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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäisches Gericht
Urteil verkündet am 18.09.1995
Aktenzeichen: T-471/93
Rechtsgebiete: EWG-Vertrag


Vorschriften:

EWG-Vertrag Art. 190
EWG-Vertrag Art. 92 Absatz 1
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

1. Die Begründung der von den Gemeinschaftsorganen erlassenen Entscheidungen muß den Gemeinschaftsrichter in die Lage versetzen, die Rechtmässigkeit zu überprüfen, und es dem Betroffenen ermöglichen, die Gründe für die erlassene Maßnahme zu erfahren, so daß er seine Rechte verteidigen und die Begründetheit der Entscheidung prüfen kann.

Eine Entscheidung, mit der die Kommission sich weigert, das Vorliegen einer Beihilfe anzuerkennen, ist als ausreichend begründet anzusehen, wenn der Sachverhalt und die rechtlichen Erwägungen dargelegt werden, denen nach der Systematik der Entscheidung wesentliche Bedeutung zukommt; dies gilt auch dann, wenn nicht immer alle Einzelheiten der Überlegungen der Kommission ersichtlich sind. Der Urheber einer Entscheidung ist nämlich nicht verpflichtet, alle relevanten tatsächlichen und rechtlichen Einzelheiten darzulegen, und die Frage, ob die Begründung einer Entscheidung ausreichend ist, kann nicht nur im Hinblick auf ihren Wortlaut, sondern auch auf den Kontext ihres Erlasses und auf sämtliche Rechtsvorschriften des betreffenden Gebietes beurteilt werden.

2. Ein Maßnahme kann nicht als staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 92 Absatz 1 des Vertrages qualifiziert werden, wenn sie dem durch sie angeblich Begünstigten keinen Vorteil verschafft hat.

Es ist daher nicht zu beanstanden, wenn die Kommission nach Vornahme komplexer wirtschaftlicher Beurteilungen entscheidet, daß die behördlich festgelegten Bestimmungen, wonach die in einem Mitgliedstaat mit der Verwaltung der Pferderennwetten betraute Einrichtung einen Teil der Einsätze, die sie für Rechnung der entsprechenden Einrichtung in einem anderen Mitgliedstaat für in diesem anderen Mitgliedstaat veranstaltete Rennen entgegennimmt, dieser Einrichtung nach Abzug einer Abgabe überweist, keine staatliche Beihilfe darstellen, obwohl sich diese Bestimmungen von denen unterscheiden, die auf die Wetten für inländische Rennen angewandt werden, sofern die Kommission nach Prüfung der gesamten Mechanismen, denen die finanziellen Transaktionen zwischen den beiden Einrichtungen, die jeweils in ihrem Hoheitsgebiet die Rennwetten verwalten, unterliegen, ohne offensichtlichen Beurteilungsfehler zu der Schlußfolgerung gelangt ist, daß dabei keine Beträge überwiesen werden, die höher sind als diejenigen, die die begünstigte Einrichtung vereinnahmt hätte, wenn sie selbst die Einsätze für die in ihre Zuständigkeit fallenden Rennen im Ausland entgegengenommen hätte.


URTEIL DES GERICHTS ERSTER INSTANZ (ERSTE ERWEITERTE KAMMER) VOM 18. SEPTEMBER 1995. - TIERCE LADBROKE SA GEGEN KOMMISSION DER EUROPAEISCHEN GEMEINSCHAFTEN. - WETTBEWERB - STAATLICHE BEIHILFEN - ABGABE AUF DIE WETTEINSAETZE FUER PFERDERENNEN - UEBERTRAGUNG VON MITTELN AUF EIN UNTERNEHMEN MIT SITZ IN EINEM ANDEREN MITGLIEDSTAAT. - RECHTSSACHE T-471/93.

Entscheidungsgründe:

Sachverhalt und Verfahren

1 Der Pari mutül urbain français (im folgenden: PMU) ist ein wirtschaftlicher Interessenverband, der von den führenden Rennvereinen in Frankreich gegründet wurde. Ausschließlich er ist in Frankreich mit der Durchführung der Wetten betraut, die ausserhalb der Pferderennbahn nach dem System der Totalisatorwetten für die Pferderennen entgegengenommen werden, die von den dazu ermächtigten Rennvereinen durchgeführt werden. Dem PMU stehen ausserdem Exklusivrechte für die Entgegennahme von Wetten im Ausland für die in Frankreich durchgeführten Rennen und für die in Frankreich entgegengenommenen Wetten für im Ausland durchgeführte Pferderennen zu. Die Satzung des PMU muß von den französischen Behörden genehmigt werden, von denen auch die Ernennung der Mitglieder seiner Hauptversammlung abhängt.

2 Der Pari mutül unifié belge, ein Verein mit nichtgewerblichen Zielen, und die SC auxiliaire PMU belge, eine ihm zur Seite gestellte Genossenschaft (beide zusammen werden im folgenden als PMU belge bezeichnet), wurden 1974 und 1984 in Belgien von den elf belgischen Rennvereinen gegründet. In Belgien können nach dem geltenden nationalen Recht nur die Organisatoren von Pferderennen Wetten für die von ihnen durchgeführten Rennen entgegennehmen, sei es auf der Pferderennbahn, nach dem System der Buchmacher- oder Totalisatorwetten oder, ausserhalb der Pferderennbahn, nach dem System der Totalisatorwetten. Die anderen in Belgien zugelassenen Pferdewettbüros können Wetten nur für Pferderennen im Ausland, und zwar in der Praxis nach dem System der Buchmacherwetten, entgegennehmen. Für die belgischen Rennen können diese Büros Wetten nur als Agenten der Rennvereine ° bei den Totalisatorwetten ° oder aufgrund einer Ermächtigung der Rennvereine und gegen Zahlung einer Gebühr ° bei den Buchmacherwetten ° entgegennehmen. Der PMU belge wurde von den Pferderennvereinen zum Zweck der gemeinsamen Organisation der Entgegennahme von Wetten für die von ihnen durchgeführten Rennen gegründet, und ausschließlich er wurde mit der Durchführung der Totalisatorwetten ausserhalb des Pferderennplatzes für diese Rennen betraut.

3 Am 18. März 1991 schlossen der PMU und der PMU belge eine Vereinbarung, wonach der PMU ermächtigt ist, im Namen des PMU belge in Frankreich, genauer, in 17 französischen Departements, Wetten für belgische Pferderennen entgegenzunehmen.

4 Diese Vereinbarung wurde nach dem nationalen französischen Recht geschlossen, dessen Loi de finances ([Finanzgesetz] Nr. 64-1279 vom 23. Dezember 1964 für das Jahr 1965) in Artikel 15 Absatz 3 vorsieht, daß die Pferderennvereine, die zur Durchführung von Totalisatorwetten ausserhalb der Pferderennplätze befugt sind, ermächtigt werden können, in Frankreich eingegangene Wetten für ausländische Rennen entgegenzunehmen, sofern die registrierten Wetten zentralisiert und in direkter Verbindung mit der oder den Einrichtungen, die in dem betreffenden Land mit der Verwaltung der Totalisatorwetten betraut sind, in die Verteilung einfließen. Weiter unterliegen die so entgegengenommenen Wetten nach dieser Vorschrift den in dem Land, in dem das Rennen durchgeführt wird, geltenden gesetzlichen Steuern, und das Aufkommen dieser Steuern wird zwischen dem Land, in dem die Wetten entgegengenommen werden, und dem, in dem das Rennen ausgetragen wird, verteilt. Im Rahmen dieser Verteilung kann ein besonderer Teil vorgesehen sein, der für die Verwaltungskosten bestimmt ist und vor Zahlung an die gesetzlichen Empfänger in den einzelnen Ländern abgezogen wird.

