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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäisches Gericht
Urteil verkündet am 06.12.2005
Aktenzeichen: T-48/02
Rechtsgebiete: EG, Verordnung Nr. 17 des Rates vom 6. Februar 1962, EGKS-Vertrag


Vorschriften:

EG Art. 81
EG Art. 229
EG Art. 230
EG Art. 253
Verordnung Nr. 17 des Rates vom 6. Februar 1962 Art. 15 Abs. 2
Verordnung Nr. 17 des Rates vom 6. Februar 1962 Art. 17
EGKS-Vertrag Art. 65 Abs. 5
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

Parteien:

In der Rechtssache T-48/02

Brouwerij Haacht NV mit Sitz in Boortmeerbeek (Belgien), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Y. van Gerven, F. Louis und H. Viaene, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Klägerin,

gegen

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch A. Bouquet und W. Wils als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Beklagte,

wegen Nichtigerklärung oder, hilfsweise, Herabsetzung der in Artikel 4 der Entscheidung 2003/569/EG der Kommission vom 5. Dezember 2001 in einem Verfahren nach Artikel 81 EG-Vertrag (Sache IV/37.614/F3 PO/Interbrew und Alken-Maes) (ABl. 2003, L 200, S. 1) gegen die Klägerin festgesetzten Geldbuße

erlässt

DAS GERICHT ERSTER INSTANZDER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN (Fünfte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten M. Vilaras sowie der Richterinnen M. E. Martins Ribeiro und K. Jürimäe,

Kanzler: J. Plingers, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 9. Dezember 2004

folgendes

Urteil

Entscheidungsgründe:

Rechtlicher Rahmen

1. Die Verordnung Nr. 17 des Rates vom 6. Februar 1962: Erste Durchführungsverordnung zu den Artikeln [81] und [82] des Vertrages (ABl. 1962, 17, S. 204) sieht in Artikel 15 Absatz 2 vor:

"Die Kommission kann gegen Unternehmen und Unternehmensvereinigungen durch Entscheidung Geldbußen in Höhe von eintausend bis einer Million [Euro] oder über diesen Betrag hinaus bis zu zehn vom Hundert des von dem einzelnen an der Zuwiderhandlung beteiligten Unternehmen im letzten Geschäftsjahr erzielten Umsatzes festsetzen, wenn sie vorsätzlich oder fahrlässig:

a) gegen Artikel [81] Absatz 1 oder Artikel [82] des Vertrages verstoßen,

b) einer nach Artikel 8 Absatz 1 [der Verordnung] erteilten Auflage zuwiderhandeln.

Bei der Festsetzung der Höhe der Geldbuße ist neben der Schwere des Verstoßes auch die Dauer der Zuwiderhandlung zu berücksichtigen."

2. Die Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen, die gemäß Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 und gemäß Artikel 65 Absatz 5 EGKS-Vertrag festgesetzt werden (ABl. 1998, C 9, S. 3, im Folgenden: Leitlinien), legen ein Verfahren für die Festsetzung der genannten Geldbußen fest, "dem die Errechnung eines Grundbetrags zugrunde liegt, wobei Aufschläge zur Berücksichtigung erschwerender und Abzüge zur Berücksichtigung mildernder Umstände berechnet werden können" (Absatz 2 der Leitlinien). Nach diesen Leitlinien wird ferner "[d]er Grundbetrag ... nach Maßgabe der Schwere und Dauer des Verstoßes als den einzigen Kriterien von Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 errechnet" (Nr. 1 der Leitlinien).

3. Die Mitteilung der Kommission über die Nichtfestsetzung oder die niedrigere Festsetzung von Geldbußen in Kartellsachen (ABl. 1996, C 207, S. 4, im Folgenden: Mitteilung über die Zusammenarbeit) "enthält die Voraussetzungen, unter denen Geldbußen für Unternehmen, die während der Untersuchung eines Kartellfalls mit [der Kommission] zusammenarbeiten, entweder nicht oder niedriger festgesetzt werden können. Sobald die Kommission ausreichende Erfahrungen mit der Anwendung dieser Mitteilung gesammelt hat, wird sie prüfen, ob diese geändert werden sollte" (Abschnitt A Nr. 3 der Mitteilung).

4. Abschnitt D der Mitteilung über die Zusammenarbeit lautet wie folgt:

"D. Spürbar niedrigere Festsetzung der Geldbuße

1. Arbeitet ein Unternehmen mit der Kommission zusammen, ohne dass es alle [in den Abschnitten B und C genannten] Voraussetzungen erfüllt, so wird die Höhe der Geldbuße, die ohne seine Mitarbeit festgesetzt worden wäre, um 10 bis 50 % niedriger festgesetzt.

2. Dies gilt insbesondere, wenn

- ein Unternehmen der Kommission vor der Mitteilung der Beschwerdepunkte Informationen, Unterlagen oder andere Beweismittel liefert, die zur Feststellung des Vorliegens eines Verstoßes beitragen;

- ein Unternehmen der Kommission nach Erhalt der Mitteilung der Beschwerdepunkte mitteilt, dass es den Sachverhalt, auf den die Kommission ihre Einwände stützt, nicht bestreitet."

Sachverhalt

5. Die Kommission hat im Jahre 1999 unter der Nummer IV/37.614/F3 eine Untersuchung von eventuellen Verstößen gegen die Wettbewerbsregeln der Gemeinschaft in der belgischen Brauwirtschaft eingeleitet.

6. Am 29. September 2000 leitete die Kommission im Rahmen dieser Untersuchung das Verfahren ein und verabschiedete eine Mitteilung der Beschwerdepunkte gegen die Klägerin sowie die Firmen Interbrew NV (im Folgenden: Interbrew), Groupe Danone (im Folgenden: Danone), Brouwerijen Alken-Maes NV (im Folgenden: Alken-Maes) und NV Brouwerij Martens (im Folgenden: Martens). Das gegen die Klägerin eingeleitete Verfahren und die an sie gerichtete Mitteilung der Beschwerdepunkte betrafen ausschließlich ihre mutmaßliche Beteiligung an einem Kartell in Bezug auf in Belgien verkauftes Händlermarkenbier ("Private-Label"-Bier).

7. Die Kommission erließ am 5. Dezember 2001 die Entscheidung 2003/569/EG in einem Verfahren nach Artikel 81 EG-Vertrag (Sache IV/37.614/F3 PO/Interbrew und Alken-Maes) (ABl. 2003, L 200, S. 1), die die Klägerin sowie die Firmen Interbrew, Danone, Alken-Maes und Martens betraf (im Folgenden: angefochtene Entscheidung).

8. Die angefochtene Entscheidung stellt zwei selbständige Verstöße gegen die Wettbewerbsregeln fest, nämlich zum einen eine Vielzahl von Vereinbarungen und/oder abgestimmten Verhaltensweisen in Bezug auf in Belgien verkauftes Bier (im Folgenden: Interbrew/Alken-Maes-Kartell) und zum anderen abgestimmte Verhaltensweisen in Bezug auf "Private-Label"-Bier (im Folgenden: "Private-Label"-Bier-Kartell). Die angefochtene Entscheidung stellt fest, dass am erstgenannten Verstoß Danone, Alken-Maes und Interbrew und am zweitgenannten Verstoß die Klägerin, Alken-Maes, Interbrew und Martens beteiligt waren.

9. Der der Klägerin angelastete Verstoß besteht in deren Teilnahme an einer abgestimmten Verhaltensweise in Bezug auf Preise, die Aufteilung von Kunden und den Austausch von Informationen im Sektor "Private-Label"-Bier vom 9. Oktober 1997 bis einschließlich 7. Juli 1998.

10. Da die Kommission aufgrund einer Reihe von Gesichtspunkten davon ausging, dass die genannte Zuwiderhandlung beendet sei, sah sie davon ab, die betreffenden Unternehmen gemäß Artikel 3 der Verordnung Nr. 17 zu verpflichten, die Zuwiderhandlung abzustellen.

11. Sie war jedoch der Ansicht, dass gegen Interbrew, Alken-Maes, die Klägerin und Martens wegen deren Teilnahme an diesem Verstoß eine Geldbuße nach Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 zu verhängen sei.

12. Die Kommission führte in der angefochtenen Entscheidung dazu aus, dass alle am "Private-Label"-Bier-Kartell beteiligten Unternehmen diesen Verstoß vorsätzlich begangen hätten.

13. Bei der Festsetzung der zu verhängenden Geldbußen wandte die Kommission in der angefochtenen Entscheidung die Leitlinien und die Mitteilung über die Zusammenarbeit an.

14. Sie führte in Begründungserwägung 335 der angefochtenen Entscheidung aus, dass horizontale Preis- und Marktaufteilungsabsprachen ihrem Wesen nach sehr gravierende Zuwiderhandlungen darstellten und dass diese Absprachen auf der Grundlage des Informationsaustauschs erfolgt seien.

15. In Begründungserwägung 337 der angefochtenen Entscheidung merkte die Kommission zu den Auswirkungen auf den Markt an, dass die verschiedenen Handlungen der Parteien auf die Aufteilung der Kunden und letztlich das Ziel ausgerichtet gewesen seien, die Preise über das Niveau hinauszutreiben, welches bei freiem Wettbewerb realisiert worden wäre. Die Kommission habe zwar - vielleicht mit einer Ausnahme - keine Beweise dafür, dass die Abstimmung zur Anpassung des Marktverhaltens der beteiligten Unternehmen geführt habe; es stehe jedoch gleichwohl fest, dass während der Begegnungen im Rahmen des "Private-Label"-Kartells über Kundenaufteilung und Preise gesprochen worden sei und dass in diesem Zusammenhang Informationen ausgetauscht worden seien. Dass es zwischen den belgischen Bierbrauern vielleicht nur einen einzigen Informationsaustausch zum "Private-Label"-Bier gegeben habe, ändere nichts am Ernst der Situation, denn für das Ziel der Abstimmung - nicht in bestehende Verträge anderer Bierbrauer einzusteigen, um einen Preiseinbruch zu verhindern - sei ein regelmäßiger Informationsaustausch nicht erforderlich gewesen. Es könne nicht ohne weiteres gefolgert werden, dass das Kartell als solches keine oder höchstens eine begrenzte Rückwirkung auf den Markt gehabt habe.

16. In Begründungserwägung 338 der angefochtenen Entscheidung erklärte die Kommission, dass sie, was den Umfang des betreffenden räumlichen Marktes anbelange, berücksichtige, dass sich die Sitzungen zwar auf das gesamte belgische Staatsgebiet bezogen, aber auf das Marktsegment "Private-Label"-Bier, auf das 5,5 % des gesamten Bierverbrauchs in Belgien entfielen, beschränkt hätten.

17. In Begründungserwägung 339 der angefochtenen Entscheidung erklärte die Kommission, dass sie vor diesem Hintergrund der Ansicht sei, dass die vorliegende Zuwiderhandlung einen schweren Verstoß gegen Artikel 81 Absatz 1 EG darstelle.

