 Im vorliegenden Fall ist die Zulässigkeit der Klage entgegen dem Vorbringen der Kommission nicht völlig auszuschließen, da die angefochtene Entscheidung die Antragstellerinnen dem ersten Anschein nach belastet. Zum einen wird mit ihr nämlich deren Antrag abgelehnt, dem Erwerb der sechs fraglichen Tankstellen durch sie zuzustimmen. Zum anderen hat TotalFina Elf die Antragstellerinnen unter Berücksichtigung der Begründung der angefochtenen Entscheidung, dass sie nicht in der Lage seien, einen wirksamen Wettbewerb aufrechtzuerhalten und zu entfalten - insbesondere im Hinblick auf TotalFina Elf - von der Gruppe der Erwerber, die Gegenstand des zweiten Antrags auf Zustimmung waren, dem die Kommission stattgegeben hat, ausgeschlossen.

39 Daher ist zu prüfen, ob die Voraussetzung der Dringlichkeit erfuellt ist; ob der Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz aus anderen Gründen als wegen offensichtlicher Unzulässigkeit der Klage unzulässig ist, braucht nicht untersucht zu werden.

40 Nach ständiger Rechtsprechung bemisst sich die Dringlichkeit eines Antrags auf einstweilige Anordnung nach der Notwendigkeit, vorläufigen Rechtsschutz zu gewähren, damit der Antragsteller keinen schweren und nicht wieder gutzumachenden Schaden erleidet. Diese Partei ist dafür beweispflichtig, dass sie die Entscheidung im Verfahren zur Hauptsache nicht abwarten kann, ohne einen derartigen Schaden zu erleiden (Beschlüsse des Präsidenten des Gerichts vom 15. Juli 1998 in der Rechtssache T-73/98 R, Prayon-Rupel/Kommission, Slg. 1998, II-2769, Randnr. 36, und vom 20. Juli 2000 in der Rechtssache T-169/00 R, Esedra/Kommission, Slg. 2000, II-2951, Randnr. 43, sowie des Präsidenten des Gerichtshofes vom 12. Oktober 2000 in der Rechtssache C-278/00 R, Griechenland/Kommission, Slg. 2000, I-8787, Randnr. 14).

41 Die Antragstellerinnen machen als Schaden erstens ihren endgültigen Ausschluss vom fraglichen Übernahmeverfahren und die für sie gegebene Unmöglichkeit des Marktzugangs geltend, zweitens die durch ihre Teilnahme an dem genannten Verfahren entstandenen Ausgaben und drittens, dass sie für die Zukunft praktisch vom Markt für den Verkauf von Kraftstoffen an der Autobahn ausgeschlossen würden.

42 Was erstens den Schaden angeht, der den Antragstellerinnen dadurch entstehen soll, dass sie für die Zukunft praktisch vom Markt für den Verkauf von Kraftstoffen an der Autobahn ausgeschlossen würden, so ist der Erneuerungsgrad der Konzessionen auf diesem Markt zwar gering, doch werden an den in Dienst zu stellenden Autobahnteilstücken neue Tankstellen entstehen. So ergibt sich aus den Nummern 208 bis 210 der Entscheidung vom 9. Februar 2000, dass die Autobahnbetreiber in den Jahren 1995 bis 1999 33 Ausschreibungen für neue Tankstellen veranstalteten, von denen elf nicht zu einem Zuschlag führten oder auf später verschoben wurden. Die Antragstellerinnen haben nicht nachgewiesen, dass sie gehindert würden, sich an künftigen Ausschreibungen für die Neuvergabe der Konzessionen oder für die Einrichtung neuer Tankstellen zu beteiligen. Unter diesen Umständen ist nicht auszuschliessen, dass die Antragstellerinnen noch vor 2005 Zugang zum Markt für den Verkauf von Kraftstoffen an der Autobahn erhalten könnten, obwohl ihre Bewerbung von TotalFina Elf letztlich nicht berücksichtigt wurde.

