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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäisches Gericht
Urteil verkündet am 17.01.2006
Aktenzeichen: T-398/04
Rechtsgebiete: Verordnung Nr. 40/94


Vorschriften:

Verordnung Nr. 40/94 Art. 7 Abs. 1 Buchst. b
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

URTEIL DES GERICHTS (Zweite Kammer)

17. Januar 2006(*)

"Gemeinschaftsmarke - Bildmarke - Rot-weiße rechteckige Tablette mit einem blauen ovalen Kern - Absolutes Eintragungshindernis - Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung (EG) Nr. 40/94 - Fehlende Unterscheidungskraft"

Parteien:

In der Rechtssache T-398/04

Henkel KGaA mit Sitz in Düsseldorf (Deutschland), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt C. Osterrieth,

Klägerin,

gegen

Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM), zunächst vertreten durch D. Schennen, sodann durch D. Schennen und G. Schneider als Bevollmächtigte,

Beklagter,

betreffend eine Klage gegen die Entscheidung der Zweiten Beschwerdekammer des HABM vom 4. August 2004 (Sache R 771/1999-2) über die Eintragung einer aus der Darstellung einer rechteckigen Tablette bestehenden Bildmarke

erlässt

DAS GERICHT ERSTER INSTANZ

DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten J. Pirrung sowie der Richter N. J. Forwood und S. Papasavvas,

Kanzler: K. Andová, Verwaltungsrätin,

aufgrund der am 8. Oktober 2004 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klageschrift,

aufgrund der am 11. Februar 2005 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung,

auf die mündliche Verhandlung vom 20. September 2005

folgendes

Urteil

Entscheidungsgründe:

Vorgeschichte des Rechtsstreits

1 Die Klägerin meldete am 28. September 1998 nach der Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. 1994, L 11, S. 1) in ihrer geänderten Fassung beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM) eine Gemeinschaftsmarke an.

2 Bei der angemeldeten Gemeinschaftsmarke handelt es sich um das im Folgenden abgebildete Bildzeichen:

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3 Die Waren, für die die Eintragung der Marke beantragt wurde, gehören zu den Klassen 1, 3 und 21 des Abkommens von Nizza vom 15. Juni 1957 über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken in seiner revidierten und geänderten Fassung und entsprechen für die Klasse 3 u. a. folgender Beschreibung: "Mittel zum Spülen von Geschirr und Wäsche".

4 Die Klägerin beanspruchte ein Prioritätsrecht aufgrund einer in Deutschland am 18. Juni 1998 unter der Nummer 398 33 906.6 eingereichten Anmeldung einer Marke, die mit der im vorliegenden Fall angemeldeten Marke identisch war.

5 Mit Bescheid vom 1. Oktober 1999 wies der Prüfer die Anmeldung nach Artikel 7 Absatz 1 Buchstaben b und d der Verordnung Nr. 40/94 zurück.

6 Am 19. November 1999 legte die Klägerin beim HABM gegen den Bescheid des Prüfers Beschwerde nach den Artikeln 57 bis 59 der Verordnung Nr. 40/94 ein.

7 Mit Entscheidung vom 4. August 2004 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) wies die Zweite Beschwerdekammer des HABM die Beschwerde zurück. Sie vertrat im Wesentlichen die Auffassung, dass der angemeldeten Marke in Bezug auf alle von der Anmeldung erfassten Waren die Unterscheidungskraft im Sinne von Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung Nr. 40/94 fehle.

Anträge der Parteien

8 Die Klägerin beantragt,

- die angefochtene Entscheidung aufzuheben;

- dem HABM die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

9 Das HABM beantragt,

- die Klage abzuweisen;

- der Klägerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

Rechtliche Würdigung

10 Die Klägerin macht zwei Klagegründe geltend. Mit dem ersten rügt sie eine Verletzung von Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung Nr. 40/94, mit dem zweiten einen Ermessensmissbrauch und einen Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung. In Beantwortung einer Frage des Gerichts hat sie in der mündlichen Verhandlung bestätigt, dass sich die Klage ausschließlich auf "Mittel zum Spülen von Geschirr und Wäsche" bezieht.