5 Ausserdem sieht das Dekret Nr. 91-118 vom 31. Januar 1991 über die Entgegennahme von Wetten durch den wirtschaftlichen Interessenverband Pari mutül urbain français für in Belgien durchgeführte Pferderennen vor, daß der PMU für den Teilbetrag bis 50 Mio. FF der Einsätze, die jährlich für in Belgien durchgeführte Rennen entgegengenommen werden, monatlich das Aufkommen aus der Stempelsteuer an den allgemeinen Haushalt und 0,876 % der Summe der Einsätze an den Fonds national des haras et des activités hippiques (staatlicher Fonds für Gestüte sowie Reit- und Fahraktivitäten) abführt. Weiter sieht dieses Dekret vor, daß von dem Teilbetrag von 50 bis 75 Mio. FF der jährlich entgegengenommenen Einsätze zu den vorgenannten Zahlungen ein Drittel des Aufkommens einer progressiven Zusatzabgabe auf die Gewinne zugunsten des allgemeinen Haushalts und 0,181 % der Summe der Einsätze zugunsten des Fonds national des haras et des activités hippiques hinzukommen. Von dem Teilbetrag von 75 bis 100 Mio. FF der jährlich entgegengenommenen Einsätze kommen zu den vorgenannten Zahlungen zwei Drittel der progressiven Zusatzabgabe auf die Gewinne zugunsten des allgemeinen Haushalts und 0,362 % der Summe der Einsätze zugunsten des Fonds national des haras et des activités hippiques hinzu. Schließlich kommen von dem jährlich entgegengenommenen Teilbetrag, der 100 Mio. FF übersteigt, zu diesen Zahlungen das gesamte Aufkommen der progressiven Zusatzabgabe auf die Gewinne zugunsten des allgemeinen Haushalts und 0,543 % der Summe der Einsätze zugunsten des Fonds national des haras et des activités hippiques hinzu.

6 In Frankreich dürfen, wie sich aus Artikel 18 des Finanzgesetzes für das Jahr 1967 ergibt, die Sätze der verschiedenen gesetzlichen Steuern, die auf die Summe der Einsätze für Pferderennwetten erhoben werden können, zusammengenommen 30 % nicht überschreiten.

7 In Belgien können diese Abgaben vom Aufkommen der eingegangenen Pferderennwetten dagegen einen Hoechstsatz von 35 % erreichen, wie aus Artikel 44 Nr. 2 Buchstabe d der Königlichen Verordnung vom 8. Juli 1970 zur allgemeinen Regelung der den Steuern auf das Einkommen gleichgestellten Abgaben hervorgeht, wonach die Quote der den Gewinnern vorbehaltenen Einsätze nicht weniger als 65 % betragen darf.

8 Im Rahmen dieser gesetzlichen Regelungen sah die genannte Vereinbarung zwischen dem PMU und dem PMU belge vor, daß die Abgabe vom Aufkommen der in Frankreich entgegengenommenen Wetten für belgische Pferderennen zum Satz von 35 % gemäß den französischen Rechtsvorschriften in Verbindung mit den belgischen Rechtsvorschriften nach einem System verteilt wird, bei dem der erzielte Umsatz berücksichtigt wird. Hierfür sieht die Vereinbarung vier Teilbeträge vor. Den ersten Teilbetrag bildet ein Umsatz von weniger als 50 Mio. FF; die staatlichen Empfänger in Frankreich erhalten 6,386 % der Abgabe und der belgische Partner 23,114 %. Den zweiten Teilbetrag bildet der Umsatz von 50 bis 75 Mio. FF; der französische Anteil steigt auf 10,817 %, und der belgische Anteil geht auf 16,183 % zurück. Den dritten Teilbetrag bildet ein Umsatz von 75 bis 100 Mio. FF; der französische Anteil erreicht 15,238 % und der belgische Anteil 9,762 %. Für einen Umsatz von mehr als 100 Mio. FF fällt der belgische Anteil schließlich auf 5,602 %, und der französische Anteil steigt auf 19,169 %.

9 Am 12. Juli 1991 reichte die Tiercé Ladbroke SA (im folgenden: Ladbroke), eine 1982 gegründete Gesellschaft belgischen Rechts, die zur Holdinggesellschaft Ladbroke Group plc gehört und deren Tätigkeit darin besteht, in Belgien Buchmacherwetten für Pferderennen im Ausland entgegenzunehmen, gegen den PMU, den PMU belge und die Französische Republik bei der Kommission eine Beschwerde (IV/34.013) nach den Artikeln 85 und 85 EWG-Vertrag und den Artikeln 92 und 93 EWG-Vertrag ein. Im Hinblick auf die letztgenannten Vertragsbestimmungen forderte Ladbroke in ihrer Beschwerde, die insoweit durch Schreiben vom 5. Februar 1992 (NN 16/92) wiederholt und klargestellt wurde, die Kommission auf, festzustellen, daß die am 18. März 1991 zwischen dem PMU und dem PMU belge geschlossene Vereinbarung die Gewährung einer rechtswidrigen, nicht gemeldeten staatlichen Beihilfe von Frankreich an den PMU belge zur Folge habe.

10 Hierzu wies Ladbroke in ihrer Beschwerde darauf hin, daß die in Frankreich gemäß der Vereinbarung zwischen den beiden PMUs entgegengenommenen Wetten, die seit dem 20. März 1991 einen Umsatz von 67 Mio. und jährlich von 300 Mio. BFR ermöglicht hätten, in der gleichen Weise entgegengenommen und verwaltet würden wie die Wetten für die französischen Rennen, wobei sie Teil des französischen Systems seien und nach dem Totalisatorsystem des PMU mit dessen Mitteln und Technik zentralisiert würden. Bei der anschließenden Übertragung vom französischen System auf das belgische Totalisatorsystem werde auf die in Frankreich entgegengenommenen Wetteinsätze für belgische Rennen nach dem belgischen Recht eine Abgabe von 35 % erhoben. Von dieser Abgabe von 35 % verbleibe dem PMU belge ein Betrag in Höhe von 26 %, und die restlichen 9 % flössen an das französische System zurück, davon ungefähr 4 % an den französischen Staat und ungefähr 5 % an die französischen Rennvereine. Dagegen gehe bei den in Frankreich entgegengenommenen Einsätzen für die französischen Rennen die Abgabe von etwa 30 % zu 18 % an den französischen Staat und zu 10 % an die Rennvereine.

11 Ladbroke machte in ihrer Beschwerde somit geltend, die Tatsache, daß der französische Staat, der PMU und die Rennvereine nur 9 % der Abgabe von den Wetteinsätzen für die belgischen Rennen und nicht 28 % erhielten, wie dies bei der Abgabe von den Wetteinsätzen für die französischen Rennen der Fall sei, stelle eine abgabenrechtliche Behandlung dar, die, da sie zu einer Belastung für den französischen Staat und zu einem Vorteil für den durch sie Begünstigten, den PMU belge, führe, eine rechtswidrige staatliche Beihilfe zugunsten des Letztgenannten sei. Diese staatliche Beihilfe bewirke eine Wettbewerbsverzerrung, da der PMU belge von den in Frankreich entgegengenommenen Wetten für belgische Rennen Beträge zurückerhalte, die seine Konkurrenten in Belgien, die nicht die Möglichkeit hätten, Wetten in Frankreich entgegenzunehmen, nicht erhielten. Ausserdem beeinträchtige diese rechtswidrige Beihilfe den Handel zwischen Mitgliedstaaten, da das System, auf dem sie beruhe, bedeute, daß Wetten für belgische Rennen in Frankreich entgegengenommen würden und aus diesen Wetten stammende Beträge über den französischen Staat von Frankreich nach Belgien zurückkehrten. Schließlich sei diese staatliche Beihilfe eine nicht gemeldete neue Beihilfe, die unter Verstoß gegen Artikel 93 Absatz 3 des Vertrages gewährt worden sei.

12 Ladbroke stellte daher bei der Kommission neben weiteren Anträgen, mit denen sie diese aufforderte, festzustellen, daß die Vereinbarung zwischen den beiden PMUs gegen die Artikel 85 und 86 des Vertrages verstosse, und den beiden PMUs aufzugeben, diese Vereinbarung zu beenden, die Anträge,

° der Französischen Republik durch vorläufige Entscheidung aufzugeben, die nicht mitgeteilte staatliche Beihilfe an den PMU belge auszusetzen,

° ihr nach einer umfassenden Prüfung der dem PMU belge gewährten rechtswidrigen Beihilfe aufzugeben, diese Beihilfe einzustellen, und

° die Rückzahlung der rechtswidrigen Beihilfe zuzueglich Zinsen in handelsüblicher Höhe durch den PMU belge anzuordnen.