43 Zweitens handelt es sich bei dem ihnen angeblich durch die Ausgaben für ihre Teilnahme an dem genannten Übernahmeverfahren entstandenen Schaden um einen rein finanziellen und messbaren Schaden. Er könnte also, falls die Antragstellerinnen im Hauptverfahren obsiegen sollten, Gegenstand eines späteren Schadensersatzes sein.

44 Drittens haben die Antragstellerinnen hinsichtlich des ihnen angeblich dadurch entstandenen Schadens, dass sie von dem fraglichen Übernahmeverfahren endgültig ausgeschlossen worden seien, nicht nachgewiesen, dass ihnen durch die angefochtene Entscheidung ein schwerer und nicht wieder gutzumachender Schaden entstanden sei. Die Teilnahme an einem Verfahren zur Übernahme von Vermögenswerten ist im Rahmen einer Fusion wie im vorliegenden Fall zwangsläufig für alle Teilnehmer mit Risiken verbunden, und der Ausschluss eines Bewerbers reicht als solcher für den Nachweis der Dringlichkeit nicht aus.

45 TotalFina Elf hat, nachdem die Kommission ihrem zweiten Antrag auf Zustimmung zu Erwerbern stattgegeben hatte (siehe oben, Randnr. 6), Verträge über die sechs fraglichen Tankstellen allein unter der aufschiebenden Bedingung geschlossen, dass die Vertragshändlerfirmen oder der Staat dem Erwerb zustimmen würden. Würde das Übernahmeverfahren ohne den beantragten Erlass vorläufigen Rechtsschutzes ablaufen, könnte die Situation für die Antragstellerinnen tatsächlich unanfechtbar werden. Trotzdem obliegt der Nachweis der Dringlichkeit des Antrags auf vorläufigen Rechtsschutz im Sinne der vorstehend in Randnummer 40 gemachten Ausführungen stets der Partei, die die einstweilige Maßnahme beantragt.

46 Der Schaden, der sich aus dem Ausschluss vom streitigen Übernahmeverfahren ergeben soll, lässt sich in der bloßen Übernahme der sechs fraglichen Tankstellen sehen. Die Antragstellerinnen haben hierzu in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, dass dieser angebliche Schaden in dem Verdienstausfall liege, verursacht durch den Umstand, dass sie keinen Zugang zu dem betreffenden Markt gehabt hätten. Selbst wenn die Antragstellerinnen einen solchen Schaden erlitten hätten, wäre er rein finanzieller Art. Nach ständiger Rechtsprechung ist ein solcher Schaden grundsätzlich nicht als ein nicht oder auch nur schwer wieder gutzumachender Schaden anzusehen, da er Gegenstand eines späteren finanziellen Ausgleichs sein kann (Beschlüsse des Präsidenten des Gerichtshofes vom 18. Oktober 1991 in der Rechtssache C-213/91 R, Abertal u. a./Kommission, Slg. 1991, I-5109, Randnr. 24, und des Präsidenten des Gerichts vom 30. Juni 1999 in der Rechtssache T-70/99 R, Alpharma/Rat, Slg. 1999, II-2027, Randnr. 128, und Esedra/Kommission, Randnr. 44).

47 Der beantragte vorläufige Rechtsschutz wäre unter den vorliegenden Umständen nur dann gerechtfertigt, wenn sich ergäbe, dass die Antragstellerinnen sich ohne den Erlass einer solchen Maßnahme in einer Situation befänden, die für sie existenzgefährdend sein könnte oder in der sich ihre Marktanteile unwiederbringlich verändern könnten. Aus den Antworten auf die Fragen des Richters der einstweiligen Anordnung in der mündlichen Verhandlung ergibt sich jedoch, dass sich die Antragstellerinnen keineswegs in einer derartigen Situation befinden.