18. In Begründungserwägung 340 wies die Kommission darauf hin, dass sie bei der Festsetzung der Geldbuße die tatsächliche wirtschaftliche Fähigkeit der Urheber der Verstöße, den Wettbewerb in erheblichem Umfang zu schädigen, berücksichtigen und die Geldbuße so festsetzen müsse, dass sie abschreckende Wirkung habe. In Begründungserwägung 341 der angefochtenen Entscheidung führte sie weiter aus, dass es, um der tatsächlichen Fähigkeit der beteiligten Unternehmen, den Biermarkt in Belgien und insbesondere das "Private-Label"-Segment in erheblichem Umfang zu schädigen, Rechnung zu tragen, deshalb angemessen sei, zwischen den beteiligten Unternehmen zu differenzieren. Unter Berücksichtigung des Umsatzes, den die Unternehmen mit dem "Private-Label"-Bier erzielt hätten, ordne sie diese Unternehmen zwei Kategorien zu. Die Klägerin und Martens, die innerhalb des "Private-Label"-Segments den höchsten Umsatz erzielt hätten, fielen in die erste Kategorie. Interbrew und Alken-Maes, die innerhalb dieses Segments einen bedeutend geringeren Umsatz erzielt hätten, würden der zweiten Kategorie zugeordnet.

19. In Begründungserwägung 342 der angefochtenen Entscheidung hielt es die Kommission aufgrund der vorangegangenen Erwägungen für angemessen, gegen die Klägerin und Martens Geldbußen in Höhe von 300 000 Euro und gegen Interbrew und Alken-Maes Geldbußen in Höhe von 250 000 Euro zu verhängen.

20. In Begründungserwägung 343 der angefochtenen Entscheidung erachtete die Kommission eine Anpassung des spezifischen Ausgangsbetrags der Geldbußen von Interbrew und Alken-Maes als angemessen, um sicherzustellen, dass die Geldbuße eine hinreichend abschreckende Wirkung entfalte, und der Tatsache Rechnung zu tragen, dass Interbrew als große internationale Gesellschaft und Alken-Maes als Tochtergesellschaft eines internationalen Konzerns gegenüber der Klägerin und Martens leichter über den juristischen und wirtschaftlichen Sachverstand und die entsprechenden Ressourcen verfügten, die es ihnen erlaubten, klarer zu erkennen, in welchem Maß ihre Vorgehensweise einen Verstoß darstelle und welche Folgen diese Vorgehensweise aus wettbewerbsrechtlicher Sicht haben könne. In Begründungserwägung 344 der angefochtenen Entscheidung führte die Kommission aus, dass unter Berücksichtigung der jeweiligen Mittelausstattung der Unternehmen der für Interbrew und Alken-Maes festgesetzte Betrag der Geldbuße von 250 000 Euro im Fall von Interbrew mit 5 und im Fall von Alken-Maes mit 2 zu multiplizieren sei.

21. In Begründungserwägung 345 der angefochtenen Entscheidung erklärte die Kommission, dass die Dauer des Verstoßes neun Monate betragen habe, was von keiner der Parteien bestritten werde, und dass dies keine Erhöhung der Geldbuße rechtfertige.

22. In Begründungserwägung 347 der angefochtenen Entscheidung führte die Kommission aus, dass feststehe, dass die Veranstaltung der Zusammenkünfte zum Thema "Private-Label"-Bier auf die Initiative von Interbrew und Alken-Maes zurückgehe, und dass wegen dieses erschwerenden Umstands sowohl für Interbrew als auch für Alken-Maes eine Erhöhung des Grundbetrags der Geldbuße um 30 % angemessen sei.

23. Die Kommission stellte hingegen keine mildernden Umstände fest; alles entsprechende Vorbringen wurde in den Begründungserwägungen 348 bis 354 der angefochtenen Entscheidung zurückgewiesen. Jedoch stellte die Kommission in Begründungserwägung 351 der angefochtenen Entscheidung fest, dass kein Grund bestehe, bei der Berechnung der gegen die Klägerin zu verhängenden Geldbuße dem Umstand Rechnung zu tragen, dass nur ein kleiner Teil ihres Gesamtumsatzes auf "Private-Label"-Bier entfalle. Die Kommission erinnerte daran, dass die Geldbuße nach Maßgabe der Schwere und Dauer des Verstoßes berechnet werde und dass sie zwar in der Vergangenheit Geldbußen auf der Grundlage eines Grundpreises festgesetzt habe, der einen bestimmten Prozentsatz des relevanten Umsatzes ausgemacht habe, der Ermessensspielraum der Kommission bei der Festsetzung der Höhe der Geldbußen gemäß Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 jedoch durch in der Bestimmung festgelegte Schwellenwerte beschränkt werde. Im Übrigen habe die Kommission bei der Beurteilung der Schwere des Verstoßes der wirtschaftlichen Bedeutung der spezifischen Tätigkeit, auf die sich der Verstoß bezogen habe, gebührend Rechnung getragen.

24. Die Kommission wies anschließend in Begründungserwägung 355 der angefochtenen Entscheidung darauf hin, dass sich alle an dem Kartell beteiligten Unternehmen auf die Mitteilung über die Zusammenarbeit berufen hätten.

25. In Bezug auf Interbrew stellte die Kommission fest, dass diese keinen Anspruch auf eine "erheblich niedrigere" Festsetzung der Geldbuße im Sinne von Abschnitt C der Mitteilung über die Zusammenarbeit erheben könne, weil sie andere Unternehmen zu den "Private-Label"-Besprechungen angestiftet habe. Sie führte jedoch aus, dass Interbrew das Bestehen aufeinander abgestimmter Verhaltensweisen aufgedeckt habe, als ihr diese Angelegenheit noch völlig unbekannt gewesen sei, dass Interbrew während der gesamten Dauer der Untersuchung ununterbrochen und uneingeschränkt mit ihr zusammengearbeitet habe und dass diese den Sachverhalt, auf den sie das Vorliegen des Verstoßes stütze, nicht bestritten habe. Die Kommission verringerte daher nach Abschnitt D der Mitteilung über die Zusammenarbeit die Interbrew auferlegte Geldbuße um 50 %.

26. In Bezug auf Alken-Maes führte die Kommission aus, dass diese die Tatsachen, auf die sie das Bestehen eines "Private-Label"-Bier-Kartells stütze, nicht bestritten habe, ihre Zusammenarbeit mit der Kommission jedoch nicht über die bloße Beantwortung des von der Kommission an sie gerichteten Auskunftsverlangens gemäß Verordnung Nr. 17 Artikel 11 Absatz 1 vom 22. März 2000 hinausgegangen sei. Die Kommission habe es deshalb für angemessen gehalten, die gegen Alken-Maes verhängte Geldbuße aufgrund von Abschnitt D Nummer 2 zweiter Spiegelstrich der Mitteilung über die Zusammenarbeit um 10 % zu verringern.

27. In Bezug auf die Klägerin stellte die Kommission fest, dass diese ihres Erachtens die den Verstoß begründenden Tatsachen nicht bestritten habe, dass sich die Informationen, die die Klägerin ihr übermittelt habe, jedoch auf das beschränkten, was diese im Rahmen der Beantwortung des von der Kommission an sie gerichteten Auskunftsverlangens gemäß Artikel 11 Absatz 1 der Verordnung Nr. 17 vom 22. März 2000 mitgeteilt habe. Die Kommission habe es deshalb für angemessen gehalten, die gegen die Klägerin verhängte Geldbuße aufgrund von Abschnitt D Nummer 2 zweiter Spiegelstrich der Mitteilung über die Zusammenarbeit um 10 % zu verringern.

28. In Bezug auf Martens führte die Kommission zunächst aus, dass diese in ihrer Reaktion auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte bestritten habe, dass sie sich in der in dieser Mitteilung beschriebenen Weise an dem Vertragsverstoß beteiligt habe, ferner, dass sich die Informationen, die sie der Kommission übermittelt habe, bevor ihr die Mitteilung der Beschwerdepunkte zugesandt worden sei, auf das beschränkt hätten, was sie im Rahmen der Beantwortung des Auskunftsverlangens der Kommission im Sinne von Artikel 11 Absatz 1 der Verordnung Nr. 17 vom 22. März 2000 mitgeteilt habe, und schließlich, dass die Unterlagen, die Martens der Kommission nach Zusendung der Mitteilung der Beschwerdepunkte übermittelt habe, zur Untermauerung ihrer eigenen Verteidigung dienten oder auf das mögliche Vorliegen eines anderen Verstoßes gegen die Wettbewerbsregeln hindeuteten; diese Umstände könnten nicht zur Verringerung der Geldbuße führen. Die Kommission bemerkte gleichwohl, dass Martens während des Verfahrens in einer Weise mit ihr zusammengearbeitet habe, die den Fortgang des Verfahrens beschleunigt habe, und hielt es für angemessen, den Betrag der dieser auferlegten Geldbuße nach Abschnitt D der Mitteilung über die Zusammenarbeit um 10 % zu verringern.

29. Der verfügende Teil der angefochtenen Entscheidung lautet wie folgt:

"Artikel 3

[Interbrew], [Alken-Maes], [die Klägerin] und [Martens] haben vom 9. Oktober 1997 bis einschließlich 7. Juli 1998 durch ihre Teilnahme an abgestimmten Verhaltensweisen in Bezug auf Preise, Aufteilung von Kunden und Austausch von Informationen im Sektor 'Private-Label'-Bier gegen Artikel 81 Absatz 1 [EG] verstoßen.

Artikel 4

Gegen die in Artikel 3 genannten Unternehmen werden aufgrund der in dem genannten Artikel festgestellten Verstöße folgende Geldbußen verhängt:

a) gegen [Interbrew]: eine Geldbuße von 812 000 EUR;

b) gegen [Alken-Maes]: eine Geldbuße von 585 000 EUR;

c) gegen [die Klägerin]: eine Geldbuße von 270 000 EUR;

d) gegen [Martens]: eine Geldbuße von 270 000 EUR.

..."

Verfahren und Anträge der Parteien

30. Die Klägerin hat mit Klageschrift, die am 27. Februar 2002 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, die vorliegende Klage erhoben.

31. Auf Bericht des Berichterstatters hat das Gericht (Fünfte Kammer) beschlossen, die mündliche Verhandlung zu eröffnen. Die Parteien haben in der Sitzung vom 9. Dezember 2004 mündlich verhandelt und die mündlichen Fragen des Gerichts beantwortet.

32. In der Sitzung hat das Gericht die Kommission nach Artikel 64 § 3 der Verfahrensordnung des Gerichts aufgefordert, innerhalb einer bestimmten Frist bestimmte Unterlagen vorzulegen. Vor diesem Hintergrund hat der Präsident der Fünften Kammer am Ende der Sitzung beschlossen, den Abschluss der mündlichen Verhandlung auszusetzen, um den Parteien die Möglichkeit zu geben, sich zu diesen Unterlagen zu äußern.

33. Die Kommission ist der Aufforderung des Gerichts nachgekommen, die in der Sitzung genannten Unterlagen in der gesetzten Frist vorzulegen.

34. Die Klägerin hat am 14. März 2005 schriftliche Erklärungen zu diesen Unterlagen abgegeben. Die Kommission hat am 10. Mai 2005 schriftliche Erklärungen zu diesen Erklärungen der Klägerin eingereicht.

35. Der Präsident der Fünften Kammer hat die mündliche Verhandlung am 10. Mai 2005 geschlossen. Die Parteien wurden mit Schreiben vom 30. Juni 2005 darüber unterrichtet.

