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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäisches Gericht
Urteil verkündet am 08.07.2004
Aktenzeichen: T-48/00
Rechtsgebiete: Entscheidung 2003/382/EG der Kommission vom 8. Dezember 1999 in einem Verfahren nach Art. 81 EG-Vertrag


Vorschriften:

bleibt dies so stehen?
Entscheidung 2003/382/EG der Kommission vom 8. Dezember 1999 in einem Verfahren nach Art. 81 EG-Vertrag
Entscheidung 2003/382/EG der Kommission vom 8. Dezember 1999 in einem Verfahren nach Art. 81 EG-Vertrag Art. 2
Entscheidung 2003/382/EG der Kommission vom 8. Dezember 1999 in einem Verfahren nach Art. 81 EG-Vertrag Art. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

Urteil des Gerichts erster Instanz (Zweite Kammer) vom 8. Juli 2004. - Corus UK Ltd, vormals British Steel plc gegen Kommission der Europäischen Gemeinschaften. - Wettbewerb - Kartelle - Markt der nahtlosen Stahlrohre - Dauer der Zuwiderhandlung - Geldbußen. - Rechtssache T-48/00.

Parteien:

In der Rechtssache T-48/00

Corus UK Ltd, ehemals British Steel plc, mit Sitz in London (Vereinigtes Königreich), Prozessbevollmächtigte: J. Pheasant und M. Readings, Solicitors, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Klägerin

gegen

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, zunächst vertreten durch M. Erhart und B. Doherty, dann durch M. Erhart und A. Whelan als Bevollmächtigte, Beistand: N. Khan, Barrister, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Beklagte

wegen Nichtigerklärung der Entscheidung 2003/382/EG der Kommission vom 8. Dezember 1999 in einem Verfahren nach Artikel 81 EG-Vertrag (Sache IV/E-1/35.860-B - Nahtlose Stahlrohre) (ABl. 2003, L 140, S. 1), hilfsweise wegen Herabsetzung der gegen die Klägerin festgesetzten Geldbuße,

erlässt

DAS GERICHT ERSTER INSTANZDER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten N. J. Forwood sowie der Richter J. Pirrung und A. W. H. Meij,

Kanzler: J. Plingers, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 19., 20. und 21. März 2003

folgendes

Urteil

Entscheidungsgründe:

Sachverhalt und Verfahren

1. Die vorliegende Rechtssache betrifft die Entscheidung 2003/382/EG der Kommission vom 8. Dezember 1999 in einem Verfahren nach Artikel 81 EG (Sache IV/E1/35.860B - Nahtlose Stahlrohre) (ABl. 2003, L 140, S. 1, im Folgenden: angefochtene Entscheidung).

2. Die Kommission richtete die angefochtene Entscheidung an acht Unternehmen, die unlegierte nahtlose Stahlrohre herstellen (im Folgenden: Adressaten der angefochtenen Entscheidung). Zu diesen Unternehmen gehören vier europäische Unternehmen (im Folgenden: europäische Hersteller oder Gemeinschaftshersteller), nämlich die Mannesmannröhren-Werke AG (im Folgenden: Mannesmann), die Vallourec SA, die Corus UK Ltd (ehemals British Steel plc, dann British Steel Limited, im Folgenden: Corus oder Klägerin) und die Dalmine SpA. Die übrigen vier Adressaten der Entscheidung sind japanische Unternehmen (im Folgenden: japanische Hersteller): die NKK Corp., die Nippon Steel Corp. (im Folgenden: Nippon), die Kawasaki Steel Corp. (im Folgenden: Kawasaki) und die Sumitomo Metal Industries Ltd (im Folgenden: Sumitomo).

Das Verwaltungsverfahren

3. Mit Entscheidung vom 17. November 1994 ermächtigte die Überwachungsbehörde der Europäischen Freihandelszone (EFTA) gemäß Artikel 8 Absatz 3 des Protokolls Nr. 23 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum, genehmigt durch den Beschluss 94/1/EGKS, EG des Rates und der Kommission vom 13. Dezember 1993 über den Abschluss des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten sowie der Republik Österreich, der Republik Finnland, der Republik Island, dem Fürstentum Liechtenstein, dem Königreich Norwegen, dem Königreich Schweden und der Schweizerischen Eidgenossenschaft (ABl. 1994, L 1, S. 1, im Folgenden: EWR-Abkommen oder EWR), ihr für Wettbewerbssachen zuständiges Mitglied, die Kommission um die Durchführung einer Untersuchung auf dem Gebiet der Gemeinschaft zu ersuchen, um festzustellen, ob im Hinblick auf unlegierte nahtlose Stahlrohre, die die norwegische Erdölindustrie als Bohr- und Leitungsrohre einsetzt, möglicherweise wettbewerbswidrige Praktiken vorliegen.

4. Mit einem nicht veröffentlichten Beschluss vom 25. November 1994 (Sache IV/35.304), der als Seite 3 in der Kommissionsakte enthalten ist und auf der doppelten Rechtsgrundlage von Artikel 14 Absatz 3 der Verordnung Nr. 17 des Rates vom 6. Februar 1962, Erste Durchführungsverordnung zu den Artikeln [81 EG] und [82 EG] (ABl. 1962, Nr. 13, S. 204), und der Entscheidung der EFTAÜberwachungsbehörde vom 17. November 1994 erging, entschied die Kommission, eine Untersuchung durchzuführen. Diese Untersuchung sollte sich mit den in der Entscheidung der EFTA-Überwachungsbehörde vom 17. November 1994 genannten Praktiken befassen, soweit diese einen möglichen Verstoß nicht nur gegen Artikel 53 EWR, sondern auch gegen Artikel 81 EG darstellten. Die Kommission richtete ihren Beschluss vom 25. November 1994 an acht Unternehmen, darunter Mannesmann, Corus, Vallourec und eine Gesellschaft des Sumitomo-Konzerns, die Sumitomo Deutschland GmbH. Am 1. und 2. Dezember 1994 nahmen Beamte der Kommission und Vertreter der Wettbewerbsbehörden der jeweiligen Mitgliedstaaten bei diesen Unternehmen aufgrund dieses Beschlusses Nachprüfungen vor.

5. Mit Beschluss vom 6. Dezember 1995 stellte die EFTA-Überwachungsbehörde fest, dass die bei ihr anhängige Sache, da eine erhebliche Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten der Gemeinschaft vorliege, nach Artikel 56 Absatz 1 Buchstabe c EWR in die Zuständigkeit der Kommission falle. Sie überwies die Sache daher gemäß Artikel 10 Absatz 3 des Protokolls Nr. 23 des EWR-Abkommens an die Kommission; diese gab der Sache ab diesem Datum ein neues Aktenzeichen (IV/E-1/35.860).

6. Zwischen September 1996 und Dezember 1997 nahm die Kommission gemäß Artikel 14 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 bei Vallourec, Dalmine und Mannesmann zusätzliche Nachprüfungen vor. Insbesondere führte sie am 17. September 1996 eine Nachprüfung bei Vallourec durch, bei der Herr Verluca, der Vorstandsvorsitzende der Vallourec Oil & Gas, eine auf Seite 6356 der Kommissionsakte wiedergegebene Erklärung (im Folgenden: Erklärung von Herrn Verluca vom 17. September 1996) abgab, auf die sich die Kommission in der angefochtenen Entscheidung gestützt hat. Anschließend richtete die Kommission an alle Adressaten der angefochtenen Entscheidung und einige weitere Unternehmen Auskunftsersuchen nach Artikel 11 der Verordnung Nr. 17.

7. Da Dalmine und die argentinischen Unternehmen Siderca SAIC (im Folgenden: Siderca) und Techint Group einige der angeforderten Auskünfte verweigerten, richtete die Kommission am 6. Oktober 1997 an sie eine Entscheidung nach Artikel 11 Absatz 5 der Verordnung Nr. 17 (C[1997] 3036, IV/35.860, Stahlrohre, nicht veröffentlicht). Siderca und Dalmine erhoben gegen diese Entscheidung Nichtigkeitsklage beim Gericht erster Instanz. Die von Dalmine erhobene Nichtigkeitsklage wurde mit Beschluss vom 24. Juni 1998 (Rechtssache T-596/97, Dalmine/Kommission, Slg. 1998, II-2383) als offensichtlich unzulässig abgewiesen, während die Nichtigkeitsklage von Siderca nach ihrer Rücknahme durch dieses Unternehmen mit Beschluss vom 7. Juni 1998 (Rechtssache T8/98, Siderca/Kommission, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht) aus dem Register des Gerichts gestrichen wurde.

8. Auch Mannesmann verweigerte verschiedene von der Kommission verlangte Auskünfte. Trotz einer gegen sie ergangenen Entscheidung der Kommission vom 15. Mai 1998 (C[1998] 1204, IV/35.860, Stahlrohre, nicht veröffentlicht) gemäß Artikel 11 Absatz 5 der Verordnung Nr. 17 blieb Mannesmann bei ihrer Weigerung und erhob ebenfalls gegen diese Entscheidung Klage beim Gericht. Mit Urteil vom 20. Februar 2001 (Rechtssache T-112/98, Mannesmannröhren-Werke/Kommission, Slg. 2001, II-729) erklärte das Gericht die Entscheidung für teilweise nichtig und wies die Klage im Übrigen ab.

9. Im Januar 1999 erließ die Kommission zwei Mitteilungen von Beschwerdepunkten, von denen die eine geschweißte, die andere nahtlose unlegierte Stahlrohre betraf. Sie teilte somit das Verfahren, wobei die Sache IV/E1/35.860A unlegierte geschweißte Stahlrohre, die Sache IV/E1/35.860B unlegierte nahtlose Stahlrohre betrifft.

10. In der nahtlose Stahlrohre betreffenden Sache sandte die Kommission ihre Mitteilung der Beschwerdepunkte an die acht Unternehmen, an die die angefochtene Entscheidung gerichtet ist, sowie an Siderca und das mexikanische Unternehmen Tubos de Acero de México SA. Diese Unternehmen erhielten in der Zeit vom 11. Februar bis 20. April 1999 Einsicht in die Akten, die die Kommission in dieser Sache zusammengestellt hatte. Außerdem übersandte die Kommission mit Schreiben vom 11. Mai 1999 Kopien der Nachprüfungsbeschlüsse vom November 1994 an die Unternehmen, an die diese Beschlüsse nicht gerichtet worden waren und die sie daher noch nicht kannten.

11. Nach Einreichung ihrer schriftlichen Stellungnahmen wurden die Adressaten der beiden Mitteilungen der Beschwerdepunkte von der Kommission in der Sache der unlegierten geschweißten Stahlrohre am 9. Juni 1999 und in der die unlegierten nahtlosen Stahlrohre betreffenden Sache am 10. Juni 1999 angehört. Im Juli 1999 teilte die Kommission den Adressaten der Mitteilung der Beschwerdepunkte in der unlegierte geschweißte Stahlrohre betreffenden Sache IV/E1/35.860A mit, dass sie dieses Verfahren eingestellt habe. Die Sache IV/E1/35.860B wurde hingegen weiter betrieben.

12. Am 8. Dezember 1999 erließ die Kommission sodann die angefochtene Entscheidung.

Die betroffenen Produkte

13. Die Produkte, um die es in der Sache IV/E1/35.860B geht, sind unlegierte nahtlose Stahlrohre, die in der Erdöl- und Gasindustrie verwendet werden und zu denen zwei große Produktgruppen gehören.

14. Die erste Produktgruppe sind die Ölfeldrohre, die gemeinhin als Oil Country Tubular Goods oder OCTG bezeichnet werden. Diese Rohre werden entweder ohne Gewinde (so genannte Glattendrohre) oder als Gewinderohre verkauft. Das Gewindeschneiden dient dazu, die OCTG-Rohre miteinander verbinden zu können. Das Gewinde kann entweder in einer vom American Petroleum Institute (API) normierten Standardausführung (nach dieser Norm hergestellte Gewinderohre werden im Folgenden als OCTG-Standardrohre bezeichnet) oder in Spezialausführungen nach in der Regel patentgeschützten Techniken geschnitten werden. Im letzteren Fall spricht man von erstklassigen oder Premiumgewinden oder gegebenenfalls erstklassigen oder Premiumverbindungen (Gewinderohre in einer solchen Ausführung werden im Folgenden als OCTGPremiumrohre bezeichnet).

15. Die zweite Produktgruppe besteht aus den Leitungsrohren für Öl und Gas (line pipe) aus unlegiertem nahtlosem Stahl, bei denen unterschieden wird zwischen Rohren in einer Standardausführung und den für bestimmte Projekte maßgefertigten Rohren (im Folgenden: projektbezogene Leitungsrohre).

Die von der Kommission in der angefochtenen Entscheidung festgestellten Zuwiderhandlungen

16. In der angefochtenen Entscheidung geht die Kommission erstens davon aus, dass die acht Adressaten dieser Entscheidung eine Übereinkunft getroffen hätten, die neben anderen Punkten den gegenseitigen Schutz ihrer Heimatmärkte zum Gegenstand gehabt habe (Randnrn. 62 bis 67 der angefochtenen Entscheidung). Nach dieser Übereinkunft habe jedes Unternehmen davon Abstand genommen, OCTGStandardrohre und projektbezogene Leitungsrohre auf dem Heimatmarkt eines anderen an der Übereinkunft beteiligten Unternehmens zu verkaufen. Diese Übereinkunft sei im Rahmen von Sitzungen, die von Herstellern der Gemeinschaft und von Herstellern aus Japan abgehalten worden seien, geschlossen worden, wobei diese Zusammenkünfte unter der Bezeichnung EuropäischJapanischer Club bekannt gewesen seien. Der Grundsatz des Schutzes der Heimatmärkte sei mit dem Ausdruck Grundregeln (fundamentals) bezeichnet worden. Hilfsweise weist die Kommission in der angefochtenen Entscheidung darauf hin, dass die Grundregeln tatsächlich respektiert worden seien und die Übereinkunft folglich wettbewerbswidrige Auswirkungen auf den Gemeinsamen Markt gehabt habe (Randnr. 68 der angefochtenen Entscheidung).

17. Die Kommission sah in dieser Übereinkunft einen Verstoß gegen den Verbotstatbestand des Artikels 81 Absatz 1 EG (Randnr. 109 der angefochtenen Entscheidung). Sie stellte daher in Artikel 1 der angefochtenen Entscheidung einen Verstoß gegen diese Bestimmung fest und verhängte gegen die acht Adressaten der angefochtenen Entscheidung Geldbußen.

18. Hinsichtlich der Dauer der Zuwiderhandlung ging die Kommission davon aus, dass zwar der EuropäischJapanische Club bereits seit 1977 Sitzungen veranstaltet habe (Randnr. 55 der angefochtenen Entscheidung), dass aber für die Festsetzung der Geldbußen als Beginn der Zuwiderhandlung das Jahr 1990 anzusetzen sei, weil zwischen 1977 und 1990 zwischen der Europäischen Gemeinschaft und Japan Abkommen über eine Selbstbeschränkung bei den Ausfuhren (im Folgenden: Selbstbeschränkungsabkommen) bestanden hätten (Randnr. 108 der angefochtenen Entscheidung). Nach Auffassung der Kommission endete die Zuwiderhandlung im Jahr 1995 (Randnrn. 96 und 97 der angefochtenen Entscheidung).

19. Im Rahmen der Bemessung der gegen die acht Adressaten der angefochtenen Entscheidung verhängten Geldbußen stufte die Kommission die Zuwiderhandlung als äußerst schweren Verstoß ein, weil die fragliche Vereinbarung über den Schutz der Heimatmärkte das reibungslose Funktionieren des Binnenmarktes beeinträchtigt habe (Randnrn. 161 und 162 der angefochtenen Entscheidung). Sie wies allerdings darauf hin, dass die Adressaten der Entscheidung in den vier betroffenen Mitgliedstaaten jährlich unlegierte nahtlose Stahlrohre nur in Höhe von etwa 73 Millionen Euro abgesetzt hätten. Aufgrund dessen bezifferte die Kommission das Bußgeld nach Maßgabe der Schwere des Verstoßes für jedes der acht Unternehmen auf 10 Millionen Euro. Da es sich durchweg um Großunternehmen handelte, hielt die Kommission eine Abstufung der Geldbußen nach der Unternehmensgröße nicht für notwendig (Randnrn. 162, 163 und 165 der angefochtenen Entscheidung).

20. Da die Kommission von einem Verstoß von mittlerer Dauer ausging, wandte sie zur Bemessung des Grundbetrags der gegen jedes der beteiligten Unternehmen zu verhängenden Geldbuße einen Aufschlag von 10 % für jedes Jahr der Beteiligung an der Zuwiderhandlung auf den nach Maßgabe der Schwere des Verstoßes festgesetzten Betrag an (Randnr. 166 der angefochtenen Entscheidung). Da sich aber die Stahlrohrproduktion in einer langjährigen Krisensituation befunden und sich die Branchensituation seit 1991 noch weiter verschlechtert hatte, minderte die Kommission den Grundbetrag wiederum um 10 % wegen mildernder Umstände (Randnrn. 168 und 169 der angefochtenen Entscheidung). Schließlich setzte die Kommission gemäß Abschnitt D Nummer 2 ihrer Mitteilung 96/C 207/04 über die Nichtfestsetzung oder die niedrigere Festsetzung von Geldbußen in Kartellsachen (ABl. 1996, C 207, S. 4, im Folgenden: Mitteilung über die Zusammenarbeit) die gegen Vallourec zu verhängende Geldbuße um 40 % und die gegen Dalmine zu verhängende Geldbuße um 20 % niedriger fest, um der Kooperation dieser beiden Unternehmen im Verwaltungsverfahren mit der Kommission Rechnung zu tragen (Randnrn. 170 bis 173 der angefochtenen Entscheidung).

21. Die Höhe der gegen die betroffenen Unternehmen jeweils verhängten Geldbußen, die sich aus der in den beiden vorstehenden Randnummern dargelegten Berechnung ergibt, ist in Artikel 4 der angefochtenen Entscheidung aufgeführt (siehe unten, Randnr. 33).

22. Zweitens stellte die Kommission in Artikel 2 der angefochtenen Entscheidung fest, dass auch die Verträge zwischen den Gemeinschaftsherstellern über den Verkauf von Glattendrohren auf dem britischen Markt eine rechtswidrige Handlung darstellten (Randnr. 116 der angefochtenen Entscheidung). Sie verhängte jedoch wegen dieses Verstoßes keine zusätzliche Geldbuße, weil die Verträge nur ein Mittel zur Durchführung des im Rahmen des Europäisch-Japanischen Clubs vereinbarten Prinzips des Heimatmarktschutzes gewesen seien (Randnr. 164 der angefochtenen Entscheidung).

Der von der Kommission in der angefochtenen Entscheidung festgestellte wesentliche Sachverhalt

23. In der angefochtenen Entscheidung wird festgestellt, dass der Europäisch-Japanische Club von 1977 bis 1994 in der Regel zweimal jährlich zusammengekommen sei (Randnr. 60 der angefochtenen Entscheidung). Nach der Erklärung von Herrn Verluca vom 17. September 1996 hätten solche Sitzungen am 14. April 1992 in Florenz, am 23. Oktober 1992 in Tokio, am 19. Mai 1993 in Paris, am 5. November 1993 in Tokio und am 16. März 1994 in Cannes stattgefunden. Nach dem Vermerk Einige Informationen zum Europäisch-Japanischen Club von Vallourec vom 4. November 1991 (S. 4350 der Kommissionsakte) und dem Vermerk vom 24. Juli 1990 mit dem Titel Sitzung vom 24. Juli 1990 mit British Steel (S. 15586 der Kommissionsakte, im Folgenden: Sitzungsvermerk vom 24. Juli 1990) seien auch in den Jahren 1989 und 1991 weitere Sitzungen des Europäisch-Japanischen Clubs abgehalten worden.

24. Die im Rahmen des Europäisch-Japanischen Clubs getroffene Übereinkunft habe auf drei Säulen geruht, nämlich erstens den (oben in Randnr. 16 erwähnten) Grundregeln des Heimatmarktschutzes, die den Verstoß nach Artikel 1 der angefochtenen Entscheidung bildeten, zweitens der Festlegung der Preise für die Ausschreibungen und der Mindestpreise auf den so genannten Sondermärkten (special markets) und drittens der Aufteilung der restlichen Weltmärkte, außer Kanada und den Vereinigten Staaten von Amerika, mittels Verteilerschlüsseln (sharing keys) (Randnr. 61 der angefochtenen Entscheidung). Die Kommission führte für das Vorliegen der Grundregeln ein Bündel von schriftlichen Indizien, die in den Randnummern 62 bis 67 der angefochtenen Entscheidung wiedergegeben sind, sowie die Tabelle in deren Randnummer 68 an. Dieser Tabelle sei zu entnehmen, dass der Anteil des jeweiligen heimischen Herstellers an den Lieferungen von OCTG- und Leitungsrohren, die die Adressaten der angefochtenen Entscheidung in Japan und auf den Heimatmärkten der vier Gemeinschaftshersteller erbracht hätten, sehr hoch gewesen sei. Hieraus sei zu schließen, dass die heimischen Märkte von den Parteien der Übereinkunft insgesamt durchaus respektiert worden seien. Die Beweise für die anderen beiden Säulen der Übereinkunft legte die Kommission in den Randnummern 70 bis 77 der angefochtenen Entscheidung dar.