Zum ersten Klagegrund: Verletzung von Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung Nr. 40/94

Vorbringen der Parteien

11 Die Klägerin wirft der Beschwerdekammer vor, dass ihr im Rahmen der Prüfung der streitigen Markenanmeldung Fehler bei der Anwendung der vom Gerichtshof u. a. in den Urteilen vom 29. April 2004 in den Rechtssachen C-456/01 P und C-457/01 P (Henkel/HABM, Slg. 2004, I-5089), C-468/01 P bis C-472/01 P (Procter & Gamble/HABM, Slg. 2004, I-5141) sowie C-473/01 P und C-474/01 P (Procter & Gamble/HABM, Slg. 2004, I-5173) herausgearbeiteten Kriterien für die Beurteilung der Unterscheidungskraft im Sinne von Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung Nr. 40/94 unterlaufen seien.

12 Erstens sei das Vorliegen von Unterscheidungskraft zum Zeitpunkt der Einreichung der fraglichen Markenanmeldung zu prüfen. Im vorliegenden Fall hätte die Beschwerdekammer feststellen müssen, welches zu diesem Zeitpunkt die übliche Form der maßgeblichen Waren gewesen sei. Anstelle einer konkreten Prüfung der auf dem Markt vertriebenen Waren habe sich die Beschwerdekammer jedoch auf Feststellungen gestützt, die auf keiner konkreten Tatsache beruhten.

13 Selbst wenn die Form eines Rechtecks oder Quadrats zum maßgeblichen Zeitpunkt für die beanspruchten Waren üblich gewesen sein sollte, unterscheide sich die streitige Bildmarke von anderen auf dem Markt erhältlichen Tabletten zum einen durch die farbliche Gestaltung in rot, weiß und blau und zum anderen durch das Vorhandensein eines blauen ovalen Kerns in der oberen Schicht des angemeldeten Zeichens. Dieses Beiwerk verleihe der angemeldeten Marke Unterscheidungskraft.

14 Zweitens treffe die Feststellung der Beschwerdekammer nicht zu, dass die verschiedenen in dem Zeichen enthaltenen Farben verschiedenen Wirkstoffen entsprächen. Eine solche Feststellung wäre zudem nur dann relevant, wenn ein chemischer Wirkstoff zwangsläufig einer bestimmten Farbe entspräche. Tatsächlich stehe die Wahl der Farben und ihrer Kombination im Belieben des Verwenders. Im Übrigen belege die Verschiedenartigkeit der Farbkombinationen, die bei den zurzeit vertriebenen Reinigungstabletten verwendet würden, dass insoweit kein Freihaltebedürfnis bestehe.

15 Drittens sei auf einen zu der Markenanmeldung mit der Nummer 398 33 906.6 (siehe oben, Randnr. 4) ergangenen Beschluss des Bundespatentgerichts vom 17. November 1999 zu verweisen. Darin habe das Bundespatentgericht entschieden, dass dem beim Deutschen Patent- und Markenamt angemeldeten Zeichen in Bezug auf Mittel zum Spülen von Geschirr und Wäsche nicht die Unterscheidungskraft fehle.

16 Den Erwägungen des Bundespatentgerichts sei zuzustimmen. Im Übrigen stimmten die vom Bundespatentgericht angewendeten Grundsätze im Wesentlichen mit denen überein, die der Gerichtshof im oben in Randnummer 11 angeführten Urteil Henkel/HABM herausgearbeitet habe.

17 Viertens schließlich habe das HABM der Eintragung mehrerer vergleichbarer Zeichen zugestimmt, nämlich einer von Procter & Gamble angemeldeten und im Blatt für Gemeinschaftsmarken vom 23. Juni 2003 veröffentlichten dreidimensionalen Marke (EM 949 651), einer von Cache Cache angemeldeten und am 20. September 1999 veröffentlichten dreidimensionalen Marke (EM 1 008 200), einer vom Migros-Genossenschafts-Bund angemeldeten und am 10. September 2001 veröffentlichten dreidimensionalen Marke (EM 1 207 869) sowie einer von Unilever angemeldeten und am 9. April 2001 veröffentlichten dreidimensionalen Marke (EM 1 859 875). Folglich erkenne das HABM grundsätzlich an, dass die Verbraucher der fraglichen Waren bereit und in der Lage seien, unterschiedliche Gestaltungen von Geschirrspültabletten als Herkunftshinweis zu verstehen.