36. Die Klägerin beantragt:

- Artikel 4 der angefochtenen Entscheidung, der ihr eine Geldbuße von 270 000 Euro auferlegt, für nichtig zu erklären, und, soweit erforderlich, zu entscheiden, dass gegen sie keine Geldbuße zu verhängen ist, oder hilfsweise die verhängte Geldbuße erheblich herabzusetzen;

- der Kommission die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

37. Die Kommission beantragt:

- die Klage abzuweisen;

- der Klägerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

Rechtliche Würdigung

38. Die Klägerin stützt ihre Klage auf drei Klagegründe. Mit dem ersten Klagegrund rügt sie einen Verstoß gegen die Begründungspflicht aus Artikel 253 EG sowie gegen Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 und die Leitlinien aufgrund einer falschen Beurteilung ihrer tatsächlichen wirtschaftlichen Fähigkeit, Wettbewerber und insbesondere Verbraucher wirtschaftlich in erheblichem Umfang zu schädigen. Als zweiten Klagegrund macht sie, hilfsweise, einen Verstoß gegen die Leitlinien und die Begründungspflicht aufgrund einer falschen Beurteilung ihrer Rolle bei der Kartellabsprache geltend. Als dritten Klagegrund führt sie, ebenfalls hilfsweise, einen Verstoß gegen die Mitteilung über die Zusammenarbeit und den Gleichbehandlungsgrundsatz an.

Erster Klagegrund: Verstoß gegen die Begründungspflicht nach Artikel 253 EG sowie gegen Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 und die Leitlinien aufgrund einer falschen Beurteilung der tatsächlichen wirtschaftlichen Fähigkeit der Klägerin, Wettbewerber und insbesondere Verbraucher wirtschaftlich in erheblichem Umfang zu schädigen

39. Der Klagegrund gliedert sich in zwei Teile. Im ersten Teil macht die Klägerin geltend, dass die Kommission ihre Begründungspflicht verletzt habe, da sie das "Private-Label"-Bier-Segment nicht als relevanten Markt definiert habe. Im zweiten Teil macht sie geltend, die Kommission habe, unabhängig davon, ob das "Private-Label"-Bier-Segment der relevante Markt sei, ihre tatsächliche wirtschaftliche Fähigkeit, Wettbewerber und insbesondere Verbraucher wirtschaftlich in erheblichem Umfang zu schädigen, unter Verstoß gegen Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 und die Leitlinien beurteilt.

Zum ersten Teil: Verletzung der Begründungspflicht mangels Definition des "Private-Label"-Bier-Segments als relevanten Markt

- Vorbringen der Parteien

40. Die Klägerin macht geltend, die Kommission habe den relevanten Markt nicht definiert, was unerlässliche Voraussetzung für die Beurteilung der Marktmacht und die Feststellung der tatsächlichen wirtschaftlichen Fähigkeit der Urheber der Verstöße sei, Wettbewerber wirtschaftlich in erheblichem Umfang zu schädigen.

41. Die Würdigung der Kommission in der angefochtenen Entscheidung ließe nicht den Schluss zu, dass das "Private-Label"-Bier-Segment einen Markt darstelle, der sich vom allgemeinen Biermarkt in Belgien unterscheide und auf dem die Klägerin und Martens vor dem Wettbewerbsdruck der beiden größten Akteure auf dem belgischen Biermarkt, nämlich Interbrew und Alken-Maes, geschützt gewesen seien. Mangels einer Definition des relevanten Marktes sei die Kommission daher nicht in der Lage gewesen, allein anhand des Umsatzes der Klägerin im "Private-Label"-Bier-Segment deren tatsächliche wirtschaftliche Fähigkeit, Wettbewerber und insbesondere Verbraucher wirtschaftlich in erheblichem Umfang zu schädigen, zu beurteilen.

42. Die Kommission habe dadurch ihre Begründungspflicht nach Artikel 253 EG verletzt.

43. Die Kommission wendet sich gegen dieses Vorbringen und macht geltend, dass sie ihrer Begründungspflicht, so wie sie sie bei Geldbußen habe, in vollem Umfang nachgekommen sei.

- Würdigung durch das Gericht

44. Bei Klagen gegen Entscheidungen der Kommission, mit denen Geldbußen wegen Verletzung der Wettbewerbsregeln gegen Unternehmen verhängt werden, verfügt das Gericht über zweierlei Befugnisse. Zum einen hat es gemäß Artikel 230 EG die Rechtmäßigkeit dieser Entscheidungen zu prüfen. In diesem Rahmen muss es u. a. die Einhaltung der in Artikel 253 EG aufgestellten Begründungspflicht überwachen, bei deren Verletzung die Entscheidung rechtswidrig ist. Zum anderen ist es im Rahmen der ihm durch Artikel 229 EG und Artikel 17 der Verordnung Nr. 17 verliehenen Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung dafür zuständig, zu beurteilen, ob die Höhe der Geldbußen angemessen ist. Diese Beurteilung kann die Vorlage und Heranziehung zusätzlicher Informationen erfordern, die an sich nicht in der angefochtenen Entscheidung erwähnt zu werden brauchen, damit diese dem Begründungserfordernis des Artikels 253 EG genügt (Urteil des Gerichtshofes vom 16. November 2000 in der Rechtssache C-248/98 P, KNP BT/Kommission, Slg. 2000, I-9641, Randnrn. 38 bis 40, und Urteil des Gerichts vom 9. Juli 2003 in der Rechtssache T-220/00, Cheil Jedang/Kommission, Slg. 2003, II-2473, Randnr. 215).

45. Was die Prüfung der Begründungspflicht angeht, so muss nach ständiger Rechtsprechung die nach Artikel 253 EG vorgeschriebene Begründung die Überlegungen des Gemeinschaftsorgans, das den Rechtsakt erlassen hat, so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen, dass die Betroffenen ihr die Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen können und das zuständige Gericht seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann. Das Begründungserfordernis ist nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach dem Inhalt des Rechtsakts, der Art der angeführten Gründe und nach dem Interesse zu beurteilen, das die Adressaten oder andere durch den Rechtsakt unmittelbar und individuell betroffene Personen an Erläuterungen haben können. In der Begründung brauchen nicht alle tatsächlich oder rechtlich einschlägigen Gesichtspunkte genannt zu werden, da die Frage, ob die Begründung eines Rechtsakts den Erfordernissen des Artikels 253 EG genügt, nicht nur anhand ihres Wortlauts zu beurteilen ist, sondern auch anhand ihres Kontexts sowie sämtlicher Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet (Urteile des Gerichtshofes vom 13. März 1985 in den Rechtssachen 296/82 und 318/82, Niederlande und Leeuwarder Papierwarenfabriek/Kommission, Slg. 1985, 809, Randnr. 19, vom 29. Februar 1996 in der Rechtssache C-56/93, Belgien/Kommission, Slg. 1996, I-723, Randnr. 86, und vom 2. April 1998 in der Rechtssache C-367/95 P, Kommission/Sytraval und Brink's France, Slg. 1998, I-1719, Randnr. 63, sowie Urteil Cheil Jedang/Kommission, Randnr. 216).

46. Was den Umfang der Pflicht zur Begründung der Festsetzung einer wegen Verstoßes gegen die Wettbewerbsregeln der Gemeinschaft verhängten Geldbuße betrifft, so ist diese zum einen im Licht von Artikel 15 Absatz 2 Unterabsatz 2 der Verordnung Nr. 17 zu bestimmen, wonach "[b]ei der Festsetzung der Höhe der Geldbuße ... neben der Schwere des Verstoßes auch die Dauer der Zuwiderhandlung zu berücksichtigen [ist]". Das wesentliche Formerfordernis, um das es sich bei der Begründungspflicht handelt, ist dabei beachtet, wenn die Kommission in ihrer Entscheidung die Gesichtspunkte angibt, die es ihr ermöglicht haben, Schwere und Dauer der Zuwiderhandlung zu beurteilen (Urteile des Gerichtshofes vom 16. November 2000 in der Rechtssache C-291/98 P, Sarrió/Kommission, Slg. 2000, I-9991, Randnr. 73, und vom 15. Oktober 2002 in den Rechtssachen C-238/99 P, C-244/99 P, C-245/99 P, C-247/99 P, C-250/99 P bis C-252/99 P und C-254/99 P, Limburgse Vinyl Maatschappij u. a./Kommission, Slg. 2002, I-8375, Randnr. 463). Zum anderen enthalten die Leitlinien und die Mitteilung über Zusammenarbeit Regeln über die Beurteilungskriterien, die von der Kommission herangezogen werden, um die Schwere und Dauer der Zuwiderhandlung zu bemessen (Urteil Cheil Jedang/Kommission, Randnr. 217). Dabei ist das wesentliche Formerfordernis, um das es sich bei der Begründungspflicht handelt, beachtet, wenn die Kommission in ihrer Entscheidung die Beurteilungskriterien angibt, die sie in Anwendung ihrer Leitlinien und gegebenenfalls ihrer Mitteilung über die Zusammenarbeit herangezogen hat und die es ihr ermöglicht haben, für die Berechnung der Höhe der Geldbuße Schwere und Dauer der Zuwiderhandlung zu bemessen (Urteil Cheil Jedang/Kommission, Randnr. 218).

47. Die Kommission hat diese Anforderungen im vorliegenden Fall erfüllt.

48. Erstens hat die Kommission in der angefochtenen Entscheidung detailliert dargelegt, wie sie bei der Festsetzung der auferlegten Geldbußen vorgegangen ist, und jeden Schritt ihres Gedankengangs erklärt (siehe vorstehende Randnrn. 14 bis 28).

49. Zweitens gesteht die Klägerin den von der Kommission in Artikel 3 der angefochtenen Entscheidung festgestellten Verstoß ein; sie bestreitet somit nicht, dass die Kartellabsprache ausschließlich das "Private-Label"-Bier-Segment betraf. Sie bestreitet im Rahmen ihrer Klage auf Nichtigerklärung oder Herabsetzung der Geldbuße auch nicht, dass die Kartellabsprache ausschließlich das "Private-Label"-Bier-Segment betraf; sie wendet sich ferner weder gegen die von der Kommission bestimmten Umsatzzahlen der einzelnen betroffenen Unternehmen in diesem Segment noch gegen die Unterteilung der Unternehmen in zwei Kategorien, die die Kommission auf der Grundlage der in dem genannten Segment erzielten Umsätze vorgenommen hat.

50. Aus diesen Feststellungen ergibt sich zum einen, dass kein Zweifel daran bestehen kann, dass der von der Kommission festgestellte Verstoß, der der Klägerin vorgeworfen wird, ausschließlich den Verkauf von "Private-Label"-Bier betraf, und zum anderen, dass die Kommission die verschiedenen nach den Leitlinien berücksichtigten Gesichtspunkte gerade in Bezug auf dieses Marktsegment beurteilt hat, um die Höhe der Geldbuße festzulegen. Sie hat sich dabei im Übrigen entweder auf das "Private-Label"-Kartell oder das "Private-Label"-Bier oder auf das "Private-Label"-Bier-Segment bezogen.