25. Als Corus im Jahr 1990 ihre Produktion von Glattendrohren habe einstellen wollen, hätten sich die Gemeinschaftshersteller die Frage gestellt, wie der in den vorgenannten Grundregeln festgelegte Heimatmarktschutz für den Markt des Vereinigten Königreichs beibehalten werden könne. Daraufhin hätten Vallourec und Corus ein Konzept von verbesserten Grundregeln (fundamentals improved) vorgeschlagen, deren Zweck es gewesen sei, die Zugangsbeschränkungen der japanischen Hersteller für den britischen Markt trotz des Rückzugs von Corus aufrechtzuerhalten. Im Juli 1990 hätten sich Vallourec und Corus anlässlich der Verlängerung des Lizenzvertrags für die VAM Gewindeschneidetechnik schließlich in diesem Sinne dahin geeinigt, dass die künftige Versorgung von Corus mit Glattendrohren den Unternehmen Vallourec, Mannesmann und Dalmine vorbehalten bleiben solle (Randnr. 78 der angefochtenen Entscheidung).

26. Im April 1991 habe Corus ihr Werk in Clydesdale (Vereinigtes Königreich) geschlossen, in dem sie zuvor ungefähr 90 % ihrer Glattendrohre hergestellt habe. Anschließend habe Corus Verträge über die Lieferung von Glattendrohren für ursprünglich fünf Jahre - mit stillschweigender Verlängerung bis zur Kündigung unter Einhaltung einer Frist von zwölf Monaten - mit Vallourec (am 24. Juli 1991), Dalmine (am 4. Dezember 1991) und Mannesmann (am 9. August 1993) geschlossen (im Folgenden: Lieferverträge). Diese drei Verträge, die in der Kommissionsakte auf den Seiten 12867, 12910 und 12948 enthalten sind, weisen den begünstigten Unternehmen jeweils eine Lieferquote von 40 %, 30 % und 30 % des Bedarfs von Corus an diesen Rohren zu; davon ausgenommen sind Rohre mit kleinem Durchmesser (Randnrn. 79 bis 82 der angefochtenen Entscheidung).

27. Im Jahr 1993 hätten drei Faktoren zu einer Revision der Grundsätze geführt, nach denen der EuropäischJapanische Club funktioniert habe. Erstens habe sich damals eine Umstrukturierung der europäischen Stahlindustrie vollzogen. So habe im Vereinigten Königreich Corus ihre letzten Produktionsbereiche, nämlich die von nahtlosen Gewinderohren, aufgeben wollen. In Belgien sei zum 31. Dezember 1993 das Unternehmen New Tubemeuse (im Folgenden: NTM), dessen geschäftlicher Schwerpunkt der Export nach dem Mittleren und Fernen Osten gewesen sei, liquidiert worden. Zweitens habe der Zugang der lateinamerikanischen Hersteller zum Gemeinschaftsmarkt den Fortbestand der im Rahmen des EuropäischJapanischen Clubs vereinbarten Verteilerschlüssel bedroht. Drittens und letztens sei auf dem Weltmarkt bei Rohren zur Erdöl- und Gasprospektierung und förderung trotz bleibender starker regionaler Unterschiede die Nachfrage nach geschweißten Rohren stark gestiegen (Randnrn. 83 und 84 der angefochtenen Entscheidung).

28. Vor diesem Hintergrund hätten sich die Mitglieder des Europäisch-Japanischen Clubs am 5. November 1993 in Tokio getroffen, um zu versuchen, eine neue Marktaufteilungsvereinbarung mit den lateinamerikanischen Herstellern zu treffen. Der Inhalt der getroffenen Übereinkunft lasse sich einem Dokument entnehmen, das insbesondere einen Verteilerschlüssel (Sharing key) enthalte und der Kommission am 12. November 1997 von einem nicht am Verfahren beteiligten Informanten übergeben worden sei (S. 7320 der Kommissionsakte). Nach Aussage des Informanten stamme das Dokument von einem Handelsvertreter eines der Teilnehmer an dieser Sitzung. Was die Folgen der Umstellung der europäischen Stahlindustrie angehe, so habe die Schließung von NTM den Gemeinschaftsherstellern Zugeständnisse der japanischen und südamerikanischen Hersteller gebracht, die vom Rückzug von NTM aus den Exportmärkten am meisten profitiert hätten (Randnrn. 85 bis 89 der angefochtenen Entscheidung).

29. Corus habe sich ihrerseits entschieden, ihre letzte noch verbliebene Erzeugung von nahtlosen Rohren einzustellen. Am 22. Februar 1994 habe Vallourec die Kontrolle über die Gewindeschneide- und Rohrproduktionsanlagen von Corus übernommen und zu diesem Zweck das Unternehmen Tubular Industries Scotland gegründet (im Folgenden: TISL); dieses Unternehmen habe zum 31. März 1994 die Lieferverträge für Glattendrohre übernommen, die Corus mit Dalmine und Mannesmann geschlossen habe. Am 24. April 1997 sei der mit Mannesmann geschlossene Vertrag noch in Kraft gewesen. Am 30. März 1999 habe Dalmine den Liefervertrag mit Tubular Industries Scotland beendet (Randnrn. 90 bis 92 der angefochtenen Entscheidung).

30. Die Kommission meint, die Gemeinschaftshersteller hätten mit diesen Verträgen die Lieferquoten für Glattendrohre für den britischen Markt, auf den mehr als die Hälfte des Gemeinschaftsverbrauchs an OCTGRohren entfalle, untereinander aufgeteilt; die Verträge seien daher eine nach Artikel 81 Absatz 1 EG verbotene Übereinkunft (vgl. oben, Randnr. 22).

Der Tenor der angefochtenen Entscheidung

31. Nach Artikel 1 Absatz 1 der angefochtenen Entscheidung haben die acht Adressaten der angefochtenen Entscheidung gegen die Bestimmungen des Artikels 81 Absatz 1 EGVertrag aufgrund der Beteiligung an einer Übereinkunft, die unter anderem den Schutz der Heimatmärkte für nahtlose [OCTGStandardrohre] und [projektbezogene Leitungsrohre] vorsah,... verstoßen.

32. Gemäß Artikel 1 Absatz 2 der angefochtenen Entscheidung erstreckte sich die Zuwiderhandlung im Fall von Mannesmann, Vallourec, Dalmine, Sumitomo, Nippon, der Kawasaki Steel Corp. und der NKK Corp. auf den Zeitraum 1990 bis 1995 und im Fall von Corus auf den Zeitraum von 1990 bis Februar 1994.

33. Die weiteren einschlägigen Bestimmungen des Tenors der angefochtenen Entscheidung lauten:

Artikel 2

(1) [Mannesmann], [Vallourec], [Corus] und [Dalmine] haben gegen Artikel 81 Absatz 1 EG Vertrag verstoßen, indem sie im Rahmen der in Artikel 1 erwähnten Zuwiderhandlung Verträge abgeschlossen haben, die zu einer Aufteilung der Glattendrohrlieferungen an [Corus] (ab 1994 [Vallourec]) geführt haben.

(2) Im Falle von [Corus] dauerte die Zuwiderhandlung vom 24. Juli 1991 bis Februar 1994, im Falle von [Vallourec] vom 24. Juli 1991 bis 30. März 1999, im Falle von [Dalmine] vom 4. Dezember 1991 bis 30. März 1999 und im Falle von [Mannesmann] vom 9. August 1993 bis 24. April 1997.

...

Artikel 4

Gegen die in Artikel 1 genannten Unternehmen werden wegen der dort bezeichneten Zuwiderhandlung folgende Geldbußen verhängt:

1. [Mannesmann] 13 500 000 EUR

2. [Vallourec] 8 100 000 EUR

3. [Corus] 12 600 000 EUR

4. [Dalmine] 10 800 000 EUR

5. [Sumitomo] 13 500 000 EUR

6. [Nippon] 13 500 000 EUR

7. [Kawasaki Steel Corp.] 13 500 000 EUR

8. [NKK Corp.] 13 500 000 EUR

...

Verfahren vor dem Gericht

34. Mit sieben Klageschriften, die zwischen dem 28. Februar und 3. April 2000 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen sind, haben Mannesmann, Corus, Dalmine, die NKK Corp., Nippon, Kawasaki und Sumitomo gegen die angefochtene Entscheidung Klagen erhoben.

35. Mit Beschluss vom 18. Juni 2002 sind die sieben Rechtssachen gemäß Artikel 50 der Verfahrensordnung des Gerichts nach Anhörung der Parteien zu gemeinsamem mündlichem Verfahren verbunden worden. Nach der Verbindung konnten die Klägerinnen in den sieben Rechtssachen sämtliche Akten des vorliegenden Verfahrens bei der Kanzlei des Gerichts einsehen. Es wurden ferner prozessleitende Maßnahmen erlassen.

36. Das Gericht (Zweite Kammer) hat auf Bericht des Berichterstatters beschlossen, die mündliche Verhandlung zu eröffnen. Die Parteien haben in der Sitzung vom 19., 20. und 21. März 2003 mündlich verhandelt und Fragen des Gerichts beantwortet.

Anträge der Parteien

37. Die Klägerin beantragt,

- Artikel 2 der angefochtenen Entscheidung für nichtig zu erklären;

- Artikel 1 der angefochtenen Entscheidung für nichtig zu erklären;

- die Geldbuße, die gegen die Klägerin wegen der in Artikel 1 der angefochtenen Entscheidung festgestellten Zuwiderhandlung verhängt worden ist, für nichtig zu erklären;

- hilfsweise, die Geldbuße, die gegen die Klägerin wegen der in Artikel 1 der angefochtenen Entscheidung festgestellten Zuwiderhandlung verhängt worden ist, herabzusetzen;

- die Kommission zu verurteilen, der Klägerin den Betrag der Geldbuße, hilfsweise den Betrag, um den die Geldbuße herabgesetzt worden ist, zuzüglich Zinsen auf den gesamten oder gegebenenfalls auf den Betrag, um den die Geldbuße herabgesetzt worden ist, vom Zeitpunkt der von Corus geleisteten Zahlung an bis zum Tag der Erstattung durch die Kommission zurückzuzahlen;

- der Kommission die Kosten und Auslagen der Klägerin in diesem Verfahren aufzuerlegen;

- alle erforderlichen Maßnahmen zur Durchsetzung des Urteils anzuordnen.

38. Die Kommission beantragt,

- die Klage abzuweisen;

- der Klägerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

Zu dem Antrag auf Nichtigerklärung des Artikels 2 der angefochtenen Entscheidung

Zu dem Klagegrund, dass die in Artikel 2 der angefochtenen Entscheidung festgestellte Zuwiderhandlung nicht vorgelegen habe

Vorbringen der Parteien

39. Corus bestreitet, dass die Lieferverträge über Glattendrohre mit Vallourec, Mannesmann und Dalmine eine Zuwiderhandlung dargestellt hätten. Sie seien nämlich aufgrund rechtmäßiger geschäftlicher Erwägungen geschlossen und getrennt und unabhängig ausgehandelt worden. Die Kommission habe die Teilnahme der Klägerin an einer Abstimmung nicht nachweisen können.

40. Die Klägerin macht geltend, sie habe das Unternehmen Imperial, das die OCTG-Gewinderohre fertiggestellt habe, bis März 1994 behalten, um es als eigenständiges Unternehmen zu verkaufen. Nach Schließung ihrer Fabrik in Clydesdale habe die Klägerin im April 1991 keine internen Bezugsquellen für nahtlose Glattendrohre mehr gehabt, die für die Aufrechterhaltung des Betriebes von Imperial erforderlich gewesen seien. Um den Wert dieses Unternehmens zu erhalten und es für etwaige Erwerber so attraktiv wie möglich zu machen, sei es für Corus daher wichtig gewesen, mit dritten Unternehmen Verträge abzuschließen und so die zuverlässige Belieferung mit hochwertigen Glattendrohren sicherzustellen, um langfristig die Nachfrage der auf dem britischen Festlandsockel tätigen Erdölunternehmen nach OCTG-Gewinderohren befriedigen zu können. Die Qualität der Produkte sei wegen der Risiken, die mit dem Einsatz des Endprodukts insbesondere aufgrund der klimatischen und geologischen Bedingungen auf dem britischen Festlandsockel in der Nordsee verbunden seien, ein entscheidender Punkt gewesen.

41. Um dies zu belegen, hat Corus einen 1992 mit dem Erdölunternehmen Conoco geschlossenen Vertrag sowie das dazugehörige Lastenheft vorgelegt. Daraus ergibt sich nach Ansicht der Klägerin, dass sie verpflichtet gewesen sei, die Vorgaben von Conoco namentlich hinsichtlich der Qualität der für die Herstellung ihrer OCTG-Gewinderohre verwendeten Glattendrohre zu erfuellen. Das Verfahren zur Kontrolle der Produkte habe sogar eine unabhängige Kontrolle der Stahlwerke umfasst, die Glattendrohre für Corus hergestellt hätten.

42. Die drei Verträge, die Corus mit Vallourec, Dalmine und Mannesmann jeweils für einen Zeitraum von ursprünglich fünf Jahren mit der Möglichkeit der stillschweigenden Verlängerung geschlossen habe und die angeblich die in Artikel 2 der angefochtenen Entscheidung genannte Zuwiderhandlung darstellten, könnten keine einheitliche Vereinbarung sein, da sie zu unterschiedlichen Zeitpunkten unterzeichnet worden seien, nämlich am 24. Juli 1991, am 4. Dezember 1991 und am 9. August 1993.

43. Corus habe es für sachgerecht gehalten, ihren Bedarf an Glattendrohren bei drei verschiedenen Lieferanten zu decken. Bei einer größeren Zahl von Lieferanten hätte sie den Präferenzen ihrer Kunden nicht entsprechen können. Diese beschränkten die Zahl der Lieferanten, die an der Herstellung der von ihnen bestellten Rohre beteiligt seien, gewöhnlich deshalb gerne, weil die von ihnen durchgeführten Qualitätskontrollen wegen der herausragenden Bedeutung der Sicherheit der Produkte in ihrem Tätigkeitsfeld sehr kostspielig seien. Corus dagegen habe mehrere Lieferanten gebraucht, um sich gegen negative finanzielle Folgen bei eventuellen Streiks oder Unfällen im Walzwerk abzusichern und den Schwankungen bei der Nachfrage nach OCTG-Rohren Rechnung zu tragen.

44. Außerdem würden die OCTG-Rohre im Rahmen langfristiger Lieferverträge grundsätzlich maßgefertigt. Fünfjährige Lieferverträge mit der Möglichkeit der stillschweigenden Verlängerung seien folglich im vorliegenden Fall nichts Ungewöhnliches. Jede Bestellung von Rohren enthalte nämlich genaue Angaben zur Qualität und zu den Abmessungen dieser Rohre, so dass Verkäufe unmittelbar vom Lager praktisch ausgeschlossen seien. Zudem legten die Unternehmen im Erdölbereich Wert darauf, dass die bestellten Rohre insbesondere wegen der hohen Betriebskosten einer Bohrinsel genau in der Frist, in der sie benötigt würden, verfügbar seien.

45. Angesichts der vorstehend genannten Qualitätserfordernisse sei der Hinweis der Kommission in Randnummer 152 der angefochtenen Entscheidung auf die strukturelle Überkapazität im Stahlrohrsektor zur Zeit des Abschlusses der Lieferverträge und insbesondere auf die Möglichkeit der Einfuhr solcher Rohre aus Ungarn, Polen, der Tschechoslowakei und aus Kroatien nicht erheblich, da die Qualität der Rohre aus diesen Ländern nicht zufrieden stellend gewesen sei und die politischen Verhältnisse in diesen Staaten außerdem zu dieser Zeit wenig stabil gewesen seien. Was andere mögliche Lieferquellen betreffe, so hätten die lateinamerikanischen Erzeugnisse dieselben Qualitätsprobleme wie die aus Osteuropa gehabt, während Nordamerika nicht in Betracht gekommen sei, weil die Erzeuger dort kein Interesse an der Ausfuhr ihrer Erzeugnisse gezeigt hätten. Bei den japanischen Erzeugnissen hätten die Transportkosten und die Lieferfristen angesichts der verhältnismäßig niedrigen Preise für OCTG-Rohre in Europa Einfuhren verhindert. Geschäftlich gesehen sei daher die Wahl von drei Lieferanten aus der Gemeinschaft sachgerecht gewesen.

46. Corus bestreitet die Behauptung der Kommission in Randnummer 152 der angefochtenen Entscheidung, die Lieferfristen hätten für die Klägerin keine große Bedeutung gehabt, weil die Lieferverträge eine Lieferfrist von fünf bis sechs Wochen vorgesehen hätten und im Fall von Lieferverzug als Sanktion lediglich die Einrechnung der nicht gelieferten Menge in das dem Lieferanten zugesicherte jährliche Auftragsvolumen vorgesehen hätten.

47. Wegen der Instabilität der Nachfrage bei OCTG-Rohren auf dem Festlandsockel des Vereinigten Königreichs sei der einzig praktikable Weg zur Deckung ihres Gesamtbedarfs gewesen, die von den drei Lieferanten zu liefernden Glattendrohrmengen in prozentualen Anteilen und nicht in festen Mengen festzulegen. Nur bei diesem System sei es nämlich möglich gewesen, der Sättigung oder dem Mangel auf dem Markt, für den die Glattendrohre bestimmt gewesen seien, Rechnung zu tragen.

48. Im Übrigen habe die Vereinbarung einer Formel, mit der die von ihr gezahlten Rohrpreise an die Preise der von ihr verkauften OCTG-Rohre gekoppelt worden seien, es möglich gemacht, den durch diese Instabilität der Nachfrage bedingten erheblichen Preisschwankungen Rechnung zu tragen. Geschäftlich gesehen wäre es insoweit überaus schwierig gewesen, mit den Lieferanten einen festen Preis zu vereinbaren, der so niedrig gewesen wäre, dass die Klägerin die nachgelagerten Verkäufe ihrer OCTG-Rohre unterhalb der Rentabilitätsschwelle mit Sicherheit hätte ausschließen können. Die Informationen über die von ihr verkauften Rohrmengen und über die von ihren Kunden gezahlten Preise seien nicht an ihre Lieferanten weitergegeben worden, obwohl sie in der besagten Formel berücksichtigt worden seien. Lediglich die sich daraus ergebenden Preise der Glattendrohre seien an die Lieferanten weitergegeben worden, die im Übrigen das Recht gehabt hätten, die richtige Anwendung der Formel durch einen unabhängigen Wirtschaftsprüfer kontrollieren zu lassen.

49. Das Argument der Kommission, dass der einzelne Liefervertrag für sich allein keinen Sinn ergebe, weil die Verträge jedem Lieferanten einen prozentualen Anteil des Lieferbedarfs von Corus zuteilten, sei unerheblich. Damit sei keineswegs dargetan, dass die Lieferverträge aus einer Abstimmung zwischen den vier europäischen Herstellern herrührten, gegen die mit der angefochtenen Entscheidung vorgegangen worden sei. Corus habe vielmehr jeden dieser Verträge auf der Grundlage der von ihr eigenständig festgelegten Strategie einer Gesamtversorgung beschlossen.

50. Corus macht geltend, ihre Erläuterung der den betreffenden Lieferverträgen zugrunde liegenden geschäftlichen Erwägungen biete eine andere Erklärung für ihr Verhalten, so dass die Kommission die Abstimmung zwischen den vier betroffenen Unternehmen anders als durch diese Verträge beweisen müsse (Schlussanträge des Generalanwalts M. Darmon zum Urteil des Gerichtshofes vom 31. März 1993 in den Rechtssachen C-89/85, C-104/85, C-114/85, C-116/85, C-117/85 und C-125/85 bis C-129/85, Ahlström Osakeyhtiö u. a./Kommission, Zellstoff II, Slg. 1993, I1307, I1445, Nr. 195). Eine Parallelität der Verhaltensweisen könne erst dann als Beweis für eine Abstimmung betrachtet werden, wenn die Abstimmung die einzig einleuchtende Erklärung dafür darstelle (Urteil Zellstoff II, Randnr. 71).

51. Jedenfalls habe die Kommission mit ihren Ausführungen in der Klagebeantwortung, wonach die in den vorstehenden Randnummern untersuchten Klauseln der Lieferverträge Wettbewerbsbeschränkungen enthielten, nicht dargetan, dass die besondere in Artikel 2 der angefochtenen Entscheidung genannte Zuwiderhandlung begangen worden sei. Selbst wenn diese Klauseln tatsächlich wettbewerbsbeschränkend wären, könnte dies für sich allein jedenfalls kein Beweis dafür sein, dass die vier europäischen Hersteller sich mit dem Ziel abgestimmt hätten, die japanischen Hersteller vom britischen Markt auszuschließen.

52. Außerdem sprächen die von der Kommission insbesondere in den Randnummern 91 und 147 der angefochtenen Entscheidung zum Beweis ihrer Behauptungen herangezogenen Schriftstücke nicht für eine Absprache zwischen Corus und anderen europäischen Rohrherstellern. Die Kommission selbst sei sich nicht sicher gewesen, ob sie sich in ihrer Klagebeantwortung voll auf diese Beweise stützen solle. Die Analyse der Beweisstücke durch die Kommission sei nicht schlüssig, da sie insbesondere nicht erkläre, inwiefern und aus welchen Gründen die zweiseitige Absprache zwischen Corus und Vallourec, die angeblich durch die Vermerke aus dem Jahr 1990 belegt sei, in eine mehrseitige Vereinbarung zwischen den vier europäischen Herstellern umgewandelt worden sei. Die Kommission müsse eine abgestimmte Verhaltensweise zwischen den europäischen Herstellern, auf deren Grundlage diese die Lieferverträge über Glattendrohre geschlossen hätten, nachweisen, wenn sie die Nichtigerklärung des Artikels 2 der angefochtenen Entscheidung vermeiden wolle.