13 Der Teil der Beschwerde von Ladbroke, der die angebliche Gewährung einer rechtswidrigen staatlichen Beihilfe betrifft, wurde mit Schreiben vom 18. Januar 1993, das von dem für Wettbewerb zuständigen Mitglied der Kommission unterzeichnet ist (im folgenden: Entscheidung oder angefochtene Entscheidung), mit der Begründung zurückgewiesen, daß die genannte Vereinbarung zwischen den beiden PMUs keine Beihilfe im Sinne von Artikel 92 Absatz 1 des Vertrages enthalte, und zwar aus folgenden Gründen.

14 Die Abgabe vom Aufkommen der Wetten für Pferderennen könne nicht als Steuer qualifiziert werden, da sie selbst staatlichen Abzuegen fiskalischer Natur unterliege und in Frankreich wie in Belgien aufgrund verschiedener Faktoren, zu denen der Ort der Durchführung des Rennens und die Zuweisung an verschiedene Fonds, zu denen der Fonds für die Einrichtungen zur Pferdezucht oder der nationale Fonds für die Wasserversorgung und der allgemeine Haushalt zählten, unterschiedlich hoch sei.

15 Ausserdem sei die Anwendung des staatlichen Abzugs, der auf die 30%ige Abgabe von den Wetteinsätzen für die französischen Rennen angewandt werde, auf die 35%ige Abgabe, der die in Frankreich entgegengenommenen Wetteinsätze für die belgischen Rennen unterlägen, nicht angemessen, weil dieser staatliche französische Abzug von 18 % "ausschließlich französische" Beiträge enthalte, insbesondere Beiträge zum Fonds für die französische Pferdezucht (1,86 % bis 3,36 %) und die Mehrwertsteuer von 22 %, die aus dem Teilbetrag der Abgabe errechnet werde, der den französischen Rennvereinen zustehe. Demzufolge könne der 18%ige staatliche Abzug in Frankreich nicht in vollem Umfang für den 35%igen Abzug von den Wetteinsätzen für belgische Rennen gelten, sondern nur in dem Umfang, der nach Abzug der ausschließlich französischen Beiträge verbleibe und etwa bei 5 % liege. Dies bedeute bereits, daß der staatliche französische Abzug um wenigstens 13 % der Summe der Wetten für die belgischen Rennen niedriger sei und sich so dem staatlichen französischen Abzug von 6,4 % annähere, dem gegenwärtig die auf das Aufkommen der in Frankreich entgegengenommenen Wetten für belgische Rennen angewandte 35%ige Abgabe unterliege.

16 Im übrigen sei der prozentuale Anteil an der Abgabe, der dem PMU belge zustehe, unabhängig davon, ob sich der Ort, an dem die Wette entgegengenommen werde, in Frankreich oder in Belgien befinde, nahezu gleich. Hierzu führte die Kommission in der Entscheidung aus, daß sich der Anteil des PMU belge, wenn die Wetten für die belgischen Rennen in Belgien entgegengenommen würden, je nach Region auf 25 % bis 28 % belaufen würde, abzueglich 5,5 % an Verwaltungskosten, was einen Anteil von 19,5 % bis 22,5 % gegenüber den 23,114 % bedeute, die bei Entgegennahme der Wetten in Frankreich verblieben. Ziehe man von diesen 23,114 % die zusätzlichen Kosten des PMU belge (für Werbung, Preise und Information) ab, die infolge der Entgegennahme von Wetten ausserhalb Belgiens entstuenden, stelle man fest, daß der PMU belge für die in Frankreich entgegengenommenen Wetten für belgische Rennen einen Anteil erhalte, der im wesentlichen dem entspreche, den er erhalten hätte, wenn er selbst die Wetten für die belgischen Rennen entgegengenommen hätte.

17 Schließlich erscheine die Vereinbarung zwischen den beiden PMUs für den PMU belge insgesamt betrachtet nur in ihrem ersten, den Teil des Umsatzes, der unter 50 Mio. FF liege, betreffenden Stadium vorteilhaft, in dem der an den PMU belge fließende Anteil an der Abgabe relativ hoch sei. Dagegen sei die Vereinbarung hinsichtlich der weiteren Stadien als für den PMU belge deutlich weniger vorteilhaft anzusehen, weil sein Anteil an der Abgabe von den über diesen Betrag hinausgehenden Teilbeträgen des Umsatzes abnehme.

18 Um jedoch alle neuen Tatsachen und die Möglichkeit berücksichtigen zu können, daß die Vereinbarung in den kommenden Jahren nicht über das Anfangsstadium hinaus zum Tragen komme, behielt sich die Kommission in der Entscheidung das Recht vor, die Vereinbarung nach einem Zeitraum von vier Jahren erneut zu prüfen, und forderte die französischen Behörden auf, ihr jährlich einen Bericht über die Durchführung der Vereinbarung zwischen den beiden PMUs vorzulegen.

19 Unter diesen Umständen hat Ladbroke mit Klageschrift, die am 22. März 1993 eingegangen ist, gemäß Artikel 173 EWG-Vertrag die vorliegende Klage erhoben, die als Rechtssache C-80/93 in das Register der Kanzlei des Gerichtshofes eingetragen worden ist.

20 Am 7. Juli 1993 hat die Regierung der Französischen Republik beantragt, als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge der Kommission zugelassen zu werden. Mit Beschluß des Präsidenten des Gerichtshofes vom 6. August 1993 ist diesem Streithilfeantrag stattgegeben worden, und am 20. Oktober 1993 hat die Streithelferin ihren Streithilfeschriftsatz eingereicht, zu dem die Kommission am 23. November 1993 und die Klägerin am 10. Dezember 1993 Stellung genommen haben.

21 Mit Beschluß vom 27. September 1993 hat der Gerichtshof die Rechtssache gemäß Artikel 4 des Beschlusses 93/350/Euratom, EGKS, EWG des Rates vom 8. Juni 1993 zur Änderung des Beschlusses 88/591/EGKS, EWG, Euratom vom 24. Oktober 1988 zur Errichtung eines Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften (ABl. L 144, S. 21) an das Gericht verwiesen, wo sie als Rechtssache T-471/93 geführt wird.

22 Das schriftliche Verfahren ist ordnungsgemäß abgelaufen. Auf Bericht des Berichterstatters hat das Gericht (Erste erweiterte Kammer) beschlossen, die mündliche Verhandlung ohne vorherige Beweisaufnahme zu eröffnen. Es hat jedoch die Kommission und die französische Regierung aufgefordert, einige schriftliche Fragen zu beantworten und bestimmte Unterlagen vorzulegen, die die Durchführung der Vereinbarung zwischen den beiden PMUs und die Regelung der staatlichen Abzuege sowie der Abgaben betreffen, die in Frankreich auf die Einsätze für französische und belgische Pferderennen angewandt werden. Die Parteien sind dieser Aufforderung des Gerichts innerhalb der festgesetzten Fristen nachgekommen.

23 In der Sitzung vom 24. Januar 1995 haben die Parteien mündlich verhandelt und die mündlichen Fragen des Gerichts beantwortet.

Anträge der Parteien

24 Die Klägerin beantragt,

° die in dem Schreiben vom 18. Januar 1993 enthaltene Entscheidung für nichtig zu erklären;

° der Kommission aufzugeben, die Beschwerde Nr. NN 16/92 gegen die beiden PMUs gemäß Artikel 176 EWG-Vertrag unverzueglich erneut zu prüfen;

° der Kommission die Kosten der Klage aufzuerlegen.

25 Die Beklagte beantragt,

° die Klage als unbegründet abzuweisen;

° der Klägerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

26 Die Streithelferin beantragt,

° die Klage abzuweisen;

° der Klägerin die Kosten des Verfahrens einschließlich des Teils, der den von der Streithelferin aufgewendeten Kosten entspricht, aufzuerlegen.