51. Aus dem Wortlaut der Begründungserwägungen 335 bis 339 der angefochtenen Entscheidung geht insbesondere klar hervor, dass die Beschränkung des Gegenstands der Kartellabsprache auf das "Private-Label"-Bier-Segment eine maßgebliche Rolle bei der Einstufung des Verstoßes als "schwer" und nicht als "besonders schwer" im Sinne von Nummer 1 Buchstabe A Absatz 2 der Leitlinien gespielt hat. Die Kommission hat in Begründungserwägung 338 der angefochtenen Entscheidung nämlich ausgeführt, sie berücksichtige, dass sich die Sitzungen zwar auf das gesamte belgische Staatsgebiet bezogen, aber auf das "Private-Label"-Bier-Segment beschränkt hätten, auf das 5,5 % des gesamten Bierverbrauchs in Belgien entfielen.

52. Die Begründung, die die Kommission für ihre Beurteilung der tatsächlichen wirtschaftlichen Fähigkeit der Klägerin, Wettbewerber wirtschaftlich in erheblichem Umfang zu schädigen, gegeben hat, ist vor diesem Hintergrund zu prüfen.

53. Zunächst ist offensichtlich, dass diese Beurteilung, wie die Kommission zu Recht anführt, nur einer von mehreren Schritten im Verfahren zur Feststellung des spezifischen Ausgangsbetrags der Geldbuße ist, der für jedes der Unternehmen aufgrund der - anhand einer Vielzahl von Kriterien bestimmten - Schwere des begangenen Verstoßes anzuwenden ist.

54. Nach der Feststellung, dass der Verstoß insbesondere angesichts seiner Beschränkung auf das "Private-Label"-Bier-Segment als schwer anzusehen sei, hat die Kommission in Begründungserwägung 341 der angefochtenen Entscheidung ausgeführt, dass zwischen den beteiligten Unternehmen zu differenzieren sei, "[u]m der tatsächlichen Fähigkeit der beteiligten Unternehmen, den Biermarkt in Belgien und insbesondere das 'Private Label'-Segment in erheblichem Umfang zu schädigen, Rechnung zu tragen". Auch wenn die Kommission sich auf den "Biermarkt in Belgien" bezogen hat, was sie in der mündlichen Verhandlung als ungeschickte Formulierung bezeichnet hat, ergibt sich doch sowohl daraus, dass sie "insbesondere das 'Private-Label'-Segment" hinzugefügt hat, als auch aus dem Umstand, dass sie den "Umsatz[], den die verschiedenen Unternehmen mit dem 'Private-Label'-Bier erzielen", berücksichtigt hat, dass sie die Unterscheidung nach dem relativen Grad der Verantwortung der einzelnen Unternehmen in diesem Kartell, die auf der Grundlage der in Nummer 1 Buchstabe A Absatz 4 der Leitlinien vorgesehenen Beurteilung der tatsächlichen wirtschaftlichen Fähigkeit dieser Unternehmen, Wettbewerber und insbesondere Verbraucher wirtschaftlich in erheblichem Umfang zu schädigen, erfolgte, in Bezug auf das "Private-Label"-Bier-Segment vorgenommen hat.

55. Dass der Referenzrahmen für diese Beurteilung das "Private-Label"-Bier-Segment war, folgt ohne weiteres daraus, dass die Kommission bei allen zur Bestimmung der Schwere des Verstoßes vorgenommenen Beurteilungen zwangsläufig berücksichtigen musste, dass das Kartell, wie sie in Artikel 3 der angefochtenen Entscheidung festgestellt hat, nur dieses Segment betraf. Es wäre im Übrigen sinnwidrig, wenn die Kommission zum einen für die Bestimmung der Schwere im Sinne von Nummer 1 Buchstabe A Absätze 1 und 2 der Leitlinien berücksichtigte, dass das Kartell nur das "Private-Label"-Bier-Segment betraf, zum anderen aber die tatsächliche wirtschaftliche Fähigkeit der in Rede stehenden Unternehmen, Wettbewerber und insbesondere Verbraucher wirtschaftlich in erheblichem Umfang zu schädigen, in Bezug auf den allgemeinen Biermarkt in Belgien beurteilte.

56. Die Klägerin kann der Kommission somit nicht vorwerfen, dass diese dadurch, dass sie sich für die Beurteilung der "tatsächlichen wirtschaftlichen Fähigkeit" der Klägerin, Wettbewerber wirtschaftlich in erheblichem Umfang zu schädigen, auf das "Private-Label"-Bier-Segment bezogen habe, ihre Begründungspflicht verletzt habe, da die Kommission zum einen in der angefochtenen Entscheidung die verschiedenen Beurteilungsgesichtspunkte angegeben hat, die es ihr ermöglicht haben, die Schwere des Verstoßes zu bemessen, und sich zum anderen aus diesen Angaben ergibt, dass die Kommission bei ihrer Beurteilung durchwegs berücksichtigt hat, dass sich das Kartell ausschließlich auf das "Private-Label"-Bier-Segment bezog.

57. Sollte das Vorbringen der Klägerin als Geltendmachung des Klagegrundes eines Verstoßes der Kommission gegen deren Verpflichtung, zuvor das "Private-Label"-Bier-Segment als gesonderten Markt zu definieren, zu verstehen sein, ist zudem für die Zwecke der Beurteilung der "tatsächlichen wirtschaftlichen Fähigkeit" der Klägerin, Wettbewerber wirtschaftlich in erheblichem Umfang zu schädigen, vor dem Hintergrund der Anwendung der Leitlinien zunächst darauf hinzuweisen, dass diese nicht verlangen, dass die Kommission den räumlich relevanten Markt formell abgrenzt (Urteil des Gerichts vom 6. Juli 2000 in der Rechtssache T-62/98, Volkswagen/Kommission, Slg. 2000, II-2707, Randnr. 341), und auch keine besondere Methode zur Bestimmung der tatsächlichen wirtschaftlichen Fähigkeit der Urheber der Verstöße, Wettbewerber und insbesondere Verbraucher wirtschaftlich in erheblichem Umfang zu schädigen, vorschreiben. Die Leitlinien schreiben auch nicht vor, dass eine Entscheidung der Kommission, diese tatsächliche Fähigkeit auf der Grundlage der jeweiligen Verkäufe der Urheber der Verstöße auf dem von diesen Verstößen betroffenen Segment zu beurteilen, den Nachweis voraussetzt, dass dieses Segment den relevanten Markt bildet.

58. Sodann ist daran zu erinnern, dass nach ständiger Rechtsprechung in einem Fall des Artikels 81 Absatz 1 EG der relevante Markt zu definieren ist, um zu bestimmen, ob die Vereinbarung den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen geeignet ist und eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des Gemeinsamen Marktes bezweckt oder bewirkt (Urteile des Gerichts vom 21. Februar 1995 in der Rechtssache T-29/92, SPO u. a./Kommission, Slg. 1995, II-289, Randnr. 74, vom 15. März 2000 in den verbundenen Rechtssachen T-25/95, T-26/95, T-30/95 bis T-32/95, T-34/95 bis T-39/95, T-42/95 bis T-46/95, T-48/95, T-50/95 bis T-65/95, T-68/95 bis T-71/95, T-87/95, T-88/95, T-103/95 und T-104/95, Cimenteries CBR u. a./K ommission, "Zementurteil", Slg. 2000, II-491, Randnr. 1093, und Volkswagen/Kommission, Randnr. 230). Folglich ist die Kommission nur dann verpflichtet, in einer Entscheidung aufgrund von Artikel 81 Absatz 1 EG eine Abgrenzung des relevanten Marktes vorzunehmen, wenn ohne eine solche Abgrenzung nicht bestimmt werden kann, ob die Vereinbarung, der Beschluss der Unternehmensvereinigung oder die abgestimmte Verhaltensweise, um die es geht, den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen geeignet ist und eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des Gemeinsamen Marktes bezweckt oder bewirkt (Urteile des Gerichts vom 15. Dezember 1998 in den verbundenen Rechtssachen T-374/94, T-375/94, T-384/94 und T-388/94, European Night Services u. a./Kommission, Slg. 1998, II-3141, Randnrn. 93 bis 95 und 105, und Volkswagen/Kommission, Randnr. 230).

59. Die Kommission kann also eines der Kriterien für die Bestimmung der Höhe der Geldbuße beurteilen, ohne den Nachweis erbringen zu müssen, dass die Ware oder die Waren, auf die sich ein wettbewerbswidriges Kartell bezieht, einen gesonderten Markt darstellen, da ein solcher Nachweis für die Feststellung des Verstoßes selbst nicht erforderlich ist. Die Beurteilung der tatsächlichen wirtschaftlichen Fähigkeit der Urheber der Verstöße, Wettbewerber und insbesondere Verbraucher wirtschaftlich in erheblichem Umfang zu schädigen, kann für die Festsetzung der für die begangenen Verstöße auferlegten Geldbuße nur in Bezug auf die Waren erfolgen, die Gegenstand des Kartells waren, da die Bestimmung der Höhe der Geldbuße auf der Grundlage der von der Kommission festgestellten Schwere und Dauer der Zuwiderhandlung erfolgen muss.

60. Der erste Teil des ersten Klagegrundes ist somit zurückzuweisen.

Zum zweiten Teil: Verstoß gegen Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 und gegen die Leitlinien aufgrund einer unzutreffenden Beurteilung der tatsächlichen Fähigkeit der Klägerin, Wettbewerber und insbesondere Verbraucher wirtschaftlich in erheblichem Umfang zu schädigen

- Vorbringen der Parteien

61. Die Klägerin macht geltend, die Kommission habe, selbst wenn das "Private-Label"-Bier-Segment den relevanten Markt bildete - was nicht der Fall sei -, unter Verstoß gegen Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 und gegen die Leitlinien angenommen, dass ihre tatsächliche wirtschaftliche Fähigkeit, Wettbewerber auf diesem Markt wirtschaftlich in erheblichem Umfang zu schädigen, größer sei als die von Interbrew und Alken-Maes, da diese mit Marktanteilen von 55 % bzw. 15 % eine sehr starke Stellung auf dem allgemeinen Biermarkt in Belgien hätten. Obwohl sie zum in der angefochtenen Entscheidung zugrunde gelegten Zeitpunkt auf dem "Private-Label"-Bier-Segment höhere Umsätze erzielt habe als Interbrew und Alken-Maes, sei ihre tatsächliche wirtschaftliche Fähigkeit, Wettbewerber wirtschaftlich in erheblichem Umfang zu schädigen, deutlich geringer gewesen.

62. Dies werde, wie sich aus der angefochtenen Entscheidung ergebe, durch den Umstand belegt, dass die vier Zusammenkünfte zum Thema "Private-Label"-Vertrieb auf die Initiative von Interbrew und Alken-Maes zurückgegangen seien, was die Kommission bewusst ignoriere und was deren Feststellung widerspreche, dass Interbrew und Alken-Maes auf dem "Private-Label"-Bier-Markt Akteure geringerer Bedeutung gewesen seien. Bei der Beurteilung der tatsächlichen wirtschaftlichen Fähigkeit der Urheber der Verstöße, Wettbewerber auf diesem Markt wirtschaftlich in erheblichem Umfang zu schädigen, könne deren wirtschaftliche Fähigkeit auf dem allgemeinen Biermarkt nicht außer Acht gelassen werden. Interbrew und Alken-Maes seien aufgrund ihrer bedeutenden Produktionskapazitäten und wegen ihrer höheren Margen bei Verkäufen unter ihren Eigenmarken in der Lage gewesen, auf dem "Private-Label"-Bier-Markt starken Druck auf die Klägerin und Martens auszuüben.