53. Da Dalmine vorgeworfen werde, an der in Artikel 2 der angefochtenen Entscheidung angeführten Zuwiderhandlung von Dezember 1991 an beteiligt gewesen zu sein, seien die Dokumente aus dem Jahr 1993 ohne Bedeutung für die angebliche Umwandlung der Grundregeln in die verbesserten Grundregeln. Außerdem sei die Kommission in der Mitteilung der Beschwerdepunkte davon ausgegangen, dass die Vermerke von 1990 eine Übereinkunft zwischen den vier europäischen Herstellern belegten, während sie in der angefochtenen Entscheidung diese Auffassung nicht mehr vertreten habe.

54. Corus prüft sodann einige der in den Randnummern 78 bis 81 der angefochtenen Entscheidung untersuchten und dann in Randnummer 147 herangezogenen Vermerke, nämlich den vom 23. März 1990 Überlegungen zur Verlängerung des VAM-Vertrages (S. 15622 der Kommissionsakte, im Folgenden: Vermerk Überlegungen zum VAM-Vertrag), den vom 2. Mai 1990 Strategische Überlegungen zu den Beziehungen der VLR (S. 15610 der Kommissionsakte, im Folgenden: Vermerk Strategische Überlegungen) und den Sitzungsvermerk vom 24. Juli 1990. Zu dem auf Seite 15596 der Kommissionsakte wiedergegebenen undatierten Vermerk Unterredung mit BSC, der in Randnummer 62 der angefochtenen Entscheidung und in Nummer 56 der Mitteilung der Beschwerdepunkte genannt worden ist, nimmt Corus nicht ausdrücklich Stellung. Sie verweist darauf, dass die Vermerke Überlegungen zum VAM-Vertrag und Strategische Überlegungen von Angestellten von Vallourec verfasst worden seien und nur die persönliche Meinung ihrer Verfasser zum Ausdruck brächten. Sie seien daher kein Beweis für eine Übereinkunft zwischen Vallourec und Corus. Die Kommission habe zu Unrecht darauf abgestellt, dass diese beiden Vermerke neben anderen Optionen eine Lösung vorschlügen, die der angeblichen Übereinkunft entspreche, von der sie in Artikel 2 der angefochtenen Entscheidung ausgegangen sei. Der Verfasser des Vermerks Überlegungen zum VAM-Vertrag habe diese Lösung ausdrücklich mit der Begründung verworfen, dass sie kaum durchführbar sei, und habe eine andere Lösung vorgeschlagen, aufgrund deren Corus ihre Lieferquellen für Glattendrohre habe frei wählen können.

55. Was den Sitzungsvermerk vom 24. Juli 1990 angehe, so seien die Angestellten von Corus, die an dieser Sitzung teilgenommen hätten, seit August 1997 im Ruhestand, so dass die Klägerin dieses Schriftstück nur begrenzt beurteilen könne. Aus dem Vermerk ergebe sich nicht klar, welche Aufzeichnungen den Inhalt der Sitzung und welche die persönliche Meinung des Verfassers des Protokolls wiedergäben. Auch lasse sich aus dem Vermerk nicht der Schluss ziehen, dass Corus und Vallourec sich über eine bestimmte Vorgehensweise abgestimmt hätten. Soweit er von der Kommission als Beweis für eine Übereinkunft zwischen den vier europäischen Herstellern herangezogen worden sei, sei zu beachten, dass keine Beweise für weitere Erörterungen vorlägen, an denen Dalmine und Mannesmann teilgenommen hätten.

56. Zu dem Fernschreiben BS Kooperationsvertrag (BS cooperation agreement, ein Schreiben vom 21. Januar 1993 und ein ihm beigefügter vertraulicher Vermerk von 13 Seiten) von Corus an Vallourec vom 22. Januar 1993, dass auf Seite 4626 der Kommissionsakte aufgeführt und in Randnummer 91 der angefochtenen Entscheidung untersucht worden ist, trägt die Klägerin vor, dass es kein Beleg für eine Abstimmung sei. Es sei Teil der Verhandlungen, die Corus mit Vallourec, Dalmine und Mannesmann geführt habe, um die Möglichkeit eines koordinierten Rationalisierungsplans zu prüfen, und beweise in keiner Weise eine rechtswidrige Abstimmung. Insbesondere habe dieses Fernschreiben vor irgendwelchen Abschlüssen die Konsultation der nationalen Aufsichtsbehörden vorgesehen.

57. Im Übrigen ergebe sich aus dem Fernschreiben BS Kooperationsvertrag, dass Corus ihre Präsenz auf dem Markt für nahtlose Rohre auf eine marginale Rolle habe beschränken wollen, so dass das Dokument entgegen der Behauptung der Kommission kein Beweis für ein rechtswidriges Verhalten der Klägerin sein könne. Corus habe nämlich an den betreffenden Lieferverträgen kein geschäftliches Interesse mehr gehabt, nachdem sie im März 1994 das Unternehmen Imperial an Vallourec verkauft habe.

58. Zu dem Schriftstück System für nahtlose Stahlrohre in Europa und Marktentwicklung (Seamless Steel tube System in Europe and Market Evolution), das auf Seite 2051 der Kommissionsakte aufgeführt und in Randnummer 91 der angefochtenen Entscheidung untersucht worden ist (im Folgenden: Stahlrohrsystem), vertritt Corus die Ansicht, dass es sich um ein internes Schriftstück von Dalmine handele, das eine Teilnahme von Corus an Gesprächen, die eine rechtswidrige Abstimmung darstellten, nicht belege.

59. Die Kommission macht zunächst geltend, dass die Randnummer 71 des oben in Randnummer 50 angeführten Urteils Zellstoff II, auf das Corus sich berufe, nur die Fälle betreffe, in denen die Kommission sich zum Beweis einer abgestimmten Verhaltensweise ausschließlich auf den Nachweis eines Parallelverhaltens stütze. Im vorliegenden Fall brächten die Bedingungen der Lieferverträge selbst eindeutig die Absicht der Parteien zum Ausdruck, sicherzustellen, das Corus ein inländischer Hersteller im Sinne der Grundregeln bleibe. Dies werde durch eine Kette schriftlicher Beweise bestätigt.

60. Im Übrigen werde die Behauptung, dass die drei Lieferverträge über Glattendrohre getrennt und unabhängig ausgehandelt worden seien, dadurch widerlegt, dass jeder Vertrag dem einzelnen Lieferanten einen festen prozentualen Anteil an den Rohren zuweise, die Corus kaufe.

61. Die Behauptung von Corus, sie habe Lieferverträge nur mit Gemeinschaftsherstellern schließen können, sei wenig glaubhaft. Ebenso werde ihr Vorbringen zur Bedeutung der Lieferfristen durch die Bedingungen ihrer eigenen Verträge widerlegt. Die Behauptungen zur Bedeutung der Qualität würden dadurch widerlegt, dass die Klägerin selbst vorgeschlagen habe, Glattendrohre bei Drittlandherstellern zu kaufen, wie sich aus der angefochtenen Entscheidung ergebe (Randnr. 78).

62. Nach Randnummer 152 der angefochtenen Entscheidung hätten auch innerhalb der Gemeinschaft strukturelle Überkapazitäten bestanden, so dass das Vorbringen von Corus zur unzureichenden Qualität der von den osteuropäischen Herstellern angebotenen Rohre unerheblich sei.

63. Jedenfalls gingen die Argumente, mit denen Corus beweisen wolle, dass es sachgerecht gewesen sei, mit den drei Gemeinschaftsherstellern zu verhandeln, ins Leere, da die rechtswidrige Abstimmung gerade in dem Einverständnis von Corus und diesen Herstellern bestehe, die Tätigkeiten der Klägerin als ein gemeinsames Gut zu behandeln, das mit Hilfe der Lieferverträge unter ihnen aufgeteilt werden solle.

64. Selbst wenn Corus nachweisen könnte, dass es ihr geschäftliche Vorteile gebracht habe, dass sie jedem der drei Lieferanten einen prozentualen Anteil an den Glattendrohrlieferungen zugeteilt habe, bliebe die entsprechende Klausel in den einzelnen Verträgen dennoch eine Wettbewerbsbeschränkung, wie dies in Randnummer 153 der angefochtenen Entscheidung dargelegt worden sei.

65. Jedenfalls sei es nicht richtig, dass die prozentuale Aufteilung der Lieferungen an Corus für die Klägerin der einzige Weg gewesen sei, ihren schwankenden Gesamtbedarf an Glattendrohren sicher zu decken. Mit mehreren Rahmenvereinbarungen, die Einheitspreise mit Lieferanten festgelegt hätten, hätte das gleiche geschäftliche Ziel erreicht werden können.

66. Zu der Klausel in den Lieferverträgen, die den Preis für Glattendrohre an den Preis koppelt, den Corus für den Verkauf der Gewinderohre erzielt, trägt die Kommission vor, dass jeder Hersteller, der ein Produkt kaufe, um es nach Fertigstellung weiterzuverkaufen, das Risiko eines Preisverfalls auf dem Markt dieser fertiggestellten Produkte trage. Corus habe nicht erläutert, warum im vorliegenden Fall dieses Risiko hätte ausgeschaltet werden müssen. Ebenso habe sie nicht erklärt, warum die Lieferanten der Glattendrohre eine Aufteilung dieses Geschäftsrisikos hätten akzeptieren sollen.

67. Was die in Randnummer 153 der angefochtenen Entscheidung beschriebene Tatsache betreffe, dass die Preisfestsetzungsformel für Glattendrohre einen Austausch von Geschäftsinformationen beinhaltet habe, die nach der Rechtsprechung hätten vertraulich bleiben müssen (Urteile des Gerichts vom 11. März 1999 in der Rechtssache T-141/94, Thyssen Stahl/Kommission, Slg. 1999, II347, Randnr. 403, und in der Rechtssache T-151/94, British Steel/Kommission, Slg. 1999, II629), so sei das Vorbringen von Corus zur Verteidigung der Verwendung dieser Formel nicht überzeugend. Zu dem von Corus erzielten Absatz bei Gewinderohren bemerkt die Kommission, dass die Lieferanten den entsprechenden Gesamtabsatz von Corus leicht hätten errechnen können, da jeder von ihnen einen festen prozentualen Anteil des Bedarfes des Unternehmens geliefert habe.

68. Die in den Randnummern 78 bis 81 der angefochtenen Entscheidung angeführten Beweise aus den Jahren 1990 und 1993 seien von der Kommission nicht als Beweis für eine feste Vereinbarung angeführt worden, sondern um die Gründe für den Abschluss der Lieferverträge aufzuzeigen, auf die sich die Kommission zum Nachweis der in Artikel 2 der angefochtenen Entscheidung festgestellten Zuwiderhandlung unmittelbar gestützt habe.

69. Zu dem Vorbringen der Klägerin, in der angefochtenen Entscheidung sei nicht klar dargelegt, wie die Übereinkunft zwischen Corus und Vallourec später in eine Übereinkunft zwischen vier Parteien umgewandelt worden sei, trägt die Kommission vor, dass diese zweite Übereinkunft im Rahmen der in Artikel 1 der angefochtenen Entscheidung festgestellten umfassenderen Übereinkunft über die Einhaltung der Grundregeln ausgearbeitet worden sei, an der die betreffenden vier europäischen Hersteller seit 1990 beteiligt gewesen seien. Corus und Vallourec hätten folglich 1990 die in Artikel 2 der angefochtenen Entscheidung festgestellte Vereinbarung geschlossen und von Anfang an vorgesehen, Dalmine und Mannesmann daran zu beteiligen. Dalmine und Mannesmann müssten dieser zweiten Übereinkunft vor dem Abschluss der Lieferverträge beigetreten sein, doch habe die Kommission in Ermangelung von Beweisen für den genauen Zeitpunkt dieses Beitritts im Fall dieser Unternehmen erst die Unterzeichnung dieser Verträge als Beginn der Zuwiderhandlung genommen. Daher sei klar, dass jedenfalls Corus und zumindest Vallourec an der Übereinkunft von 1990 an beteiligt gewesen seien. Die vier Parteien des Übereinkommens hätten sich im Übrigen 1993 getroffen und seien von diesem Zeitpunkt an alle der Übereinkunft beigetreten gewesen.

70. Zu dem Argument, dass die geltend gemachten Wettbewerbsbeschränkungen in den Bestimmungen der Lieferverträge nicht die Beschränkungen seien, die die in Artikel 2 der angefochtenen Entscheidung festgestellte Zuwiderhandlung bildeten, weist die Kommission darauf hin, dass diese Beschränkungen nur den schriftlichen Teil der Übereinkunft darstellten, während der andere Teil nicht in einem Schriftstück festgehalten sei.

Würdigung durch das Gericht

71. Zunächst ist das Vorbringen von Corus zurückzuweisen, sie habe für die geschäftlichen Erwägungen, die den in Artikel 2 der angefochtenen Entscheidung genannten Lieferverträgen zugrunde lägen, eine Erklärung gegeben, die den von der Kommission festgestellten Sachverhalt in einem anderen Licht erscheinen lasse und daher eine andere plausible Erklärung der Tatsachen ermögliche, in denen die Kommission eine Zuwiderhandlung gegen die gemeinschaftlichen Wettbewerbsregeln gesehen habe (in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofes vom 28. März 1984 in den Rechtssachen 29/83 und 30/83, CRAM und Rheinzink/Kommission, Slg. 1984, 1679, Randnr. 16; Urteil Zellstoff II, zitiert oben in Randnr. 50, Randnrn. 126 und 127; Urteil des Gerichts vom 20. April 1999 in den Rechtssachen T-305/94 bis T-307/94, T-313/94 bis T-316/94, T-318/94, T-325/94, T-328/94, T-329/94 und T-335/94 Limburgse Vinyl Maatschaapij u. a./Kommission, PVC II, Slg. 1999, II931, Randnr. 725). Das Argument, die Kommission müsse im vorliegenden Fall die Übereinkunft zwischen den in Artikel 2 der angefochtenen Entscheidung genannten Unternehmen anders als durch die Lieferverträge beweisen, liegt neben der Sache.

72. Die von Corus hierfür angeführte Rechtsprechung bezieht sich auf eine Fallkonstellation, in der sich die Kommission für ihre Feststellung, dass eine Zuwiderhandlung vorliegt, ausschließlich auf das Marktverhalten der Unternehmen stützt (in diesem Sinne Urteil PVC II, zitiert oben in Randnr. 71, Randnrn. 727 f.). Insbesondere greift der in Randnummer 71 des Urteils Zellstoff II genannte Beweisgrundsatz (oben Randnr. 50) nur in dem Fall, wenn die Kommission sich ausschließlich auf ein Parallelverhalten stützt, um eine abgestimmte Verhaltensweise nachzuweisen. Dies ist hier nicht der Fall, da die Zuwiderhandlung aus den Bedingungen der Lieferverträge selbst hergeleitet worden ist, die einen Verstoß gegen die Wettbewerbsregeln der Gemeinschaft darstellen (Randnrn. 110 ff. der angefochtenen Entscheidung), und da die Kommission im Übrigen zur Untermauerung hierfür ein Bündel zusätzlicher schriftlicher Beweise herangezogen hat (vgl. Randnrn. 78 ff. der angefochtenen Entscheidung).

73. Selbst wenn der Klägerin der Nachweis gelungen wäre, dass der Abschluss der drei Lieferverträge mit Vallourec, Dalmine und Mannesmann objektiv ihren Geschäftsinteressen gedient habe, würde dies nicht die Feststellung der Kommission entkräften, dass diese Verträge rechtswidrig sind. Wettbewerbswidrige Praktiken sind nämlich sehr oft im - zumindest kurzfristigen - geschäftlichen Interesse von Unternehmen.

74. Zweck und Wirkung der Lieferverträge beschreibt die Kommission in Randnummer 111 der angefochtenen Entscheidung wie folgt:

Gegenstand dieser Verträge war die Versorgung des Marktführers für OCTG im Nordseeraum mit Glattendrohren, um im Vereinigten Königreich einen heimischen Hersteller zu bewahren und so die Einhaltung der im Rahmen des Europäisch-Japanischen Clubs vereinbarten fundamentals erreichen zu können. Diese Verträge bewirkten, dass sich [Mannesmann], Vallourec und Dalmine die Deckung des Glattendrohrbedarfs ihres Konkurrenten [Corus] (Vallourec von 1994 an) teilten. Des Weiteren erfolgte eine Anbindung der Glattendrohrpreise an die [Corus-]Verkaufspreise für Gewinderohre. Die Verträge schränkten auch die Lieferfreiheit von [Corus] (Vallourec ab Februar 1994) ein, da [Corus] sich verpflichten musste, seine Konkurrenten über Verkaufspreise und Absatzmengen zu informieren. [Mannesmann], Vallourec (bis Februar 1994) und Dalmine verpflichteten sich ihrerseits zur Belieferung eines Konkurrenten ([Corus] bzw. ab März 1994 Vallourec), ohne im Voraus den genauen Bedarf zu kennen.

75. Die Bedingungen der dem Gericht vorgelegten Lieferverträge bestätigen im Wesentlichen die tatsächlichen Feststellungen in der Randnummer 111 und in den Randnummern 78 bis 82 und 153 der angefochtenen Entscheidung. Sie sehen insbesondere die Aufteilung des Bedarfes von Corus an Glattendrohren auf die drei anderen europäischen Hersteller vor (40 % für Vallourec, 30 % für Dalmine und 30 % für Mannesmann) sowie die Festsetzung des von Corus für die Glattendrohre gezahlten Preises aufgrund einer Rechenformel, in die der Preis einging, den sie für Gewinderohre erzielte.

76. Aufgrund dessen genügt die Feststellung, dass Zweck und Wirkung der Lieferverträge waren, den mit Risiken verbundenen Wettbewerb zumindest zwischen den vier europäischen Herstellern durch die ausgehandelte Aufteilung des Gewinns aus dem Verkauf von Gewinderohren zu ersetzen, der auf dem britischen Markt erzielt werden konnte (analog zu den abgestimmten Verhaltensweisen Urteil des Gerichts vom 15. März 2000 in den Rechtssachen T-25/95, T-26/95, T-30/95 bis T-32/95, T-34/95 bis T-39/95, T-42/95 bis T-46/95, T-48/95, T-50/95 bis T-65/95, T-68/95 bis T-71/95, T-87/95, T-88/95, T-103/95 und T-104/95, Cimenteries CBR u. a./Kommission, Zement, Slg. 2000, II491, Randnr. 3150).

77. Corus band durch jeden dieser Lieferverträge ihre Konkurrenten in der Weise, dass jeder tatsächliche Wettbewerb unter ihnen auf dem inländischen Markt und auch die Perspektive eines solchen Wettbewerbs verschwand.

78. Corus hat nämlich ihre Stellung auf dem inländischen Markt zum Preis der Aufgabe ihrer Einkaufsfreiheit verstärkt, da drei ihrer möglichen Wettbewerber auf dem britischen Markt für Gewinderohre sich in der Weise an sie gebunden hatten, dass sie weniger Glattendrohre verkauften, wenn Corus weniger Gewinderohre verkaufte. Außerdem verringerte sich die Gewinnspanne bei den Verkäufen von Glattendrohren, zu denen die drei Lieferanten sich verpflichtet hatten, ebenfalls, wenn Corus für Gewinderohre niedrigere Preise erzielte. Unter diesen Umständen war es praktisch unvorstellbar, dass die drei Hersteller anstreben könnten, Corus auf dem britischen Markt für Gewinderohre einen wirksamen Wettbewerb, besonders hinsichtlich der Preise, zu liefern (vgl. Randnr. 153 der angefochtenen Entscheidung).

79. Umgekehrt sicherten sich die Wettbewerber von Corus in der Gemeinschaft durch den Abschluss dieser Verträge eine mittelbare Beteiligung am heimischen Markt der Klägerin sowie einen Anteil der sich daraus ergebenden Gewinne. Wegen dieser Vorteile verzichteten sie faktisch auf die Möglichkeit, Gewinderohre auf dem britischen Markt zu verkaufen und - vor allem nach der Unterzeichnung des dritten Vertrages am 9. August 1993 über die Zuteilung der verbleibenden 30 % an Mannesmann - Corus einen höheren Anteil an Glattendrohren zu liefern als ihnen im Voraus jeweils zugeteilt worden war. Darüber hinaus akzeptierten sie die für sie teuere - und damit geschäftlich anormale - Verpflichtung, ihrem Wettbewerber Corus Rohre in Mengen zu liefern, die im Voraus nur durch die Bindung an den von der Klägerin erzielten Gewinderohrabsatz festgelegt waren.

80. Ohne die Lieferverträge hätten die drei anderen europäischen Hersteller neben Corus in der Gemeinschaft normalerweise, lässt man die Grundregeln außer Betracht, ein wirkliches oder zumindest potenzielles wirtschaftliches Interesse daran gehabt, auf dem britischen Gewinderohrmarkt mit der Klägerin in Wettbewerb zu treten oder bei ihrer Belieferung mit Glattendrohren miteinander zu konkurrieren.

81. Außerdem ist jeder der Lieferverträge für ursprünglich fünf Jahre geschlossen worden, was verhältnismäßig lange ist und den wettbewerbswidrigen Charakter dieser Verträge bestätigt und verstärkt.

82. Darüber hinaus setzte die Preisfestsetzungsformel für Glattendrohre gemäß den drei Lieferverträgen, wie die Kommission ausgeführt hat, einen unzulässigen Austausch von Geschäftsinformationen voraus (vgl. Randnr. 153 und auch Randnr. 111 der angefochtenen Entscheidung), die vertraulich bleiben mussten, um die Selbständigkeit der Geschäftspolitik der konkurrierenden Unternehmen nicht zu gefährden (vgl. in diesem Sinne Urteile Thyssen Stahl/Kommission, zitiert oben in Randnr. 67, Randnr. 403, und British Steel/Kommission, zitiert oben in Randnr. 67, Randnrn. 383 ff.).