Begründetheit

27 Zur Stützung ihres Antrags auf Nichtigerklärung trägt die Klägerin vor, der im Schreiben der Kommission vom 18. Januar 1993 enthaltenen angefochtenen Entscheidung fehle zum einen unter Verstoß gegen Artikel 190 des Vertrages die Begründung und zum anderen sei sie fehlerhaft begründet oder rechtswidrig.

Der erste Klagegrund: fehlende Begründung

28 Das Gericht stellt fest, daß die Klägerin, obwohl sie geltend macht, daß die angefochtene Entscheidung nicht begründet worden sei, mit ihrem Vorbringen nur die materielle Rechtmässigkeit dieser Entscheidung in Frage stellt. Dennoch hält es das Gericht, das die Begründung der bei ihm angefochtenen Gemeinschaftshandlungen auch von Amts wegen prüfen kann, für sachgerecht, den Klagegrund der fehlenden Begründung zu prüfen.

29 Das Gericht erinnert vorab daran, daß gemäß Artikel 190 des Vertrages die von den Gemeinschaftsorganen erlassenen Entscheidungen mit Gründen versehen werden müssen; ihre Begründung muß den Gemeinschaftsrichter in die Lage versetzen, die Rechtmässigkeit zu überprüfen, und es dem Betroffenen ermöglichen, die Gründe für die erlassene Maßnahme zu erfahren, so daß er seine Rechte verteidigen und die Begründetheit der Entscheidung prüfen kann (vgl. Urteile des Gerichtshofes vom 17. Januar 1984 in den Rechtssachen 43/82 und 63/82, VBVB und VBBB/Kommission, Slg. 1984, 19, und des Gerichts vom 24. Januar 1992 in der Rechtssache T-44/90, La Cinq/Kommission, Slg. 1992, II-1, Randnr. 42, und vom 29. Juni 1993 in der Rechtssache T-7/92, Asia Motor France u. a./Kommission, Slg. 1993, II-669, Randnr. 30).

30 In der angefochtenen Entscheidung hat die Kommission die Gründe dargelegt, weshalb sie der Ansicht war, daß bei der Vereinbarung zwischen den beiden PMUs, die die Klägerin in ihrer mit Schreiben vom 5. Februar 1992 wiederholten Beschwerde vom 12. Juli 1991 beanstandet hat, nicht davon ausgegangen werden könne, daß sie die Gewährung einer Beihilfe im Sinne des Artikels 92 Absatz 1 des Vertrages an den PMU belge zur Folge habe, und weshalb sie daher die Beschwerde der Klägerin zurückgewiesen hat.

31 Die angefochtene Entscheidung enthält nämlich eine Reihe von tatsächlichen und rechtlichen Erwägungen zur Rechtsnatur der Abgabe auf die Wetteinsätze für Pferderennen und der Abzuege, denen sie unterliegt, zur Rechtfertigung der Behandlung, die diese Abgabe in Frankreich erfährt, und insbesondere zu dem Umstand, daß der PMU belge praktisch keinen Vorteil aus der Anwendung der Vereinbarung zwischen den beiden PMUs ziehe und daß ein solcher Vorteil, sollte er im ersten Stadium der Vereinbarung bestehen, in den nachfolgenden Stadien entfallen würde.

32 Diese Darlegung der Gründe stellt eine Begründung dar, die insgesamt als im Sinne von Artikel 190 des Vertrages ausreichend anzusehen ist, um die Schlußfolgerungen der Kommission zu tragen, da sie eine Darstellung des Sachverhalts und die rechtlichen Erwägungen enthält, denen nach der Systematik der Entscheidung wesentliche Bedeutung zukommt, und die Feststellung erlaubt, daß die Weigerung der Kommission, das Vorliegen einer Beihilfe im Sinne des Artikels 92 Absatz 1 des Vertrages anzuerkennen, im wesentlichen aus der Feststellung folgt, daß sich für den PMU belge aus der Anwendung der genannten Vereinbarung kein Vorteil ergebe.

33 Auch wenn die Begründung der angefochtene Entscheidung nicht immer alle Einzelheiten der Überlegungen der Kommission erkennen lässt, so kann sie doch in Anbetracht der Tatsache als ausreichend angesehen werden, daß der Urheber einer Entscheidung nicht verpflichtet ist, alle relevanten tatsächlichen und rechtlichen Einzelheiten darzulegen, und daß die Frage, ob die Begründung einer Entscheidung ausreichend ist, nicht nur im Hinblick auf ihren Wortlaut, sondern auch auf den Kontext ihres Erlasses und auf sämtliche Rechtsvorschriften des betreffenden Gebietes beurteilt werden kann (vgl. Urteile des Gerichtshofes vom 25. Oktober 1984 in der Rechtssache 185/83, Rijksuniversiteit Groningen, Slg. 1984, 3623, Randnr. 38, vom 26. Juni 1986 in der Rechtssache 203/85, Nicolet, Slg. 1986, 2049, Randnr. 10, vom 8. Juni 1989 in der Rechtssache 167/88, AGPB, Slg. 1989, 1653, Randnr. 34, und vom 6. Juli 1993 in den Rechtssachen C-121/91 und C-122/91, CT Control und JCT Benelux/Kommission, Slg. 1993, I-3873, Randnr. 31).

34 Daraus folgt, daß der erste Klagegrund, mit dem die Klägerin die fehlende Begründung geltend macht, zurückzuweisen ist.

Der zweite Klagegrund: fehlerhafte Begründung oder Rechtswidrigkeit der angefochtenen Entscheidung

Zusammenfassung des Vorbringens der Parteien

35 Die Klägerin trägt vor, nach der zwischen den beiden PMUs geschlossenen Vereinbarung und der Behandlung der Abgabe auf die Wetteinsätze für die belgischen Rennen in Frankreich sei festzustellen, daß der französische Staat von 100 FF, die für diese Rennen gewettet würden, 35 FF erhebe, von denen er nur 6,30 FF behalte und den Restbetrag, nämlich 28,61 FF, an den französischen PMU zahle, der wiederum 5,5 FF behalte und die danach verbleibenden 23,19 FF an den PMU belge überweise. Dagegen erhebe der französische Staat von 100 FF, die für ein französisches Rennen gewettet würden, 30 FF, von denen er 18 FF einbehalte und die verbleibenden 12 FF an den PMU zahle. Folglich sei nicht nur der Satz der 35%igen Abgabe von dem für den PMU belge bestimmten Aufkommen der in Frankreich für belgische Pferderennen abgeschlossenen Wetten höher als die 30%ige Abgabe von den in Frankreich entgegengenommenen Wetten für die französischen Rennen, sondern auch der letztlich an den PMU belge überwiesene Anteil an der Abgabe in Höhe von 23,114 % sei somit höher als der Anteil an der Abgabe in Höhe von 12 %, der dem PMU überwiesen werde. Der PMU belge erziele so Einnahmen, die er ohne die Vereinbarung mit dem französischen PMU, durch die die Entgegennahme von Wetten für belgische Rennen in Frankreich möglich geworden sei, nicht gehabt hätte. Diese Einnahmen stellten eine rechtswidrige staatliche Beihilfe dar, deren genaue Höhe der Teil des vom PMU belge nach der genannten Vereinbarung erhaltenen Betrages bilde, der über die Beträge hinausgehe, die zur Deckung der Kosten, die die Entgegennahme von Wetten in Frankreich für die belgischen Rennen mit sich bringe, erforderlich seien. Dieser Mechanismus, aufgrund dessen dem PMU belge 1991 Einnahmen in Höhe von 8,1 Mio. FF zugeflossen seien, habe zu einer Verzerrung des Wettbewerbs geführt, durch die der Klägerin ein erheblicher Schaden entstanden sei. Ohne diese rechtswidrige Beihilfe wäre der PMU belge zusammengebrochen und hätte Ladbroke daher erlaubt, selbst Totalisatorwetten für die belgischen Rennen durchzuführen. Ausserdem hätte der PMU belge ohne diese Beihilfe nicht, wie dies im Dezember 1991 geschehen sei, das Wettbüro "Tiercé Franco-belge" übernehmen können, das ein Konkurrent von Ladbroke in Belgien auf dem Wettmarkt für im Ausland stattfindende Pferderennen sei.