63. Die Kommission wendet sich gegen das Vorbringen der Klägerin.

- Würdigung durch das Gericht

64. Zum Hilfsvorbringen der Klägerin, ihre tatsächliche wirtschaftliche Fähigkeit, Wettbewerber und insbesondere Verbraucher wirtschaftlich in erheblichem Umfang zu schädigen, sei, selbst wenn das "Private-Label"-Bier-Segment den relevanten Markt bilde, unzutreffend beurteilt worden, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die Kommission in Begründungserwägung 341 der angefochtenen Entscheidung für die Zwecke dieser Beurteilung zwischen den verschiedenen an dem Verstoß beteiligten Unternehmen differenziert hat, indem sie diese nach ihrem Umsatz auf dem "Private-Label"-Bier-Segment in zwei Kategorien eingeteilt hat.

65. Ferner sind (vgl. vorstehende Randnr. 49) weder gegen die von der Kommission bestimmten jeweiligen Umsätze der betroffenen Unternehmen auf diesem Segment, noch gegen die auf der Grundlage dieser Umsätze von der Kommission vorgenommene Einteilung der Unternehmen in zwei Kategorien Einwände erhoben worden.

66. Zum Vorbringen, der Umstand, dass die vier Zusammenkünfte zum Thema "Private-Label"-Vertrieb auf die Initiative von Interbrew und Alken-Maes zurückgegangen seien, widerspreche der Feststellung, dass Interbrew und Alken-Maes auf diesem Segment Akteure geringerer Bedeutung gewesen seien, ist festzustellen, dass die Kommission die besondere Anstifterrolle, die Interbrew und Alken-Maes in dem Kartell betreffend "Private-Label"-Bier gespielt haben, berücksichtigt hat, indem sie diesen beiden Unternehmen einen erschwerenden Umstand zur Last gelegt hat, der zu einer Erhöhung des Grundbetrags ihrer Geldbuße um 30 % geführt hat.

67. Zum Vorbringen der Klägerin schließlich, auch bei Zugrundelegung des "Private-Label"-Bier-Segments für die Zwecke der Beurteilung ihrer tatsächlichen wirtschaftlichen Fähigkeit, Wettbewerber und insbesondere Verbraucher wirtschaftlich in erheblichem Umfang zu schädigen, könne die wirtschaftliche Fähigkeit von Interbrew und Alken-Maes auf dem allgemeinen Biermarkt nicht außer Acht gelassen werden, ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission in Begründungserwägung 343 der angefochtenen Entscheidung ausgeführt hat, dass sie, um eine abschreckende Wirkung der Geldbußen sicherzustellen, berücksichtige, dass im Gegensatz zur Klägerin und Martens Interbrew eine große internationale Gesellschaft und Alken-Maes die Tochtergesellschaft eines internationalen Konzerns sei, die leichter über den juristischen und wirtschaftlichen Sachverstand und die entsprechenden Ressourcen verfügten, die es ihnen erlaubten, klarer zu erkennen, in welchem Maß ihre Vorgehensweise einen Verstoß darstelle und welche Folgen diese Vorgehensweise aus wettbewerbsrechtlicher Sicht haben könne. Die Kommission hat, indem sie aus diesem Grund die für Alken-Maes und Interbrew jeweils festgesetzten spezifischen Ausgangsbeträge verdoppelt bzw. verfünffacht hat, deren allgemein größerer wirtschaftlicher Fähigkeit Rechnung getragen.

68. Der zweite Teil des Klagegrundes und damit der gesamte erste Klagegrund sind somit zurückzuweisen.

Zweiter Klagegrund: Verstoß gegen die Leitlinien aufgrund einer unzutreffenden Beurteilung der Rolle der Klägerin in dem Kartell sowie Verstoß gegen die Begründungspflicht

Vorbringen der Parteien

69. Die Klägerin macht unter Verweisung auf die Rechtsprechung des Gerichtshofes (Urteil vom 10. Dezember 1985 in den Rechtssachen 240/82 bis 242/82, 261/82, 262/82, 268/82 und 269/82, Stichting Sigarettenindustrie u. a./Kommission, Slg. 1985, 3831, Randnr. 100) geltend, die Kommission habe die Leitlinien falsch angewandt und ihre Begründungspflicht verletzt, da sie in Bezug auf die Klägerin nicht den in Nummer 3 erster Gedankenstrich der Leitlinien vorgesehenen mildernden Umstand berücksichtigt habe, nämlich eine "ausschließlich passive Mitwirkung oder reines Mitläufertum", obwohl diese eine ausgesprochen passive oder jedenfalls eindeutig weniger aktive Rolle gespielt habe als die übrigen drei Unternehmen, die an den vier fraglichen Zusammentreffen teilgenommen hätten.

70. Die Klägerin führte auf die Aufforderung des Gerichts in der mündlichen Verhandlung, ihr Vorbringen näher zu erläutern, aus, dass sie über die reine Geltendmachung des mildernden Umstands "ausschließlich passive Mitwirkung oder reines Mitläufertum" hinaus im weiteren Sinne mildernde Umstände geltend mache, weil sie in dem Kartell eine weniger aktive Rolle als die übrigen drei Beteiligten gespielt habe. Diese weniger aktive Rolle beruhe insbesondere darauf, dass die Klägerin auf dem niederländischen "Private-Label"-Bier-Markt, um den es in den letzten beiden Zusammenkünften des Kartells gegangen sei, nicht tätig sei.

71. Die Klägerin bestreite zwar nicht, an den vier Zusammenkünften - von denen die ersten beiden in Belgien und die letzten beiden in den Niederlanden stattgefunden hätten - teilgenommen und während der Zusammenkünfte über Preise und die Aufteilung von Kunden gesprochen zu haben; sie führt jedoch aus, dass ihre passive oder jedenfalls weniger aktive Rolle durch zwei Punkte belegt werde. Erstens gingen die Zusammenkünfte auf die Initiative von Interbrew und Alken-Maes zurück. Zweitens sei sie auf dem niederländischen Markt nicht tätig gewesen und habe daher an den beiden von Interbrew auf Wunsch von Martens organisierten Zusammenkünften, die in den Niederlanden stattgefunden hätten, kein Interesse gehabt.

72. Die Rolle der Klägerin könne nicht aufgrund ihrer Anwesenheit bei den Zusammenkünften und ihrer Beteiligung am Informationsaustausch als aktiv eingestuft werden, da sonst der in Rede stehende mildernde Umstand seinen Sinn verlöre. Ihre angeblich aktive Rolle sei in Wirklichkeit nur eine Beteiligung an dem Kartell als Mitläufer gewesen.

73. Die Kommission wendet sich gegen das Vorbringen der Klägerin und macht geltend, dass eine weniger aktive Rolle in dem Kartell jedenfalls nicht als mildernder Umstand berücksichtigt werden könne.

Würdigung durch das Gericht

74. Was, erstens, den Klagegrund angeht, die Kommission habe fälschlich angenommen, dass die Rolle der Klägerin in dem Kartell keinen mildernden Umstand darstellen könne, ist zunächst festzustellen, dass nach Nummer 3 der Leitlinien eine Verringerung des Grundbetrags der auferlegten Geldbuße für ein Unternehmen bei besonderen mildernden Umständen in Betracht kommt, etwa einer "ausschließlich passive[n] Mitwirkung oder reine[m] Mitläufertum" (erster Gedankenstrich).

75. Nach der Rechtsprechung kann dem betroffenen Unternehmen nur dann ein mildernder Umstand aufgrund einer "ausschließlich passive[n] Mitwirkung oder reine[m] Mitläufertum" zuerkannt werden, wenn es sich nicht hervorgetan hat, d. h. nicht aktiv an der Ausarbeitung der wettbewerbswidrige(n) Absprache(n) teilgenommen hat (Urteil Cheil Jedang/Kommission, Randnr. 167). Das Gericht hat entschieden, dass es insbesondere ein Anhaltspunkt für die passive Rolle eines Unternehmens innerhalb eines Kartells sein kann, dass es deutlich seltener als dessen übrige Mitglieder an den Besprechungen teilgenommen hat, dass es spät in den Markt, auf dem die Zuwiderhandlung stattgefunden hat, eingetreten ist, unabhängig davon, wie lange es an der Zuwiderhandlung mitgewirkt hat, oder dass es entsprechende ausdrückliche Aussagen von Vertretern dritter an der Zuwiderhandlung beteiligter Unternehmen gibt (Urteil Cheil Jedang/Kommission, Randnr. 168).

76. Im vorliegenden Fall hat die Kommission in Begründungserwägung 349 der angefochtenen Entscheidung ausgeführt, dass "[s]owohl [die Klägerin] als auch Martens ... darauf hingewiesen [haben], dass ihre Teilnahme an dem Kartell als passiv zu betrachten ist". Gleichwohl vermerkt die Kommission in dieser Begründungserwägung, dass "[die Klägerin] und Martens an dem 'Private-Label'-Kartell aktiv beteiligt waren", dass sie "[j]edenfalls ... an allen Sitzungen teilgenommen [haben], von denen die Kommission Kenntnis hat", und dass "[die Klägerin außerdem] eingeräumt [hat], Informationen über 'Private-Label'-Bier in Belgien mit den anderen beteiligten Bierbrauern ausgetauscht sowie Preis- und Kundenaufteilungsabsprachen getroffen zu haben".

77. Nun bestreitet die Klägerin nicht, an allen Sitzungen teilgenommen zu haben, von denen die Kommission Kenntnis hat, und gibt in ihrer Klageschrift zu, bei den vier in Rede stehenden Zusammenkünften, von denen die ersten beiden in Belgien und die letzten beiden in den Niederlanden stattgefunden haben, zugegen gewesen zu sein. Sie bestreitet auch nicht (vgl. vorstehende Randnr. 71), dass sie ebenso wie die übrigen drei an dem Verfahren beteiligten Bierbrauer bei den Zusammenkünften über Preise und die Aufteilung von Kunden gesprochen habe.

78. Sie hat folglich dadurch, dass sie an allen Zusammenkünften des Kartells teilgenommen und bei diesen Zusammenkünften über Preise und die Aufteilung von Kunden gesprochen hat, einen Grad an aktiver Beteiligung an dem Kartell gezeigt, der dem für die Zuerkennung des geltend gemachten mildernden Umstands verlangten offenkundig nicht entspricht.