18 Insbesondere die Gemeinschaftsmarkenanmeldungen EM 1 207 869 und EM 949 651 unterschieden sich nicht wesentlich von dem streitigen Zeichen. Insoweit sei unerfindlich, weshalb dem stilisierten Tropfen bei der Marke EM 1 207 869 eine andere Bedeutung zukommen solle als dem ovalen Kern im angemeldeten Zeichen, der zudem noch durch seine Farbe hervorgehoben werde. Im Übrigen wiesen die genannten Marken weniger Farben auf als das angemeldete Zeichen.

19 Das HABM ist der Auffassung, dass der Verbraucher das streitige Zeichen nicht als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der Ware, sondern lediglich als Darstellung der Ware auffasse. Die Entscheidung des Bundespatentgerichts habe die Beschwerdekammer pflichtgemäß zur Kenntnis genommen, werde aber nicht durch sie gebunden oder gar verpflichtet, zum selben Ergebnis zu gelangen wie das deutsche Gericht. Was die frühere Entscheidungspraxis des HABM angehe, so müsse der Gemeinschaftsrichter über die ihm vorliegende Anmeldung selbständig befinden und sei insbesondere keinesfalls an fehlerhafte Vorentscheidungen gebunden. Außerdem seien die von der Klägerin angeführten Fälle nicht mit dem vorliegenden Fall vergleichbar.

Würdigung durch das Gericht

20 Nach Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung Nr. 40/94 sind "Marken, die keine Unterscheidungskraft haben", von der Eintragung ausgeschlossen.

21 Unterscheidungskraft im Sinne von Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung Nr. 40/94 bedeutet, dass die Marke geeignet ist, die Ware, für die die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und sie somit von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (oben in Randnr. 11 angeführtes Urteil Henkel/HABM, Randnr. 34, und Urteil des Gerichts vom 29. April 2004 in der Rechtssache T-399/02, Eurocermex/HABM [Form einer Flasche], Slg. 2004, II-1391, Randnr. 17).

22 Nach ständiger Rechtsprechung ist die Unterscheidungskraft einer Marke zum einen im Hinblick auf die Waren, für die sie angemeldet worden ist, und zum anderen im Hinblick auf die Anschauung der beteiligten Verkehrskreise zu beurteilen, die sich aus den durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchern dieser Waren zusammensetzen (vgl. in diesem Sinne oben in Randnr. 11 angeführtes Urteil Henkel/HABM, Randnr. 35, und oben in Randnr. 21 angeführtes Urteil Form einer Flasche, Randnr. 19).

23 Die Klägerin hat ihren Klagegrund auf "Mittel zum Spülen von Geschirr und Wäsche" beschränkt. Sie stimmt außerdem der Beschwerdekammer darin zu, dass diese Mittel zu den Waren des täglichen Verbrauchs gehören und deshalb für alle Verbraucher in der Europäischen Gemeinschaft bestimmt sind.

24 Im Wege einer Prognose und ohne Berücksichtigung der etwaigen Benutzung des Zeichens im Sinne von Artikel 7 Absatz 3 der Verordnung Nr. 40/94 ist zu prüfen, ob die angemeldete Marke es den angesprochenen Verkehrskreisen zum Zeitpunkt der Kaufentscheidung ermöglicht, die fraglichen Waren von denjenigen anderer betrieblicher Herkunft zu unterscheiden (Urteil des Gerichts vom 19. September 2001 in der Rechtssache T-30/00, Henkel/HABM [Abbildung eines Reinigungsmittels], Slg. 2001, II-2663, Randnr. 47).

25 Die Klägerin bestreitet nicht, dass die angemeldete Marke einer naturgetreuen grafischen Darstellung einer Wasch- oder Geschirrspülmitteltablette entspricht. Daher ist festzustellen, dass die angemeldete Marke, soweit die Rechtssache dem Gericht zur Prüfung unterbreitet worden ist, in einer naturgetreuen Darstellung der von der Markenanmeldung erfassten Waren besteht.