36 Zur Begründung ihrer Auffassung, daß der so dem PMU belge verschaffte finanzielle Vorteil eine staatliche Beihilfe darstelle, führt die Klägerin aus, daß die Zahlung des ihm zustehenden Anteils an der Abgabe gemäß den Richtlinien des französischen Staates über eine unter dessen Aufsicht stehende Einrichtung, den französichen PMU, erfolge, wie sich aus der Satzung dieses PMU ergebe. Die dem PMU belge zukommende Abgabe stelle daher einen nach öffentlich-rechtlichen Bestimmungen vorgeschriebenen Zwangsbeitrag dar, so daß ihre formelle Qualifizierung als Steuer oder sonstiger Abzug keine Auswirkung auf die Rechtsnatur dieses staatlich angeordneten Zwangsbeitrags habe, da es für die Qualifizierung des dem PMU belge zufließenden Anteils an der Abgabe als staatliche Beihilfe keinen Unterschied mache, ob er ganz oder teilweise über staatliche Kassen laufe oder nicht (vgl. Urteile des Gerichtshofes vom 22. März 1977 in der Rechtssache 78/76, Steinike und Weinlig, Slg. 1977, 595, 613, und vom 30. Januar 1985 in der Rechtssache 290/83, Kommission/Frankreich, Slg. 1985, 439, 449).

37 Im übrigen sei weder der Umstand, daß der für den Staat bestimmte Anteil an der Abgabe von Rennen zu Rennen unterschiedlich sein könne, wie die Kommission in der angefochtenen Entscheidung ausgeführt habe, noch der Umstand, daß die Abgabe ihrerseits Abzuegen fiskalischer Natur unterliege, für ihre Rechtsnatur als staatlich angeordneter Zwangsbeitrag entscheidend, da sowohl die Anwendung der Mehrwertsteuer von 22 % auf den für die Rennvereine bestimmten Anteil an der Abgabe als auch die Anwendung einer anderen Steuer, der progressiven Zusatzabgabe (siehe oben, Randnr. 5), die sich anhand der Quote und der Art der Wette berechne, nur die interne Struktur der Abgabe beträfen und für ihre Qualifizierung als Steuer keine Rolle spielten.

38 Die Unterscheidung zwischen den Steuern und Abzuegen, die in Frankreich auf die Abgabe auf Wetten für französische Rennen, und denen, die auf die Abgabe auf Wetten für belgische Rennen erhoben würden, führe dazu, daß der PMU belge einen höheren Anteil an der Abgabe vereinnahme, als er vereinnahmt hätte, wenn diese Abgabe in bezug auf die belgischen Rennen dem gleichen Steuerbeitrag unterläge wie in bezug auf die Wetteinnahmen für die französischen Rennen, da die Wetten für die belgischen und die französischen Rennen in Frankreich abgeschlossen würden. Die Durchführbarkeit einer steuerrechtlichen Gleichbehandlung der jeweiligen Abgaben ergebe sich im vorliegenden Fall aus der Vereinbarung zwischen den beiden PMUs selbst, die im dritten und vierten Stadium der Anwendung dieser Vereinbarung einen höheren Abzug zugunsten der staatlichen französischen Empfänger vorsehe.

39 Zu dem von der Kommission in der angefochtenen Entscheidung angeführten Argument, der Anteil an der streitigen Abgabe stelle keine Beihilfe zugunsten des PMU belge dar, weil die Einnahmen, die dieser sich aufgrund der streitigen Vereinbarung verschaffe, im wesentlichen die gleichen seien wie die Einnahmen, die er erzielen würde, wenn er die Wetten für die belgischen Rennen unmittelbar annähme, beruft sich die Klägerin auf die Rechtsprechung des Gerichtshofes, wonach ein Beitrag nicht allein deshalb seinen Charakter als staatliche Beihilfe verliere, weil er bezwecke oder bewirke, den Begünstigten in die gleiche Lage zu versetzen, als habe er dieselbe wirtschaftliche Tätigkeit in einem anderen Mitgliedstaat ausgeuebt (vgl. Urteil vom 2. Juli 1974 in der Rechtssache 173/73, Italien/Kommission, Slg. 1974, 709). Selbst wenn sich herausstellen sollte, daß die betreffenden Einnahmen in beiden Fällen im wesentlichen gleich seien, sei diese Gleichheit doch mit einer durch die streitige Vereinbarung eingeführten Diskriminierung erzielt worden, die darin bestehe, daß auf die Wetten für belgische Rennen ein höherer Abgabensatz angewandt werde als auf die Wetten für französische Rennen, da das gesamte System jedenfalls auf eine Übertragung von Einnahmen auf den PMU belge in viel grösserem Umfang hinauslaufe, als wenn die beiden Arten von Wetten in Frankreich in gleicher Weise behandelt worden wären.

40 Jede Spekulation über die Einnahmen, die der PMU belge hätte erzielen können, wenn er ohne die Vereinbarung selbst die Wetten für die belgischen Rennen entgegengenommen hätte, sei reine Theorie, da nichts darauf hindeute, daß die betreffenden Wetten ohne die Vereinbarung tatsächlich abgeschlossen worden wären.

41 Schließlich weist die Klägerin das Vorbringen der Kommission zurück, daß die Vereinbarung zwischen den beiden PMUs keine staatliche Beihilfe zugunsten des PMU belge enthalte, wenn sie global, unter Berücksichtigung aller Stadien ihrer Anwendung, geprüft werde. Nach Ansicht der Klägerin ist der Umstand, daß der für den PMU belge bestimmte Anteil an der Abgabe in dem Masse abnehme, wie der Umsatz an in Frankreich entgegengenommenen Wetten für belgische Rennen steige, ohne Bedeutung, weil diese Abnahme nur im Prozentsatz, nicht aber in den Nettöinnahmen eintrete, die jedenfalls gleichzeitig mit dem Wettumsatz für die belgischen Rennen anstiegen.

42 Die Kommission ist der Ansicht, die streitige Abgabe sei weder als Steuer noch als "staatliche Mittel" zu qualifizieren, da sie vom Staat zu keiner Zeit erhoben oder vereinnahmt werde. Diese Abgabe sei nur der Betrag, der über den Betrag, den der Veranstalter der Totalisatorwetten an die Gewinner ausschütten müsse, hinausgehe und der selbst bestimmten Steuern oder staatlichen Abzuegen unterliege, so daß es für die Qualifizierung der Abgabe als Steuer folglich an dem wesentlichsten Kriterium fehle, nämlich dem Umstand, daß sie staatlich angeordnet sei.

43 Bezueglich des Unterschieds zwischen den Abgabensätzen, der je nachdem bestehe, ob die Abgabe auf die Wetteinsätze für belgische oder für französische Rennen angewandt werde, weist die Kommission darauf hin, daß sich dieser Unterschied aus der Kombination der französischen und der belgischen Rechtsvorschriften ergebe. Artikel 15 Absatz 3 des französischen Finanzgesetzes für das Jahr 1965 sehe vor, daß die in Frankreich abgeschlossene Wetten für ausländische Rennen den gesetzlichen Steuern unterlägen, die in dem Land, in dem das Rennen veranstaltet werde, gälten, während andererseits Artikel 44 Nr. 2 Buchstabe d der belgischen Königlichen Verordnung vom 8. Juli 1970 die auf die in Belgien veranstalteten Rennen zu erhebende Abgabe auf 35 % festsetze. Unter diesen Umständen könnte in Anbetracht der Tatsache, daß die Abgabe in Belgien bei der Zentralisierung der in Frankreich entgegengenommenen Wetten durch den PMU belge abgezogen werde, der 5,5%ige Abzug von der Abgabe, der als Kommission an den PMU gehe, sogar als eine Zahlung des PMU belge an den PMU und nicht umgekehrt angesehen werden.