83. Corus kann sich unter diesen Umständen durch die Behauptung, die Informationen über die von ihr verkauften Rohrmengen und die von ihren Kunden gezahlten Preise ihren Lieferanten nicht mitgeteilt zu haben, nicht entlasten.

84. Die von Corus verkauften Gewinderohrmengen konnten die Lieferanten leicht errechnen, da jeder von ihnen grundsätzlich einen festen prozentualen Anteil des Bedarfes von Corus lieferte.

85. Zwar teilte Corus die Preise an sich, die sie für ihre Gewinderohre erzielte, ihren Vertragspartnern nicht mit. Daher übertreibt die Kommission in Randnummer 111 der angefochtenen Entscheidung mit ihrer Behauptung, dass das Unternehmen nach den Lieferverträgen sich verpflichten musste, seine Konkurrenten über Verkaufspreise... zu informieren, den Umfang der entsprechenden vertraglichen Verpflichtungen. Jedoch hat die Kommission in Randnummer 153 der angefochtenen Entscheidung und auch vor dem Gericht zu Recht darauf hingewiesen, dass die Preise der Gewinderohre in einem bestimmten mathematischen Verhältnis zu den für die Glattendrohre gezahlten Preisen standen, so dass die drei betroffenen Lieferanten genaue Angaben über die Richtung, den Zeitpunkt und den Umfang jeder Preisfluktuation bei den von Corus verkauften Gewinderohren erhielten.

86. Die Mitteilung dieser Informationen an Wettbewerber verstößt nicht nur gegen Artikel 81 Absatz 1 EG, sondern darüber hinaus ist auch die Art des Verstoßes die gleiche, ob die Preise für Gewinderohre nun selbst oder nur Informationen über deren Schwankungen mitgeteilt werden. Unter diesen Umständen ist die in der vorangegangenen Randnummer festgestellte Ungenauigkeit in dem umfassenderen Kontext der Zuwiderhandlung nach Artikel 2 der angefochtenen Entscheidung ohne Bedeutung und wirkt sich daher nicht auf die Feststellung dieser Zuwiderhandlung aus.

87. Was das allgemeinere Vorbringen von Corus betrifft, die in den vorangegangenen Randnummern festgestellten Wettbewerbsbeschränkungen seien nicht die, die die von der Kommission in Artikel 2 der angefochtenen Entscheidung angeführte besondere Zuwiderhandlung bildeten, so ist festzustellen, dass diese Beschränkungen in den Begründungserwägungen der angefochtenen Entscheidung, in denen diese Zuwiderhandlung beschrieben wird, insbesondere in der oben in Randnummer 74 ausführlich zitierten Randnummer 111, klar dargestellt sind. Wenn es in Artikel 2 Absatz 1 der angefochtenen Entscheidung heißt, dass die Lieferverträge im Rahmen der in Artikel 1 erwähnten Zuwiderhandlung geschlossen worden sind, folgt daraus eindeutig, dass der Abschluss dieser wettbewerbswidrigen Verträge an sich die Zuwiderhandlung nach Artikel 2 darstellt.

88. Die Richtigkeit dieser Auslegung wird dadurch bestätigt, dass die Kommission in Artikel 2 Absatz 2 der angefochtenen Entscheidung die Dauer der dem einzelnen europäischen Hersteller zur Last gelegten Zuwiderhandlung danach bestimmt, wie lange der oder die Verträge, an denen der betreffende Hersteller beteiligt war, in Kraft waren.

89. Diese Feststellungen genügen, um auch das Argument von Corus zu entkräften, die Kommission habe nicht dargetan, dass die europäischen Hersteller sich zu viert in der in der angefochtenen Entscheidung beschriebenen Weise abgestimmt hätten. Was auch immer der wirkliche Grad der Abstimmung zwischen den vier europäischen Herstellern gewesen sein mag, festzustellen ist, dass jeder von ihnen einen der Lieferverträge, die die ihnen zur Last gelegte Zuwiderhandlung darstellen, unterzeichnet hat - mit Ausnahme von Corus, die drei Verträge unterzeichnet hat - und dass die Verträge den Wettbewerb einschränken und im Rahmen der Zuwiderhandlung gegen Artikel 81 Absatz 1 EG gemäß Artikel 2 der angefochtenen Entscheidung geschlossen worden sind.

90. Unter diesen Umständen hat sich die Kommission nur der Vollständigkeit halber auf ein Bündel von Indizien, die sich nicht aus den Lieferverträgen ergeben, gestützt, um die Zuwiderhandlung nach Artikel 2 der angefochtenen Entscheidung darzutun. Im vorliegenden Fall braucht daher bei der Behandlung dieses Klagegrundes nicht auf alle Argumente eingegangen zu werden, die die Klägerin hierzu vorgetragen hat.

91. Jedoch sind im Rahmen des vorliegenden Klagegrundes und in dem Maße, in dem der Grad der Abstimmung zwischen den vier Gemeinschaftsherstellern bei der in Artikel 2 der angefochtenen Entscheidung genannten Zuwiderhandlung für die Prüfung einiger anderer Rügen von Bedeutung ist, bestimmte Dokumente des vorliegenden Falles für die Beurteilung des Arguments von Corus zu prüfen, dass die betreffenden drei Lieferverträge zu verschiedenen Zeitpunkten geschlossen worden seien, so dass die Kommission daraus nicht eine einzige Zuwiderhandlung herleiten könne, an der die vier europäischen Hersteller beteiligt gewesen seien.

92. In diesem Zusammenhang ist das Schriftstück Überlegungen zum VAM-Vertrag vom 23. März 1990 besonders aufschlussreich. Unter dem Titel Szenario II untersucht Herr Verluca dort die Möglichkeit, dass die Japaner dazu gebracht werden können, dass sie sich vom britischen Markt fernhalten und den Europäern gestatten, das Problem unter sich zu regeln. Er fährt dort fort: In diesem Fall würden sich [Mannesmann], [Vallourec] und Dalmine die Glattendrohrlieferungen teilen. Im folgenden Satz weist er darauf hin, dass es [d]ann... wahrscheinlich günstig [wäre], die [Vallourec]-Lieferungen an den Preis und die Menge der von [Corus] verkauften VAM zu koppeln. Da dieser letzte Vorschlag genau die wesentlichen Bedingungen des 16 Monate später zwischen Vallourec und Corus geschlossenen Vertrages widerspiegelt, ist es eindeutig, dass diese Strategie von Vallourec tatsächlich beschlossen und der Vertrag zur Durchführung der Strategie unterzeichnet worden ist.

93. Ebenso ist das Argument von Corus zurückzuweisen, dass die Verstärkung der Grundregeln, soweit sie die Respektierung der europäischen Heimatmärkte durch die japanischen Hersteller betroffen hätten, nicht der Lösung entsprochen habe, der Herr Verluca von den drei Lösungen, die in den Vermerken Strategische Überlegungen und Überlegungen zum VAM-Vertrag ins Auge gefasst worden seien, im Ergebnis den Vorzug gegeben habe. Dem Wortlaut der beiden Vermerke ist nämlich klar zu entnehmen, dass ihr Verfasser sich für diese Lösung aussprach und sie nur widerstrebend mit der Begründung verwarf, sie sei nicht zu verwirklichen. So bestand insbesondere nach dem Vermerk Strategische Überlegungen die günstigste Lösung für [Vallourec] darin, dass die Europäer von den Japanern [erreichten], dass sie das UK bei Buttress und Premium respektieren. Herr Verluca verwarf diese Lösung in dem Vermerk nur deshalb, weil er leider nicht [glaube], dass diese Lösung funktionieren könne. Da diese Lösung von 1991 an praktiziert wurde, ist der vorübergehende Verzicht auf diesen Plan in diesen Vermerken ohne Bedeutung.

94. Da der praktisch gleiche Vertrag daraufhin zwischen Corus auf der einen Seite und zunächst Vallourec, dann Dalmine und schließlich Mannesmann auf der anderen Seite geschlossen wurde, so dass die Deckung des Bedarfes von Corus an Glattendrohren tatsächlich von 1993 an unter diesen drei Unternehmen entsprechend dem Plan von Herrn Verluca aufgeteilt war, bestätigt dies, dass diese drei Verträge geschlossen worden sein mussten, um eine gemeinsame europäische Strategie zu verfolgen. Wie die Kommission festgestellt hat, hatte Vallourec zunächst diese Strategie entworfen und in der ersten Zeit einen Liefervertrag mit Corus geschlossen. Dann schlossen sich ihnen Dalmine und Mannesmann an, was durch den Abschluss eines Liefervertrags zwischen diesen beiden Unternehmen und Corus belegt wird.

95. Nach alledem ist festzustellen, dass die Kommission in der angefochtenen Entscheidung zu Recht davon ausgegangen ist, dass die Lieferverträge die den Betroffenen in Artikel 2 der angefochtenen Entscheidung zur Last gelegte Zuwiderhandlung darstellen und das Vorliegen dieser Zuwiderhandlung auch rechtlich hinreichend beweisen. Rein vorsorglich ist ebenfalls festzustellen, dass die von der Kommission herangezogenen zusätzlichen Beweise die Richtigkeit ihrer Auffassung bestätigen, wonach diese Verträge im Rahmen einer umfassenderen gemeinsamen Politik geschlossen wurden.

96. Somit ist der vorliegende Klagegrund zurückzuweisen.

Zum Klagegrund einer Verletzung der Verteidigungsrechte aufgrund der Abweichungen zwischen der Mitteilung der Beschwerdepunkte und der angefochtenen Entscheidung bei der Würdigung der Beweise für die in Artikel 2 der angefochtenen Entscheidung festgestellte Zuwiderhandlung

Vorbringen der Parteien

97. Nach Auffassung von Corus weicht die Beurteilung der in den Randnummern 78 bis 81 der angefochtenen Entscheidung genannten Vermerke von 1990 in der Mitteilung der Beschwerdepunkte von der Würdigung in der angefochtenen Entscheidung ab, da die Kommission in Randnummer 147 der Entscheidung nicht mehr davon ausgehe, dass diese Beweise eine Vereinbarung über Glattendrohre zwischen den vier europäischen Herstellern belegten.

98. Im Übrigen habe die Kommission die Schriftstücke von 1993 (Fernschreiben Kooperationsvertrag BS von Corus an Vallourec und das Dokument Stahlrohrsystem), die in Randnummer 91 der angefochtenen Entscheidung genannt würden, erstmals in der angefochtenen Entscheidung zum Beweis einer rechtswidrigen Übereinkunft aufgrund der Lieferverträge aufgeführt. Da Corus somit keine Gelegenheit gehabt habe, im Verwaltungsverfahren zu der Würdigung Stellung zu nehmen, die in der angefochtenen Entscheidung zugrunde gelegt worden sei, seien ihre Verteidigungsrechte verletzt worden.

99. Die Kommission hält dem entgegen, die endgültige Entscheidung müsse nicht notwendig in allen Punkten mit der Mitteilung der Beschwerdepunkte übereinstimmen. Die Mitteilung der Beschwerdepunkte und die angefochtene Entscheidung enthielten beide die Schlussfolgerung, dass Corus zusammen mit zumindest einem Unternehmen seit 1990 und mit ihren drei europäischen Lieferanten seit 1993 an einer Vereinbarung beteiligt gewesen sei, die die ihr in Artikel 2 der angefochtenen Entscheidung zur Last gelegte Zuwiderhandlung darstelle. Selbst wenn aber die Mitteilung der Beschwerdepunkte und die angefochtene Entscheidung voneinander abwichen, hätte sich dies auf die Verteidigungsrechte von Corus nicht ausgewirkt. Eine solche Abweichung würde nämlich die Nichtigerklärung der Entscheidung nur rechtfertigen, wenn eine Möglichkeit bestuende, dass das Verwaltungsverfahren ohne diesen Verfahrensfehler zu einem anderen Ergebnis geführt hätte (Urteil des Gerichtshofes vom 10. Juli 1980 in der Rechtssache 30/78, Distillers/Kommission, Slg. 1980, 2229, Randnr. 26). Zum Nachweis einer Verletzung der Verteidigungsrechte müsse Corus somit dartun, dass die angefochtene Entscheidung möglicherweise anders ausgefallen wäre, wenn das Unternehmen Gelegenheit gehabt hätte, das Vorliegen einer Vereinbarung zu bestreiten, an dem statt nur einem drei andere Unternehmen beteiligt gewesen seien. Da Corus überhaupt das Vorliegen einer Vereinbarung bestreite, hätte an dieser Haltung auch die Zahl von Unternehmen, die an der betreffenden Zuwiderhandlung beteiligt gewesen seien, nichts geändert, so dass die Klägerin in der Lage gewesen sei, sich angemessen zu verteidigen.

Würdigung durch das Gericht

100. Die Verteidigungsrechte wegen Abweichungen zwischen der Mitteilung der Beschwerdepunkte und der endgültigen Entscheidung sind nur dann verletzt, wenn ein Vorwurf in der Entscheidung in der Mitteilung der Beschwerdepunkte unzulänglich dargestellt worden ist, so dass der Betroffene sich nicht hat verteidigen können (vgl. in diesem Sinne Zement-Urteil, zitiert oben in Randnr. 76, Randnrn. 852 bis 860).

101. Die Würdigung in der Mitteilung der Beschwerdepunkte ist oft knapper als die in der endgültig erlassenen Entscheidung, da sie nur eine vorläufige Stellungnahme der Kommission darstellt. Unterschiede in der Formulierung zwischen der Mitteilung der Beschwerdepunkte und der endgültigen Entscheidung aufgrund des unterschiedlichen Zweckes dieser beiden Dokumente können daher die Verteidigungsrechte grundsätzlich nicht verletzen. So ist es im vorliegenden Fall nur natürlich, dass die Mitteilung der Beschwerdepunkte keine Entsprechung zu Randnummer 147 der angefochtenen Entscheidung enthält, in der die Kommission ausdrücklich ihre Schlüsse aus den in den Randnummern 78 bis 81 und 91 der Entscheidung untersuchten Beweisen zieht. Ein solcher Abschnitt mit Schlussfolgerungen hätte zum Zeitpunkt der Mitteilung der Beschwerdepunkte im Gegenteil als verfrüht angesehen werden können.

102. Die Kommission hat in Randnummer 78 der angefochtenen Entscheidung festgestellt, dass Vallourec und [Corus]... den Begriff der fundamentals improved (nachgebesserte Fundamentals) eingeführt [haben], während sie in Nummer 63 der Mitteilung der Beschwerdepunkte erklärt hatte, das die Europäer dies getan hatten. Somit hält sie in der angefochtenen Entscheidung nicht mehr die Behauptung aufrecht, dass die Vermerke von Vallourec eine Übereinkunft zwischen sämtlichen vier europäischen Herstellern über die auf dem britischen Markt vertriebenen Glattendrohre schon von 1990 an belegten.

103. Mit dieser veränderten Beurteilung hat die Kommission in der angefochtenen Entscheidung nur die Tatsachen festgehalten, für die sie ihrer Meinung nach insbesondere nach den Antworten der Adressaten der Mitteilung der Beschwerdepunkte über angemessene Beweise verfügte. Da die genannten Vermerke nur Vallourec und Corus betrafen, entschied sich die Kommission dafür, die Randnummer 78 der angefochtenen Entscheidung vorsichtiger zu formulieren als die entsprechende Nummer 63 der Mitteilung der Beschwerdepunkte.

104. Jedenfalls bringt dieser Unterschied in der Abfassung des Textes, der den Interessen der Adressaten der Mitteilung der Beschwerdepunkte keineswegs zuwiderläuft, zum Ausdruck, dass die Kommission den Vermerken von Vallourec als belastenden Beweisen für das Vorliegen der in Artikel 2 festgestellten Zuwiderhandlung in der angefochtenen Entscheidung einen begrenzteren Beweiswert zuerkennt als in der Mitteilung der Beschwerdepunkte. Daher kann von einer Verletzung der Verteidigungsrechte aufgrund dieses Unterschieds keine Rede sein.

105. Zu den Argumenten bezüglich der Fernkopie Kooperationsabkommen BS von Corus an Vallourec und des Dokuments Stahlrohrsysteme genügt die Feststellung, dass Nummer 118 der Mitteilung der Beschwerdepunkte genau gleich wie Randnummer 91 der angefochtenen Entscheidung formuliert ist und somit auf diese beiden Beweisstücke in gleicher Weise und in gleichem Zusammenhang wie die Entscheidung Bezug nimmt. Zudem wird entgegen der Behauptung von Corus sowohl in der Mitteilung der Beschwerdepunkte als auch in der angefochtenen Entscheidung festgestellt, dass die Fernkopie Kooperationsabkommen BS auf die in Artikel 2 der Entscheidung beanstandeten Verträge verweist: Einer der Vorschläge lautete, Vallourec die Produktion von OCTG zu überlassen und dabei die bestehenden Verträge über die Lieferung von Glattendrohren zwischen [Corus] einerseits und Vallourec, [Mannesmann] und Dalmine andererseits in den gleichen Größenordnungen aufrechtzuerhalten (Nr. 118 der Mitteilung der Beschwerdepunkte und Randnr. 91 der angefochtenen Entscheidung).

106. Infolgedessen greift dieser Klagegrund nicht durch, und der Antrag auf Nichtigerklärung des Artikels 2 der angefochtenen Entscheidung ist daher zurückzuweisen.

Zum Antrag auf Nichtigerklärung des Artikels 1 der angefochtenen Entscheidung

Zum Klagegrund der Folgen des Nichtvorliegens der in Artikel 2 der angefochtenen Entscheidung angeführten Zuwiderhandlung für die Feststellung der in Artikel 1 angeführten Zuwiderhandlung

Vorbringen der Parteien

107. Nach Ansicht der Klägerin liegen für den Fall, dass Artikel 2 für nichtig erklärt werden sollte, keine ausreichenden Beweise dafür vor, dass Corus seit 1991 an der in Artikel 1 angeführten Zuwiderhandlung beteiligt gewesen sei.

108. Die Klägerin legt zunächst dar, dass die in Artikel 2 der angefochtenen Entscheidung festgestellte Zuwiderhandlung in Randnummer 164 der Entscheidung als Mittel zur Durchführung des Prinzips des Schutzes der Heimatmärkte im Rahmen des Europäisch-Japanischen Clubs beschrieben sei. Wenn Artikel 2 der angefochtenen Entscheidung für nichtig erklärt werde, beschränke sich der Nachweis der Beteiligung der Klägerin an der in Artikel 1 der angefochtenen Entscheidung festgestellten Zuwiderhandlung auf ihre Teilnahme an den Sitzungen dieses Clubs.

109. Ihre Teilnahme an diesen Sitzungen sei indessen nur Teil ihrer Strategie für den Rückzug vom Markt für nahtlose Rohre gewesen, die sie 1987 beschlossen und mit der Schließung ihrer Fabrik in Clydesdale im April 1991, wo sie diese Rohre hergestellt habe, durchgeführt habe. Das auf Seite 4902 der Kommissionsakte angeführte Arbeitspapier für die Vorstandsvorsitzenden (Paper for Presidents), das die Kommission als Beweis für die Teilnahme der Klägerin an diesen Sitzungen herangezogen habe, belege, dass bei diesen Sitzungen die mögliche Neustrukturierung der europäischen Industrie geprüft worden sei. Im Kontext dieser Neustrukturierung habe Corus versucht, über die Reduzierung ihrer letzten Tätigkeiten auf dem Glattendrohrmarkt zu verhandeln. Es gebe keinen Beleg dafür, dass ihre Teilnahme an diesen Sitzungen zu der rechtswidrigen Abstimmung geführt habe, die die Kommission ihr in Artikel 1 der angefochtenen Entscheidung anlaste.

110. Die Kommission macht geltend, dass die in Artikel 1 der angefochtenen Entscheidung festgestellte Zuwiderhandlung auf anderen Beweismitteln als denen beruhe, die zum Nachweis der in Artikel 2 festgestellten Zuwiderhandlung herangezogen worden seien. Außerdem habe Corus diese Beweise nicht in Frage gestellt und auch nicht das Vorliegen der Grundregeln zur Aufteilung des Marktes bestritten.

Würdigung durch das Gericht

111. Da der Antrag auf Nichtigerklärung des Artikels 2 der angefochtenen Entscheidung aus den vorstehend genannten Gründen zurückzuweisen ist, kommt der vorliegende Klagegrund grundsätzlich nicht zum Tragen.

112. Dieser Klagegrund könnte nämlich nur durchgreifen, wenn die Kommission sich zu Unrecht auf das Vorliegen der in Artikel 2 der angefochtenen Entscheidung festgestellten Zuwiderhandlung gestützt hätte, um die Teilnahme der Klägerin an der Zuwiderhandlung nach Artikel 1 zu beweisen. Dies träfe erstens zu, wenn die in Artikel 2 der angefochtenen Entscheidung festgestellte Zuwiderhandlung bezüglich der Glattendrohre rechtlich nicht hinreichend nachgewiesen wäre oder zweitens nicht dargetan worden wäre, dass diese Zuwiderhandlung in einer rechtswidrigen Abstimmung zwischen den vier europäischen Herstellern im Rahmen der Zuwiderhandlung nach Artikel 1 bestand, die innerhalb des Europäisch-Japanischen Clubs zusammen mit den japanischen Herstellern bezüglich des nachgelagerten Marktes der Gewinderohre begangen worden war.