79. Dem steht nicht entgegen, dass die Veranstaltung der Zusammenkünfte zum Thema "Private-Label"-Bier auf die Initiative von Interbrew und Alken-Maes zurückging. Dass die Kommission einem an dem Kartell Beteiligten seine besonders aktive Rolle, die Initiative zur Kartellabsprache ergriffen zu haben, als erschwerenden Umstand anlastet, bedeutet nicht, dass sie den übrigen Beteiligten deshalb wegen ausschließlich passiver Mitwirkung oder reinen Mitläufertums einen mildernden Umstand zugute halten müsste. Das spezifische Verhalten des einen Unternehmens hat nämlich keinen Einfluss darauf, ob bei einem anderen Unternehmen ein erschwerender oder mildernder Umstand vorliegt. Da nämlich die Berücksichtigung solcher Umstände vom individuellen Verhalten eines Unternehmens abhängt, ist auf das eigene Verhalten des Unternehmens abzustellen.

80. Die weniger aktive Rolle, die die Klägerin in dem Kartell gespielt haben will, kann auch nicht als ein anderer mildernder Umstand neben dem ausdrücklich in den Leitlinien genannten mildernden Umstand "ausschließlich passive Mitwirkung oder reines Mitläufertum" gewertet werden. Denn selbst wenn erwiesen wäre, dass das Verhalten der Klägerin tatsächlich weniger aktiv war als das der übrigen Beteiligten, z. B. weil sie auf dem niederländischen Markt nicht tätig war, würde dieser einfache graduelle Unterschied keine Herabsetzung der Geldbuße rechtfertigen. In einem solchen Verhalten käme nämlich lediglich ein geringerer Eifer beim Betreiben des Kartells zum Ausdruck, ohne dass dies gegen die volle Beteiligung der Klägerin an dem Kartell spräche, die insbesondere durch ihre Teilnahme an allen wettbewerbswidrigen Zusammentreffen während der gesamten Dauer der Zuwiderhandlung und das Fehlen von Anhaltspunkten für Vorbehalte der Klägerin gegenüber der Verfolgung der Ziele des Kartells belegt wird.

81. Auch die Berufung auf die frühere Entscheidungspraxis der Kommission greift nicht durch. Nach ständiger Rechtsprechung verfügt die Kommission nämlich im Rahmen der Verordnung Nr. 17 über ein Ermessen bei der Festsetzung der Höhe der Geldbußen, um die Unternehmen dazu anhalten zu können, die Wettbewerbsregeln einzuhalten (Urteile des Gerichts vom 6. April 1995 in der Rechtssache T-150/89, Martinelli/Kommission, Slg. 1995, II-1165, Randnr. 59, vom 11. Dezember 1996 in der Rechtssache T-49/95, Van Megen Sports/Kommission, Slg. 1996, II-1799, Randnr. 53, und vom 21. Oktober 1997 in der Rechtssache T-229/94, Deutsche Bahn/Kommission, Slg. 1997, II-1689, Randnr. 127). Die Kommission ist dadurch, dass sie in der Vergangenheit für bestimmte Arten von Zuwiderhandlungen Geldbußen in bestimmter Höhe verhängt hat, somit nicht daran gehindert, dieses Niveau innerhalb der in der Verordnung Nr. 17 gezogenen Grenzen anzuheben, wenn dies erforderlich ist, um die Durchführung der gemeinschaftlichen Wettbewerbspolitik sicherzustellen (Urteil des Gerichtshofes vom 7. Juni 1983 in den Rechtssachen 100/80 bis 103/80, Musique diffusion française u. a./Kommission, Slg. 1983, 1825, Randnr. 109, Urteile des Gerichts vom 10. März 1992 in der Rechtssache T-12/89, Solvay/Kommission, Slg. 1992, II-907, Randnr. 309, und vom 14. Mai 1998 in der Rechtssache T-304/94, Europa Carton/Kommission, Slg. 1998, II-869, Randnr. 89). Die wirksame Anwendung der Wettbewerbsregeln der Gemeinschaft verlangt vielmehr, dass die Kommission das Niveau der Geldbußen jederzeit den Erfordernissen dieser Politik anpassen kann (Urteil Musique diffusion française u. a./Kommission, Randnr. 109, sowie Urteil des Gerichts vom 20. März 2002 in der Rechtssache T-23/99, LR AF 1998/Kommission, Slg. 2002, II-1705, Randnr. 237).

82. Was, zweitens, den Klagegrund einer Verletzung der Begründungspflicht betrifft, ist zunächst auf die in den vorstehenden Randnummern 45 und 46 angeführte Rechtsprechung zu verweisen und ferner festzustellen, dass die Kommission in der angefochtenen Entscheidung (vgl. vorstehende Randnrn. 76 und 77), in der sie der Klägerin den geltend gemachten mildernden Umstand verweigert hat, die Beurteilungsgesichtspunkte genannt hat, die sie dazu bewogen haben, dieser keinen mildernden Umstand wegen einer ausschließlich passiven Rolle oder reinem Mitläufertum zuzuerkennen. Sie hat ihre Begründungspflicht in Bezug auf diesen Punkt daher nicht verletzt.

83. Die Kommission hat die Zuerkennung des geltend gemachten mildernden Umstands somit zu Recht und in hinreichend begründeter Form abgelehnt. Der zweite Klagegrund ist somit zurückzuweisen.

Dritter Klagegrund: Verstoß gegen die Mitteilung über die Zusammenarbeit sowie gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz

84. Der dritte Klagegrund hat zwei Teile. Im ersten macht die Klägerin geltend, es liege ein Verstoß gegen die Mitteilung über die Zusammenarbeit und den Gleichbehandlungsgrundsatz vor, da die Kommission Interbrew eine günstigere Behandlung habe zuteil werden lassen. Im zweiten Teil trägt die Klägerin vor, es liege ein Verstoß gegen die Mitteilung über die Zusammenarbeit und den Gleichbehandlungsgrundsatz vor, da sie genauso behandelt worden sei wie Martens und Alken-Maes.

Zum ersten Teil: Verstoß gegen die Mitteilung über die Zusammenarbeit und den Gleichbehandlungsgrundsatz aufgrund einer günstigeren Behandlung von Interbrew durch die Kommission

- Vorbringen der Parteien

85. Die Klägerin macht geltend, dass ihre Zusammenarbeit bei der Feststellung des Bestehens des "Private-Label"-Bier-Kartells derjenigen von Interbrew vergleichbar gewesen sei und dass die Kommission gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verstoßen habe, indem sie ihre Geldbuße aufgrund der Zusammenarbeit nur um 10 % herabgesetzt habe, während sie Interbrew eine Ermäßigung von 50 % gewährt habe.

86. Zum einen ergebe sich aus den Verfahrensunterlagen und aus der angefochtenen Entscheidung, dass Interbrew der Kommission am 14. Januar 2000 und am 2. Februar 2000, d. h. vor der Mitteilung der Beschwerdepunkte, Erklärungen übermittelt habe, die aufdeckten, dass die Zusammenkünfte betreffend das "Private-Label"-Bier-Kartell, bei denen über das Preisniveau und die Aufteilung der Kunden gesprochen worden sei, stattgefunden hätten. Die Kommission sei der Ansicht gewesen, dass der Umstand, dass Interbrew fortlaufend und uneingeschränkt mit ihr zusammengearbeitet habe und die Tatsachen nicht bestritten habe, eine Ermäßigung der Interbrew auferlegten Geldbuße um 50 % rechtfertige.

87. Zum anderen habe die Klägerin am 5. April 2000 auf das Auskunftsverlangen vom 22. März 2000, also in Unkenntnis der Erklärungen von Interbrew und vor der Mitteilung der Beschwerdepunkte, erklärt, dass bei den vier Zusammenkünften über das Preisniveau beim "Private-Label"-Vertrieb in Belgien gesprochen worden sei. Sie habe außerdem erklärt, dass Informationen über Kunden und Mengen ausgetauscht worden seien. Sie habe somit wie Interbrew in ihrer Antwort auf das Auskunftsverlangen das Bestehen der Absprache und des Informationsaustauschs über den "Private-Label"-Vertrieb in Belgien bestätigt.

88. Auf die Befragung durch das Gericht zu diesem Punkt in der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin unter Verweisung auf das Urteil des Gerichts vom 29. April 2004 in den Rechtsachen T-236/01, T-239/01, T-244/01 bis T-246/01, T-251/01 und T-252/01 (Tokai Carbon u. a./Kommission, Slg. 2004, II-0000, Randnrn. 407 bis 410) geltend gemacht, dass sie in ihrer Antwort vom 5. April 2000 auf das Auskunftsverlangen vom 22. März 2000 entgegen der Ansicht der Kommission Informationen geliefert habe, die über das hinausgegangen seien, was sie nach Artikel 11 der Verordnung Nr. 17 habe vorlegen müssen. Da sie auf das Auskunftsverlangen geantwortet habe, müsste dies als von der Kommission nach der Mitteilung über die Zusammenarbeit zu berücksichtigende Zusammenarbeit gewertet werden.

89. Da Martens das Bestehen einer Absprache über Preise und Kunden bestritten und Alken-Maes sich darauf beschränkt habe, die in der Mitteilung der Beschwerdegründe angeführten Tatsachen nicht zu bestreiten, hätten nur die von der Klägerin gelieferten Informationen, die die von Interbrew gegebenen Informationen bestätigt hätten, die Feststellung eines Verstoßes gegen Artikel 81 EG ermöglicht.

90. Die Erklärungen der Klägerin, die diejenigen von Interbrew bestätigt hätten, seien für die Feststellung des Verstoßes entscheidend und ebenso maßgeblich gewesen wie die von Interbrew. Dass Interbrew das Vorliegen des Verstoßes aufgedeckt habe, könne allein jedenfalls noch keine so wesentliche Ungleichbehandlung rechtfertigen, wie sie die Kommission vorgenommen habe.

91. In ihren schriftlichen Erklärungen zu den von der Kommission auf die in der mündlichen Verhandlung geäußerte Aufforderung des Gerichts vorgelegten Unterlagen führt die Klägerin weiter aus, aus diesen Unterlagen ergebe sich, dass ihre Situation derjenigen Interbrews vollkommen entspreche. Beide Unternehmen hätten nämlich gemäß Artikel 11 der Verordnung Nr. 17 auf die Auskunftsverlangen vom 11. November 1999 bzw. vom 22. März 2000 geantwortet, die denselben Gegenstand gehabt hätten, denn sowohl in dem an die Klägerin gerichteten Auskunftsverlangen vom 22. März 2000 als auch in dem an Interbrew gerichteten Auskunftsverlangen vom 11. November 1999 sei es um die Zusammenkünfte betreffend den "Private-Label"-Bier-Vertrieb gegangen. Die Klägerin und Interbrew hätten somit unter denselben Umständen vergleichbare Angaben zu ein und demselben Verstoß gemacht und somit die gleiche Zusammenarbeit geboten.

92. Die Klägerin beruft sich hierfür auf das Urteil des Gerichts vom 13. Dezember 2001 in den Rechtssachen T-45/98 und T-47/98 (Krupp Thyssen Stainless und Acciai speciali Terni/Kommission, Slg. 2001, II-3757, Randnrn. 235 bis 249), wonach die Tatsache allein, dass ein Unternehmen vor einem anderen den zur Last gelegten Sachverhalt einräumt, kein objektiver Grund für eine unterschiedliche Behandlung sein könne: In welchem Umfang Unternehmen mit der Kommission zusammenarbeiteten, dürfe nicht nur nach zufälligen Kriterien wie der Reihenfolge, in der sie von der Kommission befragt worden seien, beurteilt werden. Dass Interbrew als erste auf ein Auskunftsersuchen hin das Bestehen der Absprache aufgedeckt habe, könne daher kein objektiver Grund dafür sein, die Klägerin und Interbrew unterschiedlich zu behandeln.