26 Wie die Beschwerdekammer zu Recht festgestellt hat, kann auch einer naturgetreuen Darstellung der Ware selbst die Unterscheidungskraft im Sinne von Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung Nr. 40/94 nicht von vornherein abgesprochen werden (oben in Randnr. 24 angeführtes Urteil Abbildung eines Reinigungsmittels, Randnr. 45). Zudem sind die Kriterien für die Beurteilung der Unterscheidungskraft von Bildmarken, die in der Wiedergabe der Ware selbst bestehen, keine anderen als die für die übrigen Markenkategorien (oben in Randnr. 24 angeführtes Urteil Abbildung eines Reinigungsmittels, Randnr. 48; hinsichtlich dreidimensionaler Marken in Form der geschützten Ware vgl. auch oben in Randnr. 11 angeführtes Urteil vom 29. April 2004, Henkel/HABM, Randnr. 38).

27 Im Rahmen der Anwendung dieser Kriterien ist jedoch zu berücksichtigen, dass im Fall einer Bildmarke, die in der naturgetreuen Wiedergabe der Ware selbst besteht, die Wahrnehmung durch die angesprochenen Verkehrskreise nicht notwendig die gleiche ist wie bei einer Wort- oder Bildmarke, die aus einem Zeichen besteht, das vom Erscheinungsbild der mit ihr gekennzeichneten Ware unabhängig ist. Während nämlich die letztgenannten Marken von den angesprochenen Verkehrskreisen gewöhnlich unmittelbar als herkunftskennzeichnende Zeichen wahrgenommen werden, gilt nicht notwendig dasselbe für den Fall, dass das Zeichen mit dem Erscheinungsbild der Ware selbst übereinstimmt (vgl. in diesem Sinne oben in Randnr. 11 angeführtes Urteil vom 29. April 2004, Henkel/HABM, Randnr. 38, und oben in Randnr. 24 angeführtes Urteil Abbildung eines Reinigungsmittels, Randnr. 49). Daraus folgt, dass die Beurteilung der Unterscheidungskraft bei einer dreidimensionalen Marke, die in der Darreichungsform der Ware selbst besteht, und bei einer Bildmarke, die in der naturgetreuen Wiedergabe derselben Ware besteht, nicht zu einem unterschiedlichen Ergebnis führen kann (oben in Randnr. 24 angeführtes Urteil Abbildung eines Reinigungsmittels, Randnr. 49; vgl. auch in diesem Sinne und entsprechend für eine Marke, die aus der Verpackung der Ware besteht, Urteil des Gerichtshofes vom 12. Februar 2004 in der Rechtssache C-218/01, Henkel, Slg. 2004, I-1725, Randnr. 52).

28 Die Wahrnehmung der Marke durch die angesprochenen Verkehrskreise wird durch den Grad der Aufmerksamkeit des durchschnittlichen Verbrauchers beeinflusst, der je nach Art der betreffenden Waren oder Dienstleistungen unterschiedlich hoch sein kann (Urteil des Gerichts vom 19. September 2001 in der Rechtssache T-337/99, Henkel/HABM [runde, rot-weiße Tablette], Slg. 2001, II-2597, Randnr. 48; vgl. auch entsprechend Urteil des Gerichtshofes vom 22. Juni 1999 in der Rechtssache C-342/97, Lloyd Schuhfabrik Meyer, Slg. 1999, I-3819, Randnr. 26). Im vorliegenden Fall stellt die Klägerin die Feststellung der Beschwerdekammer nicht in Frage, dass der Aufmerksamkeitsgrad des Verbrauchers beim Kauf dieser Waren nicht hoch ist.

29 Hinzuzufügen ist, dass Wasch- und Spülmittel im Handel gewöhnlich in einer Verpackung verkauft werden, auf der sich sprachliche Hinweise auf die Zusammensetzung und den Verwendungszweck der betreffenden Ware sowie häufig Wortmarken oder Bildelemente befinden, zu denen die Abbildung der Ware gehören kann. Für in dieser Weise vermarktete Waren ist es ein allgemeiner Erfahrungswert, dass der Durchschnittsverbraucher ihrem Erscheinungsbild kein hohes Maß an Aufmerksamkeit entgegenbringt. Die Klägerin hat nicht nachgewiesen, dass im vorliegenden Fall für die Gewohnheiten der Verbraucher auf dem betreffenden Markt etwas anderes gilt (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 5. März 2003 in der Rechtssache T-194/01, Unilever/HABM [Ovoide Tablette], Slg. 2003, II-383, Randnr. 48).