113. Wie aber oben in den Randnummern 71 bis 96 festgestellt worden ist, ist die Zuwiderhandlung nach Artikel 2 der angefochtenen Entscheidung rechtlich hinreichend nachgewiesen worden. Außerdem ist oben in den Randnummern 71 bis 96 festgestellt worden, dass die Verträge, die diese Zuwiderhandlung darstellen, tatsächlich im Rahmen einer Abstimmung zwischen den vier europäischen Adressaten der angefochtenen Entscheidung geschlossen wurden und namentlich der Stärkung der rechtswidrigen Übereinkunft dienten, die im Europäisch-Japanischen Club getroffen worden war.

114. Jedenfalls ist festzustellen, dass die Kommission in Artikel 1 der angefochtenen Entscheidung keineswegs nur angenommen hat, dass die Teilnahme von Corus an der dort angeführten Zuwiderhandlung sich allein aus dem wettbewerbswidrigen Verhalten der Klägerin auf dem vorgelagerten Markt der Glattendrohre, das die in Artikel 2 angeführte Zuwiderhandlung darstellt, ergibt, sondern auch festgestellt hat, dass dieses Unternehmen auch unmittelbar an der Übereinkunft über die Aufteilung des Gewinderohrmarktes mit den anderen europäischen Herstellern und den japanischen Herstellern beteiligt gewesen ist.

115. Auch wenn die in Artikel 2 der angefochtenen Entscheidung festgestellte Zuwiderhandlung die von der Kommission vorgenommene Würdigung der Zuwiderhandlung gemäß Artikel 1 bestätigt, beruhen die letztgenannte Zuwiderhandlung und die Teilnahme von Corus an ihr im Wesentlichen auf anderen Beweisen als denen, die zum Beleg der Zuwiderhandlung nach Artikel 2 herangezogen worden sind, nämlich insbesondere auf den Zeugenaussagen von Herrn Verluca (vgl. insbesondere die Randnrn. 62 bis 67 der angefochtenen Entscheidung). Corus hat diese Beweise, die die Zuwiderhandlung nach Artikel 1 der angefochtenen Entscheidung belegen, nicht bestritten. Selbst wenn Artikel 2 der angefochtenen Entscheidung trotz der vorstehend getroffenen Feststellungen für nichtig zu erklären wäre, würde dies nicht zur Nichtigerklärung von Artikel 1 führen.

116. Was die Begründung der Klägerin für ihre Teilnahme an den Sitzungen des Europäisch-Japanischen Clubs angeht, so kann, wenn ein Unternehmen selbst ohne irgendeine aktive Mitwirkung an Treffen von Unternehmen mit wettbewerbswidrigem Zweck teilnimmt und sich nicht offen vom Inhalt dieser Treffen distanziert, so dass es den anderen Teilnehmern Anlass zu der Annahme gibt, dass es dem Ergebnis der Treffen zustimmt und sich daran halten wird, nach ständiger Rechtsprechung der Nachweis als erbracht angesehen werden, dass dieses Unternehmen sich an der aus diesen Treffen resultierenden Absprache beteiligt hat (insbesondere Urteil des Gerichts vom 17. Dezember 1991 in der Rechtssache T7/89, Hercules Chemicals/Kommission, Slg. 1991, II-1711, Randnr. 232).

117. Im vorliegenden Fall hat Corus ihre Teilnahme an den Sitzungen des Europäisch-Japanischen Clubs nicht bestritten und, wie oben bereits festgestellt worden ist, nichts vorgetragen, was die Richtigkeit und Beweiskraft der Beweise in Frage stellen könnte, die die Kommission in der angefochtenen Entscheidung für das Vorliegen der in Artikel 1 festgestellten Zuwiderhandlung herangezogen hat.

118. Somit ist dieser Klagegrund zurückzuweisen.

Zum Klagegrund einer fehlerhaften Beurteilung der Dauer der in Artikel 1 der angefochtenen Entscheidung festgestellten Zuwiderhandlung

Vorbringen der Parteien

119. Mit einem weiteren Klagegrund rügt Corus einen Fehler in der angefochtenen Entscheidung bezüglich der Dauer der in Artikel 1 der Entscheidung festgestellten Zuwiderhandlung. Dieser Klagegrund müsse zur teilweisen Nichtigkeit des Artikels 1 sowie zu einer Herabsetzung der gegen Corus festgesetzten Geldbuße führen.

120. Corus trägt vor, die Kommission habe erklärt, die in Artikel 1 der angefochtenen Entscheidung genannte Zuwiderhandlung wegen der vor 1990 geltenden Selbstbeschränkungsabkommen erst von diesem Zeitpunkt an berücksichtigt zu haben (Randnr. 108 der angefochtenen Entscheidung). Corus behauptet, dass diese Abkommen bis Anfang 1991 verlängert worden seien, so dass entsprechend der Argumentation der Kommission vor 1991 keine Zuwiderhandlung vorliegen könne. Ein anderer Adressat der angefochtenen Entscheidung werde den Beweis für diese Verlängerung erbringen. Nachdem Corus in der Klageschrift beantragt hat, erforderlichenfalls vorweg eine Untersuchung durchzuführen, beantragt sie in der Erwiderung, der Kommission oder einem Dritten aufzugeben, alle für das vorliegende Verfahren einschlägigen Unterlagen, insbesondere jedes Schriftstück vorzulegen, das eine Verlängerung der Selbstbeschränkungsabkommen belegt.

121. Die Kommission macht geltend, Corus habe keine Beweise für ihre Behauptung vorgelegt, dass die Selbstbeschränkungsabkommen mit der japanischen Regierung 1991 noch nicht beendet gewesen seien. Die Hoffnung, dass eine andere Partei diesen Beweis erbringen werde, könne den tatsächlichen Beweis nicht ersetzen, so dass auf dieses Argument nicht weiter einzugehen sei. Jedenfalls stelle der Verzicht, für die Zeit der Geltung der Selbstbeschränkungsabkommen keine Geldbuße zu verhängen, bereits ein Entgegenkommen im Licht der Bekanntmachung der Kommission betreffend die Einfuhr japanischer Erzeugnisse in die Gemeinschaft (ABl. 1972, C 111, S. 13) dar.

Würdigung durch das Gericht

122. Die Kommission hat in Randnummer 108 der angefochtenen Entscheidung festgestellt, dass sie als Beginn der Zuwiderhandlung das Jahr 1977 hätte nehmen können, darauf aber wegen der Selbstbeschränkungsabkommen verzichtet habe. Sie hat daher in Artikel 1 der angefochtenen Entscheidung die Zuwiderhandlung erst vom Jahr 1990 an berücksichtigt. Dieses Vorgehen stellt ein Entgegenkommen der Kommission gegenüber den Adressaten der angefochtenen Entscheidung dar.

123. Keine der Parteien hat vor dem Gericht geltend gemacht, dass dieses Zugeständnis im vorliegenden Fall in Frage zu stellen sei. Das Gericht hat daher im vorliegenden Verfahren nicht die Frage zu prüfen, ob dieses Zugeständnis rechtmäßig oder angezeigt war, sondern allein die Frage, ob die Kommission dieses Zugeständnis, das sie in der Begründung der angefochtenen Entscheidung ausdrücklich gemacht hat, im vorliegenden Fall auch ordnungsgemäß umgesetzt hat. Insoweit ist daran zu erinnern, dass die Kommission genaue und übereinstimmende Beweise beibringen muss, die die feste Überzeugung begründen, dass die Zuwiderhandlung begangen wurde, da ihr die Beweislast für deren Vorliegen und damit auch für deren Dauer obliegt (Urteile CRAM und Rheinzink/Kommission, zitiert oben in Randnr. 71, Randnr. 20, und Zellstoff II, zitiert oben in Randnr. 50, Randnr. 127, Urteile des Gerichts vom 10. März 1992 in den Rechtssachen T-68/89, T-77/89 und T-78/89, SIV u. a./Kommission, Slg. 1992, II-1403, Randnrn. 193 bis 195, 198 bis 202, 205 bis 210, 220 bis 232, 249 und 250 sowie 322 bis 328, und vom 6. Juli 2000 in der Rechtssache T-62/98, Volkswagen/Kommission, Slg. 2000, II-2707, Randnrn. 43 und 72).

124. So macht das vorstehend beschriebene Zugeständnis die behauptete Beendigung der Selbstbeschränkungsabkommen zum entscheidenden Kriterium für die Feststellung, ob für das Jahr 1990 eine Zuwiderhandlung angenommen werden kann. Da es sich um internationale Abkommen zwischen der japanischen Regierung, vertreten durch das Ministerium für Handel und Industrie, und der Gemeinschaft, vertreten durch die Kommission, handelt, wäre es nach dem Grundsatz der guten Verwaltung Sache der Kommission gewesen, die Dokumente zu archivieren, aus denen sich das Datum der Beendigung dieser Abkommen ergibt. Sie hätte daher in der Lage sein müssen, diese Dokumente dem Gericht vorzulegen. Sie hat jedoch vor dem Gericht vorgetragen, sie habe zwar ihre Archive durchsucht, aber keine Dokumente finden können, die den Zeitpunkt der Beendigung dieser Abkommen belegten.

125. Auch wenn ein Kläger die Beweislast im Allgemeinen nicht auf den Beklagten abwälzen kann, indem er sich auf Umstände beruft, die er selbst nicht beweisen kann, lässt sich das Prinzip der Beweislast im vorliegenden Fall nicht zugunsten der Kommission anwenden, soweit es um den Zeitpunkt der Beendigung der von ihr geschlossenen internationalen Verträge geht. Das unerklärliche Unvermögen der Kommission, Beweise für eine sie so unmittelbar berührende Tatsache vorzulegen, macht es dem Gericht unmöglich, seine Entscheidung in Kenntnis des Datums zu erlassen, zu dem die Abkommen ausliefen. Es widerspräche dem Grundsatz der geordneten Rechtspflege, die Folgen dieses Unvermögens der Kommission den Adressaten der Entscheidung aufzubürden, die im Gegensatz zu dem beklagten Organ den fehlenden Nachweis nicht führen können.

126. Unter diesen Umständen ist ausnahmsweise festzustellen, dass es Sache der Kommission war, den Zeitpunkt der Beendigung der Selbstbeschränkungsabkommen nachzuweisen. Die Kommission hat den Beweis hierfür jedoch weder in der angefochtenen Entscheidung noch vor dem Gericht beigebracht.

127. Im Übrigen hat weder Corus noch gar die Kommission behauptet, dass die Selbstbeschränkungsabkommen 1991 noch in Geltung gewesen seien.

128. Unter diesen Umständen ist für dieses Verfahren festzustellen, dass die Selbstbeschränkungsabkommen zwischen der Kommission und den japanischen Behörden nur bis Ende 1990 in Kraft geblieben sind.

129. Jedenfalls haben die japanischen Klägerinnen Beweisstücke vorgelegt, die die Verlängerung der Selbstbeschränkungsabkommen bis zum 31. Dezember 1990 zumindest auf japanischer Ebene belegen, was die Behauptung von Corus in diesem Verfahren bestätigt (Urteil des Gerichts vom heutigen Tag in den Rechtssachen T-67/00, T-68/00, T-71/00 und T-78/00, JFE Engineering u. a./Kommission, Slg. 2004, II0000, Randnr. 345). Das Gericht kann in verbundenen Rechtssachen, in denen alle Parteien Gelegenheit gehabt haben, sämtliche Akten einzusehen, von Amts wegen die Beweise berücksichtigen, die in den Akten der Parallelsachen enthalten sind (in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 13. Dezember 1990 in der Rechtssache T-113/89, Nefarma und Bond van Groothandelaren in het Farmaceutische Bedrijf/Kommission, Slg. 1990, II-797, Randnr. 1, und in der Rechtssache T-116/89, Prodifarma u. a./Kommission, Slg. 1990, II-843, Randnr. 1). Im vorliegenden Fall entscheidet das Gericht im Rahmen von Rechtssachen, die zu gemeinsamem mündlichem Verfahren verbunden worden sind, ein und dieselbe Entscheidung betreffen und in denen alle Klägerinnen beantragt haben, die Höhe der gegen sie festgesetzten Geldbuße abzuändern.

130. Somit sind dem Gericht in der vorliegenden Rechtssache die von den vier japanischen Klägerinnen vorgelegten Beweise förmlich bekannt, und es braucht nicht über den Antrag von Corus entschieden zu werden, der Kommission die Vorlage dieser Schriftstücke in diesem Verfahren aufzugeben.

131. Corus hat nicht nur beantragt, dass das Gericht die angefochtene Entscheidung hinsichtlich des Anfangsdatums und insoweit der Dauer der in Artikel 1 der angefochtenen Entscheidung festgestellten Zuwiderhandlung für nichtig erklärt, sondern auch, dass es in Ausübung der ihm durch Artikel 17 der Verordnung Nr. 17 gemäß Artikel 229 EG verliehenen Befugnis zu unbeschränkter Ermessensnachprüfung die Geldbuße herabsetzt, um dieser kürzeren Dauer der Zuwiderhandlung Rechnung zu tragen. Die Befugnis zu unbeschränkter Ermessensnachprüfung bedeutet, dass das Gericht bei der Abänderung des angefochtenen Rechtsakts durch eine Neubezifferung der von der Kommission verhängten Geldbußen alle relevanten Umstände des Sachverhalts berücksichtigen muss (Urteil des Gerichtshofes vom 15. Oktober 2002 in den Rechtssachen C-238/99 P, C-244/99 P, C-245/99 P, C-247/99 P, C-250/99 P bis C-252/99 P und C-254/99 P, Limburgse Vinyl Maatschappij u. a./Kommission, Slg. 2002, I-8375, Randnr. 692). Es wäre daher, zumal alle Klägerinnen der Feststellung der Zuwiderhandlung durch die Kommission schon ab dem 1. Januar 1990 entgegentreten, nicht sachgerecht, wenn das Gericht die Lage jeder einzelnen Klägerin nach den Umständen ihres jeweiligen Falles isoliert beurteilte und dabei nur die tatsächlichen Gesichtspunkte berücksichtigte, die die jeweilige Klägerin zum Gegenstand ihres Vortrags gemacht hat, und die Umstände außer Betracht ließe, die die übrigen Klägerinnen oder die Kommission geltend gemacht haben.

132. Nach alledem greift das Argument der Kommission, Corus habe das vorliegende Angriffsmittel nicht rechtswirksam geltend gemacht, unter den Umständen dieses konkreten Falles nicht durch.

133. Infolgedessen ist die Dauer der in Artikel 1 der angefochtenen Entscheidung festgestellten Zuwiderhandlung unter Berücksichtigung des Zugeständnisses der Kommission in dieser Entscheidung um ein Jahr zu verkürzen. Daher ist Artikel 1 der angefochtenen Entscheidung für nichtig zu erklären, soweit dort festgestellt wird, dass sich die Corus vorgeworfene Zuwiderhandlung auf die Zeit vor dem 1. Januar 1991 erstreckte.

134. Im Übrigen ist die Klage auf Nichtigerklärung des Artikels 1 der angefochtenen Entscheidung abzuweisen.

Zum Antrag auf Nichtigerklärung der Geldbuße

Vorbringen der Parteien

135. Im Rahmen dieses Antrags macht Corus als einzigen Klagegrund eine Verletzung der Verteidigungsrechte geltend. Nach der Rechtsprechung müssten in der Mitteilung der Beschwerdepunkte alle wesentlichen Tatsachen, auf die die Kommission sich stütze, klar angeführt werden, damit die Adressaten der Mitteilung die erforderlichen Hinweise erhielten, um sich nicht nur gegen die Feststellung der Zuwiderhandlung, sondern gegebenenfalls auch gegen die Verhängung der Geldbuße verteidigen zu können. Die Kommission sei daher zur Wahrung der Verteidigungsrechte der Adressaten der Mitteilung der Beschwerdepunkte im Stadium dieser Mitteilung zu hinreichenden Angaben zur Dauer und Schwere der behaupteten Zuwiderhandlung und zur Frage ihrer vorsätzlichen oder fahrlässigen Begehung auf der Grundlage der ihr zur Verfügung stehenden Unterlagen verpflichtet (Urteile des Gerichtshofes vom 7. Juni 1983 in den Rechtssachen 100/80 bis 103/80, Musique diffusion française u. a./Kommission, Slg. 1983, 1825, Randnrn. 14, 15 und 21, vom 9. November 1983 in der Rechtssache 322/81, Michelin/Kommission, Slg. 1983, 3461, Randnr. 20, und vom 16. März 2000 in den Rechtssachen C-395/96 P und C-396/96 P, Compagnie Maritime Belge Transports u. a./Kommission, Slg. 2000, I-1365, Randnr. 142).

136. Bezüglich der Dauer der Zuwiderhandlung habe der Gerichtshof ausdrücklich klargestellt, dass die Kommission die Dauer angeben müsse, von der sie im Stadium der Mitteilung der Beschwerdepunkte aufgrund der ihr zur Verfügung stehenden Informationen vorläufig ausgehe, und sich nicht mit dem Hinweis begnügen dürfe, dass der Dauer der Zuwiderhandlung bei der Festsetzung der Geldbuße Rechnung getragen werde, wie die Kommission behaupte (Urteil Musique diffusion française u. a./Kommission, zitiert oben in Randnr. 135, Randnr. 15). Entsprechend bestehe die Verpflichtung zur Angabe der Schwere und der Fahrlässigkeit oder Vorsätzlichkeit der Zuwiderhandlung, damit die Adressaten einer Mitteilung der Beschwerdepunkte sich hiergegen gebührend verteidigen könnten. Das Gericht habe diese Auslegung in dem oben in Randnummer 76 zitierten Zement-Urteil (Randnrn. 483 und 484) bestätigt. Andernfalls würde diese Verpflichtung ihres wesentlichen Gehalts beraubt, da in der Mitteilung der Beschwerdepunkte dann lediglich die maßgeblichen Kriterien dargelegt werden müssten, die sich ohnehin aus Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 ergäben.

137. Im vorliegenden Fall habe die Kommission gegen diese Pflicht bei der Frage der Schwere und der vorsätzlichen oder fahrlässigen Begehung der Zuwiderhandlung verstoßen, da die Nummern 153 und 154 der Mitteilung der Beschwerdepunkte hierzu keine Angaben enthielten. Corus habe die Kommission auf diesen Mangel im Abschnitt 6.7 ihrer Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte (Anlage 11 zur Klageschrift) hingewiesen, doch habe die Kommission ihr keine ergänzenden Informationen hierzu übermittelt.

138. Corus habe somit keine Gelegenheit gehabt, sich zu der Beurteilung dieser Fragen seitens der Kommission zu äußern, bevor diese dann die angefochtene Entscheidung erlassen habe, der zufolge Corus eine äußerst schwere Zuwiderhandlung begangen habe und sich der Unrechtmäßigkeit ihres Handelns voll bewusst gewesen sei (Randnr. 161 der angefochtenen Entscheidung). Daher seien die Verteidigungsrechte von Corus verletzt worden, so dass die Geldbuße, die gegen sie verhängt worden sei, für nichtig erklärt werden müsse.

139. Nach Auffassung der Kommission hat Corus das Urteil Musique diffusion française u. a./Kommission (zitiert oben in Randnr. 135, Randnr. 21) falsch ausgelegt, soweit sie ihm entnehme, dass die Kommission in der Mitteilung der Beschwerdepunkte ihre vorläufige Beurteilung derjenigen Umstände wiedergeben müsse, die sie für die Bemessung der Geldbuße berücksichtigen wolle. In Wirklichkeit habe der Gerichtshof bloß verlangt, dass die Kommission angebe, welche Bemessungskriterien sie anwende. Die von Corus vertretene Auslegung des Urteils Musique diffusion française u. a./Kommission sei mit der Auslegung dieses Urteils im Urteil Michelin/Kommission (zitiert oben in Randnr. 135, Randnr. 19) unvereinbar, wonach Angaben zur Höhe der in Aussicht genommenen Geldbußen eine nicht sachgerechte Vorwegnahme der Entscheidung der Kommission wären, solange dem Unternehmen, gegen das ermittelt werde, keine Gelegenheit gegeben worden sei, zu den gegen es in Betracht gezogenen Beschwerdepunkten Stellung zu nehmen.

140. Das auf die Randnummern 483 und 484 des oben in Randnummer 76 zitierten Zement-Urteils gestützte Vorbringen von Corus sei unerheblich, da diese Randnummern die Frage betroffen hätten, ob die Kommission in ihrer Mitteilung der Beschwerdepunkte ihre Absicht mitgeteilt habe, gegen bestimmte Unternehmen eine Geldbuße zu verhängen. Im vorliegenden Fall stehe hingegen fest, dass in Nummer 154 der Mitteilung der Beschwerdepunkte die Absicht der Kommission, gegen Corus eine Geldbuße zu verhängen, klar zum Ausdruck gekommen sei.

141. Wie sich aus Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 ergebe, müsse die Kommission hierzu zwangsläufig die Schwere und die Dauer der zur Last gelegten Zuwiderhandlung berücksichtigen. Corus hätte sich daher der Erheblichkeit der entsprechenden Parameter bewusst sein müssen. Da Vorsatz oder Fahrlässigkeit der begangenen Zuwiderhandlung Voraussetzung für die Verhängung einer Geldbuße aufgrund dieser Bestimmung sei, habe dieser Hinweis genügt, um Corus den Standpunkt der Kommission hierzu klar zu machen. Da die Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen, die gemäß Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 und gemäß Artikel 65 Absatz 5 EGKS-Vertrag festgesetzt werden (ABl. 1998, C 9, S. 3, im Folgenden: Leitlinien), vor der Versendung der Mitteilung der Beschwerdepunkte an die Adressaten veröffentlicht worden seien, hätte Corus diesen entnehmen können, dass die ihr vorgeworfene Übereinkunft über die Marktaufteilung einen besonders schweren Verstoß gegen Artikel 81 Absatz 1 EG dargestellt habe.