44 In bezug auf den Unterschied bei der steuerrechtlichen Behandlung und den je nachdem, ob die in Frankreich abgeschlossenen Wetten für französische oder belgische Rennen entgegengenommen worden seien, verschiedenen Abzuegen von der Abgabe, meint die Kommission, daß die Abgabe auf die in Frankreich für die französischen Rennen abgeschlossenen Wetten aufgrund ihrer Zusammensetzung nicht auf die Wetten für ausländische Rennen und damit auf die belgischen Rennen übertragen werden könne, weil diese Abgabe bestimmte "ausschließlich französische" Steuern enthalte, die ihre Anwendung auf ausländische Rennen unangemessen oder unzweckmässig machten.

45 In quantitativer Hinsicht ist die Kommission der Ansicht, daß wegen des Vorhandenseins dieser "ausschließlich französischen" Beiträge der Unterschied in der Besteuerung ein niedrigeres Niveau habe, als von der Klägerin behauptet werde. Insoweit greift die Kommission die Feststellung aus der angefochtenen Entscheidung auf, daß der staatliche französische Abzug von 18 %, dem die auf die in Frankreich abgeschlossenen Wetten für französische Rennen angewandte Abgabe von 30 % unterliege, eine Steuer zugunsten des Fonds national des haras et des activités hippiques, die zwischen 1,86 % und 3,36 % variiere, sowie die 22%ige Mehrwertsteuer enthalte, die auf den Teil der Abgabe anwendbar sei, der den französischen Rennvereinen zufließe (also auf 6,5 %). Würden diese beiden Bestandteile, die etwa 5 % des gesamten staatlichen französischen Abzugs von 18 % ausmachten, von diesem abgezogen, falle die staatliche französische Abgabe auf 13 %. Der Unterschied zur Abgabe von 6,4 %, die bei der 35%igen Abgabe von den in Frankreich entgegengenommenen Wetten für belgische Rennen anfalle, sei somit weniger groß, als von der Klägerin behauptet.

46 Ausserdem wiederholt die Kommission ihr Argument, daß auch hinsichtlich der vom PMU belge erzielten Einnahmen keine Rede von einer Beihilfe im Sinne des Artikels 92 Absatz 1 des Vertrages sein könne, weil die Einnahmen des PMU belge aus den in Frankreich entgegengenommenen Wetten für belgische Rennen, wie sie sich aus der Vereinbarung zwischen den beiden PMUs ergäben, prozentual etwa ebenso hoch seien, als wenn die Wetten für die belgischen Rennen vom PMU belge entgegengenommen worden wären, da sie in beiden Fällen bei etwa 20 % der betreffenden Wettbeträge lägen.

47 Werde die Wette für belgische Rennen in Frankreich abgeschlossen, betrage der Anteil des PMU belge am Einsatz 35 %, von denen 6,386 % an von Frankreich erhobenen Steuern und 5,5 % an Kommission für den PMU abzuziehen seien, was einen Prozentsatz von 23,114 ergebe, von dem noch 1 % bis 2 % abzuziehen seien, die den zusätzlichen Kosten für Werbung, Preise und Informationen entsprächen, die der PMU belge aufwende, um die belgischen Rennen beim französischen Publikum attraktiver zu machen. Werde die Wette für belgische Rennen in Belgien abgeschlossen, bestimme sich der Anteil des PMU belge an der 35%igen Abgabe in der Weise, daß von dieser zunächst 7 % bis 10 % an staatlichen Abzuegen, die je nach Region unterschiedlich seien, und sodann ein Teil von 5,5 % an Verwaltungskosten des PMU belge abgezogen würden, was insgesamt einen Prozentsatz von der Abgabe ergebe, der dem erstgenannten weitgehend entspreche und kaum ausreiche, um die Unkosten der Mitgliedsvereine des PMU belge zu decken. Die Vereinbarung der beiden PMUs habe somit nur zur Folge, daß der Umsatz des PMU belge gesteigert werde, so daß der sich für diese Einrichtung ergebende Vorteil nicht als Beihilfe im Sinne des Artikels 92 des Vertrages qualifiziert werden könne.

48 Ausserdem ergebe sich aus der Prüfung der gesamten streitigen Vereinbarung in allen ihren Stadien, daß der Vorteil des PMU belge in den weiteren Stadien der Anwendung der Vereinbarung wegen der Zunahme der in diesen Stadien auf die Abgabe anwendbaren Abzuege des französischen Staates noch geringer sei.

49 Schließlich bekräftigt die Kommission ihre Absicht, die Vereinbarung der beiden PMUs nach einem Zeitraum von vier Jahren zu überprüfen, und weist dabei darauf hin, daß die Behauptung, die Vereinbarung zwischen den beiden PMUs verstosse gegen Artikel 92 EWG-Vertrag, zahlreiche weitere komplizierte Rechtsfragen aufwerfe, deren Prüfung in der angefochtenen Entscheidung überfluessig gewesen sei, da das Ergebnis, daß die Vereinbarung keine staatliche Beihilfe darstelle, einfacher damit begründet werden könne, daß der PMU belge aus ihr jedenfalls keinen Vorteil ziehe. So habe für sie insbesondere kein Anlaß bestanden, die komplizierte Frage, welche Maßnahmen zu ergreifen ein Mitgliedstaat berechtigt oder verpflichtet sei, um eine völlige abgabenrechtliche Neutralität im innergemeinschaftlichen Handel zu wahren, wenn bestimmte besondere Steuerregelungen von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat verschieden seien, oder die Beschaffenheit der angeblichen Wettbewerbsverzerrung oder ihre Auswirkung auf den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu prüfen.

50 Die Streithelferin räumt ein, daß der PMU belge aus den in Frankreich entgegengenommenen Wetten für belgische Rennen höhere Einnahmen erziele als der französische PMU aus gleich hohen Wetten für französische Rennen. Eine etwaige Qualifizierung dieser Einnahmen als staatliche Beihilfe, wie es die Klägerin vortrage, könne jedoch nicht für den Gesamtbetrag von 8,1 Mio. FF gelten, den der PMU belge in Anwendung der streitigen Vereinbarung 1991 erhalten habe, sondern nur für die Differenz zwischen dieser Summe und derjenigen, die diese Einrichtung erhalten hätte, wenn auf sie die Regelung über die Behandlung der Wetteinsätze für die französischen Rennen angewandt worden wäre. Da in diesem Fall das Aufkommen aus den Wetten Abzuegen und Steuern in Höhe von 17,85 % unterlegen hätte, während der PMU belge 10,3 % erhalten hätte ° anstelle der tatsächlich erhaltenen 23,114 % °, liege der Unterschied in seinen Einnahmen und damit die tatsächliche Höhe der angeblichen Beihilfe bei etwa 4,5 Mio. FF und nicht bei 8,1 Mio. FF, wie die Klägerin behaupte.

51 Zur Rechtfertigung des Unterschieds zwischen den Einnahmen, die der PMU und der PMU belge aus einem gleich hohen Wettaufkommen erzielten, trägt die Streithelferin vor, daß er auf objektiven, von wirtschaftlichen oder kommerziellen Erwägungen unabhängigen Faktoren beruhe, die ausschließlich mit der Natur der Totalisatorwetten und der Strukturierung zusammenhingen, die sich daraus für die auf den Einsatz dieser Wetten erhobene Abgabe ergebe. Insoweit legt die Streithelferin dar, daß die Totalisatorwette gekennzeichnet sei durch die Zusammenfassung der Einsätze und deren nach Abzug der verschiedenen Abgaben und der Kosten für die Verwaltung des Systems erfolgenden Ausschüttung an die Gewinner, was ein Gewinnstreben ausschließe. Diesem nicht auf Gewinnerzielung gerichteten Zweck entspreche die Rechtsform des PMU als wirtschaftlicher Interessenverband von Rennvereinen mit einer Vereinssatzung und ohne Erwerbszweck, dessen Gesellschaftszweck die Verbesserung der Pferderasse in Frankreich sei. Diese Rechtsnatur der Totalisatorwette und der sie durchführenden Einrichtung, des PMU, habe eine strenge Regelung der Verwaltung der Einsätze erfordert. Das französische Recht habe daher den Teil der Einnahmen, der den Wettern zustehe, auf 70 % festgesetzt und die verbleibenden 30 % auf verschiedene staatliche Abgaben verteilt, von denen ein Teil auf die Rennvereine entfalle, damit gleichzeitig die Kosten für die Verwaltung des Systems gedeckt werden könnten und der Gesellschaftszweck des PMU, nämlich die Verbesserung der Pferderasse in Frankreich in verschiedenen Formen, erreicht werden könne. Daraus folge, daß das gesamte System von seiner Natur und seinen Zielen her nicht auf die Wetten für ausländische Rennen übertragbar sei, selbst wenn die Entgegennahme von Wetten für diese Rennen in Frankreich erfolge.