93. Außerdem bestätigten die von der Kommission vorgelegten Unterlagen, dass diese fälschlich davon ausgehe, dass Interbrew freiwillig Informationen über das "Private-Label"-Bier-Kartell geliefert habe. Diese Informationen fielen nämlich unter das Auskunftsverlangen der Kommission vom 11. November 1999. Damit sei der Grad der Zusammenarbeit von Interbrew und der Klägerin erst recht vergleichbar.

94. Die Kommission macht geltend, dass der Grad der Zusammenarbeit der Klägerin mit derjenigen von Interbrew in keiner Weise vergleichbar gewesen sei und dass daher kein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz vorliege.

95. Interbrew habe nämlich von sich aus am 14. Januar 2000 mit Ergänzungen vom 2. und vom 8. Februar 2000 Informationen über das "Private-Label"-Bier-Kartell übermittelt, von dessen Bestehen die Kommission seinerzeit noch nichts gewusst habe. Interbrew habe als Erste Informationen über dieses Kartell geliefert, die für die Kommission im Übrigen durchaus als Beweise für den in Rede stehenden Verstoß verwendbar gewesen seien.

96. Die Klägerin habe nur als Antwort auf das am 22. März 2000 an sie gerichtete Auskunftsverlangen Informationen übermittelt. Diese Informationen seien zwar nützlich gewesen, jedoch nicht über eine Beantwortung des Auskunftsverlangens hinausgegangen und für die Feststellung des Verstoßes nicht unerlässlich gewesen, da dieser bereits durch die von Interbrew freiwillig übermittelten Informationen bewiesen gewesen sei. Dass die Kommission diese Informationen in der angefochtenen Entscheidung erwähnt habe, sei keineswegs ein Beleg dafür, dass diese unerlässliche Beweise für die Feststellung des Verstoßes dargestellt hätten und über eine Beantwortung des Auskunftsverlangens hinausgegangen seien.

97. Die Kommission bestreitet in ihren schriftlichen Erklärungen vom 10. Mai 2005 zu denen der Klägerin vom 14. März 2005, die die Kommission auf die in der mündlichen Verhandlung geäußerte Aufforderung des Gerichts vorgelegt hat, förmlich, dass die Klägerin sich auf das in der vorstehenden Randnummer 92 genannte Urteil Krupp Thyssen Stainless und Acciai speciali Terni/Kommission berufen könne. Die Klägerin übersehe nämlich eine wesentliche Feststellung dieses Urteils: dass ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz nur dann vorliegen könne, wenn die betroffenen Unternehmen unter vergleichbaren Umständen im gleichen Abschnitt des Verwaltungsverfahrens gleiche Informationen geliefert hätten.

98. Sowohl aus der angefochtenen Entscheidung als auch aus den von ihr vorgelegten Unterlagen ergebe sich, dass bei Interbrew und der Klägerin offensichtlich keine gleichartigen Umstände vorgelegen und dass sie weder gleiche Informationen geliefert noch in gleicher Weise mit der Kommission zusammengearbeitet hätten.

99. Das Auskunftsverlangen vom 11. November 1999 habe sich nicht auf das "Private-Label"-Bier-Kartell bezogen, von dem die Kommission zu diesem Zeitpunkt noch keine Kenntnis gehabt habe. Interbrew habe die Kommission von sich aus über das Bestehen dieses Kartells informiert, was die Kommission veranlasst habe, von Interbrew ergänzende Informationen zu diesem Thema zu verlangen. Interbrew habe somit sehr aktiv mit der Kommission zusammengearbeitet. Die Anzeige ihrer Beteiligung an dem "Private-Label"-Bier-Kartell aus eigenem Antrieb veranschauliche dies; sie müsse belohnt werden.

100. Es könne daher nicht gesagt werden, dass die am 11. November 1999 an Interbrew und die am 22. März 2000 an die Klägerin gestellten Fragen unter vergleichbaren Umständen im gleichen Abschnitt des Verwaltungsverfahrens gestellt worden seien und dass ihre Antworten gleiche Informationen enthalten hätten. Insbesondere habe Interbrew sehr umfassende Informationen über das "Private-Label"-Bier-Kartell geliefert, während die Klägerin in ihrem Schreiben vom 5. April 2000 zunächst geantwortet habe, dass ihr kein Verstoß gegen die Wettbewerbsregeln bekannt sei und dass die Zusammenkünfte sich auf erlaubte Themen beschränkt hätten, bevor sie den wahren Inhalt dieser Zusammenkünfte eingestanden habe.

101. Die Kommission erklärt abschließend, dass sie der Klägerin ohne die uneingeschränkte Zusammenarbeit von Interbrew niemals ein Auskunftsersuchen geschickt hätte und dass das "Private-Label"-Bier-Kartell nicht aufgedeckt worden wäre. Die in Belgien im Rahmen des Interbrew/Alken-Maes-Kartells durchgeführten Prüfungen hätten nämlich nicht die Entdeckung von Unterlagen über dieses Kartell ermöglicht.

- Würdigung durch das Gericht

102. Vorab ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission in ihrer Mitteilung über die Zusammenarbeit die Voraussetzungen nennt, unter denen Geldbußen für Unternehmen, die während der Untersuchung eines Kartellfalls mit ihr zusammenarbeiten, entweder nicht oder niedriger festgesetzt werden können (Abschnitt A Nr. 3 der Mitteilung über die Zusammenarbeit).

103. Hinsichtlich der Anwendung der Mitteilung über die Zusammenarbeit auf den Fall der Klägerin ist unbestritten, dass deren Verhalten anhand von Abschnitt D dieser Mitteilung, "Erheblich niedrigere Festsetzung der Geldbuße", zu prüfen ist.

104. Zum einen ist eine Herabsetzung der Geldbuße aufgrund einer Zusammenarbeit während des Verwaltungsverfahrens nach der Rechtsprechung nur dann gerechtfertigt, wenn das Verhalten des betreffenden Unternehmens der Kommission ermöglicht hat, das Vorliegen einer Zuwiderhandlung leichter festzustellen und gegebenenfalls zu beenden (Urteile des Gerichts vom 14. Mai 1998 in der Rechtssache T-327/94, SCA Holding/Kommission, Slg. 1998, II-1373, Randnr. 156, und Krupp Thyssen Stainless und Acciai speciali Terni/Kommission, Randnr. 270).

105. Zum anderen kann die Kommission nach Artikel 11 Absatz 1 der Verordnung Nr. 17 zur Erfüllung der ihr in Artikel 85 EG und in Vorschriften nach Artikel 83 EG übertragenen Aufgaben von Unternehmen und Unternehmensvereinigungen alle erforderlichen Auskünfte einholen; diese sind nach Artikel 85 Absatz 4 zur Erteilung der Auskunft verpflichtet. Wird eine von Unternehmen oder Unternehmensvereinigungen verlangte Auskunft innerhalb einer von der Kommission festgesetzten Frist nicht oder nicht vollständig erteilt, so kann die Kommission die Auskunft nach Artikel 11 Absatz 5 der Verordnung Nr. 17 durch Entscheidung anfordern; den Unternehmen und Unternehmensvereinigungen drohen damit bei hartnäckiger Weigerung, die entsprechenden Auskünfte zu erteilen, eine Geldbuße oder Zwangsgelder.

106. Die Mitwirkung eines Unternehmens an der Untersuchung verleiht somit nur dann ein Recht auf eine Ermäßigung der Geldbuße, wenn sie über das hinausgeht, wozu das Unternehmen nach Artikel 11 Absätze 4 und 5 der Verordnung Nr. 17 verpflichtet ist (Urteil Solvay/Kommission, Randnrn. 341 und 342). Liefert ein Unternehmen als Antwort auf ein Auskunftsverlangen nach Artikel 11 Informationen, die weit über das hinausgehen, was die Kommission gemäß diesem Artikel verlangen kann, so kann die Geldbuße dieses Unternehmens herabgesetzt werden (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 14. Mai 1998 in der Rechtssache T-308/94, Cascades/Kommission, Slg. 1998, II-925, Randnr. 262).

107. Wenn nun die Kommission in einem Auskunftsverlangen nach Artikel 11 der Verordnung Nr. 17 über reine Tatsachenfragen und die Aufforderung zur Vorlage von bereits existierenden Unterlagen hinaus ein Unternehmen auffordert, den Gegenstand, den Verlauf und die Resultate oder Schlussfolgerungen mehrerer Zusammenkünfte darzustellen, an denen es teilgenommen hat, und sie offensichtlich den Verdacht hat, dass es bei diesen Zusammenkünften um eine Beschränkung des Wettbewerbs ging, so ist diese Aufforderung geeignet, das befragte Unternehmen zu zwingen, seine Beteiligung an einem Verstoß gegen die Wettbewerbsregeln der Gemeinschaft einzugestehen; das betreffende Unternehmen muss derartige Fragen daher nicht beantworten. In einem solchen Fall ist es als Zusammenarbeit aus eigenem Antrieb (die eine Herabsetzung der Geldbuße nach der Mitteilung über die Zusammenarbeit rechtfertigen kann) anzusehen, wenn ein Unternehmen gleichwohl Auskunft über diese Punkte gibt.

108. Ferner darf die Kommission bei der Beurteilung der Kooperation der Unternehmen nicht den Gleichbehandlungsgrundsatz außer Acht lassen, der ein allgemeiner Grundsatz des Gemeinschaftsrechts ist und der nach ständiger Rechtsprechung nur verletzt ist, wenn gleichartige Sachverhalte unterschiedlich oder unterschiedliche Sachverhalte gleichbehandelt werden, sofern die Differenzierung nicht objektiv gerechtfertigt ist (Urteil Krupp Thyssen Stainless und Acciai speciali Terni/Kommission, Randnr. 237 und die dort zitierte Rechtsprechung).

109. Hierzu steht fest, dass eine unterschiedliche Behandlung der betreffenden Unternehmen nur durch einen unterschiedlichen Grad der Zusammenarbeit gerechtfertigt sein kann, insbesondere durch die Lieferung unterschiedlicher Informationen oder die Lieferung der Informationen in unterschiedlichen Abschnitten des Verwaltungsverfahrens oder unter nicht gleichartigen Umständen (vgl. in diesem Sinne Urteil Krupp Thyssen Stainless und Acciai speciali Terni/Kommission, Randnrn. 245 und 246).

110. Im vorliegenden Fall ergibt sich aus den Begründungserwägungen 360 und 361 der angefochtenen Entscheidung, dass die Kommission die Geldbuße der Klägerin allein deswegen gemäß Abschnitt D Nummer 2 zweiter Gedankenstrich der Mitteilung über die Zusammenarbeit um 10 % verringert hat, weil die Klägerin die Tatsachen, auf denen der festgestellte Verstoß basiert, nicht bestritten hatte. Hinsichtlich der Informationen, die die Klägerin der Kommission am 5. April 2000 als Antwort auf deren Auskunftsverlangen vom 22. März 2000 übermittelt hat, war die Kommission der Ansicht, dass diese Informationen unter die Verpflichtung der Klägerin nach Artikel 11 der Verordnung Nr. 17 fielen und dass sie zwar nützlich gewesen sein mögen, aber keine für den Nachweis des Vorliegens des Verstoßes unerlässlichen Beweise darstellten. Die Klägerin habe somit keine Herabsetzung der Geldbuße verlangen können, die der Interbrew gewährten entspreche.