142. Soweit das Gericht in dem oben in Randnummer 76 zitierten Zement-Urteil festgestellt habe, dass die Mitteilung der Beschwerdepunkte Angaben zur Vorsätzlichkeit oder Fahrlässigkeit und zur Schwere der Zuwiderhandlung enthalten müsse, könnten diese im laufenden Text der Mitteilung der Beschwerdepunkte wiedergegeben werden und bräuchten nicht unbedingt in dem Teil enthalten zu sein, der Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 betreffe. In diesem Zusammenhang sei zu beachten, das Corus die Informationen in der Mitteilung der Beschwerdepunkte zur Dauer der Zuwiderhandlung für ausreichend gehalten habe. Da diese Informationen in Teilen der Mitteilung der Beschwerdepunkte enthalten gewesen seien, die nicht der Festsetzung einer Geldbuße gewidmet gewesen seien, habe Corus den Grundsatz akzeptiert, dass insoweit die gesamte Mitteilung der Beschwerdepunkte berücksichtigt werden müsse. Die Mitteilung der Beschwerdepunkte enthalte aber eine eingehende Beschreibung der Zuwiderhandlung, aus der sich ergebe, dass die Kommission sie für bedeutend halte (insbesondere Nr. 147 der Mitteilung der Beschwerdepunkte). Was die Vorsätzlichkeit einer Zuwiderhandlung angehe, so müsse die Kommission nach der Rechtsprechung nicht einen gezielten Vorsatz nachweisen, sondern lediglich, dass die Parteien hätten wissen müssen, dass ihr Verhalten gegen Artikel 81 Absatz 1 EG verstoße (Urteil des Gerichtshofes vom 14. Februar 1978 in der Rechtssache 27/76, United Brands/Kommission, Slg. 1978, 207, Randnr. 299). Infolgedessen habe in der Mitteilung der Beschwerdepunkte die Angabe genügt, dass das Verhalten der Parteien objektiv als vorsätzlich oder fahrlässig angesehen werden könne.

143. Jedenfalls habe Corus in den Abschnitten 1.6, 3.14 und 3.15 ihrer Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte ausdrücklich Argumente vorgetragen, die die Schwere der Zuwiderhandlung hätten abschwächen sollen, und in den Abschnitten 6.3, 6.4 und 6.7 ausdrücklich auf diesen Punkt hingewiesen. In den Abschnitten 3.12, 3.15 und 4.5 bis 4.9 ihrer Antwort habe Corus die Rechtfertigungsgründe für ihr Verhalten dargelegt, bevor sie in den Abschnitten 6.1 und 6.2 unter der Überschrift Fragen zu den Geldbußen einen Verstoß gegen Artikel 81 Absatz 1 EG verneint habe. Sie habe somit jegliche Zuwiderhandlung und erst recht jegliche vorsätzliche Zuwiderhandlung geleugnet. Dies lasse den Schluss zu, dass Corus Gelegenheit zu einer Stellungnahme zu sämtlichen Fragen bezüglich der Geldbußen gehabt und diese auch genutzt habe, so dass ihre Verteidigungsrechte nicht verletzt worden seien. Da die von Corus geltend gemachte Verletzung ihrer Verteidigungsrechte keine negativen Auswirkungen auf ihre Möglichkeit gehabt habe, sich tatsächlich zu verteidigen, dürfe die Entscheidung jedenfalls aus diesem Grund nicht für nichtig erklärt werden (in diesem Sinne Urteil PVC II, zitiert oben in Randnr. 71, Randnr. 1020).

Würdigung durch das Gericht

144. Zunächst ist festzustellen, dass in der Mitteilung der Beschwerdepunkte alle wesentlichen Tatsachen, auf die sich die Kommission stützt, klar angegeben werden müssen, damit die Adressaten der Mitteilung die erforderlichen Angaben erhalten, um sich nicht nur gegen die Feststellung einer Zuwiderhandlung, sondern gegebenenfalls auch gegen die Festsetzung von Geldbußen verteidigen zu können. Die Kommission ist daher zur Wahrung der Rechte der Adressaten im Stadium der Mitteilung der Beschwerdepunkte zu hinreichenden Angaben zur Dauer und zur Schwere der behaupteten Zuwiderhandlung und zur Frage der Vorsätzlichkeit oder Fahrlässigkeit auf der Grundlage der ihr zur Verfügung stehenden Unterlagen verpflichtet (Urteile Musique diffusion française u. a./Kommission, zitiert oben in Randnr. 135, Randnrn. 14, 15 und 21, Michelin/Kommission, zitiert oben in Randnr. 135, Randnr. 20, und Compagnie Maritime Belge Transports u. a./Kommission, zitiert oben in Randnr. 135, Randnr. 142).

145. Die Verpflichtung zu Angaben zur Schwere und zur Vorsätzlichkeit oder Fahrlässigkeit der Zuwiderhandlung hätte keine Bedeutung mehr, wenn sie schon bei einer bloßen Umschreibung des Artikels 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 erfuellt wäre (in diesem Sinne das oben in Randnr. 76 zitierte Zement-Urteil, Randnrn. 483 und 484). Es ergäbe nämlich keinen Sinn, wenn die Kommission zur Vermeidung der Nichtigerklärung ihrer Entscheidung über die Zuwiderhandlung bloß die Pflicht träfe, die Adressaten einer Mitteilung der Beschwerdepunkte über die Bestimmungen der Verordnung Nr. 17 zu unterrichten, deren Kenntnis ohnehin von ihnen erwartet wird.

146. Aufgrund dessen ist festzustellen, dass die Kommission entgegen der von ihr vertretenen Ansicht in der Mitteilung der Beschwerdepunkte eine knappe vorläufige Beurteilung der Dauer und der Schwere der behaupteten Zuwiderhandlung sowie der Frage, ob die Zuwiderhandlung im konkreten Fall vorsätzlich oder fahrlässig begangen wurde, treffen musste. Die Angemessenheit dieser vorläufigen Beurteilung, die die Adressaten einer Mitteilung der Beschwerdepunkte in die Lage versetzen soll, sich hiergegen zu verteidigen, ist nicht nur anhand des Wortlauts des in Rede stehenden Rechtsakts, sondern auch anhand seines Kontextes sowie sämtlicher einschlägigen Rechtsvorschriften zu beurteilen (analog zum Urteil des Gerichts vom 25. Juni 1998 in den Rechtssachen T-371/94 und T-394/94, British Airways u. a./Kommission, Slg. 1998, II2405, Randnr. 89 ff.).

147. Zur Frage der Vorsätzlichkeit oder Fahrlässigkeit der Zuwiderhandlung ist im vorliegenden Fall festzustellen, dass die Informationen in der Mitteilung der Beschwerdepunkte den Anforderungen der Rechtsprechung genügen.

148. Die Kommission hat in der Mitteilung der Beschwerdepunkte (insbesondere Nrn. 129 und 137) mehrfach klargestellt, dass die Übereinkunft im Rahmen des Europäisch-Japanischen Clubs eine Aufteilung des Gewinderohrmarktes sowie eine Beschränkung des Wettbewerbs zum Ziel hatte. Die Kommission braucht in einer Entscheidung, mit der ein Verstoß gegen die Wettbewerbsregeln festgestellt wird, nur nachzuweisen, dass eine objektiv rechtswidrige Handlung vorsätzlich oder fahrlässig begangen worden ist, damit die Festsetzung einer Geldbuße nach Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 zulässig ist. Es ist offenkundig, dass der Abschluss einer Übereinkunft über die Marktaufteilung, wie sie in Artikel 1 der angefochtenen Entscheidung festgestellt worden ist, zwangsläufig vorsätzlich ist, da ein Unternehmen eine solche Übereinkunft nicht aus Versehen schließen kann.

149. Somit ist festzustellen, dass die Mitteilung der Beschwerdepunkte im vorliegenden Fall keinen Raum für Zweifel gelassen hat, dass die Kommission in diesem Verfahrensstadium die später in Artikel 1 der angefochtenen Entscheidung festgestellte Zuwiderhandlung als vorsätzlich begangen angesehen hat.

150. Dagegen sind die Argumente der Kommission zur vorläufigen Beurteilung der Schwere der Zuwiderhandlung wenig überzeugend.

151. Die Kommission hat in den Nummern 153 und 154 der Mitteilung der Beschwerdepunkte lediglich erklärt, dass sie die Festsetzung einer Geldbuße beabsichtige, wobei sie auf Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 verwiesen hat. Zwar hat sie in Nummer 147 der Mitteilung der Beschwerdepunkte erklärt, es handle sich um eine Übereinkunft über eine Marktaufteilung, die eine erhebliche (appreciable) Wettbewerbsbeschränkung zur Folge habe. Diese Feststellung lässt jedoch nicht erkennen, ob es sich nach Ansicht der Kommission um einen schweren oder einen sehr schweren Verstoß im Sinne ihrer Leitlinien gehandelt hat.

152. Ebenso wenig überzeugend ist das Argument der Kommission, dass diese Leitlinien veröffentlicht gewesen seien. Würde das Gericht die Ansicht vertreten, dass diese Veröffentlichung allein ausreiche, damit die Adressaten einer Mitteilung der Beschwerdepunkte anhand der Beschreibung der Art der Zuwiderhandlung feststellen könnten, in welche Kategorie die Kommission diese einstufe, hätte die sich aus der Rechtsprechung ergebende Verpflichtung zu Angaben bezüglich der Schwere der Zuwiderhandlung keine praktische Bedeutung (oben Randnr. 145).

153. Somit ist die Mitteilung der Beschwerdepunkte im vorliegenden Fall fehlerhaft, da die Kommission dort nicht angegeben hat, wie sie die Schwere der begangenen Zuwiderhandlung vorläufig einstuft.

154. Diese Feststellung allein führt jedoch nicht schon zur Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung. Die Verpflichtung, in die Mitteilung der Beschwerdepunkte eine knappe vorläufige Beurteilung der Dauer und der Schwere der behaupteten Zuwiderhandlung sowie der Frage der Vorsätzlichkeit oder Fahrlässigkeit aufzunehmen, ist kein Selbstzweck, sondern dient dazu, den Adressaten einer Mitteilung der Beschwerdepunkte in die Lage zu versetzen, sich gebührend zu verteidigen (oben Randnr. 146 sowie analog das ZementUrteil, zitiert oben in Randnr. 76, Randnr. 156).

155. Diese Verpflichtung ist daher untrennbar mit dem Grundsatz der Wahrung der Verteidigungsrechte verbunden und wird durch ihn bedingt (analog zum Zement-Urteil, zitiert oben in Randnr. 76, Randnr. 156, und die zitierte Rechtsprechung). Es gibt keinen Grund für den Gemeinschaftsrichter, die gemeinschaftlichen Maßnahmen aufgrund von Versäumnissen in einem vorbereitenden Schriftstück wie der Mitteilung der Beschwerdepunkte für nichtig zu erklären, wenn diese Versäumnisse keine Folgen für die Verteidigung der betroffenen Unternehmen gehabt haben. Somit ist zu prüfen, ob die Verteidigung von Corus durch den oben in Randnummer 153 festgestellten Mangel beeinträchtigt worden ist.

156. Im vorliegenden Fall hat Corus in ihrer Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte, namentlich in Teil 6, Argumente vorgetragen, um die Schwere der begangenen Zuwiderhandlung zu verharmlosen. Insbesondere ergibt sich für sie aus dem Kontext der in Rede stehenden Übereinkunft über die Marktaufteilung, dass eine eventuell von ihr begangene Zuwiderhandlung nicht schwerwiegend genug sei, um die Festsetzung einer Geldbuße zu rechtfertigen (Abschnitt 6.3 der Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte), dass sie dabei gewesen sei, sich von den Märkten der nahtlosen OCTG-Rohre und der nahtlosen Leitungsrohre zurückzuziehen und ihre Bedeutung auf diesen Märkten zum Zeitpunkt der angeblichen Zuwiderhandlung somit zurückgegangen sei (Abschnitt 6.4 Absatz 3 der Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte) und dass schließlich die räumliche Ausdehnung ihrer Beteiligung und die Kategorie der von der Zuwiderhandlung betroffenen Erzeugnisse begrenzt gewesen seien (Abschnitte 6.4 Absatz 2 bzw. 6.5 der Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte). Außerdem hat Corus in Teil 3 ihrer Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte hierzu detaillierte Argumente tatsächlicher Art vorgetragen.

157. Infolgedessen hat Corus nicht dargetan, inwiefern der Ablauf des Verwaltungsverfahrens und der Inhalt der angefochtenen Entscheidung hinsichtlich der Schwere der Zuwiderhandlung und damit die Höhe der Geldbuße anders ausgefallen wären, wenn die Kommission in der Mitteilung der Beschwerdepunkte angegeben hätte, in welche Kategorie entsprechend dem Grad der Schwere sie die Zuwiderhandlung einordne, die sich aus der Übereinkunft über die Marktaufteilung im Rahmen des Europäisch-Japanischen Clubs ergeben hat (in diesem Sinne Urteil PVC II, zitiert oben in Randnr. 71, Randnr. 1021, und die zitierte Rechtsprechung). Die bloße Behauptung von Corus in Abschnitt 6.7 dieser Antwort, sie glaube, dass sie noch einmal Gelegenheit gehabt hätte, sich zu den in den Leitlinien genannten Kriterien für die Berechnung der Geldbußen zu äußern, kann an ihrer rechtlichen Lage insoweit nichts ändern.

158. Nur der Vollständigkeit halber ist darauf hinzuweisen, dass diese Schlussfolgerung dadurch bestätigt wird, dass Corus vor dem Gericht ganz wesentlich die gleichen Argumente (nachstehend Randnr. 161 ff.) wie die in Teil 6 ihrer Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte (zitiert oben in Randnr. 156) vorgetragen hat, um speziell die in den Randnummern 159 bis 165 der angefochtenen Entscheidung enthaltene Würdigung der Schwere der in Artikel 1 dieser Entscheidung festgestellten Zuwiderhandlung in Frage zu stellen. Der Gemeinschaftsrichter kann aber im Rahmen der unbeschränkten Ermessensprüfung die Höhe der nach Artikel 17 der Verordnung Nr. 17 verhängten Geldbußen neu festsetzen. Eine Partei kann daher, wenn sie der Ansicht ist, dass einer der die Schwere betreffenden Umstände von der Kommission unzutreffend gewürdigt worden ist, vor dem Gericht alles vortragen, was seine Ansicht stützen könnte.

159. Selbst wenn die Kommission ihre vorläufige Würdigung der Schwere der Zuwiderhandlung in der Mitteilung der Beschwerdepunkte dargelegt hätte, spricht nichts dafür, dass Corus in ihrer Antwort hierauf wesentlich andere Argumente vorgetragen hätte als die, die sie in Teil 6 dieser Antwort tatsächlich angeführt hat.

160. Nach alledem sind der vorliegende Klagegrund und damit der Antrag auf Nichtigerklärung der Geldbuße zurückzuweisen.

Zum Antrag auf Herabsetzung der Geldbuße

Zu dem Klagegrund einer fehlerhaften Würdigung der Schwere der Zuwiderhandlung

Vorbringen der Parteien

161. Nach Ansicht von Corus wäre selbst dann, wenn sie an der in Artikel 1 der angefochtenen Entscheidung angeführten Zuwiderhandlung beteiligt gewesen wäre, ihre geschäftliche Lage anders gewesen als die der anderen mit Geldbußen belegten Hersteller, weil sie dabei gewesen sei, sich vom Markt der nahtlosen Rohre zurückzuziehen. Die Kommission hätte die Zuwiderhandlung im Fall von Corus daher als weniger schwer ansehen und dementsprechend die gegen sie verhängte Geldbuße niedriger bemessen müssen als im Fall der anderen an der Zuwiderhandlung beteiligten Unternehmen.

162. Im Übrigen seien die Tätigkeiten von Corus traditionell auf den Markt des Vereinigten Königreichs ausgerichtet gewesen, der nach Ansicht der Kommission (Randnr. 62 der angefochtenen Entscheidung) nur teilgeschützt gewesen sei und auf dem es eine bedeutende Konkurrenz der japanischen Hersteller gegeben habe. Außerdem habe es sich bei den von Corus auf diesem Markt verkauften nahtlosen OCTG-Rohren im Wesentlichen um Premiumgewinderohre und nicht um die in Artikel 1 der angefochtenen Entscheidung genannten Gewinderohre in Standardausführung gehandelt. Auch dem hätte die Kommission bei der Würdigung der Schwere der von ihr begangenen Zuwiderhandlung Rechnung tragen müssen.

163. Die Kommission habe die in Artikel 2 der angefochtenen Entscheidung festgestellte Zuwiderhandlung als akzessorisch zu der nach Artikel 1 angesehen. Daher müsste die etwaige Nichtigerklärung des Artikels 2 sich zwangsläufig auf die Schwere der angeblichen Beteiligung der Klägerin an der Hauptzuwiderhandlung nach Artikel 1 auswirken.

164. Die Kommission weist darauf hin, dass sie in den Randnummern 106 und 162 der angefochtenen Entscheidung ausdrücklich dem Umstand Rechnung getragen habe, dass die in Artikel 1 festgestellte Zuwiderhandlung nur begrenzte Auswirkungen gehabt habe, und dass sie den Betrag der Geldbuße dementsprechend niedriger festgesetzt habe. Das Vorbringen von Corus, ihre Beteiligung an der Zuwiderhandlung habe nur begrenzte Auswirkungen gehabt, sei daher im Rahmen dieses Verfahrens unerheblich.

165. Im Übrigen könnte eine eventuelle Nichtigerklärung des Artikels 2 der angefochtenen Entscheidung keine Auswirkung auf die Höhe der Geldbuße haben, da aufgrund dieses Artikels, wie Corus selbst erklärt habe, keine gesonderte Geldbuße verhängt worden sei.

Würdigung durch das Gericht

166. Einleitend ist festzustellen, dass die Kommission die Leitlinien in der angefochtenen Entscheidung zwar nicht ausdrücklich angeführt hat, die Geldbußen jedoch gleichwohl nach der dort festgelegten Berechnungsmethode bemessen hat (vgl. dazu Urteil Hercules Chemicals/Kommission, zitiert oben in Randnr. 116, Randnr. 53, bestätigt durch das auf ein Rechtsmittel hin ergangene Urteil des Gerichtshofes vom 8. Juli 1999 in der Rechtssache C-51/92 P, Hercules Chemicals/Kommission, Slg. 1999, I4235, und die zitierte Rechtsprechung).

167. Nach Abschnitt 1 A der Leitlinien sind bei der Ermittlung der Schwere des Verstoßes... seine Art und die konkreten Auswirkungen auf den Markt, sofern diese messbar sind, sowie der Umfang des betreffenden räumlichen Marktes zu berücksichtigen. In Randnummer 159 der angefochtenen Entscheidung hat die Kommission darauf hingewiesen, dass sie gerade diese drei Kriterien für die Bestimmung der Schwere der Zuwiderhandlung berücksichtigt habe.

168. Die Kommission hat sich in Randnummer 161 der angefochtenen Entscheidung zur Einstufung der in Artikel 1 der angefochtenen Entscheidung festgestellten Zuwiderhandlung als äußerst schwer im Wesentlichen auf die Art des rechtswidrigen Verhaltens aller Unternehmen gestützt. Zur Begründung hat sie darauf verwiesen, dass die beanstandete Übereinkunft über die Aufteilung der Märkte einen schweren Wettbewerbsverstoß dargestellt und das reibungslose Funktionieren des Binnenmarktes beeinträchtigt habe, dass die Zuwiderhandlung vorsätzlich begangen worden sei und dass es sich um ein geheimes und institutionalisiertes System zur Wettbewerbsbeschränkung gehandelt habe. In derselben Randnummer hat die Kommission auch berücksichtigt, dass der überwiegende Teil des Verbrauchs an nahtlosen OCTG[-Rohren] und [Leitungsrohren] in der Gemeinschaft auf die vier von der Übereinkunft betroffenen Mitgliedstaaten [entfällt], die somit einen räumlich ausgedehnten Markt [darstellen].

169. Dagegen hat die Kommission in Randnummer 160 der angefochtenen Entscheidung festgestellt, dass die konkreten Auswirkungen des Verstoßes auf den Markt... begrenzt seien, weil die beiden von dem Verstoß betroffenen Produktarten, nämlich OCTG-Standardrohre und projektbezogene Leitungsrohre, nur 19 % des gesamten Gemeinschaftsverbrauchs an nahtlosen OCTG-Rohren und Leitungsrohren ausmachten und weil wegen des technischen Fortschritts ein Teil der Nachfrage nach nahtlosen Rohren inzwischen durch geschweißte Rohre gedeckt werden könne.

170. So berücksichtigte die Kommission dann in Randnummer 162 der angefochtenen Entscheidung, nachdem sie die Zuwiderhandlung auf der Grundlage der in Randnummer 161 genannten Faktoren als äußerst schwer eingestuft hatte, den relativ begrenzten Umfang der Verkäufe der fraglichen Produkte durch die Adressaten der angefochtenen Entscheidung in den vier betroffenen Mitgliedstaaten (73 Millionen Euro jährlich). Diese Bezugnahme auf die Größe des betroffenen Marktes entspricht im Wesentlichen der vorgenannten Beurteilung bezüglich der begrenzten Marktauswirkungen der Zuwiderhandlung in Randnummer 160 der angefochtenen Entscheidung. Daher hat die Kommission den Betrag nach Maßgabe der Schwere der Zuwiderhandlung auf nur 10 Millionen Euro festgesetzt. Die Leitlinien sehen für eine Zuwiderhandlung, die zur Kategorie der besonders schweren Verstöße gehört, grundsätzlich eine Geldbuße von oberhalb von 20 Mio. [Euro] vor. Diese Herabsetzung des nach Maßgabe der Schwere festgesetzten Betrages um 50 % des für einen besonders schweren Verstoß gewöhnlich festgesetzten Mindestbetrags trägt der begrenzten Auswirkung der Zuwiderhandlung auf den Markt im vorliegenden Fall angemessen Rechnung.