30 Unter diesen Umständen ist, je mehr sich die Form, die durch das zur Eintragung angemeldete Zeichen dargestellt wird, der Form annähert, in der die betreffende Ware am wahrscheinlichsten in Erscheinung tritt, umso eher zu erwarten, dass dieser Form die Unterscheidungskraft im Sinne von Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung Nr. 40/94 fehlt. Nur eine Marke, die erheblich von der Norm oder der Branchenüblichkeit abweicht und deshalb ihre wesentliche herkunftskennzeichnende Funktion erfüllt, besitzt auch Unterscheidungskraft im Sinne der genannten Bestimmung (oben in Randnr. 11 angeführtes Urteil vom 29. April 2004, Henkel/HABM, Randnr. 39; vgl. auch entsprechend oben in Randnr. 27 angeführtes Urteil Henkel, Randnr. 49).

31 Zur Beurteilung der Unterscheidungskraft der angemeldeten Marke ist der durch diese Darstellung hervorgerufene Gesamteindruck zu prüfen, was mit einer aufeinander folgenden Prüfung der verschiedenen Bestandteile, aus denen sie sich zusammensetzt, nicht unvereinbar ist (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofes vom 16. September 2004 in der Rechtssache C-329/02 P, SAT.1/HABM, Slg. 2004, I-8317, Randnr. 35, und entsprechend Urteil des Gerichtshofes vom 11. November 1997 in der Rechtssache C-251/95, SABEL, Slg. 1997, I-6191, Randnr. 23).

32 Erstens ist festzustellen, dass die rechteckige Form, die die angemeldete Marke aufweist, der nächstliegenden Form für ein in Gestalt einer Tablette vertriebenes Wasch- oder Geschirrspülmittel entspricht. Die fragliche Form enthält keinen in erkennbarer Weise von einer der wahrscheinlichsten Formen eines solchen Produkts abweichenden Bestandteil.

33 Zweitens wird das Vorhandensein zweier Schichten in Wasch- oder Geschirrspülmitteln von den angesprochenen Verkehrskreisen als Hinweis auf bestimmte Eigenschaften, insbesondere auf das Vorhandensein mehrerer Wirkstoffe, und nicht als Herkunftsangabe der Ware aufgefasst (vgl. in diesem Sinne oben in Randnr. 28 angeführtes Urteil runde, rot-weiße Tablette, Randnr. 51). Das Vorhandensein zweier farbiger Schichten genügt folglich nicht, um der angemeldeten Marke Unterscheidungskraft zu verleihen.

34 Drittens hat das Gericht entschieden, dass es nicht ausreicht, einem Zeichen in Gestalt einer rechteckigen Reinigungsmitteltablette eine Einlagerung in Gestalt einer geometrischen Grundform ohne Inanspruchnahme einer Farbe hinzuzufügen, um der entsprechenden Marke minimale Unterscheidungskraft zu verleihen. Die Verbindung zweier geometrischer Grundformen gehört nämlich, was die Kombination verschiedener Substanzen in einem Wasch- oder Geschirrspülmittel betrifft, zu den nächstliegenden Abwandlungen der Aufmachung der Ware (Urteile des Gerichts vom 19. September 2001 in der Rechtssache T-128/00, Procter & Gamble/HABM [Quadratische Tablette mit Einlagerung], Slg. 2001, II-2785, Randnrn. 59 und 60, und in der Rechtssache T-129/00, Procter & Gamble/HABM [Rechteckige Tablette mit Einlagerung], Slg. 2001, II-2793, Randnrn. 59 und 60).

35 Im vorliegenden Fall enthält die angemeldete Marke einen blauen ovalen Kern, der sich in der Mitte der dem Betrachter zugekehrten roten Oberfläche der Tablette befindet. Die Hinzufügung eines farbigen Bestandteils in Gestalt einer geometrischen Grundform wie des Ovals stellt jedoch eine der nächstliegenden Abwandlungen der Aufmachung der Ware dar und weicht nicht wesentlich von den Formen ab, in denen ein Geschirrspül- oder Waschmittel in Tablettenform am wahrscheinlichsten in Erscheinung tritt.