52 Ausserdem ergebe sich die Regelung der auf den Einsatz der in Frankreich entgegengenommenen Wetten für belgische Rennen erhobenen Abgabe zwangsläufig aus der Kombination des französischen und des belgischen Rechts, wobei die Anwendung des letztgenannten Rechts in Artikel 15 des französischen Finanzgesetzes für das Jahr 1965 vorgesehen und überdies aus folgenden Gründen geboten sei. Erstens verlange die Rücksicht auf den Geist der Totalisatorwetten, daß es für jede Wette gleicher Art nur eine einzige Masse von Einsätzen gebe und daß die auf ein und dasselbe Rennen Wettenden in gleicher Weise behandelt würden. Zweitens hätte die alleinige Anwendung des französischen Rechts, das bestimmte Abgaben zugunsten der Verbesserung der französischen Pferderasse vorsehe, die Veranstalter belgischer Pferderennen grundsätzlich abgeschreckt, von Frankreich aus Wetten entgegenzunehmen. Drittens sei die Anwendung der Abgaben des Landes, in dem das Rennen durchgeführt werde, unverzichtbar, damit die Entgegennahme von Wetten von einem anderen Land aus für alle Wirtschaftsteilnehmer und für die im Allgemeininteresse der beiden betroffenen Staaten liegenden Belange wirtschaftlich interessant sei.

53 Abschließend bemerkt die Streithelferin, daß sie beim gegenwärtigen Stand des Gemeinschaftsrechts durch nichts verpflichtet sei, ihre innerstaatlichen Rechtsvorschriften über die Verteilung der verschiedenen Abgabenteile zu ändern.

Würdigung durch das Gericht

54 Nach Ansicht des Gerichts ist zunächst die Stichhaltigkeit des von der Kommission angegebenen Grundes zu prüfen, daß dem PMU belge aus der Anwendung der Vereinbarung zwischen den beiden PMUs kein finanzieller Vorteil erwachse. Denn bei Fehlen irgendeines Vorteils für den angeblich Begünstigten einer nach Artikel 92 Absatz 1 des Vertrages verbotenen Maßnahme greift diese Vertragsbestimmung nicht ein, und die angefochtene Entscheidung könnte nicht fehlerhaft begründet oder rechtswidrig sein, soweit es darin abgelehnt wird, im vorliegenden Fall eine Beihilfe im Sinne dieser Vertragsbestimmung anzunehmen.

55 Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes (vgl. Urteile vom 11. Juli 1985 in der Rechtssache 42/84, Remia u. a./Kommission, Slg. 1985, 2545, Randnr. 34, vom 17. November 1987 in den Rechtssachen 142/84 und 156/84, BAT und Reynolds/Kommission, Slg. 1987, 4487, Randnr. 62, vom 15. Juni 1993 in der Rechtssache C-225/91, Matra/Kommission, Slg. 1993, I-3203, Randnrn. 23 und 25) und des Gerichts (vgl. Urteile vom 24. Januar 1992 in der Rechtssache T-44/90, La Cinq/Kommission, a. a. O., Randnrn. 85 und 86, und vom 29. Juni 1993 in der Rechtssache T-7/92, Asia Motor France u. a./Kommission, Slg. 1993, II-669, Randnr. 33) hat sich die gerichtliche Prüfung in Fällen, die komplexe wirtschaftliche Beurteilungen erfordern, ausser auf die Beachtung der Verfahrens- und Begründungsvorschriften darauf zu beschränken, ob der Sachverhalt zutreffend festgestellt worden ist und ob kein offensichtlicher Beurteilungsfehler und kein Ermessensmißbrauch vorliegen.

56 Die Kommission ist nach Prüfung der ihr von der Klägerin in deren Beschwerde zur Kenntnis gebrachten Gesichtspunkte zu der Schlußfolgerung gelangt, daß die Anwendung der streitigen Vereinbarung nur eine Steigerung des Umsatzes des PMU belge bewirke, ohne ihm einen Vorteil zu verschaffen, der eine staatliche Beihilfe darstelle, da sich aus einem Vergleich des Anteils an der Abgabe, der dem PMU belge in Frankreich zufließe, mit dem Anteil an der Abgabe, der ihm zufließen würde, wenn die Wetten für die belgischen Rennen von ihm ohne Einschaltung des französischen PMU entgegengenommen würden, ergebe, daß die Einnahmen prozentual gleich hoch seien, da sie in beiden Fällen etwa 20 % der Einsätze erreichten (vgl. oben, Randnrn. 16, 46 und 47).

57 Die Klägerin trägt gegen dieses Argument der Kommission vor, daß jede Spekulation über die Einnahmen, die der PMU belge erzielt hätte, wenn er ohne die streitige Vereinbarung selbst die Wetten für die belgischen Rennen entgegengenommen hätte, theoretisch sei, da nichts darauf hindeute, daß die betreffenden Wetten ohne diese Vereinbarung abgeschlossen worden wären. Ausserdem sei, selbst wenn sich herausstellen sollte, daß die Einnahmen des PMU belge in beiden Fällen im wesentlichen gleich seien, diese Gleichheit jedenfalls durch eine mit der streitigen Vereinbarung herbeigeführte Diskriminierung erzielt worden, die darin bestehe, daß auf die Einsätze für belgische Rennen ein höherer Abgabensatz angewandt werde als auf die Wetteinsätze für französische Rennen, wobei das gesamte System jedenfalls auf eine Übertragung von Einnahmen auf den PMU belge in viel grösserem Umfang hinauslaufe, als wenn die beiden Arten von Wetten in Frankreich in gleicher Weise behandelt würden.

58 Dieses Vorbringen der Klägerin kann für sich allein die von der Kommission vorgenommenen Beurteilungen nicht in Frage stellen. Zu den vom PMU belge in Frankreich erzielten Einnahmen aus den betreffenden Wetten ist zu sagen, daß diese, wenn die Wetten, wie die Klägerin vorträgt, ohne die streitige Vereinbarung zwischen den beiden PMUs nicht abgeschlossen worden wären, deshalb noch nicht als Beihilfe im Sinne von Artikel 92 Absatz 1 des Vertrages qualifiziert werden können. Die Öffnung des französischen Marktes für die Entgegennahme von Wetten für Pferderennen, die es dem PMU belge ermöglicht, durch Einschaltung des französischen PMU Zugang zu den französischen Wettern zu haben und seine Einnahmen durch deren Wetteinsätze zu erhöhen, stellt nämlich eine Entscheidung des französischen Gesetzgebers über die Organisation des nationalen Marktes für die Entgegennahme von Wetten für Pferderennen und die Art und Weise dar, in der der französische PMU die ihm durch die nationalen Rechtsvorschriften über die Entgegennahme von Wetten für ausländische Pferderennen verliehenen ausschließlichen Rechte (siehe oben, Randnr. 1) ausübt. Folglich kann diese Entscheidung des französischen Gesetzgebers, die den Abschluß der streitigen Vereinbarung zwischen den beiden PMUs ermöglicht hat, als solche nicht im Hinblick auf Artikel 92 Absatz 1 des Vertrages nur aus dem Grund in Frage gestellt werden, weil die Anwendung der fraglichen Vereinbarung eine Erhöhung der Einnahmen nicht nur des französischen PMU aus den ausländischen Rennen, sondern auch des PMU belge aus den Wetten für in Belgien veranstaltete Pferderennen, die dieser normalerweise selbst unmittelbar entgegennimmt, bewirken kann.