171. Schließlich hat die Kommission in Randnummer 165 der angefochtenen Entscheidung festgestellt, dass alle Unternehmen, an die die Entscheidung sich richtet, Großunternehmen seien, so dass eine Abstufung der Geldbußen nach der Unternehmensgröße nicht notwendig sei.

172. Dazu ist festzustellen, dass die Kommission sich bei dieser Würdigung weitgehend auf die Art der Zuwiderhandlung gestützt hat, um sie als sehr schwerwiegend einzustufen. Nach den insbesondere in den Randnummern 62, 67, 78 und 80 der angefochtenen Entscheidung angeführten Vermerken von Vallourec war die Zusammenarbeit zwischen der Klägerin und diesem Unternehmen aber besonders eng.

173. Zu dem Argument von Corus, sie sei dabei gewesen, sich vom Markt der OCTG-Rohre und der Leitungsrohre zurückzuziehen, und habe sich daher in einer anderen geschäftlichen Lage befunden als alle anderen Adressaten der angefochtenen Entscheidung, ist festzustellen, dass die subjektiven Gründe eines Unternehmens für eine von ihm begangene Zuwiderhandlung im Rahmen der Würdigung der objektiven Schwere dieser Handlung nicht von Bedeutung sind. Solange Corus sich von dem relevanten Markt nicht zurückgezogen hatte und weiterhin aktiv an der ihr zur Last gelegten Zuwiderhandlung beteiligt war, ist es ohne Bedeutung, dass sie auf diesen Märkten zeitlich nur begrenzt vertreten war.

174. Dagegen hat die Kommission in Randnummer 92 der angefochtenen Entscheidung festgestellt, dass Corus ihre Geschäftstätigkeiten im Bereich Gewinderohre am 22. Februar 1994 an Vallourec verkauft hatte und in ihrem Fall die Zuwiderhandlung laut Artikel 1 Absatz 2 dieser Entscheidung sich nur auf den Zeitraum zwischen 1990 und Februar 1994 erstreckte. Wie sich aus Randnummer 166 der angefochtenen Entscheidung ergibt, wurde die Corus zur Last gelegte Zuwiderhandlung nur für einen Zeitraum von vier Jahren, von 1990 bis 1994, berücksichtigt, was durch die Festsetzung des Grundbetrags auf 14 Millionen Euro für Corus in Randnummer 167 bestätigt wird. Betrachtet man die angefochtene Entscheidung in ihrer Gesamtheit, zeigt sich, dass bei dieser Berechnung das Jahr 1990 eingeschlossen und das Jahr 1994 ausgeschlossen worden ist.

175. Daher besteht kein Grund, insbesondere angesichts der genannten engen Zusammenarbeit zwischen Corus und Vallourec, das rechtswidrige Verhalten von Corus im vorliegenden Fall als seiner Art nach weniger schwerwiegend anzusehen als das der anderen an der Zuwiderhandlung beteiligten Unternehmen. Die in der vorangegangenen Randnummer beschriebene Berücksichtigung der kürzeren Dauer der in Artikel 1 der angefochtenen Entscheidung festgestellten Zuwiderhandlung im Fall von Corus trägt dem Umstand ausreichend Rechnung, dass sich das Unternehmen im Februar 1994 vom Markt der Gewinderohre zurückgezogen hat.

176. Sodann ist daran zu erinnern, dass ein Unternehmen für ein Gesamtkartell zur Verantwortung gezogen werden kann, auch wenn es nachweislich nur an einem oder mehreren Bestandteilen dieses Kartells unmittelbar mitgewirkt hat, sofern es wusste oder zwangsläufig wissen musste, dass die Absprache, an der es insbesondere durch die Teilnahme an regelmäßig über Jahre stattfindenden Sitzungen beteiligt war, Teil eines Gesamtsystems war, dass auf die Verfälschung des normalen Wettbewerbs gerichtet war, und dass sich dieses System auf sämtliche Bereiche des Kartells erstreckte (Urteil PVC II, zitiert oben in Randnr. 71, Randnr. 773). Angesichts der oben festgestellten besonders engen Zusammenarbeit zwischen Corus und Vallourec (vgl. auch Randnrn. 62, 67, 78 und 80 der angefochtenen Entscheidung) ist offenkundig, das Corus an der Ausarbeitung der im Rahmen des Europäisch-Japanischen Clubs beschlossenen gemeinsamen Strategie unmittelbar beteiligt gewesen war und alle Einzelheiten der Übereinkunft der Marktaufteilung kannte, die die ihr zur Last gelegte Zuwiderhandlung darstellt. Somit besteht im vorliegenden Fall kein Grund, Corus von ihrer Verantwortlichkeit für das Kartell in seiner Gesamtheit freizusprechen.

177. Was den Umstand betrifft, dass der britische Offshore-Markt, ein wichtiger Bereich des Heimatmarktes von Corus, nur teilgeschützt war, so ergibt sich aus den Vermerken von Vallourec (vgl. Randnrn. 62, 67, 78 und 80 der angefochtenen Entscheidung) und den Schriftstücken Arbeitspapier für die Vorstandsvorsitzenden und g) Japaner ([g] Japanese, wiedergegeben auf Seite 4909 der Kommissionsakte) (vgl. Randnr. 84), die von Angestellten von Corus verfasst waren, dass die Klägerin versuchte, die japanischen Verkäufe auf diesem Markt so weit wie möglich zu beschränken. Unter diesen Umständen kann sich Corus nicht auf diesen Teilschutz für seine Behauptung berufen, dass die von ihr begangene Zuwiderhandlung nicht besonders schwer gewesen sei. Im Übrigen spricht die Begrenztheit des Schutzes des britischen Offshore-Marktes keineswegs gegen die Feststellung der Kommission in Randnummer 161 der angefochtenen Entscheidung, wonach der betroffene geografische Markt ein räumlich ausgedehnter Markt gewesen sei.

178. Was die Argumente von Corus betrifft, dass ihre Beteiligung an der Zuwiderhandlung nur begrenzte Auswirkungen auf die in Rede stehenden Märkte gehabt habe, da es auf ihrem Heimatmarkt vor allem eine japanische Konkurrenz gegeben habe und sie selbst im Wesentlichen OCTG-Rohre in Premium statt in Standardausführung verkauft habe, so ist in diesem Zusammenhang noch einmal darauf hinzuweisen, dass die Kommission den begrenzten Auswirkungen der Zuwiderhandlung auf die Märkte durch die Herabsetzung des nach Maßgabe der Schwere bemessenen Betrages auf 50 % des für einen besonders schweren Verstoß gewöhnlich festgesetzten Mindestbetrags Rechnung getragen hat (oben Randnr. 170).

179. Zwar sieht Abschnitt 1 Buchstabe A Absatz 6 der Leitlinien die Möglichkeit vor, dass in bestimmten Fällen die innerhalb der einzelnen vorstehend beschriebenen Gruppen [von Zuwiderhandlungen] festgesetzten Beträge gewichtet werden, um das jeweilige Gewicht und damit die tatsächliche Auswirkung des Verstoßes jedes einzelnen Unternehmens auf den Wettbewerb zu berücksichtigen. Nach diesem Absatz ist diese Vorgehensweise vor allem dann angezeigt, wenn an einem Verstoß derselben Art Unternehmen von sehr unterschiedlicher Größe beteiligt waren.

180. Allerdings ist den Ausdrücken in bestimmten Fällen und vor allem in den Leitlinien zu entnehmen, dass eine Gewichtung nach der individuellen Unternehmensgröße kein durchgehend zu vollziehender Berechnungsschritt ist, zu dem sich die Kommission verpflichtet hat, sondern eine Anpassungsmöglichkeit, die sie sich in Sachen, die dies erfordern, vorbehält. In diesem Zusammenhang ist auf die Rechtsprechung zu verweisen, nach der die Kommission über ein Ermessen verfügt, dass es ihr erlaubt, für die Bemessung der von ihr zu verhängenden Geldbußen insbesondere nach Maßgabe der Umstände des Einzelfalls bestimmte Gesichtspunkte zu berücksichtigen oder nicht (vgl. in diesem Sinne Beschluss des Gerichtshofes vom 25. März 1996 in der Rechtssache C-137/95 P, SPO u. a./Kommission, Slg. 1996, I1611, Randnr. 54, und Urteile des Gerichtshofes vom 17. Juli 1997 in der Rechtssache C-219/95 P, Ferriere Nord/Kommission, Slg.1997, I4411, Randnrn. 32 und 33, und Limburgse Vinyl Maatschappij u. a./Kommission, zitiert oben in Randnr. 131, Randnr. 465; vgl. auch in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 14. Mai 1998 in der Rechtssache T-309/94, KNP BT/Kommission, Slg. 1998, II1007, Randnr. 68). Unter Berücksichtigung des genannten Abschnitts 1 Buchstabe A Absatz 6 der Leitlinien ist davon auszugehen, dass der Kommission hinsichtlich der Frage, ob eine Gewichtung der Geldbußen nach der Größe des einzelnen Unternehmens angezeigt ist, ein gewisses Ermessen verbleibt.

181. Insoweit ist auch daran zu erinnern, dass Geldbußen eine abschreckende Wirkung entfalten sollen (vgl. Abschnitt 1 Buchstabe A Absatz 4 der Leitlinien). Da es sich bei den Adressaten der angefochtenen Entscheidung nach der Feststellung in Randnummer 165 der angefochtenen Entscheidung um Großunternehmen handelt, hätte eine wesentlich stärkere Herabsetzung des nach der Schwere festgesetzten Betrages den Geldbußen ihre abschreckende Wirkung nehmen können.

182. Somit hat die Kommission durch die Nichtanwendung des Abschnitts 1 Buchstabe A Absatz 6 der Leitlinien die Grenzen des Ermessens, das ihr nach den Ausführungen oben in Randnummer 180 zusteht, nicht überschritten.

183. Zu dem Argument von Corus, eine etwaige Nichtigerklärung des Artikels 2 der angefochtenen Entscheidung müsse sich auf die Bemessung der Geldbuße auswirken, die zur Ahndung der in Artikel 1 festgestellten Zuwiderhandlung verhängt worden sei, genügt der Hinweis, dass für die in Artikel 2 der angefochtenen Entscheidung genannte Zuwiderhandlung keine Geldbuße verhängt worden ist und die Kommission diesen Verstoß bei der Bemessung der Geldbuße, die tatsächlich gegen Corus verhängt worden ist, außer Betracht gelassen hat (Randnr. 164 der angefochtenen Entscheidung). Infolgedessen greift dieses Argument nicht durch.

184. Nach alledem ist der vorliegende Klagegrund zurückzuweisen.

Zum Klagegrund einer Verletzung des Grundsatzes des Vertrauensschutzes

Vorbringen der Parteien

185. Corus macht geltend, die Kommission habe durch die Ablehnung einer Herabsetzung der Geldbuße ihr berechtigtes Vertrauen verletzt, dass durch Abschnitt D 2 der Mitteilung über die Zusammenarbeit begründet worden sei. Nach dieser Vorschrift könne die Höhe der Geldbuße eines Unternehmens, das den in der Mitteilung der Beschwerdepunkte dargestellten Sachverhalt nicht bestreite, um 10 bis 50 % niedriger festgesetzt werden als die Geldbuße, die ohne seine Zusammenarbeit verhängt worden wäre. Die Kommission habe in der Mitteilung über die Zusammenarbeit ausdrücklich anerkannt, dass diese berechtigte Erwartungen bei den Unternehmen wecken könne. Schließlich gelte analog das oben in Randnummer 116 zitierte Urteil vom 17. Dezember 1991 in der Rechtssache Hercules Chemicals.

186. Gegenüber dem Argument der Kommission, die Mitteilung über die Zusammenarbeit habe bei Corus keine berechtigten Erwartungen wecken können, da diese Mitteilung erst 1996 veröffentlicht worden sei, genüge der Hinweis, dass die Mitteilung der Beschwerdepunkte erst 1999 an die Klägerin gerichtet worden sei. Im Übrigen habe sich die Kommission in der angefochtenen Entscheidung bei der Herabsetzung der gegen Vallourec und Dalmine verhängten Geldbußen ausdrücklich auf die Mitteilung über die Zusammenarbeit berufen.

187. Wie sich aus der Rechtsprechung ergebe, beruhe die Herabsetzung der Geldbuße, die gegen ein Unternehmen verhängt worden sei, das erklärt habe, den Sachverhalt, auf den die Kommission ihre Beschuldigungen stütze, nicht zu bestreiten, auf der Erwägung, dass diese Anerkennung der behaupteten Tatsachen als Beweis für deren Richtigkeit angeführt werden könne und damit zur Erleichterung der Aufgabe der Kommission beitrage, die in der Feststellung und Verfolgung von Verstößen gegen die Wettbewerbsregeln bestehe (Urteil des Gerichts vom 14. Mai 1998 in der Rechtssache T-308/94, Cascades/Kommission, Slg. 1998, II-925, Randnr. 256).

188. Im vorliegenden Fall habe Corus in Abschnitt 1.5 ihrer Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte erklärt, dass sie den Sachverhalt bezüglich der später in Artikel 1 der angefochtenen Entscheidung angeführten Zuwiderhandlung im Wesentlichen nicht bestreite, wohl aber, dass eine Zuwiderhandlung vorliege. Es müsse zwischen den Tatsachenbehauptungen und deren rechtlicher Qualifizierung unterschieden werden. Wenn ein Unternehmen die rechtliche Qualifizierung angreife, verringere dies daher nicht den Umfang und den Nutzen der Zusammenarbeit, die es mit der Anerkennung des Sachverhalts gezeigt habe. In anderen Entscheidungen über rechtswidrige Absprachen habe die Kommission die Geldbußen von Unternehmen herabgesetzt, obwohl diese die Abstimmung, die die Zuwiderhandlung dargestellt habe, geleugnet oder behauptet hätten, an dieser nicht teilgenommen zu haben (vgl. Entscheidung 98/247/EGKS der Kommission vom 21. Januar 1998 in einem Verfahren nach Artikel 65 EGKS-Vertrag [Sache IV/35.814 - Legierungszuschlag] [ABl. L 100, S. 55], Randnrn. 98 bis 100, und Entscheidung 1999/60/EG der Kommission vom 21. Oktober 1998 in einem Verfahren gemäß Artikel 81 EG-Vertrag [Sache IV/35.691/E4 - Fernwärmetechnik-Kartell] [ABl. L 24, S. 1], Randnr. 180). Corus hätte eine Herabsetzung der gegen sie verhängten Geldbuße gewährt werden müssen.

189. Zu den Argumenten, die Corus aus ihrer angeblichen Zusammenarbeit herleitet, trägt die Kommission vor, die Mitteilung über die Zusammenarbeit sei erst 1996 veröffentlicht worden. Da Corus die in der angefochtenen Entscheidung festgestellten Zuwiderhandlungen im Februar 1994 beendet habe, habe die Mitteilung in diesem Zusammenhang keine Rolle gespielt.

190. Zudem habe Corus in ihrer Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte, insbesondere in Abschnitt 3.15 bezüglich der in Artikel 1 der angefochtenen Entscheidung festgestellten Zuwiderhandlung, nicht nur der Sachverhaltswürdigung widersprochen, sondern auch die rechtswidrige Übereinkunft selbst geleugnet. Dadurch habe sie die Kommission gezwungen, den Corus in der Mitteilung der Beschwerdepunkte vorgeworfenen Sachverhalt im Einzelnen nachzuweisen. Die Haltung der Klägerin habe somit die Aufgabe der Kommission nicht erleichtert. Daher könne sie nicht als eine Zusammenarbeit gelten, die eine Herabsetzung der Geldbuße rechtfertige (Urteil des Gerichts vom 14. Mai 1998 in der Rechtssache T-347/94, Mayr-Melnhof/Kommission, Slg. 1998, II-1751, Randnr. 309, und die zitierte Rechtsprechung sowie Randnr. 332). Das Gericht habe ausdrücklich entschieden, dass ein Unternehmen, das seine Beteiligung an einem Verstoß gegen Artikel 81 Absatz 1 EG leugne, keine Herabsetzung der Geldbuße aufgrund der Zusammenarbeit verlangen könne (Urteile des Gerichts vom 14. Mai 1998 in der Rechtssache T-311/94, BPB de Eendracht/Kommission, Slg. 1998, II1129, Randnr. 59, und in der Rechtssache T-338/94, Finnboard/Kommission, Slg. 1998, II1617, Randnrn. 262 f.).

191. Die Kommission kommt aufgrund dessen zu dem Ergebnis, das Corus den in der angefochtenen Entscheidung zugrunde gelegten Sachverhalt vor dem Gericht nach wie vor bestreite. Daher müsste, wenn Corus wegen der Zusammenarbeit einen Anspruch auf Herabsetzung ihrer Geldbuße gehabt haben sollte, im Verfahren vor dem Gericht der Antrag gestellt werden, ihr diese Vergünstigung zu entziehen und die betreffende Geldbuße folglich zu erhöhen. In diesem Fall wäre Corus nämlich ein Unternehmen, das, nachdem es eine Herabsetzung der Geldbuße wegen Zusammenarbeit erreicht habe, in der Klageschrift dann die Richtigkeit des Sachverhalts bestritten habe, was nach dem letzten Satz der Mitteilung über die Zusammenarbeit den Antrag auf Heraufsetzung der Geldbuße rechtfertige. Corus müsse daher gezwungen werden, in diesem Verfahren zwischen den Klagegründen und Argumenten gegen das Vorliegen einer Zuwiderhandlung und ihren auf die Mitteilung über die Zusammenarbeit gestützten Argumenten zu wählen, da diese beiden Seiten ihrer Klageschrift miteinander unvereinbar seien.

Würdigung durch das Gericht

192. Zunächst ist festzustellen, dass die 1996 veröffentlichte Mitteilung über die Zusammenarbeit Corus zu ihrer Erklärung in der Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte vom 20. April 1999 bewegen konnte, dass sie den Sachverhalt bezüglich des Europäisch-Japanischen Clubs im Wesentlichen (substantially) nicht bestreite. Daher sprechen zeitliche Gründe nicht dagegen, dass die Mitteilung über die Zusammenarbeit bei diesem Unternehmen berechtigte Erwartungen wecken konnte.

193. Bezüglich der Frage, ob eine Herabsetzung der gegen Corus verhängten Geldbuße im vorliegenden Fall aufgrund der Mitteilung über die Zusammenarbeit gerechtfertigt war, so dass der Grundsatz des berechtigten Vertrauens verletzt worden ist, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass das Verhalten dieses Unternehmens der Kommission die Wahrnehmung ihrer Aufgabe erleichtert haben muss, Verstöße gegen die Wettbewerbsregeln der Gemeinschaft festzustellen und zu verfolgen (Urteil Mayr-Melnhof/Kommission, zitiert oben in Randnr. 190, Randnr. 309, und die zitierte Rechtsprechung sowie Randnr. 332). Dabei reicht eine allgemeine Erklärung des Unternehmens, dass es den festgestellten Sachverhalt gemäß dieser Mitteilung nicht bestreite, nicht, wenn diese Erklärung im konkreten Fall ohne jeden Nutzen für die Kommission ist.

194. Im vorliegenden Fall hat die Kommission in der Mitteilung der Beschwerdepunkte u. a. behauptet, dass die Mitglieder des Europäisch-Japanischen Clubs eine wettbewerbswidrige Übereinkunft getroffen hätten, die eine Aufteilung der Märkte bezweckt und bewirkt habe. Corus hat zwar erklärt, den Sachverhalt insoweit nicht zu bestreiten, hat aber in Abschnitt 1.7 und noch einmal in Abschnitt 3.15 Absatz 2 ihrer Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte geltend gemacht, dass die wettbewerbswidrigen Auswirkungen einer solchen Übereinkunft, falls es sie überhaupt gegeben habe, unbedeutend gewesen seien, so dass sich die Frage nach dem geschäftlichen Zweck der Übereinkunft und damit nach der Übereinkunft selbst stelle. Sie hat vor dem Gericht auf die Notwendigkeit hingewiesen, zwischen den Tatsachen als solchen, die sie nicht bestreite, und deren rechtlicher Qualifizierung, der sie widerspreche, zu unterscheiden.

195. Im besonderen Fall einer Vereinbarung, die unabhängig von ihren etwaigen Wirkungen eine Aufteilung der Märkte bezweckt, ist jedoch die Anerkennung der Richtigkeit der Tatsachen grundsätzlich ausreichend, um zwei der für einen Verstoß gegen Artikel 81 Absatz 1 EG wesentlichen Voraussetzungen nachzuweisen, nämlich das Vorliegen einer Vereinbarung und deren wettbewerbswidrigen Zweck.

196. Zudem hat die Kommission im vorliegenden Fall in der Mitteilung der Beschwerdepunkte und in der angefochtenen Entscheidung im Wesentlichen die gleichen Beweise angeführt. Eine große Zahl von diesen, insbesondere die Erklärungen von Herrn Verluca und die verschiedenen Vermerke von Vallourec betreffen den Inhalt strategischer Diskussionen mit dem Ziel der Abstimmung zwischen den Mitgliedern des Europäisch-Japanischen Clubs vor allem im Hinblick auf die Gemeinschaftsmärkte (vgl. u. a. Nrn. 56, 60, 63 und 65 der Mitteilung der Beschwerdepunkte und Randnrn. 62, 67, 73 und 78 der angefochtenen Entscheidung).