48 Was den Schaden angeht, der darin bestehen soll, dass die Antragstellerinnen keinen Anteil am Markt für den Verkauf von Kraftstoffen an der Autobahn erlangen könnten, unterscheidet sich der Sachverhalt von dem, der zu dem Beschluss Langnese-Iglo und Schöller Lebensmittel/Kommission führte, denn in jener Rechtssache waren die vorläufigen Rechtsschutz beantragenden Parteien bereits auf dem betreffenden Markt vertreten, und ihr Vorgehen hatte zum Ziel, dass die Marktbedingungen nicht durch die Durchführung einer Entscheidung der Kommission geändert würden. In der vorliegenden Rechtssache ist die Situation der Antragstellerinnen auf dem Markt für den Verkauf von Kraftstoffen an der Autobahn demgegenüber nur potentiell beeinträchtigt, denn sie sind auf ihm nicht tätig.

49 Die Antragstellerinnen haben somit nicht nachgewiesen, dass der ihnen wegen ihres endgültigen Ausschlusses vom fraglichen Übernahmeverfahren angeblich entstandene finanzielle Schaden als ein schwerer und nicht wieder gutzumachender Schaden anzusehen ist.

50 Daraus folgt, dass die Antragstellerinnen nicht nachgewiesen haben, dass sie einen schweren und nicht wieder gutzumachenden Schaden erleiden würden, wenn die beantragten einstweiligen Maßnahmen nicht erlassen würden.

51 Selbst wenn in den behaupteten Schäden ein schwerer und nicht wieder gutzumachender Schaden zu sehen wäre, so würde jedenfalls die Abwägung des Interesses der Antragstellerinnen am Erlass der beantragten einstweiligen Maßnahmen auf der einen und des öffentlichen Interesses an der Durchführung der im Rahmen der Verordnung Nr. 4064/89 getroffenen Entscheidungen sowie der Interessen Dritter, die von einer etwaigen Aussetzung der angefochtenen Entscheidung unmittelbar betroffen wären, auf der anderen Seite zu einer Zurückweisung des vorliegenden Antrags führen.

52 In diesem Zusammenhang ist zunächst darauf hinzuweisen, dass der Erlass der Verordnung Nr. 4064/89 in erster Linie die Wirksamkeit der Kontrolle der Unternehmenszusammenschlüsse unter Berücksichtigung der Notwendigkeit, im Gemeinsamen Markt einen wirksamen Wettbewerb zu erhalten und zu entfalten, sicherstellen und die Rechtssicherheit für die dieser Verordnung unterliegenden Unternehmen gewährleisten sollte (vgl. in diesem Sinne Beschluss Union Carbide/Kommission, Randnr. 36).

53 Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass in einer Situation wie der hier vorliegenden, in der die im Verfahren der einstweiligen Anordnung beantragten Maßnahmen erhebliche Auswirkungen auf die Rechte und Interessen Dritter haben können, insbesondere von TotalFina Elf und der Erwerber der sechs Tankstellen, die nicht Parteien des Rechtsstreits sind und deshalb nicht gehört werden konnten, solche Maßnahmen nur zu rechtfertigen wären, wenn erkennbar wäre, dass die Antragstellerinnen andernfalls in eine Lage gerieten, die ihre Existenz bedrohen könnte (Beschluss des Präsidenten des Gerichts vom 6. Juli 1993 in der Rechtssache T-12/93 R, CCE Vittel und CE Pierval/Kommission, Slg. 1993, II-785, Randnr. 20).

54 Im vorliegenden Fall ist unstreitig (vgl. oben, Randnr. 47), dass die Antragstellerinnen sich nicht in einer derartigen Situation befinden.

55 Da die Voraussetzung der Dringlichkeit nicht erfuellt ist und die Interessenabwägung gegen eine Aussetzung der angefochtenen Entscheidung spricht, ist der vorliegende Antrag zurückzuweisen, ohne dass die anderen Argumente geprüft werden müssten, die die Antragstellerinnen vorgebracht haben, um den Erlass der beantragten Maßnahmen zu rechtfertigen.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER PRÄSIDENT DES GERICHTS

beschlossen:

1. Der Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz wird zurückgewiesen.

2. Die Kostenentscheidung bleibt vorbehalten.

Ende der Entscheidung

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