111. Zum Vorbringen der Klägerin ist festzustellen, dass diese sowohl geltend macht, die Informationen, die sie der Kommission in ihrer Antwort vom 5. April 2000 auf das Auskunftsersuchen von 22. März 2000 geliefert habe, gingen über das hinaus, was sie nach Artikel 11 der Verordnung Nr. 17 habe liefern müssen, als auch, die von ihr gelieferten Informationen seien für die Feststellung des Verstoßes durch die Kommission entscheidend gewesen.

112. Hierzu ist festzustellen, dass die Lieferung der von der Klägerin gegebenen Informationen, selbst wenn diese so entscheidend gewesen sein sollten, wie die Klägerin behauptet, nur dann eine Herabsetzung der der Klägerin auferlegten Geldbuße im Sinne der in den vorstehenden Randnummern 104 bis 106 angeführten Rechtsprechung gerechtfertigt hätte, wenn diese Informationen weit über das hinausgegangen wären, was die Kommission nach Artikel 11 der Verordnung Nr. 17 verlangen konnte.

113. Die von der Klägerin in ihrem Schreiben vom 5. April 2000 gelieferten Informationen sind jedoch nicht weit über die Informationen hinausgegangen, die sie nach Artikel 11 der Verordnung Nr. 17 vorlegen musste. Die Klägerin hat nämlich im Wesentlichen nur die in dem Auskunftsverlangen gestellten Fragen zum Datum und den Teilnehmern von vier Zusammenkünften sowie dem Gegenstand dieser Zusammenkünfte in tatsächlicher Hinsicht beantwortet.

114. Soweit die Passagen des Schreibens vom 5. April 2000, wonach zum einen "Informationen über Kunden, Warengestaltungen und Mengen ausgetauscht wurden" und zum anderen die Ergebnisse der Zusammenkünfte die "Annahme einer unnachgiebigeren Haltung in Bezug auf Preise" betrafen, grundsätzlich als Eingeständnis von Verstößen ausgelegt werden könnten, das über die Informationen hinausgeht, die die Kommission nach Artikel 11 der Verordnung Nr. 17 verlangen kann, wird diese Möglichkeit durch eine andere Passage der Antwort der Klägerin ausgeschlossen, in der es heißt: "Wir teilen Ihnen jedoch förmlich mit, dass es bei diesen Zusammenkünften nicht zu Kartellabsprachen über Preise oder die Aufteilung von Kunden gekommen ist." Angesichts dieses Leugnens lässt sich nicht annehmen, dass der Kommission die Feststellung von Verstößen dadurch erleichtert wurde, dass aus bestimmten Passagen der Antwort der Klägerin das Vorliegen eines Informationsaustauschs und der Wille der Teilnehmer der Zusammenkünfte zur Annahme einer unnachgiebigeren Haltung in Bezug auf Preise hervorgeht.

115. Daher ist festzustellen, dass die Klägerin der Kommission in ihrer Antwort vom 5. April 2000 auf das Auskunftsverlangen vom 22. März 2000 keine Informationen geliefert hat, die weit über das hinausgingen, was sie nach Artikel 11 der Verordnung Nr. 17 liefern musste, und dass somit nach der in der vorstehenden Randnummer 106 angeführten Rechtsprechung auf dieser Grundlage keine Herabsetzung der ihr auferlegten Geldbuße in Frage kam.

116. Das Vorbringen, dass die angeblich günstigere Behandlung, die Interbrew mit der Begründung erhalten habe, dass sie der Kommission Informationen geliefert habe, die sie nicht habe vorlegen müssen, eine Ungleichbehandlung darstelle, ist daher nicht stichhaltig.

117. Der erste Teil des dritten Klagegrundes ist somit zurückzuweisen.

Zum zweiten Teil: Verstoß gegen die Mitteilung über die Zusammenarbeit und den Gleichbehandlungsgrundsatz aufgrund der vergleichbaren Behandlung der Klägerin und von Martens und Alken-Maes

- Vorbringen der Parteien

118. Die Klägerin ist der Ansicht, es bestehe ein grundlegender Unterschied zwischen dem Grad der Zusammenarbeit, den sie der Kommission geboten habe, und dem, den Martens und, in geringerem Maße, Alken-Maes gezeigt hätten. Dass die den drei Unternehmen aufgelegte Geldbuße um jeweils 10 % herabgesetzt worden sei, stelle daher einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz dar.

119. Die Klägerin habe der Kommission eine Zusammenarbeit von entscheidender Bedeutung geboten. So habe sie in ihrer Antwort vom 5. April 2000 auf das Auskunftsverlangen der Kommission erklärt, dass es bei den fraglichen Zusammenkünften um das Preisniveau beim "Private-Label"-Vertrieb gegangen sei und dass Informationen über Kunden und Mengen ausgetauscht worden seien. Die Klägerin habe außerdem in ihrer Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdegründe bestätigt, dass es bei den Zusammenkünften um Preisniveaus gegangen sei. Diese Informationen, die mit den von Interbrew gelieferten übereingestimmt hätten, seien für die Kommission aber von maßgeblicher Bedeutung gewesen, da sie es ihr ermöglicht hätten, das Vorliegen eines Verstoßes gegen Artikel 81 EG festzustellen. Die Klägerin habe während des Verfahrens somit uneingeschränkt und ununterbrochen mit der Kommission zusammengearbeitet.

120. Aus den Verfahrensunterlagen ergebe sich andererseits, dass Martens in ihrer Antwort vom 6. April 2000 auf das Auskunftsersuchen der Kommission vom 22. März 2000 gemäß Artikel 11 der Verordnung Nr. 17 nicht angegeben habe, dass es bei den fraglichen Zusammenkünften um Preisniveaus und die Aufteilung von Kunden gegangen sei. In ihrer Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte habe Martens sogar ausdrücklich bestritten, dass bei diesen Zusammenkünften Absprachen über Preise oder die Aufteilung des Marktes getroffen worden seien, und die Richtigkeit der Erklärungen von Interbrew in Frage gestellt. Im Übrigen belege auch die angefochtene Entscheidung, dass Martens das Vorliegen des Verstoßes bestritten habe, denn die Kommission habe ausgeführt, dass Martens während des Verfahrens lediglich in einer Weise mit ihr zusammengearbeitet habe, die den Fortgang des Verfahrens beschleunigt habe.

121. Was Alken-Maes betreffe, so enthalte die Antwort, die sie am 5. April 2000 auf das Auskunftsverlangen der Kommission vom 22. März 2000 erteilt habe, keine ausdrückliche Bestätigung einer Absprache über das Preisniveau und die Aufteilung der Kunden. In der angefochtenen Entscheidung erwähne die Kommission lediglich, dass Danone im Namen von Alken-Maes nicht bestritten habe, dass es während der Zusammenkünfte um Preise und die Aufteilung von Kunden gegangen sei.

122. Ein Vergleich des Grades der Zusammenarbeit von Martens und Alken-Maes mit dem der Zusammenarbeit der Klägerin ergebe somit klar, dass die Kommission gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verstoßen habe, indem sie die Klägerin mit den anderen zwei Unternehmen auf eine Stufe gestellt habe. Entgegen der Ansicht der Kommission sei die Klägerin weit über das Nichtbestreiten der Tatsachen hinausgegangen, indem sie in ihrer Antwort vom 5. April 2000 auf das Auskunftsersuchen wesentliche Erklärungen zum Gegenstand und zur Tragweite der Zusammenkünfte über das "Private-Label"-Bier-Kartell abgegeben habe.

123. Die Kommission macht geltend, dass, erstens, die der Klägerin und die Martens auferlegten Geldbußen zwar im selben Maße herabgesetzt worden seien, jedoch aus unterschiedlichen Gründen. Während die Geldbuße der Klägerin wegen des Nichtbestreitens der Tatsachen herabgesetzt worden sei, sei die Martens auferlegte Geldbuße wegen ihrer Zusammenarbeit während des Verfahrens ermäßigt worden. Keines der beiden Unternehmen habe eine Ermäßigung wegen Nichtbestreitens der Tatsachen mit einer Ermäßigung wegen Zusammenarbeit im Verfahren kumuliert.

124. In der Annahme, dass die Klägerin implizit geltend mache, dass die Herabsetzung der Martens auferlegten Geldbuße rechtswidrig sei, trägt die Kommission vor, dass dem Vorbringen, die Klägerin habe aufgrund des Gleichbehandlungsgrundsatzes Anspruch auf eine rechtswidrige Ermäßigung, bei Geldbußen nach ständiger Rechtsprechung nicht gefolgt werden könne. Die Klägerin könne daher nur aufgrund des Umfangs ihrer eigenen Zusammenarbeit eine zusätzliche Ermäßigung erhalten. Da sie jedoch lediglich ihrer Verpflichtung zur Beantwortung des gemäß Artikel 11 der Verordnung Nr. 17 an sie gerichteten Auskunftsverlangens nachgekommen sei, ohne über das hinauszugehen, was sie habe mitteilen müssen, sei der Umfang ihrer Zusammenarbeit nicht über ein Nichtbestreiten der von der Kommission berücksichtigten Tatsachen hinausgegangen.

125. Was, zweitens, die Situation der Klägerin und die von Alken-Maes betrifft, so trägt die Kommission vor, dass diese ähnlich seien, weil beide lediglich die in Rede stehenden Tatsachen nicht bestritten hätten. Es sei daher konsequent, sie gleichzubehandeln.

- Würdigung durch das Gericht

126. Da der erste Teil des dritten Klagegrundes zurückgewiesen wurde, ist die Geldbuße der Klägerin zu Recht allein aufgrund ihres Nichtbestreitens der in Rede stehenden Tatsachen um 10 % ermäßigt worden.

127. Das Vorbringen, dass es eine Ungleichbehandlung der Klägerin darstelle, dass die Kommission die Martens auferlegte Geldbuße um 10 % ermäßigt habe, weil Martens, die die Tatsachen nicht eingestanden habe, keine solche Ermäßigung hätte gewährt werden dürfen, ist daher nicht stichhaltig.

128. Die Lage der Klägerin ist im Übrigen mit der von Alken-Maes durchaus vergleichbar, deren Geldbuße ebenfalls nach Abschnitt D Nummer 2 zweiter Gedankenstrich der Mitteilung über die Zusammenarbeit wegen Nichtbestreitens der Tatsachen um 10 % ermäßigt wurde. In Bezug auf die Klägerin und Alken-Maes lässt sich somit kein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz feststellen.

129. Der zweite Teil des Klagegrundes und damit der gesamte Klagegrund sind somit zurückzuweisen.

130. Die Klage ist daher insgesamt abzuweisen.

Kostenentscheidung:

Kosten

131. Nach Artikel 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerin mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, sind ihr entsprechend dem Antrag der Kommission die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

Tenor:

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Fünfte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Ende der Entscheidung

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