59 Was sodann das Vorbringen der Klägerin angeht, mit dem sie den Umstand beanstandet, daß die beiden Arten von Wetten in Frankreich nicht in gleicher Weise behandelt werden, so ist, selbst wenn sich die Klägerin, die nicht auf dem französischen Markt der Entgegennahme von Wetten für Pferderennen tätig ist, darüber beschweren könnte, daß einem Dritten ein sich aus einer unterschiedlichen steuerrechtlichen Behandlung ergebender Vorteil gewährt werde, der praktisch nur diejenigen beeinträchtigen könnte, die sich auf diesem Markt betätigen dürfen, im vorliegenden Fall also den französischen PMU, dieses Vorbringen der Klägerin ebenfalls nicht geeignet, die Richtigkeit der Beurteilungen der Kommission in Frage zu stellen, wonach die Einnahmen, die der PMU belge in Anwendung der streitigen Vereinbarung letztlich aus der betreffenden Abgabe erziele, prozentual den Einnahmen entsprechen, die er aus dieser Abgabe erzielt hätte, wenn die Wetten für die belgischen Rennen unmittelbar von ihm entgegengenommen worden wären. Denn da die Klägerin in ihrer Beschwerde und im Verfahren vor dem Gericht nichts vorgetragen hat, was die Feststellung erlauben würde, daß der Kommission im Rahmen des von ihr vorgenommenen Vergleichs zwischen dem Prozentsatz der vom PMU belge in Frankreich und in Belgien erzielten Einnahmen bei der Feststellung des Sachverhalts oder der Beurteilung der Angaben zu den Sätzen der verschiedenen Abzuege und Steuern, denen in Belgien und in Frankreich der Wetteinsatz für die in Belgien durchgeführten Pferderennen unterliegt, ein offensichtlicher Fehler unterlaufen ist, vertritt das Gericht die Auffassung, daß die angefochtene Entscheidung, soweit in ihr die Annahme ausgeschlossen wird, daß der PMU belge einen tatsächlichen Vorteil aus der Anwendung der streitigen Vereinbarung ziehe, nicht das Ergebnis einer fehlerhaften Beurteilung ist, die ihre Nichtigerklärung rechtfertigen würde (vgl. Urteile des Gerichtshofes vom 24. Februar 1987 in der Rechtssache 310/85, Deufil/Kommission, Slg. 1987, 901, Randnrn. 12 und 13, vom 14. Februar 1990 in der Rechtssache C-301/87, Frankreich/Kommission, Slg. 1990, I-307, Randnr. 45, vom 21. März 1990 in der Rechtssache C-142/87, Belgien/Kommission, Slg. 1990, I-959, Randnr. 40, und vom 21. März 1991 in der Rechtssache C-303/88, Italien/Kommission, Slg. 1991, I-1433, Randnr. 29).

60 Ausserdem kann nicht angenommen werden, daß die Kommission, als sie bei der Prüfung des Vorhandenseins eines tatsächlichen Vorteils für den PMU belge die vom PMU in Frankreich erzielten Einnahmen mit denen verglichen hat, die er erzielen würde, wenn er selbst die Wetten für die belgischen Rennen entgegennehmen würde, einen Rechtsirrtum im Hinblick auf die Vorschriften des Artikels 92 Absatz 1 des Vertrages begangen hat. Denn nach Artikel 15 Absatz 3 des französischen Finanzgesetzes für das Jahr 1965 (siehe oben, Randnr. 4), der die Entgegennahme von Wetten für im Ausland stattfindende Rennen in Frankreich erlaubt, unterliegen diese Wetten den gesetzlichen Steuern, die in dem Land, in dem diese Rennen durchgeführt werden, gelten. Daher war die Kommission zu Recht der Ansicht, daß das Vorliegen eines etwaigen Vorteils, wie er von Ladbroke in ihrer Beschwerde gerügt wurde, unter Berücksichtigung der Tatsache geprüft werden müsse, daß sich die Behandlung der dem PMU belge in Frankreich zustehenden Abgabe normalerweise nach den gesetzlichen Steuerabzuegen zu richten habe, wonach dem PMU belge ein Anteil an dieser Abgabe zustehe, der dem Anteil entspreche, der ihm in dem Land, in dem die betreffenden Pferderennen stattfinden, also in Belgien, grundsätzlich zukomme.

61 Insoweit kann die Klägerin nicht geltend machen, daß der in Artikel 15 Absatz 3 des französischen Finanzgesetzes für das Jahr 1965 vorgesehene Mechanismus zur Ermittlung des Betrages und der Behandlung der Abgabe auf die Wetteinsätze für ausländische Rennen einen staatlichen Beihilfemechanismus darstelle und daß es zur Verhinderung der Gewährung einer solchen Beihilfe erforderlich sei, daß die Abgabe für die belgischen Rennen in gleicher Weise behandelt werde wie die dem französischen PMU zustehende Abgabe auf den Wetteinsatz für die französischen Rennen.

62 Die Behandlung der Abgabe auf die Wetten für belgische Rennen in Frankreich gemäß Artikel 15 des französischen Finanzgesetzes für das Jahr 1965, die dazu führt, daß dem PMU belge ein Anteil an dieser Abgabe zufließt, der mit dem vergleichbar ist, den er bei Anwendung der belgischen gesetzlichen Steuerabzuege erhalten würde, kann nämlich keinen staatlichen Beihilfemechanismus darstellen, da eine solche Behandlung keine Maßnahme ist, die vom Aufbau des allgemeinen Systems abweicht, sondern im Gegenteil mit diesem allgemeinen System in Einklang steht, das gerade dadurch gekennzeichnet ist, daß die Einsätze für die im Ausland stattfindenden Rennen den gesetzlichen Steuerabzuegen des jeweiligen Landes unterliegen, in dem die betreffenden Pferderennen durchgeführt werden.

63 Daraus ergibt sich, daß der Auffassung der Klägerin ebenfalls nicht gefolgt werden kann, wonach die Behandlung der Einsätze für belgische Rennen in Frankreich, auf der der gerügte Vorteil für den PMU belge beruhe, der Behandlung der Abgabe angeglichen werden müsse, die dem französischen PMU zusteht.

64 Aus alledem folgt, daß die Klägerin nicht nachgewiesen hat, daß die angefochtene Entscheidung fehlerhaft begründet oder rechtswidrig ist, und daß der zweite Klagegrund ebenfalls zurückzuweisen ist.

65 Daher ist die Klage insgesamt als unbegründet abzuweisen, ohne daß über den ergänzenden Antrag der Klägerin, der Kommission die erneute Prüfung ihrer Beschwerde aufzugeben, entschieden zu werden braucht.

Kostenentscheidung:

Kosten

66 Nach Artikel 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

67 Nach Artikel 87 § 3 der Verfahrensordnung kann das Gericht jedoch die Kosten teilen oder beschließen, daß jede Partei ihre eigenen Kosten trägt, wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt oder wenn ein aussergewöhnlicher Grund gegeben ist.

68 Im vorliegenden Fall war die Begründung der angefochtenen Entscheidung nicht geeignet, bei der Klägerin jede Unklarheit bezueglich der Begründetheit der Weigerung der Kommission, einen Vorteil für den PMU belge anzunehmen, und der Zurückweisung ihrer Beschwerde auszuräumen, so daß davon auszugehen ist, daß die Kommission teilweise zur Erhebung der vorliegenden Klage beigetragen hat.

69 Daher sind die Bestimmungen des Artikels 87 § 3 der Verfahrensordnung anzuwenden und jeder Partei ihre eigenen Kosten aufzuerlegen.

70 Nach Artikel 87 § 4 der Verfahrensordnung tragen die Mitgliedstaaten, die dem Rechtsstreit als Streithelfer beigetreten sind, ihre eigenen Kosten. Die Französische Republik trägt daher ihre eigenen Kosten.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DAS GERICHT (Erste erweiterte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1) Die Klage wird abgewiesen.

2) Die Parteien und die Streithelferin tragen ihre eigenen Kosten.

Ende der Entscheidung

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