36 Viertens ist der Gesamteindruck dieser Bestandteile zu beurteilen.

37 Hierzu ist festzustellen, dass die angemeldete Marke aus der Kombination der üblichen Form der Ware mit zwei Abwandlungen in ihrer farblichen Aufmachung besteht, nämlich der Gegenüberstellung zweier verschiedenfarbiger Schichten und der Einbettung einer farbigen geometrischen Grundform in die dem Betrachter zugekehrte Oberfläche der Tablette. Bei den gewählten Farben handelt es sich um Grundfarben, von denen eine, nämlich die Farbe Weiß, die natürliche Farbe der Ware darstellt. Sie sind nicht geeignet, die Aufmerksamkeit des angesprochenen Verbrauchers auf sich zu ziehen, da sie sich nicht wesentlich von den gewöhnlichen Farben der fraglichen Waren, den Grundfarben wie Weiß, Rot, Blau, Grün oder Gelb, unterscheiden.

38 Es ist daran zu erinnern, dass die Verwendung verschiedener Farben vom Verbraucher als Hinweis darauf aufgefasst wird, dass die Ware verschiedene chemische Wirkstoffe enthält (siehe oben, Randnr. 33), die auf dekorative und attraktive Art angeordnet sind. Selbst wenn das Vorbringen der Klägerin, dass die Farben in Wirklichkeit nicht zwangsläufig unterschiedlichen Wirkstoffen entsprächen und im Übrigen die Wahl der Farben und ihrer Gestaltung nicht durch technische Notwendigkeiten bestimmt werde, sondern vollständig im Belieben des Herstellers stehe, zutreffen sollte, kann dennoch nicht davon ausgegangen werden, dass die Durchschnittsverbraucher die technischen Details der chemischen Zusammensetzung der verschiedenen Bestandteile der fraglichen Waren kennen. Bei der Anwendung von Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung Nr. 40/94 ist aber auf die Wahrnehmung der fraglichen Ware durch den Durchschnittsverbraucher abzustellen, die von den tatsächlichen technischen Gegebenheiten abweichen kann.

39 Der durch das streitige Zeichen hervorgerufene Gesamteindruck beschränkt sich folglich auf die Darstellung eines Wasch- oder Geschirrspülmittels in Form einer Tablette, in der mehrere chemische Wirkstoffe auf dekorative und attraktive Art in zwei Farbschichten - einer roten und einer weißen - angeordnet sind und deren rote Schicht mit einem blauen ovalen Kern versehen ist. Da der Verbraucher nicht gewohnt ist, in der Form und den Farben der Ware einen Hinweis auf deren betriebliche Herkunft zu sehen (siehe oben, Randnr. 27), das Vorhandensein zweier Schichten und die Hinzufügung eines andersfarbigen ovalen Kerns zu den nächstliegenden Lösungen gehören, wenn es um die Darstellung eines Wasch- oder Geschirrspülmittels in Tablettenform geht (siehe oben, Randnrn. 33 bis 35), und die gewählten Farben, bei denen es sich um in der betreffenden Branche üblicherweise verwendete Grundfarben handelt, nicht geeignet sind, die Aufmerksamkeit der Verbraucher auf sich zu ziehen (siehe oben, Randnr. 37), vermittelt der durch das Zeichen hervorgerufene Gesamteindruck den angesprochenen Verkehrskreisen nicht, dass die konkrete Darstellung der Ware Aufschluss über deren betriebliche Herkunft gibt. Die angemeldete Marke ermöglicht es einem durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher der genannten Waren daher nicht, die betreffende Ware auch ohne analysierende und vergleichende Betrachtungsweise sowie ohne besondere Aufmerksamkeit von den Waren anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. in diesem Sinne und entsprechend oben in Randnr. 27 angeführtes Urteil Henkel, Randnr. 53).

40 Diese Beurteilung wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass die Klägerin zum Zeitpunkt der Markenanmeldung die einzige war, die Waren in der durch das angemeldete Zeichen dargestellten Form vertrieb.

41 Insoweit genügt der Hinweis darauf, dass die im Wege einer Prognose und unabhängig von ihrer Benutzung im Sinne von Artikel 7 Absatz 3 der Verordnung Nr. 40/94 festgestellte fehlende Eignung der angemeldeten Marke, auf die Herkunft der Ware hinzuweisen, nicht durch die mehr oder weniger große Zahl ähnlicher Tabletten beeinflusst wird, die auf dem Markt bereits vertrieben werden (oben in Randnr. 28 angeführtes Urteil runde, rot-weiße Tablette, Randnr. 57).