197. Somit ist festzustellen, das Corus in ihrer Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte ihre Beteiligung an der Übereinkunft und an der wettbewerbswidrigen Zielsetzung, die die später in Artikel 1 der angefochtenen Entscheidung festgestellte Zuwiderhandlung darstellen, nicht in Zweifel ziehen konnte, ohne gleichzeitig die Tatsachen bezüglich der betreffenden Diskussionen und ihres Inhalts zu bestreiten.

198. Wenn sich für Corus in ihrer Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte die Frage nach dem Vorliegen einer Übereinkunft stellt, kommen somit unter den Umständen des vorliegenden Falles Zweifel an dem Wert ihrer Erklärung in dieser Antwort, dass sie den Sachverhalt nicht bestreite, auf, so dass die Bedeutung dieser Erklärung nicht klar ist. Diese Unklarheit wird dadurch verstärkt, dass Corus ihre Erklärung, dass sie den Sachverhalt nicht bestreite, durch die Verwendung des Wortes substantially (im Wesentlichen) relativiert hat, ohne zu erläutern, welche konkreten Tatsachen von diesem Vorbehalt erfasst werden.

199. Unter diesen Umständen konnte die Kommission im Verwaltungsverfahren ebenso wenig wie das Gericht im vorliegenden Verfahren die Tatsachen feststellen, die Corus konkret eingeräumt hat und durch die die Zusammenarbeit des Unternehmens dazu beigetragen hat, die Aufgabe der Kommission zu erleichtern. Infolgedessen kann die Anerkennung der in der Mitteilung der Beschwerdepunkte behaupteten Tatsachen durch Corus eine Herabsetzung ihrer Geldbuße aufgrund der Mitteilung über die Zusammenarbeit, wie sie in der Rechtsprechung ausgelegt wird, nicht rechtfertigen.

200. Nach alledem ist der vorliegende Klagegrund zurückzuweisen.

Zum Klagegrund der Verletzung des Grundsatzes der Gleichbehandlung

Vorbringen der Parteien

201. Corus weist zunächst darauf hin, dass nach ständiger Rechtsprechung der Grundsatz der Gleichbehandlung verletzt sei, wenn vergleichbare Sachverhalte unterschiedlich und unterschiedliche Sachverhalte gleich behandelt würden, sofern eine solche Differenzierung nicht objektiv gerechtfertigt sei (Urteile des Gerichtshofes vom 13. Dezember 1984 in der Rechtssache 106/83, Sermide, Slg. 1984, 4209, Randnr. 28, und vom 28. Juni 1990 in der Rechtssache C-174/89, Hoche, Slg. 1990, I2681, Randnr. 25; ebenso Urteil des Gerichts vom 15. März 1994 in der Rechtssache T100/92, La Pietra/Kommission, Slg. ÖD 1994, IA83 und II275, Randnr. 50). Dieser Grundsatz werde bei der Verhängung von Geldbußen häufig angewandt (Urteile des Gerichts vom 17. Dezember 1991 in der Rechtssache Hercules Chemicals/Kommission, zitiert oben in Randnr. 116, Randnr. 295, vom 6. April 1995 in der Rechtssache T141/89, Trefileurope/Kommission, Slg. 1995, II-791, Randnr. 185, in der Rechtssache T-142/89, Boël/Kommission, Slg. 1995, II-867, Randnrn. 128 bis 135, in der Rechtssache T-143/89, Ferriere Nord/Kommission, Slg. 1995, II917, Randnrn. 54 bis 56, in der Rechtssache T-150/89, Martinelli/Kommission, Slg. 1995, II1165, Randnrn. 57 bis 61, vom 11. Dezember 1996 in der Rechtssache T49/95, Van Megen Sports/Kommission, Slg. 1996, II1799, Randnr. 56, in der Rechtssache Finnboard/Kommission, zitiert oben in Randnr. 190, und in der Rechtssache MayrMelnhof/Kommission, zitiert oben in Randnr. 190, Randnrn. 334 bis 336 und 352 bis 354).

202. Vallourec, deren Geldbuße um 40 % herabgesetzt worden sei, habe lediglich die Fragen, die ihr von Beamten der Kommission bei einer Nachprüfung vor Ort gestellt worden seien, gemäß ihrer gesetzlichen Verpflichtung beantwortet, was Corus ebenfalls getan habe. In diesem Zusammenhang verweist die Klägerin darauf, dass die Erklärungen von Herrn Verluca Antworten auf Fragen gewesen seien, die die Kommission Vallourec gestellt habe.

203. Dalmine, deren Geldbuße um 20 % herabgesetzt worden sei, habe der Kommission lediglich mitgeteilt, dass sie den Sachverhalt nicht bestreite, ohne jedoch ihre Beteiligung an einer Zuwiderhandlung anzuerkennen. Der Umfang ihrer Zusammenarbeit sei daher nicht größer als der von Corus gewesen. Die Ungleichbehandlung von Corus, die die Kommission in ihrer Klagebeantwortung nicht gerechtfertigt habe, sei somit offenkundig. Dalmine sei sogar weniger zur Zusammenarbeit bereit gewesen als Corus, vor allem, weil sie sich anfangs geweigert habe, der Kommission bestimmte Auskünfte, die diese verlangt habe, zu erteilen, und dann sowohl in ihrer Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte als auch im Rahmen ihrer als offensichtlich unzulässig abgewiesenen Klage, die sie gegen die von der Kommission gemäß Artikel 11 Absatz 5 der Verordnung Nr. 17 gegen sie getroffene Entscheidung erhoben habe, zur Rechtfertigung ihrer Weigerung, auf bestimmte Fragen zu antworten, auf ihr Recht berufen habe, sich nicht selbst zu belasten. Außerdem habe Dalmine die Rechtmäßigkeit der Entscheidungen, auf deren Grundlage die Kommission im Dezember 1994 Nachprüfungen vorgenommen habe, und damit das Recht der Kommission, die bei dieser Gelegenheit sichergestellten Dokumente zu verwerten, in Frage gestellt (Randnr. 118 der angefochtenen Entscheidung).

204. Zudem hätten die japanischen Klägerinnen, wie sich aus der angefochtenen Entscheidung (Randnr. 174) ergebe, keine echte Zusammenarbeit mit der Kommission erkennen lassen und im Verwaltungsverfahren die Übereinkunft geleugnet, wodurch sich ihre Situation von der von Corus unterscheide. Ebenso wie Dalmine hätten die japanischen Hersteller sowohl die Rechtmäßigkeit der Entscheidungen, auf deren Grundlage die Kommission im Dezember 1994 Nachprüfungen vorgenommen habe, in Frage gestellt als auch der Verwendung der dabei sichergestellten Unterlagen durch die Kommission widersprochen. Mannesmann habe, wie sich ebenfalls aus der angefochtenen Entscheidung (Randnr. 174) ergebe, niemals deutlich Stellung bezogen, ob sie den Sachverhalt bestreite, und sich geweigert, bestimmte Auskünfte zu erteilen, die die Kommission durch Entscheidung gemäß Artikel 11 Absatz 5 der Verordnung Nr. 17 angefordert hatte. Die Kommission habe daher den Grundsatz der Gleichbehandlung verletzt, indem sie es abgelehnt habe, die gegen Corus verhängte Geldbuße herabzusetzen, und das Unternehmen daher ebenso behandelt habe wie Mannesmann und die vier japanischen Hersteller.

205. Die Kommission hält dem entgegen, sie verfüge bei der Festsetzung der Geldbußen über einen Ermessenspielraum, wobei der Begriff der Gleichbehandlung im Bereich der Geldbußen im Licht dieser Regel auszulegen sei (Urteil Martinelli/Kommission, zitiert oben in Randnr. 201, Randnr. 59). Jedenfalls gelte der Gleichbehandlungsgrundsatz nur dann, wenn vergleichbare Sachverhalte unterschiedlich behandelt würden (Urteil vom 17. Dezember 1991 in der Rechtssache Hercules Chemicals/Kommission, zitiert oben in Randnr. 116, Randnr. 295).

206. Im vorliegenden Fall bestuenden objektive Unterschiede zwischen der Situation von Corus und der der anderen Adressaten der angefochtenen Entscheidung. Erstens habe Vallourec der Kommission eine schriftliche Erklärung übergeben, die von großem Nutzen gewesen sei (Erklärung von Herrn Verluca vom 17. September 1996, vgl. u. a. Randnrn. 53 und 170 der angefochtenen Entscheidung), und habe den Sachverhalt, auf den die Kommission ihre Mitteilung der Beschwerdepunkte gestützt habe, nicht bestritten. Zweitens habe Dalmine die Tatsache nicht bestritten, auf die die Kommission ihre Entscheidung gestützt habe (Randnr. 172 der angefochtenen Entscheidung), und habe dies ohne jeden Vorbehalt getan, während Corus die Übereinkunft selbst in Frage gestellt habe. Aber selbst wenn die Kommission mit der Herabsetzung der gegen Vallourec und Dalmine verhängten Geldbußen einen Fehler begangen hätte, wäre dies im Rahmen des Antrags von Corus auf Herabsetzung der Geldbuße unerheblich. Schließlich spiele es keine Rolle, dass im Fall von Corus die Geldbuße aus anderen Gründen als im Fall von Mannesmann und den japanischen Herstellern nicht herabgesetzt worden sei, da die Klägerin unabhängig davon, wie die Situation dieser anderen Unternehmen gewesen sei, die Voraussetzungen nicht erfuellt habe, die hierfür in der Mitteilung über die Zusammenarbeit festgelegt seien.

Würdigung durch das Gericht

207. Nach ständiger Rechtsprechung darf die Kommission bei der Beurteilung der Kooperation der Unternehmen den Gleichbehandlungsgrundsatz nicht außer Acht lassen, der ein allgemeiner Grundsatz des Gemeinschaftsrechts ist und der nach ständiger Rechtsprechung verletzt ist, wenn vergleichbare Sachverhalte unterschiedlich oder unterschiedliche Sachverhalte gleich behandelt werden, es sei denn, eine solche Behandlung ist objektiv gerechtfertigt (Urteil des Gerichts vom 13. Dezember 2001 in den Rechtssachen T-45/98 und T-47/98, Krupp Thyssen Stainless und Acciai speciali Terni/Kommission, Slg. 2001, II-3757, Randnr. 237, und die zitierte Rechtsprechung).

208. Ebenfalls ist daran zu erinnern, dass eine Herabsetzung der Geldbuße nur gerechtfertigt ist, wenn das Verhalten eines Unternehmens der Kommission ihre Aufgabe erleichtert hat, Zuwiderhandlungen gegen die Wettbewerbsregeln der Gemeinschaft festzustellen und zu verfolgen (Urteil Mayr-Melnhof/Kommission, zitiert oben in Randnr. 190, Randnr. 309, und zitierte Rechtsprechung, sowie Randnr. 332 und vorstehend Randnr. 193).

209. Im vorliegenden Fall bestanden erhebliche objektive Unterschiede hinsichtlich des letztgenannten Kriteriums zwischen dem Fall von Corus und dem von Vallourec und Dalmine.

210. Erstens hat Vallourec nicht nur den Sachverhalt, auf den die Kommission die Mitteilung der Beschwerdepunkte gestützt hat, nicht bestritten, sondern im Gegensatz zu Corus auch schriftliche Erklärungen vorgelegt, die für die Kommission von großem Nutzen waren, insbesondere die von Herrn Verluca vom 17. September und 14. Oktober 1996 (vgl. insbesondere Randnrn. 60, 62, 72 und 108 der angefochtenen Entscheidung).

211. Kein Vertreter von Corus hat jemals eine Erklärung von vergleichbarem Beweiswert oder vergleichbarer Bedeutung wie die von Herrn Verluca abgegeben. Die Antwort von Corus vom 31. Oktober 1997, die in Randnummer 66 der angefochtenen Entscheidung genannt ist, ist nämlich nur von begrenzter Bedeutung und begrenztem Beweiswert, zumal nicht klar ist, ob Corus sie bezüglich des Verfahrens für die nahtlosen Rohre nicht durch das Schreiben vom 30. März 1999 an die Kommission zurücknehmen wollte (vgl. dazu Urteil JFE Engineering u. a./Kommission, zitiert oben in Randnr. 129, Randnrn. 305 bis 308).

212. Zu dem Argument von Corus, die Erklärungen von Herrn Verluca seien die Antwort auf Fragen gewesen, die die Kommission nur Vallourec gestellt habe, genügt die Feststellung, dass die Kommission nicht verpflichtet ist, im Ermittlungsverfahren allen Unternehmen, die sie im Verdacht hat, an Zuwiderhandlungen beteiligt zu sein, die gleichen Fragen vorzulegen. Eine solche Verpflichtung könnte die Handlungsfreiheit der Kommission bei ihren Ermittlungen im Wettbewerbsbereich und damit die Wirksamkeit der Ermittlungen beeinträchtigen.

213. Soweit Unternehmen der Kommission im gleichen Abschnitt des Verwaltungsverfahrens unter vergleichbaren Umständen ähnliche Informationen über den ihnen zur Last gelegten Sachverhalt zukommen lassen, haben sie in vergleichbarem Umfang mit der Kommission zusammengearbeitet (Urteil Krupp Thyssen Stainless und Acciai speciali Terni/Kommission, zitiert oben in Randnr. 207, Randnrn. 243 bis 246).

214. Für den vorliegenden Fall trifft dies jedoch offenkundig nicht zu (vgl. oben Randnr. 211). Daher ist diese Rechtsprechung nicht übertragbar.

215. Was Dalmine betrifft, so ist sowohl in der vorliegenden Rechtssache als auch in der Rechtssache T-50/00, Dalmine/Kommission, die mit der Erstgenannten für die Zwecke der mündlichen Verhandlung verbunden worden ist, unbestritten, dass dieses Unternehmen den Sachverhalt, auf den die Kommission die angefochtene Entscheidung gestützt hat, nicht bestritten hat, wie in Randnummer 172 der Entscheidung festgestellt worden ist. Auch wenn Corus in ihrer Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte erklärt hat, dass sie die Tatsachen nicht bestreite, die die Kommission zu der Zuwiderhandlung gemäß Artikel 1 der angefochtenen Entscheidung vorgetragen hat, so reicht diese Erklärung, wie oben in den Randnummern 192 bis 199 ausgeführt worden ist, wegen ihrer Unklarheit und Mehrdeutigkeit jedoch nicht aus, um eine Herabsetzung der gegen Corus verhängten Geldbuße zu rechtfertigen.

216. Somit genügt die Feststellung, dass Dalmine ähnliche Unklarheiten bei der Anerkennung des Sachverhalts nicht vorgeworfen werden können, um eine Ungleichbehandlung durch die Kommission zu verneinen. Die anderen Umstände, die Corus angeführt hat, um zu belegen, dass Dalmine weniger kooperativ gewesen sei als sie selbst, beziehen sich auf die Weigerung von Dalmine vor der Versendung der Mitteilung der Beschwerdepunkte, auf Auskunftsverlangen zu antworten; für diesen Ermittlungsabschnitt hat die Kommission aber auch keine Kooperation von Dalmine behauptet.

217. Somit konnte die Kommission zu Recht davon ausgehen, dass diese Umstände für die Anerkennung des Sachverhalts durch Dalmine in ihrer Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte und damit für die Herabsetzung der Geldbuße um 20 %, die die Kommission dem Unternehmen deshalb gemäß der Mitteilung über die Zusammenarbeit gewährt hatte, keine Rolle spielten.

218. Schließlich ist es, wie die Kommission ausgeführt hat, ohne Bedeutung, dass Corus aus anderen Gründen als Mannesmann und den japanischen Herstellern keine Herabsetzung der Geldbuße gewährt worden ist, da vorstehend festgestellt worden ist, dass die Klägerin, unabhängig davon wie die Situation dieser anderen Unternehmen gewesen ist, nicht die Voraussetzungen erfuellt hat, die in der Mitteilung über die Zusammenarbeit hierfür festgelegt sind.

Zur Berechnung der Geldbuße

219. Nach dem oben Gesagten ist die gegen Corus festgesetzte Geldbuße herabzusetzen, um dem Umstand Rechnung zu tragen, dass bei der festgestellten Zuwiderhandlung von einer Dauer von drei Jahren statt von vier Jahren auszugehen ist.

220. Da die Methode zur Berechnung der Geldbußen, die in den Leitlinien festgelegt ist und von der Kommission im vorliegenden Fall angewandt wurde, als solche nicht beanstandet worden ist, ist diese Methode auch vom Gericht im Rahmen seiner Befugnis zur unbeschränkten Nachprüfung im Hinblick auf die in der vorstehenden Randnummer getroffene Feststellung anzuwenden.

221. Demnach ist der Grundbetrag der Geldbuße in Höhe von 10 Millionen Euro für jedes Jahr der Zuwiderhandlung um 10 %, also insgesamt um 30 % zu erhöhen, womit sich ein Betrag von 13 Millionen Euro ergibt. Dieser Betrag ist sodann gemäß den Randnummern 168 und 169 der angefochtenen Entscheidung wegen mildernder Umstände um 10 % zu verringern, woraus für Corus ein Endbetrag von 11,7 Millionen Euro statt 12,6 Millionen Euro folgt.

Zum Antrag, der Kommission aufzugeben, die Geldbuße oder hilfsweise den Betrag, um den die Geldbuße herabgesetzt worden ist, zuzüglich der Zinsen, zurückzuzahlen

222. Wie in zahlreichen Fällen entschieden, ist das beklagte Organ nach einem Nichtigkeitsurteil, das ex tunc gilt und damit der für nichtig erklärten Handlung rückwirkend ihren rechtlichen Bestand nimmt (Urteil des Gerichtshofes vom 26. April 1988 in den Rechtssachen 97/86, 99/86, 193/86 und 215/86, Asteris u. a./Kommission, Slg. 1988, 2181, Randnr. 30; Schlussanträge des Generalanwalts Léger zum Urteil des Gerichtshofes vom 6. Juni 1996 in der Rechtssache C-127/94, Ecroyd, Slg. 1996, I-2731, I-2735, Randnr. 74; Urteil des Gerichts vom 10. Oktober 2001 in der Rechtssache T-171/99, Corus UK/Kommission, Slg. 2001, II-2967, Randnr. 50), verpflichtet, die erforderlichen Maßnahmen zur Beseitigung der Wirkungen der festgestellten Rechtsverstöße zu ergreifen, wozu es im Fall eines bereits vollzogenen Rechtsakts geboten sein kann, den Kläger wieder in den Stand zu versetzen, in dem er sich vor diesem Rechtsakt befand (Urteile des Gerichtshofes vom 31. März 1971 in der Rechtssache 22/70, Kommission/Rat, Slg. 1971, 263, Randnr. 60, vom 6. März 1979 in der Rechtssache 92/78, Simmenthal/Kommission, Slg. 1979, 777, Randnr. 32, und vom 17. Februar 1987 in der Rechtssache 21/86, Samara/Kommission, Slg. 1987, 795, Randnr. 7; Urteile des Gerichts vom 14. September 1995 in den Rechtssachen T-480/93 und T-483/93, Antillean Rice Mills u. a./Kommission, Slg. 1995, II-2305, Randnrn. 59 und 60, und Corus UK/Kommission, Randnr. 50).

223. Zu den Maßnahmen gemäß Artikel 233 EG gehört somit im Fall eines Urteils, mit dem eine gegen ein Unternehmen wegen Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln des Vertrages verhängte Geldbuße für nichtig erklärt oder herabgesetzt wird, in erster Linie die Verpflichtung der Kommission, dem betroffenen Unternehmen die gezahlte Geldbuße ganz oder teilweise, nämlich insoweit zurückzuerstatten, wie diese Zahlung wegen der Nichtigkeitsentscheidung als rechtsgrundlos anzusehen ist. Diese Verpflichtung umfasst nicht nur den Hauptbetrag der als rechtsgrundlos geleisteten Geldbuße, sondern auch die Verzugszinsen auf diesen Betrag (Urteil Corus UK/Kommission, zitiert oben in Randnr. 222, Randnrn. 52 und 53).

224. Im vorliegenden Fall besteht kein Grund für die Annahme, dass die Kommission ihren Verpflichtungen aus dem vorliegenden Urteil in Verbindung mit Artikel 233 EG nicht nachkommen wird.

225. Infolgedessen braucht über diesen Antrag im vorliegenden Verfahren nicht entschieden zu werden.

226. Ebenso ist festzustellen, dass aus dem gleichen Grund nicht über den Antrag von Corus zu entscheiden ist, alle erforderlichen Maßnahmen zur Durchsetzung dieses Urteils zu erlassen.

Kostenentscheidung:

Kosten

227. Gemäß Artikel 87 § 3 der Verfahrensordnung kann das Gericht die Kosten teilen oder beschließen, dass jede Partei ihre eigenen Kosten trägt, wenn jede Partei teils obsiegt und teils unterliegt. Da jede der Parteien im vorliegenden Fall teils obsiegt hat und teils unterlegen ist, sind der Klägerin und der Kommission jeweils ihre eigenen Kosten aufzuerlegen.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DAS GERICHT (Zweite Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1. Artikel 1 Absatz 2 der Entscheidung 2003/382/EG der Kommission vom 8. Dezember 1999 in einem Verfahren nach Artikel 81 EG-Vertrag (Sache IV/E1/35.860B - Nahtlose Stahlrohre) wird für nichtig erklärt, soweit dort festgestellt wird, dass die der Klägerin in diesem Artikel zur Last gelegte Zuwiderhandlung vor dem 1. Januar 1991 vorlag.

2. Die gegen die Klägerin in Artikel 4 der Entscheidung 2003/382 verhängte Geldbuße wird auf 11 700 000 Euro festgesetzt.

3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

4. Jede Partei trägt ihre eigenen Kosten.

Ende der Entscheidung

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