42 Folglich braucht nicht über die Frage entschieden zu werden, ob der für die Beurteilung der Unterscheidungskraft einer Marke maßgebende Zeitpunkt - wie die Klägerin meint - der Zeitpunkt der Einreichung der Markenanmeldung oder aber - wie das HABM geltend macht - der Zeitpunkt der Entscheidung über die mögliche Eintragung der Marke ist.

43 Was den vorstehend in Randnummer 15 erwähnten Beschluss des Bundespatentgerichts angeht, so stellen nach ständiger Rechtsprechung die in den Mitgliedstaaten bereits vorgenommenen Eintragungen einen Umstand dar, der für die Eintragung einer Gemeinschaftsmarke, ohne entscheidend zu sein, berücksichtigt werden kann (Urteil des Gerichts vom 16. Februar 2000 in der Rechtssache T-122/99, Procter & Gamble/HABM [Form einer Seife], Slg. 2000, II-265, Randnr. 61, und oben in Randnr. 28 angeführtes Urteil runde, rot-weiße Tablette, Randnr. 58). Diese Eintragungen können bei der Beurteilung der Anmeldung einer Gemeinschaftsmarke in die Prüfung mit einbezogen werden (vgl. in Bezug auf eine Wortmarke Urteil des Gerichts vom 26. November 2003 in der Rechtssache T-222/02, HERON Robotunits/HABM [ROBOTUNITS], Slg. 2003, II-4995, Randnr. 52, und in Bezug auf eine dreidimensionale Marke Urteil des Gerichts vom 24. November 2004 in der Rechtssache T-393/02, Henkel/HABM [Form einer weißen und transparenten Flasche], noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 46).

44 Die Gemeinschaftsregelung für Marken ist gleichwohl ein autonomes System, das aus einer Gesamtheit von ihm eigenen Zielsetzungen und Vorschriften besteht und dessen Anwendung von jedem nationalen System unabhängig ist (Urteil des Gerichts vom 5. Dezember 2000 in der Rechtssache T-32/00, Messe München/HABM [electronica], Slg. 2000, II-3829, Randnr. 47). Die Eintragungsfähigkeit eines Zeichens als Gemeinschaftsmarke ist folglich nur auf der Grundlage der einschlägigen Gemeinschaftsregelung zu beurteilen.

45 Im vorliegenden Fall hat die Beschwerdekammer den Beschluss des Bundespatentgerichts in dem Rechtsstreit über die bei den deutschen Behörden unter der Nr. 398 33 906.6 eingereichte Markenanmeldung berücksichtigt. Sie hat jedoch eine Prüfung vorgenommen, die ohne Rechtsfehler zu einem anderen als dem vom deutschen Gericht gefundenen Ergebnis geführt hat. Unter diesen Umständen können die unterschiedlichen Ergebnisse im Verfahren vor den deutschen Behörden und im Verfahren vor den Gemeinschaftsinstanzen die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung nicht in Frage stellen.

46 Was schließlich die Eintragungsentscheidungen des HABM betrifft, auf die sich die Klägerin zur Stützung ihres ersten Klagegrundes beruft (siehe oben, Randnr. 17), so können nach der Rechtsprechung zwar Gründe tatsächlicher oder rechtlicher Art, die in einer früheren Entscheidung enthalten sind, Argumente darstellen, auf die eine Rüge der Verletzung einer Vorschrift der Verordnung Nr. 40/94 gestützt werden kann (Urteil des Gerichts vom 20. November 2002 in den Rechtssachen T-79/01 und T-86/01, Bosch/HABM [Kit Pro und Kit Super Pro], Slg. 2002, II-4881, Randnr. 33), doch ändert dies nichts daran, dass die Rechtmäßigkeit der Entscheidungen der Beschwerdekammern ausschließlich auf der Grundlage dieser Verordnung in ihrer Auslegung durch den Gemeinschaftsrichter und nicht auf der Grundlage einer früheren Entscheidungspraxis zu überprüfen ist (Urteil des Gerichts vom 27. Februar 2002 in der Rechtssache T-106/00, Streamserve/HABM [STREAMSERVE], Slg. 2002, II-723, Randnr. 66).

47 Im vorliegenden Fall stellt das Gericht fest, dass die Klägerin keine aus den vorstehend in Randnummer 17 erwähnten Entscheidungen abgeleiteten Gründe tatsächlicher oder rechtlicher Art anführt, die geeignet sind, ihren ersten Klagegrund zu stützen. Sie beschränkt sich auf das Vorbringen, dass die angefochtene Entscheidung von Entscheidungen abweiche, die das HABM im Fall anderer Markenanmeldungen getroffen habe. Zudem sind die von der Klägerin angeführten Marken nicht mit der hier in Rede stehenden vergleichbar, sei es, weil die erfassten Waren nicht die gleichen sind, sei es, weil die betreffenden Zeichen andere Bestandteile als geometrische Grundformen enthalten.

48 Die von der Klägerin angeführten früheren Entscheidungen des HABM können folglich die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung nicht in Frage stellen.

49 Aus alledem ergibt sich, dass die Beschwerdekammer rechtsfehlerfrei die Auffassung vertreten hat, dass der angemeldeten Marke die Unterscheidungskraft im Sinne von Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung Nr. 40/94 fehle. Der erste Klagegrund der Klägerin ist deshalb als unbegründet zurückzuweisen.

Zum zweiten Klagegrund: Ermessensmissbrauch und Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung

Vorbringen der Parteien

50 Die Klägerin vertritt die Auffassung, dass das HABM, indem es die Eintragung der angemeldeten Marke abgelehnt, aber die oben in Randnummer 17 genannten und nach Ansicht der Klägerin mit der angemeldeten Marke in jeder Hinsicht vergleichbaren Marken eingetragen habe, das ihm zustehende Ermessen missbraucht und gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung verstoßen habe. Wenn sie die Eintragung vergleichbarer Marken dulden müsste, ohne dass dies durch die Eintragung ihrer Marke ausgeglichen würde, so würde sie dadurch unter Verstoß gegen den nach Artikel 28 EG geschützten Grundsatz des freien Warenverkehrs benachteiligt.

51 Das mit der Verordnung Nr. 40/94 nach ihrer ersten und dritten Begründungserwägung verfolgte Harmonisierungsziel könne nur dann erreicht werden, wenn das einheitliche Sachrecht eine einheitliche Auslegung erfahre.

52 Das HABM ist der Auffassung, dass die Rechtmäßigkeit einer Entscheidung nicht durch eine frühere Entscheidungspraxis des HABM, sei sie rechtmäßig oder nicht, in Frage gestellt werden könne, da es sich bei der Entscheidung über die Eintragung um eine gebundene Entscheidung handele.

Würdigung durch das Gericht

53 Es ist daran zu erinnern, dass die Entscheidungen der Beschwerdekammern über die Eintragung eines Zeichens als Gemeinschaftsmarke nach der Verordnung Nr. 40/94 gebundene Entscheidungen und keine Ermessensentscheidungen sind (Urteil des Gerichtshofes vom 15. September 2005 in der Rechtssache C-37/03 P, BioID/HABM, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 47, und oben in Randnr. 46 angeführtes Urteil STREAMSERVE, Randnr. 66). Der zweite Klagegrund der Klägerin betrifft in Wirklichkeit nicht den Missbrauch eines dem HABM möglicherweise zustehenden Ermessens, sondern die Tatsache, dass das HABM die Eintragung der oben in Randnummer 17 genannten Zeichen als Marke zugelassen, die Eintragung der streitigen Marke hingegen abgelehnt hat. Folglich überschneidet sich der zweite Klagegrund mit einem Teil der Argumente, die die Klägerin zur Stützung des ersten Klagegrundes vorgetragen hat. Insoweit geht er aus den vorstehend in den Randnummern 46 bis 48 genannten Gründen fehl.

54 Da die Klägerin mit keinem Klagegrund Erfolg hat, ist die Klage auf Aufhebung der angefochtenen Entscheidung als unbegründet abzuweisen.

Kostenentscheidung:

Kosten

55 Nach Artikel 87 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerin unterlegen ist, sind ihr gemäß dem Antrag des HABM die Kosten aufzuerlegen.

Tenor:

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Zweite Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 17. Januar 2006.

Ende der Entscheidung

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